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ICH BIN

Teil III

Gespräche mit Sri Nisargadatta Maharaj

Auszüge aus I AM THAT
(Originaltitel)

Aus dem Marathi nach Tonbandaufnahmen ins Englische übersetzt von M. Frydman

Deutsche Übersetzung von
Heiner Siegelmann & Gilda Peters

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Titel der Originalausgabe:

Übersetzung:

I AM THAT

Heiner Siegelmann & Gilda Peters

© Sri Nisargadatta Maharaj

Lektorat: Chandravali Schang

Hrsg.: Maurice Frydman, Bombay 1973

Typografie/Satz: Wilfried Klei

Deutsche Ausgabe:

Umschlag-Gestaltung:

© Kamphausen Media GmbH Bielefeld

Thomas Luksch & Wilfried Klei

info@kamphausen.media

eBook-Gesamtherstellung:

 

Bookwire GmbH, Frankfurt a. M.

www.kamphausen.media

5. Auflage 2018

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese
Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet
über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN print 978-3-933496-68-3
ISBN eBook 978-3-95883-421-7

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Funk, Fernsehen und sonstige Kommunikationsmittel, fotomechanische oder vertonte Wiedergabe sowie des auszugsweisen Nachdrucks vorbehalten.

Inhalt

Vorwort

Anmerkung des Übersetzers

Anmerkung des deutschen Übersetzers

Erste amerikanische Ausgabe 1982

Kapitel 67

Kapitel 68

Kapitel 69

Kapitel 70

Kapitel 71

Kapitel 72

Kapitel 73

Kapitel 74

Kapitel 75

Kapitel 76

Kapitel 77

Kapitel 78

Kapitel 79

Kapitel 80

Kapitel 81

Kapitel 82

Kapitel 83

Kapitel 84

Kapitel 85

Kapitel 86

Kapitel 87

Kapitel 88

Kapitel 89

Kapitel 90

Kapitel 91

Kapitel 92

Kapitel 93

Kapitel 94

Kapitel 95

Kapitel 96

Kapitel 97

Kapitel 98

Kapitel 99

Anhang 1

Anhang 2

ICH BIN / I AM THAT

Vorwort

Meine Beziehung zu Nisargadatta Maharaj begann mit „I Am That“.

1978 erschien in der Oktoberausgabe des Mountain Path (das offizielle Journal des Ashrams von Ramana Maharshi) ein Artikel von Jean Dunn. Darin wurde das Buch „I Am That“ erwähnt und Auszüge wiedergegeben, die mich zutiefst beeindruckten. Ich besorgte mir das Buch, las es in zwei Tagen vollständig durch und suchte danach Maharaj persönlich auf. Das war der Wendepunkt in meinem Leben. Maharaj starb im September 1981, und somit dauerte mein Zusammensein mit ihm nur drei Jahre. Doch in solchen Angelegenheiten ist die Dauer des Zusammenseins nicht von Bedeutung.

Meine Empfehlung an den Leser ist, nicht zu viel Zeit für das erste Durchlesen des Buches zu verwenden, nicht zu versuchen, jede Zeile auf jeder Seite zu verstehen, sondern nur einen generellen Einblick in das zu bekommen, was in dem Buch gesagt wird. Um auch nur ein einigermaßen gutes Verständnis zu erlangen, sollte man das Buch mehrere Male lesen, doch dieser Aufwand lohnt sich, und das Lesen wird große Freude bereiten.

Bestimmte Fragen tauchen immer wieder auf, und mit der Zeit werden sich die meisten von selbst beantworten. Eine wird vielleicht bleiben: Was ist „Bewusstsein“, und was ist die Beziehung zwischen Bewusstsein und dem Verstand? Der entscheidende Punkt liegt in der Unmöglichkeit zu sagen, was etwas ist – außer in Bezug auf das, was es tut. Das Bewusstsein ist beides, Gewahrsein und der Schöpfer der Erfahrung. Es ist beides, die Erfahrung zu sein und sie zu kennen.

Genau genommen gibt es keinen Unterschied zwischen Bewusstsein und dem Verstand. Das Bewusstsein in Aktion ist der Verstand, und somit ist der Verstand der Inhalt des Bewusstseins.

Bewusstsein kann ohne den Verstand existieren (wie z.B. im Tiefschlaf oder in Narkose), doch der Verstand nicht ohne das Bewusstsein. Der nach innen gerichtete Verstand (ohne Gedanken) ist das Bewusstsein; der nach außen gerichtete ist das Ego oder der ‘Ich’-Gedanke, dessen Quelle das unpersönliche oder universelle Bewusstsein ist.

Der nach außen gerichtete Verstand und das Ego sind ein und dasselbe. Die Erinnerung und der Intellekt sind Aspekte dieses Verstandes, der nur im Wachzustand (und auch im Traum) vorhanden ist, doch nicht in tiefem Schlaf.

Vom persönlichen Standpunkt aus gesehen ist der Verstand oder das Ego die Verbindung zwischen Bewusstsein und dem physischen Körper, welcher träge und empfindungslos ist.

Der operierende Verstand hat zwei Aspekte:

– den „denkenden Verstand“, der aus der Erinnerung heraus funktioniert und Vorstellungen und Konzepte erschafft, die auf vergangenen Erfahrungen beruhen und dann diese Vorstellungen als Hoffnungen, Ängste und Ambitionen in die selbst erdachte Zukunft projiziert;

– den „arbeitenden Verstand“, der sich auf die Geschehnisse im augenblicklichen Moment konzentriert. Der denkende Verstand – eine unnütze Vergeudung von Energie – mit seinem Gefühl von einem persönlich Handelnden löst sich auf, wenn etwas geschieht, das man als Erleuchtung bezeichnet, und wenn das persönliche, identifizierte Bewusstsein zu seiner Quelle, dem unpersönlichen, universellen Bewusstsein zurückfindet.

Der Kern dieser Lehren könnte folgendermaßen zusammengefasst werden: Die Gesamtheit der Manifestation ist eine Erscheinung im Bewusstsein (wie ein Traum). Ihr Ablauf ist ein unpersönlicher, sich selbst erzeugender Prozess. Die Milliarden von Geisteswesen sind die Instrumente (erträumte Charaktere ohne freien Willen), durch die dieser unpersönliche Prozess abläuft. Das klare Erfassen dieser Wahrheit bedeutet Erleuchtung.

Ramesh S. Balsekar, 1988

Als Maharaj kurz vor seinem Tode wegen eines wuchernden Krebsgeschwürs in seiner Kehle kaum noch fähig war zu sprechen, forderte er Ramesh auf, die Fragen der Besucher zu beantworten. Doch erst fünf Jahre nach Nisargadattas Tod tauchten zum ersten Mal Besucher in Rameshs Wohnung in Mumbay (ehemals Bombay) auf, um Antworten auf ihre Fragen zu suchen. Sechzehn Jahre hat Ramesh Seminare in Indien, Amerika und Europa veranstaltet. 1917 geboren, ist er nun zu alt, um zu reisen, doch man kann ihn an sieben Tagen in der Woche jeden Morgen um neun Uhr beim satsang in seiner Wohnung aufsuchen. Jeder ist willkommen, und der Eintritt ist frei.

