Touren mit * sind im Prinzip von jedem Erwachsenen und jedem motivierten Schulkind zu machen. Wanderungen mit ** sind anstrengender, aber immer noch von jedem normal fitten Erwachsenen und Schulkind zu bewältigen. ***-Wege sind für die Sportlichen, und **** richten sich an die Expertinnen und Experten mit einschlägigen Erfahrungen. Sonderanforderungen - wie Schwindelfreiheit oder Trittsicherheit - werden extra im Tourinfo-Kasten ausgewiesen.
Tourenvergleich auf einen Blick durch den einheitlichen Maßstab (1 km = 1 cm). Die addierten Auf- und Abstiege entsprechen den tatsächlichen Anforderungen der Strecke.
Unsere GPS-Tracks und Waypoints sind besonders genau, weil sie redaktionell überprüft und bearbeitet wurden. Auf www.michael-mueller-verlag.de/gps finden Sie die Daten für Ihr GPS-Gerät oder Smartphone. Gratis! Oder Sie laden sich die App mmtravel tracks herunter - mit allen Touren dieses Buchs auf Online-Karten. Ebenfalls kostenlos und ohne Registrierung.
Selbstverständlich lassen sich alle Touren auch ohne GPS und Smartphone durchführen.
Sämtliche Karten in diesem Wanderführer sind GIS-basiert und im UTM-Koordinatensystem mit dem geodätischen Datum WGS 84 erstellt und damit wirklich auf der Höhe der Zeit.
Die Wegpunkte 1, 2, 3 & Co. wurden von den Autoren für jede Tour vor Ort mit dem GPS-Gerät an wichtigen Stellen im Gelände aufgezeichnet. Neben einer technisch bedingten Ungenauigkeit kommt es aufgrund geologischer Besonderheiten besonders in Schluchten zu Abweichungen. Als Lesezeichen finden Sie die entsprechenden Ziffern sowohl im Text wie in der Karte und im Diagramm.
Im Tourinfo-Kasten stellt sich die Tour vor. Sie erfahren außerdem alles, was Sie zur Wanderlogistik und zum Überleben brauchen, und das im Detail.
Überschätzen Sie sich nicht - machen Sie einfach Urlaub, auch die mit * oder ** gekennzeichneten Touren sind wunderschön. Wandern Sie möglichst nicht allein, setzen Sie jemanden aus Ihrem Quartier über die geplante Tour in Kenntnis und nehmen Sie ausreichend Trinkwasser sowie Ihr Handy mit.
Die in diesem Wanderführer enthaltenen Angaben wurden von unseren Autoren nach bestem Wissen erstellt und von ihnen und dem Michael Müller Verlag mit größter Sorgfalt überprüft und veröffentlicht. Dennoch können weder Autor noch Verlag bezüglich der Beschreibungen und Karten sowie der Gegebenheiten vor Ort Verantwortung übernehmen. Natur und Klima sind und bleiben letztlich unberechenbar. Der Zustand der Wege ist immer auch von der Zeit, der Witterung, von Eingriffen durch Menschenhand und anderen Unvorhersehbarkeiten abhängig. Wir bitten um Verständnis und sind jederzeit für Verbesserungsvorschläge dankbar.
In jedem Notfall wählt man 112 (EU-weite Notrufnummer)
Dentelles de Montmirail, Mont Ventoux und Montagne de Lure (Link): Den gesamten Norden der Provence nimmt ein mächtiger Höhenzug ein: Der Mont Ventoux, der als ein Wahrzeichen der Provence gilt und dessen Erhebungen sich nach Osten bis zur Montagne de Lure fortsetzen. Er steigt bei den bizarren Dentelles de Montmirail (→ Tour 1), die an Klöppelspitzen erinnern, langsam an, um wenig später am eigentlichen Gipfel Mont Ventoux (→ Tour 4 und 5) mit 1.912 m seinen höchsten Punkt zu erreichen. Weithin sichtbar dominiert der kahle Berg einen großen Teil der Provence. Während sein Nordhang steil ansteigt, läuft die Südflanke relativ sanft zum Meer hin aus. Auf den Hügeln der Umgebung finden sich mehrere reizvolle Kapellen (→ Tour 2 und 3).
Über das von Jean Giono poetisch verklärte Lure-Gebirge (→ Tour 6, 7 und 8) geht das Gebirgsmassiv schließlich in die Haute-Provence (s. u.) und die Seealpen über. Eingebettet sind viele karstige und wasserarme Hochebenen, auf denen hier wie dort viele Lavendelfelder zu finden sind.
Empfohlene Standorte: Vaison-la-Romaine, Carpentras, Sisteron.
