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Lynne Graham, Carol Marinelli, Chantalle Shaw, Jackie Braun

JULIA EXTRA BAND 417

IMPRESSUM

JULIA EXTRA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

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© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXTRA
Band 417 - 2016 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg

© 2015 by Lynne Graham
Originaltitel: „The Greek Commands His Mistress“
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
in der Reihe: MODERN ROMANCE
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
Übersetzung: Irmgard Sander

© 2015 by Carol Marinelli
Originaltitel: „Sicilian’s Shock Proposal“
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
in der Reihe: MODERN ROMANCE
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
Übersetzung: Trixi de Vries

© 2015 by Chantalle Shaw
Originaltitel: Originaltitel
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
in der Reihe: MODERN ROMANCE
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
Übersetzung: Valeska Schorling

© 2015 by Jackie Braun Fridline
Originaltitel: „The Heir’s Unexpected Return“
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
in der Reihe: ROMANCE
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
Übersetzung: Pia Pfänder

Abbildungen: Harlequin Books S.A., photoff / Shutterstock, alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 06/2016 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733707934

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

 

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LYNNE GRAHAM

Die Geliebte des griechischen Milliardärs

Lilah kann nicht fassen, was der griechische Milliardär Bastien Zikos verlangt: „Du wirst meine Geliebte, solange ich dich will.“ Doch wenn sie die Firma ihrer Familie retten will, hat sie keine Wahl …

CAROL MARINELLI

Ein Bräutigam zum Küssen

Entweder ganz – oder gar nicht! Wenn der Hotelmagnat Luka Cavaliere sich schon als Sophies Bräutigam ausgibt, will er sie auch küssen! Ein sinnliches Spiel mit ungeahnten Folgen beginnt …

CHANTALLE SHAW

Wie zähmt man einen Playboy-Scheich?

Gerade erst hat Prinz Kadir sein Playboyleben beendet und einer arrangierten Ehe zum Wohl seines Landes zugestimmt, da stellt die Begegnung mit der betörenden Lexi seine Pläne komplett auf den Kopf …

JACKIE BRAUN

Nur ein Traum vom großen Glück?

Die hübsche, zurückhaltende Brigit ist ganz anders als die auffälligen Models, die Kellen Faust normalerweise bevorzugt. Warum fühlt er sich ausgerechnet zu ihr so hingezogen wie zu keiner Frau zuvor?

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Die Geliebte des griechischen Milliardärs

1. KAPITEL

„Es ist vorbei, Reba“, erklärte Bastien entschieden.

Die atemberaubende Blondine ihm gegenüber zog einen Schmollmund. „Aber wir waren doch so fantastisch zusammen.“

„Ich habe dir nie versprochen, dass mehr daraus wird als Sex. Und jetzt ist es aus.“

Reba blinzelte, als kämpfte sie mit den Tränen, aber Bastien kannte sie zu gut. Das Einzige, was Reba zum Weinen gebracht hätte, wäre, wenn er sie kleinlich abgefunden hätte. Sie war hart wie Stahl … ganz wie er. Was Frauen betraf, war er sogar eiskalt. Schon seine Mutter, ein männermordendes, berechnendes Biest, hatte ihm von klein auf beigebracht, dem so genannten „schönen Geschlecht“ zu misstrauen.

„Man hatte mich gewarnt, dass du dich schnell langweilst“, sagte Reba spitz. „Ich hätte darauf hören sollen.“

Bastiens Ungeduld wuchs. Reba war eine Weile seine Geliebte und recht unterhaltsam im Bett gewesen, doch nun war Schluss. Schon jetzt hatte er ihr im Gegenzug ein kleines Vermögen an Schmuck geschenkt. Bastien Zikos nahm von einer Frau nichts geschenkt … weder Sex noch irgendetwas anderes.

Brüsk wandte er sich von ihr ab. „Einer meiner Buchhalter wird sich mit dir in Verbindung setzen.“

„Du hast eine andere, stimmt’s?“, spekulierte die Blondine gekränkt.

„Wenn es so wäre, ginge es dich nichts an.“ Er warf ihr noch einen letzten, warnenden Blick zu, bevor er ging. Seine Augen funkelten eisig, die markanten, attraktiven Züge waren wie in Stein gemeißelt.

Die Limousine mit Chauffeur stand bereit, um ihn zum Flughafen zu fahren, wo er seinen Privatjet zum Weiterflug nach Norden bestieg. Eine andere? Vielleicht … vielleicht auch nicht.

Richard James, sein Finanzdirektor, erwartete ihn bereits in der luxuriösen Kabine. „Darf ich fragen, welchen besonderen, offenbar nur Ihnen bekannten Reiz diese langweilige Kleinstadt im Norden besitzt, beziehungsweise dieses noch langweiligere, gescheiterte Unternehmen dort, das Sie kürzlich erworben haben?“

„Sie dürfen fragen. Aber ich verspreche Ihnen keine Antwort.“ Bastien studierte auf seinem Laptop die aktuellsten Börsentabellen.

„Dann bietet Moore Components doch etwas, das mir entgangen ist?“, meinte sein untersetzter blonder Mitarbeiter geknickt. „Ein Patent? Eine neue Erfindung?“

Bastien warf ihm einen amüsierten Blick zu. „Die Fabrik steht auf Land, das Millionen wert ist. Ein erstklassiges Entwicklungsgebiet in der Nähe des Stadtzentrums.“

„Ihre Jahre als Heuschrecken-Investor, der Firmen aufkauft und auschlachtet, sind doch eigentlich lange her“, bemerkte Richard James überrascht.

In seinen Anfangsjahren hatte Bastien Unternehmen aufgekauft und zum größtmöglichen Profit abgewickelt. In geschäftlichen Dingen kannte er kein Gewissen, sondern hielt sich ausschließlich an die Gesetzmäßigkeiten von Gewinn und Verlust. Angetrieben vom Ehrgeiz eines Mannes, der kein reiches Familienerbe im Rücken hatte, war er stolz auf seine Unabhängigkeit und darauf, dass er längst Selfmade-Milliardär war.

Aber in diesem Moment dachte Bastien Zikos nicht ans Geschäft. Nein, er dachte an Delilah Moore … die einzige Frau, die ihn je abgewiesen und damit über alle Maßen frustriert und verärgert hatte. Sein Ego hätte den Dämpfer wegstecken können, wenn sie wirklich nicht an ihm interessiert gewesen wäre. Aber er hatte das Verlangen in ihren Augen gesehen und ihre unmissverständliche Reaktion gespürt, wenn sie ihm nahe war.

Es war ihre heuchlerische Behauptung, sie wolle ihn nicht, die er ihr nicht verzeihen konnte. Furchtlos und abwertend hatte sie ihm seinen Ruf als Frauenheld vorgeworfen und sich als feine Lady aufgespielt, die voller Verachtung die Annäherungsversuche eines Straßenrowdys abwehrt. Der Zorn über ihre Respektlosigkeit, ganz zu schweigen von ihren Lügen und ihrer Frechheit, ihn derart anzugreifen, brannte jetzt, zwei Jahre später, immer noch unvermindert in seinem Inneren.

