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2., erweiterte und aktualisierte Auflage

Online Marketing Manager

Handbuch für die Praxis

Felix Beilharz & Expert*innenteam

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Felix Beilharz & Expert*innenteam

Lektorat: Ariane Hesse

Umschlaggestaltung: Michael Oréal, www.oreal.de, unter Verwendung eines Fotos von © iStock by Getty Images von Kathryn8

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

ISBN:

Print

978-3-96009-131-8

PDF

978-3-96010-387-5

ePub

978-3-96010-388-2

mobi

978-3-96010-389-9

2., erweiterte und aktualisierte Auflage 2020

Dieses Buch erscheint in Kooperation mit O’Reilly Media, Inc. unter dem Imprint »O’REILLY«. O’REILLY ist ein Markenzeichen und eine eingetragene Marke von O’Reilly Media, Inc. und wird mit Einwilligung des Eigentümers verwendet.

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Inhalt

Vorwort

Von Karl Kratz

1Online-Marketing

Von Felix Beilharz

Wandel der Marketingkommunikation von Push zu Pull – und (teilweise) zurück zu Push

Nutzerzahlen

Mobile Web

Bewegtbild

Big Data

GAFA

Sprache, Assistenten, künstliche Intelligenzen

Es bleibt spannend

Trends im Online-Marketing – eine Einschätzung der Experten-Autor*innen

Berufsbild und Aufgaben des Online Marketing Manager: Interview mit Philipp Klöckner

2Die Online-Marketing-Strategie

Von Olaf Kopp

Die wichtigsten Online-Marketing-Instrumente und -Kanäle

Online-Marketing im Marketing-Mix

Strategie und Taktik

Ziel- und Bedarfsgruppenanalysen

SWOT-Analyse zur Bestimmung des Online-Marketing-Mix

Die Customer Journey im Zentrum des Online-Marketings

Touchpoints und Customer Experience

Die Entwicklung einer Online-Marketing-Strategie entlang der Customer Journey

Digitaler Markenaufbau als kritischer Erfolgsfaktor

Kennzahlen für erfolgreiches Branding

Verbesserung der digitalen Markenpopularität und thematischen Markenstärke

Die eigenen Assets als Kern der Online-Marketing-Strategie

Interview mit Karl Kratz

3Content-Marketing

Von Olaf Kopp

Was ist Content-Marketing, und was ist Content?

Content als wichtigster Touchpoint in der Customer Journey

Vorteile und Nachteile von Content-Marketing

Content-Arten

Content-Marketing-Ziele

Unterschied zwischen Content-Marketing-Kampagnen und Content-Marketing-Strategie

Der Content-Marketing-Prozess

Die Content-Marketing-Strategie

Die Content-Analyse

Die Content-Konzeption

Die Content-Produktion

Die Content-Distribution

Die Content-Evaluation

Content-Marketing-Verantwortlichkeiten

4Conversion-Optimierung

Von Nils Kattau

Conversion-Optimierung im Marketing-Mix

Grundbegriffe und Status quo

Wichtige Konzepte, Aufgaben und typische Herausforderungen

Kennzahlen und Erfolgsmessung

Lernen von Erfolgsbeispielen

Checklisten für Websites

Interview mit André Morys

5SEO – Suchmaschinenoptimierung

Von Anke Probst und Niels Dahnke

Definition und Einordnung von SEO im Online-Marketing-Kontext

Was Online Marketing Manager beherrschen sollten

Kennzahlen und Erfolgsmessung

Relaunch

Tipps und Tricks für die Suchmaschinenoptimierung

Interview mit Sarah Seifermann

6SEA – Search Engine Marketing

Von Guido Pelzer

Grundbegriffe und Einordnung von Search Engine Marketing

Was ein SEA-Manager beherrschen sollte

Wichtige Kennzahlen und Erfolgsmessungen

Lernen anhand von Beispielen

Interview mit Philipp Schwarz

7Affiliate Marketing

Von Markus Kellermann

Grundbegriffe und Zusammenhänge

Trends im Affiliate Marketing

Interview mit Simon Steppat

8Display Advertising

Von Wolfgang Neider und Stephan Römer

Entwicklung, Grundbegriffe und Zusammenhänge von Display Advertising

Die Rolle von Display Advertising und Real Time Advertising im Online-Marketing-Mix

Wichtige Konzepte, Technologien und Herausforderungen

Datenschutz

Konzepte – Kampagnentypen und Einsatzzwecke in Display Advertising und RTA

Werbemittel – oft belächelt, fast immer unterschätzt

Herausforderungen

Kennzahlen und Erfolgsmessung

Lernen von Erfolgsbeispielen

Checkliste für erfolgreiche Kampagnen

Linktipps

Interview mit Dominik Reisig

9E-Mail-Marketing

Von Manuela Meier

Grundbegriffe und Einordnung von E-Mail-Marketing

Wichtige Konzepte, Aufgaben und typische Herausforderungen

Kennzahlen und Erfolgsmessung

Lernen von Erfolgsbeispielen

Checkliste für erfolgreichere Mailings

Interview mit Luis Hanemann

10Social Media Marketing

Von Felix Beilharz

Grundbegriffe und Zusammenhänge von Social Media Marketing

Das sollten Online Marketing Manager beherrschen

Lernen von Erfolgsbeispielen

Linktipps zu Social Media Marketing

Interview mit Nic Lecloux

11Mobile Marketing

Von Ingo Kamps

Konventionelles Web vs. Mobile

Das sollten Online Marketing Manager beherrschen

Lernen von Erfolgsbeispielen

Checklisten für erfolgreiches Mobile Marketing

Interview mit Rufkan Bicakci

12Digital Analytics

Von Markus Vollmert

Tracking-Tool Google Analytics

Datenschutz und Consent

Ziele bestimmen

Wie funktioniert Tracking?

