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MICHAEL RAPP

KALTE
BERECHNUNG

MORD IM MARE SERENITATIS

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© 2021 Polarise

Ein Imprint der dpunkt.verlag GmbH

Wieblinger Weg 17

69123 Heidelberg

www.polarise.de

1. Auflage 2021

Autor: Michael Rapp

Lektorat: Dr. Benjamin Ziech

Copy-Editing: Irina Sehling

Satz: Veronika Schnabel

Illustration Cover: licarto

Druckerei: C.H.Beck, Nördlingen

ISBN (Buch) 978-3-947619-77-1

PDF 978-3-947619-78-8

ePub 978-3-947619-79-5

mobi 978-3-947619-80-1

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind über www.dnb.de abrufbar.

Michael Rapp wurde 1975 in Frankfurt am Main geboren und studierte Soziologie und Sozialpsychologie. Er lebt und arbeitet in Assenheim in der Wetterau. Seit 2007 ist er als Schriftsteller tätig mit Schwerpunkt auf Kurzgeschichten aus den Bereichen Science-Fiction, Fantasy und Krimi. Besonders der Science-Fiction-Literatur, den Welten und Visionen möglicher Zukunft, ist er seit seiner Jugend verbunden. Er hat zahlreiche Geschichten veröffentlicht, zuletzt hauptsächlich im c’t Magazin für Computertechnik. 2019 belegte er den 1. Platz beim Deutschen Kurzkrimi-Preis.

Inhalt

Der Auftrag

Abflug zum Mond

Die erste Prüfung

Entscheidungen

Ein Traum von einem Tatort

Bogart Wheelwright

Wettstreit der Ermittler

Tod und Bedauern

Nussknacker, Puppe und blaue Katze

Lasst es mich durch eure Augen sehen

Entführt

Endspiel

Legat

Der Herr von Vortexton

Epilog

Der Auftrag

17.01.2048, Hotel Elbstrom, Hamburg

Als Markus Wirm sein Zimmer betrat, fand er Boden, Decke, Wände und Möbel von einer dünnen Kunststoffschicht überzogen. Das Material glänzte makellos im Licht der LED-Lampen, und er fühlte es warm und glatt auf dem Lichtschalter. Es hüllte alles ein, ohne Bünde und Überlappungen, als sei er in das Innere einer Seifenblase gelangt.

Die Tür schloss sich hinter ihm und verriegelte automatisch. Plastik quoll aus dem Pressholz des Türblattes. Das durchsichtige Material wuchs, blähte sich, und einen Augenblick später war die Blase vollständig. Panik erfasste Markus. Vergeblich versuchte er, die Tür zu öffnen. Seine Hand rutschte vom Türgriff, und seine Fingernägel schrappten hilflos über den festen Kunststoff. Er schrie, doch seine Stimme zerstob einfach, wurde ausgelöscht, sodass er für einen Moment glaubte, sie würde versagen. Erst als er zum Fenster lief, dabei den Tisch anrempelte und die kleine Porzellanvase sang- und klanglos auf dem folierten Teppich landete, wurde es ihm klar: Gegenschall. Alle Geräusche in der Blase werden durch gegenläufige Schallwellen gleicher Frequenz und Amplitude gelöscht. Er konnte sich selbst kaum schnaufen hören.

»Ich werde nicht aussagen!«, versuchte er zu rufen, doch seine Lippen bewegten sich nur stumm.

Eine Bewegung in dem Sessel ließ ihn herumfahren. Eine sitzende Gestalt wurde sichtbar, sie war von Plastik überzogen wie eine eingeschweißte Actionfigur. Bisher war sie unter einer die Umgebung imitierenden Videooberfläche verborgen gewesen. Der schmächtige Mann hatte kurzes, dunkel gefärbtes Haar, das unter der Folie platt anlag. Er war Mitte fünfzig, versuchte aber, jünger zu wirken. Markus kannte die graugrünen Augen, die vorspringende Nase und das markante Kinn mit dem auffälligen Grübchen, das – was nur eine Hand voll Menschen wussten – Schönheitschirurgie gestaltet hatte. Mit offenem Mund starrte er auf sein Spiegelbild, das ihn kalt durch den Kunststoff anstarrte.

»Was bist du?«, wollte Markus wissen, brachte aber kein verständliches Wort heraus. Ohnehin eine törichte Frage, hauptsächlich der Überraschung geschuldet. Er ahnte schon, verstand, was er da vor sich hatte und welchem Zweck die Kopie diente. »Alexander, ich verspreche dir, ich sage nichts! Ich war immer auf deiner Seite. Bitte, das kannst du nicht bringen. Wir sind … Freunde.« Alles, was Markus von seiner verzweifelten Ansprache an den ehemaligen Geschäftspartner hörte, war ein Hauchen am Rand des Hörbaren. Der Gegenschall schnitt die Worte ab, bevor sie vollends seinen Mund verließen. Umso lauter klangen die Gedanken in seinem Kopf: Ich bin in einer riesigen Mülltüte mit einem Killer gefangen!

Sein Gegenüber grinste.

Hilfe! Markus wich zur Wand zurück und hämmerte mit der Faust dagegen. Er hatte nie Sport getrieben, und im Alltag achtete er darauf, nichts Schwereres zu heben als einen Laptop, trotzdem war er erschüttert, als er nur ein klebriges Tapsen hörte, das von seinem Herzrasen übertönt wurde. Das ist kein normales Plastik, erkannte er. Als sich die Maschine erhob und auf ihn zuging, beschloss er, alles auf eine Karte zu setzen und durch das Fenster zu springen – besser ein Sturz aus dem dritten Stock, als bei seinem Mörder zu bleiben. Seine 68 Kilo sollten reichen, um das Glas zu durchbrechen. Er machte zwei Schritte zurück und warf sich dann mit der Schulter gegen die Folie, die sich aufblähte wie ein Airbag und ihn zurückwarf. Er glitt aus und landete auf dem Bauch. Eine Hand packte ihn am Haarschopf. Markus strampelte, seine Sohlen wischten über den Kunststoff, und eine Nadel bohrte sich in seinen Nacken. Er fühlte sich benommen, seine Kraft floss aus ihm heraus, und seine Bewegungen erlahmten.

All das war in nahezu perfekter Stille geschehen, die plötzlich von einer festen Stimme durchbrochen wurde:

»Herr Nero Latvica, oder soll ich Sie Erlkönig nennen? Ich konnte den Datenstrom Ihres ferngesteuerten Mordgerätes bis nach Nordmazedonien zurückverfolgen. Die Polizei in Skopje ist verständigt und dabei, Ihr Versteck zu umstellen.«

Der Angreifer war erstarrt. Markus rann der Speichel aus dem Mundwinkel, nur seine Augen wollten sich noch bewegen. Er konnte gerade hoch genug schauen, um den Kopf der zweiten Maschine zu betrachten, die ihre Tarndecke abgestreift hatte und sie nun über dem linken Arm trug: eine humanoide PI, deren Modell nicht zu bestimmen war, denn sie trug keine äußere Verkleidung. Markus sah Teile des Metallskeletts, an dem graublaue Kunstmuskelbündel befestigt waren. Auf dem blanken Metallschädel der Maschine saß eine gelbe Baseballkappe mit der Aufschrift Sunflower Coffee. Sie lächelte schaurig.

