EPIKTET

Gespräche | Fragmente | Handbuch

Moderne Gesamtausgabe auf der Grundlage der Übertragung von Rudolf Mücke neu übersetzt, mit Anmerkungen versehen und eingeleitet
von Tino Deckert

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Gespräche (Diatriben)

Vorrede

Buch I

Buch II

Buch III

Buch IV

Fragmente

Handbuch (Encheiridion)

Anhang

Siglenverzeichnis

Anmerkungen zum Text

Einführung in Leben und Werk

Grundzüge der Philosophie

Übersetzung und Ausgabe

Literaturverzeichnis

Glossar griechischer Begriffe

Namensregister

Themenregister

Liste der Gespräche

Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

wie es der Zufall (oder das Schicksal) wollte, ist die Idee zu diesem Buch keine 100 Kilometer vom antiken Nikopolis, der langjährigen Wirkungsstätte Epiktets, entfernt entstanden. Als Urlaubslektüre auf Kefalonia 2019 diente mir eine Textsammlung stoischer Philosophen. Da Epiktet mein erneutes Interesse weckte, wollte ich über das Handbuch und die bekanntesten Gespräche hinaus das gesamte erhaltene Werk Epiktets lesen. Die Recherche ergab schnell, dass es eine moderne deutsche Gesamtübersetzung nicht gibt und auch die älteren Übersetzungen selbst antiquarisch nicht zu erwerben waren.1 Um diese Lücke zu schließen, habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, die letzte deutsche Gesamtübersetzung von Rudolf Mücke aus dem Jahr 1926 zu überarbeiten, um sie Ihnen wieder zugänglich zu machen. Das entstandene Buch ist sowohl für die wissenschaftlich Orientierten wie Studenten der Sozial- und Geisteswissenschaften als auch für interessierte Laien konzipiert: Letzteren dienen die zeitgemäße Einführung und die Textanmerkungen für einen Einstieg in die stoische Ideenwelt; Erstere profitieren von der überarbeiteten Übersetzung samt relevanter griechischer Begriffe im Text, mehreren Registern mit vielen Querverweisen sowie der zitierfähigen Nummerierung nach Buch, Kapitel und Paragraf.

Epiktets Faszination besteht darin, lebensnahe und ethisch relevante Themen in einer zugänglichen Sprache und Darstellungsform zu vermitteln. Doch Vorsicht! Epiktet ist weit entfernt von einer weichgespülten Wohlfühlphilosophie, das hier ist kein Ratgeberbuch im Sinne von »Die zehn besten Tipps zum glücklichen Leben«. Selbst wenn sich die Fragen und Probleme rund um das gute Leben seit 2000 Jahren eigentlich nicht geändert haben, können die eindringlichen und unnachgiebigen Antworten Epiktets vieles bei Ihnen auslösen: wohlwollende Zustimmung, konstruktiver Widerspruch, ideologische Ablehnung, gelegentliches Schmunzeln usw. Daher kann man Epiktets Texte mit einem Leuchtturm vergleichen: Sie dienen der Standortbestimmung und Orientierung, müssen aber selbst gar nicht das Ziel sein. In diesem Sinne: Viel Spaß beim Lesen und bleiben Sie philosophisch!

Mein Dank gilt zunächst Epiktet für seine ermutigenden Gedanken, die mir schon oft geholfen haben zu erkennen, was im Leben wirklich wichtig ist. Sebastian Alefs und meiner Frau Eva danke ich für ihre wertvollen Hinweise während der Fertigstellung des Manuskripts sowie Anina Höck für ihr sachkundiges Lektorat. Darüber hinaus danke ich meiner Frau für ihr stets offenes Ohr bei sprachlichen und methodischen Fragen sowie ihrem unermüdliches Verständnis in Bezug auf dieses Projekt: Aus den angedachten Schönheitsreparaturen einer überarbeiteten Neuausgabe wurde eine anderthalbjährige Kernsanierung, bei der an unzähligen Abenden und Wochenenden kaum ein Satz unverändert blieb.

Gewidmet ist dieses Buch unseren Kindern.

Tino Deckert

Mainz im Oktober 2021

Gespräche (Diatriben)

Vorrede

Arrian grüßt Lucius Gellius.2

[1] Ich habe Epiktets Reden (logos) nicht verfasst, wie man etwas von dieser Art wohl verfassen könnte. Sie sind auch nicht von mir in die Öffentlichkeit gebracht worden, so wenig, wie ich ihr Verfasser bin. [2] Ich habe mich nur bemüht, was ich aus Epiktets Mund gehört habe, möglichst in seinen eigenen Worten niederzuschreiben,3 um für mich selbst einige Erinnerungen an seinen klaren Geist (dianoia) und seine Freimütigkeit4 zu haben. [3] Es herrscht in ihnen diejenige Art zu reden, wie wenn jemand gleich danach einem anderen davon erzählt; und gar nicht diejenige, deren man sich befleißigt, wenn man für künftige Leser schreibt. [4] Dem ungeachtet ist nun einmal diese Niederschrift, wie es kam weiß ich nicht, ohne mein Wissen und Wollen in viele Hände gekommen. [5] Will sie jemand für unzureichend halten, so mache ich mir nicht viel daraus, und noch weniger macht sich Epiktet daraus, wenn man seine Reden geringschätzig beurteilen will. Denn er hat sich bekanntermaßen bei seinen Reden keinen anderen Endzweck vorgesetzt, als die Gemüter seiner Zuhörer auf das Beste und Wichtigste zu lenken.5 [6] Sofern diese Reden dieselbe Wirkung immer noch erzielen, so haben sie meines Erachtens schon den Zweck erreicht, den philosophische Reden haben müssen. [7] Fehlt es aber hieran, so kann ich doch den Lesern versichern, dass Epiktet beim mündlichen Vortrag allemal solche Gesinnungen und Entschlüsse bei seinen Zuhörern geweckt hat, die er wecken wollte. [8] Wenn seine Reden für sich allein diese Wirkung nicht mehr hervorrufen, so liegt der Grund vielleicht bei mir, vielleicht ist es aber auch unvermeidlich.6

Lebe wohl!