Kampagnen und Quellen

Inhalte bewerten

Nutzer verstehen

Tag Management

Taking Action

Interview mit Björn Instinsky

13Daten und KI im Online-Marketing

Von Tom Alby

Einführung und Begriffsklärung

Grundwissen für Online Marketing Manager

Kennzahlen und Erfolgsmessung

Beispiele

Checkliste für Data-Science-Projekte

14Online-Marketing-Recht

Von Niklas Plutte

Fallstricke beim Impressum

Suchmaschinenoptimierung – Onpage

Suchmaschinenoptimierung – Offpage

Google Ads

Gegen schlechte Bewertungen im Internet vorgehen

Rechtliche Aspekte des E-Mail-Marketings

Social-Media-Recht

Die Folgen von Rechtsverstößen

Anhang: Weiterbildung für Online Marketing Manager

Von Felix Beilharz

Weiterbildung in Eigenregie

Organisierte Weiterbildung

Auswahlkriterien für die persönliche Weiterbildung

Die universitäre Ausbildung für Online-Marketing-Verantwortliche: Interview mit Prof. Dr. Mario Fischer

Die berufsbegleitende Weiterbildung für Online Marketing Manager: Interview mit Prof. Dr. Michael Bernecker

Der Online Marketing Manager als Personal Brand

Index

Vorwort

Von Karl Kratz

Liebe Leserin, lieber Leser,

Online-Marketing. Und was bleibt? Dieser eine schnell dahergesagte Satz steht gefühlt in jedem Vorwort von Online-Marketing-Büchern der letzten 20 Jahre: »Das Internet und seine Technologien verändern sich rapide.« Diese Aussage mag in jedem einzelnen Buch gültig sein, doch welche Konsequenz sollten wir daraus ziehen?

Vielleicht hilft ein kleines Gedankenspiel: Bereits nach wenigen Jahren sind die Auswirkungen unseres heutigen Handelns im Online-Marketing oft kaum mehr relevant oder existieren vielleicht schon nicht mehr. Das klingt zunächst absurd und pessimistisch. Beim genaueren Nachdenken fallen uns dann all die Webprojekte ein, die in den letzten Jahren gekommen und gegangen sind. Und mit ihnen all die Texte, Bilder, Links, Rankings, Tränen, Nerven, Überstunden, Social Signals, Domains. Ganze Plattformen und Suchsysteme sind innerhalb von knapp drei Dekaden geboren worden und schon längst wieder gestorben. Und fast alles, was wir heute im Online-Marketing erzeugen, wird es in 50 Jahren bereits nicht mehr geben. In 500 Jahren ist der größte Teil unserer heutigen Handlungen vollständig verschwunden und kaum noch rekonstruierbar. Dieses Gedankenspiel bringt uns zu dieser einen mächtigen Frage: »Was bleibt?«

Das obige Gedankenspiel zeigt deutlich, was für eine romantische Illusion die konventionelle Idee der »Nachhaltigkeit« doch ist: Aus einer Momentaufnahme heraus ist sie noch sinnvoll, mit einem Blick über »gewöhnliche« Zeitgrenzen hinaus verliert dieses Konstrukt recht schnell seine Sinnhaftigkeit.

Smarte Unternehmen, die dieses Prinzip verstanden haben, verändern ihren Fokus. Beispielsweise setzen sie anstatt auf eine kontinuierliche, sequenzielle Inhaltsproduktion eher auf wenige gezielte und exzellente Inhalte, die sie immer weiter optimieren und transformieren können. Auf diese Weise erzielen solche Unternehmen nennenswerte Wettbewerbsvorteile und überdauern Technologie- und ganze Paradigmenwechsel. Und statt »Optimierung für Google« sorgen diese Unternehmen für eine diversifizierte Findbarkeit in genau den Suchsystemen, in denen sich ihre Bedarfsgruppe aufhält. Smarte Unternehmen stellen sich die Frage: »Wie wenden wir unsere Technologien und Methoden im Hier und Jetzt an – und wie transformieren wir sie dauerhaft?« Und sie kommen zu einer Antwort: Fokussierung, Reduktion und Intensivierung auf der einen Seite und Investition in die Fähigkeit zur dauerhaften Veränderung auf der anderen.

Was hat eigentlich ein statisches Buch in diesem hoch dynamischen Umfeld zu suchen? Diese Frage ist durchaus berechtigt: Im Schnitt haben Fachbücher in diesem Bereich eine Halbwertszeit von wenigen Jahren. Doch Felix Beilharz hat es mit diesem Buch geschafft, gemeinsam mit brillanten Vordenkern und renommierten Experten einen schwierigen Spagat zu meistern: inhaltlich wichtige Fragen in der Online-Marketing-Welt zu beantworten und gleichzeitig Hinweise und Impulse für die dauerhafte Veränderung des eigenen Online-Marketings zu liefern.

Ich habe mich sehr darüber gefreut, das Vorwort für ein Werk verfassen zu dürfen, das sicherlich auch in einigen Jahren noch eine gute Grundlage für wichtige Entscheidungen im Online-Marketing liefern wird.

Viel Spaß beim Lesen und viel Erfolg bei der Umsetzung wünscht Ihnen

Karl Kratz

KAPITEL 1

Online-Marketing

In diesem Kapitel:

Von Felix Beilharz

An diesem Buch haben weit mehr als 20 Expertinnen und Experten aus allen Bereichen und Disziplinen des Online-Marketings mitgewirkt. Insgesamt 15 Autorinnen und Autoren haben Kapitel über ihr Spezialgebiet beigesteuert. Viele von ihnen sind bereits seit über einem Jahrzehnt, manche sogar schon seit den 90er-Jahren, in der Branche tätig – einer Zeit also, zu der es noch nicht einmal Google gab. Wir haben daher die Entwicklung über einen langen Zeitraum verfolgt. Die »Kriegsgeschichten«, die auf Konferenzen, Partys oder Barcamps meist am Rande der Veranstaltungen erzählt werden, sind legendär – wenn Sie mal die Gelegenheit haben, einen der Online-Marketing-Pioniere in ein Gespräch zu verwickeln, lassen Sie sich die Chance nicht entgehen. Es lohnt sich, versprochen.

Noch eine Anmerkung, bevor wir einsteigen: Wir wenden uns mit diesem Fachbuch selbstverständlich gleichermaßen an Frauen und Männer. Wegen der besseren Lesbarkeit haben wir uns dafür entschieden, geläufige Bezeichnungen wie beispielsweise »Online Marketing Manager« zu verwenden.

