Nadine Wilmschen
© 2021 Romance Edition Verlagsgesellschaft mbH
8700 Leoben, Austria
Covergestaltung: © Nadine Kapp
Titelabbildung: © Summer loveee © KatyaZork
Lektorat: Stefanie Lasthaus
Korrektorat: Romance Edition
ISBN-Taschenbuch: 978-3-903278-88-2
ISBN-EPUB: 978-3-903278-89-9
www.romance-edition.com
Für die Mädchen mit den buntgefärbten Träumen und
der Sehnsucht im Herzen.
Das nächste Abenteuer ist nur einen Wimpernschlag entfernt ... ♥
This is true love
you think this happens all the time?
William Goldman – The Princess Bride
Es gab nur wenige Dinge, für die ich mitten in der Nacht meine Wohnung verlassen würde. Schlaf war heilig, Schokolade jedoch ein kleines bisschen mehr.
Als ich den Supermarkt auf der State Street betrat, war es bereits kurz nach zehn und der Laden fast menschenleer. Zielstrebig steuerte ich den langen Gang mit den Süßigkeiten an.
Ich warf ein halbes Dutzend Schokoriegel in den Einkaufskorb. Dazu ein Päckchen kandierte Nüsse, Gummibärchen und Lakritz für Grace. Nachdem ich meine Beute bezahlt hatte, machte ich mich wieder auf den Heimweg. Obwohl es schon Oktober war, reichte mein dünner Parka aus. Die Temperaturen lagen noch weit über Null.
Gegenüber dem Supermarkt befand sich ein kleiner Park, der im Sommer oft von Studenten belagert wurde. Jetzt war niemand außer mir hier. Auch wenn ich wusste, dass es unvernünftig war, setzte ich mich auf eine Holzbank am Eingang und zog einen Schokoriegel aus der Tasche.
Es gab Momente, in denen das Leben es gut mit einem meinte. Diese Lektion hatte ich in den vergangenen zwei Jahren gelernt. Jeder Tag bestand aus unzähligen Momenten. Die meisten waren neutral und wenig erinnerungswürdig. Besonders schmerzhafte trug man nach Jahren noch mit sich herum. Doch es waren die glücklichen, guten Momente, an die man sich erinnern musste. Die man nicht vergessen durfte. Dieser war einer davon. Auch wenn ich lediglich nachts auf einer Parkbank saß und viel zu viel Schokolade in mich hineinstopfte, war dieser Moment ein Symbol für all die Dinge, die sich in meinem Leben zum Positiven verändert hatten. Niemand konnte mir verbieten, durch die Straßen zu spazieren, niemanden ging es etwas an, wenn mir von all den Süßigkeiten schlecht wurde. Nur ich war für meine Entscheidungen verantwortlich – ein berauschender und befreiender Gedanke, denn es war nicht immer so gewesen.
Ich schloss meine Finger um das kleine silberne Kreuz an meiner Halskette. Es war die letzte Verbindung zu meiner Kindheit und einem vollkommen anderen Leben. Mit einer fanatisch gläubigen Großmutter aufzuwachsen, die einen vor der Welt versteckte, hatte mich zu einer Atheistin gemacht. Nach ihrem Tod war es leicht gewesen, mich von allem zu trennen, was sie mir vererbt hatte. Die Möbel, das Auto und auch das schreckliche Haus, in dem ich wie eine Gefangene gelebt hatte, waren längst verkauft. Nur das Kreuz war als Erinnerung an eine Zeit geblieben, in der es keine Schokolade, keine nächtlichen Spaziergänge und keine normale Kindheit gegeben hatte. Es diente als Symbol für die positiven Veränderungen in meinem Leben. Um die nicht zu vergessen, trug ich weiterhin den Anhänger.
Mein Handy vibrierte in meiner Tasche und durchbrach meine Gedanken. Ich kramte es hervor und sah eine neue Nachricht.
Emily:
Die Einladung steht noch, Annie. Sag schon Ja.
Seit sie zu Josh nach Philadelphia gezogen war, trafen wir uns viel zu selten. Mit Emily hatte ich einen der beiden Menschen verloren, die nicht die Nase rümpften, wenn ich keine Lust auf eine Verbindungsparty, irgendwelche Dates oder unverbindlichen Sex hatte. Vor allem der Gedanke an Dates und Sex jagte mir Angst ein. Mit zwanzig keinerlei Erfahrung zu haben, war im besten Fall ungewöhnlich. Im schlimmsten machte es mich zu einem Freak. Und wer wollte schon mit einem Freak ausgehen, der noch nie geküsst worden war?
Seufzend zog ich die Beine an und schlang die Arme um meine Knie. Emily hatte Josh, Grace hatte Noah, und ich ... Ich hatte Schokolade. Immerhin. Theatralisch schob ich mir ein weiteres Stück davon in den Mund.
Mehr als einmal hatte ich mir eine Strategie überlegt, um meinem Freak-Status zu entfliehen. Doch in der Theorie hörten sich die Lösungen immer so viel besser an als in der Praxis.
Ich knabberte an einem weiteren Stück Schokolade, bevor ich Emily antwortete. Natürlich würde ich zu ihr, Josh und Lilly nach Philadelphia fliegen, um den Geburtstag der Kleinen zu feiern. Grace und Noah würden sicherlich auch kommen. Ebenso Ben, sodass ich das Wochenende nicht allein mit zwei Paaren und einem kleinen Mädchen verbringen musste.
Ein Hupen ließ mich hochschrecken. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite rangierte ein Truck am Hintereingang des Supermarktes. Nachdem er noch zweimal vor- und zurückgefahren war, stellte der Fahrer den Motor ab und sprang aus dem Führerhaus. Es dauerte nicht lange, bevor sich ein Rolltor öffnete und ein riesiger Kerl heraustrat. Auch wenn der Hintereingang nur schwach beleuchtet war, erkannte ich ihn. Ich hätte ihn überall erkannt – vermutlich sogar im Stockdunkeln mit verbundenen Augen. In den letzten Monaten hatte ich ihn nicht oft gesehen. Ein paar Mal aus der Ferne, einmal in der Mensa. Meistens war seine Freundin bei ihm gewesen. Und auch wenn ich kein solches Mädchen sein wollte, konnte ich nicht verhindern, dass mein Herz bei seinem Anblick stets schneller schlug.
Bei unserer ersten Begegnung hatte Adam Baker sehr deutlich gezeigt, wie unhöflich er war. Reflexartig hatte er mich vor einem Sturz bewahrt, um mich danach anzufahren.
Er war kein netter Typ, er hatte eine Freundin, und doch tauchte sein Gesicht in meinen Gedanken auf, wenn ich mir meinen ersten Kuss ausmalte. Dass ich ihn anziehend fand, obwohl wir abgesehen von seiner Beleidigung damals keinen Kontakt gehabt hatten, war ein eindeutiges Zeichen für meine fehlende Erfahrung mit Männern: Ich mochte den Erstbesten, dem ich in die Arme stolperte.
Ich beobachtete, wie Adam und der Fahrer den Transporter ausluden. Sie schoben Rollwagen und trugen so große Kisten, dass ich unweigerlich an seinen Unfall denken musste. Seit er sich vor einigen Monaten während eines Spiels eine Nackenverletzung zugezogen hatte, war seine Football-Karriere beendet. Von Grace wusste ich, wie unmissverständlich die Ärzte ihm klargemacht hatten, dass er Lähmungen riskierte, sollte er noch einmal für die Bucks antreten.
