Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
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Impressum:
© Dr. Martin Berger
3., überarbeitete Auflage 2019
Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN 9783750477582
Trotz sorgfältiger Prüfung kann keine Gewähr für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität der bereitgestellten Informationen übernommen werden. Dieses Werk wurde in privater Eigenschaft verfasst.
Das Beherrschen korrekter Definitionen ist für das Bestehen von Strafrechtsklausuren wesentlich. Einige geläufige Definitionen müssen Sie in jeder Klausur aus dem Gedächtnis abrufen können, ohne lange Nachdenken zu müssen. Andere ungewöhnlichere Definitionen sollten zumindest in einer Klausur grob hergeleitet werden können.
Dieses Überblickswerk soll das Lernen von Strafrechtsdefinitionen erleichtern. Viel Erfolg in der Klausur und in der Hausarbeit!
Dr. jur. Martin Berger
Leipzig, Dezember 2019
Um eine Strafrechtsklausur zu bestehen, müssen Sie Folgendes beherrschen:
Wenn Sie diese Punkte im Großen und Ganzen beachten, werden Sie jede Klausur mindestens mit "befriedigend" bestehen. Allein das Nichtbeherrschen des Gutachtenstils führt regelmäßig zum Nichtbestehen einer Klausur, auch wenn Sie über das notwendige Fachwissen verfügen. Trainieren Sie daher von Anfang an den Gutachtenstil.
Die Kunst bei der juristischen Klausur ist jedoch das Zeitmanagement. Die vorgegebene Zeit (2 bzw. 3 Stunden) scheint am Beginn der Klausur großzügig bemessen zu sein. Zum Ende der Klausur werden Sie jedoch regelmäßig bemerken, dass die Zeit nicht ausreicht. Gewöhnen Sie sich daher von Anfang an ein zügiges Arbeiten und eine gewisse Flexibilität beim Gutachtenstil an, d.h. halten Sie nicht zu schematisch am Gutachtenstil fest und fassen Sie sich kurz. Gerade für Anfänger ist dies jedoch leichter gesagt, als getan. Übung macht auch hier den Meister.
Die üblichen Definitionen müssen Sie ohne lange zu überlegen abrufen können.
In der Strafrechtsklausur im kleinen Schein wird Ihnen regelmäßig ein Sachverhalt (Fall) vorgelegt, den Sie strafrechtlich lösen müssen. Das Gutachten ist grundsätzlich im Gutachtenstil abzufassen. Nur ausnahmsweise darf vom Gutachtenstil abgewichen werden.
Im Gegensatz zum Urteilsstil, wo das Ergebnis am Anfang steht, müssen Sie beim Gutachtenstil das Ergebnis Schritt für Schritt entwickeln. Beim Gutachtenstil müssen Sie sich folgendes allgemeines Schema vor Augen halten:
Gutachtenstil:
Im ersten Schritt müssen Sie einen Obersatz bilden. Im Obersatz wird eine Frage aufgeworfen.
Dazu folgender Beispielfall:
In der Bar "Zur Ratte" kommt es zum Streit zwischen T und O. Im Laufe des Streits haut T mit seiner Faust dem O ins Gesicht. O stöhnt vor Schmerz. Hat sich T strafbar gemacht?
z.B. "T könnte sich gemäß § 223 I StGB1 strafbar gemacht haben, als er O mit der Faust in das Gesicht schlug." (Hauptobersatz).
"Dazu müsste eine körperliche Misshandlung (§ 223 I 1.Alt) oder eine Gesundheitsbeschädigung (§ 223 I, 2.Alt.) des O vorliegen." (überleitender Obersatz)
Im zweiten Schritt muss abstrakt definiert werden, welche Voraussetzungen vorliegen müssen, damit die im Obersatz genannte Frage bejaht werden kann.
z.B. "Eine körperliche Misshandlung ist eine üble, unangemessene Behandlung, durch die das körperliche Wohlbefinden nicht nur unerheblich beeinträchtigt wird2." (Definition)
Im dritten Schritt müssen Sie subsumieren, d.h. Sie müssen prüfen, ob im konkreten Fall die aufgestellten Voraussetzungen erfüllt sind.
z.B. "Der Schlag mit der Faust in das Gesicht des O stellt eine unangebrachte Behandlung des menschlichen Körpers dar und ist daher übel und unangemessen. Der Faustschlag verursachte bei O starke Schmerzen, die sein körperliches Wohlbefinden erheblich beeinträchtigte." (Subsumtion)
Im vierten Schritt muss die aufgeworfene Frage bejaht oder verneint werden.
z.B. "Der Schlag des T stellt somit eine körperliche Misshandlung des O dar." ((Zwischen-) Ergebnis)
In der Strafrechtsklausur müssen Sie dabei auf jedes Merkmal eines Straftatbestandes einzeln gutachterlich eingehen. Die Prüfung eines Straftatbestandes setzt sich quasi aus mehreren gutachterlichen Prüfungen der einzelnen Merkmale zusammen.