In dieser Einleitung erspare ich Ihnen die lange Entwicklungsgeschichte des Online-Marketings, dazu wurde bereits viel geschrieben. Stattdessen gebe ich Ihnen einen kompakten Überblick über die aktuelle Situation, in der wir uns – mit Blick auf die Entwicklung sowohl des Internets als auch des Online-Marketings – gerade befinden. Zu manchen Themen finden Sie in diesem Buch weitere Ausführungen, zu anderen erhalten Sie im Literaturverzeichnis passende Empfehlungen.

Wandel der Marketingkommunikation von Push zu Pull – und (teilweise) zurück zu Push

Viele der Trends und Themen des Online-Marketings resultieren aus einem tiefgehenden grundsätzlichen Wandel des Marketings bzw. der Unternehmenskommunikation. Kurz gesagt, lässt sich der Wandel als Wechsel von Push-Marketing (die Botschaft wird mittels Werbemittel zum Empfänger transportiert) zu Pull-Marketing (der Empfänger holt sich selbst die Botschaften ab, die ihn interessieren) beschreiben.

Klassisches Marketing gehört prinzipiell eher zur Push-Kategorie: Egal ob Plakat, Zeitungsannonce, TV-Spot oder Radiowerbung – die Botschaft wird zum Verbraucher transportiert und stört ihn in aller Regel bei dem, was er eigentlich gerade tun will (Zeitung lesen, Radio hören, Fernsehen).

Auch einige der Onlinekanäle lassen sich der Push-Kategorie zuordnen, insbesondere Bannerwerbung (Display Advertising) und Social-Media-Ads gehören in diese Gruppe. Die meisten Onlineformate sind jedoch überwiegend oder vollständig als Pull-Maßnahmen zu klassifizieren. Der Nutzer sucht (freiwillig) bei Google und klickt Suchtreffer oder Anzeigen an, weil sie sein Suchbedürfnis befriedigen. Er abonniert einen Newsletter oder lädt ein Whitepaper herunter, weil ihn die darüber versendeten Informationen und Inhalte interessieren. Er klickt ein YouTube-Video an, weil seine Freunde es geteilt haben und es vielversprechend aussieht. Er abonniert eine Facebook-Seite oder einen Instagram-Account, weil er sich mit dem Unternehmen verbinden will.

Kurz gesagt: Viele Onlinekanäle und -maßnahmen sind eher Pull als Push. Aus gutem Grund: Push-Werbung wird zunehmend als lästig wahrgenommen und im Internet häufig einfach per AdBlocker ausgeblendet. Die Hürden, den Kunden mit Werbung überhaupt noch zu erreichen, steigen.

Vor allem im Social Web ist in den letzten Jahren jedoch wieder ein Trend hin zu Push-Maßnahmen durch die bereits angesprochenen Social-Media-Ads zu beobachten. Da organische Reichweiten auf den meisten Plattformen sinken, wird die Notwendigkeit von Anzeigenwerbung größer. Und nahezu jeder Kanal bietet mittlerweile ausgefeilte Targeting- und Anzeigenoptionen im Self-Service-Verfahren an.

Die modernen Push-Möglichkeiten sind mittlerweile häufig wirkungsvoller als die früherer Zeiten: Anzeigen lassen sich mithilfe von demografischen, verhaltensbasierten, technologischen oder sozialen Targeting-Kriterien extrem genau auf den Kunden einstellen. Maßnahmen wie Real Time Bidding und Retargeting ermöglichen eine personenbezogene, individuelle Ansprache im Unterschied zum früher verwendeten Schrotschussansatz. Formate wie Native Advertising (also redaktionell aufbereitete Werbung) und Branded Content lassen Werbung weniger wie Werbung aussehen und werden häufig freiwillig und aktiv konsumiert, anstatt als lästig und störend empfunden zu werden.

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Abbildung 1-1:
Wandel von Push zu Pull (© Aufgesang Inbound Online Marketing)1

Abbildung 1-1 verdeutlicht diese Entwicklung. Während früher vor allem Push-Maßnahmen im Vordergrund standen und Werbung noch deutlich als Werbung zu erkennen war (»Above-the-Line«, z.B. Plakate, Broschüren, Websites und Banner), geht es heute immer mehr um »Below-the-Line«-Maßnahmen, also Vernetzung, Content- oder Guerilla-Marketing. Der werbliche Aspekt ist auf den ersten Blick oft nicht mehr zu erkennen. Und selbst die angesprochenen Social-Media-Ads, die eindeutig dem Push zuzuordnen sind, gleichen organischen Beiträgen oft bis auf wenige Details und können von vielen Nutzern schon längst nicht mehr eindeutig als Werbung identifiziert werden.

Ein sinnvoller Marketing-Mix besteht meist aus Push- und Pull-Elementen. Der Fokus sollte mittlerweile jedoch auf Content und Content-Vermarktung in den verschiedenen Formen gelegt werden. Wer heute noch zum Kunden durchdringen und seine Werbebudgets effektiv einsetzen will, kommt um Pull nicht herum – Push ergänzt die Strategie an den passenden Stellen, vergrößert die Reichweite und schafft zusätzliche Möglichkeiten.

Nutzerzahlen

In den ersten Jahren war das Internet etwas für »Geeks«, die breite Mehrheit konnte keinen richtigen Bezug dazu finden. Das legendäre Zitat des damaligen Telekom-Chefs Ron Sommer, dass das Internet eine Spielerei für Computerfreaks und ohne Zukunftschancen sei (Anfang der 90er-Jahre), zeigt, dass selbst Branchengrößen die Bedeutung lange verkannt haben.

Tatsächlich ist das Internet schon seit einigen Jahren zum Massenmedium geworden. 2019 waren 89% der Deutschen zumindest hin und wieder online. Alle Altersklassen bis 59 Jahre liegen bei fast 100%, und selbst die Ü60-Jährigen sind mit 85% dabei. Lediglich die Gruppe der Ü70-Jährigen tut sich noch etwas schwer (58%).

