Cover.jpg

VORWORT ZUR ZWEITEN AUFLAGE

Relativ kurze Zeit nach Veröffentlichung der ersten Auflage dieses Buches erscheint die zweite Auflage, ohne die Erstauflage mit ihren Zielsetzungen, Kerngedanken und Inhalten wesentlich zu verändern.

Es ist nicht verwunderlich, dass dies bereits jetzt sinnvoll erscheint. Wenn Sie sich mit diesem Buch bereits beschäftigt haben bzw. beschäftigen werden, dann haben Sie sicherlich auch festgestellt bzw. werden noch feststellen, dass Organisation ein kontinuierlicher Prozess ist. Die öffentlichen Verwaltungen und Unternehmen befinden sich, ausgelöst durch aktuelle Entwicklungen wie Kundenorientierung, Technisierung, Digitalisierung und Krisensituationen (zz. Pandemie), in einem spürbaren Veränderungsprozess. Dass Verwaltungen reform- bzw. veränderungsfähig sind und dem Bild eines modernen Dienstleistungsunternehmens gerechter werden, zeigt sich zunehmend.

Um den mit den Veränderungs- und Modernisierungsprozessen verbundenen Herausforderungen gewachsen zu sein, gilt es, wie bereits im Vorwort zur ersten Auflage erwähnt, mehr denn je, den Mitarbeiter*innen Verwaltungsorganisation bzw. Organisationsmanagement sowie die Organisations- bzw. Managementinstrumente näherzubringen. Hier nehmen die Studieninstitute und Hochschulen für Polizei und öffentliche Verwaltungen eine besondere Rolle ein.

Mit dieser Auflage sollen einzelne Bereiche aufgegriffen bzw. Abschnitte des Buches aktualisiert und ergänzt werden. In diesem Zusammenhang sind insbesondere Themen wie Change-Management (Veränderungsmanagement), Digitalisierung, Homeoffice (neue Arbeitsformen) und Agilität (agile Organisation) zu nennen. Die genannten Themen lassen erkennen, welche organisatorischen Fragestellungen u. a. im Fokus des Verwaltungsmanagements stehen. Auch werden themenbezogen – an der ein oder anderen Stelle – notwendige Bezüge bzw. Zusammenhänge zwischen Organisations- und Personalmanagement aufgezeigt, um den Blick für die Gesamtthematik zu erweitern.

Die Gestaltung des Buches wird aus didaktischen Gründen beibehalten. Auch die Ergänzungen werden zur besseren Verständlichkeit und Erläuterung mit praxisnahen Beispielen unterlegt.

ORGANISATORISCHE GRUNDLAGEN

IBEGRIFF DER (VERWALTUNGS-)ORGANISATION

1.1ÖFFENTLICHE VERWALTUNG

Sicherlich verknüpfen wir mit dem Begriff öffentliche Verwaltung gewisse Vorstellungen. Oftmals beruhen diese auf Wahrnehmungen oder Erfahrungen. Trotzdem fällt es uns schwer, den Begriff zu definieren. Eine klare und allgemeingültige Begriffsdefinition für Verwaltung ist nicht möglich.

Die bis heute in der Rechtswissenschaft gültige Negativdefinition versteht unter öffentlicher Verwaltung die Tätigkeit des Staates oder eines anderen öffentlichen Trägers, die weder Gesetzgebung noch Rechtsprechung ist. Sie ist der Teil der Exekutive, der öffentliche Aufgaben wahrnimmt.1

Zusätzlich kann der Begriff in seiner Bedeutung näher beschrieben werden. Unter öffentlicher Verwaltung werden demnach staatliche Handlungen, die sich auf unterschiedlichste Bereiche des Zusammenlebens und damit auf Angelegenheiten des Gemeinwesens erstrecken, verstanden. Die Handlungen werden durch bestellte Organe2, die gesetzlich gebunden sind, vorgenommen. In Abgrenzung dazu nimmt die „private“ Verwaltung lediglich im eigenen Interesse eigene bzw. Angelegenheiten für andere wahr.

1.2ORGANISATION

Der Begriff Organisation3 ist ein alltäglicher Begriff, den wir in seinen unterschiedlichen Bedeutungen häufig verwenden. Weil wir das tun, kann zunächst unterstellt werden, dass wir ein gewisses Verständnis von Organisation haben. Wenn wir diesen Begriff benutzen, dann tun wir das – ganz bewusst oder intuitiv – in einem gewissen Zusammenhang und für uns ist klar, was darunter zu verstehen ist.

Doch was meinen wir eigentlich, wenn wir über Organisation sprechen?

Nähern wir uns den unterschiedlichen Bedeutungen des Begriffes durch einige Beispiele:

Beispiel:

Stellen Sie sich vor, Sie haben mit Ihrem Fahrzeug eine Autowerkstatt aufgesucht und den Eindruck gewonnen, dass diese Werkstatt gut organisiert war.

Dann hat sich diese Meinung wahrscheinlich deshalb bei Ihnen gebildet, weil die Autowerkstatt technisch gut ausgestattet war, die Mitarbeiter ihre Aufgaben ggf. durch klare Absprachen (wer macht was und wann) gut und überlegt erledigt haben. Sie haben also wahrgenommen, dass jeder auch bei einer Vielfalt von unterschiedlichsten Aufgaben einen Überblick hatte.

Bleiben wir in der Autowerkstatt. Zur Reparatur Ihres Autos ist ein Ersatzteil erforderlich, das nicht auf Lager ist. Der Werkstattleiter bittet den Mitarbeiter, dieses Teil zu organisieren.

Dieses Produkt zu organisieren bedeutet, es auf welchem Wege auch immer zu beschaffen bzw. zu besorgen.

Eine weitere Bedeutung des Begriffes tritt zu Tage, als wir bei einer Unterhaltung mit einem der Mitarbeiter hören, dass dieser organisiert ist.

