Die meisten Geschichtsdarstellungen1 sagen für Dithmarschen, dass es nach 1300 fast keinen Adel und damit keine adligen Güter in Dithmarschen gab. Marten/Mäckelmann formulieren noch einfach,2 dass „der Adel zuerst in der Marsch und später auch auf der Geest erlosch, und die Adligen, die im Lande blieben, wurden einfache Bauern.“ Heinz Stoob3 sagt differenzierter: „Soweit der Adel nicht um 1300 außer Landes ging, dem kraftvoll über das ganze Land ausgreifenden Geschlechterwesen das Feld überlassend, vermochte er durch geschickte Anpassung an das neue Sozialgefüge seinen Einfluss auch fernerhin zu behaupten.“Und Nis R. Nissen4 erläutert, dass noch 1281 Beglaubigungen von Urkunden von „Vögten“ und „milites“, beides fraglos Vertreter des Adels, erfolgt seien; in den folgenden Jahren verschwänden jedoch bereits die „milites“, die Adligen, aus dem Lande.5 Mit dem Erstarken der Kirchspiele im 13. Jahrhundert verloren auch die Vögte ihre Bedeutung.
Bis zur Eroberung Dithmarschens 1559 waren adlige Güter bzw. Rittergüter, wie sie sonst in Schleswig und Holstein anzutreffen sind, in Dithmarschen also unbekannt. Danach versuchte der holsteinische Adel auch hier Land und Gutsgerechtigkeit zu erwerben. Im Mitteldrittel wollte Herzog Johann zu Hadersleben bereits 1572 den Landkauf unterbinden.6 Im königlichen Süderdrittel erwarb Josias von Qualen als Amtmann von Steinburg und Gouverneur im Süderdrittel Dithmarschens ab 1571 Ländereien. König Friedrich II. schritt jedoch 1579 energisch ein und verlangte, den Kauf rückgängig zu machen,7 da dies seinen eigenen Interessen zuwiderlief, denn Adelsgüter waren von Steuern und Abgaben weitgehend befreit. Die persönliche Steuerfreiheit des Adligen wurde auf seinen Landbesitz übertragen, so dass der Besitznachfolger die Freiheiten auch dann mit erwarb, wenn er nicht dem Adel angehörte; dies sieht man deutlich an der Geschichte des Gutes Lütjenhastedt.8
Lediglich Heinrich Rantzau als Statthalter des Königs in Dithmarschen konnte ohne Schwierigkeiten größeren Landbesitz erwerben, da er beim König in hohem Ansehen stand. Am 31. Juli 1578 kaufte er für 6500 Reichstaler von den Erben Claus Rantzaus († vor 1570), der seit 1564 der Begründer des Gutes war und der erste königliche Amtmann von Süderdithmarschen, „dat Hus und Gut to Lütkenharstede mit aller togehörigen Fry und Gerechtigkeit“ und konnte sogar trotz der oben genannten Verfügung des Königs seine Ländereien um Kleinhastedt mehren und meliorisieren und auf dem Gut prachtvolle Gebäude errichten.9 Heinrich Rantzaus Sohn Geert Rantzau verkaufte das Gut 1600 an den König für 17.775 Reichstaler, und damit mit einer erheblichen Wertsteigerung. Im 17. Jahrhundert jedenfalls waren adlige Hofbesitzer in Süderdithmarschen mehrfach anzutreffen. Allein die Kirchenbücher von Süderhastedt für 1680–176210 nennen „Caspar von Roden aus Südergartstede“, „Margareta von Roden“, „Marx von Schonen in Eggstede“, „Claus von Schonen in Eggstedt“.
Zur Geschichte dieses Gutes Kleinhastedt von 1564 bis 1696 erschien im Dezember 2000 im Heft 4 der Zeitschrift „Dithmarschen“ (Seiten 98–103) ein Bericht. In diesem standen die Gebäude und ihre Besitzer im Vordergrund, neben Heinrich Rantzau insbesondere Balthasar Hans von Buchwald,11 aus einer Nebenlinie des großen Geschlechts der Buchwaldt (Bockwoldt) in Schleswig und Holstein. Dieser Baltzer Hans von Buchwald nimmt unter den Pächtern bzw. Besitzern einen besonderen Rang ein, da er 1680 sein sogenanntes „Erdbuch“ anlegte, in welchem er Nachrichten über Zustand der Gebäude und Abgrenzungen des Hofbesitzes hinterließ. Er legte dieses Erdbuch an, weil seine schriftlichen Zeugnisse über den Hof bei einem Brand im September 1675 vernichtet worden waren.12 Buchwald hatte die Pacht des Hofes 1660 von seinem verstorbenen Vater Wulf von Buchwald übernommen und kaufte ihn 1677. Schon 1627 im 30-jährigen Krieg hatten die Gebäude durch kaiserliche Truppen starken Schaden genommen; es gab kaum mehr Pferde und Vieh, die Heuerleute waren mehrheitlich verstorben, so dass König Christian IV. dem damaligen Pächter Wulf von Buchwald eine Reduzierung der jährlichen Pacht von 800 auf 500 Mark lübsch genehmigte: „ mit dem ehrsamben unserem lieben getreuen Wulf von Buchwalden wegen Gebrauchung unseres Hofes Lütgenharstede dahin contrahiert und geschlossen, dass derselbe 500 Mark lübisch zur jährlichen Heuer oder Abgift in unser Dithmarscher Amtsregister, so lange bis der jetzige Mangel an Pferden und Vieh mit der Zeit ersetzet und der Hof im vorigen besseren Stand wiederum gebracht worden,… entrichten und geben soll.“13 Außerdem beauftragte er seinen Landvogt in Dithmarschen, die Schäden zu besichtigen und reparieren zu lassen. In einer Urkunde werden diese genau aufgelistet und Reparatur angeordnet: „Erstlich an dem großen Viehstalle, so 20 Werke lang, muss das Dach ganz neu gedeckt werden.“14 Bis 1653 scheinen sich die wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem Gut wieder verbessert zu haben, denn König Friedrich III. gestattet Wulf von Buchwald „einen bei Klein Hadtstedt in der Heide gelegenen und dahin gehörigen Ort Klein Rade15 einzunehmen und zu bebauen“.16
Dieser Wulf von Buchwald besaß bereits, bevor er Kleinhastedt pachtete, ein Haus in Burg, das er 1625 verkaufte.17 Dieser Kaufvertrag wurde auf dem Gut Lütjenhastedt geschlossen, weil der Käufer Johann Boie dort wohnte, wie eine Akte nachweist [siehe Anhang 1.1]. 1649 wird Buchwaldt königlicher Hegereiter in Süderdithmarschen. 1631 stiftet „der edle ehrenfeste Wulf von Buchwald, Inhaber des Gutes Lütken Hastedt der Kirche Süderhastedt 50 Mk. oder deren Zinsen“; in der Folgezeit werden in den Kirchenvisitationsprotokollen 1632–1648 „3 Mk. 5ß 6ϑ Rente“ dafür eingenommen.18 Noch 1702 und 1703 vermerkt dieses Kirchenvisitationsprotokoll Zinsen „wegen Frau Anna von Buchwald“. Auf einer undatierten Seite, wahrscheinlich zu 1660, heißt es, „dass mit Frau Anna von Buchwaldt und dem Kirchspiel wegen ihres sel. Ehemannes Wulf von Buchwalds Begräbnisses ein Vergleich geschlossen worden ist, dass sie der Kirche noch 14 Mk. bezahle und dieser Streit damit aufgehoben sein solle. Im übrigen wollen die Kirchspielleute sich vorbehalten, dass sie niemandem ohne des Kirchspiels Bewilligung gestatten, dass er in der Kirche begraben werden soll.“ Beim Geld hörte halt auch damals der Dank für Spenden auf. Es heißt nämlich weiter, „dass sich die Prediger sehr beklagen, dass ihnen ihr Salarius nicht bezahlt wird.“