Ramesh S. Balsekar

‘10 Sindhula’

N. Gamadia Rd. 26

Mumbay 400026

Ausführliche Informationen finden Sie unter:

www.ramesh-balsekar.com

Anmerkung des Übersetzers

Als ich Sri Nisargadatta Maharaj vor einigen Jahren zum ersten Mal traf, war ich beeindruckt von der anrührenden Einfachheit seiner Erscheinung und seines Verhaltens und von seiner tiefen, unverfälschten Ernsthaftigkeit, mit der er seine Erfahrung erläuterte.

Wie einfach seine kleine Behausung auch sein mochte, wie schwierig es auch sein mochte, sie in den kleinen Gässchen von Bombay zu entdecken, viele haben ihren Weg dorthin gefunden. Die meisten sind Inder, die sich ungehemmt in ihrer Muttersprache unterhalten, doch es kamen auch etliche Ausländer, die einen Übersetzer benötigten. Immer, wenn ich zugegen war, fiel diese Aufgabe mir zu. Viele der Fragen und Antworten waren so interessant und bedeutungsvoll, dass schließlich ein Tonbandgerät benutzt wurde. Während die meisten Bänder üblicherweise eine Mischung aus Marathi und Englisch waren, gab es doch auch zahlreiche Mischungen verschiedener indischer und europäischer Sprachen. Später wurde dann jedes Band niedergeschrieben und ins Englische übersetzt.

Es war nicht einfach, wörtlich zu übersetzen und zugleich langweilige Wiederholungen zu vermeiden. Die vorliegende Übersetzung dieser Tonbänder wird hoffentlich nicht die Wirkung dieses klar denkenden, großzügigen und in vieler Weise ungewöhnlichen Menschen beeinträchtigen.

Eine Ausgabe dieser Gespräche in Marathi, von Maharaj persönlich autorisiert, ist separat veröffentlicht worden.

Bombay Maurice Frydman

Oktober 16, 1973 Übersetzer

Anmerkung des deutschen Übersetzers

Vorwort des deutschen Übersetzers

Der Verfasser dieses Buches, Maurice Frydman, ein gebürtiger Pole, verbrachte den Großteil seines Lebens in Indien. Zu Hause in der englischen Sprache und in Marathi, Nisargadattas Muttersprache, fiel ihm natürlicherweise die Aufgabe zu, zwischen Nisargadatta und seinen westlichen Besuchern zu übersetzen. Sein Verdienst ist es, Nisargadatta dem Westen zugänglich gemacht zu haben, so wie Paul Bruntons Buch Ramana Maharshi über Indiens Grenzen hinaus bekannt gemacht hat.

Nach Maurices Tod 1976 fand sich ein neuer Suchender bei Nisargadatta ein, Ramesh Balsekar. Seine Sprachkenntnisse befähigten ihn, zusammen mit einem anderen Inder, Mullarpattan, die Lücke zu schließen, die Maurice nach seinem Tod hinterlassen hatte. Ramesh Balsekar, ein pensionierter Bankier, teilweise im Westen aufgewachsen, war ein Leben lang an spirituellen Fragen interessiert gewesen, doch erst das Zusammentreffen mit Nisargadatta brachte seine Suche zu einem schnellen Abschluss. Die Person des Bankiers löste sich auf und legte das Absolute, das universelle Bewusstsein frei.

Nisargadatta realisierte natürlich die Verwandlung, die stattgefunden hatte, und als ihm ein Krebs im Endstadium das Sprechen mehr und mehr erschwerte, forderte er Ramesh auf, die Fragen der Besucher zu beantworten. Nisargadatta starb im September 1981 in Bombay.

Nach meinem intensiven Studium von Maurices Buch „I Am That“ führte mich meine Suche 1986 zu Ramesh und eröffnete mir einen direkten Zugang zu diesem unpersönlichen, universellen Wissen. Jede Übersetzung von Texten, die die Auslegung eines Verwirklichten darstellt, ist so begrenzt wie das tiefe Verständnis – nicht nur das intellektuelle Verstehen – des Übersetzers. Da mir durch Ramesh eine direkte Quelle zu diesem Wissen offen steht, habe ich mein eigenes beschränktes Verstehen durch Rückfragen an Ramesh ergänzen können. Ich hoffe, dass ich in der vorliegenden Arbeit die sprachlichen und terminologischen Barrieren auf ein Minimum beschränken konnte.

Die größte Schwierigkeit beim Übersetzen waren bestimmte Worte, die im Deutschen kein wirkliches Äquivalent zur englischen Sprache haben. Von all diesen Worten wird das Wort „mind“ sicherlich die größten Kontroversen auslösen. Studiert man den Text genau, dann wird man unweigerlich zu der Überzeugung gelangen, dass Nisargadatta den Verstand, den Intellekt meint, wenn er von „mind“ spricht. Ist doch der Kern des Problems einzig und allein unsere Vorstellung, etwas Bestimmtes, Greifbares, Erklärbares zu sein. Allein diese Vorstellung und nichts anderes ist unser selbst erschaffenes Gefängnis, d.h. unser so genanntes Gefangensein existiert einzig und allein im Verstand. Also ist nicht der Verstand als solcher das Problem, sondern die Vorstellungen, die Illusionen sind es, die er erschafft. Ramesh hat in seinem Vorwort die Spaltung des Verstandes erklärt, und wenn in diesem Buch vom Verstand die Rede ist, dann ist es dieser denkende Teil des Verstandes, der die Illusion vom Gefangensein geschaffen hat.

Der wichtigste Punkt, den Nisargadatta immer wieder anführt, ist jedoch die Begrenztheit der Worte, die, wie er sagt, auf vielfältige, sich sogar widersprechende Weise zusammengefügt werden können. Worte sind lediglich Wegweiser, ein absolut begrenztes Medium.

Von sich selbst in der dritten Person zu sprechen, klingt unnatürlich und gespreizt. Somit muss man Worte wie „ich, mein und mir“ benutzen, auch wenn sie nicht die Existenz einer Person deutlich machen sollen. Wenn Nisargadatta dann dem Leser auch noch die scheinbar klare Anweisung „Sei ehrlich, sei aufrichtig“ gibt, dann tut sich damit das größte und schwerste Hindernis der Sprache auf.

Ramesh erzählt in diesem Zusammenhang gerne von seiner eigenen Erfahrung mit Nisargadatta.

„Irgendwann begann ich mich zu fragen, an wen Maharaj diese Aufforderung, ehrlich zu sein, richtete. Wenn er doch bei allem voraussetzt, dass es kein Individuum und somit auch keinen freien Willen gibt, wem gilt dann seine Aufforderung? Diese Frage war fast eine Folter für mich – bis es mich eines Tages bei einem der morgendlichen Gespräche wie ein Blitz durchfuhr und ich flach mit der Hand auf den Holzfußboden schlug. Jeder im Raum schaute mich verwundert an, doch ehe ich Maharajs fragenden Blick beantworten konnte, wurde er von etwas anderem abgelenkt und das Gespräch kam nicht mehr darauf zurück.

