Prolog

Abby

Was bist du eigentlich?

Weißt du, dass du nichts wert bist?

Du kannst nichts!

Du wirst niemals was in deinem Leben erreichen!

Denkst du wirklich, jemand wie Logan will etwas von dir?

Schau dich mal an. Dann hast du die Antwort.

Schweißgebadet wachte ich auf. Immer die Worte von meinen ehemaligen Klassenkameraden in meinem Kopf.

Ich vergrub mein Gesicht in meinem Kissen, in dem Versuch, diese Stimmen in meinem Kopf verschwinden zu lassen. Ich wollte selbstbewusst sein, aber das war ich nicht! Ich war es nie und würde es nie sein. Ich schaute auf meine Digital Uhr, die auf meinem Nachttisch stand. 4:23 Es gab keine Nacht, in der ich nicht von meinen Albträumen aus dem Schlaf gerissen wurde. In meiner alten Schule, wurde ich gemobbt. Und das alles nur dank Logan, meinem besten Freund. Ehemaligen bestem Freund um genau zu sein. Er war beliebt. Das totale Gegenteil von mir. Niemand hat sich für mich interessiert.

Bis raus kam, dass ich Logan schon seit dem Kindergarten kannte. Von da an wurde mein Leben zur Hölle.

Überall, wo ich hin ging wurde ich gemobbt. In der Klasse. In der Cafeteria. Auf dem Schulhof.

Sie konnten es einfach nicht lassen, mich dumm an zumachen. Oft wurde ich gedemütigt. Öffentlich.

Mehr als nur einmal. Ich hatte es Logan verschwiegen. Er wurde weiterhin angehimmelt. Ihm sprachen sie keine Schuld zu. Ich war die Schuldige. In ihren Augen war ich nicht gut genug für Logan. Ich passte einfach nicht in deren Bild. Ich zog mich immer mehr von Logan zurück.

Meinem einzigen Freund. Ich wollte nichts mehr mit ihm zu tun haben. Durch ihn hatte ich die ganzen Probleme.

Er verstand es nicht, wollte immer wieder wissen, was mit mir los war. Doch ich ließ ihn abblocken. Es mag ein Fehler gewesen sein. Aber es war besser so. Irgendwann zog Logan weg. Ich wusste nicht wohin. Zu dem Zeitpunkt hatten wir uns vollkommen Auseinander gelebt.

Doch das Mobben ging weiter. Sie hörten nicht auf.

Mittlerweile hatte ich nicht nur Angst in die Schule, sondern auch Angst davor rauszugehen. Ich wurde auserhalb gemobbt. Ich hielt das nicht mehr aus und beichtete alles unter Tränen meinen Eltern.

Und jetzt war ich hier. In Prescot. Einer Stadt in der Nähe von Liverpool. Vier Stunden entfernt von Cambridge.

Meiner Heimatstadt.

In der Hoffnung auf ein neues Leben.

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Abby

Vorsichtig betrat ich das Restaurant 'Luigi'. Fragt mich nicht, wer auf diesen Namen gekommen ist, aber er war sicherlich ein großer Mario und Sonic Fan. Obwohl, dann hätte er den Laden wohl eher Mario oder Sonic genannt.

Ich schüttelte meinen Kopf, um die unnötigen Gedanken aus meinem Kopf zu vertreiben und setzte mich an einen Tisch, um die Karte zu studieren. Ich wusste nicht, was genau ich hier tat. Eigentlich wollte ich zu Hause bleiben und den letzten Ferien Tag genießen, bevor der Albtraum los ging. Schule.

Wenn ich nur daran dachte, wurde mir schlecht. All die Menschen, die Spaß miteinander hatten, lachten und Tausend Insider miteinander teilten. Und dann war da ich.

Das Mädchen ohne Freunde, welches selten lachte und wenn es in einer Gruppe stand, sich sofort ausgegrenzt fühlte, da sie aufgrund der ganzen Insider nicht verstand worum es ging. Das war eindeutig ich.

Das Mädchen ohne Freunde. Ich hatte mal eine. Tina.

Aber als sie herausfand, dass ich Logan kannte und ihr nichts davon erzählt hatte, war ich in ihren Augen gestorben. Sie stand, wie jedes andere Mädchen in der Schule auch, auf Logan und war lange am überlegen, wie sie an ihn ran kam. Ihrer Meinung nach, teilten Freunde jedes Geheimnis miteinander. Aber sie hatte mir auch nie erzählt, dass ihr Vater ein Krimineller war, der bereits zwei mal hinter Gittern saß. Das hatte ich jedoch erst herausgefunden, nachdem sie mir ihre Freundschaft gekündigt hatte.

Sie hatte zwar nie dabei mitgemacht mich zu mobben, aber sie hatte immer einfach nur zugesehen und war mir nie zur Hilfe geeilt.

Ich verstand einfach nicht, wieso alle da so ein Drama draus machten. Er war einfach nur ein Junge. Ein stinknormaler Junge. Wie jeder andere auch.

Okay, er sah gut aus, war gut in der Schule, reich und...

ach er konnte einfach alles. Er war sportlich, konnte Fußball spielen wie ein Weltmeister und trotz allem, war er ein normaler Junge. Nagut... Er war schon anders, aber ich verstand trotzdem einfach nicht, wieso sie so einen Aufstand darum gemacht hatten. Wenn sie doch so gerne mit ihm befreundet sein wollten, dann sollten sie gefälligst ihren Hintern bewegen und ihn ansprechen, anstatt wie hechtende Hunde ihm nachzustarren. Logan war ein netter Kerl. Er hätte niemanden abwertend angeschaut, er war immer nett zu allen.

Aber nein, sie mussten ja alle ihren Frust an mir auslassen.

Ist ja nicht so, dass ich genug Probleme hatte.

Kurz bevor raus kam, dass ich Logan kannte, war mein Opa gestorben. Er war damals mein ein und alles. Ich hatte ihn geliebt. Er ist immer für mich da gewesen.

Und anscheinend hatten einige es herausgefunden. Ich wusste nicht wie, aber sie hatten mich immer damit aufgezogen.

Dein Opa ist jetzt bestimmt froh dich los zu werden.

Er hat dort, wo er jetzt ist ein besseres Leben ohne dich.

Er hat dich nie geliebt. Er hat nur aus Mitleid so getan, da du keine anderen Freunde hast.

Er hat sich für dich geschämt.

Ich musste mir auf die Lippen beißen, um bei den Gedanken an diese Worte nicht los zu weinen. Mehr als nur einmal war ich deswegen weinend zusammen gebrochen. Und sie hatten nichts besseres zu tun, als es zu filmen und auf Instagram hochzuladen. Darauf hin hatte ich diese Plattform gelöscht. Ebenso wie Whatsapp, nachdem ich dort einen Drohbrief von einer unbekannten Nummer erhalten hatte, dass sie mein Leben zur Hölle machen würde, wenn ich mich nicht von Logan fernhielt.