In diesem Gespräch wollte der Mitarbeiter damit nicht sagen, dass er seine Arbeit gut geordnet hat, sondern vielmehr, dass er z. B. Mitglied einer Gewerkschaft oder auch eines Sportvereins ist.

Die Beispiele zeigen, welche unterschiedliche Bedeutung der Organisationsbegriff in unserem täglichen Sprachgebrauch haben kann. Im Rahmen eines einheitlichen Verständnisses wird in der Organisationslehre zwischen vier Betrachtungsweisen unterschieden.

1.3ORGANISATIONSBEGRIFFE

1.3.1ORGANISATIONSBEGRIFF IM INSTITUTIONELLEN SINNE

Der institutionelle Organisationsbegriff betrachtet die Organisation als Ganzes. Betriebswirtschaftlich betrachtet sind Organisationen soziale Gebilde, die mithilfe ihrer dort tätigen Menschen dauerhaft ein bestimmtes Ziel verfolgen. Dieses trifft beispielhaft auf die Stadtverwaltung, Firmen oder Sportvereine zu.

DEMNACH IST DIE VERWALTUNG EINE ORGANISATION (INSTITUTION).

1.3.2ORGANISATIONSBEGRIFF IM INSTRUMENTALEN SINNE

Wie unter 1.3.1 ausgeführt, bestehen Organisationen deshalb, um ihre Ziele zu erreichen. Dieses soll möglichst geplant, dauerhaft und geordnet geschehen. Durch Regeln und Strukturen wird eine Ordnung des Zusammenwirkens in einer Organisation sichergestellt. Hierbei handelt es sich um das Zusammenwirken von Menschen miteinander, aber auch von Menschen und Sachmitteln.

Wenn wir die Gliederung einer öffentlichen Verwaltung, Dienstverteilungspläne oder Dienstanweisungen (siehe auch später an anderer Stelle) betrachten, ist zu erkennen, DASS DIE VERWALTUNG EINE ORGANISATION HAT.

1.3.3ORGANISATIONSBEGRIFF IM FUNKTIONALEN SINNE

Es besteht die Notwendigkeit, dass die öffentliche Verwaltung als Organisation auch organisiert wird. Darauf zielt der Organisationsbegriff im funktionalen Sinne ab. Er umfasst alle Tätigkeiten, die darauf abstellen, die Menschen (Mitarbeiter der Verwaltung) und die Sachmittel so zu organisieren, dass die Ziele erreicht werden (siehe auch Elemente der Organisation).

In der Verwaltung gibt es Tätigkeiten, die darauf ausgerichtet sind. Beispielhaft können hier Anweisungen zur Aufgabenerfüllung (wie tue ich was) oder Organisationsoptimierungen genannt werden.

DIE VERWALTUNG WIRD ORGANISIERT.

1.3.4ORGANISATIONSBEGRIFF IM BETRIEBSWIRTSCHAFTLICHEN SINNE (DEFINITION/BETRACHTUNG)

Die heutige Gesellschaft ist geprägt von unterschiedlichsten Entwicklungen und wird daher in unterschiedlichster Art und Weise beschrieben. Dabei fallen Bezeichnungen wie Industriegesellschaft, Wohlstandsgesellschaft oder, aufgrund der technischen Entwicklungen, Informationsgesellschaft. Unser gesamtes gesellschaftliches Leben findet im Bereich von Organisationen statt und wird demzufolge auch wesentlich von Organisationen, die für unser Leben nahezu unverzichtbar sind, beeinflusst. Als Kind besuchen wir einen Kindergarten, danach die Schule, werden in Betrieben ausgebildet und gehen in unserer Freizeit ins Museum oder spielen Fußball in einem Sportverein.

Man könnte daher die o. g. Bezeichnungen problemlos um den neuartigen soziologischen Begriff der Organisationsgesellschaft erweitern. Ein gesellschaftliches Zusammenleben und -wirken von Menschen erfordert jedoch eine gewisse dauerhafte Ordnung bzw. Struktur, ohne sich dabei in eine Abhängigkeit von Einzelpersonen zu begeben. Prägend für Organisationen ist also, dass die Menschen in ihr in der Regel austauschbar sind. Nur so ist eine gewisse Gefährdung der Organisation ausgeschlossen und eine Effizienz sowie Beständigkeit gewährleistet.

Unsere heutigen Wirtschafts- und Dienstleistungsbetriebe sowie öffentlichen Verwaltungen sind Organisationen (s. o. Kap. 1.3.1). In ihnen ist eine Arbeitsteilung zu erkennen, sie haben formale Regeln und sind heutzutage meistens nicht abhängig von Einzelpersonen.

Trotz der genannten Arbeitsteilung und der damit ggf. verbundenen Zunahme der Zahl sogenannter Fachkräfte ist gerade in der heutigen Zeit die menschliche Arbeit nicht isoliert zu betrachten, sondern immer in einer Form des zielorientierten Zusammenwirkens zu sehen.

Zusammenfassend kann daher unter betriebswirtschaftlicher Betrachtung ORGANISATION verstanden werden als

eine DAUERHAFTE

systematische Zuordnung VON MENSCHEN UND SACHMITTELN,

um ein OPTIMALES ZUSAMMENWIRKEN NACH BESTIMMTEN ZIELEN

zu erreichen.

1.4BEGRIFFSUNTERSCHEIDUNG ORGANISATION, DISPOSITION, IMPROVISATION

Die Arbeitsabläufe bzw. Arbeitsprozesse in einer Organisation sind zu regeln. Hierbei wird in der Organisationslehre zwischen drei Arten4 unterschieden.