Langsam stand ich auf, sammelte meine Sachen zusammen und überquerte die Straße.
Normalerweise war ich kein besonders neugieriger Mensch, doch es war Monate her, seit ich Adam das letzte Mal über den Weg gelaufen war. Lange vor seinem Unfall. Ein Blick, um mich zu vergewissern, dass er okay war, konnte kein Verbrechen sein.
Kaum hatte ich die andere Straßenseite erreicht und den Truck umrundet, bemerkte er mich. »Der Eingang ist auf der anderen Seite.« Seine Stimme hallte durch die Nacht und ließ mich zusammenzucken. Wieder war er ungehobelt und laut. »Hier hinten gibt es nichts zu sehen.« Er stand etwa zehn Meter entfernt, schob sich einige Strähnen aus der Stirn und machte ein grimmiges Gesicht.
Sein Anblick sowie sein schroffer Ton verschlugen mir die Sprache. Er trug das dunkle Haar jetzt kürzer, und seine leicht abstehenden Ohren lugten hervor. Ich mochte sein Haar, es war neben seinen entzückenden Ohren das Erste, was mich angezogen hatte.
Adam war nicht klassisch schön. Dafür war seine Nase einen Tick zu groß, seine Lippen ein wenig zu voll und seine Wangenknochen zu hoch. All diese Attribute wirkten allein für sich nicht sehr attraktiv, doch in Kombination machten sie ihn zu dem attraktivsten Mann, den ich je gesehen hatte. Die kleinen Makel wurden zu einem perfekten Ganzen, auch wenn das objektiv keinerlei Sinn ergab.
Dass er nach wie vor den Körperbau eines Footballers hatte und sein Training sehr offenkundig nicht vernachlässigte, tat sein Übriges. Ich stand stocksteif vor ihm, starrte ihn an und bekam kein Wort heraus.
»Das ist hier der Lieferanteneingang.« Er zog eine Augenbraue nach oben. Während ich mich an jedes Detail unserer ersten Begegnung erinnerte, hatte er keine Ahnung, wer ich war. »Hast du mich verstanden?«
Seine ungehobelte Frage holte mich aus meiner Adam-Baker-Trance. Ich wich zurück, bis ich gegen eine Mülltonne stieß und ins Schwanken geriet. Als ich mein Gleichgewicht wiederfand und aufschaute, hatte er sich bereits umgedreht und mich stehen lassen.
»Da bist du ja.« Kaum hatte ich die Wohnungstür hinter mir geschlossen, tauchte Grace im Flur auf. »Langsam habe ich mir Sorgen gemacht.« Aus dem angrenzenden Zimmer hörte ich den Fernseher, vor dem sie oft abends einschlief.
»Ich war doch nur kurz im Supermarkt.«
»Kurz?« Sie musterte mich wie eine strenge Mutter. »Zwei Stunden lang.«
»Ich habe die Zeit vergessen.« Um sie zu besänftigen, fischte ich die Lakritztüte aus der Tasche und hielt sie ihr vor die Nase. »Die sind für dich.«
Ehe ich mich versah, hatte sie die Packung geöffnet und sich eine Handvoll Lakritze in den Mund gesteckt. »Wenn es eine Sache gibt, für die ich Noah verlassen würde, dann wäre es dieses Zeug hier.«
Ich glaubte ihr kein Wort. »Als würdest du das jemals tun.« Grace und Noah waren mein heimliches Vorbild, wenn es um Beziehungen ging. Selbst wenn sich die beiden stritten – was gar nicht so selten vorkam –, musste man nie befürchten, eine Meinungsverschiedenheit würde sie auseinanderbringen. Grace war manchmal schrecklich wütend auf Noah, doch spätestens am nächsten Tag vertrugen sie sich wieder. Weil sie zusammengehörten und die Welt ohne den anderen nur halb so bunt war. Genau so malte ich mir eine Beziehung mit einem Menschen aus, den ich ebenso liebte wie er mich.
»Auf Netflix gibt es seit heute eine neue Teenie-Komödie. Wollen wir uns die gemeinsam ansehen?« Grace klapperte mit Geschirr in der Küche, während ich meine Schuhe und Jacke verstaute.
»Gerne.« Seit ich das Zimmer von Emily übernommen hatte und Grace’ Mitbewohnerin geworden war, wurde ich von ihr fast wöchentlich in die hohe Kunst der Trash-Filme eingeführt. Sie liebte die schlechten Netflix-Eigenproduktionen mit einer Innbrunst, die ihresgleichen suchte.
Im Wohnzimmer drückte sie mir eine Tasse Tee in die Hand und breitete eine farbenfrohe Wolldecke über uns aus, die noch von Emily stammte – nicht besonders hübsch, doch unglaublich weich. »Hast du morgen keine Vorlesungen?«
»Die ersten beiden fallen aus. Ich kann bis elf schlafen, wenn ich will.« Grace stopfte sich weitere Lakritze in den Mund und kuschelte sich in die Polster. »Wenn du allerdings lieber ins Bett gehen willst, gucken wir den Film einfach morgen.«
»Das ist schon okay.« Ich war viel zu aufgekratzt und wusste, dass ich in absehbarer Zeit keine Ruhe finden würde. »Vielleicht schwänze ich morgen mein Tutorium in den ersten beiden Stunden.«
Grace nahm mir die Fernbedienung aus der Hand, stoppte den Film und schaute mich mit gerunzelter Stirn an. »Ist das hier so eine Nummer wie bei Men in Black?«
»Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst.« Dass ich mit den meisten Anspielungen auf moderne Popkultur nichts anfangen konnte, vergaß sie manchmal. Durch sie hatte ich zum Beispiel gelernt, dass Game of Thrones kein Brettspiel war und es sich bei den Backstreet Boys nicht um eine Straßengang handelte.
»In Men in Black übernehmen Außerirdische die Körper von Menschen, die sich dann seltsam verhalten.«
Ich war mir nicht sicher, was Grace damit sagen wollte. »Und wieso erinnert dich das an mich?«
»Weil du noch nie eine Veranstaltung geschwänzt hast. Wir wohnen seit sechs Monaten zusammen, und du hast bisher nicht einmal verschlafen.« Vorsichtig nahm sie einen großen Schluck Tee und betrachtete mich über den Rand ihrer Tasse erwartungsvoll. »Also. Was ist passiert?«
Mit ihr darüber zu reden, war sicherlich eine gute Idee. Offen über Dinge zu sprechen, konnte enorm helfen. Das hatte ich während meiner Zeit an der Ohio State gelernt. Seit Grace und Emily in mein Leben getreten waren, wurde ich immer besser darin, nicht alles nur mit mir selbst auszumachen. »Ich habe Adam gesehen.«
»Welchen Adam?«
»Baker.«
Grace’ Gesicht war nach wie vor ein einziges Fragezeichen. »Den Quarterback?«
»Das ist er nicht mehr.«
»Ich weiß.« Sie seufzte unzufrieden. »Aber wir sprechen schon von demselben Kerl? Der Typ mit der Verletzung? Hannahs Bruder?«
»Ja, der Adam.« Für dieses Gespräch brauchte ich mehr Zucker. Unter dem durchdringenden Blick meiner Mitbewohnerin schnappte ich mir einen weiteren Riegel.
