Artur Lanz

Über Monika Maron

Foto: © Sebastian Wells/OSTKREUZ

Monika Maron, geboren 1941 in Berlin, ist eine der bedeutendsten Schriftstellerinnen der Gegenwart. Sie wuchs in der DDR auf, übersiedelte 1988 in die Bundesrepublik nach Hamburg und lebt seit 1993 wieder in Berlin. Sie veröffentlichte zahlreiche Romane und mehrere Essaybände. Ausgezeichnet wurde sie mit diversen Preisen, darunter der Kleistpreis (1992), der Friedrich-Hölderlin-Preis der Stadt Homburg (2003), der Deutsche Nationalpreis (2009), der Lessing-Preis des Freistaats Sachsen (2011) und der Ida-Dehmel-Literaturpreis (2017). Zuletzt erschienen bei Hoffmann und Campe Bonnie Propeller (2020) und der Essayband Was ist eigentlich los? (2021).

Ich wusste nicht mehr genau, wann er mir zum ersten Mal aufgefallen war. Wahrscheinlich hatte er an den Tagen zuvor auch schon da gesessen, und ich hatte ihn nur nicht beachtet. Er saß als Einziger auf der Schattenseite des Platzes, auf der Sonnenseite saßen die Säufer, saß gebeugt auf der Bank und zeichnete mit einem Zweig etwas in den Sand zwischen seinen Füßen. Der Mann passte nicht zu dem Platz. Er war zu gut gekleidet, sein Jackett neben ihm auf der Bank, die Jeans, die Schuhe, alles zu teuer, zu elegant. Er musste da ganze oder wenigstens halbe Tage verbringen, denn immer, wenn ich morgens den Platz überquerte, um Brötchen und eine Zeitung zu kaufen, oder wenn ich mittags meinen Einkauf im Supermarkt erledigte, saß er da, allein, und malte Zeichen in den Sand oder sah gedankenverloren vor sich hin. Er war vielleicht fünfzig Jahre alt, von schmaler Gestalt, mit blondem, leicht ergrautem

Der Sommer war mild und trocken. Seit Wochen hatte es nicht geregnet, die ganze Stadt roch nach Staub, der durch die Luft wehte und das Atmen schwer machte, die Wiese auf dem Platz verfärbte sich allmählich gelblich-braun. Es gab schönere Orte für einen einsamen Menschen als diese Bank auf dem verwahrlosten Platz neben einer viel befahrenen Hauptstraße.

Der Mann sah aus, als hätte er sich auch eine Reise nach Italien oder an die Côte d’Azur oder sonst wohin leisten können, statt sein Leben ungetröstet in diesem Großstadtstaub zu vergeuden. Sooft ich dem Mann auf seiner Bank begegnete, wuchs mein Interesse an ihm, und ich begann, ihm Gründe für seine sonderbare Anwesenheit zu erfinden. Seine Frau könnte ihn verlassen haben, oder sie war sogar gestorben; oder man hatte an ihm einen unheilbaren Krebs diagnostiziert. An diesem Mittwoch fielen mir direkt vor seiner Bank zwei Äpfel aus meiner bis an den Rand gefüllten Einkaufstasche, ein Zufall, dem ich ein bisschen nachgeholfen hatte. Er sprang auf, hob sie auf und reichte sie mir mit einem liebenswürdigen und zugleich etwas abwesenden Lächeln.

Ich zündete mir eine Zigarette an und fragte, um ein kleines Gespräch zwischen uns zu eröffnen, ob mein Rauch ihn störe.

Nein, nein, sagte er, wieder mit diesem Lächeln. Und dann nach einer Weile: Ich habe selbst erst vor kurzem aufgehört, notgedrungen.

Er zeigte auf sein Herz.

Oh, das tut mir leid, sagte ich und überlegte, wie ich das Gespräch fortsetzen könnte, ohne den Eindruck offensichtlicher Neugier zu erwecken, und entschied mich für eine abfällige Bemerkung über die Säufer, die den Platz wohl endgültig erobert hätten.

Der Mann hob den Kopf, warf einen Blick hinüber auf die Sonnenseite, wo ein paar Männer und zwei Frauen sich fröhlich lärmend um eine Bank und einen Kasten Bier versammelt hatten, und sagte in einem Ton, der halb bitter, halb belustigt klang: Die haben es doch gut, die haben es hinter sich.