Alpilles und Montagnette (Link): Als Les Alpilles, „die kleinen Alpen“, wird der kleine Höhenzug bezeichnet, der sich nördlich der Crau zwischen Tarascon und Salon-de-Provence über 25 km in westöstlicher Richtung erstreckt. Die Gipfel dieser kleinen Alpen erreichen zwar nicht einmal 400 m, doch im Gegensatz zur brettflachen Crau ist der Vergleich mit einem Gebirge gar nicht so unangebracht. Die kargen Alpilles (→ Tour 11, 12 und 13) sind einer jener parallel verlaufenden Höhenzüge, die die Provence seit dem Tertiär (vor ca. 60 Mio. Jahren) von Osten nach Westen durchziehen. Hierzu zählt auch die bewaldete Montagnette (→ Tour 10). Inmitten der Garrigue-Landschaft, noch jenseits der Montagnette, steht mit dem Pont du Gard (→ Tour 9) zweifellos eines der eindrucksvollsten Bauwerke der Antike.
Empfohlene Standorte: Arles, Nîmes, Saint-Rémy-de-Provence, Salon-de-Provence.
Montagne du Luberon (Link): Nördlich des fruchtbaren Tals der wasserreichen Durance erhebt sich ein lang gestrecktes Kalkgebirge. Während der Gebirgszug Luberon an seiner Südseite ein markantes Relief aufweist, präsentiert er sich nach Norden hin sanft abfallend. Genau genommen wird der Luberon von einem Taleinschnitt zwischen den Orten Bonnieux und Lourmarin geteilt: Westlich erhebt sich der Petit Luberon (→ Tour 18 und 19), an dessen Nordhang es so verträumte Dörfer wie Oppède-le-Vieux, Ménerbes und Lacoste zu entdecken gilt; wilder und unberührter ist dagegen der Grand Luberon, dessen größte Erhebung der 1.125 m hohe Gipfel Mourre Nègre ist (→ Tour 20). Eine Besonderheit ist die Schlucht Gorges de Régalon (→ Tour 21), die als die engste der Provence gilt. An den nördlichen Ausläufern des Luberon sind bei Roussillon und Rustrel außerdem die größten europäischen Ockervorkommen auszumachen (→ Tour 17): Die verwitterten Abstichflächen leuchten in den unterschiedlichsten Rot- und Brauntönen.
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Grottes de Calès (Tour 13)
An den wenigen wasserführenden Flüssen der Region wurden Mühlen errichtet, auch wenn diese wie in der Schlucht Gorges de Véroncle (→ Tour 15) nur schwer zugänglich waren. Andernorts wurden, wie bei Saint-Saturnin-lès-Apt (→ Tour 16), mühsam Becken in den Fels geschlagen, um Regenwasser sammeln und so das Vieh tränken zu können.
Eine geologische Besonderheit in der Nähe des Luberon ist der berühmte Quelltopf der Sorgue bei Fontaine-de-Vaucluse (→ Tour 14), die hier als größte Quelle Europas aus dem karstigen Gestein sprudelt.
Empfohlene Standorte: Apt, Lourmarin, Gordes, Forcalquier.
Haute-Provence (Link): Diese karge Landschaft rund um den Mittellauf der Durance zählt nicht nur zu den reizvollsten, sondern auch zu den touristisch noch vergleichsweise wenig erschlossenen Regionen der Provence. Ein abwechslungsreicher Landstrich mit wuchtigen Bergmassiven, Stauseen wie dem Lac de Sainte-Croix und den Basses Gorges du Verdon (→ Tour 27) sowie bizarren Felsformationen wie den Büßern von Mées (→ Tour 24). Das Plateau de Valensole mit seinen porösen Kalkböden ist eines der Hauptanbaugebiete für Lavendel. Optischer wie auch touristischer Höhepunkt ist zweifelsohne der Grand Canyon du Verdon, der mit seinen steil abfallenden Felshängen ein faszinierendes Naturszenario darstellt und auf dem berühmten Fernwanderweg Sentier Martel durchwandert werden kann (→ Tour 29). Eindrucksvoll ist auch der Wanderweg Chemin du Bastidon (→ Tour 28), der am Nordrand des Canyons entlangführt. Weniger bekannt, aber sehr reizvoll sind die kleineren Schluchten der Region wie die Gorges d’Oppedette (→ Tour 22) und die Gorges de Trévans (→ Tour 26). Ganz im Nordosten der Provence verändert sich die Landschaft allmählich und verliert ihren mediterranen Charakter, so beim Anstieg zur Abbruchkante Crête de Géruen (→ Tour 23) oder auf dem Gipfel des Cousson (→ Tour 25). Die ineinander übergehenden Gebirgskämme gehören bereits zu den provenzalischen Alpen.