Seitdem besitze ich auf meinem Handy nur ein paar Spiele und unter einem anonymen Benutzer Namen Wattpad.

Das war damals eines der wenigen Sachen, die mich am leben erhalten haben. Ich konnte in eine andere Welt eintauchen. Eine Welt, die so anders war wie meine, so unvorstellbar weit weg.

Logan hatte nie mitbekommen, dass ich gemobbt wurde.

Wenn er in meiner Nähe war, waren auf einmal alle so nett. Aber ich konnte jedes mal ihre Blicke spüren, die sich auf meinem Rücken einbrannten. Logan und ich hatten nur einen Kurs zusammen. Biologie. In den anderen Kursen, war ich auf mich allein gestellt.

Sie drohten immer, mir was anzutun, wenn ich es Logan sagen würde. Ein paar mal wurde ich auf offener Straße von Logans Freunden angegriffen und hatte ein paar Verletzungen davon getragen. Oft hatte Logan mir angeboten mich zu ihnen zu setzten, doch ich hatte immer wieder abgelehnt, da ich Angst vor seinen Freunden hatte.

Er hatte nie verstanden, warum ich nicht mit ihm in der Öffentlichkeit gesehen werden will. Ich hatte Angst, vor genau dem, was dann auch eintrat.

„Hallo, was kann ich ihnen bringen?", wurde ich von einer Kellnerin aus meinen Gedanken gerissen.

„Einen Eiscafé und Käsekuchen bitte." Sie nickte und verschwand dann in dem Café um meine Bestellung weiter zu geben. Ich sollte aufhören, mit so viele Gedanken über mein altes Leben in Cambridge zu machen. Das war vorbei. Ich wollte ein neues Leben hier in Prescot starten. Und dazu würde ich nachdem ich hier gegessen hatte einen Friseursalon suchen.

*

Ich schaute mich im Spiegel an, der in meinem Zimmer hing. Ich war kaum wieder zu erkennen. Die Länge meiner Haare, war immer noch die selbe. Ich hatte es nicht übers Herz gebracht, sie abschneiden zu lassen.

Sie gingen etwas weiter als bis zur Hälfte meines Rückens. Doch statt blonde, sah ich nun dunkelbraune Haare, die im Licht leicht violett schimmerten. Eigentlich war das gar nicht so mein Ding. Dachte ich zumindest.

Bis ich gestern im Friseursalon diesen Schritt gewagt hatte. Und ich musste zugeben, ich liebte es. Dazu hatte ich mir eine enge schwarze Jeans, einen einfachen roten Pulli angezogen und noch dezent geschminkt. Ich wollte nicht auffallen. Einfach so wie immer unsichtbar sein.

Ich atmete einmal tief aus und ging nach unten. Meine Eltern waren schon auf der Arbeit. Ich nahm mir eine Wasserflasche, einen Apfel, einen Müsli Riegel und stopfte alles in meine Schultasche. Dann machte ich mich auf den weg zur Schule.

Ich konnte gehen oder den Bus nehmen, jedoch hasste ich Bus fahren. Vor allem wenn die ganzen Fünftklässler mit fuhren. Da ging ich lieber zehn Minuten zu Fuß, als mir so was anzutun. Ich atmete einmal tief ein und ging weiter, bis ich die High School sehen konnte.

Hier stand ich also, vor meiner neuen High School. Der Colton Anderson High School in Prescot. Komischer Name für eine Schule. Also ich fände es irgendwie komisch, wenn eine Schule nach mir benannt werden würde. Abigail Summer High School.

Klingt abartig. Ich würde mein ganzes Leben nur an diese schreckliche Zeit meines Lebens erinnert werden.

Während ich über so etwas komisches nachdachte, lief ich einfach weiter, wobei ich vollkommen vergaß, dass hier noch andere Menschen um mich herum waren. Und wie sollte es auch anders sein? Richtig. Ich lief in jemanden rein und landete auf meinem Allerwertesten.

Toll hingekriegt Abby. Dein erster Schultag und schon gehst du anderen auf die Nerven. Nicht einmal unauffällig kannst du sein.

Meine innere Stimme. Sie konnte einfach nicht ihre Klappe halten. Plötzlich tauchte eine Hand in meinem Sichtfeld auf. Ich sah hoch und sah einen Jungen in meinem Alter vor mir stehen.

Ich sah mich um und sah, dass sich die Hälfte der Schülerschaft zu uns umgedreht hatte.

So viel zum nicht im Mittelpunkt stehen.

Sie alle starrten uns an. Oder eher gesagt mich. Ich musste hier weg. Ich wollte nicht im Mittelpunkt stehen. Die Hand, von diesem über aus attraktiven Jungen ignorierend stand ich auf. „Tut mir leid", nuschelte ich leise vor mich hin und ging von ihm weg. „Hey, warte doch mal", rief er mir hinterher und hatte mich kurz darauf eingeholt.

„Du bist neu hier hab ich recht?", fragte er mich. Ich schaute ihn zögerlich von der Seite an und nickte nur.

„Sehr gesprächig scheinst du wohl nicht zu sein, was?", stellte er fragend fest. Ich schluckte. Wieso war ich nur so feige? Wieso konnte ich nicht normal mit ihm reden?

Weil du es nicht wert bis, mit ihm zu reden.

Scheiß innere Stimme. „Ich heiße David. Und du?", versuchte er ein Gespräch aufzubauen. „Abby", flüsterte ich. Es war mir unangenehm. Alle starrten mich an. Er schien wohl einer von der beliebteren Sorte zu sein. Wieso sprach er mich an? Er müsste eigentlich denken, dass ich nicht existiere. Ich hatte keine gute Erfahrung mit beliebten Menschen gemacht. Sie waren einer der Gründe, warum es mir oft schlecht ging. „Schöner Name. Wenn du willst, kann ich dir zeigen wo das Sekretariat ist", schlug er mir vor. Was wollte er verdammt nochmal von mir? Wieso war er so nett? Niemand außer meiner Eltern war nett zu mir. Die Leute in dem Gang fingen schon an zu tuscheln und es wurde immer unangenehmer. Ich musste hier weg. „Danke für dein Angebot, aber ich finde es sicher selber", warf ich schnell ein und machte mich aus dem Staub, bevor David mir folgen konnte. Wäre er nicht so beliebt, hätte ich sein Angebot mit Sicherheit angenommen. Aber ich wollte mich, so gut es geht von beliebten fernhalten. Ziellos lief ich in diesem Labyrinth von Schule umher. Ich hatte keine Ahnung, wo sich was befand. Hier war einfach mal nichts ausgeschildert. Wo war dieses Sekretariat? Wieso konnten die hier keine Schilder aushängen? Ich blieb in einem Gang stehen.

Keine Ahnung wo ich jetzt hin musste.

Verzweiflung machte sich in mir breit. Wieso hatte ich nicht doch Davids Hilfe angenommen? Ich hörte jemanden leise hinter mir lachen. „Brauchst du immer noch keine Hilfe?" Ich drehte mich um und sah in Davids grinsendes Gesicht. „Ich...eh...ich", stotterte ich. Ich sah mich um. Keine Schüler weit und breit.