In diesem Moment war mir klar geworden, dass Maharaj niemanden persönlich aufforderte, etwas zu tun – er gab keine „Anweisung“, er gab eine „Beschreibung“. Die Ehrlichkeit, die Ernsthaftigkeit muss vorhanden sein – und niemand kann sie willentlich herbeiführen – um gewisse Selbst-Einsichten zu ermöglichen.“

Wenn man dieses Buch immer unter der grundsätzlichen Voraussetzung liest, dass es keinen freien Willen gibt, dass es niemanden gibt, der überhaupt einen freien Willen haben könnte, dann erschließt sich völlig uneingeschränkt die Weisheit von Nisargadattas Worten.

Erste amerikanische Ausgabe 1982

Wer ist Nisargadatta Maharaj?

Wenn man den Meister nach seinem Geburtsdatum fragt, antwortet er ganz freundlich, dass er nie geboren wurde!

Einen biografischen Abriss über Sri Nisargadatta Maharaj anzufertigen ist eine unbefriedigende und undankbare Aufgabe. Nicht nur, dass sein genaues Geburtsdatum unbekannt ist, auch über seine Jugend gibt es keine bestätigten Daten und Fakten. Doch einige seiner älteren Verwandten und Freunde datieren seine Geburt auf den Vollmond im März 1897, den Tag, an dem die Hindus Hanuman Jayanti feiern und Hanuman anbeten, den Affengott des Ramayana, der auch Maruti genannt wird. Um seine Geburt mit diesem denkwürdigen Tag zu verbinden, nannten die Eltern ihn Maruti.

Die vorhandenen Daten über seine Kindheit und Jugend sind lükkenhaft und fast ohne Zusammenhang. Sein Vater, Shivrampant, war ein armer Mann, der eine Zeit lang als Hausangestellter in Bombay arbeitete und später seinen kärglichen Unterhalt als Kleinbauer in Kandalgaon verdiente, einem kleinen Dorf in Maharashtra. Maruti wuchs ohne nennenswerte Schulausbildung auf. Als Kind half er, soweit er konnte, seinem Vater bei der Feldarbeit – er hütete die Kühe, führte das Ochsengespann, verrichtete Feldarbeiten und machte Besorgungen. Seine Freuden waren so einfach wie seine Arbeiten, doch er hatte einem wachen, neugierigen Verstand, der von allen möglichen Fragen übersprudelte.

Sein Vater hatte einen Brahmanen zum Freund, Vishnu Haribhau Gore, ein frommer und, am ländlichen Durchschnitt gemessen, auch gebildeter Mann. Gore sprach oft über religiöse Themen, und Maruti hörte ihm mit großer Aufmerksamkeit zu. Er dachte wesentlich mehr über diese Themen nach, als man hätte vermuten können. Gore war der ideale Mann für ihn, ernst, freundlich und weise.

Als Maruti achtzehn Jahre alt war, starb sein Vater und hinterließ eine Witwe, vier Söhne und zwei Töchter. Das magere Einkommen aus der kleinen Landwirtschaft wurde nach dem Tod des Mannes noch geringer und reichte bald nicht mehr aus, die vielen Münder zu stopfen. Marutis älterer Bruder verließ das Dorf und ging nach Bombay auf die Suche nach Arbeit. Maruti folgte ihm kurze Zeit später. Für einige Monate arbeitete er als unterbezahlter Bürogehilfe, doch recht bald gab er die Arbeit angewidert auf. Er versuchte sich als Kleinhändler und eröffnete einen Laden für Kinderkleidung, Tabak und handgedrehte Zigaretten. Mit der Zeit blühte dieses Geschäft in bescheidenen Grenzen und gab ihm eine gewisse finanzielle Sicherheit. Zu dieser Zeit heiratete er und bekam einen Sohn und drei Töchter.

Kindheit, Jugend, Ehe, Familie – Maruti lebte das normale, eintönige und ereignislose Leben eines einfachen Mannes bis zu seinen mittleren Lebensjahren, ohne die geringsten Anzeichen der Heiligkeit, die später zum Vorschein kommen sollte. Während dieser Zeit hatte er einen Freund namens Yashwantrao Baagkar, der ein Anhänger von Sri Siddharameshwar Maharaj war, ein spiritueller Lehre der Navnath Sampradaya, einer bestimmten religiösen Richtung des Hinduismus. Baagkar nahm Maruti eines Abends mit zu seinem Guru, und dieser Abend sollte ein Wendepunkt in seinem Leben werden. Der Guru gab ihm ein Mantra und Anweisungen zur Meditation. Sehr bald überkamen Maruti Visionen, und gelegentlich fiel er sogar in eine Art Trance. Irgendetwas explodierte gleichsam in ihm und gebar ein kosmisches Bewusstsein, ein Gefühl ewigen Lebens. Die Identität des Kleinhändlers Maruti löste sich auf, und die strahlende Persönlichkeit des Sri Nisargadatta Maharaj kam zum Vorschein.

Die meisten Menschen leben in einer Welt, in der sie sich nur ihrer selbst bewusst sind und weder das Bedürfnis noch die Kraft haben, über sie hinauszuwachsen. Sie existieren nur für sich selbst, all ihre Bemühungen sind nur auf die Befriedigung ihrer eigenen Bedürfnisse und Selbstverherrlichung ausgerichtet. Doch es gibt Lehrer, Seher und Künder, die, obwohl sie offensichtlich in derselben Welt leben, gleichzeitig auch in einer anderen Welt sind, der Welt des kosmischen Bewusstseins, mit unbegrenztem Wissen erfüllt. Nach seinem Erleuchtungserlebnis begann Nisargadatta ein solches Doppelleben. Er betrieb weiterhin seinen Laden, doch er hörte auf, ein profitorientierter Händler zu sein. Später gab er seine Familie und sein Geschäft auf und wurde Bettelmönch, ein Pilger in der Weite und Vielfältigkeit des religiösen indischen Lebens. Barfuß wanderte er in Richtung Himalaja, wo er den Rest seines Lebens auf der Suche nach dem ewigen Leben verbringen wollte. Doch recht bald sah er die Sinnlosigkeit seines Vorhabens ein und kehrte nach Hause zurück. Er erkannte, dass er das ewige Leben nirgendwo zu suchen brauchte, er hatte es bereits. Nachdem er über die Vorstellung ‘Ich bin der Körper’ hinausgegangen war, hatte er einen solchen geistigen Zustand von Freude, Frieden und Glückseligkeit erreicht, dass ihm verglichen damit alles andere wertlos erschien. Er hatte die Selbstverwirklichung erlangt.

Auch wenn der Meister ungebildet ist, sind die Gespräche mit ihm in außergewöhnlichem Maße erleuchtend. In Armut geboren und aufgewachsen, ist er der Reichste unter den Reichen, denn er hat den grenzenlosen Reichtum des ewigen Wissens, womit verglichen die großartigsten Schätze nur reiner Tand sind. Er ist warmherzig und liebevoll, witzig und humorvoll, vollkommen angstfrei und vollkommen wahrhaftig, inspirierend, anleitend und jeden unterstützend, der zu ihm kommt.

Jeder Versuch, über so einen Mann einen biografischen Abriss zu schreiben, ist vermessen und sinnlos. Er ist kein Mann mit Vergangenheit und Zukunft, er ist die lebendige Gegenwart, ewig und unveränderlich. Er ist das Selbst, das zu allem geworden ist.

Bombay 1973

Alle Sankrit Wörter sind entsprechend dem Spirituellen Wörterbuch der Sathya Say Vereinigung e.V., Bonn verwendet worden.