Die Witwe Anna von Buchwald verkaufte als Eigentümerin von Kleinrade diesen Hof am 11.10.1695, nach dem Tod ihres Sohnes Wulf am 5. Mai 1695.19 Wahrscheinlich ist dieser ein Sohn des oben genannten Wulf von Buchwald und damit Bruder des Balthasar von Buchwald. Wulf von Buchwald jun. tritt in demselben Kirchenbuch noch zwei Mal als Taufpate auf, 1682 bei Claus Sote auf Kleinrade und 1683 bei Jacob Moller in Süderhastedt.20 Die Mutter muss kurz darauf verstorben sein, denn am 11.12.1695 heißt es „sel. Frau Mutter Miterben“. Wulf von Buchwald sen. wird 1660 in der Kirche Süderhastedt beigesetzt,21 das Gut Kleinhastedt wird am 11. Juli 1666 an Nikolaus von Merlau verkauft.22 Der König behielt sich jedoch das Vorkaufsrecht (ius reluitionis), die Landschaft Süderdithmarschen erhielt das Näherverkaufsrecht (ius protemiseos).23 Wulf von Buchwald sen. hatte mit seiner Frau Anna (mindestens) vier Kinder: Detlef,24 1668 als Kirchspielschreiber in Meldorf gestorben, eine Tochter Magdalena verheirate Boie, ein zweiter Sohn, namentlich nicht genannt, aber vielleicht Wulf jun., und als dritten Sohn eben den Baltzer Hans von Buchwald.
Mit ihm beginnt nun ein längerer Streit mit den Bauern, deren Ländereien sich mit denen des Hofes Kleinhastedt berührten; diese Streitigkeiten dauerten wohl bis 1680, denn in seinem Erdbuch (Seite 11) gibt er an, dass jetzt Grenzsteine und -pfähle stehen „die als eine beständige Scheidung zwischen Großenrade, Frestedt und seinem Hofe nach vielem Streit und Vergleich gesetzt worden seien.“ Um die richtigen Grenzen wieder zu erreichen, die die Bauern insbesondere in Großenrade und Frestedt eigenmächtig und unrechtmäßig in früheren Jahren zu ihren Gunsten verändert hatten und die nun auf ihrem vermeintlichen „Recht“ beharrten, musste Buchwaldt gegen diese prozessieren. Er schreibt, er habe „bey angetrehtenem besitz dieseß hofeß viehle ungelegenheit, streihtt und proces annemen müßen, maßen sie ein mehreß weder ihnen zugehorig, in langen iahren in gebrauch gehabt und dahero alß ein recht pretendiret“. Er wolle dieses Erdbuch erstellen nach solcher Art, dass alle Stücke gleichsam als eine Kette aneinander hängend von einem zum andern angezeigt und benannt werden.
Auch mit der Kirche Süderhastedt hatte er Streit. Dabei spielte wohl auch sein Anspruch eine Rolle, dass er eine Sonderstellung als adliger Gutsherr einnehmen dürfe. Er und sein Vater Wulf von Buchwald sprechen denn auch in diversen Urkunden im Landesarchiv Schleswig aus den Jahren 1631–1684 vom Hof, aber auch vom „Gut Lütken Hastede“, eine Bezeichnung, die auch der König für diesen Hof verwendet. Buchwald führte einen Streit mit der Kirche Süderhastedt wegen Kirchenschatzungen, von denen er befreit war wegen „der praescribierten Immunität seines Hofes Lütgenhastedt“.25 Die Kirche hatte 1683 eine Sondersteuer erhoben, einen „Kirchenschatz zur Erhaltung der Kirche und der Priesterhäuser“. Buchwald als „Eingepfarrter“ müsse die Gebühr auch entrichten,26 er verweigert jedoch die Zahlung mit dem Hinweis, dass sein Hof frei von solchen Abgaben sei. Der gerichtliche Streit zieht sich über mehrere Instanzen lange hin, mit wechselndem Erfolg. Am 5. Okt. 1687 entscheidet Friedrich Graf von Ahlefeld,27 dass Buchwald bei künftigen Kirchenschatzen zahlen müsse, von alten Forderungen aber freigestellt wird. Am 24. April 1689 entscheidet das Glückstädter Gericht im Namen Kg. Christian V. jedoch zu Gunsten Buchwaldts, dass der „Kläger Baltzer Hans von Buchwaldt bei der präscribirten Immunität seines Hofes Lütgenhastedt von dem Kirchenschoße zu schützen“ sei. Daraufhin ergeht erneut von den „gesamten Eingepfarrten des Kirchspiels Süderhastedt“ eine vierseitige, eng beschriebene Klage an den König mit einigen Anlagen „wegen verweigerter Kirchencollecte oder Tribut“. Geschickt argumentiert der Verfasser, wahrscheinlich ein Jurist, dass ja zuerst der Amtmann entschieden habe, dass Buchwald zu zahlen habe; er lässt weg, das nur die künftigen Abgaben gemeint sind, legt aber den Wortlaut der Entscheidung vom 5. Okt. 1687 als Anlage A bei. Dann geht der Verfasser auf frühere Zeiten ein, sagt, dass Magdalena Rantzau (eine Verwandte Heinrich Rantzaus, von der dieser den Hof Kleinhastedt kaufte) solche Umlagen „gerne mit contribuieret“ habe und „sich dagegen nie gesperret“ habe; Anlage C sind Auszüge aus dem Kirchenbuch Süderhastedt, die für 1570–1586 Zahlungen von Magdalena und Heinrich Rantzau bezeugen (24ß bis 6 Mk. 7ß). Dann erhebt der Autor moralische Vorwürfe, dass „von Buchwaldt in der Kirchen die besten Kirchengestüelte mit seinem gantzen Hofe betrete, seine Todten daselbst bestättige und in allen Not- und in anderen Fällen unserer Priester und deren Ambts sich mit seinem ganzen Hofe bediene“. Buchwald sei dann in zweiter Instanz vor die Glückstädter Regierungskanzlei gegangen, die entschied, dass „bei der vorgeschützten Immunität seines Hofes Lütjenhastedt des Kirchenschoßes wegen zu lassen sei“. Außerdem sei es Schuld der „einfältigen blöden alle Jahre wechselnden Kirchenvorsteher“ gewesen, und die Baumeister seien „wegen allertiefsten Respektes und Ehrerbietung [gegenüber Buchwald] zur Eintreibung zu blöde gewesen“. Nun geht der Verfasser zu Drohungen mit kirchlicher Macht über; dabei benutzt er einen Entwurf, wahrscheinlich vom Pastor.28 Sollte „von Buchwald wider seine Pflicht dem Gotteshaus und dessen Dienern die Kollekten nicht reichen wollen, so soll er [ganz in christlicher Nächstenliebe] bei Sterbe- und anderen Fällen als ein forensis [Auswärtiger, Fremder] angesehen und von dergleichen christlichen emolumentis [Segnungen] ausgeschlossen sein.“ Die Akte enthält kein endgültiges Urteil des Königs.