„Eh, ja wäre nett", stammelte ich vor mich hin.

Kapitel 2

Unsicher ging ich in den Raum, den David mir gerade eben gezeigt hatte. Der Unterricht hatte schon längst begonnen und ich war zu spät, was daran lag, dass ich das Sekretariat nicht gefunden hatte.

Vorsichtig klopfte ich an und hoffte innerlich, dass keiner in dem Raum sein würde. Ich wollte nicht in diesen Raum gehen. Ich öffnete die Tür und schaute vorsichtig hinein.

An dem Pult, stand ein älterer Herr, wahrscheinlich der Lehrer und ein paar Schüler saßen gelangweilt auf ihren Plätzen. Alle sahen mich neugierig an.

Und schon stehe ich wieder im Mittelpunkt.

Ich atmete leicht aus. „Hey, ich bin Abby. Eher gesagt Abigail. Aber alle nennen mich Abby", stammelte ich vor mich hin.

Alle nennen dich Abby? Das ich nicht lache. Wer nennt dich denn so? Du hast doch keine Freunde, die dich so nennen könnten.

Ich biss mir auf meine Lippe. Scheiß innere Stimme.

„Hey, Abby", sagte der Lehrer freundlich. „Ich weiß Bescheid, dass du kommen sollst. Allerdings habe ich dich etwas früher hier erwartet." Ich schaute beschämt zu Boden. „Ehm...Ich äh...habe das Sekretariat nicht gefunden." Ich konnte in der hinteren Ecke jemanden tuscheln hören. Das fing ja mal toll an. „Okay, kein Problem. Ich bin Herr Stang, dein Mathe Lehrer."

Er lächelte mich freundlich an. „Nimm doch bitte neben Mila Platz", forderte er mich auf. Ja.Toll. Und wer ist jetzt Mila? Ich sah mich um. Es gab genau drei Mädchen. Der Rest waren Jungs. „Was? Nein! Wieso soll die neben mir sitzen?", kam es aus der hintersten Ecke.

Ich sah hin, und sah dort ein Mädchen sitzen. Damit hätte sich dann auch geklärt, wer Mila war. Mich würde mal interessieren, wie sie ohne Schminke aussah.

Blonde Haare.

Stark geschminkt.

Leggins.

Nikes.

Hollister Pullover.

Sie war eines der Mädchen, die es auf jeder High School gab. „Mila, stell dich nicht so an" , wies der Lehrer sie zu recht. Sie wurde still und warf mir einen tödlichen Blick zu. Was machte ich nur immer falsch? Unsicher ging ich zu ihr hin und ließ mich neben ihr auf den Stuhl fallen.

Die ganze Aufmerksamkeit der Klasse lag auf mir. Herr Stang klatschte in die Hände und schon schauten sie alle von mir weg. Ich atmete erleichtert auf. Ich hasste Aufmerksamkeit. Meine Aufmerksamkeit richtete sich nun an Herrn Strang zu und stellte fest, das ich das Thema schon konnte. Neben mir, hörte ich Mila mit einem Mädchen tuscheln, was genauso aussah wie sie.

„Glaub mir, nicht mehr lange und Logan und ich werden ein Paar", schwärmte Mila.

„Ich kann es kaum fassen. Wenn du mit ihm zusammen kommst, wirst du das beliebteste Mädchen der Schule."

„Ja, ich weiß. Ich meine, ich bin ja jetzt schon ziemlich beliebt. Aber als Freundin von Logan, dem heißesten Boy der Schule", schwärmte sie weiter. Dieser Logan tat mir leid. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass diese Mila wirklich Gefühle für ihn hatte. Aber das hatte mich nun wirklich nicht zu interessieren.

Nach dem Unterricht, war Pause. Und ich hatte keine Ahnung, was ich machen sollte. Wo war das Mädchen, mit dem ich mich direkt am ersten Tag anfreundete? Irgendwie schien sie sich etwas zu verspäten. Ich seufzte auf. Mein Leben war eben kein Film.

Was hatte ich jetzt eigentlich für ein Fach? Wäre mal schlau, wenn ich nach schauen würde. Ich holte meinen Zettel aus meinem Rucksack um nachzusehen. Die Pause war schon so gut wie vorbei und alle Schüler strömten in das Schulgebäude. Während der Pause saß ich auf einer kleinen Mauer, etwas außerhalb der Schule und hatte meinen Apfel gegessen, während ich ein Buch auf Wattpad gelesen hatte.Ich hatte ja sonst nichts zu tun. Ich schaute auf meinen Stundenplan.

Freistunde

Na toll. Nichts gegen eine Freistunde, aber ich hatte keine Ahnung, was ich jetzt machen sollte. Also setzte ich mich wieder mit Schwung auf die Mauer und zog mein Handy aus meiner Hosentasche. Doch unglücklicherweise, rutschte es mir aus der Hand und flog auf den Boden.

Ich stöhnte auf. Natoll. Bitte sei nicht kaputt. Bitte sei nicht kaputt. Betete ich innerlich. Ich hob es auf und atmete erleichtert aus. Kein Riss.

Das hätte mir gerade noch gefehlt. Ich blickte auf und sah David vor mir stehen. Was wollte der denn jetzt hier?

„Hey, Abby", sagte er gelassen. Er erinnert sich an meinen Namen? „Hey?", gab ich fragend von mir. Was wollte er von mir? Gelassen schwang er sich auf die Mauer, wo ich bis gerade eben noch gesessen hatte. „Was hast du jetzt? Freistunde?", fragte er mich. „Ehm...ja...", sagte ich immer noch verwirrt. Was wollte er von mir?

„Gut, dann gehen wir zu Edeka", sagte er und sprang von der Mauer. Warte? Wir? „Äh...wir?", fragte ich verwirrt und schaute mich um. Er hatte ganz sicher jemand anderen gemeint. Aber es war keiner außer mir hier. Alle waren schon in dem Schulgebäude verschwunden.

„Ja? Oder hast du vor deine Freistunde alleine zu verbringen? Ist doch langweilig...", behauptete er.

Ich kenne es nicht anders. Ich war immer alleine. Selten unter Menschen. Vielleicht war jetzt der Zeitpunkt, an dem ich mich unter Menschen wagen sollte.

„Und...ehm...was willst du in Edeka?."

„Was wohl? Vorrat für den Schultag kaufen. Süßigkeiten, Schokolade, Energy Drinks, sonst überlebe ich den Schultag nicht. Also kommst du mit? Wenn jemand mitkommt, sehe ich nicht so verfressen aus", lachte er.

Deswegen wollte er mich mitnehmen?

„Also, denk jetzt nicht, dass ich nur deswegen mit dir dort hin will", sagte er, als könnte er meine Gedanken lesen.