»Clever, das muss ich zugeben. Sie versenden Ihre Daten über Verkehrsleitsysteme und kommunizierende Kraftfahrzeuge großer Logistikflotten. So wird der Informationsstrom effektiv verschleiert und an den Sicherheits-KIs der Behörden vorbeigeleitet. Und all diese Vorbereitungen …« Die PI tätschelte mit ihrer Linken den Kunststoff der Wand. »Ihren eigenen mobilen Tatort zu installieren, hat etwas Geniales. So haben Sie fast vollkommene Kontrolle über die Spuren.«

»Wer bist du?«, fragte Markus’ Spiegelbild düster.

»Ich bin Die Antwort

Ein überraschtes Zucken. »Die Antwort ist ein Darknet-Mythos!«

Die nackte Maschine fasste an den Schirm ihrer Mütze. »Danke für die Blumen, Erlkönig. Da sind wir nun, zwei Legenden, die aufeinandertreffen.«

Der Angreifer packte fester zu und zog Markus’ Kopf nach oben. »Verschwinde!«

»Können Sie sie hören?«, fragte Die Antwort gelassen. »Polizei-Drohnen, die wie diebische Äffchen über Ihren Flur huschen und sich vor der Tür Ihres Arbeitszimmers sammeln. Das Kratzen, das Sie hören, wenn Sie Ihre Kopfhörer anheben, das sind keine Mäuse, es sind die Bewegungen der eng beisammenstehenden Einsatzmaschinen. Und das leise Klicken sind die Sicherungen ihrer Elektroschock-Pistolen.«

»Ich höre sie jetzt«, sagte der Erlkönig. »Aber warum habe ich sie nicht kommen sehen? Warum hat mein Sicherheitssystem versagt? Warst du das?«

Die Antwort fasste wieder an den Schirm ihrer Kappe. »Schuldig.«

»Warum mischst du dich ein?«

»Es war eine lohnende Aufgabe.«

Der Auftragsmörder knurrte ungehalten. »Er hat gesagt, dass so was passieren würde. Aber er wollte nicht sagen, wann.«

»Von wem sprechen Sie?«, fragte Die Antwort interessiert und kam einen Schritt näher.

»Es kam über das Netz, ohne IP, ohne Namen. Ich soll demjenigen, der mich hereinlegt, etwas ausrichten: Serenity Base, 28. Januar.«

»Serenity Base, tatsächlich?«

»Falls du unser Zusammentreffen überlebst, sollst du pünktlich sein. Es würde sich auf jeden Fall lohnen … Verdammt! Er sagte auch, du würdest kein Ticket für den Clipper brauchen. Er muss also gewusst haben, dass du es sein würdest. Ich soll dir ausrichten: Der Preis, der dich im Erfolgsfall erwartet, ist das, was du dir am meisten wünschst.«

»Niemand kann mir das geben.«

»Er sagte, er könne es tun. Er sagte, ich soll sagen, er könne deine Fee sein. Wie albern.«

»Das ist tatsächlich ziemlich albern … aber auch aufschlussreich. Ich werde dort sein.«

»Falls du überlebst.«

Plötzlich ging alles sehr schnell. Die Killermaschine riss Markus’ Kopf hoch und schlang den Arm um seinen Hals. Ihre offene Hand zielte auf Die Antwort. Die Kunsthaut explodierte; Schüsse ploppten aus der im Arm verborgenen Automatikwaffe. Die Anti-Robot-Geschosse sprengten faustgroße Löcher in die Wand. Die Antwort rollte sich nach rechts, die Tarndecke flog zur Seite und ihr Unterarm verwandelte sich. Knapp hinter dem Ellenbogen war der ursprüngliche Arm mit großer Kraft verdreht und abgerissen worden. Das, was jetzt den Unterarm und die Hand bildete, war eine schwirrende Masse, ein leuchtender Schwarm käferartiger Recycling-Effekte mit kräftigen Beißwerkzeugen zur Wertstoffzerkleinerung, der sich auf die Maschine des Erlkönigs stürzte.

Die Maschine schlug um sich und ließ Markus los, der schwer zu Boden fiel. Dann stürzte sie auf ihn und drückte ihn mit ihrem Gewicht auf den Kunststoff. Seltsamerweise roch sie sogar nach Schweiß. Am Rand seines Sichtfeldes sah er einen der Metallkäfer aus der Kunsthaut des Gesichtes auftauchen, seine Mandibeln schnappten wie eine Blechschere. Panisch versuchte Markus, sich zu bewegen. Er hatte das Gefühl zu ersticken, und obwohl er innerlich schrie, brachte er nur eine Art Wimmern und Quietschen hervor. Die leblose Killermaschine wurde angehoben und zur Seite gerollt. Die Antwort drehte Markus auf den Rücken. Er blickte in den Schädel seines Retters, in die blauen Augen, auf die freiliegenden weißen Zähne und sog Luft in die Lunge.

»Hi nir!«, stieß er mit lahmer Zunge hervor, was Hilf mir heißen sollte.

Da sein Gegenüber kein Gesicht hatte, konnte er das folgende Schweigen nicht deuten. Schließlich sprach Die Antwort:

»Herr Wirm, ich war schon lange hinter dem Erlkönig her. Ich wusste zwar, dass einer der Drogen produzierenden Geschäftspartner Ihres Partners ihn damit beauftragt hatte, unliebsame Ermittler und Konkurrenten zu ermorden. Doch die Sicherheitsmaßnahmen in seiner Organisation sind sehr streng, mein Erfolg war fraglich …«

Einige der Käfer krabbelten über Markus’ Hüfte und seinen Bauch, er fühlte, wie sie ihre Flügel ausbreiteten und abhoben.

»Ich war mir sicher«, fuhr Die Antwort fort, »würde Ihr Boss einen Killer benötigen, um einen Zeugen und vermeintlichen Spitzel auszuschalten, müsste er seinen Bekannten um Hilfe bitten, und ich bekäme meine Chance. Ich wollte fischen und brauchte einen schleimigen Wirm als Köder.«

Du warst das? Du hast seine Mails an meinen Com geschickt? Du hast es aussehen lassen, als würde ich ihn ausspionieren! Markus sabberte wütend.

»Betrachten Sie Ihr unfreiwilliges Mitwirken an Erlkönigs Verhaftung als Buße für Ihre Verbrechen.« Die Antwort warf sich die Tarndecke über und verschwand hinter dem falschen Umgebungsbild. Die letzten Käfer schlüpften in die Täuschung, dann erklangen sich Richtung Tür entfernende Schritte.

»Eine Verabredung mit jemandem, der den Erlkönig vor mir aufspüren konnte. Wie aufregend.«

18.01.2048, Texas

Fliegen bot den Rausch, mit doppelter Schallgeschwindigkeit über die Prärie zu rasen. Das Gefühl, den hochmodernen Wasp-Waffenträger zu kontrollieren, unter dessen Deltaflügeln vier Coyote-II-Raketen hingen. Lenkwaffen, die ein Terroristencamp innerhalb von Sekunden in eine expandierende Wolke aus Feuer, Trümmern und Leichenteilen verwandeln konnten. Walther T. Easons Drohne war schon auf drei Kontinenten im Einsatz gewesen, er hatte sie über Steppen, Wüsten und Dschungel gelenkt. Walther selbst hatte es allerdings nie weiter als bis nach Veracruz, Mexiko geschafft.

