Was Paare weiter trägt – Gedanken zu Werten

über Standpunkte, Trauer, Wut, Glück, Liebe, Zufall,

Wirklichkeit, vom freien Willen, Bewusstsein,

Sexualität, Ehe, Selbstwert, Demut, Ichwerdung,

Wenn die Beziehung stirbt.

Copyright © by Mathias Voelchert

Verlagsredaktion: Mathias Voelchert GmbH

Umschlaggestaltung: Mathias Voelchert GmbH

Typografische Bearbeitung und Satz: Sead Mujić

Herstellung BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

Printed in Germany

ISBN 978-3-9357-5803-1

Dieses Buch ist auch als Hörbuch erhältlich,

gesprochen von Claus Vester ISBN 978-3-935758-04-8

Wie auch als eBook mit der ISBN 978-3-935758-03-1

edition + plus

Copyright für die deutsche Ausgabe 2014

© by Mathias Voelchert GmbH Verlag, München, edition + plus

1. Auflage 2014

Alle Rechte vorbehalten. Reproduktion, Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, Wiedergabe auf elektronischen, fotomechanischen oder ähnlichen Wegen, Funk und Vortrag, auch auszugsweise, gerne mit schriftlicher Genehmigung der Copyrightinhaber.

Kontakt: mvg@mathias-voelchert.de

www.familylab.de

www.beziehungenimwandel.de

Inhalt

„Wenn ich Nein sage

zu meiner gegenwärtigen Situation,

wenn ich nicht mehr mitfliesse,

dann beginnt Trauma“.

Fred Gallo

Vorwort

‘Paare im Wandel’ ist entstanden aus der Erkenntnis und den Erfahrungen, dass nur die, die Beziehung haben, und diese verändern wollen, wirklich etwas tun können. Menschen zu ermuntern ihre Partnerschaft als ein lebenslanges Experiment zu sehen, ist ein Anliegen von ‘Paare im Wandel’.

Beratung, Therapie haftet leicht der Beigeschmack des Mangels an. Als würde uns etwas fehlen, als wären wir nicht gut genug, so wie wir sind. Als wüssten es Lebensberater und Experten besser als wir selbst. Dann geht der Ratsuchende in eine kindlich-bedürftige Haltung und der Ratgebende in eine elterlich-besserwissende Haltung. Keine gute Ausgangsbasis um selbst die Regie im eigenen Leben, soweit möglich, zu übernehmen.

Andererseits führt dieser Selbstschutz vor Reflexion, den sich manche auferlegen, nur zu mehr vom selben. Sich vernünftigerweise Rat zu holen, wenn wir im Zweifel sind, ist angemessen und ein intelligenter Umgang mit unseren Unsicherheiten. Paare sind heute in vieler Hinsicht echte Pioniere, mit denen Fachleute oft nicht Schritt halten können. So geht es in Partnerschaften nicht darum sich »richtig« zu verhalten. Es geht darum, dieser Beziehung Sinn zu entlocken! Was dieser Sinn sein kann, das sollten beide Partner miteinander erforschen und aushandeln.

Dieser Essay ‘Paare im Wandel’ bezieht sich auf den Moment an dem wir meinen die Liebe wäre aus unserer Beziehung gewichen. Diese Liebe hat sich verändert, sie ist nicht mehr oberflächlich. Sicherlich ist sie keine verliebte Liebe mehr. Fast hat sie sich einer Arbeitsbeziehung genähert. Sie ist gewöhnlich geworden. Meine Partnerin ist - nicht mehr ganz - die schönste Frau der Welt, als die ich sie sah. Diese Liebe ist gegangen. Keiner konnte sie halten. Gewichen einem klareren, tieferen Blick.

Bekommen haben wir eine normale Ehe, Beziehung, eine normale Liebe. Manchen ist das nicht genug. Sie suchen im Neuen, das Gewesene. Die vergangene Liebe. Gleichwohl wissen sie, dass es nicht lange dauern wird, bis sie wieder am Anfang dieser Bewegung ankommen. Ist es nötig diese Erfahrungen zu werten? Mit festen Glaubenssätzen zu erdrosseln? Hilft es mit fundamentalistischer Grundsätzlichkeit einen Halt vorzugaukeln, den es so gar nicht für alle gibt?

Wir neigen dazu in Gegensätzen statt in Alternativen zu denken. ‘Paare im Wandel’ wird Alternativen aufzeigen, entscheiden was für Sie passt, werden Sie selbst.

Mathias Voelchert

Was Paare weiter trägt – Gedanken zu Werten in der Partnerschaft

Wir brauchen neue Wertmaßstäbe die den veränderten Lebensvorstellungen in unseren Beziehungen entsprechen. Das absolute, eheliche Versprechen, »bis dass der Tod uns scheidet« bedeutet für viele heute mehr Bedrohung als ein Versprechen. Wobei es vielleicht eher eine Absichtserklärung als ein Versprechen sein könnte.

Da wir keine brauchbaren Rollenmodelle, für Paarbeziehung und Elternschaft, mehr vorfinden, befinden wir uns in einer Experimentierphase. Ein aktueller Zwischenstand dieses Experiments lautet, jedes Paar muss selbst seine individuellen Spielregeln aushandeln und festlegen. Ein anderer Lösungsversuch lautet, zurück zu alten Werten - wir halten uns an das, was schon in den vorherigen Generationen - eher schlecht als recht - funktioniert hat.

Paare sind heute in vieler Hinsicht echte Pioniere, mit denen Experten oft nicht mehr Schritt halten können. Zu schnell verändern sich die Bezüge: War vor einer Generation noch ein allein erziehender Elternteil ein soziales Unglück, besteht heute die Hälfte einer Schulklasse aus Alleinerziehenden. Das stellt große Anforderungen z.B. an Lehrer und Schulorganisationen.

