IMPRESSUM
Mein unwiderstehlicher Milliardär erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
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Produktion: | Jennifer Galka |
Grafik: | Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto) |
© 2014 by Harlequin Books S.A.
Originaltitel: „Taming the Takeover Tycoon“
erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe COLLECTION BACCARA
Band 355 - 2015 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg
Übersetzung: Friederike Debachy
Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A.
Veröffentlicht im ePub Format in 10/2016 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733769604
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY
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Becca bewunderte die Robin Hoods dieser Welt. Aber Jack Reed war kein Robin Hood, auch wenn er geschickt den Bogen spannte und direkt ins Ziel traf.
Nein, Jack war das komplette Gegenteil von all dem, woran sie glaubte und wofür sie sich einsetzte: Opfer zu bringen und denen zu helfen, die Hilfe brauchten, daraus bestand Beccas Leben. Manch einer verwechselte ihr Mitgefühl für andere mit Naivität oder Schwäche. Doch Becca war weder naiv noch schwach.
Langsam senkte Reed die Arme. Er hatte die Ärmel seines weißen Hemdes hochgekrempelt, was den Blick auf seine gebräunten, muskulösen Arme freigab. Süffisant lächelnd sah er Becca an, die sich beherrschen musste, um ihm nicht mit einer Ohrfeige das dämliche Grinsen aus dem Gesicht zu vertreiben.
Jack Reed verfügte über Grundbesitz in seiner Heimatstadt Cheyenne, Wyoming. Hier in L. A. gehörten ihm eine moderne Penthouse-Wohnung in einem Hochhaus direkt in der Innenstadt und dieses spektakuläre Anwesen in Beverly Hills. Gemächlich schlenderte er Becca über den gepflegten Rasen entgegen. Sie hatte ihren Besuch zwar angekündigt, aber nicht gesagt, warum sie Jack sprechen wollte.
„Becca Stevens, Direktorin der Lassiter-Stiftung.“ Mit diesen Worten streckte sie ihm die Hand entgegen. „Der ging ja direkt ins Schwarze. Alle Achtung.“
„Ich habe im College mit Bogenschießen begonnen und versuche, einmal die Woche zu trainieren“, antwortete er, seine Stimme hatte einen angenehmen, tiefen Klang.
„Das stelle ich mir schwierig vor, Sie sind doch höchstwahrscheinlich geschäftlich schwer eingebunden.“ Das Auflösen all der Unternehmen und das Verwalten der Gewinne nahm doch bestimmt schrecklich viel Zeit in Anspruch. „Umso mehr freut es mich, dass Sie sich Zeit für mich genommen haben.“
„Alle Freunde von J. D. sind auch meine Freunde“, erwiderte er mit einem Lachen, das wohl entwaffnend wirken sollte, auf Becca aber eher die gegenteilige Wirkung hatte.