Und nun hatte das Schicksal den Spieß umgedreht. Bastien nahm es mit Genugtuung zur Kenntnis. Er glaubte nicht, dass Delilah Moore ihn diesmal trotzig abspeisen würde.

„Wie geht es ihm?“, fragte Lilah ihre Stiefmutter gedämpft, als sie ihren Vater im Hinterhof ihres kleinen Reihenhauses stehen sah.

„Unverändert.“ Vickie, eine kleine üppige Blondine von Mitte dreißig, seufzte. Sie stand an der Spüle, bemüht, den Abwasch zu erledigen, während sich ein Kleinkind an ihrem Bein festklammerte. „Er ist natürlich deprimiert. Schließlich war die Firma sein Lebenswerk – und nun ist es zerstört. Er fühlt sich als Versager. Und dass er noch keinen neuen Job finden konnte, ist auch nicht gerade hilfreich.“

„Bestimmt findet sich bald etwas“, erklärte Lilah betont optimistisch, nahm ihre zweieinhalbjährige Halbschwester Clara hoch und suchte für sie ein Spielzeug, um sie zu beschäftigen.

Lilah war ein positiver Mensch. In schwierigen Zeiten hielt sie Ausschau nach dem Silberstreif am Horizont. Sicher, ihr Vater hatte seine Firma und sein Haus verloren, aber er hatte immer noch seine Familie, und sie waren alle gesund.

Gelegentlich staunte sie selber, wie gut sie sich mit ihrer Stiefmutter angefreundet hatte. Ursprünglich hatte sie ja angenommen, Vickie wäre auch nur eins von diesen oberflächlichen jungen Dingern, mit denen sich ihr Vater eine Weile vergnügt hatte, bis sie irgendwann begriffen hatte, dass sich die beiden trotz des Altersunterschieds von zwanzig Jahren wirklich liebten. Vor vier Jahren hatten ihr Vater und Vickie geheiratet, und inzwischen hatte Lilah zwei Halbgeschwister, die sie nicht mehr missen wollte: den fast vierjährigen Ben und die kleine Clara.

Augenblicklich wohnten sie alle mit Lilah in dem kleinen Reihenhaus, das sie eigentlich für sich gemietet hatte. Drei Zimmer, Küche, Bad waren für drei Erwachsene und zwei Kleinkinder natürlich sehr beengt, aber bis die Stadt der Familie eine bezahlbare Sozialwohnung anbieten konnte oder ihr Vater einen neuen Job fand, blieb ihnen gar keine andere Wahl. Die repräsentative Villa, die ihr Vater noch vor Kurzem mit seiner Familie bewohnt hatte, war zusammen mit seinem restlichen Vermögen bei dem vergeblichen Versuch draufgegangen, Moore Components vor der Pleite zu retten.

„Ich klammere mich immer noch an die Hoffnung, dass Bastien Zikos deinem Vater einen Rettungsanker zuwirft“, gestand Vickie. „Ich meine, wer kennt das Geschäft besser als Robert? Es wird doch in seiner alten Firma einen Platz für ihn geben, wo er sich nützlich machen kann, oder?“

Lilah verkniff sich die Antwort, dass Bastien ihrem Vater wohl eher einen Betonklotz an die Füße binden würde, um sicherzugehen, dass er wirklich unterging. Schließlich hatte der griechische Milliardär Moore Components bereits vor zwei Jahren kaufen wollen, und rückblickend hätte ihr Vater das Angebot besser angenommen. Aber damals waren die Geschäfte noch gut gelaufen, auch wenn Bastien selber warnend darauf hingewiesen hatte, dass das Wohl und Wehe der Firma viel zu sehr von einem Großauftrag abhängig war. Als dann dieser Auftrag tatsächlich verloren ging, taumelte Moore Components innerhalb weniger Wochen dem Bankrott entgegen.

„Ich gehe jetzt besser in die Firma.“ Lilah bückte sich und tätschelte schuldbewusst ihren Zwergdackel Skippy, der ihr um die Füße wuselte, um ihre Aufmerksamkeit zu erlangen. Seit ihre Familie bei ihr eingezogen war, hatte sie Skippy ziemlich vernachlässigt. Jetzt ließ ihr die Vorstellung, dass ihre Stiefmutter sich ausgerechnet von Bastien Zikos Hilfe erhoffte, keine Ruhe. Rasch zog sie ihren Regenmantel an und band sich den Gürtel um die schmale Taille. Vickie hatte Ben schon seine Jacke angezogen, weil Lilah den Kleinen auf dem Weg zur Arbeit in den Kindergarten brachte.

Sie war eine kleine, zierliche Frau mit langem schwarzen Haar und strahlend blauen Augen und gehörte zu den wenigen Angestellten bei Moore Components, die noch arbeiteten. Für die Abwicklung hatte der Konkursverwalter die Dienste der Personalabteilung noch gebraucht, aber in zwei Tagen würde Lilah ebenfalls arbeitslos sein.

Seit sie erfahren hatte, dass Bastien Zikos die insolvente Firma ihres Vaters aufgekauft hatte, wurde sie, entgegen ihrer sonst so positiven Einstellung, von bösen Vorahnungen geplagt. Allerdings stand sie mit ihren Ängsten ganz allein da. Der Insolvenzverwalter war hoch erfreut gewesen, einen Käufer gefunden zu haben, und ihr Vater war sich mit den ortsansässigen Honoratioren in der Hoffnung einig, dass der neue Eigentümer wenigsten einige der Leute wieder einstellen würde, die mit der Pleite von Moore Components ihre Arbeit verloren hatten. Nur Lilah, die zuvor einmal einen Blick auf Bastiens Skrupellosigkeit erhascht hatte, hielt es für höchst unwahrscheinlich, dass der griechische Milliardär mit guten Neuigkeiten in die Gemeinde kommen würde.

Wenn es je einem Mann gelungen war, Lilah das Fürchten zu lehren, dann Bastien Zikos. Der große, unglaublich attraktive Grieche hatte bei ihr sämtliche Alarmglocken schrillen lassen. Wie er aussah, wie er sprach, sein dominantes Gebaren … seine ganze Haltung hatte sie abgeschreckt und instinktiv zurückweichen lassen. Leider hatte das nur Bastien Zikos’ Jagdinstinkt geweckt.