Kapitel 67

FRAGEIch würde gerne noch mal auf die Frage von Freude und Leid, Angst und Verlangen zurückkommen. Angst ist für mich die Erinnerung an und Erwartung von Schmerz, die für die Erhaltung des Organismus und seiner Lebensstrukturen essentiell ist. Mangelgefühle sind schmerzhaft, wenn man sie verspürt, und von vornherein auf sie eingestellt zu sein, bedeutet Angst. Wir haben berechtigterweise Angst davor, unsere Grundbedürfnisse nicht befriedigen zu können. Die Erleichterung, die wir verspüren, wenn ein Bedürfnis befriedigt wird oder eine Sorge sich auflöst, ist lediglich das Ergebnis davon, dass uns etwas nicht mehr quält oder Schmerz bereitet. Auch wenn wir es durch positive Begriffe wie Vergnügen, Freude oder Glück ausdrücken, so ist es doch grundsätzlich die Erleichterung von etwas Schmerzhaftem. Es ist die Angst vor dem Schmerz, die unsere sozialen, ökonomischen und politischen Institutionen zusammenhält.

Es verblüfft mich, dass uns Dinge und Geisteszustände Freude bereiten, die nichts mit dem Überleben zu tun haben. Ganz im Gegenteil ist unsere Art von Vergnügen meistens destruktiv. Es schadet oder zerstört sowohl die Sache oder den Gegenstand der Befriedigung als auch das Mittel, womit wir sie uns verschaffen und schließlich den, der sich an ihr erfreut. Ansonsten würde die Befriedigung und die Suche danach kein Problem erzeugen. Und das bringt mich zum Kern meiner Frage: Warum ist Genuss destruktiv? Warum suchen wir Genuss, obwohl er destruktiv ist?

Damit meine ich nicht das Muster von Freude und Leid, das uns die Natur zwangsläufig vorgibt. Ich spreche von den vom Menschen erzeugten sensorischen und subtilen Freuden in ihrer ganzen Bandbreite, wie zum Beispiel übermäßigem Essen bis zu den allersubtilsten Genüssen. Die Sucht nach Freude, egal zu welchem Preis, ist so universell, dass ihr etwas sehr Bedeutungsvolles zugrunde liegen muss.

Selbstverständlich muss nicht jede Aktivität des Menschen auf etwas Nützliches ausgerichtet sein oder ein Bedürfnis befriedigen. Zu spielen zum Beispiel ist etwas Natürliches, und der Mensch ist das verspielteste Wesen auf der Welt. Spiele erfüllen das Bedürfnis nach Selbstfindung, Entwicklung. Doch selbst im Spiel zerstört der Mensch die Natur, andere und sich selbst.

MAHARAJSie haben also nichts gegen Freuden ganz allgemein, sondern gegen deren Preis in Form von Schmerz und Leid.

FRAGEWenn die Realität selbst Glückseligkeit ist, dann müssen die Freuden in irgendeiner Beziehung zu ihr stehen.

MAHARAJWir sollten hierbei nicht mit verbaler Logik vorgehen. Die Glückseligkeit der Realität schließt das Leiden nicht aus. Außerdem kennen Sie nur Freude und Vergnügen, nicht die Glückseligkeit reinen Seins. Lassen Sie uns also Freuden auf ihrer eigenen Ebene untersuchen.

Wenn Sie sich im Zustand von Freude oder Schmerz beobachten, dann werden Sie unweigerlich feststellen, dass es nicht die Sache selbst ist, die erfreulich oder schmerzhaft ist, sondern die Situation, von der sie einen Teil darstellt. Freude entsteht aus der Beziehung zwischen dem, der sich freut, und dem, an dem man sich erfreut – und die Essenz dieser Beziehung ist Akzeptanz. Wie auch immer die Situation beschaffen sein mag, – wenn sie akzeptabel ist, dann erzeugt sie Freude, wenn sie unakzeptabel ist, dann ist sie voller Leid. Was eine Situation akzeptabel macht, ist völlig unwichtig, denn die Ursache mag physischer oder psychologischer Natur sein oder auch unergründlich – Akzeptanz ist der entscheidende Faktor. Hingegen entsteht Leid aus dem Nicht-Akzeptieren.

FRAGESchmerz oder Leid ist unakzeptabel.

MAHARAJWieso? Haben Sie es jemals versucht? Versuchen Sie es, und Sie werden im Leid eine Erfüllung finden, wie sie Freude Ihnen niemals geben kann, denn die Akzeptanz von Leid führt Sie wesentlich tiefer, als es Freude jemals vermag. Das persönliche Selbst jagt entsprechend seiner Natur immer den Freuden hinterher und sucht das Leid zu vermeiden. Die Auflösung dieses Musters ist das Ende des persönlichen Selbst. Die Auflösung des Selbst mit seinen Freuden und Ängsten ermöglicht Ihnen die Heimkehr zu Ihrer wahren Natur, der Quelle allen Glücks und Friedens. Das ewige Verlangen nach Freuden ist eine Reflexion der zeitlosen, inneren Harmonie. Es ist eine einleuchtende Tatsache, dass man sich seiner selbst nur dann bewusst wird, wenn man in dem Konflikt zwischen Freude und Leid gefangen ist, welcher Entscheidungen erfordert. Es ist dieser Unmut und Ärger, der aus dem Konflikt zwischen Angst und Verlangen entsteht, welcher das geistige Wohlergehen im Leben zerstört. Wenn der Schmerz als das akzeptiert wird, was er ist, eine Lektion und Warnung, und man ihn genau untersucht und ihm Beachtung schenkt, dann bricht die Separierung von Schmerz und Freude zusammen, beide werden lediglich zu einer Erfahrung – schmerzhaft, wenn man sie ablehnt und freudvoll, wenn man sie akzeptiert.

FRAGEWürden Sie dazu raten, Freude zu meiden und Angst zu suchen?

MAHARAJNein, weder Freude zu suchen noch Angst zu vermeiden. Akzeptieren Sie beides, wenn es Ihres Weges kommt, genießen Sie beides, solange es anhält, lassen Sie es gehen, wenn es endet.

FRAGEWie könnte ich jemals Schmerz genießen? Physische Schmerzen erfordern eine Abhilfe.

MAHARAJGewiss doch, genau wie mentaler Schmerz. Die Glückseligkeit liegt darin, ihn wahrzunehmen, nicht davor zurückzuschrecken oder sich in irgendeiner Weise davon abzuwenden. Alle Glückseligkeit hat ihre Wurzeln im Gewahrsein. Je bewusster wir sind, desto größer die Freude. Die Akzeptanz von Schmerz, Widerstandslosigkeit, Mut und Ausdauer – sie alle eröffnen tiefe und immerwährende Quellen wahrer Freude, wirklicher Glückseligkeit.

FRAGEWarum sollte Schmerz wirksamer sein als Freude?

MAHARAJFreude wird sehr bereitwillig akzeptiert, während sich das persönliche Selbst mit aller Macht gegen Schmerz wehrt. Da die Akzeptanz von Schmerz die Verleugnung des persönlichen Selbst bedeutet und dieses Selbst dem wahren Glück im Wege steht, öffnet die bedingungslose Akzeptanz von Schmerz die Türen zum Glück.

