image

Fabian Brand

Selig, die ihr
jetzt weint

Kreuzwegandachten

image

© 2019 Verlag Katholisches Bibelwerk GmbH, Stuttgart

Für die Texte der Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift,
vollständig durchgesehene und überarbeitete Ausgabe
© 2016 Katholische Bibelanstalt GmbH, Stuttgart
Alle Rechte vorbehalten

Umschlaggestaltung: Finken & Bumiller, Stuttgart

www.bibelwerk.de

Inhalt

Hinführung

Zu unserem Heil lag die Strafe auf ihm

Kreuzweg mit fünf Stationen

Sie werden auf den blicken, den sie durchbohrt haben

Kreuzweg mit fünf Stationen

Gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz

Kreuzweg mit sieben Stationen

Heilig Kreuz, du Baum der Treue

Kreuzweg mit sieben Stationen

Bleibt in meiner Liebe

Kreuzweg mit vierzehn Stationen

Durch seine Wunden sind wir geheilt

Kreuzweg mit fünfzehn Stationen

Folgt mir nach und ich werde euch zu Menschenfischern machen

Kreuzweg für Kinder

Durch das Holz des Kreuzes kam Freude in alle Welt

Kreuzweg für Senioren

Wachet und betet

Ölbergandacht

Der Herr wird mir helfen

Ölbergandacht

Ich gebe mein Leben für die Schafe

Passionsandacht am Karfreitag

Im Kreuz ist Leben

Passionsandacht zum heiligen Kreuz

Du hast Worte des ewigen Lebens

Andacht zu den sieben Worten Jesu am Kreuz

Hinführung

Es ist eine alte Tradition, dass im Laufe der Fasten- und Passionszeit besonders der Kreuzweg des Herrn betrachtet wird. Betend folgt man dem Weg Jesu von seiner Verurteilung bis hinauf nach Golgota, wo er am Kreuz stirbt. Die Texte, die vom Leiden und Sterben Jesu berichten, nehmen uns mit hinein in das große Geheimnis unserer Erlösung, das wir besonders an den drei österlichen Tagen feiern.

Miteinander den Kreuzweg zu beten, heißt auch, über den Karfreitag hinaus zu blicken und den Glanz des Ostermorgens zu erahnen. So ist der Kreuzweg nicht nur Erinnerung an das Leiden und Sterben Jesu, sondern zugleich ein Hoffnungsweg. Denn jenseits allen Leidens, jenseits von Tod und Sterben, sind wir auf die Auferstehung verwiesen und auf das Leben in Fülle, das Gott denen bereitet hat, die ihn lieben. Deswegen kann Jesus auch die Trauernden seligpreisen: Im Gottesreich werden ihre Tränen abgewischt, ihre Trauer in Freude und ihr Tod in Leben verwandelt. Auch daran dürfen wir denken, wenn wir in diesen Tagen miteinander den Kreuzweg betrachten.

Im vorliegenden Buch finden sich unterschiedliche Andachtsmodelle, die zum gemeinsamen Gebet in der Fasten- und Passionszeit anregen wollen. Neben dem klassischen Kreuzweg mit vierzehn Stationen gibt es auch kürzere Modelle, die sich auf fünf bzw. sieben ausgewählte Kreuzwegstationen beziehen. Ein Kreuzweg für Kinder zeichnet den Weg Jesu vom Einzug in Jerusalem bis zur Auferstehung als Erzählung nach. Ein weiteres Kreuzwegmodell ist in einer besonders für Senioren ansprechenden Sprache formuliert, kann aber natürlich auch in einer normalen Gemeinde verwendet werden. Schließlich finden sich noch Vorschläge für Ölbergandachten am Gründonnerstag, sowie für zwei Passionsandachten. Diese können entweder am Karfreitag selbst oder während der ganzen Passionszeit (also ab dem fünften Fastensonntag) verwendet werden. Die Andacht zu den sieben Worten Christi am Kreuz kann man beispielsweise am Abend des Karfreitags miteinander beten.

Die vorliegenden Modelle sind als Vorschlag oder Anregung gedacht. Je nach Situation gilt es Texte umzuformulieren und geeignete Gesänge auszuwählen. Um die Arbeit für Ehren- und Hauptamtliche zu erleichtern, können die folgenden Andachten aber auch ohne große Vorbereitung und ohne Mehraufwand eingesetzt werden, da alle benötigten Texte an Ort und Stelle abgedruckt sind.

image

Zu unserem Heil
lag die Strafe auf ihm

Kreuzweg mit fünf Stationen

1. Station

Petrus verleugnet Jesus

VHERR, du hast mich erforscht und du kennst mich.