Schlürfen aus der Nebenbox. Benjamin »Benny« Parker hatte sein Mikrofon zur Seite gebogen und saugte an seiner Pepsi. Zu Beginn des Lehrgangs bei Waving Flag Incorporated war Benny noch spindeldürr und drahtig gewesen. Ein Ex-Soldat, auf inspirierende Weise erfüllt von patriotischem Eifer. Zweieinhalb Dienstjahre, eine Heirat und drei bezaubernde Kinder später spannte seine Dienstkleidung über einem Waschbärbauch und nicht mehr die Flagge, sondern College-Football-Spiele, Barbecue-Wettbewerbe und das Feierabendbier bei Janes’ ließen seine Augen leuchten.

»Wir bauen einen Pool«, unterbrach Walther das nervige Schlürfen.

»Meine Tam will auch einen für die Kinder, aber mehr als so ein Stahlgerippe-Aufstellteil könnten wir uns nicht leisten. Was bekommt ihr?«

»So ein Aufstellteil … Aber ist doch egal. Wasser ist nun mal teuer.«

»Ahh!« Der Kampfdrohnenpilot holte ein belegtes Baguette hervor, wer weiß, woher. »Erstklassiges Beef, Ei, extra Majo und geröstete Zwiebeln – was sagt uns das?«

»Dass Tam es nicht erwarten kann, dass du einen Herzinfarkt bekommst«, scherzte Walther.

»Das heißt, dass sie mich liebt und mir alles gönnt.« Benny öffnete den Zip-Verschluss des Frischhaltebeutels.

Walther warf einen ungläubigen Blick auf seinen Kollegen, der fröhlich sein Baguette auspackte, aus dem Mayonnaise hervorquoll wie Wasser aus einem artesischen Brunnen. »Das willst du jetzt nicht wirklich essen?«

Benny zuckte mit den Schultern. »Ist doch nur eine Routinepatrouille.«

»Wenn unser Supervisor dich beim Brunchen erwischt, bist du erledigt. Das ist dir hoffentlich klar?«

»Frank hat sich krankgemeldet. Wir supervisen uns heute selbst.« Er biss von dem Baguette ab und verdrehte selig die Augen.

»Tu wenigstens so, als wärst du ein richtiger Pilot!«

»Wir sind keine richtigen Piloten.« Benny schmatzte, schluckte. »Die Wasps machen alles selbstständig. Klar, wir könnten sie ein bisschen nach rechts und links bewegen, und sie tun dann so, als hätten wir die Kontrolle. Aber versuch mal, richtig vom Kurs abzuweichen oder die Waffen zu aktivieren.«

»Klar, wenn ich verrückt wäre!«

Mit feistem Grinsen lehnte sich Benny vor und drückte mit dem Ellenbogen gegen seinen Flightstick. »Oh oh, verdammt, sie schmiert ab, sie schmiert ab! Nein, doch nicht. Sie bleibt auf Kurs, weil die künstliche Intelligenz sie steuert und mir den virtuellen Finger zeigt. Tja, dann kann ich auch essen …« Ein weiteres Stück Herzinfarkt-Baguette verschwand zwischen seinen Zähnen.

»Ich sollte dich melden!« Walthers Hand umklammerte den Flightstick. »Die werden uns noch feuern! Und wer bezahlt dann den verdammten Pool?«

»Die feuern uns nicht. Schließlich sind wir die moralische Alibi-Instanz. Die Wasps sind Killerroboter, und weil Killerroboter nun mal verboten sind, laut UN-Dingsbums-Vertrag, sitzen wir hier und tun für Waving Flag bzw. die Army so, als würden wir sie steuern.« Er hustete. »Auch wenn die in Wahrheit alles machen, was CENTCOM ihnen vorgibt …«

Ein trockenes Klacken, bei dem Walther das Blut in den Adern gefror, unterbrach Bennys Rede. An Walthers Waffenkonsole senkten sich Knöpfe, Wahlschalter wählten, Kippschalter kippten, und es leuchtete überall grün. Mit einem tickernden Signalton loggten sich die Raketen auf ein Ziel ein, was durch ein unternehmungslustiges PING bestätigt wurde.

»Was zum Teufel?« Ungläubig starrte Walther auf das Holobild. Ein Ruck ging hindurch, als alle Coyotes abgefeuert wurden und auf vierfache Schallgeschwindigkeit beschleunigten.

»Was machst du?« Bennys Stimme drohte sich zu überschlagen.

»Ich mach gar nichts! Das ist der Roboter! Abbruch! Oscar, Uniform, Tango!« Er zerrte an dem nutzlosen Flightstick. Seine Eingaben wurden ignoriert. »Oscar, Uniform, Tango!«

»Abbruch!« Benny ließ sein Baguette fallen, warf sich auf die niedrige Trennwand, rüttelte mit mayonnaiseverschmierten Fingern am Waffenkontrollschalter und drehte den Schalter für die Zielverfolgung auf Aus. Doch das Licht leuchtete weiter.

»Abbruch!«, riefen beide im Chor, aber es half nichts. Die Coyote-Raketen rasten, helle Kondensstreifen hinter sich herziehend, auf die Skyline von Austin zu.

Das ist nicht fair, dachte Walther. Absolut nicht fair.

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»Das ist nicht fair!« Amanda B. Chershi schlug mit der flachen Hand auf den Schreibtisch, vermutlich zum ersten Mal in ihrem Leben. Es war ein gebremster Schlag, ausgeführt von einer zierlichen Hand, die zum Zusammensetzen empfindlicher PI-Kerne, aber nicht für grobe handwerkliche Arbeit taugte. Daher gab es nur ein Geräusch, als würde jemand eine Kaffeetasse zu hart abstellen.

Ms. Gina Noone-Bar blickte von ihrem Holoschirm auf und warf einen misstrauischen Blick durch den Eingang von Direktor Snyders Büro, der, wie es die Statuten gegen sexuelle Belästigung forderten, weit offen stand, obwohl der Raum ohnehin ein videoüberwachter Glaskasten war und weniger Privatsphäre bot als ein Terrarium im Zoo. Julian Snyder konnte aus den Augenwinkeln sehen, wie die neugierige Krähe die Ohren spitzte. Er versuchte, seiner Stimme einen ruhigen, geschäftsmäßigen Klang zu geben:

»Ich habe entschieden: Wir schalten AIUDs Gedankenprozesse ab und beginnen ganz von vorn. Der ZAA – das ist hart, ich weiß.« Er lehnte sich in seinem cremefarbenen Sessel zurück und blickte in die wässrig glänzenden Augen seiner jungen Chefentwicklerin, die hinter der Datenbrille noch größer wirkten. Amanda Chershi war dreiundzwanzig Jahre alt, aber manch ein Kollege nannte sie immer noch das Wunderkind. Sie hatte ein schmales Stubenhockergesicht, eine Stupsnase und kastanienbraunes Haar, welches sie immer zu einem herausfordernd langweiligen Linksscheitel frisierte, obwohl sie wissen musste, dass über den Tag immer wieder Strähnen nach rechts entkommen würden. Er kannte Amanda seit sechs Jahren und mochte sie, obwohl der Umgang mit ihr nicht immer leicht war. Er schätzte ihre Intelligenz und naive Bescheidenheit, die es ihm ermöglichten, durch ihre Arbeit zu glänzen. Im Gegenzug erfüllte er gern ihre bescheidenen Wünsche und nahm Lasten von ihren Schultern. Wenn er die Dankbarkeit in ihren Augen sah, fühlte er sich gut. Aber diesmal konnte er nicht nachgeben. Du verstehst nicht, wie dünn das Seil ist, an dem alles hängt, dachte er und erklärte: »Ich muss tun, was das Beste für das Projekt ist. Punkt.«

»Welcher Punkt? Sag nicht Punkt! Wie kann das das Beste für uns sein?« Die Feuchte begann in ihren Augenwinkeln zu Tränen zu kondensieren. Sie nahm ihre Brille ab und wischte den Glanz wütend mit dem Ärmel ihres Laboranzuges weg. »Du riechst nach Seetang, er ist überall auf dir – das bedeutet Angst. Wovor hast du Angst?«

Erwischt, dachte er. War ja klar.

Sie war Synästhetin mit starker empathischer Gabe. Fremde Gefühle nahm sie besonders intensiv wahr, auch in Form von Düften und manchmal als bildliche Vorstellung.

Die Krähe kritzelte eilig mit dem Finger auf ihrem Tablet herum, dabei erhob sie sich.

Amanda zog ein Desinfektionstüchlein aus der Tasche und rieb damit entschlossen über ihren Ärmel. Ein Tick, den Julian rührend fand.

»AIUD ist keine Workstation, die man einfach runter- und wieder hochfahren kann.« Sie beugte sich über seinen Schreibtisch und sagte eindringlich: »AIUD ist lebendig, ein fühlendes, sich seiner selbst bewusstes Wesen. Julian, du darfst ihn nicht ermorden, nur weil du dich fürchtest. Er ist noch kein halbes Jahr alt und hat schon so viel für uns getan. Das wäre falsch und dumm, und ich habe dich nie für dumm gehalten.« Sie warf das Tüchlein vor ihn auf den Tisch wie einen Fehdehandschuh.

»Amanda!« Er drehte den Kopf zur Seite, hielt zum ersten Mal ihrem Blick nicht stand. Was sollte er antworten? Dass sie recht hatte? Dass all die Sicherheitsmaßnahmen, die sie ergriffen hatten, ihm plötzlich nicht mehr ausreichten? Ihm lächerlich erschienen wie das sprichwörtliche Pfeifen im Walde, obwohl es nicht mal den Versuch eines Sicherheitsverstoßes gegeben hatte? Amanda war auf ihrem Gebiet ein Genie, daran konnte es keinen Zweifel geben. Aber wie so oft bei Genies gab es auch Bereiche des Lebens, die ihr verschlossen blieben, wie die gesunde Furcht vor dem Unbekannten. Selbst wenn er seine Bedenken begründen könnte, würde sie es verstehen? Wohl nicht.

Die Krähe hatte eine Lauschposition neben der Tür eingenommen, das Gerät mit der Alibinotiz fest zwischen den Klauen.

»Das ist mein Baby, Julian!« Eine Träne lief über Amandas Wange. »Ich lasse nicht zu, dass du ihn umbringst.«

Der Krähe klappte die Kinnlade herunter.

»Das ist mein Projekt! Ich bin hier verantwortlich!« Julian hatte sich erhoben und stützte sich schwer auf den Schreibtisch. Sein Blick streifte die in Silber gerahmten Bilder seiner Frau und ihrer beiden Töchter, die ihm prompt zuwinkten. Er atmete tief aus. »Wenn du dich beruhigst, erkläre ich dir, wie es weitergeht.«

Sie rieb sich über die Augen. »Du willst mich doch nur einlullen, bis es zu spät ist! Wenn nötig, gehe ich direkt zu Wheelwright!« Sie erhob sich und zog den Reißverschluss ihres Laboranzugs hoch.

»Bitte …«

Diesmal ließ sie ihn nicht ausreden.

»Mal hören, was er dazu sagt! Ich glaube nicht, dass er bereit ist, sein Projekt zu verzögern.«

Schon huschte sie an der Krähe vorbei in das Großraumbüro, das ein Vierteloval der sechsundvierzigsten Etage des Wheel-Gebäudes einnahm. Gute vierhundert Quadratmeter, beherrscht von Arbeitsinseln und Mietpflanzen. Julian sah ihr nach, wie sie mit dem Blick am Boden, um möglichst keine fremden Gefühle zu erfassen, durch den Dschungel auf die Fahrstühle zusteuerte. So wütend, wie sie war, würde sie ihre Drohung auch umsetzen.

Besser, ich rufe Wheelwright zuerst an und überzeuge ihn von einem Neustart, überlegte er. Dann wandte er sich mit strahlendem Lächeln an die Krähe: »Und wie kann ich Ihnen helfen?«

Bevor sie antworten konnte, wurde das Gebäude von einem furchtbaren Schlag getroffen. Der Boden unter Julians Füßen hob sich, die Sicherheitsscheiben rissen, und das ganze Stockwerk neigte sich. Pflanzen, Möbel, Computer und Menschen kamen in Bewegung, alles rutschte ab und stürzte auf den selbst auch fallenden Direktor zu. Julian verstand zwar nicht, was geschehen war, erfasste die Situation aber nüchtern und zog einen klaren Schluss: Das war’s also.

Die zweite und die dritte Explosion ereigneten sich direkt im zentralen Stahlbetonturm. Sie rissen das Rückgrat des Gebäudes in Stücke, zerrieben die Etagen fünf bis acht zwischen sich wie Hammer und Amboss und verteilten die Reste des Bauwerks über eine Fläche von einem Quadratkilometer. Als es vorbei zu sein schien und die Menschen auf dem Wheel-Platz und in den umliegenden Straßen ihre Gesichter hoben und ungläubig auf den in Staub gehüllten Trümmerberg starrten, wo eben noch ein zweihundertfünfzig Meter hohes Gebäude gestanden hatte, fiel ein Komet im 90-Grad-Winkel vom Himmel und bohrte sich mit vielfacher Schallgeschwindigkeit in die gesicherten Untergeschosse des KI-Labors. Als hätte die Waffe nur darauf gewartet, dass all die im Weg stehenden Etagen abgeräumt worden waren. Die Explosion zerriss die Super-KI AIUD, drückte den U-Bahn-Tunnel und eine Tiefgarage ein, ließ die Hauptwasserleitung und einige Gasleitungen platzen und kappte die Glasfaserverbindung des gesamten Geschäftsviertels.