»Wieso habe ich das Gefühl, irgendetwas verpasst zu haben?« Bevor ich protestieren konnte, stibitzte sie sich ein Stück Schokolade. »Woher kennst du Adam Baker? Durch Hannah?«
»Ich kenne ihn nicht. Vor ein paar Monaten bin ich ihm im Buddha’s Kitchen begegnet, als ich Emily von der Arbeit abholen wollte. Er war recht unhöflich zu mir.«
»Und deswegen willst du morgen schwänzen?« Grace wirkte, als würde ihr Kopf gleich explodieren.
»Natürlich nicht.« Sie so verzweifelt zu erleben, war auf eine perfide Art lustig. Normalerweise war ihr verwirrter und gleichzeitig genervter Gesichtsausdruck einzig für Noah bestimmt. »Er war vorhin wieder ziemlich unhöflich zu mir.«
»Ich verstehe kein Wort.« Grace ließ sich noch tiefer in die Kissen sinken. »Wo hast du ihn getroffen?«
»Im Supermarkt.«
»Und er war erneut unfreundlich zu dir, weil er dich nicht leiden kann?« Auf Grace war Verlass. Die Empörung war ihr deutlich anzusehen.
»Nein, er weiß nicht mal, wer ich bin.« Es war noch immer frustrierend, dass ich anscheinend bei unserer ersten Begegnung keinerlei Eindruck hinterlassen hatte.
Sie nahm ihre Brille ab und rieb sich über die Augen. »Warum ist es wichtig, ob dieser Typ dich kennt oder nett zu dir ist?«
Meine Ehrlichkeit war eine Eigenschaft, auf die ich stolz war. Neben all den Dingen, von denen ich nichts verstand, lag es in meiner Hand, ein Mensch zu sein, der sich nicht hinter Notlügen oder bequemen Unwahrheiten versteckte. Auch wenn die Wahrheit dumm und naiv klang, war sie doch die richtige Wahl. »Ich mag ihn.«
Grace sah mich an, als wäre mir ein zweiter Kopf gewachsen. »Aber ich dachte ...?« Sie stockte. »Was hat er vorhin zu dir gesagt?«
»Mehr oder weniger, dass ich verschwinden soll.«
»Warum zum Teufel magst du so jemanden?«
»Keine Ahnung.« Ich wusste es selbst nicht genau. »Psychologisch gibt es dafür verschiedene Erklärungen. Man mag jemanden, wenn man ständig in seiner Nähe ist; man jemanden sucht, der einen ergänzt; weil man ihn attraktiv findet oder wenn man sich ähnlich ist. Das sind die häufigsten Erklärungsmodelle.«
»Brauchen wir Alkohol für dieses Gespräch?«
Lachend schüttelte ich den Kopf. »Tun wir nicht. Ich laufe ihm selten über den Weg, also können wir ausschließen, dass er seine Anziehung aufgrund von häufiger Nähe auf mich ausübt. Und ob er mich ergänzen würde, ist schwer zu beurteilen, wenn ich noch nie wirklich ein Wort mit ihm gewechselt habe.«
»Da er ein unfreundlicher Typ zu sein scheint, ist er dir ganz sicher auch nicht ähnlich.« Grace hatte verstanden, worauf ich hinauswollte.
»Also bleibt nur, dass ich ihn attraktiv finde und deswegen Dinge auf ihn projiziere, für die es keine reale Grundlage gibt.« Psychologie öffnete mir einen Blick auf die Welt, die mir so lange fremd gewesen war. Genau deswegen hatte ich dieses Studienfach gewählt.
»Du bist in Adam Baker verliebt?«
Vielleicht hatte Grace doch noch nicht verstanden. »Ich fühle mich zu ihm hingezogen, weil er gut aussieht. Das ist ein Unterschied.«
»Also ist es etwas ... Sexuelles?« Sie sah mich mit riesigen Augen an.
Der Fortpflanzungstrieb war einer unserer ältesten Instinkte und half, die Art zu erhalten. Doch wenn man keinerlei Erfahrung damit hatte, war es schwierig, ein neutrales Gesicht aufzusetzen, wenn es um Sex ging. »Du meinst, ob ich mit Adam Baker schlafen möchte?«
Bei meiner Frage wurden Grace’ Augen noch größer, falls das überhaupt möglich war. »Willst du?«
»Nein.« Und das war die reine Wahrheit. Allein die Vorstellung jagte mir eine Heidenangst ein. »Aber mein Körper will. Manchmal.« Meine Hormone waren eindeutig mutiger als ich.
»Mir ist das zu hoch.« Sie schüttelte ungläubig den Kopf. »Also findest du Baker heiß und möchtest mit ihm ins Bett. Aber weil er ein ungehobelter Kerl ist, sprichst du ihn nicht an?«
»Ich spreche ihn nicht an, weil ich vor Nervosität sterben würde.« Allein die Vorstellung war absurd. »Und weil es lediglich körperliche Anziehung ist.«
»Für manche genügt das. Du musst ihn ja nicht direkt heiraten.« Grace zuckte mit den Schultern, als wären unverbindliche One-Night-Stands keine große Sache. »Bei Emily und Josh war es anfangs auch nicht mehr.«
Dieser Satz entlockte mir ein Lachen. »Wir wissen beide, wie falsch das ist.« Auch wenn die Geschichte von Em und Josh kompliziert war und die Beziehung der beiden zwischenzeitlich nur eine Affäre gewesen war, wussten wir beide, dass sie schon immer über alle Maßen ineinander verliebt gewesen waren.
»Okay, okay. Das war vielleicht ein blödes Beispiel.«
»Dir ist klar, dass ich noch keinen Sex hatte, oder?« Ausgesprochen hatte ich es bisher nie so direkt, doch ich war immer davon ausgegangen, Emily und auch Grace wussten, wie es um mein Liebesleben stand. Es war nicht existent. Ich war enthaltsamer als der Papst.
Grace rückte näher und legte ihren Kopf an meine Schulter. »Ja, aber vielleicht willst du das irgendwann ändern.«
»Aber doch nicht mit Adam Baker.« Er hatte mich zweimal dumm angefahren, da wollte ich sicherlich nicht mein erstes Mal mit ihm erleben.
»Das ist vernünftig. Es sollte jemand sein, den du liebst.«
Was Grace beschrieb, war die Idealvorstellung. In der Realität war ich jedoch eine zwanzigjährige Jungfrau, die irgendwann ihrem ersten Freund erklären musste, warum sie keine Ahnung von zwischenmenschlicher Intimität hatte. »Und wenn ich niemanden finde, der mich liebt?« Meine Stimme war nur noch ein Flüstern. Der Gedanke an solch ein Leben war beängstigend. Ich wollte Liebe erleben. Wollte wissen, wie sie sich anfühlte. Nur für einen Tag. Einen einzigen.