1.4.1ORGANISATION

Beispiel

Im Bürgeramt der Stadt X werden u. a. jährlich 3000 Kraftfahrzeuge angemeldet. Egal, wer sein Kraftfahrzeug anmeldet bzw. welches Kraftfahrzeug angemeldet wird, der Arbeitsablauf bzw. die Tätigkeiten, die mit dieser Aufgabe verbunden sind, bleiben in der Regel gleich.

Es ist naheliegend, dass es für gleichbleibende und sich regelmäßig wiederholende Arbeitsabläufe und die damit verbundenen Tätigkeiten sinnvoll ist, vorausschauende, generelle und verbindliche Regelungen festzulegen. Diese überwiegend langfristigen Regelungen stellen ein einheitliches, stabiles Handeln sicher, tragen zur Dienstleistungsqualität bei und entsprechen insofern auch den Bedürfnissen der Mitarbeiter nach Sicherheit im Rahmen einer „richtigen“ Aufgabenerledigung. Dennoch ist anzumerken, dass diese Regelungen auch die Flexibilität einschränken können.

ORGANISATION BEDEUTET DIE SUMME ALLER VORAUSSCHAUENDEN, GÜLTIGEN UND LANGFRISTIG GELTENDEN GENERELLEN REGELUNGEN ZUR AUFGABENERFÜLLUNG/ERREICHUNG VON ZIELEN.5

Weitere Beispiele:

Bei Anmeldung eines Kraftfahrzeuges ist der Kraftfahrzeugschein vorzulegen.

Der Dienstverteilungsplan

Die Arbeitszeitordnung

1.4.2DISPOSITION

Beispiel:

Der Sachbearbeiter bearbeitet die Anmeldung eines Kraftfahrzeuges eigenständig. Bei Verdacht einer Straftat (z. B. Diebstahl) muss er das weitere Vorgehen jedoch mit der zuständigen Leitungskraft besprechen.

Nicht alles ist zur Erfüllung von Aufgaben organisatorisch (s. o.) bzw. bis ins kleinste Detail geregelt. Vielmehr sind hier Entscheidungen im Einzelfall zu treffen.6 Diese Einzelfälle treten im Rahmen vorhandener organisatorischer Regelungen auf, sind nicht selten und daher mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit vorhersehbar.

Die Disposition ermöglicht somit eine einzelfallbezogene Flexibilität und wird daher auch bewusst eingeräumt, erfordert aber auch von dem Mitarbeiter eine entsprechende Qualifikation und Erfahrung. Bezogen auf das geschilderte Beispiel, bleibt ein nicht unwesentlicher Teil der Entscheidung bei dem Mitarbeiter, denn er entscheidet, ob eine Straftat vorliegen könnte. Der Entscheidungsspielraum kann zur Motivation der Mitarbeiter beitragen.

UNTER DISPOSITION VERSTEHT MAN ENTSCHEIDUNGEN/REGELUNGEN IM EINZELFALL FÜR NICHT SELTEN AUFTRETENDE VORGÄNGE.

1.4.3IMPROVISATION

Beispiel:

An einem Freitag werden erfahrungsgemäß im Durchschnitt 30 Kraftfahrzeuge angemeldet. Am heutigen Freitag kommt ein Kfz-Großhändler und möchte eine Stunde vor Beendigung der Öffnungszeiten 90 Fahrzeuge anmelden. Eine Terminverschiebung ist nicht möglich.

Das Beispiel zeigt, dass wir nicht alles planen bzw. im Rahmen unserer Aufgaben vorhersehen können. Dieses gilt sowohl für öffentliche Verwaltungen als auch für wirtschaftliche Betriebe. In solchen Fällen können wir nicht wie oben auf organisatorische Regelungen zurückgreifen. Dennoch müssen wir mit dieser Situation umgehen und daher Regelungen und Entscheidungen ohne Vorbereitung im Moment des Auftretens festlegen bzw. treffen. Es handelt sich hierbei also um eine situative Regelung/Entscheidung, die, im Gegensatz zu Organisation und Disposition, (zunächst) nicht auf einen längeren Zeitraum angelegt ist.7 Wie das Beispiel zeigt, erfordert Improvisation eine gute Qualifikation, Berufserfahrung und Entscheidungskompetenz. Wenn nicht vorhersehbare Geschehnisse eine bisher noch nicht aufgetretene Situation herbeiführen, ist Improvisation erforderlich.

In dem geschilderten Beispiel bieten sich als situative Lösungen an, dass das Personal vor Ort zur Bewältigung dieser Aufgabe verstärkt bzw. die Aufgabe, ungeachtet der Öffnungszeit, erledigt wird.

1.5ORGANISATION ALS STRATEGISCHER ERFOLGSFAKTOR

In dem Vorwort des Buches wurde ausgeführt, dass eine gute Organisation bzw. ein gutes Organisationsmanagement ein „strategischer Erfolgsfaktor“ ist. Die Beantwortung von Fragen zur Unternehmensstruktur bei der Erreichung von Zielen bzw. Bewältigung von Aufgaben nehmen eine zentrale Bedeutung ein. Die professionelle Gestaltung von Verwaltungsstrukturen, Prozessen und Abläufen sind bedeutsame Aufgaben des Verwaltungsmanagements und eine Voraussetzung für Erfolg.

Die Verwaltungen sind gut beraten, ihre Strukturen, Abläufe/Prozesse unter dem Begriff einer „agilen Organisation“ (siehe auch 10.1) zu gestalten, um eine Flexibilität zu erreichen, die sie in die Lage versetzen, auf veränderte Bedingungen zeitnah reagieren zu können. Dieses bedingt i. d. R. auch eine veränderte Verwaltungs-/Führungskultur, sodass davon ausgegangen werden kann, dass der Erfolgsfaktor sowohl von „härteren“ Faktoren (Strukturen, Abläufe, Strategien) als auch von „weichen“ Faktoren (Selbstverständnis, Personal, Spezialkenntnisse, Stil) abhängig ist.8

Demnach verfügen erfolgreiche, innovative Unternehmen offensichtlich über gewisse Merkmale, die einen Zusammenhang zur Organisation aufweisen.

