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UX-Design überzeugend vermitteln

Erfolgreich mit Kunden und Stakeholdern
kommunizieren und die bestmögliche
User Experience erzielen

Tom Greever

Deutsche Übersetzung von
Jens Olaf Koch

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Tom Greever

Übersetzung: Jens Olaf Koch

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

ISBN:

1. Auflage 2021

Dieses Buch erscheint in Kooperation mit O’Reilly Media, Inc. unter dem Imprint »O’REILLY«.

Authorized German translation of the English edition of Articulating Design Decisions, 2E ISBN 978-1-492-07922-4

Hinweis:

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Alle Angaben und Programme in diesem Buch wurden mit größter Sorgfalt kontrolliert. Weder Autor noch Verlag noch Übersetzer können jedoch für Schäden haftbar gemacht werden, die in Zusammenhang mit der Verwendung dieses Buches stehen.

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1 | Tolle Designer sind tolle Kommunikatoren

Das große Meeting

Design ist subjektiv … irgendwie

Zu viele Köche …

Jeder ist ein Designer!

Die Schnittstelle ist Ihre Schnittstelle

Da ist kein U oder X in »Team«

Der Job heißt Kommunikation

Klarheit führt zum Erfolg

Ein guter Designer werden

2 | Auch Stakeholder sind Menschen

Uns in andere hineinversetzen

Einflusspersonen identifizieren

Werte der Stakeholder

Stakeholder-Storys

Gute Beziehungen aufbauen

3 | Das Meeting gestalten

Den Kontext herstellen

Das Erinnern unterstützen

Ablenkungen beseitigen

Reaktionen antizipieren

Schaffen Sie ein Unterstützungsnetzwerk

Machen Sie eine Generalprobe

4 | Zuhören, um zu verstehen

Implizites Zuhören

Explizites Zuhören

5 | Die richtige innere Haltung entwickeln

Die eigene Funktion verstehen

Lassen Sie Ihr Ego zu Hause

Führen Sie mit einem Ja

Entwickeln Sie eine positive Einstellung

Passen Sie Ihren Wortschatz an

Machen Sie eine Überleitung

6 | Antworten formulieren

Mit einer UX-Strategie antworten

Taktisches Handeln

7 | Wählen Sie eine Botschaft

Unternehmensziele

Design

Research

Einschränkungen

8 | Einvernehmen herstellen

Von IDEE zu IDEAL

Alles zusammenfügen

9 | Nachbereitung

Das Meeting nach dem Meeting

Schnelle Nachbereitung

Filtern

Nachgelagerte Einzelgespräche

Tun Sie etwas, auch wenn es falsch ist.

10 | Umgang mit Änderungen

Es geht doch um Änderungen, oder?

Was passiert da eigentlich?

Das Beste draus machen

Das Vertrauenskonto

Wenn Sie danebenliegen

Erwartungen managen

Vorbei, aber nie beendet

11 | Wie Führungskräfte Designer unterstützen können

Der König und der Blinde

Zehn Tipps für die Zusammenarbeit mit Designern

Checkliste für Designprojekte

Ein Platz am Tisch

Index

Über den Autor

Kolophon

Vorwort

Im Jahr 2014 wurde ich gebeten, Vorschläge für einen Vortrag bei einer regionalen User-Experience-Konferenz in den Vereinigten Staaten einzureichen. Zu dieser Zeit war ich bereits als Designberater für mehrere ziemlich bekannte Marken tätig geworden und begierig darauf, von der coolen Arbeit zu berichten, die wir gemeinsam geleistet hatten. Ich schlug drei Themen vor. Bei den ersten beiden ging es um verschiedene Designtechniken und -ansätze, die ich für interessant hielt – um die Methoden, die wir bei Projekten eingesetzt hatten, um effektive Designergebnisse zu erzielen. Von diesen beiden Ideen war ich richtig begeistert. Der dritte Vorschlag betraf die Vermittlung von Designentscheidungen. Er schien mir eher banal zu sein. Sicher, das Thema war wichtig. Aber es war andererseits etwas, das ich in meinem Berufsleben sowieso jeden Tag getan hatte. Ich wusste, dass sich auch andere Designer mit diesem Problem beschäftigen mussten. Das gehört halt einfach zum Job, oder? Es schien mir das offensichtlichste und langweiligste der drei Themen zu sein, bei dem es um etwas ging, das ich selbst fast automatisch tat, ohne dabei groß nachzudenken. Aber natürlich war es genau der Vorschlag, für den sich die Veranstalter entschieden.

Obwohl ich enttäuscht war, dass ich nicht über eines der beiden anderen Themen sprechen durfte, strengte ich mich an, um einige Ideen und Prinzipien zu entwickeln, die anderen Designern bei der Vermittlung ihrer Gestaltungsideen helfen könnten. Mehrere Wochen dachte ich darüber nach, wie ich selbst mit Menschen über Design kommuniziere, welche Ansätze ich dabei verfolge und wie ich anderen mit praktischen Tipps helfen kann, sich auf diesem Gebiet zu verbessern. Ich hätte nie erwartet, dass genau dieser Konferenzvortrag mir eine Reihe von Möglichkeiten eröffnen und damit als Startschuss dienen würde, meiner Karriere eine ganz neue Richtung zu geben.

Durch meinen Reflexionsprozess während der Vorbereitung meines Vortrags konnte ich in meiner eigenen Arbeit eine Fülle von Beispielen erkennen, bei denen bessere Kommunikation zu besserem Design geführt hatte. Mir wurde klar, dass alle meine Lieblingsdesigner Menschen sind, die auf intelligente Weise genau begründen können, warum sie etwas auf eine bestimmte Weise tun. Mir ist außerdem aufgefallen, dass ein großer Teil des Feedbacks an meine eigenen Teammitglieder mehr damit zu tun hat, wie sie ihre Arbeit präsentieren, als mit ihren kreativen Fähigkeiten. Mir ist bewusst geworden, dass die Art und Weise, wie wir mit anderen über Design sprechen, einen ganz wesentlichen Einfluss darauf hat, ob es uns gelingt, großartige Benutzererfahrungen zu schaffen. Das ist eine Fähigkeit, die vielen – selbst sehr erfahrenen – Designern fehlt. Der Erfolg unserer Arbeit hängt davon ab, ob ein gesamtes Projektteam hinter uns steht. Bekommen wir diese Unterstützung nicht, werden unsere Entwürfe nie das Licht der Welt erblicken.

