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Handbuch Ultrawandern

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© 2021 by Meyer & Meyer Verlag, Aachen
Auckland, Beirut, Dubai, Hägendorf, Hongkong, Indianapolis, Kairo, Kapstadt, Manila, Maidenhead, Neu-Delhi, Singapur, Sydney, Teheran, Wien

image Member of the World Sport Publishers’ Association (WSPA)

eISBN 9783840337512
E-Mail: verlag@m-m-sports.com
www.dersportverlag.de

INHALT

Vorwort

1 Einleitung

1.1 Warum Ultrawandern?

2 Vor dem Marsch

2.1 Die passende Ausrüstung

2.1.1 Die passenden Schuhe finden

Vor- und Nachteile verschiedener Schuhtypen

Lauf- und Joggingschuhe

Traillaufschuhe

Wanderschuhe

Allround- oder Multisportschuhe

Barfußschuhe

Tipps für den Schuhkauf

Wanderschuhe richtig pflegen

2.1.2 Die richtigen Socken

Allgemeine Infos zur Sockenwahl

Klassische Wandersocken

Hightechsocken

Allroundsocken

Doppellagige Socken

Kompressionsstrümpfe

Nachteile von Kompressionsstrümpfen beim Extremwandern

Noch einige praktische Hinweise

2.1.3 Marsch- und Trainingskleidung

Wanderhosen

Wanderjacken

Weitere Kriterien für eine gute Wanderjacke

Oberbekleidung und Unterwäsche

Wahl der passenden Kopfbedeckung

Bei allen Märschen ein Muss: Regenbekleidung

Die Regenjacke

Regenponcho

Einwegartikel als Alternative?

Die Regenhose

Gamaschen

2.1.4 Der perfekte Rucksack

Damenrucksack oder Herrenrucksack?

Herzstück des Rucksacks: Das Tragesystem

Weitere Tipps zur Rucksackwahl

Welche Rucksackgröße für Ultrawanderungen?

Den Rucksack richtig packen

Den Rucksack einstellen – so geht’s

2.1.5 Sonstige Ausrüstungsgegenstände

Wanderstöcke – ja oder nein?