FRAGEHat die Akzeptanz von Leid dieselbe Wirkung?

MAHARAJDie Tatsache der Schmerzen kann recht leicht ins Zentrum des Gewahrseins gerückt werden. Mit dem Leid ist das nicht so einfach. Sich auf das Leid zu konzentrieren ist nicht genug, denn das mentale Leben, so wie wir es kennen, ist ein ununterbrochener Fluss von Leid. Um die tieferen Ebenen des Leids zu erreichen, muss man zu seinen Wurzeln vordringen und sein weit gespanntes, unterschwelliges Netzwerk ergründen, dort wo Angst und Verlangen eng miteinander verwoben sind und die Ströme der Lebensenergien sich gegenseitig behindern, zerstören und im Widerspruch zueinander stehen.

FRAGEWie kann ich ein solches Wirrwarr, das sich völlig meinem Bewusstsein entzieht, in Ordnung bringen?

MAHARAJIndem Sie bei sich selbst bleiben, bei dem ‘Ich bin’, indem Sie sich selbst im täglichen Leben mit wachem Interesse beobachten, mit der Absicht zu verstehen anstatt zu urteilen. Durch die uneingeschränkte Akzeptanz von allem, was möglicherweise auftaucht und somit ganz einfach vorhanden ist, bestärken Sie alles Tieferliegende, an die Oberfläche zu kommen und dadurch Ihr Leben und das Bewusstsein mit seinen eingeschlossenen Energien zu bereichern. Das ist die grenzenlose Wirkung des Gewahrseins: Die Natur des Lebens und des Verstandes zu verstehen, beseitigt Hindernisse und setzt Energien frei. Intelligenz ist das Tor zur Freiheit, und wachsame Aufmerksamkeit ist die Mutter der Intelligenz.

FRAGEIch habe noch eine Frage. Warum endet Freude in Leid?

MAHARAJAlles hat einen Anfang und ein Ende, und das gilt auch für jegliche Art von Freude. Wenn Sie nichts erwarten und nichts bereuen, dann gibt es auch kein Leid. Es sind die Erinnerungen und die Vorstellungen, die das Leid erzeugen.

Das Leid, das auf die Freude folgt, kann dadurch entstehen, dass körperliche oder mentale Energien falsch oder unklug eingesetzt werden. Der Körper kennt seine Grenzen, doch nicht der Verstand. Sein Appetit ist unendlich und grenzenlos. Beobachten Sie Ihren Verstand mit höchster Aufmerksamkeit, denn dort entsteht Ihr Gefangensein, und dort ist auch das Tor zur Freiheit.

FRAGEDas beantwortet meine Frage nur zum Teil. Warum sind die Vergnügen des Menschen destruktiv? Warum bereitet ihm das Zerstören eine solche Befriedigung? Das Leben bemüht sich um Schutz, Fortbestand und Ausweitung seiner selbst, und dabei wird es von Schmerz und Freude bestimmt. Wie und wann werden sie zu etwas Zerstörerischem?

MAHARAJWenn der Verstand den Ton angibt, sich erinnert und in die Zukunft projiziert, dann übertreibt, entstellt und übersieht er vieles. Die Vergangenheit wird in die Zukunft projiziert, doch die Zukunft kann die Erwartungen nicht erfüllen. Die Sinne und Handlungsorgane werden derart überstimuliert, dass sie unweigerlich kapitulieren. Die Objekte der Freuden und Begierden können nicht erfüllen, was der Mensch von ihnen erwartet, und durch permanenten Missbrauch verlieren sie ihre Anziehung oder werden gänzlich zerstört. Das erzeugt natürlich immensen Schmerz, wo ursprünglich Freude angestrebt wurde.

FRAGEWir zerstören nicht nur uns selbst, sondern auch andere!

MAHARAJSelbstverständlich, denn Egoismus ist immer zerstörerisch. Verlangen und Angst sind beides egoistische Zustände. Inmitten von Angst und Verlangen entstehen Wut und Ärger, daraus entsteht Hass und schließlich die Lust an der Zerstörung. Krieg ist Hass in Aktion, organisiert und ausgestattet mit all den Instrumentalien des Todes.

FRAGEGibt es eine Möglichkeit, diesen Horror zu beenden?

MaharajWenn mehr und mehr Menschen zu ihrer wahren Natur erwachen, dann wird sich ihr Einfluss, egal wie subtil er auch sein mag, durchsetzen, und die emotionale Atmosphäre der Welt wird sich verbessern. Die Menschen folgen ihren Führern, und wenn unter diesen Führern einige sind, die ein großes Herz und einen offenen Verstand haben und völlig frei von jeglicher Ichbezogenheit sind, dann wird ihr Einfluss ausreichen, um die Grausamkeiten und Verbrechen des gegenwärtigen Zeitalters unmöglich zu machen. Vielleicht wird ein neues, goldenes Zeitalter anbrechen, für einige Zeit andauern und schließlich seiner eigenen Perfektion erliegen. Denn die Ebbe beginnt, wenn die Flut ihren höchsten Punkt erreicht hat.

FRAGEGibt es nicht so etwas wie permanente Vollkommenheit?

MAHARAJOh ja, doch sie beinhaltet alle Unvollkommenheiten. Es ist die Vollkommenheit unserer eigenen Natur, die alles ermöglicht und alles wahrnehmbar und interessant macht. Sie kennt kein Leid, denn nichts gefällt oder missfällt ihr, sie akzeptiert nichts und lehnt nichts ab. Schöpfung und Auflösung sind die beiden Pole, zwischen denen sie ihre sich ständig verändernden Muster webt. Wenn Sie von Vorlieben und Wünschen frei sind, dann gibt es nicht mehr die Bürde der Sorgen des Verstandes.

Frage: Doch ich bin nicht allein mit meinem Leid, es gibt auch andere Menschen.

Maharaj: Wenn Sie mit Ihren Sorgen und Ängsten beladen mit anderen Menschen zusammentreffen, dann vermehren Sie lediglich deren Sorgen. Befreien Sie sich zuerst selber von Ihren Leiden, denn erst dann können Sie darauf hoffen, ihnen zu helfen. Sie brauchen dann noch nicht einmal zu hoffen – denn allein Ihre Existenz wird die größte Hilfe sein, die ein Mensch anderen Menschen geben kann.

Kapitel 68

FRAGESie sagen, dass alles, was Sie sehen, Sie selbst sind. Des Weiteren sagen Sie, dass Sie die Welt genau wie wir sehen. Hier ist die heutige Zeitung mit all den schrecklichen Ereignissen, die geschehen sind. Da Sie selbst die Welt sind, wie können Sie ein solches Fehlverhalten erklären?

MAHARAJAn welche Welt denken Sie?

FRAGEUnsere gemeinsame Welt, in der wir leben.

MAHARAJSind Sie sicher, dass wir in der selben Welt leben? Damit meine ich nicht die Natur, das Meer und das Land, die Pflanzen und die Tiere. Die erzeugen keine Probleme, auch nicht der endlose Raum, die unendliche Zeit, die unerschöpfliche Kraft. Lassen Sie sich davon nicht in die Irre führen, dass Sie sehen, wie ich esse und rauche, lese und spreche. Mein Verstand ist nicht hier, mein Leben ist nicht hier. Ihre Welt der Wünsche und deren Erfüllungen, der Ängste und ihnen zu entfliehen, ist wahrlich nicht meine Welt. Ich nehme sie noch nicht einmal wahr, außer durch das, was Sie mir davon erzählen. Es ist Ihre private Traumwelt, und meine einzige Reaktion darauf ist, Ihnen zu raten, nicht mehr weiterzuträumen.