„Na ja, wenn J. D. Lassiter noch am Leben wäre, bezweifle ich, dass er Sie derzeit als Freund bezeichnen würde.“
Sein Grinsen wurde noch breiter. „Sie gehen gleich zum Angriff über, was, Ms Stevens?“
Als erfolgreicher Corporate Raider, direkter ausgedrückt: Heuschrecke – denn wie sonst sollte man jemanden nennen, der rücksichtslos über andere Firmen herfiel, um aus ihrem Verkauf Profit zu schlagen? –, war er das vermutlich gewöhnt. „Na ja, ich dachte, das gefällt Ihnen.“
„Ich will Angelica Lassiter nur dabei helfen, das zurückzubekommen, was ihr rechtlich zusteht.“
Becca lachte kurz auf und seufzte. „Tut mir leid, dass ich lache, aber allein der Gedanke, dass jemand wie Sie aufopfernd jemandem …“
Sofort verschwand sein Lächeln, und seine Augen verengten sich zu Schlitzen. „Angelica war J. D.s einziges Kind.“
„Sie vergessen Sage und Dylan.“
„Sie sind Ellie Lassiters verwaiste Neffen, die J. D. und Ellie adoptiert haben, nachdem ihnen die Ärzte …“
„Ich kenne die Hintergründe, Jack.“
„Dann wissen Sie auch, dass Angelica, J. D.s leibliche Tochter, sein Liebling war, und dass er ihr die Leitung von Lassiter Media in den letzten Monaten vor seinem Tod anvertraut hat. Es ergibt also keinen Sinn, dass er ihr in seinem Testament nur lächerliche zehn Prozent hinterlässt und der Rest von J. D.s milliardenschwerer Firma an Angelicas Ex-Verlobten geht …“ Jack hielt kurz inne, um seinen Worten mehr Ausdruck zu verleihen. „Auch wenn J. D. damals diesen Evan McCain selbst für seine Tochter ausgesucht hat.“
„Es kann schon sein, dass er Evan gerne als Schwiegersohn gehabt hätte, schließlich hat der einen guten Instinkt für Geschäfte. Angelica vertraute Evan, und die beiden verliebten sich ineinander.“
„Und dann wurde sie von dem Mann betrogen, den sie heiraten wollte. Tragisch, oder?“
Entgeistert starrte Becca ihr Gegenüber an. „Oh, bitte! Evan hatte überhaupt keinen Einfluss auf J. D.s Testament.“
„Vielleicht nicht, vielleicht doch. Aber er könnte doch wenigstens so anständig sein und ihr zurückgeben, was ihr zusteht. Immerhin behauptet er, sie zu lieben. Keine Ahnung, wie er überhaupt nachts schlafen kann.“ Jack verzog herablassend die Mundwinkel.
Ein Bild erschien vor Beccas innerem Auge: Jack Reed lag splitternackt vor ihr, die Hände hinter dem Kopf verschränkt, sein hungriger Blick auf sie gerichtet. Ein prickelnd heißes Gefühl breitete sich in ihr aus.
Reed war ein attraktiver Mann. Ja, er war sogar überaus anziehend. Wenn auch nur die Hälfte der Geschichten in den Sensationsblättern stimmte, so waren bereits unzählige Frauen diesem Mann verfallen. Man konnte sich seiner betörenden Ausstrahlung nicht entziehen, und Becca hatte jetzt schon das Gefühl, von innen zu verbrennen.
Langsam schritten sie nebeneinander über den Rasen in Richtung Zielscheibe.
„Ich bitte Sie, lassen Sie es dieses Mal einfach gut sein. Nach dem Tod ihres Vaters ist Angelica nicht in der Lage, diese Sache mit Ihnen anzugehen.“
„Unterschätzen Sie Angelica nicht.“ Jacks markantes Gesicht verhärtete sich. „Sie ist stärker, als Sie denken.“
„Das Einzige, was sie im Moment ist, ist verzweifelt.“
Jack lachte. „Sie reden tatsächlich nicht um den heißen Brei herum.“
„Ihnen gehört ein Teil von Lassiter Media, und die Gerüchteküche brodelt. Die Leute rechnen mit einer feindlichen Übernahme. Die Spenden der Stiftung sind im Keller, und die bisherigen Spendenempfänger sehen sich nach anderen Möglichkeiten um. Möchten Sie wissen, warum?“ Becca sah Jack herausfordernd an. „Der Name Jack Reed ist gleichbedeutend mit Ärger. Die Art von Ärger, der die meisten halbwegs vernünftigen Menschen lieber aus dem Weg gehen.“
Jack grinste. „Solange Angelica meine Hilfe wünscht, helfe ich ihr.“
„Sie haben sich Angelica ausgesucht, nicht anders herum.“
„Was wollen Sie damit sagen?“ Fragend zog er die Augenbrauen hoch.
Beccas Herz raste. Niemand wollte es sich mit diesem Mann verscherzen, aber ihr ging es ums Prinzip, das sie verteidigen musste. Diesen Kampf würde sie gewinnen. Sie hatte schon ganz andere Dinge geschafft.