Wie ich mir meinen Weg ins Design erquatscht habe

Mein Weg zur User Experience begann im Marketing. Ich habe Betriebswirtschaft auf Bachelor studiert und schnell erkannt, wie effektiv sich Design dafür einsetzen lässt, Produkte zum Leben zu erwecken. Ich brachte mir Grafik- und Webdesign selbst bei, indem ich zur Finanzierung meines Studiums freiberuflich Projekte für lokale Kleinunternehmen durchführte.

Ich weiß, es klingt verrückt, aber ich gehe wirklich gern zu Bewerbungsgesprächen. Im College habe ich mich auf nahezu alles beworben und jede Einladung zu Vorstellungsgesprächen angenommen. Es waren risikoarme Gelegenheiten, um zu lernen, wie ich am besten über meine Arbeit sprechen kann. Ich habe Menschen immer gern dabei zugesehen, wie sie meine Mappe durchblättern und kommentieren, was ihnen gefällt. Ich mag es, wenn mich jemand fragt, warum ich etwas auf bestimmte Weise umgesetzt habe, ich war schon damals richtiggehend scharf darauf, anderen Menschen meine Designentscheidungen zu erklären – und das ist heute noch so. Ich liebe es einfach, über Design zu reden!

Nachdem ich meinen Abschluss in der Tasche hatte, stand ein Vorstellungsgespräch als Creative Manager in einem internen Marketingteam mit etwa 20 Mitarbeitern an. Mein entscheidendes Gespräch hatte ich damals mit der Vice President of Marketing. Sie löcherte mich mit Fragen zu meinem Portfolio, denen ich aber leicht standhielt. Sie befragte mich nach meinen bisherigen Erfahrungen und ging meinen Lebenslauf durch, mit dem ich gerne angab. Aber dann kam sie auf den Punkt und stellte mir die denkwürdigste Frage meiner Karriere: »Nehmen wir mal an, ich hätte ein neues Projekt für Sie. Was wäre das Erste, was Sie dazu von mir wissen wollten?«

Darauf schien es eine einfache Antwort zu geben. Zwar hatte ich damals einen begrenzten Erfahrungsschatz, aber hier ging es um den vielleicht am häufigsten vorkommenden Typus von Begegnungen, die ein Designer haben kann: um ein Meeting mit einem Stakeholder, einem Projektbeteiligten. Ohne zu zögern, griff ich auf einen Ansatz zurück, der sich bis dahin immer bewährt hatte: »Geht es um ein Printprojekt oder eine Website? In Farbe oder Schwarz-Weiß? Verwenden wir Stockfotos, oder muss Originalmaterial produziert werden? Wie viele Seiten soll die Website oder die Broschüre haben? Und schließlich: Wie sieht der Zeitplan aus?«

»Sie irren sich,« entgegnete sie. »Nichts davon ist wirklich wichtig. Die wichtigste, eigentlich die allererste Frage, die Sie immer stellen sollten, lautet: Was möchten wir damit kommunizieren?«

Ich war perplex. Sprachlos. Ich wusste sofort, dass sie vollkommen recht hatte. Und sie hatte mein oberflächliches Design-Ego in einer Weise bloßgestellt, dass ich mich ganz klein und ahnungslos in genau dem Bereich fühlte, in dem ich sonst so selbstbewusst war – beim Reden über Design.

Zum Glück bekam ich diesen Job trotzdem (und seitdem noch viele weitere), aber diesen Fehler habe ich nie vergessen. Ich war nicht clever genug gewesen, um zu erkennen, dass eine Projektbeteiligte eine andere Agenda hatte als ich. Ich hatte nicht begriffen, um was es ihr ging, und war nicht in der Lage, auf ihre Anliegen einzugehen. Für sie ging es bei dem Projekt um Kommunikation. Für mich ging es nur um Pixel. In diesem Moment wurde mir klar, wie wesentlich die Fähigkeit ist, mit anderen Menschen über Design sprechen zu können. Ich musste die Bedürfnisse meines Publikums berücksichtigen. Meine Entwürfe sollten etwas für den Kunden erledigen. Sie sollten ein Problem lösen. Und wenn ich das kommunikativ nicht vermitteln könnte, läge ich zwangsläufig immer wieder daneben. Um als Designer erfolgreich zu sein, musste ich herausfinden, wie ich meinen Kunden vermitteln könnte, was meine Entwürfe bewirkten und wie sie funktionierten. Ich musste ihre Fragen auf eine Art und Weise beantworten, die für sie Sinn ergab, nicht für mich. Ich musste ihnen die Grundüberlegungen, die zu einem bestimmten Entwurf geführt hatten, auf eine Weise darlegen, die ihnen entgegenkam und ihren Bedürfnissen entsprach.

Könnte ich das schaffen, dachte ich mir, könnte ich erfolgreich werden.

UX ist noch jung

Viele von uns Designern, die heute im UX-Bereich arbeiten, haben weder eine spezialisierte Ausbildung durchlaufen noch irgendwelche Kurse besucht, die uns einen benutzerzentrierten Ansatz vermittelt hätten. Wir sind oft aus anderen Bereichen innerhalb eines Unternehmens zur User Experience gekommen: aus dem Marketing, der IT, aus dem Grafikdesign oder dem Research-Bereich. Auch Verhaltensforscher und Psychologen haben längst ihren Platz in der UX gefunden.

Wie auch immer Ihr persönlicher Weg aussehen mag: Viele von uns UXlern haben ähnliche Geschichten. Die meisten haben schon deshalb ihre Laufbahn nicht in der UX begonnen, weil die User Experience als klar abgegrenztes Gebiet noch gar nicht so lange existiert. In der Designbranche sind also viele Menschen mit Hintergründen unterwegs, die sich stark von ihren derzeitigen Berufsbezeichnungen unterscheiden.

Darüber hinaus war Design für viele Unternehmen schon immer ein reines Hilfsmittel. Früher wurden Designer nur eingestellt, um Produkte professioneller aussehen zu lassen, um ein konsistentes Markendesign sicherzustellen oder um eine kreative Idee zu kommunizieren. Heutzutage werden Designer benötigt, weil komplizierte Probleme gelöst werden müssen, damit die Produkte auf dem Markt erfolgreich sind. Hervorragendes Design ist die erwartete Norm. Heute stehen Designer in einer Weise im Mittelpunkt der Produktentwicklung, die man früher für unnötig hielt. Auch Führungskräfte erkennen jetzt, wie wichtig Design ist, und wollen den Prozess beeinflussen, weil es um ihren Geschäftserfolg geht. In Unternehmen und Organisationen erkennen mehr Menschen denn je den Wert gut gestalteter Benutzererfahrungen.