Auch die Nutzerzahlen der großen Netzwerke sind überaus beeindruckend. Facebook und YouTube überschritten bereits die Zwei-Milliarden-Nutzer-Grenze. WhatsApp, Facebook Messenger, WeChat und Instagram (und einigen Quellen zufolge auch TikTok) weisen mehr als eine Milliarde aktive Nutzer auf. Es gibt also kaum mehr Zielgruppen, die online nicht zu erreichen sind. Die Nutzung ist zwar bei älteren Menschen derzeit noch geringer ausgeprägt als bei jüngeren (tatsächlich nimmt die Nutzung linear mit zunehmendem Alter ab), aber auch die älteren Nutzer und damit die kaufkräftigen Generationen dürften in Zukunft ihr Geld verstärkt online ausgeben. Dass die Digitalisierung auch im Seniorensegment voranschreitet, sieht man zum Beispiel daran, dass 41% der Ü65-Jährigen (und 88% der Ü50-Jährigen) ein Smartphone besitzen (Statista 2020) und immerhin 22% der Generation über 70 täglich WhatsApp nutzen (ARD-ZDF-Onlinestudie 2019).

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Abbildung 1-2:
Onlinenutzung in Deutschland (Quelle: ARD-ZDF-Onlinestudie 2019)2

Mobile Web

Smartphones haben schon vor Jahren die Nutzungshoheit im Internet übernommen. In Deutschland gibt es mehr Mobilfunkverträge als Menschen (107,8 Millionen Verträge, United Nations/Eurostat/Statistisches Bundesamt 2019). Auch auf viele Websites gelangt die Mehrheit der Besucher mittlerweile über mobile Endgeräte. Besonders bei Jugendlichen lässt sich dieser Trend beobachten. 16- bis 18-Jährige sind im Schnitt 9,7 Stunden pro Tag online – davon 5,2 Stunden mit dem Smartphone, aber nur 3 Stunden mit Laptop oder PC.3

Das hat in vielen Bereichen des Online-Marketings enorme Auswirkungen. Websites müssen responsiv oder von vornherein mobil erstellt werden. Die Erfahrung zeigt, dass mobile Nutzer eine nicht mobilfähige Website schnell wieder verlassen, wenn die Nutzererfahrung nicht auf ihr Endgerät angepasst ist.

Google machte 2018 den mobilen Index zum Hauptindex, der häufiger aktualisiert wird. Nicht mobilfähige Websites haben es daher schwer, noch Sichtbarkeit in den Suchergebnissen zu erzielen.

Auch Apps spielen nach wie vor eine wichtige Rolle. Allerdings wird es immer schwieriger, neue Apps erfolgreich an den Start zu bringen. Zwar werden mehr Apps denn je heruntergeladen (in Deutschland waren es 2018 erstmals über zwei Milliarden), über 77% ihrer mobilen Internetzeit verbringen Nutzer aber in und mit ihren drei Lieblings-Apps. Und vier der fünf am häufigsten heruntergeladenen Apps stammen allein aus dem Facebook-Universum (Facebook, Messenger, WhatsApp, Instagram).

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Abbildung 1-3:
App-Downloads weltweit (in Milliarden) (Quelle: Statista 2019)

Dazu kommt, dass die großen Apps immer mehr Fremdfunktionen in sich vereinen. Geld an Freunde senden? In manchen Ländern geht das schon per Facebook-Messenger. Flug- und Bahntickets buchen und bezahlen? In China ist das mit WeChat möglich. Viele Apps werden so einfach überflüssig.

Was beim App-Boom auch nicht vergessen werden darf, ist, dass viele Apps nur heruntergeladen werden, weil es ohne sie nicht geht – viele Onlinebanken beispielsweise zwingen Nutzer in die App, damit sie das Onlinekonto überhaupt öffnen können. Von einer echten (und freiwilligen) Nutzung kann man da kaum sprechen. Einige Experten sehen sogar das Ende der App gekommen und setzen eher auf responsive Websites oder Mischformen. Eines ist aber sicher: Die Zukunft ist mobil.

Bewegtbild

Seit einigen Jahren hat sich Video als feste Größe im Medien-Mix etabliert. Diese Entwicklung war lange abzusehen und ist nun endgültig Realität geworden. Die Bandbreiten und Datenvolumina erlauben umfangreicheren Videokonsum, das Equipment wird günstiger, und der Aufwand für eine professionelle Videoproduktion ist gesunken. Online-Marketer sollten das Bewegtbild daher unbedingt auf ihrem Radar haben.

Das gilt sowohl im klassischen Online-Marketing (Produktvideos, Imagefilme etc.) als auch im Content-Marketing-Kontext (z.B. im Rahmen von Erklärfilmen, YouTube-Sendungen oder Virals) und ebenso im Servicebereich (Video-Chat, How-to-Videos). Zum Bewegtbild gehören auch Formate wie z.B. Live-Video und Livestreaming, Webinare, Videodrohnenflüge etc. Sämtliche neuen oder wachsenden Social-Media-Plattformen der letzten Jahre sind ebenfalls videogetrieben (z.B. IGTV, TikTok, Snapchat etc.).

Prognosen des Technologiekonzerns Cisco sagen voraus, dass im Jahr 2022 über 82% des gesamten Internet-Traffics aus Video bestehen wird. Von Facebook gibt es eine ähnlich lautende Aussage bezüglich des Contents im Newsfeed. Den Videos gehört also definitiv die Zukunft.

Big Data

Big Data gehört zu den Buzzwords, die auf keiner Onliner-Konferenz fehlen, mit dem Begriff können aber die wenigsten tatsächlich etwas anfangen. Trotzdem spielt Big Data, also das Sammeln und vor allem Nutzen von (sehr) großen Datenmengen, inzwischen eine wesentliche Rolle im Online-Marketing. Wenn man sich überlegt, welche Menge von Daten allein bei einem einzigen Onlinekaufabschluss anfällt und wie klein dieser Datenbestand im Vergleich zum Datenbestand sämtlicher Internetaktivitäten ist, wird schnell klar, wie unendlich groß die Menge an Daten mittlerweile ist und wie enorm schnell sie wächst.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang vor allem, zu erkennen, welche Daten für die eigenen Anwendungsfälle tatsächlich von Bedeutung sind, wie diese zu erheben und zu verarbeiten sind und wie aus ihnen sinnvolle Schlüsse gezogen werden können. Diese Aufgabe wird Unternehmen noch auf Jahre beschäftigen – so lange, bis sich praxistaugliche Standards etabliert haben.