Ehe ich fragen konnte, was diese vielleicht bedauernswerten, aber trotzdem unsympathischen

Es klang fast, als neide er dieser saufenden Gemeinschaft ihren enthemmten, gedankenlosen Frohsinn.

Ich beließ es bei einem kurzen Na ja. Obwohl auch mir natürlich klar war, dass sich hinter jeder der armseligen Gestalten ein trauriges Schicksal vermuten ließ, gab ich mir keine Mühe, meinen Widerwillen, sogar Ekel zu unterdrücken, den ich bei ihrem Anblick empfand.

Eigentlich hätte ich den Mann am liebsten gefragt, was um alles in der Welt ihm denn zugestoßen sei, dass er selbst ein Leben von obdachlosen Säufern für beneidenswert hielt, was er aber als ungehörig empfinden müsste, weil mich, eine wildfremde Person, sein Unglück nichts anging, außer er hätte das Bedürfnis, es mir zu offenbaren.

Ich hätte ihn hier schon öfter bemerkt, sagte ich, und mich gefragt, warum jemand wie er an diesem trostlosen Ort seine Zeit verbringe.

Es sei ein guter Ort zum Nachdenken, sagte er, jeden Tag sehe er hier dieselben Leute mit ihren

Oh, solche Gedanken kenne ich, sagte ich, darum sind schlaflose Nächte so furchtbar, und je älter man wird, umso furchtbarer. Die Vorstellung, eines Nachts ganz allein sang- und klanglos von der Welt zu verschwinden und zu wissen, dass es für die Welt von größter Gleichgültigkeit ist, ist unerträglich.

Und genau das sei ihm passiert, sagte er, fast passiert, da er ja noch lebe. Aber er sei sicher gewesen zu sterben, nachts und allein. Er hätte es gerade noch geschafft, die Feuerwehr zu rufen, die Tür hätte man aufbrechen müssen.

Allein die Erinnerung versetzte ihn in Atemnot, er hustete, als müsse er die Angst aus seinem Körper würgen.

Das ist jetzt fünf Monate her, sagte er und sah mich an mit einem Ausdruck kindlicher Ratlosigkeit, zu der die tiefen Furchen von den Mundwinkeln zum Kinn und über der Nasenwurzel einen seltsamen Kontrast boten.

Wir schwiegen eine Weile, während er weiter mit dem Stöckchen Linien in den Sand zog. Ich

Ich dachte, dass es nun, da wir uns von unseren Todesängsten erzählt hatten, vielleicht an der Zeit sei, einander vorzustellen und unsere flüchtige Bekanntschaft so in etwas vage Verbindliches zu erheben.

Ich heiße übrigens Charlotte Winter, sagte ich.

Er überlegte einen Augenblick, wie er meine Offerte beantworten sollte, und verriet mir dann mit leisem Widerwillen in der Stimme auch seinen Namen: Artur, Artur Lanz. Und dann, als sei ich ihm endgültig zu nahe getreten, stand er auf, murmelte etwas von einem dringenden Termin und verließ mit federnden Schritten, die ich ihm nicht zugetraut hatte, den Platz in Richtung der Hauptstraße. Offenbar hatte ich im Ritual einer höflichen Annäherung doch einige Stufen übersprungen. Ich hoffte, meine Ungeschicklichkeit bei einem nächsten Treffen korrigieren zu können, aber in den Tagen und Wochen danach habe ich Artur Lanz nicht wieder auf dem Platz entdeckt.

 

Erst im Herbst traf ich ihn wieder und hätte ihn fast nicht erkannt. Er kam mir auf dem Weg zum Supermarkt entgegen, in einer Hand eine Einkaufstüte,

Als ich ihn mit seinem Namen ansprach, blieb er stehen, musterte mich, bis ein Erkennen durch seine Augen zuckte.

Ob er sich erinnere, fragte ich.

Ja, doch, natürlich, Charlotte Winter, nicht wahr? Sie waren ja die Einzige, die mich damals angesprochen hat, sagte er, und er sei froh mich zu treffen, weil sich so die Gelegenheit biete, sich wenigstens nachträglich für den seltsamen Eindruck zu entschuldigen, den er auf mich gemacht haben müsse. Er sei in einem desolaten Zustand gewesen, wohl auch wegen der vielen Medikamente, die man ihm verabreicht habe.