Folgend werden auszugsweise Merkmale in Anlehnung an Peters/Waterman9 kurz genannt, die durchaus auch für öffentliche Verwaltungen bedeutsam sind:

Vorrangigkeit des Handelns

Erfolgreiche Unternehmen finden im Rahmen einer systematisch-analytischen Vorgehensweise zielorientiert eine kreative Lösung und setzen diese schnell um.

Kundennähe

Sehr gute Produkt- und Leistungsqualität sowie ein enger Kundenkontakt kennzeichnen die besten Unternehmen. Sie sind auch bereit, von den Kunden zu lernen.

Unternehmensfreiräume

Es wird die Bereitschaft zu Risiko und Kreativität unterstützt. Es gibt die Möglichkeit zur Ideenumsetzung.

Produktivitätssteigerung durch Mitarbeiter*innen

Die Steigerung von Produktivität und Qualität geht von den Mitarbeiter*innen aus.

Unternehmenskultur und Wertesystem

Wichtige Erfolgsfaktoren für das Leistungsvermögen hervorragender Unternehmen sind eine gelebte Kultur (Verwaltungs-/Führungskultur) in einem Wertesystem mit primär qualitativen Merkmalen (z. B. Kundenorientierung, Fairness/Gerechtigkeit).

Flexible und einfache Organisationsstruktur

Erfolgreiche Unternehmen verfügen über einfache, flexible, überschaubare und verständliche Strukturen mit möglichst wenigen Führungs-/Leitungsstellen und kleineren Stäben.

Führung

Erfolgreiche, herausragende Organisationen/Unternehmen zeichnen sich durch „so viel Führung wie unbedingt nötig und Kontrolle nur da wo nötig“ aus.


1Vgl. Otto Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht.

2Organe sind natürliche Personen (Menschen) die für eine juristische Person (z. B. Stadt/Gemeinde als Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts) oder Personenvereinigung handeln, weil diese selbst nicht handeln und entscheiden können (vereinfachte Erläuterung).

3Vgl. Organisationsmanagement in Dienstleistung und Verwaltung (Bokranz/Kasten 4. Auflage S. 19–21) sowie Management im öffentlichen Sektor (Gourmelon/Mroß/Seidel, S. 17–19).

4Vgl. Organisation (Vahs 2007, S. 16) sowie Management im öffentlichen Sektor (Gourmelon/Mroß/Seidel, S. 20).

5Vgl. Organisationslehre für Sozialmanagement und Sozialverwaltung/Kompakt (Mroß 2012, S. 31, verändert).

6Vgl. Betriebswirtschaftslehre für Städte und Gemeinden (Rau 2007, S. 335).

7Vgl. Betriebswirtschaftslehre für Städte und Gemeinden (Rau 2007, S. 335).

8Vgl. Erfolgsfaktorenmodell Peters/Waterman.

9Vgl. T. J. Peters/R. H. Watermann, 1982, S. 13 ff./1984 S. 36 ff.; Organisation, D. Vahs, 10. Auflage, 2019 S. 7, 8.

IISUBSTITUTIONSGESETZ DER ORGANISATION (ÜBER-/UNTERORGANISATION10)

 

Waage, Gerechtigkeit, Blau, GewichtWas ist der richtige Weg? Sollte eine Verwaltung oder ein Unternehmen sich eher für organisatorische, also dauerhafte Regelungen (Organisation), oder eher für weniger dauerhafte Regelungen entscheiden? Eine generelle Antwort auf diese Frage ist kaum möglich.

In der Organisationslehre ist es nach dem Substitutionsgesetz der Organisation (vgl. Erich Gutenberg) Aufgabe, möglichst ein Optimum zwischen generellen (organisatorischen) und weniger generellen (fallweisen) Regelungen zu bestimmen. Hierbei gilt die Grundaussage, dass je mehr Variabilität und Unterschiedlichkeit in der Aufgabenerfüllung vorhanden sind, desto weniger kann generell geregelt werden. Danach ist „Organisation“ dann zu wählen, wenn Aufgaben in einer erkennbaren Häufigkeit auf gleiche Art und Weise zu erfüllen sind. Dieses ist bei den öffentlichen Verwaltungen gegeben, sodass hier Organisation bevorzugt in Betracht kommt.

Dennoch sollte es, in Abhängigkeit von den betrieblichen Tatbeständen bzw. zu erfüllenden Aufgaben Ziel sein, ein optimales Verhältnis zwischen generellen und fallweisen Regelungen zu erreichen. Die Organisation ist dann weder über- noch unterorganisiert und befindet sich in einem ORGANISATORISCHEN GLEICHGEWICHT. Dieser Zustand ist zwar erstrebenswert, aber unter realistischer Betrachtung in der Praxis kaum zu erreichen. Demzufolge wird man sich stets mit Über- und Unterorganisation im Alltag auseinandersetzen müssen.

2.1ÜBERORGANISATION

Anknüpfend an die bisherigen Ausführungen liegt Überorganisation dann vor, wenn in der Praxis aufgrund von zu viel vorhandenen organisatorischen Regelungen kaum noch Spielraum für Einzelfallentscheidungen besteht.11 Dies führt dazu, dass auf besondere Ereignisse oder Sachverhalte kaum noch mit der notwendigen Flexibilität reagiert werden kann. Die Verwaltung wird starr und passt sich nur schwer notwendigen Veränderungen an. Die fehlende Flexibilität führt daher nicht selten zu Qualitätsverlusten bei der Leistungserbringung und hat oftmals demotivierende Auswirkungen auf die Mitarbeiter.