Was passiert, wenn man eine ganze Branche voller kreativer Köpfe, die überwiegend mit ihrer rechten Hirnhälfte denken, mitten in die Zyklen der Produktentwicklung wirft, eingeklemmt zwischen Usability-Problemen und Geschäftszielen? Es ist nicht sonderlich überraschend, dass dabei Diskrepanzen zwischen den Vorstellungen der Stakeholder der Unternehmen und den sorgsam ausgearbeiteten Entwürfen der Designer auftreten. Und so treffen sich die beiden Seiten … in einem Meeting.

Wir als Designer treffen heutzutage also immer wieder auf Personen, die unsere Arbeit zwar nicht an unserer Stelle übernehmen könnten, uns aber dennoch immer wieder sagen, wie wir sie ihrer Meinung nach erledigen sollten. Das reicht, um jeden Designer in den Wahnsinn zu treiben.

Dieses Buch setzt an der Schnittstelle zwischen UX-Design und der Vermarktung digitaler Produkte an: Hier geraten die bisherigen Erwartungen, dass es beim Design nur darum geht, hübsche Bildchen zu gestalten, in Konflikt mit ausgeprägten Vorstellungen davon, wie Unternehmensaufgaben gelöst werden. Das Wachstum und die inzwischen erreichte Reife der UX-Branche haben unsere Rolle als Designer in vielerlei Hinsicht verändert, nicht zuletzt durch die Notwendigkeit, uns und unsere Arbeit anderen Menschen zu erklären, die unsere Erfahrung im Designbereich nicht teilen.

Worum es in diesem Buch geht

Ziel dieses Buchs ist es, Designern dabei zu helfen, bessere Kommunikatoren zu werden – um ihre gestalterischen Entscheidungen denjenigen Menschen, die Einfluss auf ihr Projekt haben, fachkundig erklären zu können. Dabei stellen wir ein ganz bestimmtes typisches Ereignis in den Mittelpunkt: ein Meeting mit Kunden oder Projektbeteiligten, bei dem wir unsere Designentscheidungen vorstellen und darüber sprechen. Das gesamte Buch hat dieses Meeting im Blick: was vor dem Meeting, während des Meetings und sogar danach passiert. Alles, was wir besprechen werden, bezieht sich auf diese Begegnung und soll Ihnen dabei helfen, sich in dieser Situation möglichst gut einzubringen, Unterstützung zu erhalten und tonangebend zu sein.

An einigen dieser Meetings werden sehr viele Personen teilnehmen, an den meisten aber nur einige wenige. Manche Besprechungen finden vielleicht in einem Konferenzraum statt. Andere mögen spontane Gespräche auf dem Flur oder Onlinemeetings sein. Konzentrieren Sie sich nicht zu sehr auf diese Details, sondern auf die übergreifenden Prinzipien, die Sie in all diesen Situationen anwenden können. Ziel ist es, flexibel zu sein, um sich schnell an unterschiedliche Settings anpassen zu können.

Ich werde im Einzelnen darauf eingehen, was Sie alles aufschreiben und welche Fragen Sie stellen sollten, wie Sie Ihre Fähigkeiten als Zuhörer verbessern können und ob Sie mehrere Entwürfe machen sollten. Vielleicht befürchten Sie jetzt, dass es Wochen dauern kann, um sich auf ein Gespräch über Ihre Arbeit vorzubereiten! Aber in Wirklichkeit geht oft alles recht schnell. Manchmal haben Sie genügend Zeit, sich vorzubereiten. Bei anderen Gelegenheiten müssen Sie Antworten aus dem Ärmel schütteln und sehr schnelle Ermessensentscheidungen treffen. Deshalb ist es so wichtig, diese Fähigkeiten beizeiten zu erlernen und sie zur Gewohnheit werden zu lassen. Ihr Ziel sollte es sein, dass Sie Designentscheidungen mühelos erklären und vermitteln können – ohne sich bewusst an die in diesem Buch enthaltenen Ratschläge erinnern zu müssen.

Lassen Sie es mich ganz klar sagen: Hier geht es nicht um eine »Wir gegen sie«-Mentalität. Es geht nicht darum, dass Designer immer recht haben und sich gegen Stakeholder stellen sollen, weil diese sonst schlechte Entscheidungen treffen würden. Bei der Vermittlung von Designentscheidungen geht es vielmehr darum, ein Umfeld zu schaffen, in dem die Projektbeteiligten die gestalterische Expertise und den designerischen Denkprozess klar erkennen und so die präsentierten Entwürfe von sich aus unterstützen können. Es geht darum, auf überzeugende Weise Vertrauen zu schaffen und Effektivität zu demonstrieren.

In diesem Buch gehe ich übrigens grundsätzlich davon aus, dass Ihr Design genau das richtige ist. Dass Sie sauber recherchiert, gute Entscheidungen getroffen, das Problem gelöst haben und der von Ihnen vorgeschlagene Entwurf für das Unternehmen die richtige Wahl ist. Wäre es nicht so, könnten Sie die anderen Stakeholder noch so sehr mit Worten umgarnen: Es wäre aussichtslos.

Mit anderen Menschen über Design zu reden, mag wie eine einfache, grundlegende Fähigkeit erscheinen, in Wirklichkeit ist es aber ziemlich schwer. Meiner Erfahrung nach ist es für Designer durchaus schwierig, sich mit Nicht-Designern effektiv über Design zu verständigen. Lesen Sie also weiter und lernen Sie, wie Sie mit Kunden und Stakeholdern besser kommunizieren, ohne dabei verrückt zu werden und um die bestmögliche User Experience zu erzielen.

Wer sollte dieses Buch lesen?

Dieses Buch wurde in erster Linie für Designer geschrieben, die mit Projektbeteiligten zusammenarbeiten, die keinen Designhintergrund haben, und ist somit gleichermaßen geeignet und gedacht für Grafik-, Web-, UX-, Interaktions-, Schnittstellen- und visuelle Designer.

Designer

Wenn Sie jemals die Erfahrung gemacht haben, dass ein Stakeholder auf einer Änderung bestand, mit der Sie nicht einverstanden waren, dann ist dieses Buch genau das richtige für Sie. Es kommt häufig vor, dass man als Designer das Gefühl hat, dass die eigene Expertise und das eigene Urteilsvermögen von Projektbeteiligten, die nur wenig von Design verstehen, missachtet werden. Diese Kluft soll dieses Buch überbrücken und Ihnen dabei helfen, Stakeholder davon zu überzeugen, dass Ihre Entscheidungen die besten sind.