„Ich finde einfach, dass du nett aussiehst und da du neu hier bist, wollte ich dir etwas Gesellschaft leisten. Und jetzt lass uns gehen." Er ging ein paar Schritte, nur um sich dann zu mir umzudrehen, da ich auf einem Fleck stehen blieb. „Hast du das gehen verlernt? Ist nicht so schwer, du setzt einen Fuß hinter den anderen..."

„Ich weiß wie man geht."

„Und wieso tust du es dann nicht?"

Ich atmete einmal tief aus. Das konnte doch nicht so schwer sein. Er scheint nett zu sein.

Der Schein kann trügen

Doch dieses Mal, beschloss ich mir mein Leben nicht von meiner inneren Stimme kaputt zu machen und ging vorsichtig auf ihn zu. „Keine Angst, ich beiße nicht", munterte er mich auf. „Ach, sag bloß. Ich dachte, du wärst ein Hund."

„Ne...Ein Hund hat Fell. Ich habe kein Fell. Meine Zunge hängt mir auch nicht immer raus und-..."

„Hab...hab ich das gerade laut gesagt?", fragte ich flüsternd. Er sah mich verschmitzt an. „Ja, ja das hast du.

Und wie waren deine ersten beiden Stunden?", versuchte er ein Gespräch mit mir aufzubauen.

„Ganz okay. Mathe mit Strang."

„Ahh... Hab gehört er hat Mila wieder mal rausgeschmissen?" Wann hatte er das denn bitte mitbekommen? Ich zuckte mit den Schultern. „Sie ist ja auch selber Schuld, wenn sie mitten im Unterricht ihr Deo raus holt und der Meinung ist, wie wild damit rum zu sprühen." David lachte kurz auf.„Das hat sie nicht getan?"

„Doch, und als Herr Stang sie rausgeworfen hat, meinte sie zu ihm, das er ein Deo auch mal gut vertragen kann.

Eine Frechheit finde ich so was." David lachte erneut.

„Lass mich raten, du magst sie nicht?"

„Ich kenne sie zwar nicht, aber du hast Recht. Und ich denke es beruht auf Gegenseitigkeit."

„Sag bloß du hattest mit Mila zu tun?"

„Ich saß neben ihr."

„Ernsthaft? Das erklärt dann wohl auch, wieso du so nach Deo stinkst."

„Ich werde es in den andern Kursen versuchen zu meiden.

Für Schminktipps, schaue ich mir lieber Turtorials auf Youtube an. Die sagen mir dann wenigstens wie es richtig geht und nicht was ich falsch mache." Erneut lachte David. „Also ich finde, im Gegensatz zu Mila schminkst du dich gut."

„Ich habe nur Wimperntusche drauf, mehr nicht."

„Sag ich doch. Du schminkst dich gut. Siehst natürlich aus."

„Ich bin einfach nur zu faul."

Und zu unbeliebt. Es interessiert doch sowieso keinen, wie du aussiehst.

Das hat nichts mit Faulheit zu tun. Du bist einfach nur schlau."

„Ich schlafe einfach nur gerne und hab keine Lust fünf Stunden vorher aufzustehen."

„Du kannst ja doch reden, wie mir gerade auffällt." Ich schwieg. Er hatte recht. Wann hatte ich das letzte mal so viel geredet? Keine Ahnung. Aber ich mochte es zu reden.

Im Edeka ging David zu den Kühlregalen und holte eine Packung Würfelkäse raus.

„David? Was willst du mit Käse?"

„Essen? Hab grad voll Bock auf Käse. Glaub mir, das schmeckt echt gut." Ich zog belustigt eine Augenbraue in die Höhe. Dann gingen wir weiter zu den Süßigkeiten.

Dort nahm David sich Haribos mit.

„Wieso nimmst du dir nichts?", fragte er mich.

„Hab kein Geld mit."

„Na und? Ich bezahle."

„Was? Nein, schon gut." Er verengte seine Augen zu schlitzen. „Sei nicht so stolz. Such dir aus, so viel wie du willst. Wenn nicht suche ich dir was aus." Am Ende hatte ich, eine Tüte Haribo, Pringles, Nic Nac's und zwei Dosen Energy in der Hand. Ich fühlte mich schlecht. Ich wollte nicht, dass er das alles für mich bezahlt.

„Ich gebe dir das Geld morgen wieder", wisperte ich.

„Mach keinen Blödsinn. Ich brauche das Geld nicht. Ich schenke es dir."

David und ich setzten uns unter einem Baum, welcher auf dem Schulhof stand auf den Boden und aßen die Sachen, die wir gekauft hatten. „Sag mal, kriege ich deine Nummer?", fragte David mit vollem Mund.

„Ne, tut mir leid. Ich brauch die selber."

„Kriege ich eine Kopie davon?"

„Was willst du mit der?"

„Dir schreiben? Unnötige lustige Bilder und Videos schicken..."

„Ich hab kein Whatsapp."

"Wie? Du hast ein Samsung Galaxy S 5 und kein Whatsapp?", fragte er verblüfft. „Woher weißt du, welches Handy ich habe?"

„Habe es vorhin gesehen...du hast kein Whatsapp?"

„Nope."

„Das ich das noch mal erlebe", murmelte er vor sich hin.

*

Ich stand an meinem Spind und suchte die Sachen für meine nächste Stunde raus. David war schon in seinem Unterricht, da er nur eine Schulstunde frei hatte und ich zwei. Die Schüler tummelten sich alle in den Gängen. Alle versucht aus diesem engen Gang raus zukommen.

Plötzlich wurde es etwas leiser. Die Menge fing an zu murmeln und teilte sich in der Mitte. So wie Moses damals das Meer. Drei Jungs in meinem Alter traten in mein Sichtfeld. Alle gut gebaut. Bildhübsch. Das Abbild einer Perfektion. Mein Mund öffnete sich leicht, doch ich schloss ihn sofort, als ich dies bemerkte.

Und dann, als ich ihn erkannte, drehte ich mich ruckartig mit meinem Gesicht zu meinem Spind und betete, dass er mich nicht erkannte. Dort stand er. Der Grund, warum ich hier war. Der Grund für all mein Leiden.

Logan Arianson

Was machte er hier?

Angespannt, stand ich mit dem Kopf an den Spind gelehnt, in der Hoffnung unerkannt zu bleiben. Ich wusste, das Logan weggezogen war. Aber nach Prescot? Ich war doch hier hin gezogen, um von meiner Vergangenheit loszukommen und jetzt holte sie mich wieder ein.

„Psst...sie sind weg", flüsterte ein Mädchen, das neben mir stand mir zu und ich fuhr erschrocken zusammen. Sie fing an zu lachen. „Sorry, wollte dich nicht erschrecken. Okay, irgendwie doch. Das sah einfach so einladend aus. Tut mir leid. Nimm mir das bitte nicht übel. Du bist neu hier oder?

Ich bin übrigens Alexa, aber nenn´ mich Lexie. Ich mag den Namen Alexa nicht. Und wer bist du?" Ich blinzelte verwirrt mit den Augen. Sie redete wie ein Wasserfall.

„Äh... Abigail...kannst mich aber Abby nennen."