Im Landesarchiv Schleswig liegen mehre umfangreiche Akten zu diesen gerichtlichen Streitigkeiten, Abt. 102. II, Nr. 158, 159, 160. Darin finden sich Gerichtsunterlagen über viele Streitigkeiten zwischen Baltzer Hans von Buchwald und angrenzenden Dithmarscher Bauern aus den Jahren um 1652 bis 1695. In diesen Akten finden sich auch zwei sehr interessierende Stücke.
Neben dem hier abgedruckten Original „Erdbuch des Baltzer Hans von Buchwald“ aus dem Privatbesitz von Christian und Nils Köhler in Kleinhastedt, das heute beim Verein für Dithmarscher Landeskunde aufbewahrt wird, gibt es
- zum einen ein in braunes Leder gebundenes Büchlein von 140 Seiten, von denen 72 Seiten beschrieben sind,29 mit dem Titel „Richtige Specification und auffsatz deß Hofeß Süder- oder Lütke Hatstet“, mit dem auch das Original-Erdbuch beginnt. Dieses „braune Büchlein“ wurde 1695 für den Verkauf des Gutes an die Landschaft Dithmarschen als Kopie des Original-Erdbuches angelegt. Auf dem hinteren Deckel ist aufgeschrieben „Des Gutes Hatstedt ErdtBuch mitt dreyen beylagen, ergangener achtungen, so von mier nachgesucht und corrigirt, übergeben an die deputirten von der Lantschafft, und darnach angewiesen ao 1695 den 7. Maii. No 6.“30
- zum zweiten ein Heft, ebenfalls „Richtige Specification“ genannt, in sehr schöner Handschrift, wohl eine Abschrift aus dem „braunen Büchlein“.
Das hier vorgestellte „Erdbuch“ ist das „Original“. Es ist viel umfangreicher als die beiden anderen Exemplare, es wurde bereits 1680 angefangen, es ist nach dem Verkauf des Hofes weitergeführt worden.
Im Jahre 1694 verkaufte Buchwald den Hof schließlich und pachtete ihn sofort wieder für 2 Jahre. Danach verliert sich seine Spur. Auf Seite 101 der Zeitschrift Dithmarschen vom Dezember 2000 hieß es dazu: „Wohl noch während der Pachtzeit muss Buchwald gestorben sein, da die Pacht für ihn nicht verlängert wurde und da am 20. Januar 1696, also noch vor Ablauf der Pachtzeit, die Landschaft den Hof weiterverpachtete. Von ihm selbst hat man nichts mehr gehört.“31 Der Verkauf geschah wohl an den dänischen König, der sein Vorkaufsrecht einlöste.
Bei Recherchen zu anderen Fragen fand ich jedoch weitere Spuren von ihm. Im Jahre 1696 ist er nach Meldorf verzogen und hat sich dort als Bürger eintragen lassen. Das Neubürgerbuch Meldorf32 verzeichnet ihn für 1694 als „Herr Balster Hans von Buchwald“; wahrscheinlich hat er in diesem Jahr ein Haus in Meldorf gekauft. Im Archiv der Stadt Meldorf liegt das handschriftliche Original.33 Darin ist von den für die Aufnahme neuer Bürger zuständigen „Sechsern“ an zweiter Stelle von sieben eingetragen worden: „Anno 1696 hat Herr Balstar Hans von Buchwalt sein Einfadelgelt34 entrichtet mit 10 Mk. und wird ihm deswegen erlaubt, frei aus- und einzuziehen nach seinem Belieben.“ Eine genauere Datierung ist nicht gegeben. Baltzer Hans von Buchwald ist nicht auf Kleinhastedt verstorben, sondern kurz vor Ablauf der Pachtzeit Anfang 1696 nach Meldorf gezogen. Es befindet sich jedoch kein Eintrag im Sterbebuch Meldorf für die Jahre 1696–1716.
Eine zweite Quelle weist ihn im Dezember 1694 [sic] in Meldorf im Klosterviertel aus. Die im Stadtarchiv Meldorf liegenden Haus- und Einwohnerlisten der fünf „Viertel“ Meldorfs35 vom 18. Dez. 1694 wurden von Landvogt Christian Gude36 und Propst Stephan Clotzius erstellt, um Steuern von den Hausbesitzern für eine neue Feuerspritze und für das Reparieren der alten zu erheben. Die Häuser sind taxiert von 12 Schillingen bis 3 Mark, zusätzlich für einen Stall 6 Schillinge bis 2 Mk. 4 ß. Die Listen nennen in Meldorf insgesamt 404 Häuser, davon 73 für das „Kloster- oder Lilienviertel“, in dem an sechster Stelle „Baltzer Hans von Buchwalten Haus 3 Mk., dessen Stall 1 Mk. 8 ß“ genannt ist. Sein Haus gehörte also zu den größten. Es ist anzunehmen, dass Buchwald bereits 1694 das Haus im Klosterviertel Meldorfs besessen hat, sich aber erst 1696 als Bürger hat einschreiben lassen. Eine Urkunde im Meldorfer Stadtarchiv37 beschreibt eine gütliche Einigung zwischen Baltzer Hans von Buchwald und Nachbarn. Er hatte seinen Stall an der Straße „Breiter Weg“, womit auch die Lage des Hauses näher feststeht,38 um 3 Fach nach Norden verlängert; die Bürgersechs bemängelten, dass der „Tropfenfall von den drei Fachen nunmehr auf den Bürgergrund fallen könne“. Man einigte sich durch eine Dachkonstruktion derart, „dass der Tropfenfall nicht in oder über den Rinnstein fallen könne“. Buchwald hat demnach bereits 1696 seinen Stall am Meldorfer Wohnhaus erweitert. Dazu passt, dass er das Haus schon 1694 erworben hat.