Ob ich sitze oder stehe, du kennst es.

Du durchschaust meine Gedanken von fern.

AOb ich gehe oder ruhe, du hast es gemessen.

Du bist vertraut mit all meinen Wegen.

VErforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz, prüfe mich und erkenne meine Gedanken!

ASieh doch, ob ich auf dem Weg der Götzen bin, leite mich auf dem Weg der Ewigkeit! (Verse aus Ps 139)

Lied: z.B. GL 283 (Aus der Tiefe rufe ich zu dir)

LAls Petrus unten im Hof war, kam eine von den Mägden des Hohepriesters. Sie sah, wie Petrus sich wärmte, blickte ihn an und sagte: Auch du warst mit diesem Jesus aus Nazaret zusammen. Doch er leugnete und sagte: Ich weiß nicht und verstehe nicht, wovon du redest. Dann ging er in den Vorhof hinaus.

Als die Magd ihn dort bemerkte, sagte sie zu denen, die dabeistanden, noch einmal: Der gehört zu ihnen. Er aber leugnete wieder. Wenig später sagten die Leute, die dort standen, von Neuem zu Petrus: Du gehörst wirklich zu ihnen; du bist doch auch ein Galiläer. Da fing er an zu fluchen und zu schwören: Ich kenne diesen Menschen nicht, von dem ihr redet. Gleich darauf krähte der Hahn zum zweiten Mal und Petrus erinnerte sich an das Wort, das Jesus zu ihm gesagt hatte: Ehe der Hahn zweimal kräht, wirst du mich dreimal verleugnen. Und er begann zu weinen. (Mk 14,66-72)

Lied: z.B. GL 271 (O Herr, aus tiefer Klage)

VPetrus ist mit Jesus gegangen.

Er will bei ihm bleiben.

Er will ihm beistehen – auch in der größten Not.

Er ist in die Nachfolge Jesu eingetreten,

er hat einkalkuliert, für Jesus selbst das Leben hinzugeben.

Jetzt aber verlässt Petrus der Mut.

Angst umfängt ihn.

Was, wenn auch er festgenommen wird?

Was, wenn sie als nächstes ihn zum Tod verurteilen?

Und Petrus verleugnet seine Zugehörigkeit zu Jesus.

Er sagt sich von ihm los.

Er lässt ihn im Stich.

Stille

Wer sich in die Nachfolge Jesu begibt, der muss Rückschläge mit einrechnen.

Wer sich zu Jesus bekennt, der darf nicht beim ersten Gegenwind einknicken.

Doch manchmal verlangt uns die Freundschaft zu Jesus viel ab.

Wir leugnen, dass wir zu ihm gehören.

Wir verschweigen lieber, dass wir Christen sind.

Was würden sonst die anderen von uns denken?

Vielleicht würden sie uns auslachen,

vielleicht würden sie uns gar nicht mehr ernstnehmen.

Wenn es ernst wird, wählen wir oft den bequemeren Weg

und retten lieber unsere eigene Haut.

Stille

VLasset uns beten. – Herr Jesus, du rufst Menschen in deine Nachfolge, die von dir erzählen und die gute Nachricht von der nahegekommenen Gottesherrschaft verkünden. Gib uns den Mut, dein Wort weiterzusagen, auch wenn wir mit Widerstand rechnen müssen. Hilf uns, dass wir uns auch in der Bedrängnis zu dir bekennen und treue Zeugen deiner Liebe sind. Der du lebst und herrschst in alle Ewigkeit.

AAmen.

2. Station

Jesus wird von den Soldaten misshandelt

VSiehe, mein Knecht wird Erfolg haben, er wird sich erheben und erhaben und sehr hoch sein.

AWie sich viele über dich entsetzt haben – so entstellt sah er aus, nicht mehr wie ein Mensch, seine Gestalt war nicht mehr die eines Menschen –,

Vso wird er viele Nationen entsühnen, Könige schließen vor ihm ihren Mund.