Senior-Designer

Vielleicht denken Sie, dass Sie schon lange genug in diesem Job unterwegs sind und genug Erfahrung darin haben, Designentscheidungen zu vermitteln. Das mag stimmen, aber wie oft bereiten Sie Präsentationen Ihrer Arbeit wohlüberlegt und ganz bewusst vor? Sie können in diesem Buch nicht nur Ihr aktuelles Wissen überprüfen, ich biete auch eine Menge gut in der Praxis umsetzbarer Taktiken an.

Designentscheidungen zu vermitteln, ist nichts, was man nur einmal im Leben lernen muss, um für immer Experte zu sein. Es erfordert regelmäßige bewusste Anstrengung und Übung. Vielleicht haben Sie irgendwann einmal den schwarzen Gürtel im Judo erreicht. Wenn Sie aber nach Jahren ohne Training die Matte betreten, können Sie ganz schnell verlieren.

Das ganze Produktteam

Obwohl dieses Buch für Designer geschrieben wurde, können – da es nicht besonders technisch gehalten ist und sich mit vielen häufig auftretenden Problemen befasst – die vorgestellten Tipps und bewährten Praktiken auch für Menschen in vielen anderen Funktionen in einem Unternehmen nützlich sein. Ich habe mit vielen UX-Researchern, Entwicklern, Content-Strategen und Product Ownern gesprochen, die bereits von den Konzepten und Ideen dieses Buchs, das jetzt in seiner zweiten Auflage vorliegt, profitieren konnten.

Wie dieses Buch aufgebaut ist

Kapitel 1 zeigt, wie und warum Kommunikation heutzutage ein kritischer Teil des Designprozesses in Unternehmen ist. Unsere Entwürfe sprechen nicht für sich selbst. In vielen Designprozessen ist eine klare Kommunikation die fehlende Komponente.

Die Kapitel 2 bis 10 bauen aufeinander auf und konzentrieren sich auf ein typisches Meeting mit Projektbeteiligten. Wir betrachten den gesamten Verlauf einer solchen Besprechung und Entwurfspräsentation. Bei jedem Schritt wird eine Zeitleiste gezeigt (wie z. B. die folgende), die anzeigt, in welchem zeitlichen und inhaltlichen Abschnitt des Meetings wir uns gerade befinden. Unterwegs wird es darum gehen, die Perspektiven der beteiligten Interessengruppen zu verstehen, sich in die anderen Stakeholder einzufühlen und die Begegnung mit ihnen vorzubereiten. Was das Meeting selbst betrifft, wird es um implizite und explizite Zuhörtechniken gehen und darum, die erforderliche innere Einstellung in uns wachzurufen, bevor wir auf Fragen und Rückmeldungen antworten. Danach stelle ich einige einfache Taktiken und Rezepte vor, um durch die bestmögliche Antwort Unterstützung für Ihre Entwürfe zu erhalten. Doch auch nach Abschluss des Meetings geht die Arbeit weiter, und es müssen gestalterische Anpassungen vorgenommen werden, damit eine möglichst optimale Benutzererfahrung erreicht werden kann. Diese Kapitel behandeln damit alles, was Sie über Meetings mit Projektbeteiligten, in denen Sie Ihre Designentscheidungen erläutern sollen, wissen müssen.

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Da die Arbeit mit Menschen immer Unwägbarkeiten bereithält, gebe ich Ihnen weitere Tipps und stelle bewährte Verfahren vor, die auch in vielen anderen Bereichen Ihrer Arbeit hilfreich sein können. In den Kapiteln 3 und 9 wird es ausführlich darum gehen, wie man sich sinnvolle Notizen macht – obwohl es natürlich bei allen Schritten des Gestaltungsprozesses wichtig ist, die eigenen Designentscheidungen gut zu dokumentieren.

Das Buch schließt mit Kapitel 11: »Wie Führungskräfte Designer unterstützen können«. Dieses Kapitel richtet sich an Projektbeteiligte, die an Designentscheidungen beteiligt, aber selbst keine Designer sind, und soll ihnen als Ressource dienen. Führungskräfte und Chefs aller Art können davon profitieren, wenn sie lernen, effektiver mit Designern zusammenzuarbeiten. Ich möchte alle Designer ermutigen, die Lektüre dieses Kapitel den entscheidenden Stakeholdern ans Herz zu legen.

Ich habe dieses Buch geschrieben …

… damit Designer und Unternehmen die großen Kommunikationshürden zwischen allen Projektbeteiligten überwinden und bessere UX-Lösungen entwickeln können. Dazu gebe ich Ihnen wirklichkeitsnahe, praktische Ratschläge an die Hand. Mit diesem Buch möchte ich einerseits meine eigenen Ideen über den Einfluss von Kommunikation auf Designprozesse dokumentieren und erläutern, zum anderen hilft es mir selbst dabei, mir mein tägliches Vorgehen explizit bewusst zu machen. Dieses Buch ist meine persönliche Checkliste für gute Kommunikation über Design, und ich freue mich sehr darauf, es mit Ihnen teilen zu können. Ich hoffe, dass es auch für Sie ein nützliches Werkzeug sein wird.

Durch dieses Buch habe ich viele beeindruckende Menschen kennenlernen dürfen. Die gewonnenen Freundschaften und Verbindungen, die Gespräche, Tipps und Ratschläge waren und sind von unschätzbarem Wert für mich. Es waren fantastische Erfahrungen, und ich freue mich sehr, dass ich mit diesem Buch und den entstandenen Kontakten den Austausch über einen wichtigen Bereich unserer Branche fördern konnte. Darüber hinaus hat es mir die Möglichkeit gegeben, weltweit auf Konferenzen zu sprechen und mit Teams arbeiten zu dürfen, die ich sonst nie kennengelernt hätte. Manche Leser und Leserinnen berichten mir davon, dass dieses Buch positiven Einfluss auf ihre berufliche Laufbahn hatte oder ihnen zu einer Beförderung verhalf. Andere erzählen mir, welche Taktiken sie angewendet und ob diese funktioniert haben oder nicht. Ich hatte das Vergnügen, Dutzende von Teams in Workshops zu begleiten, in denen wir diese Fähigkeiten persönlich üben, diskutieren und verfeinern konnten.

Ich würde mich freuen, auch von Ihnen zu hören. Nehmen Sie Kontakt zu mir auf, folgen Sie mir auf Twitter, fügen Sie mich auf LinkedIn hinzu und erzählen Sie mir, wie Sie mit einem Problem umgegangen sind. Vor allem wünsche ich mir, dass das Buch auch für Sie ein wertvoller Helfer sein wird.

