Leonora Mitchel und Nika S. Daveron gewidmet. Eure Namen stehen im Duden unter »weltbesteste Freunde der Welt«. Wie bitte? Steht da nicht? Dann liegt’s am Duden, nicht an euch.
25. September 1689 AD
Richards 31. Regierungsjahr
Es gab einen Gott, daran glaubte Eliza Sawyer aus tiefstem Herzen. Doch die Tatsache allein, dass er existierte, bedeutete ebenso, dass auch der Teufel sein Unwesen trieb. Sie kannte sein Gesicht, und welch ein hübsches Antlitz er trug!
Er konnte sie nicht täuschen, nicht mehr, seit sie wusste, wie gut er sich zu tarnen vermochte. War es mit dem Bösen in der Welt nicht immer so? Hatte nicht der scheußliche Dämon vor Jahren ausgesehen, als wäre er geradewegs mit weißen, glänzenden Flügeln aus den Himmelsgefilden herabgeschwebt? Und hatte seine Stimme nicht ebenso samtig geklungen, so als wäre es ihr Wohl, das ihm am Herzen lag?
Nein, Eliza war nicht mehr das unbedarfte Kind, das vor sieben Jahren plötzlich in die Angelegenheiten der Inquisitoren und dunklen Mächte verwickelt worden war. Mit fast achtzehn war sie nicht mehr so naiv zu glauben, dass Schönheit und Reinheit Hand in Hand gingen, Menschen, die vom Schicksal mit Wohlstand gesegnet waren, über ein reines Gewissen verfügten, oder Kreaturen der Hölle auch aussahen, als wären sie selbiger entsprungen.
Mochten die Züge des Verführers auch noch so ebenmäßig wirken, seine Haare im Schein der Kerzen hell wie der lichte Tag aufleuchten oder seine Zunge in Honig getränkt sein – es waren seine Taten, die von der Dunkelheit seiner Seele zeugten.
Sie hatte erlebt, wozu er und seine Leute fähig waren. Hatte mit eigenen Augen die grausamen Spuren der Vernichtung gesehen, konnte noch immer den metallenen Geschmack vom Blut ihrer Opfer auf der Zunge schmecken, glaubte das Summen der Fliegen zu vernehmen, die sich über dem Ort des Todes zu einem Festmahl versammelten. Er war im Inneren so verrottet, wie er äußerlich perfekt war, und sie musste diesen Gedanken festhalten, ohne sich von dem Gift seiner Worte beeinflussen zu lassen. Sie konnte nicht vergessen, wer Freund und wer Feind war, wer stets zu ihr gehalten und alles riskiert hatte, um sie in Sicherheit zu bringen.
Derselbe Mann, der sich jetzt auf der anderen Seite befand.
Derselbe Mann, der ihr kaum einen flüchtigen Blick gönnte, obwohl eine Bestie sie bedrohte, die des Dolches, der an ihrer Kehle lag, kaum bedurfte.
Derselbe Mann, der das Schwert, das auf ihren Gegner gerichtet war, sinken ließ.
Derselbe Mann, der schließlich nickte und die verhängnisvollen Worte sprach. »Ich bin einverstanden.«
14. Juni 1683 AD
Richards 25. Regierungsjahr
Sie war elf, als sie ihn das erste Mal traf. Es war alles andere als ein freundschaftlicher Beginn.
Eliza sah den alten Mann zuerst. Eigentlich wäre es die Aufgabe der Jungs gewesen, ihn zu erspähen, doch die waren damit beschäftigt zu rangeln. Sie schubsten sich hin und her und versuchten, sich über eine Linie zu drängen, die sie in den Staub gezogen hatten.
