BASTIAAN RAGAS
KINDERKACKE
DIE PAPA-VERSTEHER-BIBEL
BASTIAAN RAGAS
KINDERKACKE
DIE PAPA-VERSTEHER-BIBEL
ist ein Imprint der
HEEL Verlag GmbH
Gut Pottscheidt
53639 Königswinter
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© 2018 HEEL Verlag GmbH
Plaza ist ein Imprint der HEEL Verlag GmbH
Autor: Bastiaan Ragas
Satz: HEEL Verlag GmbH, Stefan Witterhold
Übersetzung: Ingrid Ostermann, Eva Schweikart und Emma Wolters
Lektorat: Christine Birnbaum, Ulrike Reihn-Hamburger
Fotos: Privatarchiv Bastiaan Ragas
Alle Rechte, auch die des Nachdrucks, der Wiedergabe in jeder Form und der Übersetzung in andere Sprachen, behält sich der Herausgeber vor. Es ist ohne schriftliche Genehmigung des Verlages nicht erlaubt, das Buch und Teile daraus auf fotomechanischem Weg zu vervielfältigen oder unter Verwendung elektronischer bzw. mechanischer Systeme zu speichern, systematisch auszuwerten oder zu verbreiten.
– Alle Rechte vorbehalten –
– Alle Angaben ohne Gewähr –
Printed in Slovakia
ISBN: 978-3-95843-783-8
eISBN: 978-3-95843-801-9
Für Tooske, Sem, Leentje, Fien und Catoo
Weil ich so unglaublich happy bin,
dass ihr zu meinem Leben gehört
Der Soundtrack zum Buch:
Bastiaan Ragas
Vorwort. Tötet nicht den Boten!
Vater werden ist eine schwere Geburt
Burn, baby, burn
The evil endorphine eye
Schlaflos
Ein richtiger Mann
Eine Theorie und ein Hund
Bälle, Haustiere und wie man Eindruck am Erwachsenentisch hinterlässt
LFF, das klingt wie eine Hautpilzinfektion
Die explosionsartige Vermehrung der Kuscheltiere
Boa constrictor
Papa ist mal kurz am Telefon
Zeitung, Läuse und Schokocreme
Pinguine sind echt geil
The silly season
Alter Knacker
Des einen Leid
Wer ist der Boss?
Meine Frau will keinen Hund
Ein perfekter Zuchtbulle namens Sunny
Mach was draus
Wer folgt wem?
Schwarzer Samstag
Bear Chair
Ein Mann allein
Beim Nervenarzt
Der Kochklub
Playlist
Vorwort
#It’s the end of the world as we know it R.E.M.
Was in bestimmten Kreisen längst bekannt ist, schreibe ich mir jetzt vom Herzen. Ohne jede Hemmung, weil die Wahrheit ans Licht drängt. So wie bei WikiLeaks und anderen Enthüllungsaffären ist nicht jeder darauf erpicht. Aber: Tötet nicht den Boten! Es geht hier nämlich um eine Sache, die Männer im Geheimen miteinander teilen. In der Kneipe, auf WhatsApp oder auch in schweigendem Einvernehmen. Es geht darum, wie ihre Frauen zu hormongesteuerten Monstern mutieren, wie sie selbst nichts mehr zu melden haben, wie schwer es fällt, das Leben umzukrempeln und in die Rolle als Familienvater hineinzufinden. Und darum, wie ihre Position als Alphamännchen mit einem Mal von einer gerade eben zwei Zentimeter messenden Larve untergraben wird. Denn der Prozess des Vaterwerdens geht mit gravierenden Veränderungen einher und beginnt schon in dem Moment, in dem die Schwangerschaft der Frau feststeht.
Der werdende Vater findet sich in einem enormen Chaos wieder, das sein Leben völlig auf den Kopf stellt. Freizeitaktivitäten, Ferien, Haushaltsbudget, Terminplanung und Sexleben – um nur ein paar Punkte zu nennen – werden von Tag eins an in den Grundfesten erschüttert.