Trotz ihrer erst dreiundzwanzig Jahre brachte Lilah arroganten, gut aussehenden Männern mit aufgeblasenem Ego seit jeher tiefes Misstrauen entgegen. Nach ihrer Erfahrung handelte es sich meist um verlogene Spieler. Ihr eigener Vater war früher so gewesen und hatte ihre verstorbene Mutter mit seinen ständigen Affären todunglücklich gemacht. Lilah dachte nicht gern an jene schlimme Zeit zurück, als sie ihren Vater gehasst hatte, weil scheinbar keine Frau vor ihm sicher gewesen war … weder die Angestellten in seiner Firma noch die Freundinnen ihrer Mutter. Erst als er Vickie kennengelernt hatte, war damit Schluss gewesen und ihr Vater hatte sich zu einem richtigen Familienmenschen entwickelt. Was Lilah die Möglichkeit gab, ihn wieder zu respektieren und ihm zu verzeihen.

Bastien Zikos wiederum war alles andere als ein Familientyp – ganz im Gegenteil, ihm eilte ein Ruf als Frauenheld voraus. Er war es zweifellos gewohnt, sich jede Frau, die er gerade wollte, zu nehmen. Reich, erfolgreich und unglaublich attraktiv, brauchte er in der Regel nur mit den Fingern zu schnippen, und die Frauen flogen ihm zu. Lilah allerdings hatte auf dem Absatz kehrtgemacht und war in die entgegengesetzte Richtung geflohen, weil sie sich nicht von einem Mann, der nur Sex von ihr wollte, das Herz brechen und die Selbstachtung rauben lassen wollte.

Es war für sie eine albtraumhafte Erfahrung gewesen, sich zu einem Mann wie Bastien Zikos derart hingezogen zu fühlen. Standhaft hatte sie sich geweigert, es sich auch nur einzugestehen, geschweige denn, der Versuchung nachzugeben. Trotzdem erinnerte sie sich jetzt, zwei Jahre später, immer noch ganz genau, wie sie ihn inmitten der Menschenmenge in einem Auktionssaal zum ersten Mal gesehen hatte. Bastien … groß, dunkel und so umwerfend sexy mit seinen faszinierenden goldbraunen Augen.

Sie war wegen eines Schmuckanhängers dort gewesen, der ihrer Mutter gehört und den Vickie zum Verkauf weggegeben hatte, weil sie nicht wusste, wie viel er Lilah bedeutete. Lilah hatte vor, den Anhänger ohne Aufsehen bei der Auktion zurückzuersteigern, denn sie wollte nicht daran rühren, wie sehr es sie gekränkt hatte, dass ihr Vater praktisch allen Schmuck ihrer verstorbenen Mutter seiner neuen Lebensgefährtin geschenkt hatte.

Das Erste, was ihr an diesem Tag ins Auge fiel, war das markante Profil von Bastien, wie er intensiv einen kleinen Gegenstand in seiner Hand betrachtete, den ihm eine Auktionsassistentin aus einer Vitrine geholt hatte. Lilah hatte man auf Nachfrage zu derselben Vitrine geschickt, und im Näherkommen stellte sie überrascht fest, dass Bastien ausgerechnet den schlichten silbernen Seepferdchen-Anhänger ihrer Mutter zwischen den schlanken Fingern drehte.

„Was haben Sie damit vor?“, fragte sie unwillkürlich.

„Warum interessiert Sie das?“, erwiderte er genauso direkt, wobei er aufsah und sie mit dem Blick seiner betörend leuchtenden Augen bannte.

Lilah verschlug es buchstäblich den Atem. Ihr Herz pochte, als wollte es zerspringen … so unfassbar, so sündhaft attraktiv war dieser Mann. „Er … hat meiner Mutter gehört.“

„Und woher hatte sie ihn?“, fragte Bastien wie aus der Pistole geschossen.

„Sie hat ihn vor fast zwanzig Jahren auf einem Flohmarkt gekauft. Ich war dabei“, antwortete Lilah aufrichtig, obwohl sie sein forschender Blick nervös machte.

„Ungefähr um die Zeit hatte meine Mutter ihn in London verloren“, meinte Bastien vielsagend und drehte den Anhänger herum, um ihr eine Gravur auf der Rückseite zu zeigen: zweimal der Buchstabe A, umrahmt von einem Herzen. „Mein Vater Anatole schenkte den Anhänger meiner Mutter Athene. Was für ein außerordentlicher Zufall, dass er offenbar unseren beiden Müttern gehört hat.“

„Wirklich … außerordentlich“, pflichtete sie ihm angespannt bei, wobei seine Nähe sie mindestens genauso sehr irritierte wie seine unerwartete Eröffnung. Der Duft seines exklusiven Aftershaves benebelte ihren Verstand, sodass sie Mühe hatte, klar zu denken. Ein wenig zu hastig wich sie einen Schritt zurück und prallte mit jemandem hinter ihr zusammen.

Bastien fasste sie mit einer Hand, um zu verhindern, dass sie stolperte. Bei der Berührung durchzuckte es Lilah wie elektrisiert, und sie blickte atemlos zu ihm auf. Es kostete sie einige Willenskraft, sich seiner Hand zu entziehen.

„Darf ich mir den Anhänger ansehen, bevor er wieder in die Vitrine gelegt wird?“, fragte sie betont kühl.

„Das hat nicht viel Sinn, weil ich vorhabe, ihn zu ersteigern“, entgegnete er unverblümt.

„Ich auch“, erklärte sie prompt.

Sichtlich widerstrebend legte Bastien ihr den Schmuck in die Hand. Für Lilah war es ein besonderer Moment, denn ihre Mutter hatte den hübschen Anhänger geliebt und im Sommer gern getragen. Lilah verband ihn mit den wenigen glücklicheren Erinnerungen an ihre Kindheit.

„Leisten Sie mir bei einer Tasse Kaffee Gesellschaft?“ Bastien, der sie ungeduldig beobachtet hatte, nahm ihr den Schmuck wieder ab und reichte ihn der Auktionsassistentin.

Lilah sah ihn überrascht an. „Das wäre kaum angemessen, da wir beide auf dasselbe Stück bieten wollen.“

„Nennen Sie es sentimental, aber ich würde gern erfahren, wo der Anhänger all die Jahre gewesen ist.“

So unwahrscheinlich diese Erklärung auch war, Lilah fühlte sich daraufhin gezwungen, die Einladung zum Kaffee anzunehmen, weil alles andere kleinlich und unhöflich ausgesehen hätte. So hatte ihre kurze Bekanntschaft mit Bastien Zikos begonnen.

Rasch verdrängte sie die Erinnerung. Es hatte sie zu viel Kraft gekostet, diesen Mann zu vergessen. Allerdings hatte sie nie bereut, ihn zurückgewiesen zu haben … auch wenn oder gerade weil sie in der Presse und im Internet immer mal wieder auf seinen Namen stieß, meist im Zusammenhang mit wechselnden Schönheiten an seiner Seite. Quantität statt Qualität schien seine unveränderte Devise in Bezug auf Frauen. Sie hatte damals die einzig richtige Entscheidung getroffen, auch wenn er sie immer noch dafür hasste.