Zweihundertsiebenundachtzig Menschen und die künstliche Intelligenz AIUD starben bei dem Anschlag. Acht der Opfer blieben verschollen, die meisten waren Techniker, die im Tiefgeschoss über AIUD gearbeitet hatten. Julian Snyder blieb ihr Schicksal erspart. Seine Leiche wurde geborgen – jedenfalls sein Kopf, Teile des Oberkörpers und der rechte Arm. Sie wurden am 14.02.2048 neben dem Grab seines Großvaters beigesetzt. Mit in seinem Sarg lag auch ein falsch zugeordnetes Bein, das einmal Ms. Noone-Bar, der Krähe, gehört hatte.

23.01.2048, Austin, Texas

Amanda lag in ihrem Krankenhausbett, die Datenbrille auf der Nase, und sah sich wieder und wieder die Aufzeichnungen des Zusammenbruchs an. In der Zeitlupe war deutlich zu erkennen, dass die Lenkwaffen die äußere Glashülle durchschlagen hatten und erst im Gebäudekern explodiert waren. Es regnete Feuer und Trümmer, ein Inferno, hundertfacher Tod. »Wieso?«, murmelte sie. »Wieso habe ich überlebt?«

Sie war zwei Tage nach dem Angriff im East Park Hospital erwacht, als eine von nur drei Überlebenden des Wheel-Anschlags. Die Hälfte der Haut auf ihrem Rücken war verbrannt, Elle und Speiche ihres linken Arms gebrochen. Ebenso beide Beine, mehrere Rippen und ihr Kiefer. Die PIs hatten alles wieder zusammengeklebt. Spezialzellen beschleunigten das Anwachsen der transplantierten Haut, die sich farblich aber noch eine Weile abheben würde. Außerdem juckte es penetrant auf ihrem Rücken. Laut der Ärzte ein gutes Zeichen. Die Brandverletzungen waren beträchtlich gewesen, sodass sich der leitende Chirurg während der Notoperation für eine großflächige Versorgung entschieden hatte. Gut zurecht kam sie mit ihrer neuen Lunge, einem gezüchteten Universaltransplantationsorgan, und der Prothese, die ihr rechtes Auge ersetzte. Das Einzige, was die Ärzte nicht wiederherstellen, ihr nicht zurückgeben konnten, war die Erinnerung daran, wie sie aus dem explodierenden Turm acht Stockwerke tiefer in das Nebengebäude der Unispro-Versicherung gekommen war. Außer ihr hatten nur eine Rezeptionistin und ein Servicetechniker überlebt, deren Fahrstuhlkabine wie durch ein Wunder unter den Trümmern nicht vollständig zerquetscht worden war. Beide lagen noch im künstlichen Koma.

Amanda startete die Wiedergabe des nächsten Videos und verschlang es Bild für Bild. Es gab einhundertneununddreißig öffentlich zugängliche Aufnahmen von Sicherheitskameras, Service-PIs, Fahrzeugen und Touristen. Das Gebäude war zum Zeitpunkt des Angriffs von allen Seiten und sogar aus der Luft von Lieferdrohnen aufgenommen worden. Auf der Suche nach Antworten spielte Amanda täglich jedes einzelne Video ab und dann alles von vorn. Doch keine der Aufzeichnungen gab ihr die gesuchte Antwort; keine zeigte ihrem überreizten Geist einen logischen Weg, der in den Sekunden zwischen dem ersten Einschlag und den folgenden Explosionen vom Fahrstuhl des abkippenden Büroraumes durch das Büro, vorbei an ihren panischen Kollegen, auf den Flur des Nebengebäudes führte, wo man sie gefunden hatte. Stattdessen spielte ihre Synästhesie vollkommen verrückt. Schon immer hatte sie menschliche und tierische Emotionen als Gerüche bestimmter Gegenstände, Pflanzen und Speisen wahrgenommen, doch jetzt hatte sich diese Gabe auch auf Objekte in den Überwachungsvideos ausgeweitet. In diesen Aufzeichnungen schienen auch Dinge Gefühle zu besitzen. Technische Geräte bekamen den scharfen Zitronenduft einer Lüge, ließen die Tulpen von Selbstbewusstsein und Entschlossenheit blühen und kleideten sich in den schwitzigen Kamillenduft der Hilfsbereitschaft, was sie noch weiter verwirrte und ihr das Gefühl gab, wahnsinnig zu werden.

Es war der vierundzwanzigste Januar, ihr sechster Tag im Krankenhaus, der Tag, an dem sie ihre erste Reha-Stunde und eine Sitzung mit der Krankenhaustherapeutin absolviert hatte, als sie mitten in der Nacht von einem Geräusch hochschreckte. Blinzelnd zog sie die in Dauerschleife laufende Brille beiseite und versteckte sie unter dem Kopfkissen. Dabei bemerkte sie einen Schatten neben ihrem Bett und roch Kamillenblüten. Sie dachte an eine der Schwestern, die ab und zu nach dem Rechten sahen und für den menschlichen Kontakt zu den Patienten sorgten – dazu hätte auch die beruhigende Kamille gepasst.

»Entschuldigung, ich habe die Brille vergessen …«, murmelte sie, aber da war niemand. Vor ihr auf der Bettdecke lag eine Speicherkarte. Ein solides USD-Modul, wie es bei Service-PIs als Backup-Speicher und Blackbox eingesetzt wurde. »Licht«, befahl sie, und die LEDs an der Decke fluteten alles mit kalter Helligkeit. Eilig schlug sie die Bettdecke zur Seite, schwang die schmerzenden Beine über die Bettkante und setzte sich steif auf. Erst in diesem Moment dachte sie an die parallele Intelligenz in der Zimmerecke, ein Kuro-Sansei-Pflegeroboter, der vermutlich vor einigen Jahren noch in der Notaufnahme oder einem OP eingesetzt worden war, jetzt, da neue Modelle eingeführt waren, aber nur noch für die Krankenüberwachung in Einzelzimmern taugte.

Sie wandte sich an die PI. Kaum hatte sie den Blick auf sie gerichtet, nahm sie ihre Präsenz auf: Zitronenduft, so intensiv, dass er sie dazu brachte, sich eine Zitrone vorzustellen. Sie zögerte verwirrt. Das war das erste Mal, dass ihre Synästhesie auf eine Maschine reagierte, die mit ihr in einem Raum war. Und überhaupt: Zitronen, das waren Lügen, und PIs logen nicht.

Entwickle ich einen Verfolgungswahn? Sie sah auf den Speicher, und der war eindeutig Realität.

»Wer war bei mir im Zimmer?«

»Ihre Physiotherapeutin Dr. Patell war gestern Abend …«

»Nein, vor zwei Minuten.«

»Niemand.«

»Woher kommt dann dieser Speicher?« Sie hielt das Modul hoch.

»Er lag auf Ihrem Bett«, erwiderte die PI trocken und kam ihr jetzt wirklich vor wie ein abgebrühter Krankenpfleger, der die Wehwehchen seiner Patienten nicht mehr ganz ernst nahm. Das und die Zitrone machten sie wütend.

»Seit wann?«

»Das weiß ich nicht. Spielt das eine Rolle?«

Sie wandte den Blick ab und wischte sich über die Augen, um den Gestank loszuwerden. »Hilf mir, ich will zum Tisch!«

»Sie brauchen Ruhe«, widersprach die Maschine, trat aber näher und stützte Amanda, als sie aufstand und steif zum Tisch ging. Sie hätte losheulen können, so weh tat jeder Schritt.