„Ich weiß, was Sie vorhaben“, sagte sie leise, während sie sich der Zielscheibe näherten. „Auch wenn Angelica die Wahrheit nicht sehen kann oder will. Sie werden sie dazu benutzen, die Kontrolle über die Anteile von Lassiter Media zu gewinnen, und später werden Sie sie mit Ihrem Pfeil abschießen und die Vermögenswerte von Lassiter veräußern, wie Sie es mit jedem anderen Unternehmen getan haben, das sie gekauft haben. Sie sind das Paradebeispiel für eine Heuschrecke.“
„Kapiert. Ich bin also der Böse.“
„Genau. Ist doch ganz einfach, oder?“
„Wäre schön, wenn es das wäre.“
Oh, am liebsten hätte Becca diesen Mann an den Schultern gepackt und so richtig durchgeschüttelt. „Wie viel Geld wollen Sie eigentlich noch verdienen? Ist es Ihnen das wert, dafür Ihre Freunde zu betrügen? J. D.s Familie?“
„Hier geht es nicht ums Geld.“
„Bei Ihnen geht es immer ums Geld.“
Sie standen jetzt direkt an der Zielscheibe, und Jack zog den Pfeil heraus. „Ich verstehe ja, dass Sie helfen wollen, aber Angelica und ich haben alles im Griff. Und machen Sie bloß keinen Fehler.“ Er sah sie durchdringend an. „Wir haben nämlich vor, zu gewinnen.“
Dieser Mann empfand nicht mal einen Hauch von Mitgefühl für andere. Alles, was ihm wichtig war, war, sich selbst zu bereichern. Wie konnte dieser Mann überhaupt noch in den Spiegel sehen?
Wütend nahm Becca ihm den Pfeil aus der Hand, brach ihn auf ihrem Knie entzwei, drückte ihn ihm wieder in die Hand und marschierte innerlich bebend mit energischen Schritten davon.
Jack sah Becca nach und konnte dabei den Blick nicht von ihrem herrlichen Po abwenden. Unweigerlich musste er lächeln.
Als Becca ihn um ein Treffen gebeten hatte, hatte sein Instinkt ihm davon abgeraten, denn wenn Jack sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann verfolgte er sein Ziel zu zweihundert Prozent. Nichts und niemand konnte ihn jemals davon abbringen.
Er hatte dem Treffen aus reinem Egoismus zugestimmt. Denn es war ja gut möglich, dass er einen persönlichen Gewinn aus dieser Pattsituation bei Lassiter herausschlagen konnte. Und was Becca anging, war das für ihn eine sehr persönliche Angelegenheit.
Wieder musste er lächeln. Was für eine Frau!
Sein Handy klingelte. Jack warf den zerbrochenen Pfeil zur Seite und nahm den Anruf entgegen. „Logan, was gibt’s?“
„Ich wollte nur hören, wie es läuft.“
Logan Whittaker hatte ganz klein angefangen und sich hochgearbeitet. Mittlerweile war er als Partner in einer Anwaltskanzlei in Cheyenne tätig, wo er sich um J. D. Lassiters Geschäfte gekümmert hatte. Nun war er mit der Vollstreckung von J. D.s Testament betraut worden, was oft nicht ganz leicht war.
„Ich habe heute Morgen nochmals mit Angelica Lassiter gesprochen“, erwiderte Jack. „Sie will es durchziehen.“
„Bist du dir da sicher? Ich habe Angelica mehr als einmal gesagt, dass es an dem Testament nichts zu rütteln gibt. J. D. war bei klarem Verstand, als er es aufgesetzt hat. Evan McCain bleibt Vorsitzender und CEO von Lassiter Media, egal, was Angelica unternehmen wird. Ich dachte, sie hätte das endlich akzeptiert.“
Jack ging zur Abschusslinie zurück. „Natürlich hat sie Skrupel. Ihr Vater hat sie sehr beeinflusst, und selbst jetzt nach seinem Tod will sie ihn nicht enttäuschen und sein Testament anfechten. Aber die Firma ist ihr Ein und Alles, Logan. Sie ist genauso stur wie J. D. und ebenso geschäftstüchtig.“
„Wie weit willst du gehen?“
„Ich mache das nicht zum ersten Mal“, sagte Jack und ließ sich von dem Anwalt nicht beirren. „Darf ich dich daran erinnern, dass du nach strengsten Anweisungen handelst?“
„Ich bin mir meiner Verantwortung bewusst, verdammt. Aber die Sache stinkt.“
„Niemand verlangt, dass du sie gutheißt“, erwiderte Jack kühl.