FRAGEDoch Kriege und Revolutionen sind doch gewiss keine Träume. Kranke Mütter und hungernde Kinder sind keine Träume. Auf unanständige Weise erworbener und missbrauchter Reichtum ist doch gewiss kein Traum.

MAHARAJWas denn sonst?

FRAGEEinen Traum kann man nicht mit anderen teilen.

MAHARAJAuch den Wachzustand nicht. Alle drei Zustände – Wachen, Träumen und Schlafen – sind subjektiv, persönlich und intim. Sie alle geschehen und sind enthalten in jener kleinen Blase im Bewusstsein, „Ich“ genannt. Die wirkliche Welt liegt jenseits des persönlichen Selbst.

FRAGESelbst oder Nicht-Selbst, Tatsachen sind real.

MAHARAJSelbstverständlich sind Tatsachen real! Ich lebe mit ihnen. Sie jedoch leben mit Vorstellungen, nicht mit Tatsachen. Tatsachen widersprechen sich niemals, während Ihr Leben und Ihre Welt voller Widersprüche sind. Widersprüche sind das Wahrzeichen des Falschen; das Reale steht niemals in einem Widerspruch mit sich selbst.

Sie beklagen sich zum Beispiel darüber, dass Menschen bitterarm sind, und trotzdem teilen Sie nicht Ihren Reichtum mit ihnen. Der Krieg vor ihrer Tür macht Ihnen Sorgen, doch Sie verschwenden kaum einen Gedanken daran, wenn er in irgendeinem fernen Land stattfindet. Das veränderliche Schicksal Ihres Ego bestimmt Ihre Werte: „Ich denke“, „Ich will“, „Ich muss“ werden zu etwas Absolutem.

FRAGEUnd trotzdem ist das Böse sehr real.

MAHARAJNicht realer als Sie selbst. Das Böse ist der falsche Umgang mit Problemen, die aus Missverstehen und Missbrauch entstanden sind – ein tödlicher Kreislauf.

FRAGEKann dieser Kreislauf durchbrochen werden?

MAHARAJEin falscher Kreislauf muss nicht durchbrochen werden. Es reicht völlig aus, ihn als das zu erkennen, was er ist – als nicht existierend.

FRAGEJedoch ist er immerhin so real, dass wir Demütigungen und Grausamkeiten hinnehmen und selbst verüben.

MAHARAJWahnsinn ist universell, aber ein gesunder Menschenverstand ist selten. Und trotzdem gibt es Hoffnung, denn sobald wir unseren Wahnsinn erkennen, sind wir auf dem Weg zur geistigen Gesundheit. Dies ist die Funktion des Gurus – uns den Wahnsinn unseres täglichen Lebens vor Augen zu führen. Das Leben macht Sie bewusst, doch der Lehrer macht Sie gewahr.

FRAGEMein Herr, Sie sind weder der erste noch der letzte Lehrer. Seit undenklichen Zeiten sind Menschen in die Realität vorgedrungen, doch unser Leben hat das kaum beeinflusst! Die Ramas und Krishnas, Buddhas und Christusse kamen und gingen, und trotzdem sind wir noch genau da, wo wir immer waren: Wir wälzen uns in Schweiß und Tränen. Was haben diese Größen vollbracht, deren Leben wir miterlebt haben? Was haben Sie getan, mein Herr, um die Versklavung der Welt zu lindern?

MAHARAJNur Sie alleine können das Böse ausmerzen, das Sie selbst erschaffen haben. Ihr eigener herzloser Egoismus ist die Wurzel all dessen. Bringen Sie zuerst Ihr eigenes Haus in Ordnung, und Sie werden feststellen, dass Ihre Arbeit getan ist.

FRAGEMenschen voller Weisheit und Liebe, die vor unserer Zeit lebten, haben die Vollendung erreicht, und das oft zu einem sehr hohen Preis. Was ist dabei herausgekommen? Ein Komet, wie hell er auch sein mag, macht die Nacht kein bisschen heller.

MAHARAJUm das beurteilen zu können, müssen Sie zuerst einer von ihnen werden. Ein Frosch im Brunnen weiß nichts von den Vögeln am Himmel.

FRAGEWollen Sie damit sagen, dass es zwischen dem Guten und Bösen keine Trennung gibt?

MAHARAJEs gibt keine Trennung, denn es gibt kein Gut und kein Böse. In jeder konkreten Situation gibt es lediglich das Notwendige und das Unnütze. Das Notwendige ist richtig, das Unnütze ist falsch.

FRAGEWer entscheidet das?

MAHARAJDie Situation entscheidet das. Jede Situation ist eine Herausforderung und erfordert die richtige Reaktion. Wenn die Reaktion richtig ist, dann hat man die Herausforderung bewältigt, und das Problem ist gelöst. Ist sie falsch, dann ist die Herausforderung nicht angenommen worden, und das Problem bleibt ungelöst. Es sind Ihre ungelösten Probleme, die Ihr Karma bilden. Lösen Sie sie auf richtige Weise, und seien Sie frei.

FRAGESie scheinen mich immer wieder auf mich selbst zu verweisen. Gibt es denn keine objektive Lösung für die Probleme der Welt?

MAHARAJDie Probleme der Welt wurden durch zahllose Menschen wie Sie selbst erschaffen, jeder erfüllt von seinen eigenen Begierden und Ängsten. Wer sonst als Sie selbst kann Sie von Ihrer persönlichen und sozialen Vergangenheit befreien? Und wie könnte das möglich sein, wenn Sie nicht die dringende Notwendigkeit erkennen, zuerst von den Wünschen und Begierden, die von Ihren Illusionen produziert wurden, frei zu sein? Wie können Sie wirklich helfen, wenn Sie selber Hilfe brauchen?

FRAGEUnd inwiefern haben die Weisen vergangener Zeiten geholfen? Inwiefern sind sie hilfreich? Zweifellos profitieren einige Individuen von ihnen, und ihr Rat und Beispiel bedeutet diesen Menschen sehr viel. Doch wie beeinflussen sie die Menschheit als Ganzes, die Gesamtheit des Lebens und des Bewusstseins? Sie sagen, Sie sind die Welt, und die Welt sind Sie selbst, doch inwiefern wirken Sie auf diese Welt ein?

MAHARAJWas für eine Auswirkung erwarten Sie?

FRAGEDie Menschen sind dumm, egoistisch und grausam.

MAHARAJDie Menschen sind auch weise, liebevoll und gütig.

FRAGEWarum herrscht dann nicht das Gute vor?

MAHARAJDas tut es doch – in meiner wahren Welt. In meiner Welt ist sogar das, was Sie als Böses bezeichnen, der Diener des Guten und somit notwendig. Es ist wie Furunkeln und Fieber, die den Körper von Unreinheiten befreien. Krankheiten sind schmerzhaft und manchmal sogar gefährlich, doch wenn man richtig mit ihnen umgeht, dann heilen sie.