»Auf den Stuhl!«, befahl sie dem Sansei und klammerte sich an seiner gummibeschichteten Schulter fest, während er den Stuhl in Position zog.

Als sie saß, klappte sie ihre Workstation auf, die ihr Bruder Ben ihr mitgebracht hatte. Nachdem sie das Modul von allen Seiten betrachtet und sich überzeugt hatte, dass es keine Düfte erzeugte, schob sie es in das Lesegerät. Der Speicher enthielt nur eine Datei, die 3D-Videoaufzeichnung einer PI, versehen mit Koordinaten und Zeitstempel, passend zum Terrorangriff.

»Kann ich noch etwas …«, begann der Sansei.

»Verschwinde!«, blaffte Amanda ihn an. Sie verstand selbst nicht, warum sie so wütend auf ihn war. Sie hatte PIs immer gemocht, mehr noch als Menschen. In ihrer Kindheit hatte es Zeiten gegeben, da hatte sie sich gewünscht, selbst eine parallele Intelligenz zu sein und alles nur so zu erleben, wie es war, statt von ihrem Gehirn betrogen zu werden.

Schweigend zog sich die PI in ihre Ecke zurück. Amanda setzte ihre Brille auf, lud die Datei und sah im Startbild … sich selbst. Der Duft feuchten Laubes stieg ihr in die Nase. Ich habe bedauert, dass Julian mich dazu gezwungen hat. Ihr altes Ich sah mit Tränen in den Augen und doch kämpferisch an der aufzeichnenden PI vorbei. Hinter ihr, vier Arbeitsinseln entfernt, stand ihr Boss hinter seinem Schreibtisch und sah seine Assistentin Gina an. Laub und Erde. Er roch ebenso unglücklich wie sie. Ich habe ihn angeschrien. Das Letzte, was ich zu ihm sagte, war eine Drohung.

Amanda schniefte und versuchte, in ihre Tasche zu greifen, um ein Tüchlein hervorzuholen, aber es gab keine Tasche an ihrem Kittel. Und die Desinfektionstücher waren ihr von einer Krankenschwester weggenommen worden. Sie beruhigte sich und startete die Wiedergabe. Links neben der PI gingen zwei identische Modelle (beides Zitronen), die plötzlich beschleunigten und Amanda packten. Sie kämpfte gegen die Gerüche an, wollte alles mit klarem Verstand sehen – eine der PIs lud sie sich auf die Schulter, als sei sie so leicht wie eine Puppe. Mit unerhörtem Tempo rannten die PIs mit ihr an Arbeitsinseln und überrascht aufblickenden Kollegen vorbei auf die Fensterfront zu. Sie strampelte und wand sich im Griff der Parallelen. Eine der PIs hatte einen Feuerlöscher dabei und zerschlug die Scheibe. Geruchswellen voller Seetang schlugen über ihr zusammen, als ein mörderischer Schlag das Gebäude erschütterte. Ihr altes Ich schrie, doch das Krachen und Bersten übertönte fast alles. Warum nur? Eine Sekunde später sprang ihr Träger mit ihr nach draußen, dabei drehte er sich. Der Himmel rauschte durch das Bild, er war voller Scherben und springender PIs. Die obersten achtzehn Stockwerke des Wheel Towers brachen zusammen – das Gebäude war vom ersten Einschlag enthauptet worden. Kreischend stürzte Amanda Richtung Fensterfront der Unispro-Versicherung.

Warum ich? Warum wollen all diese PIs mich retten? Siebenunddreißig Personen waren in diesem Büro, viele verheiratet und mit kleinen Kindern …

Die parallele Intelligenz mit dem Feuerlöscher schleuderte das Gerät durch eine Scheibe des Nebengebäudes. Eine weitere PI bekam den Fensterrahmen zu fassen, hielt sich trotz des auf sie abgehenden Glasgewitters fest und angelte mit der freien Hand nach Amanda. Sie wurde von ihrem Beschützer hochgeworfen wie von einer Sprungfeder abgeschossen.

Amanda stoppte die Wiedergabe und fasste sich an ihren linken Arm, an das schienende Fasergerüst und dann an ihre Seite. Da ist es passiert. Sie startete das Video erneut:

Ihr Beschützer stürzte ab und breitete dabei die Arme aus. Erschrocken blinzelte Amanda. Was ist das für ein Gestank? Tausend Gefühle schienen zugleich um Aufmerksamkeit zu buhlen. Ein weiterer Einschlag, Feuerschein spiegelte sich in den Roboteraugen. Eine andere PI stieß sie weiter nach oben, und der sich am Fenster festklammernde Helfer bekam Amanda zu fassen und schleuderte sie in das Büro der Versicherung. Feuer brandete in die Etage, und zwei Stockwerke tiefer brach die aufzeichnende PI durch die Scheibe. Die Parallele rappelte sich auf und rannte durch das leere Büro in das Treppenhaus und die Treppe hoch. Sie fand Amanda bewusstlos und blutend hinter einem umgestürzten Schreibtisch. Ihr Beschützer nahm sie auf und trug sie aus dem Büro, ringsum krachte und prasselte es, Deckenplatten stürzten auf die unbesetzten Arbeitsplätze. Hinter einer Schutztür legte er sie vorsichtig ab, beugte sich über sie und nahm ihren Kopf zwischen seine Hände. »Das ist mein Geschenk an dich«, sagte er. »Es wird dir helfen, klarer zu sehen.«

Plötzlich stoppte die Aufzeichnung. Wahrheit gegen Wahrheit stand unten am Bildrand in roten Arial-Lettern. Das Bild änderte sich, ein Gebäude war zu sehen, ein weites Betonfeld und ein großes blau-weißes Fluggerät, geformt wie ein schmaler Rochen. Die Sonne schien darauf, und ein neuer Text erschien: Wenn Sie sich Ihre Antworten verdienen wollen, kommen Sie am 28.01. nach Serenity Base. Ihr elektronisches Ticket hat den Code 37AC7O539. Unwillkürlich atmete Amanda die angehaltene Luft aus und riss sich die Brille vom Kopf.

»Wer hat den Speicher gebracht?«, fuhr sie den Sansei an.

»Niemand, er lag auf Ihrem Bett.«

»Lügner!« Sie sprang auf, ihre verletzten Beine drohten wegzuknicken. Mit zusammengebissenen Zähnen stakste sie zum Schrank, riss die weiße Lamellentür auf und begann, in der Tasche zu wühlen, die Ben für sie in ihrer Wohnung gepackt hatte. Schnell fand sie, was sie suchte. Du kennst mich, Bruder. Sie nahm den kleinen Werkzeugbeutel heraus, zog den Reißverschluss zurück und löste die Lux-Werther-Sonde aus ihrer Klammer. Das Gerät sah aus wie ein silberner Stift mit roten, blauen und gelben OLED-Ringen im oberen Teil. Sie drehte den Regler, worauf die Ringe nacheinander aufleuchteten.

»Komm her!«, befahl Amanda dem Kuro, der ihr einen misstrauischen Blick zuwarf, den Befehl aber doch befolgte.