Logan schnaubte. „Du bist ein ganz schöner Mistkerl, weißt du das? Wie lief überhaupt dein Treffen mit Becca Stevens?“
„Sie leitet zwar die Lassiter-Stiftung, aber Mutter Teresa ist Becca deshalb noch lange nicht. Sie hat mir eindeutig klargemacht, dass ich mich verziehen soll.“
„Hast du sie vom Grundstück geschmissen?“
„Na ja, eigentlich wollte ich sie bitten, zum Mittagessen zu bleiben, aber vermutlich hätte sie mir genüsslich das Buttermesser ins Herz gebohrt.“
„Kann sie für uns zum Problem werden?“
„Das hoffe ich“, antwortete Jack lachend.
Logan seufzte. „Bitte versprich mir, dass du deine Hose dieses Mal anlässt.“
Jack schmunzelte nur und sagte nichts dazu.
Kurz danach beendeten die beiden Männer das Gespräch, und Jack griff nach einem Pfeil. Er spannte den Bogen und konzentrierte sich aufs Ziel. Auf einmal sah er Becca Stevens wieder vor sich stehen, sah die unverhüllte Bosheit in ihrem Blick und hörte die mitreißende Überzeugung in ihren Worten. Er ertappte sich dabei, wie er sich vorstellte, dass sie in seinen Armen lag, und er fragte sich, wie süß ihre weiche Haut wohl schmecken würde. In Gedanken hörte er sie seinen Namen zunächst leise wimmern und dann laut schreien, während er immer wieder in sie stieß.
Jack ließ den Pfeil los und sah auf die Zielscheibe. Unfassbar. Der Pfeil war über die Scheibe hinweggeflogen. Das war ihm jahrelang nicht mehr passiert.
Felicity Sinclairs blaue Augen glänzten vor Freude, als sie den Stuhl näher zum Tisch zog und sich zu ihrer Freundin hinüberbeugte. „Becca, ich muss dich was fragen.“
„Geht’s um Lassiter Media?“
Fee war erst kürzlich zur Vizepräsidentin der PR-Abteilung von Lassiter Media befördert worden, und sie sprühte nur so vor Ideen. Seit Beccas Ernennung bei der Lassiter-Stiftung hatten die beiden Frauen nicht nur eng zusammengearbeitet, sondern waren auch gute Freundinnen geworden.
„Nein, es geht um Chance Lassiter.“
„Deinen Verlobten also“, zog Becca die Freundin auf. Der prachtvolle Diamant an Fees Ringfinger war nicht zu übersehen.
„Ich muss sagen, ich finde es immer noch komisch, dass Cheyenne mein neues Zuhause ist. Ich liebe L. A. …“
„Du musst nur oft zu Besuch herkommen.“ Becca nahm Fees Hand und drückte sie. „Versprochen?“
„Nur wenn du versprichst, uns auch mal auf der Big Blue Ranch zu besuchen.“
„Klar doch.“
Chance Lassiter war J. D.s Neffe, und er hatte die Ranch seines Onkels geerbt, die er vor dessen Tod bereits verwaltet und bewirtschaftet hatte. Fee hatte das Herz des charmanten Cowboys im Sturm erobert und wohnte nun mit Chance zusammen dort.