Ich versicherte ihm, dass ich ihn auch in seinem desolaten Zustand als angenehmen Menschen

Als er mir daraufhin von seinem glücklichen Aufenthalt auf Samos zu erzählen begann, ergriff ich, in der Hoffnung, meine Neugier nachträglich zu befriedigen, die Gelegenheit und lud ihn zu einem Kaffee ins »Rosis« ein, von dem wir keine fünfzig Meter entfernt standen.

Wir fanden einen Tisch am Fenster, durch das dürre Laub einer Linde sah man, wie sich in den Fenstern des gegenüberliegenden Hauses die späte Sonne spiegelte. Herr Lanz erzählte vom Meer, von den liebenswürdigen Besitzern der kleinen Pension, die er ganz zufällig gefunden hatte, von den erwachsenen Kindern der Wirtsleute, die nun wieder bei den Eltern leben mussten, beide studiert, sie Medizinerin, er im Bauwesen, beide arbeitslos. Und dann die Flüchtlinge natürlich, die hat er auch gesehen, der Strand voller Schwimmwesten und Müll, aber Gott sei Dank nicht auf seiner Seite der Insel, trotzdem, was für ein Elend. Ich bedauerte meine Idee mit dem Kaffee schon, als er plötzlich innehielt.

Ich langweile Sie, was? Ich kenne das, die Leute erzählen von ihren Urlauben immer das Gleiche, nette Leute, ein bisschen Schuldgefühle wegen der

Als er lachte, sah ich für einen Augenblick den jungen Mann vor mir, der er vielleicht einmal gewesen war. Er war mir sympathisch, aber das Geheimnis, das ich dem verlorenen Mann auf der Parkbank angedichtet hatte, hatte er für mich verloren. Und wäre nicht plötzlich ein dröhnender Platzregen aus dem Himmel gestürzt, der in schweren Tropfen gegen die Fensterfront neben uns trommelte, hätte unsere kurze Bekanntschaft an diesem Nachmittag wahrscheinlich ihr Ende gefunden und ich hätte nichts von dem Drama erfahren, das in der Männerseele von Artur Lanz tobte.

Klatschnasse Menschen strömten lachend oder schimpfend in das überfüllte Café, versammelten sich um den Tresen, aus der durchweichten Kleidung der neuen Gäste zog ein feuchter Dunst durch den Raum, eine verbrüdernde Stimmung, wie sie extreme Wetterlagen, stundenlange Zugverspätungen oder Staus auf Autobahnen zuweilen stiften, breitete sich aus.

Herr Lanz schlug vor, nun zum Wein überzugehen, schlängelte sich, ohne meine Antwort abzuwarten, zum Tresen und kam nach einer Weile mit zwei Gläsern Rotwein in den Händen zurück. Es blieb nicht

Ein Erlebnis, erzählte er, hätte für ihn alles verändert, ein Erlebnis, das anderen Menschen banal vorkommen mag, dem aber alles andere gefolgt sei, die Scheidung, vielleicht sogar die Krankheit, das wirre Umherdenken, alle diese Fragen.

Vor einem Jahr, im Sommer, seien sie, seine Frau und er, mit ihrem Hund zu Besuch bei Freunden auf dem Land gewesen, ein schönes Anwesen im Oderbruch. Am Nachmittag sei er allein mit dem Hund spazieren gegangen.

Herr Lanz zog sein Telefon aus der Tasche und zeigte mir ein Foto von seinem Hund, ein schwarzer, schnauzbärtiger Mischling, der mich ein bisschen an Nietzsche erinnerte.