Im Online-Marketing spielt Big Data unter anderem in den Bereichen Advertising (z.B. Real Time Bidding), Digital Analytics, Customer Insights (Marktforschung, Kundenanalyse), Social Media Marketing (Advertising, Analyse) und verschiedenen E-Commerce-Einsatzgebieten zunehmend eine Rolle.

Um diesem wichtigen Thema gerecht zu werden, wurde die aktuelle Auflage um ein zusätzliches Kapitel zum Thema Daten und künstliche Intelligenz (siehe Kapitel 13) erweitert.

GAFA

Unter den unzähligen Onlinediensten spielen vor allem die großen Vier die zentrale Rolle: Google, Amazon, Facebook und Apple (GAFA). Zusammengenommen übersteigt ihr Marktwert das Bruttoinlandsprodukt von Russland.4 Sie stellen darüber hinaus vier der sieben größten Konzerne der Welt. Die Konzerne vermarkten Produkte wie YouTube, Instagram, WhatsApp – die mit Abstand einflussreichsten Such-, Kaufund Social-Media-Plattformen der westlichen Welt gehören daher zum GAFA-Zirkel.

Kleiner Funfact: »GAFA-Mitglied« Apple war 2018 gemessen an der Börsenkapitalisierung von einer Billion Dollar so viel wert wie die 15 größten Unternehmen im DAX zusammen – und konnte seine Marktkapitalisierung seither noch einmal um gute 25% steigern.

Unternehmen können es sich kaum noch leisten, nicht bei diesen Playern vertreten zu sein. Wer Musik vermarkten will, kommt um iTunes nicht herum. Apps müssen für Android und iOS erstellt werden, alles andere ist zu vernachlässigen. Wer etwas verkaufen will, muss Amazon im Blick haben.

Besonders dramatisch wird diese Konzentration, wenn man sich die Entwicklung der Onlinewerbebudgets weltweit anschaut. Auch hier spielen die GAFA-Konzerne eine ultradominante Rolle. 57% aller ausgegebenen Werbedollars landen entweder bei Google oder bei Facebook; in den letzten zwei Jahren ist dieser Wert allerdings geschrumpft, weil Amazon jetzt einen stärkeren Anteil vom Kuchen erhält.5

Natürlich sollten auch andere Plattformen in ausgewogenen Marketingstrategien nicht fehlen, schon allein um Risiken zu minimieren und eine gewisse Ausgewogenheit herzustellen. Es führt aber – so viel dürfte klar sein – kein Weg an den GAFA-Diensten vorbei.

Konkurrenz zum »GAFA-Kartell« ist übrigens inzwischen weniger aus der westlichen Welt, sondern vielmehr aus Asien zu erwarten. Dort haben sich ganz eigene Dienste etabliert, die den bekannten Playern in nichts nachstehen. Der chinesische Multifunktions-Messenger WeChat wird von über einer Milliarde Menschen genutzt. Amazons großer Gegenspieler Alibaba kommt auf einen Börsenwert von 500 Millionen Dollar. Es lohnt sich also, auch diese Kanäle im Auge zu behalten, denn ein Überschwappen auf die westliche Welt kann schnell gehen, wie der chinesische Shootingstar unter den Social-Media-Apps, TikTok, 2018 und 2019 bewies. Seit 2018 rankt TikTok quasi dauerhaft unter den drei am meisten heruntergeladenen Apps weltweit – und da ist China noch gar nicht inbegriffen.

Single’s Day

Kaum eine Statistik verdeutlicht die Macht und Größe der chinesischen Konkurrenz so gut wie der jährliche Single’s Day, Chinas Gegenstück zum amerikanischen Black Friday. Am 11. November 2019 erreichte Alibaba einen Umsatz von 38,4 Milliarden US-Dollar – an einem einzigen Tag. Das sind 26 Millionen US-Dollar pro Minute.

Sprache, Assistenten, künstliche Intelligenzen

Die Zeiten, in denen wir Wörter über eine Tastatur eingetippt und auf einem Bildschirm gelesen haben, neigen sich in nicht allzu ferner Zukunft ebenfalls dem Ende zu. Diese Entwicklung ist genau jetzt zu beobachten. Amazons Alexa und Google Home erobern zeitgleich als künstliche Intelligenzen die Wohnzimmer und liefern sich einen Kampf um die künftige Hoheit der digitalen Assistenten im Wohnzimmer. Nutzer entdecken gerade die Sprachsteuerung diverser Geräte, die zu ihrem Leidwesen noch recht unausgereift funktionieren. Siri, Cortana und Google Now liefern hingegen oft schon ganz brauchbare Ergebnisse für immer komplexere Anforderungen.

Online Marketing Manager müssen diese Entwicklungen definitiv auf dem Schirm haben. Wenn erst einmal in jedem vierten Haushalt ein digitaler Assistent steht, wie schafft man es dann, in diesem System überhaupt eine Rolle zu spielen? Wenn Google auf Sprachbefehl hin den günstigsten Preis für ein Produkt heraussucht und auch noch direkt bestellt, wie sieht Suchmaschinenoptimierung dann aus? Aktuell ist all das noch Zukunftsmusik, die Weichen werden jedoch gerade jetzt gestellt, und erste Entwicklungen in diese Richtung lassen sich bereits beobachten.

Es bleibt spannend

Alles in allem spannende Rahmenbedingungen, in denen wir uns gerade bewegen. Dazu kommen natürlich noch zahlreiche weitere Faktoren, zum Beispiel rechtlicher und politischer, wirtschaftlicher oder technologischer Art. Die Vergangenheit hat immer wieder gezeigt, wie schnell z.B. ein Gesetz oder eine Kooperation den kompletten Markt auf den Kopf stellen kann. Ehemals wichtige Player verschwinden im Nichts (MySpace, VZ-Netzwerke, Google+), andere kommen von genau dort und spielen plötzlich eine enorme Rolle (Snapchat, TikTok), die einen werden aufgekauft und gehen in anderen Systemen auf (Periscope, Slideshare), andere geben sich geschlagen und ändern ihr Geschäftsmodell, um dem Untergang zu entgehen (Meerkat, Vine). Manche kämpfen viele Jahre ums Überleben (Yahoo!), manche erhoffen sich von Kooperationen vergeblich große Erfolge (Bing mit Facebook), schnuppern aber an anderer Stelle plötzlich Morgenluft (Bing mit Siri). Gerichtsentscheidungen und Gesetze zum Datenschutz stellen plötzlich etablierte Systeme wie den Facebook-Like-Button und das gesamte Web Tracking infrage, andere Entscheidungen machen über Nacht allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) unwirksam oder verändern die Vorschriften für Button-Beschriftungen in Onlineshops.