Und weil Grace eben Grace war, und somit fast immer das Richtige sagte, zog sie mich in ihre Arme und flüsterte mir ins Ohr, dass sie mich lieb hatte. Und weil ich eben ich war, erwiderte ich ihre Umarmung und vergoss stumme Tränen. Offen gezeigte Zuneigung überwältigte mich immer noch.
Nach einer gefühlten Ewigkeit lösten wir uns voneinander. Wortlos reichte sie mir ein Taschentuch, mit dem ich die Reste meiner verlaufenen Wimperntusche notdürftig beseitigte. »Danke.«
»Du weißt, wie großartig du bist, oder?«
Obwohl mir nach wie vor zum Heulen zumute war, entlockte sie mir damit ein ungläubiges Schnauben – und schnauben war definitiv besser als weinen. »Du bist meine Freundin. Was sollst du auch sonst sagen?«
»Du glaubst also, ich lüge dich an?« Sie kräuselte die Nase, wie immer, wenn sie unzufrieden war.
»Das habe ich nicht behauptet.«
»Doch, hast du. Aber ich vergebe dir.« Lächelnd stupste sie gegen meinen Oberarm, legte den Kopf schief und musterte mich eine Weile. »Du wirst jemanden finden, der sieht, wie wundervoll du bist. Und mit dem wirst du so viel Sex haben, dass ich mir Ohrstöpsel kaufen muss.«
Beschämt schlug ich mir die Hände vor das Gesicht. »Bis das passiert, wohnen wir bestimmt nicht mehr zusammen.«
»Ich könnte James fragen, ob ...«
»Auf gar keinen Fall!« Grace hatte bereits in der Vergangenheit versucht, mich mit diesem Kerl aus einem ihrer Seminare zu verkuppeln. Einmal hatten wir gemeinsam in der Mensa zu Mittag gegessen, doch es war sehr offensichtlich, dass James überhaupt nicht zu mir passte. »Er ist wirklich nicht mein Typ, Grace.«
»Und wer ist dein Typ?«
Ich zog eine Grimasse.
Sie schüttelte ungläubig den Kopf. »Ich kann nicht versuchen, dich mit jemandem zu verkuppeln, der fies zu dir ist.«
»Das sollst du auch nicht.« Und schon gar nicht mit Adam Baker. Welch eine lächerliche Vorstellung. »Außerdem hat er eine Freundin.«
»Wie kommst du darauf?«
Bei der Erinnerung an unser erstes Aufeinandertreffen wurde mir warm. Es war mir heute noch unangenehm, wie ungeschickt ich ihn angerempelt hatte. »Ich habe die beiden zusammen gesehen. Und sie ist wirklich wunderschön.«
Entrüstet funkelte Grace mich an. »Das bist du auch.«
»Jetzt sind wir wieder bei den Dingen, die du denken musst, weil du mich magst.«
»Ich werde nicht zulassen, dass du dir Quatsch einredest.« Ihr bestimmender Tonfall passte zu ihrem ernsten Gesichtsausdruck. »Du bist unglaublich hübsch, auch wenn du das nicht glauben willst.«
Alles, was sie sagte, machte sie zu einer verdammt guten Freundin. Auch wenn sie nicht sonderlich objektiv war. »Je mehr Zeit man mit jemandem verbringt, desto attraktiver findet man ihn. Das ist wissenschaftlich erwiesen.«
»Joanna Martin, ich habe Augen im Kopf. Wissenschaft hin oder her.«
»Ich weiß, dass ich okay aussehe.« Als sie prompt protestieren wollte, hob ich die Hand. »Ich bin nicht Quasimodo, aber auch nicht Miss America. Und das ist in Ordnung so.« Das war es wirklich. Es gab Tage, an denen ich mich nicht besonders leiden konnte, doch dieses Gefühl kannte wohl jeder. Meistens fand ich mich gut, so wie ich war. »Ich bin durchschnittlich.«
»Das bist du nicht!« Grace hatte ihre Brille wieder aufgesetzt und die Lippen fest aufeinandergepresst.
»Ich bin sogar ziemlich genau eine Durchschnittsamerikanerin.« Jedenfalls wenn ich einer demografischen Studie glaubte.
Grace seufzte laut. »Du hast dazu was gelesen, habe ich recht?«
Es zu leugnen, wäre zwecklos, also zuckte ich lediglich mit den Schultern. »Die Durchschnittsamerikanerin ist im Alter von zwanzig Jahren einen Meter dreiundsechzig groß, hat längeres, dunkles Haar, braune Augen und wiegt etwa fünfundsechzig Kilogramm.« Jedes dieser Merkmale traf fast exakt auf mich zu. »Ich bin nur sechs Zentimeter größer. Ansonsten sitzt die absolute Durchschnittsamerikanerin vor dir.«
»Diese dumme Studie hat aber ein entscheidendes Detail vergessen. Das da«, sie tippte mir mit dem Finger gegen die Brust, »ist ganz außergewöhnlich. Du hast das größte Herz der Welt, wie der Igel in unserem Badezimmer eindrucksvoll beweist.«
Monty! Den musste ich gleich noch füttern. »Wenn er kräftig genug ist, setze ich ihn im Beekman Park aus.«
»Mich stört der Igel nicht, auch wenn ich mich jeden Morgen im Halbschlaf zu Tode erschrecke.«
Ich hatte Monty vor zwei Wochen halb verhungert von der Straße aufgelesen. Mittlerweile war er wieder etwas zu Kräften gekommen und fühlte sich in seinem provisorischen Gehege in unserem Bad sichtlich wohl.
»Dieser Igel ist einer der unzähligen Beweise dafür, wie besonders du bist.«
»Weil ich halbtote Tiere anschleppe?« Wenig überzeugt von ihrer Theorie biss ich in meinen Schokoriegel. »Das hätte jeder getan.«
»Eben nicht.« Grace rieb sich mit den Fingerspitzen über die Schläfen. Entweder hatte sie Kopfschmerzen oder ich trieb sie zur Verzweiflung. »Du hast zwei Abende damit verbracht, ihm ein Häuschen zu basteln.«
»Irgendwo muss er doch schlafen.«
Lachend schüttelte sie den Kopf. »Genau das meine ich.«
»Igel-Häuser werden aber nicht verhindern, dass ich als alte Jungfer ende.« Manchmal nervte ich mich selbst mit diesen Gedanken. Doch ich hatte Angst. Davor, nie einen Freund zu haben. Aber genauso viel Angst hatte ich vor diesen ersten Erfahrungen mit Männern. Ich war ein hoffnungsloser Fall. »Statt einer verrückten Katzenfrau werde ich einfach eine verrückte Igelfrau.«
»Keine Katzen, keine Igel und keine anderen Tiere.« Grace schnappte sich unsere leeren Tassen und ging in die Küche. »James ist kein Thema mehr, das habe ich kapiert, aber wenn du auf Footballer stehst, kann ich dir sicher einen vorstellen.«
Da ihr Freund Noah lange für die Bucks gespielt hatte, bevor er in die NFL gewechselt war, kannte Grace das komplette Football-Team der Uni. »Es geht mir nicht um irgendeinen Footballer.«
»Ach nein?« Sie kam mit frischem Tee zurück und stellte meine Tasse vor mir ab. »Es sind also nicht die Muskeln?« Bei ihrer Frage wackelte sie mit den Augenbrauen.