Ein heißer sonniger Tag war es, erzählte Herr Lanz, sonntägliche Ruhe über den Feldern, ein weißbeflockter, herrlicher Himmel, ich gab mich ganz dem Augenblick hin, als sich der Hund plötzlich losriss und mitsamt der Leine in ein endloses Rapsfeld stürmte. Am Griff dieser Leine befindet sich ein schweres Gehäuse, in dem sie aufgerollt werden kann, verstehen Sie, es war mir sofort klar, dass dieser Apparat sich irgendwann im Rapsgestrüpp verheddern würde und der Hund sich nicht mehr befreien könnte. Ich rief, ich pfiff, ich lief hilflos am Rand des Feldes auf und ab. Ich dachte an Hubschrauber und Wärmebildkameras, aber wer würde einen Hund retten wollen mit solchem Aufwand. Ich musste etwas tun. Dem Hund in das Rapsfeld hinterherzulaufen, war sinnlos, ihn darin zu finden aussichtslos. Ich sah den sterbenden Hund vor mir, mit heraushängender Zunge, erdrosselt beim verzweifelten Versuch, sich zu befreien. Oder langsam und qualvoll verdurstend, ich konnte nicht einfach weggehen und den Hund verrecken lassen. Ich hatte gesehen, dass er neben einer hohen, blaublühenden Pflanze ins Feld gerannt war, und hoffte, er hätte

Er trank einen Schluck, sah mich dabei über den Rand des Glases an.

Sie haben keinen Hund? Sie lächeln so. Menschen, die nie mit einem Hund gelebt haben, verstehen das nicht. Aber Liebe ist Liebe, sagte er mit einer Bestimmtheit, als erwarte er meinen Widerspruch.

Ich glaube, dass ich um den Hund meiner Kindheit nicht weniger getrauert habe als um meine Großmutter, sagte ich, ich verstehe das. Wenn ich wirklich gelächelt habe, dann eher, weil Ihre Rettungsaktion Sie so glücklich gemacht hat, dass Sie danach offenbar Ihr ganzes Leben über den Haufen geworfen haben, samt Ihrer Gesundheit.

Herr Lanz winkte der Kellnerin, die, nachdem die Regengäste abgezogen waren, wieder ansprechbar war, und bestellte noch zwei Gläser Wein.

Über den Haufen geworfen habe er es eigentlich nicht, sagte er, es sei eher zusammengebrochen, aber das sei eine lange Geschichte.

Er sah in das leere Glas vor ihm, als ließe sich darin etwas erkennen, schüttelte den Kopf und schwieg.

Der ist nicht mehr mein Hund. Den hat meine Frau behalten und geschworen, dass ich ihn nie wiedersehe. Unsere Kinder sind erwachsen, mit denen konnte sie mir nicht drohen. Aber mit dem Hund. Sie hat behauptet, ich würde den Hund mehr lieben als sie. Und als sie das sagte, wusste ich, dass sie recht hatte. Ich liebte sie weniger als den Hund, eigentlich liebte ich sie gar nicht mehr. Ich hätte nicht sagen können, seit wann ich sie nicht mehr liebte, es war allmählich passiert, und ich hatte mich daran gewöhnt. Davor hätte ich das niemals zugegeben. Wer will schon mit einer Frau leben, die er weniger liebt als den Hund? Wer würde so etwas zugeben? Oder?

Er wartete auf meine Antwort.

Aber nun hatten Sie es zugegeben, sagte ich.

Natürlich habe ich es abgestritten, sagte er, ich schwor ihr, dass ich auch sie aus dem Rapsfeld gerettet hätte, was ja aber nicht nötig gewesen wäre, weil sie keine Leine um den Hals trug, an der sie sich hätte verfangen können. Aber dieser Satz »Ich liebe meinen Hund mehr als meine Frau« schwoll in mir an, mit jedem Tag wurde er mächtiger. Ich konnte sie nicht mehr ansehen, ohne daran zu denken. Ich

Und dann, wieder nach längerem Schwiegen, sagte er, wissen Sie, warum ich Artur heiße? Weil meine heldenverliebte Mutter mit der Verbindung von Artur und Lanz die Geschichte vom Heiligen Gral beschwören wollte. König Artus und Lancelot in ihrem einzigen Sohn vereint, davon muss sie geträumt haben. Warum es ausgerechnet diese Artusrunde war, die das Bild von einem heldenhaften Mann in ihr derart geformt hat, warum nicht Odysseus oder Perseus oder Robin Hood oder James Bond, habe ich nicht herausgefunden. Sie sagte, sie hätte schon als junges Mädchen ein Buch darüber gelesen und es nicht vergessen können. Aber sie hat auch andere Bücher über andere Helden gelesen, die sie vergessen konnte. Also las sie mir, auch als ich selbst längst lesen konnte, in einem sanften, fast schwärmerischen Ton die Geschichten von Rittern vor, die im Vorüberreiten mal so zehn andere Ritter besiegten oder sogar erschlugen, um der eigenen Ehre oder der Ehre ihres Königs oder der Königin willen. Eigentlich war meine Mutter eine sehr friedfertige, eher schüchterne Frau mit künstlerischen Ambitionen. Ihr Leben lang schrieb sie Tagebücher