ADenn was man ihnen noch nie erzählt hat, das sehen sie nun; was sie niemals hörten, das erfahren sie jetzt. (Jes 52,13-15)

Lied: z.B. GL 292 (Fürwahr, er trug unsre Krankheit)

LDa nahmen die Soldaten des Statthalters Jesus, führten ihn in das Prätorium und versammelten die ganze Kohorte um ihn. Sie zogen ihn aus und legten ihm einen purpurroten Mantel um. Dann flochten sie einen Kranz aus Dornen; den setzten sie ihm auf das Haupt und gaben ihm einen Stock in die rechte Hand. Sie fielen vor ihm auf die Knie und verhöhnten ihn, indem sie riefen: Sei gegrüßt, König der Juden! Und sie spuckten ihn an, nahmen ihm den Stock wieder weg und schlugen damit auf seinen Kopf. Nachdem sie so ihren Spott mit ihm getrieben hatten, nahmen sie ihm den Mantel ab und zogen ihm seine eigenen Kleider wieder an. Dann führten sie Jesus hinaus, um ihn zu kreuzigen. (Mt 27,27-31)

Lied: z.B. GL 290 (Herzliebster Jesu)

VDie Soldaten verspotten Jesus.

Sie können ihn und seine Botschaft nicht ernst nehmen.

Für sie ist er ein Angeber, ein Verrückter.

Doch er kommt gerade recht,

um ein bisschen Abwechslung in den grauen Soldatenalltag zu bringen.

Wenn er schon meint, er sei ein König,

dann sollte man ihm das ansehen.

Sie setzen Jesus eine Dornenkrone auf.

Sie verhöhnen ihn.

Sie treiben mit Jesus ihren Spott.

Stille

Die Soldaten wollen Jesus aus ihrer Mitte wegschaffen.

Sie wollen ihn nach ihren eigenen Vorstellungen verbiegen.

Ein König muss doch wie ein König aussehen, meinen sie.

Ihren eigenen Willen durchsetzend krönen sie ihn mit Dornen.

Dabei übersehen sie das Wesentliche:

Man kann Jesus nur mit den Augen des Glaubens sehen.

Wer den gegeißelten Heiland so betrachtet,

der erkennt in ihm einen König.

Wer sich im Glauben Jesus nähert,

wer sich auf seine Botschaft einlässt,

der gewinnt das Leben.

Stille

VLasset uns beten. – Gott, du weißt, dass wir Menschen unvollkommen sind und immer wieder der Umkehr bedürfen. Du kennst unsere Herzen, du durchschaust unser Innerstes. Führe uns auf den Weg der Gerechtigkeit, damit wir dich tiefer erkennen und den, den du gesandt hast, Jesus, deinen Sohn. Er lebt und herrscht mit dir in Ewigkeit.

AAmen.

3. Station

Jesus wird erniedrigt

VMein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen, bleibst fern meiner Rettung, den Worten meines Schreiens?

AMein Gott, ich rufe bei Tag, doch du gibst keine Antwort; und bei Nacht, doch ich finde keine Ruhe.

VIch aber bin ein Wurm und kein Mensch, der Leute Spott, vom Volk verachtet.

AWälze die Last auf den Herrn! Er soll ihn befreien, er reiße ihn heraus, wenn er an ihm Gefallen hat! (Verse aus Ps 22)

Lied: z.B. GL 289 (O Haupt voll Blut und Wunden)

LEr war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, Gott gleich zu sein, sondern er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich. Sein Leben war das eines Menschen; er erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz. Darum hat ihn Gott über alle erhöht und ihm den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen, damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde ihr Knie beugen vor dem Namen Jesu und jeder Mund bekennt: Jesus Christus ist der Herr zur Ehre Gottes, des Vaters. (Phil 2,6-11)

Lied: z.B. GL 288 (Hört das Lied der finstern Nacht)

VJesus wird erniedrigt:

Die Geißelung und Verspottung durch die Soldaten,

die Kreuzigungsrufe der Menschenmenge,

das Aufladen des schweren Kreuzes,

das abermalige Fallen auf dem Kreuzweg,

das Bloßstellen des nackten Körpers,

das Kopfschütteln der Zuschauer.

Auf seinem Kreuzweg ist Jesus

bis zum Erdboden erniedrigt.

Er, der Geschlagene, steht im Zentrum des Geschehens.

Er weiß, dass der Weg nach unten sein Weg nach oben ist.

Hinein in die Herrlichkeit beim Vater.