In den Süderhastedter Kirchenvisitationsprotokollen 1604–181839 gibt es für das Jahr 1700 einen Eintrag „wegen seiner Frau Liebsten Begräbnis 60 Mark“. Seine Frau Catharina Margaretha ist also am 18. Mai 1700 in Süderhastedt beerdigt worden, er selbst lebte also 1700 noch. Ein Fund in den Akten des Gutsarchivs Breitenburg, eine gedruckte Leichenpredigt40 für diese Catharina Margaretha von Buchwald, liefert die oben genannten und weitere Informationen.
In dieser Leichenpredigt heißt es, dass Catharina Margaretha von Buchwaldt, Ehefrau des königlichen Oberförsters, von vornehmen Eltern geboren war am 20. Mai 1645 zu Stade im Herzogtum Bremen. Ihr Vater war der „hoch-edle und groß-mannhafte“ Johann Huedwalcker, vieljähriger Capitän bei der Infanterie des dänischen Königs; ihre Mutter war die „hoch-edle, groß-ehr-und tugendreiche Catharina Huedwalcker“. Die adlige Familie Hudwalker war erbgesessen im Kirchspiel Osten, nördlich Bremervörde. Die Ehe mit Baltzer Hans von Buchwald war 1661 ganz üblich arrangiert worden, die Braut war 1661 „ehelich versprochen“ worden, am 16. Mai 1661 fand die „Heimführung und hochzeitliche Vollziehung“ statt. Die Braut war bei der Hochzeit allerdings erst 16 Jahre alt, vielleicht hat diese Tatsache Köhler/Steinhäuser veranlasst, das negative Bild von Buchwald zu beschreiben. Catharina Margaretha war am 20. April 1700 krank geworden mit Fieber, und starb am 1. Mai 1700, fast 55 Jahre alt. Siehe dazu Anhang 3.4.
Sowohl Baltzer Hans von Buchwald selbst wie auch seine Kinder und die Verwandten auf Kleinhastedt sind mit der dörflichen Umgebung verwoben, sie erscheinen keineswegs als die entrückten und feindlichen Adligen aus den Darstellungen des frühen 20. Jahrhunderts. Hierzu passt auch, dass Wilhelm Johnsen41 Wulf von Buchwald, den Vater des Baltzer Hans, als „Unechten von Adel“ zitiert. Das negative Bild von Baltzer Hans von Buchwald, dass insbesondere Johannes Köhler und Martin Steinhäuser vermitteln, muss zurecht gerückt werden.
- Es ist richtig, dass Buchwaldt ein streitbarer Mann gewesen ist, der versuchte, sein Recht gerichtlich einzuklagen. Und wenn er damit nicht immer Erfolg hatte, so liegt dies weniger daran, dass seine Kontrahenten Recht hatten, sondern dass bei dem Brand seines Hofes 1675 sämtliche Besitzunterlagen verbrannt waren und er keine Nachweise führen konnte. Johannes Köhler42 macht aus ihm eine Spukgestalt, „die Dithmarscher ließen ihn später als bösen Geist umgehen“.
- Zu diesem Charakterbild passe angeblich, „dass er sich 1661, offenbar ohne Wissen der Eltern, heimlich durch einen früheren Feldprediger mit der 15-bis 16-jährigen Katharina Margarethe habe trauen lassen“. Dies ist nachweislich falsch.
- Martin Steinhäuser43 wiederholt die „Tatsache, dass man ihn nach seinem Tode als bösen Geist umgehen ließ“ und fügt hinzu, „dass er [als Geist] später in dem Wohnhaus den Hahnenbalken44 immer wieder herausgerissen habe, so oft er auch wieder eingesetzt worden sei“. Beide vermitteln eher den Aberglauben und die sagenhafte Ablehnung der Dithmarscher dem Adel gegenüber. Wulf von Buchwald und Baltzer Hans von Buchwalds Frau wurden in Ehren beigesetzt, letztere gar mit einer Totenrede des Propstes, die Baltzer Hans in Glückstadt 1700 drucken ließ.
- Der Streit um Besitz von Ländereien ging wesentlich von den dithmarscher Bauern aus Frestedt und Großenrade aus, die bereits vor der Übernahme des Hofes durch Baltzer Hans von Buchwald Ländereien illegal nutzten und daraus das Recht herleiten wollten, dass das so bleiben müsse. Unter Magister Johannes Brehmer wurde der Streit geschlichtet und wahrscheinlich auch die oft beschriebenen Grenzsteine und -pfähle errichtet. Solche illegalen Grenzveränderungen durch die Bauern waren wohl nicht die Ausnahme, sondern eher üblich. Auch noch 1774 gibt es einen Rechtsstreit wegen „von Claus Rudolph Möller in Krumstedt unternommener Veränderung der Gränze zwischen dem Torfmoor des Klägers Marcus Friedrich Fries vom Lütjenhastetter Hof und der Wische des Beklagten zu Osten der Weddel bei Krumstedt.“45 Dieser Marcus Friedrich Fries hatte den Hof 1773 gekauft und verkaufte ihn 1783 wieder.
Auch eine Großzügigkeit von Wulff von Buchwaldt, der einer alten schwerhörigen Frau gestattet hatte, einen seiner Kirchenstühle vorn in der Kirche zu benutzen, missbrauchten deren Erben, um daraus ein Anrecht auf diesen Kirchenstuhl zu erheben.