Den passenden Wanderstock finden

Sehen und gesehen werden: Licht in der Nacht

Empfehlenswerte Modelle

Rücklichter

Erste-Hilfe-Ausstattung

Trinkflaschen und Trinksysteme

Getränkeflaschen

Trinkschlauchsysteme

Strom für unterwegs: Die Powerbank

2.1.6 Erstellen eines Packplans – mit Packbeispiel

Unterschiedliche Packstrategien für unterschiedliche Märsche

Beispiel-Packplan für ein Marschevent über 12 Stunden/ca. 50 Kilometer

Beispiel-Packplan für ein Marschevent über 24 Stunden/ca. 100 Kilometer

2.2 Das optimale Marschtraining

2.2.1 Allgemeine Trainingsgrundsätze und Trainingsbestandteile

Allgemeines Marschtraining

Training im Alltag

Langes Marschtraining

Training bei Dunkelheit und in der Nacht

Höhenmetertraining

Ergänzungstraining

2.2.2 Trainingsplan: 50 Kilometer in 12 Stunden

Plan 1 – Vorbereitungszeit: Drei Monate

Plan 2 – Vorbereitungszeit: Sechs Monate

2.2.3 Trainingsplan: 100 Kilometer in 24 Stunden

Plan 1 – Vorbereitungszeit: Drei Monate

Plan 2 – Vorbereitungszeit: Sechs Monate

2.3 Mentale Vorbereitung

2.3.1 Die Ziele im Kopf definieren

2.3.2 Zweifeln von außen begegnen

2.3.3 Belohnungen festsetzen

2.4 Gesundheitliche Aspekte

2.4.1 Orthopädische Einschränkungen

Gegenanzeigen

Medizinischen Rat einholen

2.4.2 Allgemeinmedizinische Einschränkungen

Akute Infekte

Herz-/Kreislauferkrankungen

Allergien und Asthma

2.4.3 Ein offenes Wort zum Thema Schmerzmitteleinnahme

2.5 Die Füße marschfit machen

2.6 Tracking der Trainings- und Marschrouten – was zu beachten ist

2.6.1 Strecken im Vorfeld planen und nachlaufen

2.6.2 Die wichtigsten Tracking-Apps

Komoot

Google Maps

Outdooractive

Abschließende Hinweise

2.7 Das passende Event finden

3 Während des Marsches

3.1 Richtiges Essen und Trinken während des Marsches

3.1.1 Regelmäßig und ausreichend trinken

3.1.2 Stichwort Dehydrierung

3.1.3 Nahrungsergänzungsmittel – nötig oder überflüssig?

3.1.4 Magnesium

3.1.5 Vitamin D

3.2 Die Kraft richtig einteilen – wann sind Pausen sinnvoll?

3.2.1 Auf den Körper hören

3.2.2 Länge der Pausen

3.3 Umgang mit Blasen und gesundheitlichen Problemen

3.3.1 Blasen

3.3.2 Geschwollene Hände und Finger

3.3.3 Wunde Hautstellen

3.3.4 Verdauungsprobleme

3.3.5 Kreislaufprobleme

3.3.6 Roter Ausschlag an den Beinen

3.3.7 Blaue Zehennägel

3.3.8 Verletzungen durch Unfälle/Marschfrakturen

3.3.9 Psychische Ausnahmesituationen

3.4 Umgang mit extremen Wettersituationen

3.4.1 Extreme Hitze

3.4.2 Starker Regen

3.4.3 Anhaltende Kälte

3.5 Mentale Motivation

3.5.1 Wenn der Kopf streikt

3.5.2 Mit Ablenkung gegen Resignation und Schmerzen

3.6 Durch die Nacht

3.6.1 Kampf gegen die Müdigkeit

3.6.2 Imaginäre Seilschaft

3.6.3 Weitere Tricks

3.7 Alleine oder gemeinsam? Zu zweit oder im Team wandern

3.7.1 Verhalten bei vorzeitigem Ausstieg klären

3.8 Ultrawandern mit Hunden – ja oder nein?

3.8.1 Märsche mit Hund bestreiten

4 Nach dem Marsch

4.1 Der Weg nach Hause

4.2 Richtig regenerieren

4.3 Umgang mit Niederlagen

4.3.1 Die Frage nach dem „Warum?“

4.3.2 Einen neuen Versuch wagen

5 Zusammenfassung und Schlusswort

Anhang

1 Marschveranstaltungen im Überblick

2 Interessante Webseiten

3 Links zum Tracking und Planen von Touren

4 Literaturverzeichnis

5 Danksagung

6 Die Autoren

7 Bildnachweis

VORWORT

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„Wandern ist sicher nicht die Antwort auf alles – aber du vergisst dabei alle deine Fragen.“

(unbekannter Verfasser)

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Zum Ultrawandern kamen wir sprichwörtlich wie die Jungfrau zum Kinde. Während Stefanie ihre Erfüllung im Laufsport suchte und durch eine langwierige Knieverletzung auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt wurde, verbrachte Wolfgang seine Freizeit am liebsten mit den Dingen, die so viele Männer gerne tun: Er saß auf dem Sofa und schaute fern.

Durch eine Reihe von Zufällen wurde jeder von uns auf eine Veranstaltung aufmerksam, die sich Megamarsch nennt. 100 Kilometer in 24 Stunden, zu Fuß von München nach Mittenwald – warum eigentlich nicht?

2017 ging Wolfgang das erste Mal an den Start, nahezu völlig untrainiert – und schaffte etwas, was er selbst nicht für möglich gehalten hatte: Er durchschritt den Zielbogen. Danach reichte seine Kraft gerade mal noch aus, um zwei magische Worte zu formulieren: NIE WIEDER!

Immerhin ganze fünf Tage hatte dieses „nie wieder“ Bestand – dann meldete er sich für den nächsten 100-Kilometer-Marsch drei Monate später an und gründete gemeinsam mit einem Wanderfreund eine Trainingsgruppe, die in München ansässigen Megamarsch-VIPs.

Stefanie wurde Anfang 2018 Mitglied dieser Wandergruppe, vollendete im Mai 2018 ihren ersten 100-Kilometer-Marsch, ebenfalls von München nach Mittenwald – und musste genauso schnell lernen, dass die zeitliche Gültigkeit der Worte „nie wieder“ in der Ultrawanderszene deutlich eingeschränkt ist. Auch sie startete drei Monate später erneut über 100 Kilometer und das Langstreckenwandern wurde ähnlich wie bei Wolfgang zur Leidenschaft und zur Sucht.