»Da kommt jemand!«, rief sie gedämpft. »Hört auf!«
Zumindest reagierten Murry und Ryan sofort und besannen sich ihrer Pflichten. Eliza kletterte ein Stück die felsigen Steinbrocken hinauf, die den Pfad zum Dorf begrenzten, und beobachtete den Fremden. Sie hatte Zeit, über ihn nachzudenken, denn er bewegte sich langsam, mit schlurfenden Schritten und gesenktem Kopf. Sein Gesicht konnte sie nicht erkennen, da er einen schwarzen Umhang trug und die Kapuze übergestülpt hatte. Sie fragte sich, ob er sich verirrt hatte. Laingyard lag so weit abseits jeglicher Handelsstraßen und anderer Siedlungen, dass es nur selten jemanden zu ihnen verschlug, und dies waren entweder Leute, die genau wussten, wohin sie wollten, oder die wenigen, die vom Weg abgekommen waren. So oder so waren Fremde nicht erwünscht. Niemand behandelte sie offen feindselig, doch mit einem ordentlichen Maß an Misstrauen. Noch immer nistete in den Köpfen der meisten Einwohner das Entsetzen über die Säuberungswelle, die vor mehr als anderthalb Jahrzehnten stattgefunden hatte.
Eliza war zu jung, um diese Ereignisse erlebt zu haben. Sie hatte nur davon gehört, doch sie war alt genug, um die Angst und den Hass zu erkennen, mit denen die Erwachsenen von Richard, dem Lordprotektor, sprachen. Oliver Cromwell mochte ein blutrünstiger Bastard gewesen sein, wie Murrys Vater, Mister Boyce, zu sagen pflegte, bevor seine Frau ihn mit einem Blick auf ihre Kinder zum Schweigen brachte. Eliza hatte nichts gegen solche Ausdrücke, im Gegenteil, sie fand es aufregend und gewagt, wenn jemand den Herrscher des Landes so nannte, selbst wenn er mittlerweile tot war. Doch was sie von dem jetzigen Lordprotektor erzählten, war ausreichend, um sich so manche Nacht unter ihrer Decke zu verkriechen, die Augen zu schließen und sich zu wünschen, dass Laingyard für alle Zeiten unsichtbar bliebe. Oliver Cromwell war mit harter Hand gegen Könige und Katholiken vorgegangen, doch sein Sohn fand, dass es nicht genug sei, Aufrührer und Königstreue niederzuschlagen, es galt, auch die Gotteslästerer zu vernichten. Laingyards Bewohner pflegten daher 1666 als das Blutjahr zu bezeichnen, als Richard im ganzen Land bekannte Magier zusammentreiben und verbrennen ließ. Scheiterhaufen, die bis zum Himmel loderten und die Nächte dunkelrot färbten, so erzählte es Gavin, der Dorfälteste und Druide. Menschen mit magischem Blut flüchteten und ließen alles zurück, was sie besaßen. Sie wurden zu Ausgestoßenen, Gesetzlosen, Vogelfreien. Natürlich war das vor Elizas Geburt passiert, doch Laingyards Bewohner hatten ihren Kindern beigebracht, wachsam und vorsichtig zu sein. Nicht umsonst befand sich das Dorf inmitten des schottischen Hochlandes, umgeben vom Lichten Wald, der trotz seines Namens nur selten helle Orte aufwies, und direkt am Fuße des Ben Nevis’. Der Berg ragte wie ein finsterer Beschützer über ihrer Siedlung auf und bot mit seinem dunklen, endlosen Höhlensystem eine perfekte Rückzugsmöglichkeit für all jene, die sich auskannten. Trotzdem wurden die älteren Kinder und Jugendlichen des Dorfes als Wächter zu dem einzigen Handelsweg geschickt, der existierte, und obwohl das eine langweilige Beschäftigung war, hatte es durchaus einen Sinn. Eliza war nicht alt genug, um schon Wache halten zu dürfen, aber sie hatte es sich nicht nehmen lassen, ihre Freunde zu begleiten.
Die Jungs standen aufrecht und warteten geduldig, bis der Mann bei ihnen angelangt war.
»Bleibt stehen, Sir«, sagte der rothaarige Murry, der es immer übernahm zu sprechen. Für seine vierzehn Jahre war er groß und kräftig, und es würde nicht mehr lange dauern, bis ihn die Gemeinschaft als Erwachsenen anerkannte. Eliza zog ihre Beine ein Stück zurück und umklammerte den Druidenstab. Gavin hatte ihr diesen anvertraut und angeordnet, ihn immer mit sich zu führen. Sie versuchte, den Fremden genauer anzusehen, doch die Kapuze verdeckte sein Gesicht vollständig. Verstand er sie überhaupt? »Ich muss Euch fragen, wer Ihr seid und was Euch in diesen Teil des Landes verschlägt.« Murry klang wie ein richtiger Mann, selbstbewusst und fest. Ein Krächzen drang unter der Kapuze hervor, und Eliza erkannte, dass es ein Lachen darstellte. Der Wanderer hob den Kopf und richtete seinen Umhang. Sie bemerkte eisgraue, buschige Brauen und ein Augenpaar, dessen Farbe sich nur unwesentlich davon unterschied.