Auszüge aus dieser Leichenpredigt von Propst Henricus Hahn lassen ein Bild der Familie Buchwald entstehen, auch wenn sich, wie in allen Leichenpredigten so auch hier, nur lobende und ehrende Worte finden, keine kritischen. Der Propst sagt, dass zu der Beisetzungsfeier für die verstorbene Frau Catharina Margaretha die „Anwesenden in ansehnlicher Frequenz erschienen“. Die Kirche war wohl nicht leer! Weiterhin haben „ich und mein Haus an derselben nicht allein eine aufrichtige, vertrauliche und werte Freundin, sondern auch eine wohltätige, freigebige und gütige Gönnerin verloren.“ Selbst nach Abzug von üblichen Lobpreisungen in Leichenpredigten bleibt die Aussage „sehr werthe Frau Schwieger- und Freundin“ des Propstes.46 Die in der Leichenpredigt verstreuten Angaben zur Person der Catharina von Buchwald lassen erkennen, dass sie Kinder und Enkelkinder hatte47 und mehrere Schwiegersöhne. Kinder und Schwiegerkinder sind jedoch alle erwachsen.48 Als Trauernde werden vom Propst genannt: „Herr Witwer, Herren Söhne, Frau Tochter, Herren Schwiegersöhne, Schwester.“49
Die Angaben zur Person am Ende der Leichenpredigt führen an, dass Catharina Margaretha von Buchwald am 20. Mai 1645 zu Stade von vornehmen Eltern geboren wurde, ihr Vater war der sel. Herr Johan Hudwalker,50 vieljähriger königlicher Kapitän der Infanterie, ihre Mutter war die sel. Catharina Hudwalker, die früh verstorben war; die Mutter stammte aus Brunsbüttel, war eine Tochter des Kirchspielschreibers Andreas Boldt und der Armgard aus dem Geschlecht der Wasmer. Nach dem frühen Tod der Mutter ist Catharina Margaretha einige Jahre in Altona bei der Frau Bürgermeister Goldbach aufgewachsen. Sie heiratet mit fast 16 Jahren am 16. Mai 1661: „Auf vorher geschehener vornehmer Personen Anwerbung [wurde] diese sel. Frau an den H. Balthasar Hans von Buchwald anno 1661 ehelich versprochen und darauf am 16. Mai 1661 die Heimführung und hochzeitliche Vollziehung der verabredeten und versprochenen Ehe erfolget.“ Diese Angabe widerspricht der negativen Darstellung von Johannes Köhler51 über eine heimliche Entführung und Trauung durch einen „Feldprediger“. Aus der Ehe gingen acht Kinder hervor, vier Söhne und vier Töchter, von denen beim Tod der Mutter noch 2 Söhne und eine Tochter leben. Die Tochter Anna Margaretha von Buchwald52 war seit dem 16. Okt. 1689 verheiratet mit dem „Oberleibchirurgen“ Johannes von Buchwald, einem Doktor der Medizin. Eine zweite Tochter Catharina, die 1683 als Taufpatin auftritt,53 muss schon verstorben sein; es wird jedoch von Schwiegersöhnen, im Plural gesprochen. Auch die beiden noch lebenden Söhne sind namentlich genannt. Der ältere Detlev von Buchwald konnte als königlicher Leutnant der Infanterie nicht an der Beisetzungsfeier für seine Mutter teilnehmen, der jüngere Sohn Wolff Ernst tritt 1695 auch als Taufpate auf.54 Auch Balthasar Hans von Buchwald ist einmal als Taufpate nachweisbar.55
Die Buchwaldt sind durchaus auch mit Meldorf verbunden. Detlef von Buchwald, Bruder unseres Baltzer Hans von Buchwald, war Kirchspielschreiber in Meldorf, wie oben erwähnt; und Catharina Margaretha von Buchwald tritt am 1. Sept. 1661 als Taufpatin für die Tochter Eva des Rektors der Meldorfer Gelehrtenschule Samuel Lübeck56 auf. Frau Catharina Margaretha von Buchwald wurde am 20. April 1700 krank, begab sich zu Bett, hatte Fieber. Ärzte und Medizin konnten nicht helfen. Der Propst wurde als Beichtvater gerufen. Sie starb nach 39 Jahren Ehe am 1. Mai im Alter von 55 Jahren.
Wie oben schon erwähnt, waren Balthasar Hans von Buchwald und seine Frau Catharina Margareta 1696 nach Meldorf gezogen und hatten dort das Einschreibgeld bezahlt. Nach 1700 verliert sich jedoch die Spur, kein Todeseintrag für Balthasar in den Kirchenbüchern Süderhastedt oder Meldorf. Vielleicht müsste er nun in Meldorf spuken und nicht in Kleinhastedt.
Vom Hof Hattstedt in Kleinhastedt bei Süderhastedt existieren einige Abbildungen, die eine Vorstellung von seiner Anlage vermitteln. Zwei von den dreien sind in dem Werk veröffentlicht, das die „Rantzausche Tafel“ beschreibt,57 deren Anfertigung Heinrich Rantzau 1586 in Auftrag gab und die 1591 oder etwas später fertiggestellt bzw. ergänzt worden ist.58 Die Tafel enthält den Stammbaum des Geschlechts Rantzau, und innerhalb der beiden Profilleisten des 7,5cm breiten Eichenholzrahmens, der das Ölgemälde einfasst, sind 50 ca. 4cm x 4cm große farbige Ölbildchen Rantzauscher Besitzungen angebracht, darunter die des hier interessierenden Herrenhofes „Hattstedt“59 bei Süderhastedt.
Vom Hof Hattstedt existieren außerdem zwei „etwas voneinander abweichende Kupferstiche“; der eine erschien 1587 mit den übrigen im Druck, der andere 1590.60 Die Abbildung des Kupferstichs von 1590 ist hier mit aufgenommen.61
Das Wohnhaus und die Wirtschaftsgebäude liegen an den drei Seiten des viereckigen Hofes; die freie vierte Seite mit dem Toreingang ist durch Palisaden gesichert. Heinrich Rantzau selbst berichtet:62 „Hattstedt ist der Besitz des Kimbrischen Statthalters Heinrich Rantzau, in Dithmarschen gelegen, in überaus fruchtbarer und anmutiger Gegend. Nachdem er es mit eigenen Mitteln erworben, mit einem Wall umgeben und prachtvolle Gebäude errichtet hatte, erhielt er vom mächtigen König Friedrich II. von Dänemark die hohe und die niedere Gerichtsbarkeit über die Ländereien dort.“ Der Wall erscheint im Vordergrund, im Hintergrund ist von ihm nur unscharf etwas zu erkennen. Auf den Graben, der zum Wall hinzugehört und von dem heute noch Reste vorhanden sind,63 wird im Kupferstich, unten rechts, ein Hinweis gegeben durch eine stark schraffierte Stelle.
Nach der Eroberung Dithmarschens 1559 durch Dänemark war das Land geteilt worden, zunächst in drei, 1582 dann in zwei Teile. König Friedrich II. von Dänemark erhielt die südliche Hälfte (seit 1582 Süderdithmarschen genannt) und setzte dort als Amtmann zu Steinburg und seinen Statthalter den Grafen Claus Rantzau ein. Dieser ist der Begründer des Hofes Hattstedt im Kirchspiel Süderhastedt. Er kaufte ab 1564 in mehreren Kirchspielen Dithmarschens Land zusammen, wobei die Ländereien der Bauernschaft in Süderhastedt den Hauptanteil stellten.64 Dazu erwarb er noch Teilflächen in einer Reihe der benachbarten Gemeinden, ohne dass von Seiten des Königs oder von Seiten der Dithmarscher Bauern zunächst Einspruch dagegen erhoben wurde.65 Anton Vieth66 nennt als Heinrich Rantzaus Besitz „Lütkenharstedt“ und „Kramstedt“ bei Sarzbüttel, und nur drei weitere adlige Höfe zu „Fredestall“ für Benedict von Ahlefeld, zu „Sarzbüttel“ für Melchior von Ahlefeld und zu „Fridrichshof“ für Josias von Qualen.