Als Lilah durch die Fabriktore schritt und den einst so belebten Hof überquerte, der jetzt bis auf wenige Fahrzeuge trostlos und verlassen wirkte, klingelte ihr Handy. Es war Josh, mit dem sie studiert hatte, und er schlug vor, am nächsten Abend mit einigen anderen Freunden auszugehen. Alle paar Wochen trafen sie sich in dieser Runde aus Pärchen und Singles, um essen oder ins Kino zu gehen. Joshs Verlobung hatte sich gerade aufgelöst, und Lilahs letzter Freund hatte sich verabschiedet, als die Firma ihres Vaters pleitegegangen war.

„Morgen Abend?“ Lilah gefiel die Idee, denn die Abende in ihrem überfüllten kleinen Haus waren in letzter Zeit etwas stressig, und außerdem würde es sie wenigstens für kurze Zeit von den drückenden Problemen ablenken. „Ja, gern. Um wie viel Uhr?“

Aus dem Chefbüro im obersten Stock beobachtete Bastien Zikos aufmerksam, wie Delilah Moore über den Parkplatz von Moore Components kam. Immer noch fand er sie unvergleichlich schön … ein Eingeständnis, das ihn ärgerte. Denn seit er Robert Moores Tochter begegnet war, hatten viele schöne Frauen sein Bett geteilt – nur hatte ihn keine davon lange interessiert.

Delilahs Anblick aber schlug ihn jetzt wieder genauso in Bann wie damals, als er sie zum ersten Mal gesehen hatte: langes schwarzes Haar, das ihr in seidigen Kaskaden fast bis zur Taille herabfiel, ein zartes Gesicht mit makellosem Alabasterteint und klaren saphirblauen Augen. Egal was sie trug, sie strahlte immer eine lässige Eleganz aus, wie sie manchen Frauen einfach angeboren war.

Und wieder sagte er sich, dass sie doch eigentlich überhaupt nicht sein Typ war. Denn mit einer einzigen Ausnahme waren seine Frauen immer üppige Blondinen gewesen. Delilah war klein und sehr zierlich … umso unerklärlicher, dass er sich so von ihr angezogen fühlte. Und alles, was Bastien nicht erklären oder kontrollieren konnte, irritierte ihn.

Diesmal aber, so hatte er sich geschworen, würde er der schönen Delilah nahe genug kommen, um all ihre Makel aufzudecken.

„Der neue Boss ist im Haus“, empfing Julie, Lilahs Kollegin, sie, sobald sie das gemeinsame Büro betrat.

Lilah zog sich den Regenmantel aus. „Wann ist er eingetroffen?“

„Laut Pförtner war es noch nicht einmal sieben Uhr. Scheint ein Frühaufsteher zu sein“, plapperte Julie drauflos. „Und Mr. Zikos hat sein ganzes Team mitgebracht. Das ist doch sicher ein gutes Zeichen, meinen Sie nicht? Außerdem sieht er wahnsinnig gut aus.“

„Ach ja?“ Lilah wandte sich ab, um ihren Mantel aufzuhängen.

„Absolut traumhaft, wie ein männliches Supermodel. Sogar Maggie fand das … sie hat ihm Kaffee gebracht.“ Maggie, Mädchen für alles und die gute Seele des Büros, stand in dem Ruf, eine Männerfeindin und schwer zu beeindrucken zu sein. „Aber Maggie hat auch gesagt, sie hätte ihn nicht zum ersten Mal gesehen, sondern er wäre vor Jahren schon einmal hier gewesen. Wissen Sie etwas davon?“

„Ja, das stimmt. Er war damals am Kauf der Firma interessiert.“

„Dann haben Sie ihn auch schon vorher getroffen?“, rief Julie konsterniert aus. „Warum haben Sie nichts davon gesagt?“

„Es schien mir nicht wichtig“, sagte Lilah so beiläufig wie möglich, setzte sich an ihren Schreibtisch und versuchte sich, so gut es ging, abzulenken. Eine Stunde später kam ein junger Mann mit gepflegtem Vollbart in das Büro der beiden.

„Miss Moore?“ Er blieb vor Lilahs Schreibtisch stehen. „Ich bin Andreas Theodakis und gehöre zu Mr. Zikos’ Team. Mr. Zikos bittet Sie in sein Büro.“

Lilah fühlte, wie sie blass wurde. Aber wovor sollte sie Angst haben? Was sollte Bastien Zikos ihr schon anhaben? Trotzdem erfüllte sie allein die Tatsache, dass er sie zu sich rief, mit Panik.

Sie nahm die Treppe nach oben und nutzte den Weg, um sich zu fassen. Sicher wollte er sich nur ein wenig vor ihr brüsten, denn immerhin war die Firma pleitegegangen, wie er vorhergesagt hatte, und er hatte sie für einen Spottpreis erstanden, wohingegen ihre Familie alles verloren hatte.

Es war ein seltsames Gefühl, das ihr so vertraute Büro ihres Vaters zu betreten und an seiner Stelle jetzt Bastien Zikos dort vorzufinden. Lilah gönnte ihm nur einen flüchtigen Blick und stellte fest, dass außer ihnen beiden niemand anwesend war. War das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen?

„Mr. Zikos“, begrüßte sie ihn förmlich.

„Oh, ich denke, wir bleiben bei Bastien“, verbesserte er sie arrogant, wobei er sich unwillkürlich fragte, wie sie in einem schlichten schwarzen Rock und einem unauffälligen kamelhaarfarbenen Pullover so gut aussehen konnte.

Ihr schwarzes, lockiges Haar umschmeichelte ihr zartes Gesicht und war immer noch so wundervoll seidig und lang, dass es ihn in den Fingern kribbelte, es zu berühren. Ebenso unvermindert war die Faszination, die ihre ausdrucksvollen blauen Augen in Kontrast zu ihrem hellen Porzellanteint auf ihn ausübten.

Lilah wiederum kostete es große Mühe, sich nicht anmerken zu lassen, welche Wirkung sein Anblick auf sie hatte. Denn Julie hatte nicht übertrieben, er sah tatsächlich aus wie ein männliches Supermodel. Groß, athletisch mit dichtem schwarzem Haar, goldbraunen Augen, markanten Zügen und einem unglaublich sinnlichen Mund … Sehr zu ihrem Leidwesen fühlte Lilah, wie sie errötete. Sie wandte den Kopf ab, denn sie fürchtete, dass Bastien Zikos’ Scharfblick nichts entging.

„Nimm Platz. Delilah.“ Er deutete auf einen der Sessel, die in einer Ecke des großen holzvertäfelten Raumes einen Couchtisch flankierten.

„Lilah“, verbesserte sie ihn nicht zum ersten Mal, denn auch damals hatte er darauf bestanden, sie mit ihrem vollen Namen anzureden. Delilah, ein Name, dessen biblischer Hintergrund ihr in der Schule einige Hänseleien eingebracht hatte.