»Welch interessante Gemeinschaft hier vor mir steht«, sagte er. Seine Stimme war brüchig und knirschte, als würde sich Sand in seiner Kehle reiben. »Zwei prächtige junge Männer und …« Er legte den Kopf schief und musterte Eliza. Sie hatte das Bedürfnis, noch ein Stück höher zu klettern. »Eine junge Lady, keck wie ein kleiner Wechselbalg. Bist du ein Wechselbalg, Siofra?« Der Fremde blickte sich um, als erwartete er jeden Moment, Elfen hinter den Steinen hervorspringen zu sehen.
Er machte sich über sie lustig! Eliza spürte, dass ihr Röte in die Wangen schoss, und sie schob trotzig das Kinn vor. »Ich heiße nicht Siofra!«, erklärte sie deutlich, jedes Wort akzentuiert.
Murry mischte sich ein. »Es ist nicht wichtig, wer wir sind, Sir. Bitte sagt mir, wer Ihr seid und was Euch herführt! Ich kann Euch sonst nicht durchlassen.«
Ein Lächeln, das nicht annähernd seine Augen erreichte, machte sich auf den Lippen des Mannes breit. »Dies ist das Land unseres Herrn, des Lordprotektors. Außer ihm bin ich niemandem Rechenschaft schuldig, Junge.«
Murry holte tief Luft und pumpte sich auf, doch Ryans Hand an seiner Schulter hielt ihn zurück. »Ich bedaure diese Unannehmlichkeiten, Sir. Aber ich werde Euch nicht gestatten, hier weiterzugehen, wenn Ihr meine Fragen nicht beantwortet. Nennt mir Euren Namen und Euer Begehr oder dreht um. Und bevor Ihr darüber lacht, möchte ich Euch warnen. Wir wissen damit umzugehen!« Er deutete auf den Stab, den Eliza in seine Richtung hielt.
Der Fremde nickte. »Beeindruckend«, murmelte er heiser. »So viel Magie in der Luft! Und ein Druidenstab in den Händen eines kleinen Mädchens. Die Welt steht am Abgrund.« Diese Aussicht schien ihn nicht sonderlich zu stören, sein unangenehmes Lächeln wurde breiter.
Eliza schrak zusammen und schaffte es nur mit äußerster Selbstbeherrschung, nicht zusammenzuzucken. Konnte er tatsächlich die Magie fühlen oder bluffte er? Dass sie einen Druidenstab in der Hand hielt, vermochten viele zu erkennen, denn nach den Säuberungsaktionen waren genügend Leute in den Besitz solcher Gegenstände gekommen, die nichts damit anfangen konnten. Doch wenn er die Magie, die in ihren Adern floss, spüren konnte, war er nicht nur ebenfalls magisch, sondern sensitiv. Und sie wusste, was Gavin immer wieder predigte: Der Lordprotektor setzte damals wie heute Sensitive ein, um Magier aufzuspüren. Er verschonte sie, wenn sie dafür das Leben anderer vernichteten. Sie wurden in den Rang eines Inquisitors erhoben, mit der Macht, über Leben und Tod zu gebieten. Nichts hassten Magier mehr als jene Verräter aus ihren eigenen Reihen.
»Ein Inquisitor?«, spie Murry verächtlich aus. »Geht nach Hause, alter Mann. Wir dulden Euresgleichen nicht.«
Ryan blieb stumm, schob sich jedoch ein paar Zentimeter vor. Sein von der Sonne gebräuntes, hübsches Gesicht blieb unbewegt, doch die dunklen Augen waren wachsam auf den Fremden gerichtet.