Seitdem haben wir gemeinsam als Team unzählige 50- und 100-Kilometer-Märsche bestritten und waren mit unserer Wandergruppe in vielen Städten in Deutschland, in Wien und auf der Nordseeinsel Sylt am Start – häufig als reguläre Teilnehmer, immer wieder jedoch auch als Schlussläufer, mit der Aufgabe, sich um die Wanderer im hinteren Feld zu kümmern, sie zu motivieren, anzutreiben und leider auch manchmal vom schmerzhaften, aber in der Situation nötigen Abbruch zu überzeugen.

Es dürfte deshalb nicht weiter verwunderlich sein, dass auch die Idee zu diesem Buch bei einem 100-Kilometer-Marsch entstanden ist – beim Megamarsch in Wien während einer einfach nicht enden wollenden, windigen Nacht. Mit unserer mittlerweile mehrjährigen Ultrawandererfahrung möchten wir allen Interessierten ein Werk an die Hand geben, das umfassend alle Fragen rund um diese einzigartige, anstrengende, durchaus ein bisschen verrückte, aber auch wunderschöne und süchtig machende Sportart beantwortet – angefangen bei der Ausrüstung, über den optimalen Trainingsaufbau, bis hin zu den zahlreichen kleinen Tricks, die während des Marsches dabei helfen, trotzdem weiter und weiter und weiter zu gehen, auch wenn die Stimme des inneren Schweinehundes von Minute zu Minute lauter wird.

Die Bewältigung einer 50- oder 100-Kilometer-Strecke verlangt jedem – uns eingeschlossen – immer aufs Neue psychisch und physisch alles ab. Kein Marsch ist wie der andere, jeder hält seine ganz eigenen Hürden und Herausforderungen bereit. Aber das Gefühl, es am Ende geschafft zu haben, Unvorstellbares zu realisieren und die begehrte Medaille in Empfang zu nehmen, lässt jeden Schmerz, jede Qual, jeden Zweifel ganz schnell in Vergessenheit geraten.

Wir wünschen unseren Lesern viel Spaß beim Wandern – und dass wir uns vielleicht in Zukunft auf dem einen oder anderen Marschevent persönlich begegnen.

Stefanie Nonnenmann und Wolfgang Niedermeier

1 EINLEITUNG

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1 EINLEITUNG

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„Und wenn ich glaub, meine Beine sind zu schwer, dann geh ich noch mal 1.000 Schritte mehr …“

(Lied „Hoch“ – Tim Bendzko)

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Das Ziel: 100 Kilometer. Kurz nach dem Start ist das Teilnehmerfeld stets noch sehr dicht. (Foto: Stefanie Nonnenmann)

100 Kilometer wandern in 24 Stunden? 50 Kilometer in 12 Stunden zurücklegen? Einfach sehr, sehr lange Wege am Stück mit nur kleineren Pausen und unter Umständen sogar über Nacht gehen? Wer von solchen Plänen seinen Freunden oder seiner Familie erzählt, erntet in der Regel zunächst erst einmal ungläubige Blicke.

100 Kilometer?

So viel?

Schläft man da denn auch mal?

Und ist das überhaupt gesund?

Die Vorstellung, eine solche Distanz in einem festgesetzten Zeitraum zu bewältigen, weckt eine Menge Gefühle auf einmal. Ob Respekt oder Angst, Neugier auf eine spannende Challenge, ein glückliches Kribbeln oder der Reiz des Unbekannten: Es gibt viele Gründe, die Herausforderung anzunehmen und sich ihr zu stellen.

Seit einigen Jahren hat das Thema Ultrawandern – andere sprechen auch vom Langstreckenwandern oder Extremwandern – eine neue Popularität gewonnen. Immer mehr Events mit Namen wie Megamarsch oder Mammutmarsch schießen wie die Pilze aus dem Boden, das Angebot wird immer größer und wer möchte, hat mittlerweile die Gelegenheit, an jedem Wochenende an einer anderen Langstreckenwanderung teilzunehmen – in Deutschland, aber auch im benachbarten Ausland, in den Niederlanden, in Belgien, Österreich oder in der Schweiz. Es gibt mittlerweile zahlreiche Anbieter, die Ultrawanderungen organisieren, vom kleinen Sportverein bis hin zum gewinnorientierten Start-up-Unternehmen.

Bei anderen Institutionen hat das Wandern von langen Strecken bereits Tradition: Seit über 40 Jahren organisiert der Internationale Volkssportverband (IVV) regelmäßig längere Wanderungen, darunter auch zahlreiche Wandermarathons über 42 Kilometer, die sich auch bei älteren Sportlern dauerhaft einer sehr großen Beliebtheit erfreuen.