„Ich ziehe Delilah vor“, meinte Bastien nun geradezu genüsslich.

Resigniert setzte sich Lilah und riss sich zusammen, um seinem leicht spöttischen Blick standzuhalten. Was ein gefährliches Unterfangen war, denn wie schon vor zwei Jahren drohte sie, sich immer wieder in den Tiefen seiner atemberaubenden braunen Augen zu verlieren, in denen es golden funkelte.

„Ich kann mir nicht vorstellen, warum du mich sprechen willst“, sagte sie so ruhig wie möglich, als die Tür aufging und Maggie ein Tablett mit Kaffee und Gebäck hereintrug.

Sofort sprang Lilah auf, um der älteren Frau das schwere Tablett abzunehmen. Die gute Maggie war schon weit über das Rentenalter hinaus und hatte Mühe mit schweren Lasten, auch wenn sie das niemals eingestanden hätte. Auch jetzt protestierte sie, aber Lilah schickte sie mit einigen begütigenden Worten hinaus, bevor sie sich selbst darum kümmerte, den Kaffee einzuschenken. Ohne zu überlegen, gab sie Zucker in Bastiens Tasse.

„So, du kannst es dir also nicht vorstellen?“, knüpfte Bastien an ihre Bemerkung an. „Wie bescheiden du doch bist.“

Errötend reichte sie ihm seine Tasse. Bastien probierte und lächelte zufrieden, weil sie den Kaffee genauso gesüßt hatte, wie er es am liebsten mochte. Und Lilah, die sich so sehr bemühte, kühl und distanziert zu bleiben, vergaß alle guten Vorsätze angesichts dieses Lächelns, das ihn so unwiderstehlich jungenhaft wirken ließ.

„Tatsächlich bist du heute eine höchst einflussreiche Frau“, fuhr Bastien langsam fort, wobei er jedes Wort zu genießen schien, „denn es liegt allein in deiner Macht zu entscheiden, wie es mit Moore Components weitergeht.“

Lilah sah ihn mit großen Augen an. „Was, in aller Welt, willst du damit sagen?“

2. KAPITEL

Bastien betrachtete sie voller Zufriedenheit. Er hatte so lange auf diesen Moment gewartet, und sein Triumph war noch größer, als er gehofft hatte.

„Ich habe dir mehrere Optionen anzubieten. Das Schicksal von Moore Components liegt ganz in deiner Hand.“

Lilah setzte ihre Kaffeetasse scheppernd auf die Untertasse und sprang auf. „Warum solltest du so etwas behaupten?“

„Weil es die Wahrheit ist. Ich lüge nicht und ziehe einmal gegebene Versprechen nicht zurück“, erklärte er gelassen. „Und ich versichere dir hiermit, dass allein du dafür verantwortlich bist, was letztendlich mit dieser Firma geschieht.“

„Wie soll ich das verstehen?“

„So naiv bist du doch nicht“, spottete Bastien. „Du weißt, dass ich dich will.“

„Immer noch?“, sagte sie erstaunt, denn immerhin waren zwei Jahre vergangen, seit sie sich zuletzt gesehen hatten.

Seine goldbraunen Augen blitzten auf. „Immer noch“, bestätigte er nachdrücklich.

Wie war das möglich nach all den tollen Frauen, mit denen er seit ihrer letzten Begegnung zweifellos zusammen gewesen war? Für Lilah ergab es keinen Sinn. Die Frauen im Dunstkreis eines Bastien Zikos spielten in einer ganz anderen Liga als sie, wie konnte er sie überhaupt attraktiv finden? Lag es einfach nur daran, dass sie ihn einmal abgewiesen hatte? War es möglich, dass ein so intelligenter und erfolgreicher Mann wie er in diesem Punkt derart schlicht gestrickt war?

Lilah sank in den Sessel zurück. Ihr schwirrte der Kopf. Was hatte die Tatsache, dass Bastien offenbar immer noch scharf auf sie war, mit der Zukunft der Firma zu tun?

„Ich möchte dich nicht den ganzen Vormittag von der Arbeit abhalten. Deshalb werde ich dir die drei Alternativen kurz erläutern.“

„Drei … Alternativen?“, wiederholte sie nervös.

„Nummer eins: Du entscheidest dich, mich abzuweisen.“ Sein warnender Blick ließ sie erblassen. „In dem Fall wickle ich das gesamte Inventar der Firma ab und verkaufe das Grundstück an einen Immobilienentwickler. Mir liegt bereits ein sehr gutes Angebot vor, das mir einen beträchtlichen Profit einbringen würde.“

Lilah senkte entsetzt den Kopf. Sie wusste, wie sehr die Stadt die Fabrik als Arbeitgeber brauchte. Durch die Schließung von Moore Components war die gesamte Wirtschaftslage der Stadt in Gefahr geraten. Zulieferer, Einzelhandel, aber auch Restaurants und Kinos litten unter den Einbußen, und da es nur wenige andere Arbeitgeber in der Region gab, mussten die ersten der arbeitslos gewordenen Einwohner schon ihre Häuser verkaufen, weil sie sich die Hypothekenraten nicht mehr leisten konnten.

„Nummer zwei: Du entscheidest dich, nur eine Nacht mit mir zu verbringen“, fuhr Bastien fort, wobei er ignorierte, wie sie ungläubig nach Luft schnappte. „Dann werde ich dafür sorgen, dass die Geschäfte für ein weiteres Jahr wieder laufen. Das wäre zwar eine Verschwendung von Zeit und Geld, denn für eine dauerhafte Sanierung der Firma wären große Investitionen erforderlich, um langfristige neue Aufträge zu gewinnen. Aber wenn ich nicht mehr von dir bekommen kann, bin ich dazu bereit.“

Sie sah ihn verwundert an. „Lass mich eins klarstellen: Du benutzt Moore Components als Druckmittel, um Sex von mir zu bekommen? Bist du verrückt?“

„Du solltest mir dankbar sein. Wenn du nicht wärst, hätte ich mich nicht einmal persönlich herbemüht. Ich hätte meine Leute einfach das Land verkaufen lassen“, informierte er sie ungerührt.

Lilah schluckte. Es dauerte einen Moment, ehe sie ihre Sprache wiederfand. „Du kannst mich unmöglich so sehr wollen. Das wäre doch verrückt!“

„Nun, wie es aussieht, bin ich verrückt.“ Sein Blick schweifte bewundernd über ihr zartes Gesicht, verweilte kurz auf ihren sinnlichen Lippen, glitt dann weiter hinab über die reizvolle Rundung ihrer hohen, straffen Brüste, die schmale Taille, die wohlgeformten Knie bis hinunter zu den zierlichen Fesseln. „Du hast hinreißende Beine“, schwärmte er, wobei ihn heftiges Verlangen durchzuckte.