„Ich freue mich so auf die Hochzeit“, erzählte Fee begeistert. „Hier meine Frage: Möchtest du Brautjungfer sein?“
Tränen der Freude stiegen in Becca hoch. Fee würde eine atemberaubend schöne Braut sein, und Becca war sich sicher, dass die Hochzeit ein rauschendes Fest werden würde. Irgendwie war sie sogar ein kleines bisschen neidisch.
Heiraten und eine Familie gründen war für Becca zwar derzeit noch nicht wichtig, aber irgendwann hoffte sie, den Richtigen zu finden. Aber nun würde sie erst mal alles daransetzen, die Stiftung heil durch den Sturm zu bringen, den J. D.s unerwarteter Tod und das Testament ausgelöst hatten.
Doch natürlich würde sie Fee diese Bitte nicht abschlagen. Sie umarmte die Freundin. „Aber ja doch, Fee. Ich fühle mich geehrt.“
Nachdem sie eine Zeit lang über Kleider und Blumen für die Hochzeit gesprochen hatten, wollte Fee wissen, ob Becca schon mit Jack Reed gesprochen hatte.
Ein mulmiges Gefühl machte sich in Becca breit. Sie nickte. „Der Garten seiner Villa in Beverly Hills ist eine professionelle Bogenschießanlage.“
„Der Besitzer ist aber alles andere als ein Robin Hood.“ Der Sarkasmus in Fees Stimme war nicht zu überhören.
„Das ist der Witz des Tages, oder?“ Becca nahm ihre Kaffeetasse in beide Hände. „Der tolle Jack Reed wird wieder mal tun, was er am besten kann: erst ein Übernahmeangebot machen und danach alles zerschlagen.“
Fee nickte. „Dafür ist er bekannt.“
Was für eine Untertreibung! „Berüchtigt! Er ist der rücksichtsloseste Corporate Raider in diesem Land. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie schnell er die Firma zerstückeln und die Einzelteile verkaufen würde, wenn er Gelegenheit dazu hätte. Es interessiert ihn einen Scheißdreck, was mit der Stiftung geschieht.“
„Aber du musst zugeben, dass er Charme hat.“ Fee setzte ihre Tasse an die Lippen und nahm einen kleinen Schluck.
„Ja, er ist wie eine Schlange.“
„Und unheimlich gut aussehend.“
Becca schnaubte verächtlich. „Klar, der Typ ist scharf. Aber man sollte Macht für etwas Positives benutzen. Er hat Hirn und ist alles andere als arm. Verdammt noch mal, er sollte den Bedürftigen helfen.“ Bei dem Gedanken an den Mann lief ihr ein kalter Schauer über den Rücken.
Als die Kellnerin an den Tisch trat, bestellte Becca einen Karamel-Brownie.
Fee sah ihre Freundin neugierig an. „Seit wann magst du denn süße Sachen?“
„Schon als Kind, wenn ich mich über etwas sehr aufgeregt habe, habe ich Süßigkeiten gegessen. Das ist mir bis heute geblieben. Damals war ich noch ziemlich pummelig.“
Anschließend war sie zum Friedenscorps gegangen, und ihr Leben hatte sich drastisch verändert.
„Aber keine Angst, die Lust auf Süßes überkommt mich nur noch selten. Ich werde auf jeden Fall in das Brautjungfernkleid passen“, beruhigte Becca ihre Freundin.
„Darum geht es mir gar nicht. Es gefällt mir nur nicht, dich so aufgebracht zu sehen.“
Die Kellnerin brachte den Brownie, und Becca biss genüsslich hinein. „Ich glaube an die Stiftung. Wir haben so viel Gutes erreicht, Obdachlosen geholfen, Jugendcamps finanziert und so weiter.“
„Ihr leistet tolle Arbeit“, pflichtete Fee ihr bei. „Doch leider ist es nicht dein Unternehmen.“
„J. D. hätte diesen Streit in der Familie nicht gewollt. Evan und Angelica reißen sich um Lassiter Media, wo sie doch eigentlich am selben Strang ziehen sollten.“
„Aber wieso hinterlässt J. D. seiner Tochter nur so wenige Anteile an der Firma?“, fragte Fee, die sich immer noch über das Testament wunderte. „Sie hat sich für die Firma aufgeopfert.“
„John Douglas Lassiter war ein kluger Mann mit einem großen Herzen. Die Stiftung war für ihn viel mehr als nur eine Möglichkeit, Steuern zu umgehen. Er hatte gewiss einen guten Grund dafür, sein Vermögen so aufzuteilen.“
„Dachte er etwa, dass Angelica das kampflos hinnehmen würde?“, erwiderte Fee.