„Abby. Finde ich gut. Aber sag mal... Ich wusste ja, das Logan, Ian, und Milan gut aussehen. Eigentlich gehört noch David dazu, aber der war gerade irgendwie nicht da, aber ich habe noch nie erlebt, dass jemand so von deren Schönheit geblendet war, dass er nicht hinsehen konnte.

Ernsthaft jetzt. Ich hatte das Gefühl, du drückst deinen Kopf gleich durch den Spind durch."

„Ich...äh...ja...ich...", stammelte ich, weil ich einfach überfordert war. Überfordert damit, dass sie soviel redete und das ich einfach nicht wusste, was ich sagen sollte.

„Jaja, ich weiß, dass sie gut aussehen", seufzte sie einmal und blickte verträumt durch die Gegend. „Vor allem Milan."Dann sah sie wieder zu mir. „Was für ein Fach hast du jetzt?"

„Äh...Geschichte."

„Ehrlich?", fragte sie erfreut. „Du weißt gar nicht, wie ich dich gerade liebe. Das ist der Kurs, in dem die ganzen Arroganten Spasten und Streber drin sitzen. Ich bin die einzige normale dort. Es ist immer so tot langweilig, was interessieren mich Menschen, die schon Tod sind? Ich habe da nichts zu tun, außer Milan anzuhimmeln. Und-..."

„Lexie, Lexie...", unterbrach ich sie.

„Halt mal etwas die Luft an." Sie sah mich entschuldigend an. „Tut mir leid", sagte sie reumütig. „Kein Problem.

Lass uns zu dem Raum gehen." Ich hatte seit langem nicht mehr so viel geredet wie heute. Vielleicht konnte ich hier tatsächlich einen Neuanfang schaffen.

Lexie hatte Recht behalten. In diesem Kurs, saßen tatsächlich ziemlich viele reiche Schnösel und Streber.

Mila, Ian und Milan waren drei von ihnen.

Aber es gab weitaus mehr. Die meisten von ihnen, erkannte man an deren arroganten Blick, oder sie trugen nur Marken Klamotten. Die Streber waren auch nicht sonderlich schwer zu identifizieren. Lexie war das einzige normale Mädchen. Und ich muss sagen, es machte echt Spaß ihr zuzuhören, auch wenn sie manchmal etwas zu schnell und zu viel sprach. "Gut, wir machen jetzt eine Gruppenarbeit. Ihr sollt die Ergebnisse dann auf einem Plakat vorstellen. Ich werde euch einteilen", erklärte uns gerade Frau Mann. Ja, sie hieß Frau Mann. Ihr Mann hieß dann wohl Herr Mann. Wie er wohl mit Vornamen hieß? Bestimmt Hermann Mann. Ich fing leicht an zu grinsen.

Herr Hermann Mann.

Was habe ich eigentlich für bescheuerte Gedanken? Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als ich zwei Gestalten vor mir und eine neben mir sitzen sah. Milan, Ian und Mila. Och Ne oder? Ich musste doch nicht mit denen zusammenarbeiten? „Du bist also Abby? Die Neue?", fragte Ian mich. Ich nickte nur. Sie waren beliebt.

Alle drei. Und ich wollte nicht mit beliebten in Kontakt kommen. „Ich hoffe, du kannst das. Ich nämlich nicht...

Mila kann sowieso nichts.", sagte Ian und warf ihr einen leicht verächtlichen Blick zu. „Hey, das stimmt doch gar nicht...", verteidigte sich Mila und die beiden fingen an sich zu streiten.

Ich warf einen leicht hilfesuchenden Blick zu Milan, der nur den Kopf schüttelte. „Das ist immer so. Die können uns nicht helfen. Dann bleiben wohl nur wir zwei." Und so machten Milan und ich das Plakat zu zweit zu Ende fertig. Er schien echt nett zu sein.

Kapitel 3

Logan

Ich öffnete meinen Spind und konnte schon von weitem Mila und Ian streiten hören. Ich stöhnte innerlich auf.

Mussten die beiden immer streiten? Sie konnten sich einfach nicht Leiden. Aber da Ian ein guter Freund von mir und Mila...Ja, keine Ahnung, was sie immer hier machte, auf jeden Fall, hing sie immer mit uns ab.

„Leute, jetzt seid doch endlich mal leise", rief Milan aufgebracht. „Aber er hat gesagt, dass-"

„Es ist mir scheiß egal, was er gerade gesagt hat! Ich bin genervt von euch...Wegen euch stehen Abby und ich, mit euch, wie Vollidioten da!"

„Tut mir ja leid, woher soll ich denn wissen, was die Ursachen für die März dingens waren?", rechtfertigte sich Ian. "Märzrevolution! Wie wäre es mit ablesen? Da stand groß und fett Ursachen für die Märzrevolution!"

Ja, tut mir leid..."

„Yo, Leute", kam es von hinten. Wir drehten und alle um und sahen David . Er warf gerade ein Stück Käse in die Luft und fing es mit dem Mund wieder auf.

„Von wo hast du den Käse?", fragte ich. „War mit Abby in der Freistunde in Edeka." Wer war Abby? Ich kannte mal eine. Als ich noch in Cambridge gelebt hatte. Ich mochte sie. Sehr sogar. Ich habe es geliebt Zeit mit ihr zu verbringen. Aber sie wollte, aus welchem Grund auch immer nie mit mir in der Öffentlichkeit gesehen werden.

Immer wenn ich in der Schule auf sie zukam, hatte sie Panik geschoben. 'Was machst du hier? Es darf uns keiner zusammen sehen.' Jedes mal lief es so ab. Und als es dann irgendwann die ganze Schule wusste, brach der Kontakt ab. Fand ich schade. Aber liegt in der Vergangenheit.

„Wer ist Abby?", fragte ich interessiert. Mila schnaubte verächtlich auf. „So 'ne neue. Musste heute in Mathe neben der sitzen. Kaum auszuhalten. Von wo hat sie ihre Klamotten? Von Kik?", fragte sie ironisch. „Ey, nichts gegen Kik. Meine Lieblingshose ist von Kik", warf David ein. „Kein Wunder, das du so billig aussiehst."

„Ich hab sie aber grad nicht an?"

„Oh tut mir leid. Du siehst immer billig aus. Auf jeden Fall, schminken kann sie sich auch nicht. Da kann das sogar meine Katze besser. Und ich habe nicht mal eine Katze", fuhr Mila fort. „Aber du hast doch einen Hund", sagte ich verwirrt.

„Ja und? Hunde können sich nicht schminken."

„Aber Katzen?"

„Nein, habe ich doch gerade gesagt."

„Hä? Aber...hä?" Ich verstand gerade irgendwie nichts mehr. „Ist doch auch egal", winkte sie ab. Dann klatschte sie in die Hände. „Also, wer kommt mit zu Hiro?"

Hiro, war ein kleiner Japaner, eigentlich Hiroshi, aber wir waren immer zu faul seinen Namen ganz auszusprechen, deswegen nannten wir ihn Hiro, der einen kleinen Diner etwas auserhalb der Stadt führte. Wir saßen oft dort, vor allem da es etwas unbekannter war und dort nicht so viele Menschen hinkamen. Okay, es kam auf die Tageszeit an.