Vor zwei Jahren war er so verrückt nach Delilah Moore gewesen, dass es ihn schlaflose Nächte und etliche kalte Duschen gekostet hatte. So etwas würde er auf keinen Fall noch einmal zulassen, das hatte er sich geschworen. Er wollte sie, ja … aber nur zu seinen Bedingungen. Weshalb die zweite Alternative vermutlich die klügste für ihn wäre, denn er war sich ziemlich sicher, dass er wie bei allen anderen Frauen ziemlich schnell das Interesse an ihr verlieren würde, wenn er erst mit ihr geschlafen hatte. Dennoch wollte er sich nicht gern von vornherein auf diese Möglichkeit einschränken lassen.

Lilah wiederum zog sich hastig den Rocksaum über die Knie, denn bei Bastiens Worten und Blicken jagte ihr ein heißer Schauer über den Rücken. Dieser Mann war so sexy … die Luft zwischen ihnen schien zu knistern, und Lilah fühlte, wie die Brustwarzen unter ihrem feinen Kaschmirpullover hart wurden. Schon damals hatte sie genauso unwillkürlich und heftig auf Bastiens Nähe reagiert und war einfach hilflos dagegen gewesen.

„Ich weigere mich zu glauben, dass du das ernst meinst, Bastien“, sagte sie bemüht sachlich. „Ein so attraktiver, stolzer und reicher Mann wie du kann unmöglich eine Frau so sehr wollen, dass er zu so einem Handel bereit wäre.“

„Was weißt du schon davon?“, erwiderte Bastien schroff. „Außerdem habe ich dir ja noch gar nicht die dritte Alternative präsentiert.“

Empört stand sie auf. „Und ich will von diesem Unsinn nichts mehr hören!“

„Dann verkaufe ich die ganze Anlage noch heute“, rief Bastien ihr nach, als sie zur Tür ging. „Es ist allein deine Entscheidung, Delilah. Du hast Glück, dass ich dir überhaupt eine Wahl lasse.“

Sie blieb stehen und drehte sich um. Die langen schwarzen Locken fielen ihr in seidigen Kaskaden über eine Schulter. „Glück?“ Wie konnte er es wagen, ihr überhaupt so ein ungeheuerliches Angebot zu machen? Das zeigte nur, dass Bastien Zikos zu so ziemlich allem bereit war, um sie ins Bett zu bekommen.

„Mit meinem Segen kannst du hier den Zauberstab schwingen und für die Belegschaft dieser Firma als Heldin dastehen, wenn du nur willst“, fuhr Bastien fort, als sie sich wieder abwenden wollte. „Alternative Nummer drei: Ich tue fast alles, was du willst, einschließlich der Einstellung deines Vaters als Berater und Manager.“

Lilah erstarrte wie vom Donner gerührt. Plötzlich purzelten die Gedanken in ihrem Kopf wild durcheinander, während sie die Möglichkeit vor sich sah, dass ihr verzweifelter, niedergedrückter Vater wieder zu altem Selbstbewusstsein erwachen würde, wenn er seinen Status zurückgewann und wieder für seine Familie sorgen konnte.

„Das ist also das Zauberwort. Du bist ein echtes Papakind“, bemerkte Bastien spöttisch. „Bist du jetzt bereit, mir ruhig zuzuhören, anstatt dich dramatisch aufzuspielen und mich zu fragen, ob ich verrückt bin? Denn wenn ich verrückt bin, dann nur nach dir.“

Sie errötete tief angesichts seines ungenierten Eingeständnisses, riss sich aber zusammen. „Also gut … meinem Vater zuliebe höre ich mir deinen Vorschlag zu Ende an“, räumte sie widerstrebend ein.

„Setz dich.“ Bastien deutete auf den Sessel.

Ihr kam in den Sinn, dass er in dem gleichen Ton mit ihr sprach wie sie mit Skippy, wenn der kleine Hund wieder mal über die Stränge schlug. Eine Vorstellung, die einer gewissen Komik nicht entbehrte. Lilah unterdrückte ein Lächeln, als sie sich wieder setzte. „Vorschlag Nummer drei?“, sagte sie spitz.

„Du wirst meine Geliebte und bleibst bei mir, solange ich dich will.“

„Sich eine Geliebte zu halten, ist eigentlich ein erstaunlich altmodisches Konzept“, meinte Lilah, um die Tatsache zu überspielen, dass sie sein ungeheuerlicher Vorschlag völlig aus dem Gleichgewicht brachte.

„In meinen Kreisen ist es normal.“

„Und ich dachte, diese Form der Sexsklaverei wäre schon vor mindestens einem Jahrhundert abgeschafft worden.“

„Weil du keine Ahnung hast, was diese Rolle alles mit sich bringt“, erwiderte Bastien, der sie sich schon ganz zu seinem Privatvergnügen in Seide und Spitze gehüllt und mit funkelnden Diamanten geschmückt vorstellte. Er konnte es kaum erwarten.

„Wenn du einwilligst, meine Geliebte zu werden, baue ich als Gegenleistung diese Firma wieder auf und investiere im großen Stil. Mit Hilfe meines internationalen Netzwerks kann ich der Fabrik auf Jahre hinaus eine ausreichende Auslastung sichern. Dein Vater kann die entlassenen Mitarbeiter wieder einstellen. Mit anderen Worten, durch meine finanzielle Unterstützung wird alles wieder auf den Stand zurückgestellt, bevor Moore Components den alles entscheidenden Großauftrag verlor.“

Lilah war sprachlos. Erst jetzt begriff sie wirklich, was Bastien mit seiner Anspielung gemeint hatte, sie könne den Zauberstab schwingen und zur Heldin werden. Alles würde wieder sein wie zuvor! Wie oft hatte sie sich in den vergangenen Monaten genau das gewünscht?

Bastien Zikos war ein sehr reicher und sehr mächtiger Mann. Vielleicht zum ersten Mal ahnte Lilah, wie reich und wie mächtig. Denn es würde große Summen erfordern, um der Firma wieder auf die Beine zu helfen, geschweige denn, ihr Überleben für die Zukunft zu sichern. Eine gewaltige Herausforderung und von so entscheidender Bedeutung für das Leben zahlreicher Menschen in der Region, wie Lilah bedrückt erkannte.

„So ein Zauberstab ist reizvoll, nicht wahr?“, meinte Bastien, der sie aufmerksam beobachtete, spöttisch. „Ich nehme an, deine Antwort hängt davon ab, wie sehr du in deinem Inneren eine Wohltäterin bist. Im Moment rangierst du auf der Skala der guten Taten ziemlich weit oben in Anbetracht der Tatsache, dass du deine ganze Familie bei dir aufgenommen hast. Du kommst auch für ihren Lebensunterhalt auf, richtig?“

„Ich bin keine Wohltäterin!“, wehrte sie empört ab, weil es aus seinem Mund fast wie eine Beleidigung klang.