„Selbst ihre Brüder sind gegen sie“, fügte Becca hinzu. Am Anfang hatten Angelicas Geschwister noch zu ihr gehalten und versucht, ihr dabei zu helfen, das Testament anzufechten. Aber jetzt nicht mehr. „Sie hat niemanden mehr auf ihrer Seite.“
„Niemanden, außer Jack Reed.“
„Ich hoffe, sie gibt es bald auf, ehe sie noch mehr Schaden anrichtet.“
„Das glaubst du doch wohl selbst nicht.“
„Womit wir wieder bei diesem arroganten Kerl angekommen wären“, knurrte Becca.
„Du bist noch nicht fertig mit ihm, was?“
„Ich werde nicht aufgeben.“ Beccas Stimme hatte einen entschlossenen Ton angenommen. „Aufgeben ist nicht mein Ding.“
Fee seufzte. „Das Problem ist nur, Jack Reeds Ding ist es auch nicht.“
Jack beschloss, am Freitagabend zur Gala der Lassiter-Stiftung zu gehen. Als er endlich dort eintraf, war es bereits spät. Die Reden waren alle längst gehalten, der Nachtisch war bereits serviert worden, und auf der Tanzfläche hatten sich schon einige Paare zum Tanzen eingefunden.
Auf dem Weg zu den VIP-Tischen fiel sein Blick auf Becca Stevens. Aufrecht und stolz saß sie da und blickte ihm direkt in die Augen. Sie trug ein trägerloses Abendkleid, und ihr Haar fiel in großen Locken über ihre Schultern. Auf Schmuck hatte sie verzichtet. Jack ging auf sie zu und blieb direkt vor ihr stehen.
Becca musterte ihn von oben bis unten und zog die Augenbrauen hoch. „Haben Sie es bemerkt?“
„Dass Sie heute Abend bezaubernd aussehen?“
Warnend blitzte sie ihn an. Flirte bloß nicht mit mir, schien ihr Blick zu sagen.
„Als sie hereingekommen sind, haben die Leute aufgehört zu reden. Ich glaube, einige von ihnen haben sogar aufgehört zu atmen. Man erwartet nicht, Sie bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung zu sehen. In diesem Fall allerdings ist das möglicherweise eine Ausnahme, schließlich ist es eine Veranstaltung von Lassiter Media.“
„Ich bin also der böse Wolf hier, der überall seine Klauen reinhaut und am Ende die Knochen ausspuckt, was? Würde es Sie überraschen zu hören, dass ich Geld für wohltätige Zwecke spende?“
„Vermutlich der Jack-Reed-Stiftung für chronische Maßlosigkeit.“
Jack grinste. „Sie sind süß, wissen Sie das?“
Neben Becca war noch ein Stuhl frei, und Jack setzte sich. Eine Frau und ein Mann saßen auf der anderen Seite des Tisches und waren in eine Unterhaltung vertieft.
„Wenn ich spende, tue ich das anonym.“
Becca trank einen Schluck Wasser. „Wie praktisch.“
„Es ist Ihre Aufgabe, die Werbetrommel für diese Stiftung zu rühren und alle wissen zu lassen, wie sehr die Stiftung mit den Spenden den Bedürftigen hilft.“
Als die Musik lauter und das Licht im Saal gedimmt wurde, beugte er sich näher zu ihr, wobei ihm der Duft ihres Parfüms in die Nase stieg. Ein sehr weiblicher Duft und unglaublich betörend.