In jedem Fall kommen Sie als Online Marketing Manager nicht darum herum, immer ein Ohr am Puls der Zeit zu haben und sich beständig weiterzubilden. Eine tolle Grundlage dafür bietet dieses Buch.

Trends im Online-Marketing – eine Einschätzung der Experten-Autor*innen

Online-Marketing ist ein stark trendgetriebenes Thema. Um eine möglichst umfangreiche Einschätzung der aktuellen und kommenden Entwicklungen zu erhalten, formulieren unsere Autoren im Folgenden ihre Sichtweise auf die wichtigsten Online-Marketing-Trends – im Online-Marketing ganz allgemein oder bezogen auf ihren persönlichen Arbeitsschwerpunkt.

Tom Alby: Künstliche Intelligenz und die Lücke zwischen Vision und Realität

Online Marketing wird sich mit zwei immer stärker miteinander konkurrierenden Entwicklungen auseinandersetzen müssen: auf der einen Seite mit der Notwendigkeit, mehr Daten zu sammeln, auf der anderen Seite mit dem eingeschränkten Zugriff auf diese Daten – durch den Gesetzgeber und Technologien wie beispielsweise Apples Intelligent Tracking Prevention (ITP). Zwar sind Künstliche Intelligenz und Machine Learning in aller Munde, doch sind die dafür benötigten Daten nur dann sinnvoll nutzbar, wenn sie einen gewissen Grad an Vollständigkeit haben und nicht durch mehrheitlichen Opt-out der Nutzer ihre Aussagekraft verlieren. Online-Marketing-Verantwortliche müssen sich zukünftig also verstärkt damit beschäftigen, welchen Mehrwert sie Nutzern als Gegenleistung für ihre Daten bieten können. Relevantere Werbung wird von Nutzern hier nicht als berechtigtes Interesse bzw. überzeugende Gegenleistung gesehen.

Felix Beilharz: Content statt Werbung

Für mich liegt der wesentliche Trend in einer immer stärkeren Fokussierung auf Content statt auf klassische Push-Werbung. Je mehr Menschen (oder sogar die Browser selbst) Werbung wegblocken und je größer der Werbedruck online wie offline ist, desto schwieriger wird es, zum (potenziellen) Kunden durchzudringen. Das funktioniert vor allem auf zwei Arten: durch hoch relevanten Content, der die mentalen oder technischen Mechanismen zum Herausfiltern von Werbung nicht auslöst, und durch hoch targetierte, ebenfalls extrem relevante Werbung, die sich aber von der klassischen, oft plumpen Push-Werbung deutlich unterscheidet. Die bereits seit einigen Jahren ansteigende Content-Flut wird die Anforderungen an Content, der noch aktiv wahrgenommen wird, weiter ansteigen lassen. Unternehmen wurden und werden zu (professionellen) Publishern und zu Onlinewerbeexperten – anders lässt sich kaum noch Relevanz generieren.

Niels Dahnke: Marketing Automation und die digitale Wertschöpfungskette

Marketing Automation ist ein weiterer Trend, der das digitale Marketing und die Kundenkommunikation dauerhaft verändert hat. Aus dem nervigen Assistenten »Karl Klammer« in Microsoft Office sind komplexe Chat-Bots geworden. Ganze Marketing-Kampagnen werden vollständig automatisiert ausgesteuert. Unterstützt werden diese durch Machine Learning und Natural Language Processing (NLP). Damit können Bedürfnisse der Kunden erkannt und das Marketing individualisiert sowie optimiert werden. Damit bildet Online-Marketing die veränderte Lebensrealität vieler Menschen besser ab, als manuell angepasste Prozesse es vermögen.

Wer nimmt sich noch die Zeit für einen Einkaufsbummel durch die Innenstädte? Oft genug sind Fachhändler aus dem Stadtbild verschwunden. Wer sich nicht bereits durch professionelles Online-Marketing und eine strategische Ausrichtung des Unternehmens im Web positioniert hat, für den ist es in den letzten Monaten in vielen Fällen zu einer existenziellen Frage geworden. Corona hat die Digitalisierung vieler Branchen deutlich beschleunigt bzw. in manchen Unternehmen überhaupt erst den Stein ins Rollen gebracht. Und plötzlich interessieren sich Unternehmen für Online-Marketing, die sich für diesen Teil der Wertschöpfungskette nie begeistern konnten. Wenn die klassischen Offline-Wege zu Leadgenerierung, Kundenansprache und Verkäufen nicht mehr verfügbar sind, müssen Alternativen her. Geschäftsführer hatten die Digitalisierung verschlafen oder in eine tiefere Ebene innerhalb der Unternehmenshierarchie delegiert. Analoge Prozesse wurden lediglich in digitale Workflows überführt. Das reicht jedoch nicht, um Teil der digitalen Wertschöpfungskette zu werden bzw. zu bleiben.

Erschreckend ist jedoch, wie gering das Online-Marketing-Wissen insbesondere im C-Level zu sein scheint. Es werden so oft vollkommen unnötige Website-Relaunches durchgeführt, ohne eine fachliche Begleitung dieses Prozesses durch erfahrene Suchmaschinenoptimierer. Opportunitätskosten werden dabei ebenso nicht berücksichtigt wie mögliche Schäden an der Marke oder der Reichweite eines Unternehmens. Um so größer ist der Schrecken, wenn durch den Relaunch plötzlich wichtige Rankings verloren sind und man zu den wichtigsten Produkten und Dienstleistungen eben nicht mehr Teil der Wertschöpfungskette ist.