„Meiner Einschätzung nach schon“, widersprach er ungerührt. „Du hast die böse Stiefmutter davor gerettet, in einer Notunterkunft zu landen, und engagierst dich für ausgesetzte Hunde und Not leidende Kinder.“

„Woher, in aller Welt, weißt du so viel über mich?“

„Ganz offensichtlich habe ich die Dinge hier im Auge behalten.“

„Meine Stiefmutter ist nicht böse“, sagte sie ein wenig trotzig. „Und woher weißt du, dass meine Familie bei mir wohnt? Oder von meinem ehrenamtlichen Engagement für das Tierheim?“

„Ich musste doch Erkundigungen über dich einholen, bevor ich hierhergekommen bin. Wenn du inzwischen geheiratet hättest oder in einer festen Beziehung leben würdest, hätte mein Angebot keinen Sinn gemacht. Ich verschwende nicht gern meine Zeit.“

„Ich hatte aber einen festen Freund!“, protestierte Lilah.

„Nicht sehr lange. Sobald die Firma deines Vaters den Bach runtergegangen ist, hat er dich fallen lassen.“

Sie schluckte ihren Widerspruch hinunter, denn es war unklug, sich auf eine Auseinandersetzung mit Bastien einzulassen. Schon gar nicht, um jemanden zu verteidigen, der es so wenig verdiente wie Steve, ihr Exfreund. Denn ironischerweise stimmte ihr eigenes Urteil über Steves Charakter mit dem von Bastien überein. Es hatte sie sehr verletzt, als sie rückblickend feststellen musste, dass Steve sich nur an sie herangemacht hatte, weil er sich die Stellung eines Junior Partners in der Firma ihres Vaters erhofft hatte. Umso demütigender, dass ausgerechnet Bastien davon wusste, wie schnell sich Steve nach der Pleite von Moore Components von ihr abgewandt hatte.

Äußerlich unbewegt, hielt Lilah Bastiens forschendem Blick stand. „Ich kann nicht glauben, dass du diese drei Alternativen ernst meinst. Sie sind unmoralisch.“

„Tja, offenbar halte ich nicht viel von Moral“, bekannte er freimütig. „Ich entschuldige mich bei niemandem für das, was ich will … und ich bekomme immer, was ich will. Und ich will dich. Du solltest dich geschmeichelt fühlen.“

„Ich fühle mich aber nicht geschmeichelt. Ich bin entsetzt über deine Skrupellosigkeit!“, entgegnete sie zornig und stand erneut auf. Sie hatte genug gehört. „Du versuchst, die gegenwärtige Situation auszunutzen und mich mit meiner Zuneigung für meine Familie unter Druck zu setzen.“

„Ich werde jeden Vorteil ausnutzen, der sich mir bietet, und alles tun, um dich zu gewinnen. Wobei es selbstverständlich allein deine Entscheidung ist, ob du eine der beiden von mir bevorzugten Alternativen annimmst.“ Bastien erhob sich ebenfalls, kam zu ihr und blickte auf sie herunter. „Du bist in diesem Spiel die funkelnde Trophäe, Delilah. Findest du das nicht aufregend?“

„Nein, ganz sicher nicht!“

„Die meisten Frauen fänden es aufregend.“ Sein glühender Blick bannte sie, wo sie stand. „Denn den meisten Frauen gefällt es, mehr als jede andere begehrt zu werden.“

„Ich bezweifle sehr, dass du überhaupt fähig bist, eine Frau mehr als alle anderen zu begehren“, entgegnete sie mutig. „Frauen scheinen für dich ein austauschbares Gut zu sein. Weshalb ich auch überhaupt nicht verstehe, warum du so auf mich fixiert bist.“

„Es hat nichts mit Fixierung zu tun!“, widersprach er ungehalten, bevor er unerwartet sanft, fast verführerisch, hinzufügte: „Delilah … ich würde dich sehr gut behandeln.“

„Was du vorschlägst ist … indiskutabel. Unmöglich!“, stieß sie frustriert aus. „Man könnte es sogar als richtig schmierig bezeichnen!“

Bastien legte ihr in gespieltem Tadel einen Finger auf den sinnlichen Mund. „Ich bin nie und nimmer schmierig … du musst noch viel über mich lernen.“

Obwohl es nur eine ganz zarte Berührung war, durchzuckte es Lilah heiß. Hastig wich sie einen Schritt zurück. „Was ich heute über dich gelernt habe, nur indem ich dir zugehört habe, reicht mir“, sagte sie abweisend. „Du redest, als wäre es ein amüsantes Spiel, das du da mit mir vorhast, dabei ist dein Vorschlag beleidigend, anmaßend und unvorstellbar. Außerdem würde sich mein Vater durch nichts überreden lassen, einen Job anzunehmen, bei dem ich buchstäblich der Preis für den Höchstbietenden wäre!“

„Wer wäre so dumm, deinem Vater die ganze Wahrheit zu sagen?“, entgegnete Bastien unbeeindruckt. „Deiner Familie müsstest du nur erzählen, dass ich dir einen Traumjob angeboten habe, der für dich mit vielen Reisen und einem Leben in beneidenswertem Luxus verbunden ist.“

„Wie es aussieht, hast du wirklich alles bedacht!“

„Bleibt die Frage, schluckst du den Köder?“ Bastien sah sie durchdringend an. „Du hast bist morgen früh zehn Uhr Zeit, dich für eine der Alternativen zu entscheiden.“

„Keine davon ist vernünftig oder fair!“, wandte sie verbittert ein.

„Wenn ich deine Antwort nicht pünktlich erhalte, werde ich verkaufen“, warnte er sie kalt.

In hilfloser Wut ballte Lilah die Hände. Was sollte sie darauf noch erwidern?

Als sich das angespannte Schweigen immer länger hinzog, atmete Bastien tief ein. „Es ist doch nicht nötig, dass wir aufeinander losgehen, Delilah. Wir könnten heute Abend beim Dinner in aller Ruhe darüber reden.“

Sie wandte sich ab und griff nach dem Türknauf. „Dinner? Du machst wohl Witze! Außerdem bin ich schon verabredet“, schwindelte sie, denn er sollte nicht denken, dass sie jeden Abend zu Hause hockte.

„Mit wem?“ Bastien drückte eine Hand gegen die Tür, um sie am Gehen zu hindern.

„Das geht dich nichts an.“ Lilah wich zurück und verschränkte die Arme. Sie hatte nicht vor, sich körperlich mit ihm anzulegen. „Was immer ich tue, es geht dich nichts an. Moore Components mag dir jetzt gehören, aber ansonsten gehört dir hier nichts.“

Seine Augen funkelten wütend, als er die Tür für sie weit aufriss. „Da wäre ich mir nicht so sicher, koukla mou.“

Lilah eilte die Treppe hinunter und suchte erst einmal im Waschraum Zuflucht. Bevor sie bereit war, Julies neugierigen Fragen zu begegnen, musste sie sich fassen. Lange ließ sie kühles Wasser über ihre zitternden Hände laufen.