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Artikel, Podcasts und Videos zu diesem Thema finden Sie auch auf meiner Website: https://tomgreever.com

Danksagungen

Jemand hat mich einmal gefragt, was ich zur Entspannung mache. Lesen? Kino? Sport? Ich genieße diese Dinge zwar, aber nachdem ich ein paar Minuten darüber nachgedacht hatte, antwortete ich, dass ich mich am besten entspannen und erholen kann, wenn ich mit meiner Frau Hannah Zeit verbringe und mich mit ihr unterhalte. Dieses Buch wäre nicht entstanden ohne ihre Unterstützung, ihr Verständnis und ihre Ermutigung. Hannah ist mein Lieblingsmensch, meine immer aufrichtige Mitarbeiterin und hingebungsvolle Partnerin. Sie ist viel klüger als ich und hat mehr zu diesem Buch beigetragen, als sie selbst zugeben würde. Ohne ihre Verzichtbereitschaft hätte ich dieses Buch nicht (jetzt sogar zum zweiten Mal!) fertigstellen können. Ich liebe dich, Schmusekätzchen.

Auch den Gutachtern bin ich zu großem Dank verpflichtet: Dennis Kardys, Christy Ennis-Kloote, Anthony Armendariz, Heather Wydeven, C. Todd Lombardo, Brad Nunnally, Cynthia Savard Saucier, Dan Klyn, Kate Rutter und Cindy Alvarez. Dank ihrer Hilfe hat dieses Buch an Genauigkeit gewonnen und an manchen, recht offensiven Formulierungen verloren.

Zu guter Letzt (aber deshalb nicht minder) möchte ich all meinen aktuellen und früheren Kunden, Chefs und deren Führungskräften danken. Ohne sie (ohne euch!) wäre dieses Buch nicht möglich gewesen. In gewisser Weise sind tatsächlich alle Menschen, mit denen ich jemals gearbeitet habe, an diesem Buch beteiligt. Erst durch euch habe ich wirklich gelernt, über Design zu sprechen. Ich musste es! Ihr habt mir keine Wahl gelassen! Meine Erfahrungen sind in der jahrelangen gemeinsamen Arbeit mit euch gewachsen – und jetzt ist es an der Zeit, sie mit der Welt zu teilen.

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Tolle Designer sind tolle Kommunikatoren

Mussten Sie jemals Änderungen an Ihren Entwürfen vornehmen, mit denen Sie nicht einverstanden waren? Ich auf jeden Fall! Es ist nicht einfach, über Design zu sprechen, besonders mit Menschen, die selbst keine Designer sind. Die Fähigkeit, Designentscheidungen effektiv zu vermitteln, ist für den Erfolg eines Projekts von entscheidender Bedeutung, da sich in der Regel derjenige durchsetzt, der sich am besten verkaufen kann. Ich würde sogar so weit gehen und behaupten, dass der Unterschied zwischen einem guten Designer und einem hervorragenden Designer in der Fähigkeit liegt, nicht nur durch Gestaltung bestimmte Probleme oder Aufgaben zu lösen, sondern auch überzeugend deren Funktion und Wirkungsweise zu erklären, um schließlich die nötige Zustimmung und Unterstützung zu erhalten, um mit dem Projekt voranzukommen. Und genau darum geht es in diesem Buch: Unterstützung für Ihre Designentscheidungen zu erhalten.

Am Designprozess sind viele Personen beteiligt. Was einst als bloße visuelle Ästhetik für eher nachrangig gehalten wurde, steht heute im Zentrum der Aufmerksamkeit. Menschen aus dem gesamten Unternehmen wissen heutzutage, wie wichtig es ist, eine hervorragende Benutzererfahrung zu bieten – und alle wollen an ihrem Entstehungsprozess beteiligt sein. Marketing, Führungskräfte, Entwickler, Produktmanager und selbst Mitarbeiter aus der Buchhaltung möchten gern mitteilen, wie etwas ihrer Meinung nach funktionieren sollte. Die Menschen begeistern sich für UX, für die User Experience, weil sie um die langfristigen Auswirkungen auf das Produkt, das Unternehmen und das Geschäftsergebnis wissen. Und die gute Nachricht? Sie sind eine ziemlich gefragte Person!

Das große Meeting

An einem Sonntag im Januar musste ich einen verspäteten Flug nach San Francisco nehmen, um mich am nächsten Morgen mit einem Kunden zu treffen. Aber es war nicht »irgendein Treffen«. Etwa ein Dutzend Personen aus verschiedenen Bereichen des Unternehmens präsentierten dem CEO eines großen Onlinehändlers ihre Entwürfe. Vice Presidents, Geschäftsführer, Product Owner, UX-Designer: Alle waren Teil einer dreistündigen Veranstaltung, die den Grundstein für eine ganze Saison voller Projekte legen sollte, die sämtlich davon abhingen, ob der CEO sie letztlich absegnen würde.

Nachdem ich zur Vorbereitung mit mehreren Produktmanagern gearbeitet und an mehreren Meetings teilgenommen hatte, war mir klar, was Gegenstand meiner geplanten Präsentation sein sollte, sodass ich mit der Vorbereitung meiner Folien beginnen konnte. Am Freitag vor dem großen Meeting nahm ich an einer vierstündigen Telefonkonferenz teil, in der jeder im Team seine Präsentation vor einem der Vice Presidents übte, der Feedback dazu gab und Vorschläge machte, wie man seine Ideen am besten dem CEO präsentieren könnte.

Es drehte sich alles nur um eines: die Präsentation von Designideen vor einem CEO, um dessen Unterstützung und Zustimmung zu erhalten. Es gab weitere vorbereitende Besprechungen, Diskussionen darüber, wie der CEO wohl reagieren würde, lange Abende, um alles perfekt vorzubereiten, und Umstellungen von Terminplänen, damit auch zeitlich alles passte. Ich selbst bin alleine für dieses eine Meeting 16 Stunden gereist, verbrachte zwei Nächte im Hotel und einen ganzen Tag in einem Konferenzraum. Glücklicherweise verlief das Treffen gut. Der CEO war sehr aufgeschlossen, gab hervorragendes Feedback, und alle gingen anschließend daran, die von ihnen konzipierte Arbeit umzusetzen.

Aber das ist nicht der wichtige Teil dieser Geschichte.