»Zu viele Muskeln erschrecken mich eher.« Diese großen, trainierten Kerle, die ihre komplette Zeit im Fitnessstudio verbrachten, waren nie mein Typ gewesen. Bis ich Adam Baker über den Weg gelaufen war. Er verkörperte alles, was ich nicht an Männern mochte – und doch fühlte ich mich schrecklich zu ihm hingezogen.
»Ich verstehe nicht, warum du auf Baker stehst.«
Da waren wir schon zu zweit. »Mir ist es auch ein Rätsel.«
»Vielleicht solltest du dem auf den Grund gehen.« Sie hatte sich aufgesetzt und funkelte mich erwartungsvoll an. »Wenn du ihn magst, spricht doch nichts dagegen, wenn du versuchst, ihn kennenzulernen. Außer vielleicht die Tatsache, dass er kein netter Mensch zu sein scheint.«
»Ich soll ihn einfach ansprechen?« Bei dieser Vorstellung lief mir ein unangenehmer Schauer über den Rücken. »Das kann ich nicht.«
»Frag ihn einfach, ob er einen Kaffee mit dir trinkt.«
»Und dann?« Mit viel Fantasie war es möglich, mir vorzustellen, wie ich ihn fragte. Doch was danach passierte, war wie ein dichter Nebel. Undurchsichtig und beängstigend.
»Wenn er nein sagt, werden wir uns mit Schokolade vollstopfen und ihn verfluchen.« Als würde sie ihre Worte bekräftigen wollen, nahm sie den letzten Riegel vom Tisch, wickelte ihn aus, brach ihn in der Mitte durch und hielt mir eine Hälfte hin. »Und wenn er ja sagt, erfreust du dich im besten Fall an all diesen prachtvollen Muskeln.«
Als würde das jemals passieren. »Du hast seine Freundin vergessen.«
»Weißt du sicher, dass die beiden noch zusammen sind?«
»Nein, ich habe sie vor Monaten gesehen, aber ...«
»Sehr gut.« Überaus enthusiastisch fiel Grace mir ins Wort. »Dann haben wir einen Deal.«
»Einen Deal?« Auch wenn der Zucker mein Denkvermögen vielleicht beeinflusste, war ich mir sicher, keinem zugestimmt zu haben.
»Haben wir. Ich frage Hannah, ob er Single ist. Und wenn er in keiner Beziehung ist, sprichst du ihn an.«
Hannah war in den letzten Monaten zu einer Freundin geworden. Ich mochte sie, auch wenn sie für sehr introvertierte Menschen wie mich beängstigend extrovertiert war. Ich war stolz auf mich, bis jetzt nicht ausgenutzt zu haben, dass sie Adams Schwester war. Sie auszuhorchen, nur um mehr über ihn zu erfahren, wäre kein feiner Zug. Wenn Grace das aber tat und ich zufällig im selben Raum wäre ...
Zwei Abende später stand ich wieder mitten in der Nacht im Supermarkt. Nur mit sehr viel Selbstbetrug hatte ich es geschafft, mir einzureden, dass mein Ausflug nichts mit der Hoffnung zu tun hatte, Adam noch einmal über den Weg zu laufen. Aber die Chance bestand, immerhin schien er hier einen Nebenjob zu haben.
Vielleicht schaffte ich es dieses Mal, ein paar Worte herauszubringen. Unverfänglich, eloquent, selbstbewusst. All das konnte ich in meiner Vorstellung sein, die zumeist mit der Realität wenig gemeinsam hatte.
Nachdem ich genug Schokolade für die nächsten Tage in meinen Einkaufskorb gelegt hatte, machte ich mich auf den Weg zu den Frühstücksflocken. Wir hatten zuhause nur noch das furchtbar gesunde Müsli, das Grace so gern mochte. Ich konnte dem Zeug nichts abgewinnen. Zwei große Schachteln Puffins wanderten in meinen Korb. Der niedliche, bunte Comicvogel auf der Packung verfehlte seine Wirkung nicht. Ich kaufte meistens diese Sorte.
Nach einem kurzen Abstecher zu den Getränken steuerte ich zielsicher die Kühltruhen mit dem Eis an. Dass ich meine Essgewohnheiten früher oder später überdenken musste, war mir durchaus klar. Doch später klang so viel besser als früher.
Als ich vergeblich versuchte, mich zwischen Strawberry Cheesecake und Cookie Dough zu entscheiden, bemerkte ich ihn. Adam füllte keine zehn Meter von mir entfernt eine der großen Kühltruhen mit Crushed Ice auf. Er trug ein enges blaues T-Shirt mit dem Logo des West Side Supermarkts auf der Brust und eine schwarze Jeans, die schon bessere Tage gesehen hatte. Sie war verwaschen, und über ein Knie zog sich ein langer Riss, der nicht wirkte, als wäre er vom Hersteller beabsichtigt.
Es war nicht richtig, ihn anzustarren, doch wieder einmal fiel ich zuverlässig unter den Adam-Baker-Bann. Sobald er in meiner Nähe war, gab es nur noch ihn.
Die Plastiksäcke mit dem Eis wogen bestimmt nicht wenig. Und doch wuchtete er einen nach dem anderen in die Kühltruhe, als wären sie federleicht. Nur sein angespannter Bizeps ließ erahnen, wie anstrengend diese Arbeit war.
Ich hatte noch nie einen Porno gesehen, doch der hätte auch nicht erotischer sein können als dieser Anblick. Gebannt beobachtete ich das Spiel seiner Muskeln. Am liebsten wäre ich mit den Fingern jede einzelne Erhebung langsam nachgefahren.
»Du schon wieder.«
Zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage erwischte mich Adam dabei, wie ich ihn anstarrte. Vor Schreck glitt mir der Einkaufskorb aus der Hand und schlug mit einem dumpfen Geräusch auf dem Boden auf.
»Vorgestern warst du am Hintereingang.« Aus seinem Mund klang es wie eine Anklage und Verurteilung zugleich. Immerhin hatte er mich wiedererkannt. Ob das in diesem Zusammenhang gut oder schlecht war, wollte ich lieber nicht wissen. »Kannst du sprechen?«
Oh Gott, er hielt mich für stumm. Wenn er mich aber so durchdringend aus diesen tiefbraunen Augen ansah, brachte ich kein Wort heraus. Immerhin schaffte ich es, den Kopf zu schütteln.
Adam hatte den letzten Sack in der Kühltruhe verstaut und kam langsam auf mich zu. Wenige Schritte vor mir blieb er stehen, und mir wurde erneut bewusst, wie groß er war. Groß, trainiert und mit diesem durchdringenden Blick durchaus furchteinflößend. Doch aus einem unerfindlichen Grund hatte ich keine Angst vor ihm. Er mochte unfreundlich sein, aber ich wusste, dass er mir nichts tun würde. Bei ihm war lediglich mein Stolz in Gefahr.
»Ist das ein dummer Zufall oder stalkst du mich?« Aus der Nähe bemerkte ich die Schatten unter seinen Augen. Es machte den Eindruck, als hätte er seit hundert Jahren keine Nacht mehr durchgeschlafen. »Wenn das irgendein Football-Mist ist, bist du bei mir falsch.«
Meine Hände waren schweißnass, und ich musste mich dreimal räuspern, doch am Ende schaffte ich es, einen unschuldigen Satz hervorzubringen. »Welcher Football-Mist?«
»Ich spiele nicht mehr. Falls das also eine Groupie-Nummer werden soll, kannst du dir die Mühe sparen.« Adams Stimme war völlig emotionslos. Kalt und unnahbar.