Die letzten Google-Updates haben die Nutzerintention sowie das Nutzerverhalten deutlich in den Mittelpunkt gestellt. Es reicht nicht mehr, Content zu erschaffen, weil es dafür eine Nachfrage gibt. Jeder Inhalt muss sich beweisen. User Signals bestimmen, ob eine Seite weiter auffindbar ist. Selbst große Marken mussten schmerzlich erkennen, dass die Eigenwahrnehmung nicht immer zum Verhalten der Kundschaft passt. Google ist in Deutschland und in vielen anderen Ländern der Gatekeeper zur digitalen Wertschöpfungskette geworden. Wer das nicht erkennt, wird vom Markt verschwinden.

Ingo Kamps: Die Ära der Smartphone-only-Sales

Während sich Marketer noch Gedanken darüber machen, wie sie ihren Nutzern zuverlässig über verschiedene Geräte hinweg folgen (Cross-Device-Targeting), avanciert das Smartphone immer mehr zum zentralen Shopping-Gerät. Fiel dem Mobiltelefon in der Vergangenheit meist noch die vorbereitende Rolle zu (z.B. Recherche und Preisvergleich mit dem Smartphone, Kaufabschluss auf dem heimischen Desktop), wird die komplette Customer Journey immer häufiger »mobile only« abgebildet. Dafür sorgen nicht nur immer leistungsfähigere Mobilgeräte und größere Displays, sondern auch stark optimierte Websites und Apps.

Für Online-Marketer wird es daher noch bedeutsamer, potenzielle Kunden vollständig auf dem Smartphone adressieren zu können (egal ob mit Push- oder Pull-Maßnahmen), passende Mobile Moments zu kreieren und direkt einen komfortablen Abschluss zu ermöglichen. Der Konsument hat dies entschieden und hat immer weniger Verständnis für Inkonsistenzen.

Markus Kellermann: Steigende Qualität

Im Affiliate Marketing geht der Trend in Richtung Qualitätssteigerung auf der Publishing-Seite. Auch die Advertiser legen immer mehr Wert auf relevante Werbebotschaften und damit auf bessere Qualität und Performance der Kampagnen. Affiliate Marketing entwickelt sich deswegen immer mehr von einem Vertriebsansatz hin zu einem ganzheitlichen Marketingkanal. Dabei spielen auch Influencer eine immer größere Rolle. Der zunehmende Qualitätsanspruch führt zu einer Verdrängung des reinen CPO-Modells und hin zu einem Hybrid-Provisionsmodell. Der steigende Mobile-Anteil der Affiliate-Transaktionen führt dazu, dass Themen wie Cross-Device-Tracking und Customer-Journey-Analyse mehr Relevanz erhalten werden und die damit verbundene Multi-Channel-Attribution zukünftig noch wichtiger werden wird.

Olaf Kopp: Marken und Machine Learning

Meiner Einschätzung nach wird es für Unternehmen immer wichtiger, sich als Marke in den Köpfen aller Marktteilnehmer zu etablieren. Das gilt sowohl für potenzielle Kunden, Influencer, Partner, Mitarbeiter, Journalisten und andere Multiplikatoren als auch für die Algorithmen der wichtigsten Gatekeeper wie z.B. Google. Nur so kann man sich gegen Gegebenheiten und Entwicklungen im Markt behaupten, etwa bei Preiskämpfen im Vertriebsmarketing und inflationären Entwicklungen wie z.B. dem Content-Shock. Des Weiteren wird es noch wichtiger, Ressourcen so effektiv wie möglich einzusetzen, was durch die Etablierung einer Marke als Autorität im Branchenumfeld z.B. durch bessere Abschlussraten begünstigt wird.

Den zweiten großen Trend im Online-Marketing sehe ich im Machine Learning. Machine Learning als Vorstufe zu Artificial Intelligence ist inzwischen das Lieblingsspielzeug der Top-Player Google, Amazon, Facebook und Microsoft. Die Verwaltung und Interpretation von Daten ist die Mammutaufgabe, die vielen großen Unternehmen in den nächsten Jahren bevorsteht. Überall dort, wo große, schnell wachsende Datenmengen gebändigt und interpretiert werden müssen, geht kein Weg an Machine Learning vorbei, damit selbstlernende Algorithmen diese Aufgabe zuverlässig erledigen können. Gerade in Kombination mit Marketing-Automation könnte diese Entwicklung das Online-Marketing revolutionieren.

Manuela Meier: E-Mail-Marketing und »mobile first«

Auch im E-Mail-Marketing schlägt der Ansatz »mobile first« voll durch. Im privaten Umfeld kann man in einigen Sparten sogar schon von »mobile only« sprechen. An einem flexiblen und mobile-optimierten E-Mail-Design führt deshalb kein Weg vorbei. Und da die Geräte immer vielfältiger in Größe und Auflösung werden, reicht das bisherige Responsive Design mit wenigen vorgegebenen Umbruchpunkten nicht mehr aus. Der Trend geht daher ganz klar zum Fluid Design. Dabei passt sich die gesamte Gestaltung fließend den Gegebenheiten an.

Da es bislang keine adäquate Alternative im Bereich der Push-Medien gibt, sehe ich die Rolle der E-Mail in nächster Zeit nicht in Gefahr. Jedoch muss sich die E-Mail auch dem Medienkonsum der Zukunft anpassen. Das bedeutet, dass die Inhalte noch individueller auf den Empfänger zugeschnitten und mittels künstlicher Intelligenz vorausschauender erstellt werden. Außerdem wird die E-Mail agiler: Inhalte werden erst zum Zeitpunkt der Öffnung ermittelt und – hier kommt wieder das Thema »mobile first« zum Tragen – an das Umfeld angepasst.

Wolfgang Neider: Userdaten und selbstlernende Systeme

Die nächsten Jahre im Online-Marketing werden meiner Meinung nach vor allem durch zwei Trends gekennzeichnet sein: durch die Erschließung neuer Datenquellen und durch deren intelligente Verknüpfung und Bewertung hinsichtlich des Kaufinteresses eines Users. Bereits heute werden Daten aus verschiedenen Tracking-Systemen, CRM-Daten und Stornodaten sowie das Kaufverhalten der einzelnen Nutzer bewertet und zur Optimierung von Onlinekampagnen verwendet. Zukünftig werden Informationen aus unterschiedlichsten Quellen in die User-Profilbildung einfließen: Infos aus dem stationären Handel (Sales, Anproben etc.), Bewegungsmuster, aber auch Datenpunkte wie Herzfrequenz oder Blutdruck (erhoben über Smartwatches) – bis hin zu Auskünften von Institutionen wie privaten Versicherungen oder Vereinen. Ich denke, dass im Hinblick auf die nächsten fünf bis zehn Jahre vor allem selbstlernende Systeme und neuronale Netze von entscheidender Bedeutung sein werden, damit diese Datenflut bewältigt, bewertet und genutzt werden kann.