2.2UNTERORGANISATION

Im Gegensatz zur Überorganisation gibt es bei der Unterorganisation zu wenig organisatorische Regelungen. Der Handlungs- und Entscheidungsspielraum des Einzelnen ist zu groß. Die Einheitlichkeit der Verwaltung bei der Aufgabenerfüllung ist in Frage gestellt, Abstimmungen sind erforderlich und Handlungen sind kaum vorhersehbar. Dies führt sowohl zur Verunsicherung bei den Mitarbeitern als auch bei den Bürgern (Kunden).


10Vgl. Organisation (Schreyögg/Geiger 6. Auflage 2015, S. 27); Organisation (Vahs 2012, S. 17–19); Management im öffentlichen Sektor (Gourmelon/Mroß/Seidel, S. 21–23).

11Vgl. Organisationslehre für Sozialmanagement und Sozialverwaltung (Mroß 2012, S. 34).

ORGANISATION VERWALTUNG

IIIVERWALTUNG ALS SYSTEM

Grundsätzlich ist anzumerken, dass es nicht einfach ist, die öffentliche Verwaltung als Institution verständlich zu machen. Dass die öffentliche Verwaltung oder ein Betrieb eine Organisation (Institution) ist, wurde bereits im vorausgegangenen Kapitel festgestellt. Um jedoch noch einen besseren Einblick zu bekommen, ist es sinnvoll, die Verwaltung als System zu begreifen.

3.1SYSTEME/SYSTEMTHEORIE

Die Systeme bzw. Systemtheorie12 sind mit ihren unterschiedlichsten Blickwinkeln und Ansätzen in der Literatur komplex und durchaus nicht immer leicht verständlich beschrieben. Die folgenden Ausführungen beschränken sich daher auf die wesentlichen Aussagen und Betrachtungen dieser Theorie und lassen zu, die öffentliche Verwaltung als System zu begreifen.

Die Entwicklungen und Einflüsse unterschiedlichster Art fordern uns ständig heraus. Die Unternehmen und öffentlichen Verwaltungen sind zu Institutionen geworden, die selbst unter interner Betrachtung manchmal nur schwer zu begreifen sind. Vorhandene und wachsende vielfältige Beziehungsstrukturen sind zwar schön, aber oftmals auch kompliziert. Gesamtbetrachtend eine komplexe und komplizierte Realität, die wir zu bewältigen haben.

Deshalb gilt es, diese Realität transparent zu machen. Hilfreich ist hier eine modellweise Betrachtung wesentlicher Aspekte. Diese Möglichkeit bietet die Systemtheorie.

3.1.1BEGRIFFSDEFINITION DES SYSTEMS

Ein System im Sinne der Systemtheorie besteht aus einer gegenüber der Umwelt abgegrenzten, geordneten Gesamtheit von Elementen, zwischen denen Beziehungen bestehen.13 Diese Definition wendet die Systemtheorie auf realistische Situationen an und entwickelt dabei das Verhalten des Systems weiter.

Das geht jedoch nur, wenn man sich zunächst mit dem System und dessen Struktur als solches beschäftigt.

Ein System besteht zunächst aus seinen Elementen (siehe Definition). Hierbei handelt es sich um die Elemente Aufgaben, Menschen, Sachmittel und Informationen (siehe später „Elemente der Organisation“). Innerhalb des Systems hat das Element einen gewissen Sinn bzw. seine eigenständige Aufgabe und agiert mit anderen Elementen des Systems. Das System ist zudem gekennzeichnet von einer gewissen Ordnung zwischen den Elementen. In seiner Existenz hat es einen Zweck und eine Rolle in übergeordneten Systemen.

3.1.2ARTEN VON SYSTEMEN

Wenn wir von Systemen sprechen, dann können unterschiedliche Arten von Systemen unterschieden werden.

Es gibt TECHNISCHE Systeme. Beispielhaft kann hier ein Flugzeug als technisches System mit den Elementen Triebwerke, Rumpf, Tragflächen genannt werden. Je nach Betrachtungsebene kann die Tragfläche ebenfalls als System mit den Elementen Querruder und Landeklappen verstanden werden.

Systeme, die aus Menschen bestehen, sind SOZIALE Systeme.

Realistisch betrachtet sind reine technische oder soziale Systeme kaum noch vorhanden. Der Einsatz und die Entwicklung von Technik durch den Menschen bzw. das „Zusammenspiel“ zwischen Technik und Mensch sind existenziell und daher unverzichtbar geworden. Ein System, welches Menschen und Technik kombiniert, wird als SOZIOTECHNISCHES System bezeichnet.

DA DIESE KOMBINATION IN ÖFFENTLICHEN VERWALTUNGEN (UND I. D. R. AUCH IN BETRIEBEN) VORZUFINDEN IST, IST DIE VERWALTUNG EIN SOZIOTECHNISCHES SYSTEM.

Beispiele:

Die Bearbeitung eines Antrags findet am PC statt.

Zur Reparatur des Kraftfahrzeuges wird eine Hebebühne benötigt.

3.1.3VERWALTUNG ALS OFFENES SYSTEM

Die Verwaltung als soziotechnisches System agiert nicht abgeschlossen von der Umwelt. Vielmehr muss sie sich den unterschiedlichsten Einflüssen stellen.

Insofern muss die Verwaltung, wie andere Systeme auch, als offenes System verstanden werden. Als offenes System verarbeitet sie Informationen als Eingabe (Input) aus dem Systemumfeld. Bei dieser Verarbeitung verliert die Verwaltung nicht den originären Zweck und wird nicht zwangsläufig dadurch verändert.

3.1.4VERWALTUNG ALS VERNETZTES SYSTEM

Die Verwaltung handelt nicht nur unter dem Einfluss ihrer Umwelt, sondern kooperiert und agiert auch mit anderen Systemen, die Teil ihres Umfelds sind. Deshalb kann die Verwaltung nicht abgeschottet gesehen werden. Sie ist vielmehr vernetzt mit anderen Systemen. Der Output der Verwaltung kann Input eines anderen Systems sein. Somit stehen Systeme untereinander in Beziehung. Deshalb kann eine Systemveränderung eines Systems auch zu Veränderungen bei einem anderen System führen. Diese Betrachtungsweise ist auch in Bezug auf das eigene System, welches aus einzelnen untergeordneten Systemen besteht, möglich.