Was mir an der ganzen Sache auffiel, war der Aufwand, der betrieben wurde, um einer einzelnen Person Designideen zu vermitteln. Der Zeitaufwand, den die anderen Designer für die eigentliche Erstellung der Mockups brauchten, war trivial im Vergleich zu der Zeit und Energie, die in die Suche nach der besten Art und Weise floss, diese zu präsentieren. Die Kommunikation über die Entwürfe war wichtiger als die Entwürfe selbst.

Auch wenn Sie nicht zu einem derart großen Team gehören oder nicht mit einem riesigen Unternehmen zusammenarbeiten, in dem ein Meeting mit dem CEO eine solch große Sache ist, bleibt das Prinzip doch gleich: Die Art und Weise, wie wir mit anderen Projektbeteiligten über Design sprechen, ist entscheidend für den Erfolg unserer Projekte.

Design ist subjektiv … irgendwie

Wenn ich für mein Team neue Designer suche und mit ihnen Bewerbungsgespräche führe, frage ich sie immer: »Was macht ein gutes Design aus?« Die Antworten sagen viel darüber aus, wie die Bewerber über Design und insbesondere über UX denken. Die meisten Antworten sind vorhersehbar und klingen oft so oder ähnlich: »Eine gute Nutzung von Freiraum«, »Einfachheit« oder – einer meiner Favoriten: »Wenn man nichts mehr entfernen kann.« Nun, an diesen Antworten ist nichts falsch. Sie zeigen typische Herangehensweisen an Design, aber sie beschreiben nicht wirklich, was ein Design in den Augen eines Unternehmens gut macht. Das ist nicht die Herangehensweise, die ich mir von Designern und Designerinnen in meinem Team wünsche, denn sie basiert auf subjektiven Aspekten – auf einer Ästhetik, der nicht unbedingt jeder zustimmen würde.

Ich weiß nicht genau, wie die Bewerber auf solche Definitionen kommen, die sich anhören, als stammten sie direkt aus den Memoiren einer Jonathan-Ive-Biografie. Ich glaube nicht, dass sie das auf einer Kunsthochschule gelernt haben. Mich beunruhigt, dass sie diese Schlagwörter wahrscheinlich im Umfeld von Social-Media-Design aufgeschnappt haben, wo »UX« ungefähr so viel bedeutet wie »etwas, das so cool aussieht wie ein iPhone«. Das ist eine Mentalität, bei der es vor allem um Beliebtheit geht und bei der die Schönheit von Dingen vorschnell mit Benutzerfreundlichkeit gleichgesetzt wird. Es ist dieselbe Kultur, die gut meinende Designer dazu veranlasst, ein »Redesign«-Mockup irgendeiner populären Website oder App zu entwerfen, ohne die geringste Ahnung davon zu haben, was ein Unternehmen wirklich braucht. Bei dieser Denkweise geht es weniger um die Lösung von Problemen als vielmehr um reine Likes.

In Wahrheit ist natürlich jedes Design subjektiv. Was die eine mag, hasst der andere. Was mir einleuchtend erscheint, mögen Sie ganz anders betrachten. Was in einem Kontext funktioniert, kann in einem anderen kläglich scheitern. Deshalb ist es so schwierig, über Design zu sprechen, besonders – ich wiederhole mich da gern – mit Menschen, die keine Designer sind. Es gibt nur wenig gemeinsames Verständnis davon, was Design ist oder sein sollte.

Zu viele Köche …

Es wäre ein Leichtes, Designs zu entwickeln, wenn es da nicht andere Personen im Projekt gäbe, die mit unseren Entscheidungen möglicherweise nicht einverstanden sein werden. Aber genau das wird passieren!

Es gibt eine Menge Leute, die wenig oder gar nichts über Design wissen, aber Kraft ihrer Autorität unsere Designpraxis beaufsichtigen und letztlich bestimmen können. Sie wollen sich berechtigterweise an der Diskussion beteiligen, sind aber keine ausgebildeten Designer und besitzen nicht das gleiche Fachwissen wie wir, was Gestaltung oder Technologie angeht.

Interessanterweise geben diese Personen oft gern zu, dass sie keine Experten sind. Sie wissen, dass sie nichts wissen, bestehen aber trotzdem darauf, dass ihre Ideen und Vorstellungen richtig sind. Das ist eines der bizarrsten Phänomene unserer Beziehung zu anderen Stakeholdern! Da geben Menschen bereitwillig zu, dass sie von unserem Job nicht viel verstehen, bestehen aber dennoch auf Änderungen, von denen wir annehmen, dass sie sich nachteilig auf die UX auswirken. Sie behaupten, dass sie uns als Experten vertrauen, und überstimmen uns dennoch häufig. Das kann ausgesprochen demütigend und verwirrend sein, aber vielleicht liegt das Problem nicht vollständig bei diesen Entscheidern.

Stakeholder sind naturgemäß Teil des Entscheidungsprozesses, aber wir als Designer tun uns schwer damit, sie auf eine förderliche Weise einzubeziehen, die unsere Ziele nicht gefährdet. Wie genau wir das schaffen können, das müssen wir jetzt herausfinden.

Jeder ist ein Designer!

Jeder erkennt gutes Design, wenn er es sieht, selbst wenn er nicht weiß, wie man es selbst entwickelt. Das klingt frustrierend (sogar absurd), aber es stimmt. Das Gleiche gilt für andere Künste, wie z.B. Musik. Auch wenn ich kein Instrument spielen kann, kann ich doch entscheiden, welche Musik ich mag (und welche nicht). Trotz unterschiedlichster Vorlieben wissen wir alle ziemlich genau, welche Musik wir gerne hören, auch wenn wir nicht wissen, wie wir solche Klänge selbst produzieren können.

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Andy Zelman, Skeleton Claw Comics (mit freundlicher Genehmigung: http://skeletonclaw.com)

Die Schnittstelle ist Ihre Schnittstelle

Da Designarbeit so oft visuell geprägt ist, interessieren sich Menschen für den Teil, den sie sehen, fühlen oder mit dem sie interagieren. Sie interessieren sich für die Schnittstelle. Wenn Ihre Aufgabe darin besteht, eine Benutzeroberfläche zu entwerfen, werden sich also alle für alles interessieren, was Sie tun! Ihre gesamte Arbeit ist damit exponiert und löst natürlich mehr Meinungsäußerungen und Vorschläge aus, als das in vielen anderen Bereichen in einem Unternehmen der Fall wäre.

Unsere Designarbeit ist entscheidend für den Markterfolg der Produkte unserer Arbeitgeber oder Kunden, deshalb sind wir auch dafür verantwortlich, deutlich zu machen, in welcher Weise und warum unsere Arbeit so wertvoll ist. Das passiert nicht von selbst. Dazu braucht es Arbeit, dazu braucht es Übung, aber noch wichtiger: Dazu braucht es gute Kommunikation.