In meinem Buch geht es um die Naivität der Väter, die fest glauben, bald wieder ihr »altes« Leben führen zu können. Frei nach dem berühmten Song It’s the end of the world as we know it … von R.E.M. Aber nach der ersten Zellteilung wird nichts mehr so, wie es war. Das muss beileibe nicht schlimm sein. Wäre es für mich eine echte Katastrophe gewesen, dann hätte ich mir beizeiten Kondome gekauft und sie auch benutzt. Nein, ich finde mein neues Leben herrlich, wunderbar, toll. Aber die Übergangsphase wäre leichter gewesen, wenn ich früher gewusst hätte, was da auf mich zukommt.
Ist man auf einen Tsunami an Gefühlen, auf einen neuen Lebensrhythmus, auf Schlafmangel und jede Menge Chaos vorbereitet, dann kommt man besser damit klar, als wenn man glaubt, auf einer rosaroten Wolke zu landen.
Dieses Buch ist zur Abwechslung einmal nicht für Frauen geschrieben. Für sie steht in den Bibliotheken haufenweise Lektüre über Schwangerschaft, Erziehung und Mutter-Kind-Bindung. Es ist an der Zeit für etwas anderes. Für ein Buch über Babys, Hormone, Erziehung usw. aus Sicht der anderen Hälfte: des Mannes. Ein Buch für Männer, die ungläubige und irritierte Blicke ernten, wenn sie sagen, sie hätten die Schwangerschaft ihrer Frau und die erste Babyzeit nicht als schön empfunden. Die mit den Worten zurechtgewiesen werden: »Was glaubst du wohl, wie es für deine Frau war!?« Damit laufe ich Gefahr, Leute vor den Kopf zu stoßen, die sich Kinder wünschen, aber keine bekommen können, und es deshalb unverständlich finden, wenn man klagt, »wie schwer das Vatersein doch ist«. Das kann ich nachvollziehen, aber in meinem Buch liegt der Schwerpunkt anders. Das eine anzuerkennen, muss nicht bedeuten, das andere zu leugnen.
Fest steht natürlich, dass die Rolle und die Erfahrungen der Frau ganz anders sind als beim Mann. Aber das tut dem, was ich zu sagen habe, keinen Abbruch. Körperlich allerdings muss der Mann weniger leiden – das stimmt, einverstanden!
Nachdem ich in ganz unterschiedlichen Phasen meines Lebens insgesamt viermal Vater geworden bin, ist es Zeit, mit der Mär von der rosaroten Wolke aufzuräumen. Auch auf die Gefahr hin, dass man mich für grob und unsensibel hält. Es muss einfach sein. Weil es eine große schweigende Mehrheit gibt, die sich nicht den Mund aufzumachen traut. In Zeitschriften, Fernsehsendungen und gefühlvollen Interviews bekommen schwangere Frauen jede Menge Ratschläge und Tipps an die Hand. Männer nicht, aber rumjammern dürfen sie auf keinen Fall.
Zugegeben, der Mann hat kein Kind im Bauch, er leidet nicht unter Morgenübelkeit, braucht sich nicht zu übergeben (sofern er den Anblick von Blut und Nachgeburt aushält), aber er ist, wenngleich das manche sehr überraschen mag, auch nur ein Mensch. Genauer gesagt, der Mann ist ein schwächerer und wehleidigerer Mensch als die Frau. Das kann einem jeder beliebige Zahnarzt bestätigen. Und jede Mutter: Kleinen Jungs tut öfter, länger und schlimmer etwas weh. Eine schwere Bürde. Denn die Natur hat die männlichen Wesen nicht mit einer höheren Schmerzgrenze oder ausgleichenden Hormonen ausgestattet. Nein, Männer müssen alleine klarkommen, das ist eine Charakterfrage. Und Charakter haben die meisten Männer, sogar im Überfluss.
Nur stellt sich dieser Charakter nicht ruckzuck auf das Baby und was dazugehört ein. Zum Glück wird meist alles gut, aber der Aufwand gleicht eher dem Wenden eines Riesentankers auf See als dem Drehen eines Fotos auf dem Tablet. Kurz gesagt: Beim Mann dauert alles etwas länger.