»Du denkst, ich bin ein Groupie?«
»Bist du keines?« Er verschränkte die Arme vor der Brust und ließ seinen Blick langsam von meinem Gesicht tiefer wandern.
»Natürlich nicht!« Entrüstet funkelte ich ihn an. Dass ich vor zwei Tagen noch mit Grace über Adam und über Sex mit Adam philosophiert hatte, war niemals ernst gemeint gewesen. Wir kannten uns ja nicht einmal.
»Schade eigentlich.« Die emotionslose Miene war einem selbstgefälligen Grinsen gewichen. »Vor einigen Monaten hätte ich dein Angebot vielleicht angenommen.«
»Es gibt kein Angebot.« Wieder einmal führte sich dieser Kerl unmöglich auf.
»Also war das alles nur Zufall? Würde ich dir glauben, wenn du nicht am Lieferanteneingang rumgehangen hättest.« Er fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht, während er gähnte. »Aber ich spiele nicht mehr, Kleine. Du musst dir einen anderen suchen.«
Fassungslos starrte ich ihn an. Er meinte diesen Unsinn tatsächlich ernst. Adam hielt sich für ein so großes Geschenk an die Frauenwelt, dass es nur einen Grund geben konnte, aus dem wir uns in so kurzer Zeit zweimal begegnet waren.
»Weil du niedlich bist, gebe ich dir einen Tipp.« Das selbstgefällige Grinsen war zurück. »Lass die Finger von Spencer und Cortez. Für die beiden bist du eindeutig zu unschuldig.«
Wenn man es genau nahm, war ich für jeden Kerl auf diesem Planeten zu unschuldig, doch das musste Adam Baker nicht wissen. »Wer sagt das?«
»Ich.«
»Und wie kommst du darauf?«
»Sieht man dir an.« Unglaubliche Arroganz triefte aus jeder Silbe. »Oder willst du behaupten, auf mehr als einen Typen gleichzeitig zu stehen? Dreier sind die Spezialität von Spencer. Cortez ist eher dafür bekannt, dass er seiner Freundin gerne zuguckt, während sie mit einem anderen ...«
»Okay, okay, ich habe es verstanden.« Mein Gesicht fühlte sich mit einem Mal unglaublich warm an. Mit Sicherheit war ich knallrot angelaufen.
»Was meinst du? Lieber Spencer oder Cortez?«
»Ich weiß, was du versuchst.«
Adam lehnte sich mit der Schulter an das Regal rechts von ihm. »Was versuche ich denn?«
»Du versteckst dich hinter dieser Arroganz.« Es war so offensichtlich. »Und damit fühlst du dich über alle anderen erhaben.«
Lange Augenblicke betrachtete er mich einfach nur wortlos. Immerhin hatte meine Erläuterung das Grinsen aus seinem Gesicht gewischt.
»Und jetzt werde ich gehen.« Was auch immer mich in diesen Supermarkt geführt hatte, war nicht mehr als eine fixe und sehr, sehr dumme Idee gewesen. Adam mochte der hübscheste Typ sein, den ich jemals gesehen hatte, doch er war verkorkst – und zwei verkorkste Menschen konnten gemeinsam nur ein riesengroßes Desaster ergeben.
Ich hob meinen Korb auf, als er den Griff umfasste und mir meine Einkäufe abnahm. »Wer bist du?«
»Jemand, dessen Eis du gerade geklaut hast.«
Adam betrachtete den Inhalt meines Einkaufskorbs, und innerhalb von Sekundenbruchteilen zeichnete sich Abscheu auf seinem Gesicht ab. »Willst du diesen ganzen Müll etwa essen?«
»Wäre das Zeug sonst da drin?« Ich streckte die Hand aus, doch er ignorierte meine Aufforderung.
»Hast du vor, mit vierzig an einem Herzinfarkt zu sterben?«
In meinen kühnsten Träumen hatte ich mir unser erstes Gespräch nicht so ausgemalt. »Selbst wenn, wäre das meine Sache.«
»Natürlich.« Er stellte den Korb auf dem Boden ab und schob ihn mit dem Fuß außerhalb meiner Reichweite. »Ist nur spannend, Freuds Triebtheorie mal live zu erleben.«
Ich wusste, worauf er hinauswollte. Sigmund Freud und seine Theorie des Destruktionstriebes, der angeblich dafür verantwortlich war, wenn sich Menschen selbst zerstörten. »Sagte der Typ mit einer NPS.«
»Autsch, das tat weh.« Zum ersten Mal wirkte das angedeutete Lächeln auf Adams Gesicht echt. »Eine narzisstische Persönlichkeitsstörung? Wirklich?«
Möglichst gleichgültig zuckte ich mit den Schultern. »Erscheint mir passend.«
»Ich bin Adam.« Er streckte die Hand aus und sah mich erwartungsvoll an.
»Annie.« Als ich mit meinen Fingern seine berührte, erwartetet ich einen Stromstoß, ein Glockenklingen oder wenigstens einen tiefen, intensiven Blick – doch nichts davon passierte. Er schüttelte kurz meine eiskalte Hand, und einen halben Atemzug später war der Moment auch schon vorbei.
»Psychologie?« Adams Frage holte mich aus meinen Stromstoß- und Glocken-Träumen zurück in die Wirklichkeit.
»Zweites Semester.« Das wenig ruhmreiche halbe Jahr Business Management ließ ich unerwähnt. Wie ich auf die Idee gekommen war, dass mir ein Wirtschaftsstudium Spaß machen würde, konnte ich mir heute nicht mehr erklären.
»Beeindruckend.«
»Meine Studienwahl?« So außergewöhnlich war das nun wirklich nicht.
»Nein.« Er schob sich vereinzelte, wilde Locken hinter die Ohren, wodurch ich einen Blick auf diesen hinreißend abstehenden Schönheitsfehler erhaschen konnte. Ich wusste noch immer nicht, warum mich dieser kleine Makel so unglaublich anzog. Ohren waren mir vor Adam herzlich egal gewesen. »Es ist erstaunlich, dass du erst im zweiten Semester bist und die Triebtheorie kennst.«
»Ich lese viel.«
»Passt zu dir.« Er verschränkte erneut die Arme vor der Brust, doch dieses Mal wirkte die Pose nicht mehr feindselig. Dafür sorgte das Lächeln auf seinem Gesicht. Mir stockte bei diesem Anblick kurz der Atem. Ein schlecht gelaunter Adam war attraktiv, ein freundlicher Adam war verdammt gefährlich. Die vollen Lippen gepaart mit diesem warmen Ausdruck in seinen Augen ließen mich an Dinge denken, von denen ich nichts verstand. Mein Körper wollte ihn nackt sehen, mein Kopf hatte jedoch keine Ahnung, was er mit einem nackten Adam anfangen sollte.