Und hat sie? Hat sie Ihnen diese Leidenschaft ins Herz gepflanzt, fragte ich.

Herr Lanz lachte, schüttelte den Kopf. Vielleicht, ich weiß es gar nicht, jedenfalls weiß ich es nicht mehr. Damals sicher, aber ich war nicht der Kämpfertyp, wissen Sie, auch nicht besonders sportlich, obendrein anfällig für allerlei Infekte. Aber sicher wäre ich gern so ein Ritter gewesen, der schon aus zehn Wunden blutet und trotzdem nicht in die Knie geht und am Ende der Sieger bleibt. Nein, ich war wohl eher der Typ fürs heldenhafte Diskutieren, der ausgleichende Vermittler, irgendwann war ich sogar Klassensprecher. Ich fand Batman toll wie alle Jungs, aber ich glaube, ich habe nicht einmal gewusst, welche Heldentat ich hätte vollbringen sollen. Ich las

Unsere Gläser waren schon wieder leer. Diesmal winkte ich der Kellnerin und bestellte, ohne Herrn Lanz zu fragen, den nächsten Wein.

Und Ihr Vater, fragte ich. Sie sprechen gar nicht von Ihrem Vater.

Mein Vater war Landvermesser und viel unterwegs. Überhaupt war er ein stiller Mann. Er war ein Flüchtlingskind, vertrieben aus den Sudeten. Meine

 

Die Kellnerin brachte den Wein, und ich fragte Herrn Lanz, ob er mich auf den unwürdigen Gang vor die Tür begleiten würde, ich müsse jetzt unbedingt eine Zigarette rauchen. Immerhin gönnte man den Rauchern einen Stehtisch, auf dem ein Teelicht in einem roten Glas rudimentäre Gastlichkeit verbreiten sollte. Eine Weile standen wir schweigend einander gegenüber, die Straße war menschenleer, nur die eiligen Schritte einer Frau hämmerten durch die Stille. Herr Lanz sah zu, wie ich süchtig an meiner Zigarette zog, und in einem Ton, dem anzuhören war, dass ihm ein innerer Kampf vorausgegangen war, sagte er: Ach, geben Sie mir auch eine.

Und Ihr Herz?

Herr Lanz winkte ab. Es war ihm anzusehen, dass er ein passionierter Raucher gewesen war; wie er die

Mein Vater ist mit vierundfünfzig am plötzlichen Herztod gestorben, sagte er, und hat nicht geraucht.

Dann schwiegen wir wieder und rauchten.

Ich befürchtete, durch meine Gier nach einer Zigarette die zufällige Intimität unseres Gesprächs dem geschützten Raum von Rosis Café entrissen und damit verdorben zu haben, als Herr Lanz fragte, ob ich mich in der Artussage auskennte.

Ich gestand meine diesbezügliche Unbildung und dass ich eigentlich nur mit der Geschichte von Parzival vertraut sei, weniger mit der von Artus und Lancelot, die ihn wahrscheinlich interessierten.

Herr Lanz nickte nur ein paarmal, als hätte er meine Antwort erwartet. Er finde einfach niemanden, mit dem er sich darüber austauschen könne. Erst in letzter Zeit beschäftige ihn die Frage, auf welchen Mann seine Mutter gehofft hat, als sie ihm diesen Namen gab und diese Bilder in den Kopf pflanzte, und ob sie enttäuscht war, dass aus ihm kein Held, sondern ein ganz durchschnittlicher, unheldischer Mann geworden war. Ich hätte sie fragen sollen, sagte Herr Lanz bekümmert.

Ich fragte mich, was Frau Lanz ihrem Sohn hätte