Doch wo kommt sie eigentlich her, die Lust, weit über die eigenen Grenzen zu gehen und so lange Distanzen zu bewältigen? Die Wurzeln dafür gehen weit in die Menschheitsgeschichte bis in die Steinzeit zurück. Vor 1,2 Millionen Jahren und früher legten die Urmenschen pro Tag 30 Kilometer und mehr zurück – eine überlebenswichtige Körperausstattung, um Nahrung zu jagen und die Herde zu beschützen. Auch heute gibt es noch Völker in der afrikanischen Steppe, die sich zu Fuß bis zu 20 Kilometer von ihrem Lager wegbewegen und dorthin immer wieder zurückkehren. Dies entspricht täglich nahezu der Marathondistanz.

Obwohl die Fähigkeit, so viele Kilometer zu Fuß zu gehen, damit historisch gewachsen und noch in den menschlichen Genen verankert ist, ist sie heutzutage bei den meisten Menschen verschwunden. Berufe, die eine sitzende Tätigkeit im Büro erfordern, schränken den Anreiz, lange Wege zu bewältigen, massiv ein. Das Auto ist zu einem bequemen und nützlichen Fortbewegungsmittel geworden, das zwar praktisch ist, aber wichtige Muskeln verkümmern lässt.

Nicht selten wird die Freizeit auch von modernen Medien bestimmt. Wer viel Zeit am Smartphone verbringt, tut dies ebenfalls selten beim Wandern in der Natur. Dabei ist Wandern eine vergleichsweise einfache Sportart. Man braucht keine Mitgliedschaft in einem Verein, keine komplizierte Ausrüstung, wandern kann man immer und überall. Es spielt keine Rolle, ob durch die Stadt oder übers Land, auf Berge oder einfach komplett ohne Plan und Ziel – die Zahl der Möglichkeiten ist nahezu unbegrenzt.

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Die Strecken bei Ultramärschen führen häufig durch unberührte Natur – aber durchaus auch mal mitten durch die Stadt. (Foto: Marco Niehaus)

1.1 WARUM ULTRAWANDERN?

Die neue Liebe zum Wandern, die Lust an der extremen Herausforderung, der Wunsch, sehr lange Distanzen zu bewältigen – all das ist ein Produkt unserer modernen Zeit. Das Leben ist heutzutage sehr einfach geworden, es gibt für alle Tätigkeiten das passende technische Gerät, das Internet, die unbegrenzte Erreichbarkeit. Und doch hat jeder Mensch in seinem tiefsten Inneren noch seine Steinzeitgene, den Wunsch, über seine eigenen Grenzen zu gehen, sogar weit darüber hinaus – und sich einer ganz besonderen Herausforderung zu stellen.

Seit mehreren Jahren erfahren die ganz großen Langstrecken-Wanderevents eine wachsende Popularität. Beim Megamarsch Hamburg, einer der größten 100-Kilometer-Wanderungen in Deutschland, gehen jedes Jahr im Frühjahr mehr als 4.000 Wanderfreunde an den Start, rund jeder Fünfte von ihnen schafft die gesamte Distanz und erreicht das Ziel. Tickets sind mittlerweile in kürzester Zeit ausverkauft und sehr gefragt, die Veranstalter bauen ihre Angebote fortlaufend aus und nehmen neue Strecken und Regionen in ihr Angebot auf. Neue Anbieter entwickeln neue Konzepte, beschränken die Zeit oder bieten lange Distanzen mit 2.000 und mehr Höhenmetern an.

Auf eine mehr als hundertjährige Tradition blickt der sogenannte Nijmwegenmarsch Vierdaagse in den Niederlanden zurück. Jedes Jahr im Sommer stellen sich über 45.000 Wanderer dem ganz speziellen Reiz, an vier Tagen hintereinander jeweils Distanzen von bis zu 50 Kilometern zurückzulegen – ein riesiges Volksfest mit unzähligen Zuschauern und einer riesigen Nachfrage.

Doch die Teilnehmer an allen Märschen vereint eins: die Lust auf eine große und schwere Herausforderung, vielleicht die größte sportliche Herausforderung des eigenen Lebens.