Ich widme meine »Streitschrift« all jenen, die nicht zum Typus Metromann gehören. Denn so wie er ticken die allerwenigsten Vertreter des männlichen Geschlechts, ist er doch eine Art androgyner David Beckham, einer, der stets mitfühlend ist, einen unfehlbaren Modegeschmack hat, regelmäßig zur Pediküre geht – denn Hornhaut schmückt den Mann nicht –, sich die Beine mit Wachs enthaaren lässt und im Fitnessstudio seinen Körper in Form trimmt. Wenn so ein Typ Vater wird, trägt er sein Kind selbstverständlich in einer Björn-Borg-Babytrage herum, hat Birkenstock-Sandalen an den Füßen, lässt sich zum Ausgleich allenfalls ein kleines keltisches oder balinesisches Tattoo stechen und fließt geradezu über vor Verständnis, Gefühl und Zärtlichkeit. Der Metromann will nie zum falschen Zeitpunkt Sex, er rülpst und schnarcht nicht und lässt seine Unterhosen nicht auf dem Boden herumliegen. Und er braucht auch kein Buch wie meines, weil er ohnehin schon alles weiß.
Ich schreibe für die anderen, die die Mehrheit bilden. Für Männer, die durchaus gefühlvoll und lebensfroh sind, die Schwangerschaft ihrer Frau jedoch nicht unbedingt als beglückende Phase erfahren, um es mal gelinde auszudrücken. Nicht etwa, weil sie Rücken- oder Bauchschmerzen haben, Hämorrhoiden kriegen, unter Schlaflosigkeit, Hormonschüben oder anderen Dingen leiden, die schwangere Frauen durchstehen müssen. Sondern weil sie schlicht und einfach diesen scheinbar unendlichen Tunnel mit Namen Schwangerschaft fürchten, den Gotthard-Tunnel der Liebe, der viele Monate ohne Sex verheißt, ohne dass am Ende Licht zu sehen oder, besser gesagt, zu fühlen wäre. Dunkel, kalt und einsam ist es in diesem Tunnel. Darüber will ich schreiben … Und über die Zeit nach der Babyphase … Wohin geht es dann? Zum achtbaren Vierziger auf einem Sportfahrrad?
Zum Glück wird man als junger Vater nicht ganz alleingelassen. Und damit meine ich nicht die psychische Unterstützung, die Wochenpflegerin, Mütterberatung und sonstige Einrichtungen leisten können. Nein, die sind vor allem für Mutter und Kind da. Auch wenn man als Vater bei den Terminen dabei ist. Weil man eben dazugehört, so wie Vader Abraham im goldenen Speedo-Slip zu den MTV Awards. Nein, ich spreche von der eigenen Frau respektive Freundin, Lebensgefährtin, Partnerin, Leihmutter …
Für die Frauen ist ohnehin alles anders, denn als Mütter bekommen sie natürliche Anabolika. Und zwar in ansehnlichen Mengen. Eine schnelle Google-Suche ergibt die ganze Liste hormoneller Drogen, die Mutter Natur den Frauen gratis und legal zur Verfügung stellt. Genug für eine einhundertfünfzehnjährige Haft in einem südkoreanischen Knast. Und so heißen sie: hCG-Hormon, Östrogen, Progesteron, Oxytocin, Prostaglandin, Prolaktin … und als Krönung auch noch Endorphine. All das, wie gesagt, eine Gratisgabe der Natur. Für Väter nicht, die müssen ohne zurechtkommen. Bisher jedenfalls.
Lest dieses Buch, liebe Männer, und fühlt euch unterstützt von einem Kollegen, Freund, Art- und Schicksalsgenossen. Denn es ist zu schaffen, auch ohne Hormone und mit ein wenig gutem Zuspruch. Mehr braucht es nicht, denn Charakter habt ihr ja schon. Und bevor ich’s vergesse: Am Ende wird alles gut … meistens.