Deine, meine und vielleicht unsere Kinder, stellen völlig neue Bedürfnisse dar, die mit dem Handwerkszeug der traditionellen Kernfamilie nicht mehr ‘behandelt’ werden können. Wenn wir uns dieses Handwerkszeug näher betrachten, könnten wir auf die Idee kommen, dass es eher ein Glücksfall ist sich um Neues bemühen zu müssen, als ein Trauerfall.

In großen Schritten steuern wir auf die Ganztagsbetreuung unserer Kinder zu. Unsere Forderung nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf treibt diese Bewegung unaufhörlich voran. Können wir es uns leisten Frauen hervorragend auszubilden und sie dann vor dem Kochtopf, zu hause, intellektuell verhungern zu lassen? Nach dem Motto ‘Na Schatz, wie war dein Tag auf dem Sofa heute’?

Oder ringen wir uns dazu durch, zu der liebevollen und wertvollen Zeit die Eltern mit ihren Kindern haben können, qualifizierte Zeit mit pädagogisch gebildeten Menschen hinzuzufügen. Damit werden beide, professionelle Pädagogik und Elternfürsorge einen wertvollen Platz bekommen. Damit werden in Erziehungsnot geratene Familien unkomplizierte und entlastende Unterstützung bekommen, ohne den Stempel der Unfähigkeit von einem System verpasst zu bekommen, das selbst nicht mehr weiter weiß.

Unsicherheit in Fragen der Beziehungen von Partnern und Kindern sind typisch für unsere Zeit. Ich betrachte es als eine Stärke und Qualität mit Unsicherheiten umgehen zu lernen und sie nicht unter den Tisch zu kehren nach dem Motto: ‘Wir machen das so, wie wir es immer gemacht haben’. Das führt zu Verunsicherung. Fehlende neue Werte müssen erst ausgehandelt werden. Veränderte Werte lassen sich nicht im Hau-Ruck-Verfahren einführen. Und einiges von dem was wir schon haben ist gut und wertvoll. Gut genug um übernommen zu werden.

Die Zeiten in denen alle ‘wussten’ was »richtig« und »falsch« ist, gehen langsam zu Ende. Es gibt, in aller Welt, sehr unterschiedliche Wertvorstellungen und Vereinbarungen wie Zusammenleben stattfindet. Als Beispiel die Besuchsehen der Mosu in China. (Mehr dazu in einer der nächsten Ausgaben)

Dabei scheint wesentlich zu sein, überhaupt über Werte verfügen zu können. Sie zu besitzen und mitgestalten zu können. Und sich nicht als Sklave dieser Werte fühlen zu müssen, ihnen ausgeliefert zu sein, sondern das ständige Recht zu haben die eigenen Werte mitgestalten zu dürfen.

Artikel 1 - der UN Menschenrechtscharta
Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.

Wertvorstellungen zu besitzen, daran zu glauben und für sie einzutreten wird ein wesentlicher Bestandteil unserer zukünftigen Lebensqualität werden. Und ich füge hinzu: Diese Werte dürfen niemals wichtiger sein, als der Mensch der sie lebt. Menschen sind wichtiger als jede Ideologie, auch wenn die menschliche Lebenszeit oft wesentlich kürzer ist als die von Menschen verachtenden Ideologien.

Ehen werden nicht mehr aus gesellschaftlicher Notwendigkeit geschlossen, sondern als persönliche Wahl betrachtet. Unterdrückung, Unmündigkeit, Misshandlung in Partnerschaften, hat in unserer europäischen Kultur keinen Platz mehr. Und – wir sind zunehmend nicht mehr bereit diese Werte zur Disposition zu stellen.

Bei diesem ‘Kehraus alter Werte’ könnte Sinnvolles zu Bruch gehen. Dazu gehört, meiner Meinung nach, der Zusammenhalt in Familie, Ehe, Partnerschaft. Der Zusammenhalt von Eltern, auch wenn sie nicht mehr Partner sind, wie in »Trennung in Liebe« beschrieben. Der Zusammenhalt von Vater und Sohn, von Mutter und Tochter. Der Zusammenhalt von Alten und Jungen einer Sippe, weil sie von gleicher Abstammung sind.

Auf den folgenden Seiten werden manchmal andere Standpunkte, zu den üblichen, vertrauten Sichtweisen eingenommen. Sinn und Zweck ist, das Steckenbleiben in eingefahrenen Sicht-weisen zu lösen. Neue Standpunkte anzusprechen, neue Sicht, vielleicht Einsicht, einzuneh-men.

Es geht nicht darum, solche Ansichten zu teilen oder zu übernehmen. Es geht nicht darum einzuteilen in richtig oder falsch! Es geht darum, wieder zu lernen, anderes Denken zu respektieren und zu achten, sich selbst damit zu achten und im zweiten Schritt damit auch den Partner zu achten.

Die Themen sind: Trauer, Wut, Naivität, Glück, Liebe, Standpunkte, Zufall, Wirklichkeit, freier Wille, Bewusstsein, Sexualität, Ehe, Selbstwert, Wenn die Beziehung stirbt. – Wir tun nur so als ob alles so ist, wie wir es sehen. Da keiner widerspricht… Und doch könnte das genaue Gegenteil auch Bestand haben.

»Was auch immer wahrgenommen wird, wird auf die Weise des Wahrnehmenden wahr genommen.«

Thomas von Aquin

»Hinter dem Verhalten eines Subjekts steht der Sinn, den es in sein Verhalten hineinlegt.«

Max Weber