2 VOR DEM MARSCH

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2 VOR DEM MARSCH

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„Wandern ist eine Tätigkeit der Beine und ein Zustand der Seele.“

(Josef Hofmiller)

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Aller Anfang ist schwer – ein Grundsatz, der auch bei der Vorbereitung auf eine Ultrawanderung zählt. Denn neben der Frage, wie sich das optimale Training strukturiert und gestaltet, kommt es auch darauf an, sich nach und nach die passende Ausrüstung zusammenzustellen und sich mit einigen grundlegenden gesundheitlichen Dingen vertraut zu machen.

2.1 DIE PASSENDE AUSRÜSTUNG

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Schuhe – der wichtigste Ausrüstungsgegenstand. Manch einer häuft mit der Zeit eine kleine Sammlung an. (Foto: Cornelia Peuhs)

Was ziehe ich an, was brauche ich? Das Internet ist voll mit Foren und virtuellen Gruppen, in denen wieder und wieder die Vor- und Nachteile der passenden Schuhe, des passenden Rucksacks, erforderlicher Kleidung und nötigem sonstigen Zubehör diskutiert werden. Der Austausch mit anderen Extremwanderern im Vorfeld kann sicher in manchen Punkten hilfreich sein. Eine sichere Auskunft, mit welchem Schuh man beispielsweise perfekt 100 Kilometer am Stück wandern kann, bekommt man auf diesem Wege allerdings nicht.

Denn um welchen Ausrüstungsgegenstand es auch geht: Jeder Fuß, jeder Körper, jeder Mensch ist anders. Und so besteht die besondere Herausforderung eines jeden darin, die für sich ganz individuell passende und perfekte Ausrüstung zu finden, nach und nach zu optimieren und gegebenenfalls zu ergänzen und auszutauschen.

Entscheidend bei der Wahl der passenden Grundausstattung ist auch die Frage, wie intensiv das Hobby „Extremwandern“ betrieben werden soll. Wer einen 100-Kilometer-Marsch als einmalige persönliche Challenge ansieht, ansonsten aber eher ein Läufer oder Radfahrer ist, hat andere Ansprüche an seine Ausrüstung und kann eher den einen oder anderen Abstrich hinnehmen als ein leidenschaftlicher Ultrawanderer, der im Jahr 10, 20 oder gar noch mehr Events bestreitet.

Hier entstehen im Laufe der Zeit auch körperliche Veränderungen, die eine Veränderung des Schuhmodells, des Rucksacks oder auch der Stirnlampe erforderlich machen. Wie gut sich die einzelnen Modelle eignen, zeigt sich bereits im Training. Aus diesem Grund ist eine gute Marschvorbereitung nicht nur wichtig, um den Körper auf die anstehenden Herausforderungen einzustimmen, sondern auch, um das eigene Equipment auf individuelle Eignung zu testen.

2.1.1 Die passenden Schuhe finden

Doch welcher Schuh ist für lange Wanderungen über 50 oder 100 Kilometer nun empfehlenswert, worauf sollte man beim Kauf achten?

Keine Frage wird von Anfängern im Bereich der Extremwanderungen vor dem ersten Event häufiger gestellt. Eine allgemeingültige Antwort auf diese wesentliche Frage kann und wird allerdings niemand geben können, denn die Wahl des eigenen Wanderschuhs ist nicht nur ausgesprochen schwierig, sondern vor allem auch höchst individuell. Wer meint, sich auf die Schnelle im Internet einen preisgünstigen Schuh bestellen und damit auch noch gleich auf Anhieb erfolgreich lange Strecken wandern zu können, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit enttäuscht und für dieses Experiment teures Lehrgeld zahlen.

Denn ein Schuh, der für den einen Wanderer perfekt und zu 100 Prozent bequem ist, kann einen anderen schmerzhaft drücken, unbequem sein oder gar für Schmerzen in den Beinen oder Knien sorgen.

An dieser Stelle sei deshalb bereits der einfache, aber ausgesprochen wichtige und wirkungsvolle Hinweis genannt: Schuhe für eine Ultrawanderung kauft man am allerbesten nach einer ausgiebigen Beratung und intensiven Tests im ausgewiesenen Fachhandel.

Vor- und Nachteile verschiedener Schuhtypen

Es spielt keine Rolle, ob Laufschuhe, Trailschuhe, Allroundschuhe, Wanderschuhe oder gar Barfußschuhe, halbhoch oder knöchelhoch – es gibt die unterschiedlichsten Modelle, die bei den Teilnehmern von 50- und 100-Kilometer-Märschen zum Einsatz kommen. So lange das jeweilige Modell dabei zu den Bedürfnissen seines Trägers passt, ist grundsätzlich erst einmal jede dieser Varianten für einen Einsatz beim Ultrawandern geeignet.