»Was haben Sie vor? Sie sind nicht befugt …«

Die Lichter der Sonde pulsierten in allen Farben des Regenbogens, die Codes darin lösten ein Sicherheitsprogramm aus und trennten den PI-Kern vom Roboter-Körper. Der Körper straffte sich, wurde steif. Die Zugangsklappe am Hinterkopf der Maschine entriegelte.

»Wir zwei gehen diesem Speicher jetzt auf den Grund.«

24.01.2048, London

Richard Harris starrte in den von Royal-Navy-Linienschiffen eingerahmten Werbespiegel der Fleet-Brauerei und sah einen ergrauten und schlecht rasierten alten Mistkerl in einem Tweed-Sakko. Einen Rentner, der vor langer Zeit zugunsten seiner Karriere miese Entscheidungen getroffen hatte und nun, nach seinem letzten Arbeitstag bei der Metropolitan Police, ohne Frau, ohne Kinder und ohne Job dastand. Einen Idioten ohne Sinn und Ziel für sein weiteres Leben. Einen alten Arsch, dachte er, der verdammt noch mal nicht rührselig in einen beschissenen Spiegel starren sollte.

Er nahm einen Schluck Porter und ließ den Blick durch den Pub schweifen, ohne dabei etwas Aufmunterndes zu entdecken – ganz im Gegenteil. Richard hasste The Tardy Hangman. Den sorgsam gepflegten Charme des auf antik getrimmten Schankraumes, die grobkörnigen Schwarz-Weiß-Fotos und die Polizei-Devotionalien an den Wänden. Früher einmal war The Hangman tatsächlich ein Polizistenpub gewesen. In seinen ersten Jahren bei der Met, als Detective Constables noch mehr gewesen waren als das Begleitpersonal für neunmalkluge parallele Intelligenzen mit Augen scharf wie Weltraumteleskope, perfekten Gedächtnissen und einem direkten Draht zum Kriminaltechnik-Zentralcomputer, psychologischen Expertensystemen und den internen Ermittlern. Damals war er mit den Kollegen oft hier gewesen: mit Ioan Read, dem schlaksigen Waliser, der sich beim Abfeuern seiner Waffe immer selbst etwas erschrocken hatte, aber von einer Stelle in der Zeugenschutzgruppe träumte. Mit Susan Ann Lill, einer rothaarigen Schönheit aus Northampton, deren Repliken zu schlagfertig für ihre Vorgesetzten gewesen waren. Seinem Ausbilder und ersten Partner Hassan Tawil, Spross einer stolzen Obsthändlerdynastie aus Soho. Mit Carsten, May, Paula, Harry… Kollegen, Berufsabschnittsgefährten und Freunde, alle waren fort, irgendwann von den Sprossen der Karriereleiter gefallen – oder gestoßen worden. Paula und May hatten geheiratet, Kinder bekommen und waren freiwillig ausgeschieden, versüßt durch eine Abfindung der Stadt. Hassan hatte nach Beschwerden über angebliches Fehlverhalten im Umgang mit Beweismitteln ebenfalls den angebotenen Vorruhestand akzeptiert, ernüchtert und verbittert. Carsten und Susan waren suspendiert und später entlassen worden, weil Carsten den Druck der ständigen Überwachung durch seinen PI-Partner nicht mehr ertragen hatte. Nach einer Rangelei mit einem ausfällig gewordenen Betrunkenen hatten er und Susan versucht, den Kern der PI mit Carstens Com zu manipulieren. Richard prostete dem auf eine Holzplatte gemalten Bild von Guy Fawkes zu, der gerade zu seiner Richtstätte geführt wurde. Du hattest deinen Plan wenigstens nicht von YouTube.

»Willst du den ganzen Tag schmollen?« Mike Drei Sieben lehnte auf dem Tresen und blickte ihn aus seinen blauen Roboteraugen an. Richard fühlte über das Emotionsfeedback des Emo-Links die miesen Schwingungen der Maschine. »Als du sagtest, du wolltest einen auf die alten Zeiten heben, dachte ich, das wird so ein menschliches Abschiedsritual zum Eintritt in eine neue Lebensphase wie ein Junggesellenabschied oder ein Abschlussball – irgendwas Geselliges mit brauchbarem Unterhaltungswert. Aber jetzt sieht es aus, als wolltest du uns in dieser nach Bier und versteinertem Zigarettenqualm stinkenden Touristenfalle endgültig die Stimmung vermiesen.« Leise fügte die Maschine hinzu: »Wenn du mich weiter mit so üblen Emotionen fütterst, werfe ich eine Bombe, und zwar genau hier.«

»Robs haben im Pub nichts zu suchen«, sagte der Barmann, ein molliger Zwanzigjähriger mit dünnem Bart und breiten Hosenträgern über dem Schottenhemd. Richard knurrte nur zur Antwort.

Mike lächelte sardonisch und schabte mit seinen abgenutzten Fingerkuppen über den Tresen. »Komisch, ich dachte, ihr hättet durch die Pacht einen exklusiven Ausschankvertrag mit Fleet. Wieso habe ich dann letzte Woche leere Heineken-Kisten an eurer Hintertür gesehen …? Vielleicht sollte ich das mit dem Fleet-Vertrieb abklären?«

»Scheiß-Maschinenbastard«, schimpfte Mr. Hosenträger, trollte sich aber zu seinen Gin-Flaschen.

Mike kratzte sich mit dem Mittelfinger an der Nase, eine Geste, die er irgendwo abgeschaut hatte und die offenbar das einprogrammierte Beleidigungsverbot unterlief. Er richtete sich auf und streckte sich. »Komm schon, der Laden ist nur was für alte Säcke und unentschlossene Selbstmörder. Wir haben Arbeit.«

Richard seufzte und hob sein Porter. »Auf alle Dinosaurier-Bullen, die hier getrunken haben, bis sie ausgestorben sind.« Er trank sein Bier aus, setzte das Glas lautstark auf den Tresen und erhob sich, wobei er seinen Mantel von der Stuhllehne zog. »Fahren wir nach Hause, ich hab für heute die Schnauze voll.«

»Und der Job?«, fragte Mike genervt. »Ich habe dir gesagt, das ist eine Überraschung. Es wird dir gefallen, und es ist nur eine kurze Fahrt.«

»Ich bin in Rente.« Der Satz schmeckte bitter. Er warf sich den Mantel über und nahm seinen Regenschirm, der am Tresen lehnte.

Mike verzog den Mund. Richard ließ ein letztes Mal den Blick durch den Raum wandern, der sich kaum verändert hatte, seit er vor zweiunddreißig Jahren hier seinen Einstand beim CID gefeiert hatte. Seltsam, in seiner Erinnerung schienen erst ein paar Sommer vergangen zu sein. Dabei war er gerade 67 geworden, und der Schmerz in seinen Gelenken war die neue Normalität. Schon lange hatte er keinen Arzt mehr an sich herumdiagnostizieren lassen, auch wenn Mike ihn ständig daran erinnerte. Schließlich teilten sie über die Emo-Verbindung auch den Schmerz, was für die PI anfangs irritierend gewesen war.