FRAGEOder sie töten.

MAHARAJIn manchen Fällen ist der Tod die beste Lösung. Ein Leben kann schlimmer sein als der Tod, der nur selten eine unangenehme Erfahrung ist, auch wenn es anders aussehen mag. Daher sollten Sie die Lebenden bemitleiden, niemals die Toten. Dieses Problem, dass Dinge in sich selbst gut oder schlecht sind, existiert in meiner Welt nicht. Das Notwendige ist gut, und das Unnütze ist schlecht. In Ihrer Welt ist das Angenehme gut und das Leidvolle schlecht.

FRAGEWas ist notwendig?

MAHARAJZu wachsen ist notwendig, über etwas hinauszugehen ist notwendig. Das Gute für das Bessere zurückzulassen ist notwendig.

FRAGEWozu?

MAHARAJDas Ende ist der Anfang. Sie enden da, wo Sie begonnen haben – im Absoluten.

FRAGEWozu dann der ganze Ärger? Um wieder an den Anfang zurückzukommen?

MAHARAJWessen Ärger? Welcher Ärger? Bemitleiden Sie das Samenkorn, das wächst und sich vermehrt, um zu einem prächtigen Wald zu werden? Töten Sie ein Kind, um ihm die Probleme des Lebens zu ersparen? Was ist falsch mit dem Leben, mit immer mehr Leben? Entfernen Sie die Hindernisse auf dem Weg zum Wachsen, und all Ihre persönlichen, sozialen, ökonomischen und politischen Probleme werden sich in Luft auflösen. Das Universum als Ganzes ist vollkommen, und seine Teile, die nach Vollkommenheit streben, sind ein Ausdruck der Freude. Opfern Sie von ganzem Herzen das Unvollkommene für das Vollkommene, und all dieses Gerede von Gut und Böse wird aufhören.

FRAGEUnd trotzdem haben wir Angst vor dem Guten und hängen am Schlechten.

MAHARAJGenau das ist unsere Dummheit, die an Wahnsinn grenzt.

Kapitel 69

FRAGEIch hatte das Glück, mein ganzes Leben mit Heiligen zusammen sein zu können. Reicht das für die Selbstverwirklichung?

MAHARAJEs kommt darauf an, was Sie daraus machen.

FRAGEIch habe gehört, dass das befreiende Element von Satsang automatisch wirkt. So wie ein Fluss der Mündung zustrebt, so wird mich der subtile und stille Einfluss guter Menschen zur Realität führen.

MAHARAJEr wird Sie zum Fluss führen, doch überqueren müssen Sie ihn selbst. Friede kann ohne den Willen zum Frieden weder erlangt werden noch kann er von Dauer sein. Sie müssen sich um die Befreiung bemühen. Sie können zumindest mit großer Hingabe die Hindernisse aufdecken und entfernen. Wenn Sie Frieden suchen, dann müssen Sie sich darum bemühen. Sie werden ihn nicht erlangen, indem Sie einfach nur still sind.

FRAGEEin Kind wächst von ganz allein, es plant nicht zu wachsen und hat auch kein System. Es wächst nicht stückchenweise, eine Hand hier und dort ein Bein, es wächst als ein organisches Ganzes, und es wächst unbewusst.

MAHARAJWeil es frei von Vorstellungen ist. Sie können genauso wachsen, doch Sie dürfen sich nicht in Prognosen und Plänen verlieren, die aus Erinnerungen und Erwartungen entstanden sind. Es ist eine der Besonderheiten eines Gnanis, dass er sich nicht um die Zukunft kümmert. Ihre Sorge um die Zukunft kommt von der Angst vor dem Schmerz und dem Wunsch nach Freude. Für den Gnani ist alles Glückseligkeit. Er ist mit allem glücklich, das seines Weges kommt.

FRAGEAber es gibt doch gewiss Dinge, die auch einen Gnani unglücklich machen.

MAHARAJEin Gnani mag mit Schwierigkeiten konfrontiert werden, doch sie lassen ihn nicht leiden. Ein Kind aufzuziehen scheint eine harte Aufgabe zu sein, doch für die Mutter sind die Erinnerungen an die Schwierigkeiten eine Freude. Nichts ist falsch mit der Welt, es ist Ihre Sichtweise, die falsch ist. Es ist Ihre eigene Vorstellung, die Sie in die Irre führt. Ohne Vorstellungen gibt es keine Welt. Ihre Überzeugung, dass Sie sich einer Welt bewusst sind, ist die Welt. Die Welt, die Sie wahrnehmen, besteht aus Bewusstsein; was Sie als Materie bezeichnen, ist Bewusstsein. Sie sind der Raum (Akasha), in dem sie sich bewegt, die Zeitspanne, innerhalb der sie Bestand hat, und die Liebe, die ihr Leben einhaucht. Geben Sie die Vorstellungen und Verhaftungen auf, und was bleibt dann übrig?

FRAGEDie Welt bleibt, ich bleibe.

MAHARAJGewiss, doch alles wirkt völlig anders, wenn Sie es sehen wie es ist, und nicht durch den Schleier von Begierden und Ängsten.

FRAGEWozu sind all diese Unterscheidungen gut – Realität und Illusion, Weisheit und Unwissenheit, Weiser und Sünder? Jeder ist auf der Suche nach Glück, jeder kämpft verzweifelt, jeder ist ein Yogi und sein Leben eine Schule der Weisheit. Jeder lernt auf seine Weise die Lektionen, die für ihn notwendig sind. Manche werden von unserer Gesellschaft gebilligt und andere nicht. Es gibt keine Regeln, die überall und für alle Zeiten zutreffen.

MAHARAJIn meiner Welt ist die Liebe das einzige Gesetz. Ich bitte nicht um Liebe, ich gebe sie. Das ist meine Natur.

FRAGEIch sehe, wie Ihr Leben einer gewissen Struktur unterliegt. Sie geben morgens Anweisungen zur Meditation, halten regelmäßig einen Vortrag, und es finden Diskussionen statt. Zweimal am Tag gibt es Andachten (Puja) und am Abend religiöse Gesänge (Bhajans). Sie scheinen sich gewissenhaft an diese Routine zu halten.

MAHARAJDie Andachten und Gesänge gab es bereits vor meiner Zeit, und ich sah keinen Grund, sie zu ändern. Die generelle Routine ist auf die Wünsche der Menschen abgestimmt, mit denen ich zusammenlebe oder die zu den Diskussionen kommen. Sie sind berufstätig und haben viele Verpflichtungen, und daher ist der Zeitplan auf ihre Bedürfnisse abgestimmt. Eine gewisse regelmäßige Routine ist unvermeidlich. Selbst Tiere und Pflanzen haben ihren Zeitplan.

FRAGEDas stimmt, das ganze Leben ist von regelmäßigen Abläufen bestimmt. Wer hält diese Ordnung aufrecht? Gibt es einen inneren Herrscher, der die Gesetze macht und die Ordnung aufrechterhält?

MAHARAJAlles läuft entsprechend seiner eigenen Natur ab. Wozu braucht man einen Polizisten? Jede Handlung erzeugt eine Reaktion, welche die Handlung wieder ausgleicht und neutralisiert. Alles geschieht ganz einfach, doch hebt es sich auch ständig wieder auf, und am Ende ist es so, als ob nichts geschehen sei.