Unproblematische Tatbestandsvoraussetzungen (zumeist Tatsubjekt und Tatobjekt) müssen dabei kurz gehalten bzw. ausnahmsweise im Urteilsstil abgehandelt werden. So braucht man sich beispielsweise nicht lange mit der gutachterlichen Prüfung beschäftigen, ob T und O im o.g. Fall "Menschen" und damit geeignete Tatsubjekte bzw. Tatobjekte sind. Das ist offensichtlich und muss daher nur kurz angesprochen werden. Achten Sie gerade in Anfängerklausuren auf die Wünsche und Vorlieben Ihres Profs. Das spart wertvolle Zeit und zeigt den Korrekturassistenten, dass Sie Schwerpunkte setzen können.
1 "§§ ohne Angaben sind solche des StGB".
2 Lackner/Kühl, StGB, § 223 Rn.5.
Handlung | Handlung im strafrechtlichen Sinne ist jedes vom menschlichen Willen getragenes oder beherrscbare sozialerhebliche Verhalten (sog. soziale Handlungslehre3). Nur Menschen können i.S.d. Strafrechts handeln (keine jur. Personen, diese handeln durch ihre Organe). Die menschliche Willensbetätigung muss nach außen gerichtet sein (Sozialerheblichkeit) und das Verhalten muss beherrscht oder beherrschbar sein (keine Reflexe oder mechanisch erzwungene Bewegungen) |
Kausalität | (Ursache) ist im Strafrecht die Beziehung zwischen Handlung und tatbestandsmäßigen Erfolg. Die Kausalität wird im Strafrecht meistens mit der conditio-sine-qua-non Formel bestimmt (sog. Äquivalenz- bzw. Bedingungstheorie). Danach kann die Handlung nicht hinweggedacht werden, ohne das der tatbestandsmäßige Erfolg entfiele. |
Äquivalenztheorie | (Bedingungstheorie, conditio-sine-qua-non-Formel): Eine Handlung ist dann Ursache für ein Erfolg, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der konkrete tatbestandsmäßige Erfolg entfiele4. |
Adäquanztheorie | Ein Tun oder Unterlassen ist danach nur dann kausal, wenn sich die objektive Möglichkeit des Erfolgseintritts nach allg. Lebenserfahrung in nicht unerheblicher Weise erhöht hat5. Die Äquivalenztheorie hat den Nachteil, dass sie keine Unterscheidung zwischen wesentlichen und unwesentlichen Ursachen vornimmt und damit zu weitgehend ist |
alternative Kausalität | (Doppelkausalität) Zwei Ursachen führen zum selben Erfolg. Jede Ursache hätte für sich allein zum Erfolg geführt. Denkt man sich eine Handlung weg, so bleibt der tatbestandsmäßige Erfolg bestehen. |
Bsp: A und B mischen unabhängig voneinander dem O je eine zur selben Zeit wirkende tödliche Dosis Gift in sein Bierglas. O stirbt nach dem ersten Schluck. |
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hypothetische Kausalität | Die hypothetische Kausalität ist insbesondere bei den unechten Unterlassungsdelikten relevant. Hypothetische Kausalität liegt vor, wenn die rechtlich erwartete Handlung nicht hinzugedacht werden kann, ohne dass der tatbestandliche Erfolg entfiele (sog. modizierte conditio-sine-qua-non-Formel). Sie stellt den Zusammenhang zwischen unterlassener Handlung und tatbestandsm. Erfolgseintritt her. |
überholende Kausalität | Mind. zwei unterschiedliche Ursachen führen nacheinander zum tatbestandsmäßigen Erfolgseintritt. Nach der Äquivalenztheorie bleiben sog. Reserveursachen außer Betracht. |
Bsp: A will den O erschießen. A drückt ab. Noch bevor die Kugel den O trifft, wird der O mit einem sofort tödlichen Stich ins Herz durch B getötet. Die Handlung des B ist kausal für den Todeseintritt. Die von A gesetzte Reserveursache bleibt außer Betracht. |
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kumulative Kausalität | Der Erfolg wird nur durch Zusammenwirken mind. zweier Ursachen herbeigeführt. |
Bsp: A und B wollen unabhängig voneinander den O mit Gift töten. Beide verwenden eine zu geringe Dosis, die für sich allein nur Schmerzen verursacht. Erst durch die Verdoppelung der Dosis stirbt O. Hier können beide Handlungen nicht hinweggedacht werden, ohne das der tatbestandsmäßige Erfolg entfiele. A und B handelten kausal. Allerdings können die Handlungen den jeweiligen anderen nicht objektiv zugerechnet werden. Folglich werden A und B nur wegen versuchten Totschlag (ggf. versuchter Mord) bestraft, obwohl O tatsächlich verstorben ist. |
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objektive Zurechnung | Nach der h.L. bedarf der durch die Äquivalenztheorie ermittelte Ursachenkreis einer normativen (wertenden) Einschränkung, dh. der konkrete Erfolg muss dem Täter auch obj. zurechenbar sein. Obj. Zurechenbarkeit liegt vor, wenn der Täter durch sein Verhalten eine rechtlich missbilligte Gefahr des Erfolgseintritts geschaffen hat und sich im konkreten tatbestandsmäßigen Erfolg gerade diese Gefahr verwirklicht6. |
rechtlich missbilligte Gefahr | Im Zusammenhang mit der Lehre der objektiven Zurechnung. An einer rechtlich missbilligten Gefahr fehlt es, wenn
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Risikozusammenhang | Im Zusammenhang mit der Lehre der objektiven Zurechnung. Der Risikozusammenhang fehlt bei folgenden Konstellationen:
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