Beispiele:

Die Ablehnung eines Antrags bei der Stadtverwaltung führt zur Klage beim Gericht (Output = Input).

Künftig werden die Informationen nur noch elektronisch übermittelt (Veränderungen in Systemen).

3.1.5ZUSAMMENFASSUNG

Wenn wir die obigen Ausführungen zur Systemtheorie noch einmal zusammenfassend betrachten, dann ist die Verwaltung als Organisation ein offenes, flexibles, zweckorientiertes, soziotechnisches System, welches mit der Umwelt interagiert und sich den veränderten Bedingungen anpassend, selbst organisieren kann.

Beispiele:

Öffentliche Verwaltungen, Unternehmen, Staaten, Religionsgemeinschaften, Sportvereine, Familie … vieles ist ein System.

Systemdarstellung14 (siehe auch 3.2)

3.2SYSTEMELEMENTE (ELEMENTE DER ORGANISATION)

Wie unter 3.1 beschrieben, besteht ein System aus miteinander in Beziehung stehenden Elementen, die dem System eine Struktur geben. Das System erfüllt nur seinen Zweck, wenn die Elemente in ihrer Bedeutung zusammenwirken. Ein Element ist daher durch das System erst bedeutsam. Zudem ist das System zu seiner Umwelt (z. B. Politik, Unternehmen, Kunden), also zu dem was nicht Bestandteil des Systems ist, abgegrenzt.

Der Darstellung ist zu entnehmen, dass das System von außen einen INPUT (EINGABE) erfährt, dieser VERARBEITET wird und anschließend als OUTPUT (AUSGABE) an die Umwelt abgegeben wird. Im Rahmen einer modernen Verwaltungssteuerung wird die Systemdarstellung noch um OUTCOME (ERGEBNIS/WIRKUNG) erweitert.

Beispiel:

Der Bürger stellt einen Antrag auf Gewährung einer Sozialleistung (Input). Der Antrag wird entsprechend bearbeitet (verarbeitet) und die Sozialleistung wird gewährt (Output) bzw. nicht gewährt. Letztendlich soll jedoch ggf. das Ergebnis (Outcome) dieser Leistung sein, dass der Leistungsempfänger künftig unabhängig davon seinen Lebensunterhalt sicherstellen kann.

Da die Systemelemente, die auch als Elemente der Organisation bzw. Objekte des Organisierens beschrieben werden, eine wesentliche Bedeutung dahingehend haben, dass mit ihnen eine zielgerichtete Gestaltung von Strukturen und Arbeitsabläufen/Prozessen möglich ist, sollte eine nähere Betrachtung vorgenommen werden.

Im Rahmen der Organisation ist es sinnvoll, die Elemente AUFGABEN, MENSCHEN, SACHMITTEL UND INFORMATIONEN15 eingehender zu unterscheiden.

3.2.1AUFGABEN

Checkliste, Aufgabe, Zu Tun, Liste, Planen, ArbeitDie Grundlage der Verwaltungstätigkeit sind die zu erfüllenden Aufgaben. Die Aufgaben haben eine herausgehobene Bedeutung und sind daher ein wichtiges Element der Organisation der Verwaltung. Sowohl der Aufbau der Verwaltung als auch die Abläufe/Prozesse orientieren sich an den zu erfüllenden Aufgaben.

Die öffentliche Verwaltung/Kommunalverwaltung ist Teil unseres komplexen Staatssystems. Wie bereits geschildert, bestehen umfangreiche Beziehungen zu anderen Institutionen (z. B. Unternehmen, Behörden und Bürgern). Das beeinflusst die Aufgaben einer öffentlichen Verwaltung in einem nicht unerheblichen Maße.

Bei den Aufgaben kann grundsätzlich zwischen pflichtigen und freiwilligen Aufgaben unterschieden werden. Pflichtige Aufgaben werden aufgrund von Rechtsvorschriften erledigt. Es besteht damit keine Möglichkeit, diese Aufgaben nicht wahrzunehmen. Vom Wortlaut ausgehend, handelt es sich im Gegensatz dazu bei freiwilligen Aufgaben um solche, die von der öffentlichen Verwaltung/Kommunalverwaltung nicht zwingend erledigt werden müssen.

Es werden eine Vielzahl von unterschiedlichsten Leistungen zur Aufgabenerfüllung in einer (Kommunal-)Verwaltung erbracht. Es gilt, diese Aufgaben grundsätzlich kritisch zu betrachten. Es ist beispielhaft zu hinterfragen, warum einzelne Aufgaben (Bedarf an dieser Aufgabenerfüllung durch die Verwaltung) in ggf. diesem Umfang erfüllt und welche Ressourcen damit gebunden werden.

3.2.2MENSCH

Erwachsener, Laptop, Computer, Menschen, Papier, BuchOb und in welcher Quantität und Qualität Verwaltungen (Betriebe) ihre Aufgaben erfüllen und damit ihre Ziele erreichen, hängt wesentlich von den in den Institutionen tätigen Menschen ab.

Die Mitarbeiter sind, insbesondere in öffentlichen Verwaltungen, die kostenintensivste, aber auch wichtigste Ressource. Ihr Leistungsvermögen16 prägt die Leistungsfähigkeit und das Ansehen (Image) der Verwaltung. Die Handlungsweisen der Mitarbeiter werden oftmals durch organisatorische Regelungen, aus denen sich Anforderungen an die Mitarbeiter ableiten lassen, bestimmt. Jedoch hat die Verwaltung auch gewisse berechtigte Bedürfnisse der Mitarbeiter zu erfüllen. Weil der Mensch eine zentrale Bedeutung in der Verwaltung einnimmt, ist es sinnvoll, bereits an dieser Stelle näher darauf einzugehen.