Wir stimmten alle zu und machten uns auf den Weg zu Hiro, dessen Diner Bansan hieß. Das Japanische Wort für Diner. Wir betraten das kleine Diner und gingen direkt auf unseren Stammtisch zu. Kaum saßen wir, kam auch schon Hiro auf uns zu. „Guten Tag. Freunde. Was ihr wollen essen?", fragte er uns im gebrochenem Deutsch und Japanischem Akzent. „Moin Hiro. Geri shite imatsu", sagte David und wir schauten ihn alle verwirrt an.

„Du kannst Japanisch?", fragte ich ihn verwirrt.

„Mein Cousin kann es. Er hat mir paar Sachen beigebracht." Ich sah wieder zu Hiro, der David komisch anschaute. „Du wissen, wo Toilette. Ich nicht wissen muss deine Darmprobleme. Geh bevor machen mir auf die Stühle." David sah ihn verwirrt an.

„Was habe ich denn gesagt?", fragte er verlegen.

„Das du haben Durchfall."

Abby

Ich schloss die Tür auf, zog meine Jacke und meine Schuhe aus, ging in die Küche, wo meine Mutter am Kochen war und ließ mich auf einen Stuhl fallen. „Und wie war dein erster Schultag?", fragte meine Mum mich und drehte sich dabei zu mir um. „Ganz okay", gab ich ehrlich zu. Es war wirklich besser als erwartet. Lexie schien nett zu sein und David ebenfalls. „Sicher?", fragte sie zögerlich. Sie machte sich immer noch große Vorwürfe, dass sie nicht mitbekommen hatte, dass ich gemobbt wurde. „Ja, es war wirklich ganz okay",beruhigte ich sie. „Okay. Und...hast du schon Freunde gefunden?", fragte sie vorsichtig nach. Ich biss in den Apfel, den ich mir gerade eben genommen hatte. „Naja, Freunde kann man nach einem Tag nicht sagen. Aber ich habe ein paar nette Leute kennen gelernt, die eines Tages vielleicht sogar meine Freunde sein könnten." Meine Mutter lächelte. „Das freut mich. Aber wenn irgendwas passieren sollte, du weißt, dass du immer zu mir kommen kannst oder?"

„Natürlich weiß ich das Mum."

*

Ich stand gerade in dem Aldi, welcher nur 5 Minuten zu Fuß von uns entfernt war. Ich hatte beschlossen ein neues Leben anzufangen. Und dazu musste ich versuchen mich anzupassen. Und hier war ich, um den ersten Schritt zu tun. Mir eine neue Sim-Karte zu kaufen. Ich wollte wieder Whatsapp haben, aber hatte Angst, dass ich noch Nachrichten auf meiner alten Nummer hatte. Deswegen wollte ich mir jetzt eine neue kaufen.

Nachdem ich dies getan hatte, ging ich raus um die frische Luft in mich einzusaugen. Perfektes Wetter um joggen zu gehen. Ja, ich sollte wirklich mal wieder joggen gehen. Zu Hause angekommen, stellte ich die Sim-Karte in mein Handy und lud mir Whatsapp runter.

Ich hatte keine Kontakte auf meinem Handy, aber das wollte ich versuchen demnächst zu ändern. Ich ging zu meinem Schrank und suchte mir Sachen zum Joggen aus.

Da es draußen trotz dem schönen Wetter frisch war, zog ich mir eine lange gemütliche Hose und einen bequemen Pullover an. „Mum, bin draußen", rief ich meiner Mutter zu, während ich meine Laufschuhe anzog. „Sei zum Abendessen bitte wieder da."

Ich lief einfach die Straße entlang. Ich wollte mich nicht verlaufen. Während ich lief, sah ich mich um. Irgendwann bemerkte ich, dass hinter einer Absperrung ein kleiner See lag. Ich blieb kurz stehen und sah mich um. Kein Mensch zu sehen. Sollte ich es wagen? Ach, scheiß auf die Absperrung. Ich ging etwas drumherum und fand eine Lücke in dem Zaun. Na wer sagts denn, geht doch.

Vorsichtig kletterte ich durch die Lücke und sah mich um.

Ich war umgeben von Bäumen, welche sich dem Himmel entgegen steckten. Weiter hinten war tatsächlich ein See.

Ich ging zu dem See und setzte mich auf eine erhöhte Stelle und ließ meine Beine in der Luft baumeln. Mein Blick schweifte über den Ausblick und ich fing leicht an zu grinsen. Hier würde ich definitiv öfters hinkommen.

Mein Blick fiel nach unten aufs Wasser. An der Stelle wo ich war, ging mir das Wasser sicherlich bis zur Brust. Im Sommer konnte man hier bestimmt gut schwimmen. Aber jetzt, im Herbst, fast schon Winter würde es wohl etwas frisch werden. Ich saß eine Weile auf der Stelle und merkte, wie ich langsam anfing zu frieren. Hier war es ziemlich windig. „Hey, was machst du hier?", hörte ich plötzlich jemanden von hinten rufen.

Ich zuckte zusammen und drehte mich um. Zu schnell wohlgemerkt, denn das nächste was ich spürte, war das ich fiel und dann Wasser. Natoll, ich war ins Eiskalte Wasser gefallen. Zitternd und prustend kam ich an der Wasseroberfläche an. „Sag mal spinnst du?", fuhr ich die Person an, der ich das zu verdanken hatte.

„Was hab ich denn damit zu tun? Du bist doch selber reingefallen", spottete er. Eindeutig ein Junge.

„Nachdem du mich erschreckt hast."

„Kann ich doch nichts für, dass du so schreckhaft bist."

Was fiel ihm ein? Mittlerweile, war ich an der Stelle angekommen, wo ich runter gefallen bin. Ich hatte vorhin tatsächlich recht gehabt. Das Wasser ging mir bis zur Brust. Ich schaute auf die Anhöhe. Toll, wie sollte ich da jetzt hochkommen? Ich streckte meine Arme nach oben, aber bekam gerade noch so den Anfang der Anhöhe zu fassen. Ich kann mich dort doch nie im Leben hochziehen.

„Brauchst du Hilfe?", fragte der Unbekannte belustigt. Ha, hätte er wohl gerne. „Nein", sagte ich und versuchte mich wieder hoch zu hieven. Was mir misslangt. Er sah mich immer noch belustigt an. „Sicher?"

„Ja." Er zuckte mit den Schultern. Dann setzte er sich neben mich auf die Anhöhe und ließ so wie ich eben die Füße über dem Wasser baumeln. Ich konnte seinen Blick auf mir spüren, nachdem mein Versuch hochzukommen wieder misslungen ist. „Ist was?", drehte ich mich genervt zu ihm. Jetzt konnte ich ihn genauer betrachten. Davor konnte ich ihn nicht eindeutig erkennen. Mein Atem stockte. Das konnte doch nicht sein. Das durfte nicht sein.