Empfohlene Standorte: Sisteron, Castellane, Digne-les-Bains.
Montagne Sainte-Victoire und Massif de la Sainte-Baume (Link): Eine geradezu klassische Wanderung führt auf den berühmten Gebirgszug Montagne Sainte-Victoire (→ Tour 30), den Paul Cézanne wiederholt gemalt hat. Während das Felsmassiv nach Norden gleichmäßig zur Durance hin abfällt, erscheint es nach Süden hin wie eine mächtige Felswand. Das Massif de la Sainte-Baume mit der Grotte Sainte-Marie-Magdaleine (→ Tour 33) ist ebenfalls einer jener Höhenzüge, die das Landschaftsbild der Provence prägen. Früher lagerte man dort auch Eis, wovon einige beeindruckend tiefe Bassins zeugen (→ Tour 32). Zu den bekannten Bergen in dieser Region gehört der markante Gipfel des Mont Garlaban (→ Tour 31).
Empfohlene Standorte: Aubagne, Aix-en-Provence.
Camargue und Calanques (Link): Das Mündungsgebiet der Rhône, die schwach besiedelte Camargue (→ Tour 34) bildet zwischen Großer und Kleiner Rhône gewissermaßen ein Dreieck. Die Rhône ist zwar „nur“ der zweitlängste, dafür aber mit Abstand der wasserreichste Fluss Frankreichs. Als eines der größten Feuchtgebiete Europas stellt die Camargue immer noch ein wahres Refugium für seltene Wasser- und Wattvögel dar. Allerdings wurde dieses inzwischen durch den intensiven Reisanbau verkleinert. Touristen schätzen v. a. die ausgedehnten Sandstrände. In Küstennähe schließt sich eine von Überschwemmungsbereichen geprägte Landschaft an, in welcher sich vor Jahrtausenden die sogenannten Etangs gebildet haben. Die beiden größten dieser Seen, der Etang de Berre (→ Tour 35) und der Etang de Vaccarès, besitzen beachtliche Ausmaße. Die kleineren Salzlagunen werden von weiten Grasflächen umgeben und sind daher nur zu Fuß zu erreichen. Kein Etang gleicht dem anderen: Während einige hochgradig salzig und von Algen überwuchert sind, besitzen andere erstaunlich frisches, klares Wasser und eine reizvolle Uferzone.
Ein weiterer Höhepunkt an der Küste sind die Calanques zwischen Cassis und Marseille, fjordartige, tief in die Kalksteinfelsen eingeschnittene Buchten, die erst vor rund 10.000 Jahren entstanden sind: Klimatische Veränderungen leiteten das Ende der Eiszeit ein und zogen den Anstieg des Meeresspiegels nach sich, so dass das Meer bis weit in die Flusstäler vordringen konnte. Das glasklare, smaragdgrüne Wasser verführt zum Baden und Tauchen (→ Tour 36). Weiter in Richtung Osten finden sich auf dem Weg nach La Ciotat (→ Tour 37) mit dem 363 m hohen Cap Canaille die höchste Klippe Frankreichs sowie verträumte Buchten auf dem Weg nach Bandol (→ Tour 38). Grandiose Panoramablicke auf die Küste und das Mittelmeer bieten sich von den Balcons de la Méditerrannée (→ Tour 39).
Empfohlene Standorte: Saint-Rémy-de-Provence, Les Saintes-Maries-de-la-Mer, Cassis, La Ciotat, Bandol.