Da ist kein U oder X in »Team«

Man könnte vermuten, Kollaboration müsse der Höhepunkt eines großartigen Designprozesses sein: Unterschiedliche Meinungen finden zusammen, damit daraus die bestmögliche Lösung entsteht. Das ist es, was sich alle wünschen. Dabei hat man das Bild einer kleinen Gruppe respektvoller Intellektueller vor Augen, die leidenschaftlich und gemeinschaftlich über die richtigen Lösungen debattieren, bis die Diskussion zu einem idealen Design führt, auf das niemand allein hätte kommen können. Teamwork in Reinkultur! Alle gehen zufrieden nach Hause, fühlen sich erfüllt und respektiert – bereit für die nächste gestalterische Herausforderung. Oder? Wir mögen uns diese Form der Zusammenarbeit zwar wünschen, aber es wird deutlich komplizierter, wenn wir nicht alle einer Meinung sind. Wenn wir nicht miteinander übereinstimmen, neigen wir dazu, uns defensiv zu verhalten – uns zu verteidigen. Und wenn das passiert, können wir uns nicht mehr auf die wirklichen Probleme konzentrieren. Das Meeting endet dann nicht mit einem gemeinschaftlichen Ergebnis, sondern mit einem murrend akzeptierten Kompromiss und – oft genug – einer verkrüppelten User Experience.

In solchen Situationen verderben zu viele Köche den Brei. Jeder hat irgendeinen Vorschlag dazu, wie man ein bestimmtes Problem lösen könnte. Wir hören von verschiedenen Seiten unterschiedliche Meinungen und sind außerstande, unsere eigenen Entscheidungen gegen diese Flut von Rückmeldungen zu verteidigen. Aus einer Anregung wird eine Idee für etwas anderes. Diese Idee regt dazu an, über etwas Drittes nachzudenken. Wird dem jetzt nicht Einhalt geboten, kann die Konversation außer Kontrolle geraten und zu einem Durcheinander gut gemeinter Änderungen mutieren, die in ihrer Gesamtheit den Untergang für das komplette Projekt bedeuten. Das Ziel, das wir gemeinsam erreichen wollten, gerät durch Gruppendenken und Herdentrieb aus dem Blick. Denken Sie daran: Teamarbeit hört immer mit Arbeit auf.

Der CEO-Button

Aus diesem Grund gibt es Phänomene wie den CEO-Button.

Der CEO-Button ist eine ungewöhnliche oder unerwartete Anfrage einer Führungskraft, eine Funktion hinzuzufügen, die das Gleichgewicht eines Projekts komplett zerstört und den eigentlichen Sinn des Designerdaseins untergräbt.

Das klingt lustig, ist aber leider wahr. Sie können Wochen oder Monate damit verbringen, die bestmögliche App zu entwickeln. Ihr Team hat alle Best Practices einfließen lassen. Sie haben Usability-Tests durchgeführt, um zu beweisen, dass es funktioniert. Und doch kann eine einzige Führungskraft daherkommen und die ganze Sache in die Luft jagen. Das möchten wir verhindern.

Das Homepage-Syndrom

Ein weiteres häufiges Problem ist das Homepage-Syndrom.

Das Homepage-Syndrom ist ein Zustand, bei dem der Startbildschirm einer App oder Website zu einem Auffangbecken für alles nur Denkbare wird, zu einem Sammelsurium von Links, Schaltflächen und Werbebannern. Das anwenderfreundliche Gefüge löst sich auf und bringt Designer dazu, sich abends verzweifelt in den Schlaf zu weinen.

Manchmal entartet, wie sehr wir uns auch bemühen mögen, eine Startseite zu einem riesigen Durcheinander. Jeder möchte, dass sein eigener Geschäftsbereich dort vertreten ist. Fast so, als würde etwas gar nicht existieren, wenn es nicht auf der Startseite vorkommt. Das neue große Ding, das wir gerade auf den Markt bringen? Stell es auf die Homepage. Und diese andere Sache, die nicht so gut läuft? Stell sie auf die Homepage, vielleicht können wir damit etwas erreichen. Kommt Ihnen das bekannt vor? Wir müssen lernen, mit diesem Phänomen umzugehen.

Der Job heißt Kommunikation

Die gute Nachricht lautet, dass das kein Naturgesetz ist. Die Disruptionen und Kompromisse, die bei kollaborativen Designprozessen in Unternehmen und Organisationen so häufig vorkommen, lassen sich durch eine bessere Kommunikation mit den beteiligten Interessengruppen vermeiden. Meiner Erfahrung nach gehen die meisten Probleme oder Bedenken, die Projektbeteiligte an uns herantragen, auf Missverständnisse oder Fehlkommunikation zurück. Der Schlüssel liegt in der Art und Weise, wie wir mit ihnen über unsere Entwürfe sprechen.

Das macht Sinn, wenn man genauer darüber nachdenkt. Alle unseren zwischenmenschlichen Beziehungen sind nichts weiter als eine ständige Abfolge von Übereinkünften und Missverständnissen. Wir können nicht immer beeinflussen, wie uns andere anfänglich verstehen. Jeder geht mit seinem persönlichen Erfahrungsschatz in Gespräche. Was wir jedoch steuern können, ist die Art und Weise unserer Kommunikation, um dadurch das zukünftige Verständnis zu beeinflussen. Wie wir mit Menschen sprechen und was wir dabei sagen, wird ihre Reaktionen mitbestimmen.

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Auch wenn Sie immer gesagt bekommen haben, dass es Ihr Job sei, Dinge zu entwerfen – in Wirklichkeit heißt Ihr Job: Kommunikation!

Die guten Kommunikatoren gewinnen

Als besserer Kommunikator eröffnen sich Ihnen mehr Möglichkeiten. Ich bin immer wieder erstaunt darüber, wie viele Designer sich für einen Job bewerben, obwohl ihnen grundlegende Kommunikationsfähigkeiten fehlen. Interessenten schicken mir Lebensläufe ohne Begleitmail, vergessen Vorstellungsgespräche oder befolgen die Vorgaben nicht. Letztlich widme ich meine Aufmerksamkeit aber nur solchen Kandidaten, die gut kommunizieren können. Die schlechten Kommunikatoren landen ganz schnell im Abseits.