Guido Pelzer: Individualisierung von Anzeigen

Im SEA-Bereich sehe ich seit Längerem einen Trend zur Individualisierung der Suchergebnisse, der sich noch weiter fortsetzen wird. Mit Blick auf die vielen kleinen Änderungen im Google-Konto ist das schön zu erkennen. So wurde zum Beispiel die Möglichkeit geschaffen, unterschiedliche prozentuale Gebotseinstellungen für die drei Endgerätegruppen abzugeben. Es werden immer mehr Kampagnen angeboten, die auf ganz spezielle Zielgruppen abgestimmt werden können. Google legt zudem seit Längerem bei den Optimierungstipps großen Wert auf das Thema Remarketing, das neben dem Display-Netzwerk vor allem für die Such- und Shopping-Kampagnen interessant ist. Wir werden hier zukünftig noch viel mehr Möglichkeiten erleben, durch die Nutzer ganz gezielt auf Grundlage ihres Verhaltens wiedererkannt und sehr zielgerichtet beworben werden können.

Niklas Plutte: Steigende Abmahnzahlen

Wenn man im rechtlichen Bereich von Trends spricht, sind eigentlich Risiken gemeint, ganz konkret in der Praxis relevante Abmahnrisiken. Ich beobachte in den letzten Jahren eine immer größere Zahl von Abmahnungen aufgrund von Fotorechtsverletzungen, speziell bei Bildern aus Stockfoto-Datenbanken sowie bei Aufnahmen, die unter Creative-Commons-Lizenz veröffentlicht wurden. Achten Sie hier auf exakte und korrekte Lizenzvermerke bzw. »Copyright-Hinweise«. Ein weiterer Trend ist die Verfolgung von Datenschutzverstößen. Lange war es nicht möglich, gegen Mitbewerber vorzugehen, wenn Datenschutzregeln missachtet wurden. Der Wind hat sich inzwischen aber gedreht, Datenschutz muss unbedingt ernst genommen werden.

Stephan Römer: Individualisierung und Automatisierung

Der Erfolg von digitalen Maßnahmen hängt maßgeblich davon ab, ob ich meine Zielgruppe zur richtigen Zeit mit der richtigen Werbebotschaft erreiche. Ich sehe in der Zukunft eine sich verstärkende Individualisierung dieser Möglichkeiten. Insbesondere der Einsatz von dynamischen, sich in Echtzeit zusammensetzenden Werbemitteln wird den Erfolg von Kampagnen zunehmend beeinflussen. Um dies zu realisieren, wird es weitere Automatisierungen im Bereich der Kampagnen-Aussteuerung und Werbemittelerstellung geben, die sich der immer größer werdenden Masse an Datenpunkten der Nutzer bedienen. Spannend dabei wird sein, wie sich das Nutzerverhalten in Bezug auf die eigenen persönlichen Daten in den kommenden Jahren verändern wird.

Des Weiteren sehe ich eine noch engere Verknüpfung der Onlinemarketing-Technologien mit Digital-Out-Of-Home-Werbeflächen als eine große Chance für werbetreibende Unternehmen. Die Vorteile in Bezug auf Schnelligkeit, Flexibilität, Targeting und Individualisierbarkeit dieser Flächen wird der Grund dafür sein, dass sich diese zunehmend im digitalen Marketing-Mix wiederfinden.

Markus Vollmert: Das Nutzerprofil im Zentrum

Daten sind toll! Sie erlauben uns, Nutzerinteressen zu erkennen, potenzielle Kunden mit den richtigen Themen anzusprechen und zu bewerten, ob unsere Website und ihre Inhalte funktionieren. Die Analyse von Nutzerdaten ist für mich ein zentraler Bestandteil der Arbeit eines Online Marketing Manager.

Diese Arbeit und das Verständnis ihrer Grundlagen werden in den kommenden Jahren immer wichtiger werden. Unternehmen haben keine einfache Website mehr, sondern häufig ganze digitale Landschaften mit unterschiedlichsten Auftritten, Apps, Social-Media-Profilen etc. Hinter all den Aktivitäten auf diesen Onlinepräsenzen die eigenen Nutzer mit ihren Interessen und Problemen zu erkennen, wird die Herausforderung sein. Je mehr Inhalte und Services digital angeboten werden, umso größer wird die Aufgabe – aber auch die Bedeutung der Analysen.

Die Verbindung unterschiedlicher Quellen und Systeme als Digital Analytics wird an Bedeutung gewinnen. Es wird nicht mehr darum gehen, einzelne Maßnahmen oder Kanäle zu bewerten, sondern die gesamte Customer Journey der Nutzer zu betrachten. Durch Programmatic Buying und Remarketing ist nicht mehr der Werbeplatz das entscheidende Kriterium, sondern das Nutzerprofil.

Berufsbild und Aufgaben des Online Marketing Manager: Interview mit Philipp Klöckner

Was sind die wesentlichen Aufgaben eines Online Marketing Manager?

Das hängt nicht zuletzt von der Unternehmensgröße ab. Generell denke ich, dass der Online Marketing Manager einen guten Überblick über alle Performance-Marketing-Bereiche inklusive SEO haben muss, fachlich aber nicht ganz so qualifiziert sein kann wie die Spezialisten in den einzelnen Kanälen.

Zudem müssen Online Marketing Manager auch ein grundlegendes Verständnis vom Produktmanagement mitbringen sowie Tracking- und Attributionskonzepte verstehen. Eine weitere wesentliche Fähigkeit besteht sicherlich darin, die relevanten KPIs und Zahlen zur Steuerung des Marketings zu erheben, auszuwerten und in Entscheidungen zu übersetzen.