Wetter und Jahreszeit: Bei entsprechender Ausrüstung ist die Provence eine Ganzjahreswanderregion, obwohl die eigentliche Reisesaison im April beginnt und im Oktober endet. Die meisten Wandertouren sind vor allem im Frühjahr und Herbst reizvoll. Die Provence ist geprägt von einem milden, mediterranen Klima. Selbst im Winter zeigen sich die Küste und die Camargue von ihrer angenehmsten Seite, das Thermometer klettert hier häufig auf Werte von über 10 °C, selbst 20 °C sind keine Seltenheit. Die Temperaturen im Hinterland sowie in den höheren Lagen verleiten im Winterhalbjahr allerdings kaum zum Sonnenbaden, die Berggipfel der Alpes du Sud liegen bis weit ins Frühjahr hinein unter einer Schneedecke begraben. In Küstennähe beginnt der Frühling schon im Februar mit der Blüte der Mandel- und Mimosenbäume, im hügeligen Teil der Provence erst einen Monat später. Der Sommer gestaltet sich recht trocken, die letzten richtigen Regentage gibt es in der ersten Maihälfte. Bei Temperaturen über 30 °C stellen Touren auf den Luberon (→ Tour 20) oder die Montagne Sainte-Victoire (→ Tour 30) erhebliche Anforderungen an die Kondition. Der Herbst ist von plötzlich einsetzenden, heftigen Regenschauern geprägt, die des Öfteren zu Überschwemmungen führen, da der Boden vollkommen ausgetrocknet ist und die Niederschläge nicht aufnehmen kann. Der Oktober ist der niederschlagsreichste Monat in der Provence, wobei an der Côte d’Azur mehr Regen fällt als an der westlichen Küste um Marseille. Insgesamt betrachtet fällt in der Provence mit 550-800 mm ähnlich viel Niederschlag im Jahr wie in Hamburg (770 mm) oder Bremen (694 mm), allerdings nur an 60 bis 80 statt an etwa 130 Tagen im Jahr. Alles in allem ist die Provence aber ein von der Sonne verwöhnter Landstrich: Durchschnittlich scheint diese zwischen 2.700 und 2.900 Std. pro Jahr (im sonnenscheinreichsten Ort Deutschlands - Zinnowitz auf der Insel Usedom - sind es dagegen nur rund 1.920 Std. pro Jahr), bis weit in den Herbst hinein sorgt ihre Kraft für angenehme Temperaturen. Der Winter ist - von regionalen Abweichungen abgesehen - vergleichsweise trocken und mild, wenngleich es im Landesinneren gelegentlich zu Nachtfrost kommt.
Tageslängen Marseille |
Tag | Sonnenaufgang | Sonnenuntergang | Tageslänge |
15. Jan. | 8.07 Uhr | 17.28 Uhr | 9:21 Std. |
15. Febr. | 7.38 Uhr | 18.08 Uhr | 10:30 Std. |
15. März | 6.53 Uhr | 18.43 Uhr | 11:50 Std. |
15. April | 6.57 Uhr | 20.20 Uhr | 13:23 Std. |
15. Mai | 6.14 Uhr | 20.56 Uhr | 14:42 Std. |
15. Juni | 5.58 Uhr | 21.20 Uhr | 15:22 Std. |
15. Juli | 6.12 Uhr | 21.16 Uhr | 15:04 Std. |
15. Aug. | 6.42 Uhr | 20.44 Uhr | 14:02 Std. |
15. Sept. | 7.16 Uhr | 19.52 Uhr | 12:36 Std. |
15. Okt. | 7.51 Uhr | 18.57 Uhr | 11:06 Std. |
15. Nov. | 7.32 Uhr | 17.15 Uhr | 9:43 Std. |
15. Dez. | 8.03 Uhr | 17.04 Uhr | 9:01 Std. |
Alle Zeitangaben sind in MEZ bzw. MESZ (Sommerzeit von April bis Okt.). |
Kleine Windkunde: Mistral, der Name dieses kalten, trockenen Fallwindes, der am häufigsten im Frühjahr weht, wird in der Provence mit einem ehrfürchtigen Unterton ausgesprochen. Seine starken Böen, die Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 135 km/h erreichen können, brausen mit Wucht durch das Rhônetal und dulden keinen Widerstand. Er entsteht bei hohem Luftdruck über der Biskaya und einem Tiefdruckgebiet über dem Golf von Genua. Dabei wird die einströmende Polarluft entlang der Rhône zwischen Zentralmassiv und Alpen düsenartig verstärkt und erreicht im Mittel Windgeschwindigkeiten zwischen 40 und 75 km/h. Die Kraft des Mistral lässt keine schiefergedeckten Dächer auf provenzalischen Kirchtürmen zu. Die Glocken baumeln daher in einem Barbarotte genannten Käfig unter freiem Himmel. Und auch als Wanderer muss man sich vor dem Mistral in Acht nehmen: Wenn der Wind mit voller Kraft über die Höhenzüge braust, ist eine Gipfelwanderung selbst mit Windjacke und Mütze kein Vergnügen. Innerhalb von wenigen Stunden sorgt der Mistral zwar für einen empfindlichen Temperatursturz von rund 10 °C, als Entschädigung zeigt sich aber der Himmel in einem strahlenden Blau und die Fernsicht ist überwältigend. Dieses Schauspiel hat bereits Vincent van Gogh begeistert: „Wenn der Mistral weht, ist das hier freilich alles andere als ein ‚mildes Land‘, denn der Mistral ist sehr aufreizend. Aber wie wird man dafür entschädigt, wenn ein windstiller Tag ist! Welche Leuchtkraft der Farben, welch reine Luft, welch stille Beschwingtheit.“
Das Gegenstück zum Mistral ist der Scirocco; dieser extrem warme, aus Afrika kommende Wind kann in den Sommermonaten im Rhônetal für beinahe unerträgliche Temperaturen sorgen und Zelte und Autos mit einer feinen, roten Sandschicht überziehen.