Häufig bringen meine Chefs oder Kunden zum Ausdruck, dass sie mich unter anderem deshalb eingestellt haben, weil es so schwer ist, Leute zu finden, die zuverlässig sind und effektiv kommunizieren können. Ich habe schon viele Geschichten über ehemalige Designer gehört, die einfach nicht gut darin waren, Erwartungen zu formulieren, Anweisungen zu befolgen oder sich klar über ihre Arbeit mitteilen zu können. Ob sie gut und erfolgreich mit den anderen Projektbeteiligten zusammenarbeiten können, insbesondere mit Entwicklern und Managern, ist oft das, was gute Designer von schlechten unterscheidet. Es geht nicht darum, dass Sie das innovativste Design entwerfen können, sondern darum, dass die Art und Weise, in der Sie mit Menschen zusammenarbeiten, Vertrauen in Sie und Ihre Kompetenz vermittelt.

Wenn Sie ein guter Kommunikator sind, wird Ihr Job einfacher. Es mag seltsam klingen, aber möglicherweise ist das bereits alles, was Sie brauchen, um sich von anderen Designern abzuheben – selbst von denen, die künstlerisch vielleicht talentierter sind als Sie. Ganz einfach: Am Ende gewinnen die besseren Kommunikatoren.

Klarheit führt zum Erfolg

Es geht aber um mehr als um Worte. Wir müssen unsere Worte zu etwas machen, das eine Veränderung bewirkt oder Menschen dazu bringt, unsere Entscheidungen zu unterstützen. Wir müssen genau erklären, warum wir was wie getan haben. Es reicht nicht, oft genug oder ausdauernd zu reden – wir müssen unsere Worte auf zwingende und überzeugende Weise einsetzen. Es geht darum, sich verständlich und effektiv zu artikulieren.

Der Schlüssel liegt darin, sich sowohl der Botschaft bewusst zu sein, die man vermitteln will, als auch der Reaktion, die man hervorrufen möchte. Wenn Sie es schaffen, Ihre Botschaften so zu gestalten, dass Sie damit die gewünschten Reaktionen hervorrufen, werden Sie mit viel größerem Erfolg Ihre Ziele erreichen.

Die besten Ideen gewinnen (nicht immer)

Man möchte glauben, dass sich immer die besten Ideen durchsetzen und großartige Entwürfe für sich selbst sprechen. Dass am Ende die besten Ideen ausgewählt werden, ist aber eine sehr idealistische Vorstellung. Das sollte vielleicht so sein, aber das wirkliche Leben sieht oft anders aus. Und zudem ist der Mensch Teil der Gleichung. Die besten Ideen müssen sich (leider) in ganzen Serien von Meetings bewähren, in denen konkurrierende Interessen um Aufmerksamkeit buhlen. Derjenige, der die anderen davon überzeugen kann, dass er recht hat, setzt sich durch. Ihr Design mag revolutionär sein, aber wenn ein aggressiver und redegewandter Vertriebsmitarbeiter Ihren Chef davon überzeugen kann, dass Sie danebenliegen und er recht hat, wird eher dieser die nötige Unterstützung bekommen.

Designer, die ihre Arbeit nicht gut erläutern und begründen können, werden am Ende als Verlierer dastehen und gezwungen sein, Änderungen vorzunehmen, mit denen sie nicht einverstanden sind. Das soll nicht heißen, dass die Beziehung zu den Stakeholdern feindlich sein muss. Nein, solche Diskussionen können sich sehr wohl wie gute, solide Teamarbeit anfühlen. Wenn Sie aber den Mund nicht aufbekommen und Ihre Sicht der Dinge darlegen, werden Sie oft gezwungen sein, nachteilige Änderungen an Ihren Entwürfen vorzunehmen zu müssen.

Können Sie Ihre Entwürfe stattdessen klar und verständlich erläutern, hat das vielfältige Wirkungen:

Sie zeigen Ihre Intelligenz.

Sie sind klug. Sie wissen, wovon Sie sprechen. Sie haben Erfahrung auf diesem Gebiet. Man kann Ihnen die Lösung anvertrauen.

Sie demonstrieren Zielgerichtetheit.

Sie haben darüber nachgedacht und sind drangeblieben. Sie verfolgen einen logischen Ansatz. Dies ist keine zufällige Idee. Es gibt ein Ziel und einen Fokus.

Sie strahlen Selbstvertrauen aus.

Sie wissen, was Sie wollen. Und wie Sie es erreichen können. Sie argumentieren solide und geben kein Wischiwaschi von sich. Sie meinen, was Sie sagen.

Sie zeigen Respekt.

Sie sind gut vorbereitet. Sie wissen die Meinungen aller Beteiligten zu schätzen. Sie verschwenden nicht deren wertvolle Zeit. Das zeugt von Wertschätzung.

Bei der Vermittlung von Design geht es darum, zu kommunizieren, warum wir etwas in genau der gezeigten Weise gemacht haben, damit die Stakeholder unsere Beweggründe besser verstehen. Ja, wir können unsere Arbeit sogar so präsentieren, dass sie auch deren Bedürfnisse und Erwartungen anspricht. Die Projektbeteiligten können Vertrauen zu uns aufbauen, indem wir durch Logik und Vernunft unser Fachwissen beweisen und es auf eine Weise vermitteln, die sie verstehen können. Wir müssen also die Macht der Kommunikation nutzen, uns klar und verständlich ausdrücken und andere auf diese Weise davon überzeugen, dass unsere Entscheidungen die bestmögliche Lösung darstellen. Uns entschieden und verständlich auszudrücken, wird uns helfen, erfolgreich zu sein.

Ein guter Designer werden

Um die Vermittlung unserer Designentscheidungen zu verbessern, sollten wir uns einmal ansehen, was ein Design erfolgreich macht, denn das bestimmt, wie wir darüber kommunizieren. Lassen Sie uns die UX auf ihren Kern reduzieren. Wir müssen verstehen, was eine großartige Benutzererfahrung ausmacht, damit wir die zugrunde liegenden Überlegungen und Ansätze darstellen können.

Die Großen Drei

Lassen Sie uns also zurückkehren zur Frage: Was macht gutes Design aus? Man kann über die Antwort so lange diskutieren, wie man will: Wenn es um die Gestaltung der User Experience geht, ist ein Entwurf nur dann wirklich gut, wenn er ein Problem löst. Meistens versuchen wir, Unternehmensprobleme zu lösen oder ein Ziel zu erreichen, das dem Unternehmenswachstum dient. Wenn wir einem benutzerzentrierten Designansatz folgen, geht es aber nicht nur um die Unternehmensaufgaben, sondern auch darum, unsere Designs für die Menschen, die sie letztlich benutzen sollen, möglichst einfach bedienbar zu machen.