»Hat es dir die Sprache verschlagen?«
Ich brauchte einen Moment, um mich daran zu erinnern, was er zuletzt gesagt hatte. »Wieso passt es zu mir, dass ich viel lese?« Eine rhetorische Frage. Natürlich wusste ich, dass ich wie der Typ brave Studentin aussah. Wie eins der Mädchen, die ihre Abende zuhause verbrachten, um zu lernen, und hin und wieder im Supermarkt unerreichbare Typen stalkten.
»Du wirkst nicht wie eine Partygängerin.«
Seine Argumentation war nicht sehr schlüssig. »Eben hast du mich noch für ein Football-Groupie gehalten.«
Er zuckte mit den Schultern. »Das eine schließt das andere nicht aus.«
»Und wie viele Mädchen kennst du, die ständig lernen und gleichzeitig Footballer aufreißen?«
»Eins oder null. Hängt von dir ab.« Adam zog sein Handy aus der Tasche, drückte auf dem Display herum und hielt es mir hin. »Du kannst mir deine echte Nummer geben oder eine falsche. Oder du sagst mir, dass ich mich zum Teufel scheren soll. Das liegt ganz bei dir.«
Passierte das wirklich? Adam Baker wollte meine Nummer? Meine! Die Situation war so absurd, dass ich einfach nur perplex zwischen ihm und seinem Telefon hin und her schaute. So lange, bis Adam die Hand sinken ließ.
»Okay, ich habe es verstanden.« Er wollte das Handy gerade wieder in seine Hosentasche stecken, als ich meine Sprache wiederfand.
»Aber du hast eine Freundin.«
Sichtlich überrascht hielt er in der Bewegung inne. »Wie kommst du darauf?«
»Ich habe euch gesehen.« An dem Abend, an den du dich nicht erinnern kannst, weil ich keinerlei Eindruck hinterlassen habe.
Von seinem Lächeln war nichts mehr übrig. Mit ihm war auch der freundliche Adam verschwunden. Der Typ, der sein Handy in die Tasche seiner Jeans stopfte, war eindeutig die unhöfliche, wenig nette Version. »Und ich dachte, ich hätte mich geirrt.« Er machte den Eindruck, als hätte ich seinen Hund überfahren oder Schlimmeres.
»Womit geirrt?«
Er hob meinen Korb auf und hielt ihn mir hin. »Ich habe dir fast geglaubt, dass wir uns durch Zufall zweimal über den Weg gelaufen sind.« Als ich ihm die Einkäufe nicht abnahm, stellte er sie vor mir auf dem Boden ab. »Aber du weißt ganz genau, wer ich bin.«
Natürlich tat ich das. Doch damit war ich nicht allein. »Du hast Football gespielt, die halbe Uni kennt dich.«
»Und genau darum geht es, nicht wahr?«
»Selbstverständlich nicht.« In all meinen dummen Tagträumen mit Adam Baker in der Hauptrolle war unser allererstes richtiges Gespräch nie in einen Streit ausgeartet.
»Dann beantworte mir eine Frage.« Seine Stimme klang dumpf und tonlos. »War es Zufall oder nicht?«
Insgeheim wusste ich, dass er es merken würde, wenn ich log. Und ich wollte auch gar nicht lügen. Ich war kein Groupie, daran änderte auch die Tatsache nichts, dass ich gehofft hatte, ihn zu treffen. »Nein, es war kein Zufall.«
Er schnaubte leise. »Dann solltest du beim nächsten Mal deine Hausaufgaben besser machen. Ich bin kein aktiver Spieler mehr.« Kopfschüttelnd trat er einen Schritt zurück. »Wie gesagt, wenn du Footballer vögeln willst, bist du bei mir falsch.« Mit diesen Worten ließ er mich stehen.
Mit klopfendem Herzen sah ich ihm hinterher, als er am Ende des Gangs abbog und aus meinem Sichtfeld verschwand.
Adam Baker, der einzige Typ, den ich in den vergangenen zwei Semestern anziehend gefunden hatte, hielt mich für ein Groupie. Wäre es nicht so lächerlich, hätte ich die Absurdität dieser Situation amüsant finden können. Er lag mit seinen komischen Anschuldigungen absolut daneben.
Ich wusste, dass ich entrüstet sein sollte, doch als ich langsam zu den Kassen schlich, beschäftigte mich ein ganz anderer Gedanke: Er hatte meine Nummer haben wollen, doch ich hatte diese Chance komplett in den Sand gesetzt. Es wäre klug, ihn einfach zu vergessen. Er war unhöflich und dazu auch noch vergeben. Sein Beziehungsstatus schien ihn jedoch nicht gestört zu haben. Welcher Mann machte so etwas? Das war moralisch verwerflich. Und mit so einem Typen wollte ich rein gar nichts zu tun haben – egal wie schön sein Lächeln war.
Meine Strategie, mir Adam aus dem Kopf zu schlagen, ging zwei Wochen erstaunlich gut auf. Immer wenn ich an unser Gespräch dachte, schlich sich das Bild seiner Freundin vor mein geistiges Auge. Die weißblonde Schönheit sorgte zielsicher dafür, dass ich weniger enttäuscht, dafür aber wütender war. Dass er dennoch so dreist gewesen war, mich nach meiner Nummer zu fragen, hatte ich nicht einmal Grace erzählt. Ihr davon zu berichten, hätte nur zu einem ellenlangen Monolog über Adams schlechten Charakter geführt. Und wenn sich Grace einmal in Rage redete, war sie nur schwer zu stoppen. Mir stundenlang anzuhören, was für ein Mistkerl er war, klang nicht sehr verlockend.
»Hannah kommt gleich vorbei.« Grace stand im Türrahmen meines Zimmers und band sich die Haare zu einem Pferdeschwanz. »Magst du mit uns essen? Ich habe Nudeln gemacht.«
»Danke, aber ich habe keinen Hunger.« Auch wenn Hannah keine Schuld am Verhalten ihres Bruders trug, wollte ich nicht den ganzen Abend damit verbringen, in ihrem Gesicht nach Ähnlichkeiten mit Adam zu suchen.
»Kekse sind keine vollwertige Mahlzeit.« Sie deutete auf die leere Packung neben mir auf dem Bett. »Vielleicht können wir Hannah ein bisschen ausquetschen.«
»Hast du sie deswegen eingeladen?« Grace traute ich solch einen Plan durchaus zu.
»Nein, habe ich nicht.« Als sie meinen skeptischen Blick sah, hob sie die Hand zum Schwur. »Wirklich nicht. Wir sind uns heute in der Mensa über den Weg gelaufen und haben festgestellt, dass wir schon viel zu lange keine Zeit mehr miteinander verbracht haben. Das ist alles.«
»Und du versprichst mir ...«
»Keine dummen Bemerkungen. Ehrenwort.«
Und daran hielt sie sich. Eine Stunde später waren die Nudeln vernichtet und vor jeder von uns stand ein Glas Rotwein. Ich hatte an meinem nur genippt, weil er furchtbar trocken war und ich ihn nicht herunterbekam. Grace und Hannah saßen auf der Couch, ich auf dem Sitzkissen neben dem Fernseher. Dieses kuschelige Teil war mein liebster Platz in der ganzen Wohnung.