„Jede Verwaltung/jedes Unternehmen ist nur so gut wie die in ihr tätigen Mitarbeiter.“

Wenn wir diese Aussage zugrunde legen, dann gilt es, u. a. den Menschen in den Mittelpunkt unseres Handelns zu rücken. Unser Ziel sollte es daher sein, den Menschen als Aufgabenträger möglichst produktiv einsetzbar zu machen.

Es ist eine dieser Stellen, an denen die Verzahnung zwischen Organisations- und Personalmanagement sehr deutlich wird. Da Teil der Organisation/des Organisierens die Gestaltung der Arbeit ist, ist es wesentlich, sich damit zu beschäftigen, was ein Mitarbeiter möglicherweise leisten kann, was dieses beeinflusst und welche Rahmenbedingungen von den Mitarbeitern erwartet werden.

Auch wenn die Themen den Teildisziplinen des Personalmanagements zuzuordnen sind, so sollen hier einige Begriffe inhaltlich kurz erläutert werden, auch um den aufgezeigten Zusammenhang zwischen Organisation und Personalwirtschaft nachvollziehen zu können.

Leistungsvermögen der Mitarbeiter

Unter Leistungsvermögen versteht man alle auf den einzelnen Menschen bezogenen körperlichen und geistigen Voraussetzungen für die von ihm zu verrichtende Arbeit. Durch das Leistungsvermögen wird das Mitarbeiterpotenzial, welches sich in der Verwaltung überwiegend aus dem aufgabenbezogenen (Fach-)Wissen und den Berufserfahrungen ergibt, beschrieben. Das entsprechende Wissen erlangt man beispielhaft in der Ausbildung oder durch Fort- und Weiterbildung. Unterschiedliche Tätigkeiten in verschiedenen Bereichen (Organisationseinheiten) führen zu beruflichen Erfahrungen und ebenfalls zur Erweiterung der Kompetenzen und damit des individuellen Leistungsvermögens. Hinzuzuziehen sind noch personenbezogene Merkmale wie beispielsweise Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand.

Die Organisation bzw. organisatorische Maßnahmen können dazu beitragen.

Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter

Selbst wenn der Mitarbeiter über das Leistungsvermögen (Können) verfügt, so wundert es uns immer wieder, dass er dieses nicht oder nicht im vollen Umfang bei der Aufgabenerfüllung einsetzt. Das liegt nicht selten an der fehlenden Bereitschaft, dieses zu tun (Wollen).

Dass die Leistungsbereitschaft nicht im gewünschten Maße vorhanden ist, also die Motivation fehlt, das Leistungsvermögen auszuschöpfen, kann unterschiedliche Gründe haben. Diese Gründe sind im beruflichen und evtl. auch im privaten Umfeld zu finden.

Grundsätzlich kann gesagt werden, dass die Motivation, die in unterschiedlichster Ausprägung bei den einzelnen Mitarbeitern vorhanden ist, durch Anreize gesteigert werden kann. Beispielhaft wird hier in der Lehre zwischen materiellen (Besoldung, Vergütung, Statussymbole) und immateriellen Anreizen (Arbeitsinhalt, Anerkennung) unterschieden.

Beispiel:

Ein in der Verwaltung tätiger Jurist verfügt über das Leistungsvermögen, einen komplexen Sachverhalt in einer bestimmten Zeit zu lösen. Dennoch dauert die Bearbeitung des Sachverhalts zu lange und die Lösung ist fehlerhaft. Im Nachhinein stellt sich heraus, dass er lieber Sachverhalte auf einem anderen Rechtsgebiet bearbeiten würde und sein Kollege für vergleichbare Arbeit mehr Gehalt bekommt.

Leistungsverhalten der Mitarbeiter

Die Aktivitäten, die ein Mitarbeiter zur Erfüllung der Aufgaben einbringt, können als Leistungsverhalten bezeichnet werden. Dabei ist es unerheblich, ob die Aktivitäten körperlicher oder geistiger Natur sind. Der Mensch in seinen Verhaltensweisen wird dabei durch sein Umfeld beeinflusst. Deshalb ist es eine organisatorische Aufgabe, dieses Umfeld möglichst optimal zu gestalten. Beispielhaft können in diesem Zusammenhang die Gestaltung des Arbeitsplatzes sowie Regelungen zur Aufgabenerfüllung genannt werden.

Ein bildliches Fazit17

3.2.3SACHMITTEL

Unter 3.1.2 wurde bereits beschrieben, dass die Verwaltung ein soziotechnisches System ist. Das Zusammenwirken von Mensch und Technik ist die Regel im Arbeitsalltag. Die Erfüllung der Aufgaben findet mithilfe von Sachmitteln statt. Ein optimaler Mitteleinsatz führt nicht nur zur Erleichterung bei der Aufgabenerfüllung, sondern steigert auch die Quantität bzw. Qualität bei der Leistungserbringung. Es kann zwischen Arbeitsmitteln (Kopierer, PC, Vordrucke) und Betriebsmitteln (Motorsäge, Fahrzeuge) unterschieden werden.

Beispiel:

Bei der Beantragung einer Leistung ist ein Vordruck auszufüllen.

Die Personaldaten werden in den PC eingegeben.

Zur Durchführung der Kanalarbeiten wird eine spezielle Maschine eingesetzt.

3.2.4INFORMATIONEN

Sozial, Medien, Tafel, Struktur, VernetzungWie mehrfach erwähnt stehen Systeme und damit auch Systeme des öffentlichen Sektors in unterschiedlichen und mehr oder weniger intensiven Beziehungen zueinander. Zur Erfüllung ihres Zwecks und damit zur Erreichung ihrer Ziele sind sie auf Informationen angewiesen, die bewusst, also gesteuert, oder ungesteuert in das System einfließen, verarbeitet werden und das System verlassen.