Stille

Unsere Gesellschaft strebt immer nach oben.

Man will der Erste sein und der Beste.

Es zählen Spitzenleistungen und Herausragendes.

Jesus lehrt uns einen anderen Weg:

Wer sein Leben betrachtet, der erkennt,

dass der wahre Weg nach oben ganz unten beginnt.

In der Erniedrigung liegt der Beginn der Erhöhung.

In der Selbstverleugnung steht der Weg zum Leben offen.

Stille

VLasset uns beten. – Herr Jesus, du sagst uns, wir sollen uns nicht allzu sehr um uns und unsere Anliegen sorgen. Du zeigst uns, wie wichtig es ist, unsere Mitmenschen im Blick zu haben, ihre Sorgen und Nöte zu erkennen. Wir bitten dich: Öffne unser Herz für das Elend der Armen und lass uns mutig eintreten für die Menschen, deren Leben mit Füßen zu Boden getreten wird. Der du lebst und herrschst in Ewigkeit.

AAmen.

4. Station

Der Leib Jesu wird am Kreuz durchbohrt

VEr hatte keine schöne und edle Gestalt, sodass wir ihn anschauen mochten. Er sah nicht so aus, dass wir Gefallen fanden an ihm.

AEr wurde verachtet und von den Menschen gemieden, ein Mann voller Schmerzen, mit Krankheit vertraut.

VAber er hat unsere Krankheit getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen. Wir meinten, er sei von Gott geschlagen, von ihm getroffen und gebeugt.

AZu unserem Heil lag die Züchtigung auf ihm, durch seine Wunden sind wir geheilt.(Verse aus Jes 53)

Lied: z.B. GL 270 (Kreuz, auf das ich schaue)

LDanach, da Jesus wusste, dass nun alles vollbracht war, sagte er, damit sich die Schrift erfüllte: Mich dürstet. Ein Gefäß voll Essig stand da. Sie steckten einen Schwamm voll Essig auf einen Ysopzweig und hielten ihn an seinen Mund. Als Jesus von dem Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht! Und er neigte das Haupt und übergab den Geist. Weil Rüsttag war und die Körper während des Sabbats nicht am Kreuz bleiben sollten – dieser Sabbat war nämlich ein großer Feiertag –, baten die Juden Pilatus, man möge ihnen die Beine zerschlagen und sie dann abnehmen. Also kamen die Soldaten und zerschlugen dem ersten die Beine, dann dem andern, der mit ihm gekreuzigt worden war. Als sie aber zu Jesus kamen und sahen, dass er schon tot war, zerschlugen sie ihm die Beine nicht, sondern einer der Soldaten stieß mit der Lanze in seine Seite und sogleich floss Blut und Wasser heraus. Und der es gesehen hat, hat es bezeugt und sein Zeugnis ist wahr. Und er weiß, dass er Wahres sagt, damit auch ihr glaubt. Denn das ist geschehen, damit sich das Schriftwort erfüllte: Man soll an ihm kein Gebein zerbrechen. Und ein anderes Schriftwort sagt: Sie werden auf den blicken, den sie durchbohrt haben. (Joh 19,28-37)

Lied: z.B. GL 291 (Holz auf Jesu Schulter)

VDas Johannesevangelium endet mit einem Paukenschlag:

Jesus stirbt nicht resigniert oder enttäuscht.

Vielmehr ist er auch am Kreuz ganz und gar souverän.

Jesus weiß, dass nun alles vollbracht ist.

Er hat das Werk vollendet,

das ihm der Vater aufgetragen hat.

Er kann nun zurückkehren zum Vater,

eingehen in seine Herrlichkeit.

Der Karfreitag ist kein trauriger Tag.

Es ist der Tag, an dem der Menschensohn

erhöht von der Erde alle an sich zieht.

Jetzt ist seine Stunde gekommen,

die Stunde der Verherrlichung.

Stille

Das Kreuz stört.

Es stört unseren Blick auf Jesus.

Wir wollen den Auferstandenen und Verherrlichten sehen. Aber überall steht uns nur das Kreuz vor Augen.

Wir müssen lernen,

im Kreuz den Auferstandenen zu erkennen.

Wir müssen lernen,

im Karfreitag den Ostermorgen zu erahnen.

Nur so können wir das Sterben Jesu

als Beginn seiner Herrlichkeit verstehen.

Stille

V