Unglücklicherweise hatte Bastien Zikos sie an ihrem wundesten Punkt getroffen. Allein die Vorstellung, dass sie es in der Hand hatte, ihre Familie aus ihrer gegenwärtigen Notlage zu befreien … ganz zu schweigen vom Schicksal der vielen anderen Menschen aus der Region, die durch ihr Handeln ihre Jobs zurückbekämen! Sie alle würden jubeln, sollte die Fabrik die Produktion wieder aufnehmen.

Der Preis aber, den Lilah für dieses Wunder zahlen sollte, war sehr persönlich und unglaublich hoch. Wie konnte Bastien ihr das antun? Wie konnte er sie ungerührt vor die Wahl stellen … ein One-Night-Stand oder eine Affäre, die andauerte, bis er sie leid war? Was für eine Wahl! Was hatte sie Bastien getan, um das zu verdienen?

Ihr Kopf schmerzte, sie war kaum fähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Hatte sie sich nicht ganz ähnlich gefühlt, als sie damals vor zwei Jahren zum ersten Mal der geballten Ladung von Bastiens Charme ausgesetzt gewesen war? Denn anders als nun im Büro ihres Vaters, hatte Bastien sich bei ihrer ersten Begegnung sehr viel Mühe gegeben, sie zu umgarnen, als er sie bei der Auktion zum Kaffee eingeladen hatte.

Nachdem er ihr das zwanglose Du vorgeschlagen hatte, zückte er seine Visitenkarten, um Lilah zu zeigen, dass sein Firmenlogo tatsächlich ein Seepferdchen war. Für Lilah war dieser Beweis, dass auch er mit dem kleinen Schmuckanhänger sehr starke familiäre Erinnerungen verband, gewissermaßen ein Trost. Denn sein eleganter Maßanzug und die goldene Rolex am Handgelenk ließen ahnen, dass sie kaum eine Chance hatte, ihn bei der Auktion zu überbieten.

Schon damals fiel ihr auf, wie viel Zucker er sich in den Kaffee löffelte, und als sie ihn deswegen neckte, lächelte er so gewinnend, dass ihr Herz schneller schlug. Oh ja, auf den ersten Blick hatte sie sich sehr zu Bastien Zikos hingezogen gefühlt und förmlich an seinen Lippen gehangen.

„Eines musst du mir noch erklären“, sagte er nachdenklich. „Wenn dir der Anhänger so viel bedeutet, wieso steht er dann hier zum Verkauf?“

Bereitwillig erzählte sie ihm vom Schmuck ihrer verstorbenen Mutter, den ihr Vater ihrer Stiefmutter geschenkt hatte. „Und Vickie hat sich jetzt einfach entschlossen, alles Mögliche auszusortieren. Wenn ich ihr gestanden hätte, wie ich an dem Schmuck hänge, hätte ich sie womöglich in Bedrängnis gebracht.“

„Wer nicht fragt, bekommt nicht, was er will“, tadelte Bastien. „Wobei ich mich nicht beklagen möchte. Dein diplomatisches Feingefühl hat sich schließlich zu meinen Gunsten ausgewirkt. Denn wenn die Kette nicht Teil der Auktion wäre, hätte ich nie erfahren, wo sie sich befindet. Ich versuche seit Jahren, sie ausfindig zu machen.“

„Sicher erinnerst du dich daran, wie deine Mutter sie getragen hat?“

„Nein, aber ich erinnere mich, wie mein Vater ihr den Anhänger geschenkt hat.“ Plötzlich verschwand sein Lächeln und sein Gesicht wurde ernst. „Da muss ich ungefähr vier gewesen sein und habe ernsthaft geglaubt, wir wären die perfekte Familie.“

„Das ist doch völlig normal“, sagte sie verständnisvoll lächelnd, wobei sie sich unwillkürlich vorstellte, was für ein niedlicher kleiner Junge er gewesen sein musste, mit dichtem schwarzem Haarschopf und großen braunen Augen.

Doch Bastien hatte es eilig, die Erinnerungen abzuschütteln, und wandte sich lieber der Gegenwart zu. „Versprich mir, dass ich dich, egal wie die Auktion verläuft, morgen Abend zum Dinner einladen darf“, drängte er.

„Ich habe trotz allem vor mitzubieten“, warnte sie ihn.

„Und ich kann es mir leisten, so ziemlich jeden zu überbieten“, meinte er unbeeindruckt. „Also, Dinner in meinem Hotel?“

Und sie hatte natürlich nachgegeben, weil sie dem Ansturm seines Charmes nicht gewachsen gewesen war.

Nachdem die Auktion dann für Lilah erfolglos verlaufen war, waren sie beide doch sehr überrascht, als sie sich am Morgen darauf unerwartet im Büro von Lilahs Vater wiedersahen, denn auch Bastien war ihre Verbindung mit Moore Components nicht bewusst gewesen. Aus dem Dinner in seinem Hotel wurde so ein Abendessen im Haus ihres Vaters, zu dem Lilah natürlich eingeladen war. Robert Moore bat dann seine Tochter, Bastien zu seinem Wagen hinauszubegleiten, weil er ein dringendes Telefonat annehmen musste.

„Wenn du erwartest, dass ich dich zu deinem gestrigen Erfolg beglückwünsche, muss ich dich enttäuschen“, bemerkte sie auf dem Weg hinaus. „Du hast einen geradezu lächerlich hohen Preis für den Anhänger bezahlt.“

Bastien lachte laut. „Sagt die Frau, die bis zu diesem lächerlich hohen Preis mitgeboten hat.“

Lilah errötete. „Nun, ich musste es ja wenigstens versuchen. Warum warst du bei meinem Vater?“

„Ich bin daran interessiert, sein Unternehmen zu kaufen. Er will die Sache überdenken. Du arbeitest hier? Dann könnte ich dich gleich mit erwerben“, meinte Bastien mit einem unmissverständlich erotischen Unterton.

Lilah jagte ein heißer Schauer über den Rücken, doch sie riss sich zusammen. „Das glaube ich nicht. Genauso wenig, wie ich glaube, dass mein Vater verkauft, jetzt, wo seine Firma so gut dasteht wie nie.“

„Das ist der beste Zeitpunkt.“

Angesichts der beeindruckenden Limousine, die vorfuhr, um ihn abzuholen, nahm Lilah sich vor, sich genauer über ihn zu informieren. Obwohl ihr Vater keineswegs arm war, trennten sie offensichtlich Welten.

„Ich wünschte, dein Vater hätte uns nicht zum Dinner eingeladen“, gestand Bastien ihr freimütig zum Abschied. „Ich hatte mich darauf gefreut, dich im Hotel ganz für mich allein zu haben.“