Nach dem Tode Claus Rantzaus (vor 1570) wurde Josias von Qualen 1571 Amtmann in Süderdithmarschen. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger konnte er seine Pläne zum Landerwerb nicht verwirklichen. Er scheiterte am Unwillen des dänischen Königs Friedrich II. Als dieser im Januar 1579 in Krempe weilte, erfuhr er von dem umfangreichen Landankauf des Josias von Qualen und ließ an ihn den Befehl ergehen, die angekauften Güter wieder abzutreten, da ihm der Kauf ungelegen sei. Ein ausdrückliches Verbot, Land an den Adel zu verkaufen, bestand bis dahin im kgl. Süderteil Dithmarschens allerdings noch nicht; der Landkauf von Qualens war vielmehr Anlass für ein solches Verbot. Im Mittelteil Herzog Johanns war um 1578 ein Mandat, das Landankauf durch den Adel verbot, bereits bekannt.67 Heinrich Rantzau aber, dem nach Claus Rantzaus Tod dessen Witwe Magdalena und ihre Söhne Paul und Breide 1578 die Ländereien ihres Mannes mit dem Freihofe südlich Süderhastedt verkauft hatten, für 6500 Taler,68 erfreute sich hoher Gunst seines Königs. Er konnte trotz der königlichen Verfügung von 1579 sein Eigentum an Land vermehren sowie meliorisieren. Auf dem Hofe ließ er die vorhandenen schlichten Gebäude, besonders das Wohnhaus, ansehnlicher gestalten, und der so entstandene Herrenhof "Hattstedt" bildete fortan den Mittelpunkt des von Claus Rantzau und von ihm selbst zusammengebrachten Landbesitzes. Nach eigenen Angaben habe er für den Hof die gutsherrliche Gewalt erhalten,69 eine Neuerung in Dithmarschen, wo adlige Landgüter bis dahin allgemein unbekannt waren, vor allem deren Steuer- und Abgabenfreiheit.
Im Mittel- und im Norderdrittel des dreigeteilten Dithmarschen wollten die Herzöge Johann und Adolf den Landaufkauf durch den Adel unterbinden, vorwiegend wohl, weil ihnen selbst dadurch Einnahmen und Einfluss entgingen. „Anno 1572 den 1. April hat Hertzog Johannes zu Hadersleben verordnet, daß niemand von Dero Unterthanen einig Bunden Land oder Güter, freyen Leuten, oder denen von Adel solle versetzen, verkauffen, verbeuten oder verpfänden.“70 In einem Schreiben des Landvogtes Christian Boje an Herzog Johann vom 7. Juli 157871 beschwert sich dieser darüber, dass „einer vom Adel, mit Nhamen Jochim Blome, ein stücke guts mit achtzehen morgen Landes ungefehr alhir in E.F.G. [Euer Fürstlichen Gnaden] gebiete zur Streiwisch belegen… vor 6000 Mk. gekaufft, und willens sein solle, uff vorberürtem gute zu whonen… Dieweiln aber solchs wider E.F.G. mher verordentes Mandat, alse daß solchs keinem vom Adel dieses orts verstattet noch zugelassen werden solle. So bitte ich undertheniglichen, E.F.G. wollen sich jegen mir in gnaden erkleren, wes ich mich in diesem vhall hinfürder zu verhalten.“ Am 4. Juli 1585 verbot auch Herzog Adolf für Norderdithmarschen den Landverkauf an Adlige: „Ihr wollet nun hinfürter… keinem von Adell einig Landt versetzen, verpfänden, vielweniger Verkauffen.“72
Nach Heinrich Rantzaus Tod erhielt 1599 sein Sohn Gert (†1627) durch König Christian IV. die Statthalterschaft in Süderdithmarschen; und er übernahm den Hof Hattstedt, behielt ihn aber nicht lange, sondern verkaufte ihn, wohl aus finanziellen Gründen, im Jahre 1600 an den dänischen König, der sein Vorkaufsrecht (ius reluitionis) einlöste, für 17.775 Taler.73 Das ist eine erhebliche Wertsteigerung gegenüber dem Kaufpreis (6500 Taler) vom Jahre 1578. In den Jahren nach 1600 wechselte der Hof verschiedene Besitzer bzw. Pächter. 1630 verpachtete Detlef Rantzau als Amtmann von Steinburg das Gut an Wulf von Buchwald. Während des Schwedisch-polnischen Krieges (1655–1660) wurden die alten „prachtvollen Gebäude“ des Hofes stark beschädigt, nachdem sie im 30-jährigen Krieg durch kaiserliche Truppen 1627 bereits Schaden erlitten hatten; und 1675 vernichtete ein Brand die Gebäude des Hofes völlig.74 Unter Balthasar Hans von Buchwald (genannt Baltzer, Balster), Pächter des Hofes Hattstedt ab 1660, ab 1677 dann Besitzer,75 waren bereits nach 1660 neue Wirtschaftsgebäude errichtet bzw. das stark verfallene Wohnhaus wieder instandgesetzt worden.
Balthasar Hans von Buchwald nimmt einen besonderen Rang ein unter den verschiedenen Besitzern bzw. Pächtern des Hofes, verdankt ihm die Nachwelt doch eingehende Kenntnisse von der Größe seines Hofes. Um diese zu beschreiben, legte er 1680 das Erdbuch an,76 in dem alles „Inventar“ des Hofes sowie alle dazugehörigen Besitzungen mit ihren Grenzen verzeichnet sind. Dadurch wird „ein einigermaßen abgerundetes Bild“ vom Hof und seinen Ländereien vermittelt.77 Auch die nach 1660 neu errichteten Gebäude werden im „Erdbuch“ genannt, dazu Gegenstände in der St. Laurentius-Kirche zu Süderhastedt. Siehe den Text im Erdbuch auf Seiten 79–80.
Die Grenzen seiner Ländereien hatte Balthasar Buchwald aus eigener Anschauung bestimmt und geriet dadurch in dauerhaften Streit mit den Bauern, deren Ländereien sich mit denen des Hofes berührten.78 Offensichtlich wurde er der Auseinandersetzungen schließlich müde, so dass er am 16. Nov. 1694 seinen Freihof für 8200 Reichstaler verkaufte, und zwar an die Landschaft Süderdithmarschen; aber am selben Tage pachtete er den Hof noch einmal für zwei Jahre. Dann ist er nach Meldorf in sein dortiges Haus gezogen. Die Pacht ist für ihn nicht verlängert worden, und am 20. Jan. 1696, also noch vor Ablauf der Pachtzeit, hat die Landschaft den Hof weiterverpachtet. Von ihm selbst hat man nichts mehr gehört.79
Mitte des 18. Jahrhunderts (1742/44) erhielt die Landschaft Süderdithmarschen vom dänischen König durch Kauf das Gut mit Hof zur freien Verfügung. Sie parzellierte die Ländereien, die damals, und damit wohl auch zu Heinrich Rantzaus und zu Buchwaldts Zeiten, etwa 650 ha Land umfassten, und verteilte die Parzellen als Einzelhöfe, auch den Haupthof, an verschiedene Besitzer.80 Insbesondere die zum Gut Kleinhastedt gehörenden Höfe in Krumstedt, Bargenstedt und Burg gingen an andere Besitzer. Damit endete die Existenz des Gutes "Hattstedt" bzw. Lütjenhastedt oder Kleinhastedt, obwohl auch in den folgenden Jahrzehnten immer noch vom Hof Lütjenhastedt gesprochen wird, weil er in seinem Zentralbesitz in Süderhastedt weiter bestand.