»... und dann hat er gefragt, ob er mich seinen Eltern vorstellen darf.« Hannah war mitten in einer Geschichte über den letzten Kerl, den sie eine Weile gedatet hatte. »Dabei war das zwischen uns von Anfang an nur Spaß.«
»Mochtest du ihn nicht?« Grace, die stets romantische Verfechterin wahrer Liebe, sah Hannah mit großen Augen an. »Wenn ihr doch immerhin fest zusammen wart.«
»Wir waren nicht zusammen.« Hannah verzog das Gesicht, als wäre allein die Vorstellung unsinnig. »Wir hatten guten Sex, sonst nichts. Dylan war einverstanden, dass es nicht mehr ist.«
»Hat Emily auch mal gesagt.« Ich erinnerte mich zu gut an ihre Beteuerungen. Sie hatte sich lange sehr erfolglos einzureden versucht, keine Gefühle für Josh zu haben. »Und jetzt wohnen die beiden in Philadelphia und ziehen gemeinsam ein Kind auf.«
»Ich kann euch versichern, dass es bei Dylan und mir anders ist.« Sie strich sich eine dunkle Locke aus dem Gesicht, deren Farbe exakt der von Adams Haar entsprach.
»Das heißt, du hast ihn abserviert?« Grace’ Frage war so naiv, dass sie von mir hätte stammen können.
»Natürlich. Auf solche Komplikationen habe ich keine Lust.«
»Das könnte ich nicht.« Ich ließ mich nach hinten sinken, bis ich eine bequeme Position gefunden hatte.
»Was könntest du nicht?« Hannah wandte sich mir zu. »Jemanden abservieren?«
Das vermutlich auch, ich hatte allerdings etwas anderes gemeint. »Sex. Ohne Gefühle.« Körperliche Liebe von emotionaler zu trennen, erschien mir unvorstellbar. Natürlich wusste ich, dass viele Menschen damit kein Problem hatten – doch ich klammerte mich an die romantische Variante. In meiner Vorstellung zog er sich nach dem Sex nicht an und verschwand. Jedenfalls nicht beim ersten Mal. Vielleicht würde ich irgendwann, mit mehr Erfahrung, anders darüber denken.
Hannah zuckte mit den Schultern. »Nach dem College werden wir Jobs, Verpflichtungen und eine furchtbar ernste Zukunft haben. Da will ich jetzt so viel Spaß wie möglich mitnehmen.«
Es war fast ironisch, dass ich hoffte, die ernsten Jahre hinter mir gelassen zu haben. Alles, was vor mir lag, sollte neu, aufregend und spektakulär werden. Jeden Tag ein bisschen mehr. Ganz langsam, wie es sich für einen Angsthasen gehörte.
»Mein Leben wird niemals ernst sein.« Grace nippte an ihrem Weinglas und hatte dabei diesen verträumten Gesichtsausdruck, der mir wohlbekannt war. »Noah und ich werden uns vermutlich mit achtzig noch gegenseitig zur Weißglut treiben.«
»Es hat aber nicht jede so viel Glück wie du und angelt sich so einen Typen.«
Damit lag Hannah verdammt richtig. Grace hatte bei der großen Boyfriend-Lotterie den Hauptgewinn erwischt. Nicht jedes Mädchen war mit einem NFL-Spieler zusammen, der es vergötterte und keine Augen für andere Frauen hatte.
»Ich bin mit den Dylans dieser Welt zufrieden.« Hannah klang so überzeugt, dass ich keine Sekunde an ihren Worten zweifelte. »Wenn man morgens einfach gehen kann, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben, ist das ein ziemlich gutes Gefühl.«
»Hast du das wirklich nie? Ein schlechtes Gewissen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Warum sollte ich?«
»Na ja, wenn du doch weißt, dass der Typ dich mag. So wie dieser Dylan.«
»Das ist sein Problem.« Sie drehte sich ein Stückchen, um mich direkt anzusehen. »Wenn vorher beiden klar ist, auf was sie sich einlassen, ist das sehr befreiend. Dylan und ich waren uns einig. Jetzt sind wir das nicht mehr, also beenden wir die Sache.«
Es war beeindruckend, wie emotionslos sie über den Kerl sprechen konnte, mit dem sie regelmäßig geschlafen hatte. »Und du hast dich nie in jemanden verliebt?« Unzählige Studien hatten nachgewiesen, wie körperliche Nähe oft zu tieferen Gefühlen führte.
»Nope. Der Romantiker in unserer Familie ist Adam.«
Grace und ich verschluckten uns bei dieser Aussage gleichzeitig an unserem Wein. Während ich noch hustete, hatte sie sich jedoch bereits wieder gefangen und warf mir einen entschuldigenden Blick zu, bevor sie die Steilvorlage von Hannah nutzte. »Ist er noch mit seiner Freundin zusammen?«
»Chloe?« Hanna verdrehte die Augen. »Was das mit Chloe ist, weiß niemand so genau. Er selbst wohl am wenigsten.«
Mit gespitzten Ohren hing ich an ihren Lippen.
»Wenn es eine Frau auf dieser Welt gibt, von der er die Finger lassen sollte, ist es Chloe Taylor. Aber auf mich hört er nicht.« Sie seufzte theatralisch, während sie sich Wein nachschenkte.
»Was stimmt mit dieser Chloe nicht?« Grace sprach aus, wozu ich nicht mutig genug war. So viel dazu, dass jeder Tag meines Lebens aufregender und spektakulärer sein sollte als der vorherige. Ich saß mit hochrotem Gesicht auf einem Sitzsack und hörte verschüchtert der Schwester des Typen zu, den ich interessant fand. Den ich mochte. Der mein ... Was-auch- immer sein könnte. So recht wusste ich selbst nicht, wie ich Adam einordnen sollte. Am besten gar nicht. Er passte in keine meiner Schubladen. Eine Metapher, die Sigmund Freud durchaus gefallen hätte.
»Chloe Taylor ist das personifizierte Grauen.« Als Hannah unsere fragenden Gesichter bemerkte, fuhr sie fort. »Er mag sie. Er mag sie wirklich. Und das nutzt sie seit Monaten aus.«
Ich sank noch tiefer in den Sitzsack und biss mir auf die Unterlippe. Adam mochte Chloe. Das war keine neue Information. Immerhin war sie seine Freundin. Oder so etwas in der Art.
»Was genau tut sie?«
Bei Grace’ Frage schnaubte Hannah leise. »Alle paar Wochen vögelt sie ihn, danach wird er wieder ignoriert. Sie weiß genau, wie verliebt dieser Idiot in sie ist. Deswegen kann sie diese Nummer wieder und wieder und wieder bei ihm abziehen.«
Ich war unsicher, wer mir in diesem Augenblick mehr leidtat: Adam, der sich von Chloe an der Nase herumführen ließ, oder ich, weil sich mein Herz plötzlich furchtbar schwer anfühlte.
»Deswegen war es mir unter anderem so wichtig, Dylan nichts vorzumachen. Wenn ich mit ihm geschlafen habe, war ihm klar, dass es nicht aus Liebe passierte.«
»Adam denkt, dass Chloe ihn liebt?« Bis jetzt war ich nur stumme Zuhörerin gewesen, doch es gab Dinge, die ich wissen wollte. Die ich hören musste, um mit dem Kapitel Adam Baker – das genau genommen nicht einmal begonnen hatte – abschließen zu können.