FRAGETrösten Sie mich nicht mit irgendwelchen endgültigen Harmonien. Die Rechnung geht zwar auf, doch zu meinen Ungunsten.

MAHARAJMoment mal, möglicherweise werden Sie am Ende einen Profit erzielen, der die Kosten rechtfertigt.

FRAGEIch habe ein langes Leben hinter mir, und manchmal frage ich mich, ob die vielen Ereignisse nur reiner Zufall waren oder ob sie nach einem Plan abgelaufen sind. Gab es schon vor meiner Geburt ein Muster, dem entsprechend ich mein Leben leben musste? Wenn ja, wer hat diese Pläne gemacht und wer hat sie ausgeführt? Gab es gewisse Abweichungen und Fehler? Manche behaupten, das Schicksal sei unabdingbar und jede Sekunde im Leben sei vorherbestimmt. Wieder andere behaupten, dass alles durch reinen Zufall geschieht.

MAHARAJSuchen Sie sich aus, was Ihnen gefällt. Sie können in Ihrem Leben ein Muster erkennen oder lediglich eine Kette von Zufällen. Erklärungen sind Futter für den Verstand, sie müssen nicht der Wahrheit entsprechen. Die Realität ist undefinierbar und unbeschreibbar.

FRAGEMein Herr, Sie weichen meiner Frage aus! Ich möchte wissen, wie Sie all das sehen. In allem, was wir betrachten, erkennen wir eine Struktur von unglaublicher Intelligenz und Schönheit. Wie könnte ich glauben, dass das Universum formlos und chaotisch ist? Ihre Welt, die Welt, in der Sie leben, mag zwar formlos sein, doch sie muss nicht chaotisch sein.

MAHARAJDas objektive Universum besitzt eine Struktur, es unterliegt einer Ordnung und hat eine gewisse Schönheit. Niemand kann das bestreiten. Doch Strukturen und Muster implizieren auch Beschränkungen und Zwänge. Meine Welt ist absolut frei, und alles darin ist selbstbestimmend. Daher sage ich immer wieder, dass alles aus sich selbst heraus geschieht. In meiner Welt gibt es auch eine Ordnung, doch sie ist nicht von außen auferlegt, sie ist spontan und augenblicklich, denn sie ist zeitlos. Vollendung ist nicht in der Zukunft. Sie ist jetzt.

FRAGEBeeinflusst Ihre Welt die meine?

MAHARAJNur an einem Punkt – im Jetzt. Das gibt ihr ein augenblickliches Sein, einen flüchtiges Gefühl von Realität. Im vollem Gewahrsein geschieht der Kontakt, und das erfordert mühelose, unbefangene Aufmerksamkeit.

FRAGEIst Aufmerksamkeit nicht eine Einstellung des Verstandes?

MAHARAJJa, wenn der Verstand auf die Realität erpicht ist, dann ist er voller Aufmerksamkeit. Nichts an Ihrer Welt ist verkehrt oder falsch. Dass Sie glauben, von ihr getrennt zu sein, erzeugt das Durcheinander. Der Egoismus ist die Wurzel allen Übels.

FRAGEIch möchte auf meine Frage von vorhin zurückkommen. Hat mein inneres Selbst, bevor ich geboren wurde, bereits die Details meines Lebens festgelegt, oder war es völlig zufällig und auf Gedeih und Verderb der Vererbung und den Umständen ausgeliefert?

MAHARAJDiejenigen, die von sich behaupten, sie hätten sich ihren Vater und ihre Mutter ausgesucht und entschieden, wie sie ihr nächstes Leben leben werden, wissen das möglicherweise von sich. Ich weiß nur für meinen Teil, dass ich niemals geboren wurde.

FRAGEIch sehe, wie Sie vor mir sitzen und meine Fragen beantworten.

MAHARAJSie sehen lediglich den Körper, der selbstverständlich geboren wurde und sterben wird.

FRAGEEs ist die Lebensgeschichte Ihres Körper-Verstands, an der ich interessiert bin. Wurde sie von Ihnen oder jemand anderem bestimmt, oder war sie ein Zufall?

MAHARAJIhre Frage hat einen Haken. Ich mache keinen Unterschied zwischen dem Körper und dem Universum. Beide sind jeweils die Ursache des anderen; jedes ist in Wahrheit der andere. Doch ich bin außerhalb all dessen. Wenn ich Ihnen sage, dass ich niemals geboren wurde, warum stellen Sie mir dann Fragen darüber, wie ich mich auf das nächste Leben vorbereitet habe? Sobald Sie Ihrer Fantasie freien Lauf lassen, erschafft sie augenblicklich ein ganzes Universum. Es ist überhaupt nicht so, wie Sie es sich vorstellen, und für mich sind Ihre Vorstellungen bedeutungslos.

FRAGEUm einen lebendigen Körper zu erschaffen und aufrechtzuerhalten, ist Intelligenz und Energie vonnöten. Woher kommen sie?

MAHARAJDas sind alles nur Vorstellungen, und die Intelligenz und Kraft werden gänzlich von Ihren Vorstellungen absorbiert. Sie haben sie so vollständig absorbiert, dass Sie gar nicht mehr erkennen, wie weit Sie sich von der Realität entfernt haben. Vorstellungen sind zweifellos sehr kreativ. Universen über Universen werden daraus erschaffen, und trotzdem sind sie alle innerhalb von Raum und Zeit, Vergangenheit und Zukunft, welche gar nicht existieren.

FRAGEIch habe vor kurzem einen Bericht über ein kleines Mädchen gelesen, das in ihrer Kindheit sehr grausam behandelt wurde. Sie war schwer verstümmelt und entstellt und wuchs in einem Waisenhaus auf, völlig ihrer Umgebung entfremdet. Das kleine Mädchen war still und folgsam, doch völlig gleichgültig. Eine der Nonnen, die sich um das Kind kümmerte, war davon überzeugt, dass das Mädchen keineswegs geistig zurückgeblieben war, sondern lediglich verschlossen, teilnahmslos. Ein Psychologe wurde beauftragt, den Fall zu übernehmen, und volle zwei Jahre lang traf er das Kind jede Woche und versuchte die Mauer der Isolation zu durchbrechen. Sie war sanftmütig und artig, doch sie ließ sich nicht auf ihren Therapeuten ein. Schließlich brachte er ihr ein Puppenhaus mit Zimmern, Möbeln und Puppen, die ihren Vater, ihre Mutter und ihre Geschwister darstellten, und das erzeugte in ihr schließlich eine Reaktion, das Mädchen zeigte zum ersten Mal Interesse. Eines Tages brachen die alten Wunden wieder auf und die Verletzungen kamen zum Vorschein. Langsam erholte sie sich, und mehrere Operationen gaben ihr wieder ein Gesicht und einen normalen Körper, die sie schließlich in eine tüchtige und attraktive junge Frau verwandelten. Fünf lange Jahre arbeitete der Therapeut mit ihr, doch dann war seine Arbeit getan. Er war ein wahrer Guru! Er stellte keine Bedingungen und redete nicht von Bereitschaft und Berechtigung. Nicht aus Glaube oder Hoffnung, nur aus reiner Liebe versuchte er es immer wieder.

MAHARAJ