„Nein, mach nur weiter, wenn du hier rauskommst, solltest du mal anfangen Klimmzüge zu üben. Dann wärst du jetzt schon längst draußen. Ich kenn da 'nen Prima Fittnesstudio. Wenn du sagst, dass du mich kennst, bekommst du Rabatt."

„Halt die Klappe", zischte ich ihn an.

„Wie heißt du eigentlich? Kann es sein, dass ich dich von irgendwo her kenne? Du kommst mir irgendwie so bekannt vor." Mir wurde schlecht. Er durfte mich nicht erkennen. „Ich glaube nicht. Ich würde mich daran erinnern, wenn ich so einen Idioten wie dich kennen würde." Er lachte leise und fasste sich an seine Brust.

„Autsch. Das hat wehgetan."

„Das hat dein Ego dringend mal gebraucht."

„Du kommst mir tatsächlich bekannt vor. Wie heißt du?"

Ich bekam Panik. „Finde es raus", sagte ich unter stöhnen, da ich gerade einen erneuten versuch gestartet habe, auf die Anhöhe zu kommen. Vergeblich.

„Hm...Margret? Hildegard? Sophie? Amy? Clara? Lina? Ina? Tina? Soll ich weiter machen?"

„Tu was du nicht lassen kannst", grummelte ich und startete einen neuen Versuch.

„Irina, Katharina, Karina, Steffi, Jessy, Lara, Melek, Esther, Joline, Celine..." Ich stöhnte genervt auf. „Halt die Klappe Logan und lass mich in Ruhe." Er hielt inne und sah mich intensiv an. „Woher kennst du meinen Namen?" Meine Augen weiteten sich. „Äh...ich...du...du siehst aus wie ein Logan...Du erinnerst mich an den Logan aus Big Time Rush", stotterte ich.

„War das denn richtig?"

„Allerdings..." Er sah mich immer noch intensiv an.

„Ich bin mir sicher, dass ich dich kenne."

„Ich kenne dich aber nicht...Kannst du mir vielleicht doch helfen? Mir ist kalt", wimmerte ich. Er stand auf und reichte mir seine Hand, die ich annahm. Oder eher gesagt annehmen wollte. Denn er zog sie wieder zurück.

„Ich helfe dir, wenn du mir deinen Namen sagst." Er sah mich auffordernd an. „Philadelphia" Er zog eine Augenbraue in die Höhe. „Philadelphia?"

"Ja." Das war nicht mal gelogen.

Mein voller Name war Abigail Philadelphia Summer Ich fragte mich ernsthaft immer wieder, was meine Eltern für Drogen genommen hatten, als sie mir diesen zweiten Namen gegeben hatten. Von diesem Namen wusste niemand, außer meine Eltern und meine Verwandten.

Nicht mal Logan, den ich seit dem Kindergarten kannte, hatte diesen Namen jemals zu hören gekriegt.

„Du heißt ernsthaft Philadelphia?"

„Ja. Anscheinend mochte meine Mutter zur Zeit meiner Schwangerschaft Frischkäse. Kannst du mir jetzt bitte helfen?" Er seufzte und reichte mir seine Hand, die ich annahm. Es war komisch. Ich hätte nie im Leben gedacht, dass ich seine Hand noch einmal anfassen würde. Mit einem Ruck zog er mich hoch. Doch er war wohl etwas zu stark. Denn nur kurz darauf lagen wir auf dem Boden. Ich mit nassen Klamotten auf ihm.Sofort rappelte ich mich auf. „Tut mir leid, aber ich glaube ich sollte gehen...",

sagte ich schnell und lief davon, bevor er mich doch noch erkannte. Das er mich nicht erkannte, wunderte mich nicht. Ich hatte mich verändert. Meine damals Schulter langen blonden Haare hatte ich mir gefärbt. Ich sah anders aus. Außerdem hatte ich angefangen mich zu schminken.

Nicht stark, aber immerhin etwas. Und Logan hatte mich nicht einmal geschminkt gesehen.

Logan

Ich starrte Philadelphia hinterher. Irgendwas stimmte nicht. Ich war mir sicher, dass ich sie kannte. Aber ich wusste einfach nicht woher. Aber diese blauen Augen. Wo hatte ich sie gesehen? Langsam ging ich wieder zurück nach Hause. In der Küche, saßen meine Mutter und mein Stiefvater Tim. Wegen ihm sind wir nach Prescot gezogen.

Ich setzte mich gerade an meinen Platz, als meine Stiefschwester Kim und mein Stiefbruder Noah den Raum betraten und sich ebenfalls auf ihre Plätze setzten.

„Wo ist Lara?", fragte Kim. Lara war meine kleine Stiefschwester. Wie ihr seht, hatte Tim ziemlich viele Kinder. „Sie isst bei Pia mit." Ich mochte meine Familie.

Vor allem mit Noah kam ich gut klar.

Manchmal vermisste ich meinen Vater. Er ist gestorben, als ich ich zwölf Jahre alt war. Ich habe mich komplett hilflos gefühlt. Dachte, ich wäre alleine auf der Welt. Die einzige die mich auf andere Gedanken bringen konnte war....Und mit einem mal, machte es Klick in meinem Kopf. Jetzt wusste ich, woher ich diese blauen Augen kannte.

Abby.

Kapitel 4

Abby

Schwer atmend kam ich zu hause an. Hoffentlich hatte Logan mich nicht erkannt. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass er mich erkannt hatte, war gering.

Ich sah anders aus als damals. Ich ging in mein Zimmer, holte mir Sachen zum Duschen heraus und ging ins Badezimmer. Nachdem ich mich geduscht und angezogen hatte, ging ich in mein Zimmer und nahm meinen Laptop und startete einen Film.

Das Schicksal ist ein mieser Verräter.

Eigentlich hasste ich diesen Film. Egal, wie oft ich ihn mir anschaute ich fing immer wieder an zu weinen. Aber ich brauchte das jetzt einfach. Mein Schicksal war ebenfalls ein mieser Verräter. Wieso musste Logan in Prescot sein? Wie sollte ich jetzt zur Schule gehen? Früher oder später, würde er mich doch sowieso erkennen. Aber ich musste versuchen, das so weit wie möglich hinaus zuschieben.

Heulend saß ich auf meinem Bett. Wieso musste er sterben? Wieso war das Leben so unfair? Ich schniefte einmal kurz auf. Kack Film ist das. Lassen die ihn einfach sterben. Ich griff nach links, um mir ein Taschentuch zu nehmen, stellte jedoch fest, dass alles leer war. Natoll.

Mühsam quälte ich mich auf und lief zur Tür. Ich brauchte neue Taschentücher. Ich öffnete die Tür und lief gegen eine Person. Wer stand denn hier im Weg rum?