Auch wenn Informationen und deren Verarbeitung nicht originär das Handeln der Verwaltung bestimmen, so haben sie als Element der Organisation einen zunehmenden Stellenwert gefunden. Ohne Informationen kann die Verwaltung die Aufgaben nicht erfüllen.18

Beispiel:

Der Kunde (der Bürger) kommt zu Ihnen und beantragt einen Personalausweis.

An diesem einfachen Beispiel können unterschiedliche Arten19 von Informationen aufgezeigt werden. Zunächst einmal ist festzustellen, dass der Kunde ein Anliegen hat. Er möchte einen Personalausweis. Hierzu stellt er einen Antrag. Dieser Antrag enthält Informationen und ist Anreiz für den Mitarbeiter, dieses Anliegen zu bearbeiten, also überhaupt tätig zu werden. Man spricht daher auch von Anreiz- oder Anstoßinformationen.

Zur Bearbeitung dieses Antrages benötigt der Mitarbeiter ebenfalls Grundlagen, die ihn in die Lage versetzen, z. B. das Anliegen rechtssicher zu bearbeiten. Diese Informationen, die er dazu benötigt (z. B. Rechtsvorschriften), werden als Basisinformationen oder Regelinformationen bezeichnet.

Nachdem er diese Informationen verarbeitet hat, ist es für den Mitarbeiter auch von Bedeutung, wie er zu handeln bzw. Vorgänge zu bearbeiten hat. Hierzu sind Bearbeitungs-/Handlungsinformationen hilfreich (Eingabe der Daten in den PC und Erstellen eines Schreibens).

Sicherlich ist Ihnen im täglichen Sprachgebrauch aufgefallen, dass im Rahmen von Informationen auch oftmals von Daten gesprochen wird. Der Begriff Daten wird in der Regel in Zusammenhang mit Technikeinsatz genutzt. Häufig werden darunter auch Zahlen und Fakten verstanden. Zum besseren Verständnis ist es ausreichend, dass wir unter Daten Informationen verstehen, die „technisch“ verarbeitet werden können.

3.3ABHÄNGIGKEITEN DER ELEMENTE DER ORGANISATION

Zahnräder, Getriebe, Rad, MaschineDie bisherigen Ausführungen zu den Elementen der Organisation haben uns bereits verdeutlicht, dass diese nicht isoliert voneinander betrachtet werden können, sondern vielmehr miteinander zusammenwirken bzw. verzahnt sind. Daraus ergibt sich ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen den einzelnen Elementen.

Beispiele:

a)Die Verwaltung/das Unternehmen hat sich dafür entschieden, den Technikeinsatz (Sachmittel) dahingehend zu verbessern, dass neben neuen PCs auch eine neue Software (ein neues Programm) zur Bearbeitung von Leistungsanträgen eingesetzt werden soll.

Diese Entscheidung, bezogen auf das Element „Sachmittel“, hat ebenfalls auch Auswirkungen auf die übrigen Elemente. Beispielsweise können dadurch die Aufgaben in Quantität und Qualität besser erledigt werden. Auch ist es möglich, dass ein Mitarbeiter dadurch mehr Fälle bearbeiten kann und dies zur Einsparung von Personal führt.

b)Die Verwaltung ist aufgrund der schwierigen Finanzsituation gezwungen, Personal (Element Mensch) abzubauen.

Die Konsequenz daraus könnte sein, dass die Aufgaben nicht mehr in der erforderlichen Quantität und Qualität erledigt werden können. Ggf. kann diese Folge mit mehr Technikeinsatz kompensiert werden.

c)Die Verwaltung wird künftig eine Aufgabe nicht mehr in dem bisherigen Maße erledigen müssen.

Das könnte zur Folge haben, dass Personal abgebaut bzw. teilweise anderweitig eingesetzt werden kann oder die Sachmittel in diesem Umfang nicht mehr benötigt werden.

Durch diese durchaus praxisnahen Beispiele wird die Abhängigkeit zwischen den Elementen sehr deutlich. Wirke ich auf ein Element der Organisation ein, dann wirkt sich dieses in unterschiedlichen Formen (negativ oder positiv) immer auch auf andere Elemente aus. Die Elemente sollten daher so zueinander in Beziehung stehen, dass die Ziele der Verwaltung/eines Unternehmens optimal erreicht werden können. Das ist Aufgabe der Organisation (siehe funktionaler Begriff)!


12Vgl. System (Systembegriff und Systemmodell) Online Verwaltungslexikon olev.de-Version 1.13; Organisation (Vahs 2012, S. 38–41); Betriebswirtschaftslehre für Städte und Gemeinden (Rau 2007, S. 330 f.); Management im öffentlichen Sektor (Gourmelon/Mroß/Seidel, S. 39–40).

13Vgl. Systemorientiertes Management (Ulrich 2001, S. 105).

14Beitrag System (Systembegriff und Systemmodell) OnlineVerwaltungslexikon olev.de-Version 1.13 (verändert).

15Vgl. Betriebswirtschaftslehre für Städte und Gemeinden (Rau 2007, S. 331); Management im öffentlichen Sektor (Gourmelon/Mroß/Seidel, S. 41).

16Vgl. Management im öffentlichen Sektor (Gourmelon/Mroß/Seidel, S. 55 f.).

17Vgl. Management im öffentlichen Sektor (Gourmelon/Mroß/Seidel, S. 57, leicht verändert).

18Vgl. Organisationslehre für Sozialmanagement und Sozialverwaltung/Kompakt (Mroß 2012, S. 43).

19Vgl. Management im öffentlichen Sektor (Gourmelon/Mroß/Seidel, S. 221, 222).