Die wesentlichen Unterschiede liegen allerdings in den Details. Aus diesem Grund gilt es, die Vor- und Nachteile einzelner Modelle für sich persönlich genau auszuloten und sich vorher die Frage zu stellen, welche Eigenschaften der Schuh gerade für sehr lange Strecken mit sich bringen soll.

Lauf- und Joggingschuhe

Wer sich für einen Marsch anmeldet, aber eigentlich aus der Lauf- und Marathonszene kommt, denkt möglicherweise darüber nach, die Extremwanderung in seinen bewährten Laufschuhen zu bestreiten. Das Angebot an Modellen ist in diesem Bereich schier unendlich und preislich sind gute Laufschuhe mit etwas Glück bereits ab 50-60 Euro zu bekommen. Wer bereits zahlreiche Läufe absolviert hat, hat beim Kauf des Schuhs möglicherweise auch bereits im Fachhandel eine computergesteuerte Lauf- und Ganganalyse absolviert, kennt die Besonderheiten seines Fußes und hat dementsprechend bereits ein passendes Modell gefunden.

Laufschuhe haben auch für Extremwanderungen grundsätzlich zwei Vorteile: Sie sind in der Regel sehr leicht und flexibel und verfügen im Normalfall über eine sehr gute Dämpfung. Beides sind Eigenschaften, von denen die Träger auch bei sehr langen Wanderungen profitieren können: Gerade, wenn es für viele Kilometer über asphaltierte Wege geht, entlasten gut gedämpfte Laufschuhe die Gelenke und sorgen für einen guten Tragekomfort.

Laufschuhe haben jedoch auch nicht zu unterschätzende Nachteile. Ein Nachteil ist das im Normalfall nur schwach ausgeprägte Profil der Sohle, sodass man mit den Schuhen auf abschüssigen Geländestrecken durch Wälder oder Wurzelwege unter Umständen leicht ins Rutschen kommen kann – gerade, wenn es zuvor vielleicht noch geregnet hat. Dazu kommt, dass klassische Laufschuhe durch ihre weiche Außenhaut dem Knöchel wenig bis gar keinen Halt geben und im Gelände deswegen die Gefahr besteht, sehr leicht umzuknicken.

Ein weiteres Problem stellt der Einsatz von Laufschuhen bei nasser und kalter Witterung dar. Normale Laufschuhe sind in den seltensten Fällen wasserdicht, werden sehr schnell nass und sorgen im Extremfall für feuchte Socken und Füße. Dies ist nicht nur ausgesprochen unangenehm, es stellt auch eine große Gefahr für das Entstehen von Wasserblasen dar.

Gut geeignet sind Laufschuhe hingegen bei Events an sonnigen und warmen Tagen bei einer Streckenführung, die größtenteils über befestigte und harte Wege mit wenigen Höhenmetern führt. Ist dies laut Streckenprofil des Veranstalters der Fall, kann das Bestreiten einer Wanderung mit Laufschuhen durchaus eine mögliche und angenehme Option sein.

Traillaufschuhe

Traillaufschuhe sind eng mit den klassischen Straßenlaufschuhen verwandt, sind aber insgesamt härter, verfügen über ein deutlich besseres Profil und können sehr häufig auch in einer wasserdichten GTX-Variante erworben werden. Dieser Schuhtypus ist bei Extremwanderungen sehr häufig zu sehen und grundsätzlich für einen Einsatz geeignet.

Da Traillaufschuhe jedoch – wie ihr Name schon sagt – vorwiegend für unbefestigte Trails, Wald- und Kieswege vorgesehen sind, sind die meisten Modelle von Natur aus deutlich weniger gedämpft. Auf unbefestigten Wegen mag dies nur ein geringes Problem darstellen, da der Untergrund an sich immer ein wenig nachgibt und so die Belastung der Knochen und Gelenke grundsätzlich schon einmal deutlich geringer ist.

Schwierig wird es hingegen auf harten Wegen und Asphaltstrecken. Hier kann das Gehen in einem Trailschuh auf Dauer sehr schmerzhaft sein und die geringe Dämpfung für eine unangenehme Herausforderung sorgen.