Am 20. Juni 1863 werden als (die größeren) Besitzer an den Ländereien des ehemaligen Gutes Lütjenhastedt und des Wischhofes Kleinrade genannt81 Johann Christian Köhler zu Lütjenhastedt mit 136 Tonnen, Benjamin Wrage Ehefrau daselbst mit 54 Tonnen, Marten Sachau auf Kleinrade mit 115 Tonnen, Hans Sachau daselbst mit 49 Tonnen.
Insgesamt werden 492 Tonnen Land aufgezählt.
Am 1. Juli 1863 werden als „Parzellenbesitzer des ehemaligen Lütjenhastedter Hofes“ genannt Marx Ruge und Hans Jacob Schuldt.
Das ehemalige adlige Gut Lütjenhastedt war in der Erinnerung der Bevölkerung noch keineswegs vergessen. In einem Schreiben der Süderdithmarscher Landvogtei vom 30. Juni 1860 heißt es einleitend immer noch: „Das ehemalige Gut Lütjenhastedt mit dem später davon abgelegten Wischhofe Kleinrade wurde den darüber vorhandenen historischen Nachrichten zufolge alsbald nach der Eroberung des Landes Dithmarschen von dem Amtmann Claus Ranzau gegründet, der um 1564 die dazu gehörigen Ländereien von den angrenzenden Dorfschaften zusammen kaufte. Nachdem das Gut sich bis zu Ende des 16. Jahrhunderts im Besitz der Familie Rantzau befunden, ging es durch Kauf auf andere Besitzer über, bis es in die Hände der Regierung [des dänischen Königs] gelangte, welche es unterm 30. Oktober 1742 in öffentlicher Auktion für 8200 dänische Kronen mit allen Pertinenzen, namentlich den in den Dorfschaften Burg, Krumstedt, Bargenstedt und Leersbüttel belegenen Ländereien, Freiheiten und Gerechtigkeiten, namentlich mit der Freiheit von allen Oneribus und Schatzungen, ausgenommen etwas weniges Herrengeld,… an die Landschaft Süderdithmarschen zum freien Eigentum verkaufte.“ Das Gut hatte danach verschiedene später auch häufig wechselnde Besitzer bis 1789, als die beiden Schwäger Köhler das Gut kauften. Seit dieser Zeit bis heute ist es im Besitz der Familie Köhler, die es bewirtschaftet, und die auch das hier beschriebene „Erdbuch“ und die Kaufverträge der früheren Besitzer im Privatbesitz haben. Sie haben mir dies freundlicherweise sehr großzügig zur Verfügung gestellt, wofür ich herzlich danke. Das Original-Erdbuch hat Christian Köhler 2013 dem Verein für Dithmarscher Landeskunde gestiftet.
Im Jahre 1788/89 erwarben die Vettern und zugleich verschwägerten Johann Christian Conrad Köhler und August Friedrich Köhler, sie hatten Schwestern geheiratet, beide aus der Familie Köhler in Gera/Thüringen stammend, für 8000 Reichstaler den Haupthof mit 207 ha Land. Die Vettern teilten ihn so auf, dass Johann Christian Conrad den Stammhof mit dem Herrenhaus und 104 ha Land erhielt, August Friedrich den Nebenhof mit Mühle und 103 ha Land. Aber dieser überließ seinen Anteil bereits 1793 seinem Vetter und Schwager Johann Christian Conrad für 3399 Reichstaler. Damit lag der Haupthof wieder ganz in einer Hand.82
Die Photographie zeigt den Hof um 1950. Die erhaltenen Gebäude, Wohnhaus (links hinten, quer) und ein Wirtschaftstrakt, entsprechen in ihrer Lage noch ganz derjenigen aus Rantzaus Tagen. Heutiger Besitzer ist Nils-Kristian Köhler, geb. 1964.
Nach der Eroberung Dithmarschens 1559 ordneten die drei neuen Landesherren das Gerichts- und Verwaltungswesen neu. In jedem Landesdrittel wurde ein Landvogt und je acht Räte eingesetzt; hinzu kam je ein Landschreiber, der die Steuern erheben und abrechnen sollte und bei den Gerichtsverhandlungen das Protokoll führte. Im Jahre 1567 wurde das neue dithmarscher Landrecht in Kraft gesetzt. 1581 war das Land wegen des Todes von Herzog Johann dem Älteren nun zweigeteilt in einen königlichen Süderteil und einen gottorfschen Norderteil. Seit 1637 sollten die Kirchspielvögte und die übrigen Gevollmächtigten ihre Nachfolger selbst wählen, nach 1643 mit Vorwissen des Landesherrn von den Kirchspielseingesessenen.83
Der jeweilige Kirchspielvogt als landesherrlicher Beamter musste zum Beispiel in Süderdithmarschen laut der 1642 abgefassten Verfahrensform Voraussetzungen über Grund- und Hausbesitz und Vermögen erfüllen, um in seiner Amtsausübung finanzielle Sicherheit gegen das Wirtschaften in die eigene Tasche zu gewähren.84
Nachdem der König den Hof Lütjenhastedt 1694 wieder eingelöst hatte, verkaufte er ihn 1743/44 an die Landschaft Süderdithmarschen, die ihn parzellierte und weiterverkaufte. Insbesondere die weiter außerhalb liegende Höfe in Kleinrade, Krumstedt, Bargenstedt und Burg werden extra verkauft worden sein, der Kernhof blieb erhalten.
Die Windmühle südwestlich des Hofes wurde am 13. Mai 1744 verkauft an den damaligen Müller Hans Jürgen von Hellm, zusammen mit Haus und Hof, Mühle, etwas Pflug- und Wischland „cum pertinentibus“ für 1500 Mark.85 Der Käufer zahlt 300 Mark sofort und in vier Jahresraten jeweils 300 Mark nebst 5% Zinsen. Es bürgen dafür Jürgen Friederich Leefeldt aus Meldorf und Christian Diederich Heesch aus Windbergen.
Über die weiteren Verkäufe des Hofes Lütjenhastedt von 1744 bis 1789 gibt es im Privatbesitz von Christian Köhler in Kleinhastedt Abschriften von 1837 der Verkaufsverträge.
- 1744 verkauft die Landschaft Süderdithmarschen an Heinrich Nicolaus Matthießen in Burg, Kirchspiels- und Landvogt, am 4. Februar 1744.
- 1744 erwirbt Hans Hinrich Weiß, Pensionär in Krummendeich, den Hof für 10.500 Mark, am 24. November 1744.