Ach, bestimmt Luca. Mein Bruder, der mittlerweile 23 war, wollte uns irgendwann diese Woche in unserer neuen Stadt besuchen kommen. Er studierte hier in der Nähe, in Liverpool. Das war einer der Gründe, warum wir ausgerechnet nach Prescot gezogen sind. Es war nicht weit weg von Liverpool und wir könnten so meinen Bruder etwas öfter sehen. Ich schaute hoch. Moment.

Das waren nicht Lucas Augen. Diese waren grün. Und die von Luca waren braun. Mein Mund öffnete sich leicht, als ich erkannte wer vor mir stand. „Abby?", fragte er mich.

Ich schwieg. Wie kam er hier her? „Wie...wie hast du es herausgefunden?", fragte ich flüsternd. Jetzt war es doch sowieso egal. Er wusste es doch schon. Seine Augen weiteten sich. „Du bist es wirklich..." Und dann schlang er seine Arme um mich. Einfach so. Zuerst verkrampfte ich mich. Doch dann fing ich an mich zu entspannen und erwiderte die Umarmung. „Woher wusstest du, dass ich es bin? Und wie hast du mich gefunden?"

„Ich wusste es einfach. Ich meine, du bist in den See gefallen. Das kannst nur du gewesen sein. Ich hab einfach alle Häuser hier in der Gegend mit deinem Nachnamen abgeklappert und gefragt, ob Abby da ist..."

„Du hast bei allen Häusern auf das Schild geguckt?"

„Nein? Es gibt so was wie ein Telefonbuch", lachte er.

„Aber...aber wieso?", fragte ich immer noch geschockt darüber, dass er hier stand. „Ich habe einfach meine alte beste Freundin vermisst", sagte er mit einem verlegenem Grinsen. „Und deswegen klapperst du um..." Ich sah auf die Uhr, an meinem Handgelenk. „10 Uhr Abends alle Häuser in der Nähe ab?" Saß ich wirklich so lange in meinem Zimmer? Anscheinend schon.

„Ja. Natürlich. Ich musste dich einfach wiedersehen."

Und dann entstand eine peinliche Stille. „Ehm...willst du vielleicht in mein Zimmer reinkommen?", fragte ich zögerlich. Er nickte. „Ja, gerne." Ich öffnete die Tür und er trat hinter mir ein. Als er auf mein Bett sah, fing er an zu grinsen. „Welchen Film hast du dir angeguckt? Titanic? Oder Cap und Capper?" Ich sah ihn verwirrt an. Woher wusste er, dass ich einen Film gesehen hatte? Dann sah ich auf mein Bett und bemerkte die ganzen Taschentücher auf meinem Bett. Oh... „Nichts vom beiden", sagte ich. Und ja, bevor ihr fragt, ich weine bei Cap und Capper. Einem Disney Film. Das war voll traurig, als die Oma den rausgesetzt hat. „Und was dann?", fragte er und schmiss sich auf mein Bett. „Das Schicksal ist ein mieser Verräter"

„Ist das nicht der, wo am Ende der Junge stirbt?"

Ich schniefte kurz auf. „Sei doch nicht so Herzlos."

„Ist doch nur ein Film", lächelte er.

„Ein Film, der sehr gut gemacht wurde."

„Kann ich nichts zu sagen, hab den nie geguckt, auch wenn Kim den immer mit mir gucken wollte."

„Kim?", fragte ich interessiert. „Ja, lange Geschichte.

Können, also können wir wieder Freunde sein? So wie früher?", fragte er verlegen. Ich schaute auf seine Hand, die er mir entgegen hielt. „Logan, ich...ich weiß nicht..."

Er nahm meine Hand in seine. „Bitte Abby..." er schaute mich mit seinen grünen Augen bittend an.

„Unter einer Bedingung." Er sah mich abwartend an.

„Ich will nicht mit dir in der Öffentlichkeit gesehen werden..."

„Aber wieso? Ist das denn so schlimm?"

„Nein, ist es nicht. Aber sieh mal, du bist beliebt, sehr beliebt sogar. Jedes Mädchen auf dieser Schule träumt davon auch nur einmal mit dir zu reden...Und dann bin da ich. Ich hasse es einfach im Mittelpunkt zu stehen. Und wenn die in der Schule wissen das ich mit dir zu tun habe, stehe ich 100% im Mittelpunkt..."

„Woher weißt du, dass ich beliebt bin?", fragend zog er eine Augenbraue in die Höhe. „Hab dich heute in der Schule gesehen...Du glaubst nicht, wie die Mädels dich alle angestarrt haben..." Er lachte belustigt auf.

„Du gehst auf meine Schule? Hast du heute zufällig Milan, Ian, Mila und David kennen gelernt?" Ich nickte.

„Mit David war ich in Edeka, in Mathe saß ich neben Mila und mit Milan habe ich ein Geschichtsplakat zusammen gemacht."

*

Ich ging gerade in die Küche, wo meine Eltern noch in der Küche saßen und Tee tranken. Das taten sie immer Abends. "Du glaubst nicht wie...", fing Logan an, der mir in die Küche gefolgt war, hielt jedoch inne, als er meine Eltern sah. „Oh...Ehm...Hey, Mrs. und Mr. Summer...",

sagte er verlegen. Ich schaute zu meinen Eltern. Während meine Mutter ein Dauergrinsen auf dem Gesicht hatte, schaute mein Vater Logan leicht wütend an. Ich seufzte auf. Das mein Vater und Bruder diesen Beschützer Instinkt hatten nervte manchmal wirklich.

"Mum, Dad erinnert ihr euch noch an Logan?" Die Augen meiner Mutter fingen an zu strahlen.

„Natürlich. Ich habe ihn reingelassen. Wie könnte ihn ihn denn nur vergessen. Er hat mir damals doch diese schönen Blumen gekauft." Jap, Logan hatte meiner Mutter Blumen gekauft, als er ihren Lieblingsbecher kaputt gemacht hatte.

Er hatte ziemlich starke Schuldgefühle. „Ja, genau der."

„Deine erste große Liebe?", fragte sie mit einem Grinsen auf den Gesicht. Ich verschluckte mich an meinem Wasser, welches ich gerade getrunken hatte.

„Mum? Er steht hier im Raum", zischte ich. Ja, ich war in ihn verliebt. Aber ich wusste, dass ich nie eine Chance hatte. Aber er war halt meine heimliche Jugendliebe.

„Ich weiß. Deswegen habe ich das ja auch gesagt. Du sollst dich endlich mal aufraffen. Er ist so ein toller Kerl...

Seine Mutter ist auch noch nett... Der perfekte Schwiegersohn...Den kannst du von mir aus heiraten..."

„Mum..." Mein Gesicht war mit Sicherheit rot wie eine Tomate. „Ich...eh...Ich bringe Logan zur Tür", murmelte ich und drehte mich um. An der Tür stand ein grinsender Logan. Ich begleitete ihn zur Tür. Vorsichtig schloss ich die Tür hinter mir. Logan war immer noch am grinsen.

„Ich war also deine erste große Liebe?", fragte er amüsiert. „Was? Nein! Meine Mutter redet Schwachsinn.

Sie findet dich einfach toll...und-"