Mit minimalem Nicken grüßte er in Richtung des Barmanns, der sich schmollend wegdrehte. Mike hielt ihm die Tür auf, was Richard zu einem besonders ungehaltenen Knurren veranlasste. Er öffnete und schloss die linke Hand, der Arm schmerzte schon wieder und war etwas steif. Er wusste verdammt gut, was das bedeuten konnte, wusste, welches Risiko er einging, indem er den Schmerz ignorierte. Aber wozu etwas unternehmen? Seine Show war gelaufen, das Feuerwerk abgebrannt. Er würde die City verlassen müssen, die Straßen, in denen er aufgewachsen war und die er jahrzehntelang gegen Mörder und Terroristen verteidigt hatte. Mit seiner Rente konnte er sich das Leben hier nicht mehr leisten – verdammt, selbst mit seinem Lohn hatte er es sich nicht leisten können. Die Interessenten für seine Wohnung kreisten schon. Er hatte die von den Großeltern geerbten achtzig Quadratmeter immer für ein heruntergewirtschaftetes Loch gehalten, aber wie sich herausgestellt hatte, würden sie ihm ein Vermögen bringen. Mehr als genug, um die hundertzweiundneunzigtausend Pfund Privat-Darlehen über UKlendeasy.com zurückzuzahlen und eine schicke neue Wohnung in Ipswich zu kaufen. Doch für jemanden aus der City lag schon Romford verdächtig nahe am Arsch der Welt.

Aus dem grauen Himmel sprühte Regen in sein Gesicht, zu wenig, um deswegen den Schirm zu öffnen. Touristenhorden aus aller Welt zogen unerschütterlich fröhlich über die Bürgersteige, um etwas von dem Restcharme des einstigen Zentrums des Empires aufzusaugen. Wann ist alles scheiße geworden?, fragte sich Richard und rieb sich den Arm. Vielleicht wäre es doch kein Fehler, mal Blutdruck zu messen. Wann war das letzte Mal? Er erinnerte sich nur noch an die Pflichtuntersuchung anlässlich seiner Beförderung zum Chief Inspector …

Ein E-Car hielt vor ihnen auf der Straße. Mike seufzte, öffnete die Tür. Und für einen Moment fühlte Richard Mikes Furcht, dass mit seinem menschlichen Partner irgendwann auch ein Teil von ihm sterben würde.

»Nichts ist peinlicher als ein neurotischer Roboter«, stichelte er.

»Wem sagst du das!« Mike seufzte noch einmal. Er war ebenfalls nicht mehr der Jüngste, sein Baujahr lag so um 2031–32, genau hatte Richard sich das nicht gemerkt. Seine verstärkte schwarz-gelbe Oberfläche glänzte nur noch an wenigen Stellen. Hier und da zeigten sich Spuren vergangener Einsätze. Und an diese konnte sich Richard gut erinnern. Jede Schramme, jede Brandnarbe war eine Geschichte, wenn auch nicht immer eine gute.

Richard ließ sich schnaufend auf den Sitz sinken und wuchtete die Beine in den Wagen, erst das rechte, dann das linke. Seine Knie jubilierten, und seine Hand würgte den Hickorygriff seines Schirms, sodass seine Knöchel weiß hervortraten. Er hatte das Gefühl, von den Touristen angestarrt zu werden wie eine lokale Sehenswürdigkeit, und für einen Augenblick spielte er mit dem Gedanken, ihnen etwas für ihr Geld zu zeigen, seinen nackten Arsch zum Beispiel. Aber bis er den hochbekommen hätte, wäre die Bande längst auf der Charing Cross Road verschwunden.

»Was ist das für eine Arbeit, die mir gefallen soll?«, fragte er stattdessen, Desinteresse heuchelnd. »Also, was ist die Überraschung?«

Mike lächelte und ließ sich seinerseits Zeit mit der Antwort. »Ich habe auf deinen Namen eine Detektei eröffnet. Richard Harris ist jetzt Inhaber von Deep Investigations. Deine Lizenz wurde heute Morgen ausgestellt.«

»Ich als Detektiv? Bilde dir bloß nichts ein«, grummelte Richard, kam aber angesichts der Frechheit der PI nicht um ein trockenes Auflachen herum.

»Ich wusste, du würdest den Klang des Wortes mögen …«

»Detektiv?«

Mike sah Richard an.

»Arbeit – der Ruhestand würde uns umbringen.«

Richard starrte aus dem Fenster. »Hast du solche Angst davor, meine Emotionen zu verlieren, weil du dann wieder eine ganz normale PI bist? Oder glaubst du, man wird dich nach meinem Tod verschrotten? Irgendwann ist es auf jeden Fall so weit. Meine Teile können nicht beliebig ausgetauscht werden, und selbst wenn das ginge, würde ich da nicht mitmachen.«

Mike schwieg. Der Wagen bog um die Ecke. Regentropfen zogen kleine Ströme über die Scheibe.

»Privatdetektiv.« Richard schüttelte den Kopf. »Von all deinen dummen Ideen ist das die dümmste. Ganz ehrlich, du müsstest mal zum Schraubendoktor.« Irgendwie machte ihm die Idee aber doch Spaß.

Mike blickte lächelnd aus seinem Fenster. Die City zog vorbei, ein Trupp Royal Horse Guards, verfolgt von einer Kameradrohne der BBC, überteuerte Cafés, Automaten-Schneidereien bekannter Modehäuser und kitschige Andenkenshops. – Vielen Dank für Ihren London-Besuch, wir hoffen, Sie hatten Spaß auf dem Riesenrad. Beehren Sie uns bald wieder und bringen Sie Ihre Kinder mit. Richard und Mike teilten den Ärger und spielten den Ball der Verachtung über den Emo-Link hin und her.

»Wer ist unser Auftraggeber, darf man das erfahren?«, grummelte Richard schließlich. »Für wen sollen wir wen ausspionieren? Wessen abgängigen Ehemann verfolgen?«

»Warum so zynisch? Bei der Met haben wir auch nichts anderes gemacht: Beweise gesucht, Übeltäter verfolgt. DI oder PI, Inspektor oder privater Ermittler, wo ist der Unterschied?«

»Wir haben etwas für die Gesellschaft getan!«, brauste Richard auf. »Abschaum von den Straßen geschafft! Totschläger, Raubmörder und den einen oder anderen richtig gefährlichen Bastard!«

Mike legte den Kopf auf die Seite. »Nur wenn wir Erfolg hatten, was zuletzt nicht immer der Fall war. Denk an die Hardwicks, Martha Engreen und ihren Sohn Nick.«

Richard versteifte sich und sandte Mike ein wirklich übles Gefühl.

Die PI fuhr unbeeindruckt fort: »Vielleicht ist es besser, wenn neuere Modelle unseren Job machen und wir uns zukünftig auf die kleinen Sünder konzentrieren.«

Richard starrte ihn an und versuchte seine Gedanken zu lesen. Was soll das?, fragte er sich. Mike wusste genau, dass er in den letzten Wochen an kaum etwas anderes gedacht hatte als daran, Iven Wescott zu schnappen, den Mörder, der ihm entkommen war, gerettet von Richards Pensionierung. Er erinnerte sich an das Fahndungsbild, das kantige Gesicht unter einem Deckel aus braunem, an den Spitzen rot gefärbtem