- 1749 verkauft dieser „Hans Hinrich Weiß auf Kleinen Hastädt an Hans Hadenfeldt aus Meißbostel im Kirchspiel Hohenwestedt,86… seinen bei Süderhastedt belegenen Hof Kleinen oder Lütjenhastedt genannt,… bestehend in ein Wohnhaus, Futter-Scheune, Stall und Backhaus mit den dabei gehörigen Schlechhölzern und Brettern, auch Hilden und Boden,… ausgenommen dasjenige was davon bei Kleinem Rade und der Mühle gelegen ist,… mit aller dafür gehörigen Freiheit und Gerechtigkeit… in Summa umb und für 20.150 Mark, schreibe zwanzig Tausend Einhundert und funfzig Mark. Burg den 21. Juli 1749.“87
- 1771 verkaufen die Erben von Hadenfeldt den Hof an Andreas Beeck für 15.400 Mark. Im Kaufvertrag heißt es dazu: „Es verkaufen, cediren [übergeben], treten ab und räumen ein zum wahren Erb und Eigenthum des seeligen Hans Hadenfeldts auf dem Hofe und der Mühle Lütjenhastat hinterlassene Kinder und Erben, nämlich des Peter Bötern Ehefrau Wiebcke, Claus Büken Ehefrau Anna Elsabe, und Cathrina Hedewig Hadenfeldten respective cum Curatoribus Censtitutis [Censitutis] Marx Busch, Christian Müller und Johann Matthiesen resp. für sich und ihre Erben an Andreas Beeck von der Hanerauer Lohmühle unter dem Hochadel-Guthe Hanerau im Kirchspiel Hademarschen und dessen Erben, ihres bemelten seeligen Vaters Hans Hadenfeldts nachgelassenes Guth Lütjenhastedt Hof und Mühle genannt, wie solches nämlich in dem Wohn- und Neben-Hause, Futter-Scheune, Backhaus, Mühlenhaus und der Windmühle… alles um für 15.400 Mark, schreibe fünf zehn Tausend vier hundert Mark lübisch.…
Lütjenhastedt den 12. Juni 1771.“88
- 1773 verkauft Andreas Beek am 3. Mai an Marcus Friedrich Frieß aus Flensburg. „Demnach Andreas Beek auf der Hanerauer Lohmühle unterm 17. Aprill 1773 von Herrn Hochwohlgeboren dem Königlichen Conference Rath Eggers in Meldorf per Decretum die Erlaubniß erhalten, sein im Kirchspiel Süderhastedt belegenes Gehöfte, Lütjen Hastedter Hof genannt, sub hasta [Zwangsversteigerung] zu verkaufen,…, so ging hierauf von 3. May 1773 die gedachte Subhastation auf dem Hofe selbst unter meiner Direction vor sich, und es wurde dem Herrn Marcus Friedrich Frieß aus Flensburg als Meistbietendem das Gehöfte Lütjenhastedt mit Genehmigung des Verkäufers zugeschlagen.… Es verkauft, übergiebt und räumet ein zum wahren Erb und Eigenthum Andreas Beek von der Hanerauer Lohmühle unter dem Hochadelichen Gute Hanerau im Kirchspiel Hademarschen, deßen Procurator der Bürgen Johann Daniel in Meldorf ist, für sich und seine Erben an den Herrn Marcus Friedrich Frieß aus Flensburg und deßen Erben sein im Kirchspiel Süderhastedt belegenes Gehöfte, Lütjenhastedter Hof und Mühle genannt, wie solches nemlich in dem Wohnhause und neben Hause, Futterscheune, Backhaus, Mühlenhaus und der Windmühle sammt dabei gehörigen Schlethölzer und Bretter auf Hilden und Boden,… alles von und für 16.000 Mark schreibe Sechzehn Tausend Mark lübisch grob Courant behandelten Kaufgeldes.… Buchholz den 12. May 1773.“89
- 1781 verkauft Marcus Friedrich Fries Teilflächen des Hofes, nämlich das Fettmoor, an 5 Hofbesitzer in Süderhastedt: „Es ist am 5. November 1781 bey einer ritae gehaltenen subhastation [Zwangsversteigerung] nachfolgender Kauf getroffen: Nach Anbietung derselben verkauft der Besitzer des Hofes Lütjenhastedter Hof Marcus Friedrich Fries für sich und seine Erben an Marx Bolß, Diederich Busch, Karsten Karstens, Claus Nagel und Jürgen Claußen, sämtlich in Süderhastedt, und deren Erben das sogenannte Fettmoor,…, umb und für Tausend Mark lübisch Kaufsumme.… Buchholz den 11. December 1781.“90
- 1783 verkauft Marcus Friedrich Fries den Hof an Joachim Hinrich Rave als Pächter des Gutes Mehlbek und Peter Claudius als Inspektor vom adligen Gut Ascheberg für 15.500 Mark: „Es verkäuft der Besitzer des Freyhofes, Lütjenhastedter Hof genannt, Marcus Friederich Fries, für sich und seine Erben an Joachim Hinrich Rave, itzigen Pächter des adlichen Gutes Mehlbeck,91 und Peter Claudius, Inspector über das adliche Gut Ascheburg im Holsteinischen und deren Erben vorgedachten Hof Lütjenhastedterhof mit beigehöriger Windmühle bey Süderhastedt belegen, welcher Hof und Mühle von allen Schatzungen frey,… um und für 15.500 Mark, schreibe Fünfzehn Tausend und Fünf Hundert Mark lübisch behandelter Kaufsumme in guter grober… dänischer Courant Münzen.… Burg den 4. April 1783 und Ascheburg den 16. April 1783.“92
- 1785 verkauft Joachim Hinrich Rave seinen Anteil von 100 Reichstaler am Gut an Peter Claudius: „Es verkauft, cedirt und tritt ab der Pächter [des Gutes Mehlbeck] Joachim Hinrich Rave, jetzt auf Mehlbek für sich und seine Erben an den Inspector Peter Claudius zu Ascheberg und dessen Erben, sein des Joachim Hinrich Rave gehabten Mitantheil am dem im Kirchspiele Süderhastedt der Landschaft Süderdithmarschen belegenen FreiHofe, Lütjenhastedter Hof genannt, cum pertinentibus, welche jetzige Contrahenten von Marcus Friedrich Fries gemeinschaftlich erhandelt haben und zu welcher Kaufsumme der Mitkäufer Rave Ein Hundert Reichsthaler an Kaufgelder zugelegt und also für die Theil der Kaufsumma ein Miteigenthums Recht am gedachten Hof gehabt hat, um und gegen den bereits ihm von Mitkäufer Peter Claudius baar ausbezahlten Hundert Reichsthaler ueberläßt er seines bisher am gedachten Lütjen Hastedter Hof gehabten Mitantheils.… Ascheberg am 12. October und Mehlbek am 20. November 1785.
- 1788 verkauft Peter Claudius an die beiden Schwäger Johann Christian Köhler und August Friedrich Köhler den etwa 207 ha großen Hof für 5000 Reichstaler. Damit kommt der Hof nun dauerhaft in den Besitz der Familie Köhler, die ihn bis heute bewirtschaftet: „Es hat bereits verkauft und unterm 25. April 1788 abgetreten der Herr Peter Claudius zu Hubersdorf, itziger Amts-Inspector des Hochstifts Lübek, für sich und seine Erben an den beeden Schwägern August Friederich Köhler und Johann Christian Köhler,939495