„Aber sagen Sie mal ganz ehrlich“, fuhr Jack fort, „wenn Sie so wohlhabend wären wie ich, hätten Sie es dann wirklich nötig, allen zu erzählen, wie großzügig Sie sind?“
„Die Frage erübrigt sich, da ich niemals so wohlhabend sein werde. Ich will das gar nicht und brauche es auch nicht. Ich bin nicht wie Sie. In keiner Weise.“ Als sein Blick auf ihre Lippen fiel, sah sie ihn missbilligend an, ehe sie aufstand. „Denken Sie nicht mal daran“, sagte sie warnend.
Es war zwecklos, es abzustreiten. Diese Frau war unglaublich attraktiv, und Jack fühlte sich zu ihr hingezogen. Am liebsten hätte er ihre Lippen berührt, sie gekostet, den Funken zwischen ihnen zum Leben erweckt. Und wenn er sich nicht irrte – und Jack irrte sich bei Frauen nur selten –, dann wollte Becca das auch.
„Ist es denn so offensichtlich?“, fragte er und erhob sich ebenfalls.
„Sie sind leicht zu durchschauen.“
„In manchen Dingen.“
„Ich kann es Ihnen auflisten, Sie können mir danach sagen, was ich vergessen habe.“
Jack verschränkte die Arme vor der Brust. „Na, dann mal los.“
„Sie sind unglaublich geldgierig. Nein, machtgierig. Sie mögen Luxus, Privatjets, Yachten und teure Autos. Es gefällt Ihnen, mit schönen Frauen gesehen zu werden, je mehr, desto besser. Aber am meisten lieben Sie es, den Ton anzugeben. Das Sagen zu haben.“
Jack runzelte die Stirn.
„Es gefällt mir, der Chef zu sein, aber das mögen alle CEOs. J. D. auch“, sagte er schließlich.
„Sie verstehen nicht, was ich meine. Und, tut mir leid, mit J. D. können Sie nicht mithalten.“
„Da würde er Ihnen womöglich widersprechen.“
Der Blick, den sie ihm nun zuwarf, war beinahe bemitleidend. „Bescheidenheit ist wohl nicht gerade Ihre Stärke.“
„Vielleicht möchten Sie ja herausfinden, was meine Stärke ist.“
„Sie kapieren es einfach nicht.“ Hocherhobenen Hauptes ging Becca durch den Saal und verschwand durch die Verandatür nach draußen. Jack folgte ihr auf die Terrasse. Sie stand mit dem Rücken zu ihm am Geländer und sah auf die funkelnden Lichter der Stadt hinab. Ihr Kleid wehte leicht im warmen Abendwind.
Als er sich ihr näherte, warf sie ihm einen genervten Blick zu. Mit der Hand packte sie das Geländer so fest, als wollte sie jemanden erwürgen. „Sie verstehen nicht mal einen Wink mit dem Zaunpfahl.“
„Lassen Sie uns nicht mit diesen Spielchen anfangen. Sie wollten doch, dass ich Ihnen folge, und wissen jetzt bloß nicht, wie Sie reagieren sollen.“
Becca wandte sich ihm zu und sah ihm direkt ins Gesicht. „Ich empfinde eine große Leidenschaft für meine Arbeit in der Stiftung.“
„Es ist wichtig, dass man Leidenschaft für eine Sache entwickelt.“
„Für etwas Gutes, ja, aber nicht für Böses, wie das bei manchen Menschen der Fall ist.“
Für die meisten Leute war Jack Reed das Böse in Person. Aber im Gegensatz zu anderen hatte Becca keine Angst davor, ihm das ganz unverblümt zu sagen.
Verdammt, sie hatte recht. Sollte er Lassiter Media in seine Krallen bekommen, würde er die Firma ausbluten lassen. Das war sein Beruf. Das war es, was er so richtig gut konnte.