»Ich möchte jemanden in Laingyard besuchen«, antwortete der Mann sanft. Jegliches Krächzen und der leichte Spott waren aus seiner Stimme verschwunden. Eliza kniff die Augen zusammen. Wieso hatte sie das Gefühl, dass er zornig wurde und drohte? Sie sah zu Murry, in dessen Augen Ratlosigkeit stand. Trotz seiner herrischen Worte schien auch er die Gefahr zu spüren, die Eliza wie mit kalten Fingern über das Rückgrat kroch.
»Ich unterbreite euch einen Vorschlag«, fuhr der Fremde bedächtig fort. »Du, Junge …« Er nickte Murry zu. »… läufst ins Dorf und holst euren Druiden. Dafür werde ich hier warten und deinen Freunden nichts tun.«
Murrys Gesicht flammte in einem dunkleren Rot auf, als es selbst seine Haare zeigten. Er war größer als der alte Mann, seine Schultern breiter, und er übernahm oft Verantwortung für seine jüngeren Geschwister und Eliza. Wie sie ihn kannte, hatte er bestimmt nicht vor, sich herablassend oder wie einen Laufburschen behandeln zu lassen. Zwar war seine Magie nicht so ausgeprägt wie die der Erwachsenen, aber Eliza hatte den Druidenstab, und Murry würde in der Lage sein, Energie von ihm zu ziehen. Seine Fingerspitzen berührten sanft das alte Holz, und Elizas Hand begann zu kribbeln, als die altbekannte Kraft des Stabes von ihr zu ihm strömte.
Der Fremde beobachtete diese kleine Bewegung mit wissenden Augen. Elizas Magen verknotete sich, als sie bemerkte, dass Murrys Zorn überkochte. Inquisitor oder nicht, er würde ihn nicht nach Laingyard lassen. »Ihr verschwindet jetzt«, blaffte er, »und ich verspreche, ich werde Euch nichts tun!«
»Kinder sind immer so berechenbar.« Der Mann richtete sich auf und warf die Kapuze ab. Obwohl er sich nicht weiter bewegte, keinen Magie- oder Druidenstab in der Hand hielt, veränderte sich sein Gesicht. Die Falten zogen sich zurück, die Wangen wurden schmaler, die buschigen Augenbrauen formten sich zu schwarzen Bögen, die sich über dunkelblaue Augen erhoben. Er überragte sie alle, und er war weder alt noch schwach. Der Mann hatte eine beeindruckende Demonstration seiner magischen Stärke gezeigt, und Eliza hätte ihn zu gern gefragt, wie er das getan hatte, doch sie bekam keine Gelegenheit dazu.
Murry, aufs Äußerste wütend und gereizt, schleuderte einen Abwehrzauber auf den Fremden. Zumindest versuchte er es. Er hatte nicht annähernd genügend Magie von Elizas Stab gesammelt und seine Bewegungen waren noch nicht einmal beendet, als er gestoppt wurde – von einer unsichtbaren Hand, die ihn packte und mehrere Meter weit zurückwarf. Unsanft prallte er auf dem trockenen, schmalen Weg auf. Eliza und Ryan erstarrten im wahrsten Sinne des Wortes. Sie hatten sich nicht zurückhalten und die Niederlage ihres Freundes kampflos hinnehmen wollen, doch sie konnten keinen Muskel mehr rühren. Eliza schien es, als wäre sie versteinert. Ihr Gehirn befahl ihr, sich zu wehren, doch ihr Körper verweigerte ihr jeden Dienst.
»Verdammt, tut etwas!«, brüllte Murry und rappelte sich auf. Sein Gesicht verzog sich vor Schmerz.
»Sie können nicht«, erklärte der Fremde im Plauderton und tippte den Druidenstab an, der Elizas versteinerten Fingern entglitt und vor ihm auf den Boden fiel. Er trat einen Schritt zur Seite, fuhr mit der Spitze seines ledernen Stiefels unter den Stab und stieß ihn nach oben, um ihn gelassen aufzufangen. Interessiert betrachtete er die Schnitzereien und schien sich keine Gedanken um Murry zu machen, der sich wie ein Raubtier anschlich. Bevor der Junge jedoch zum Sprung ansetzen konnte, richtete er den Stab auf ihn. »Ich habe die Bewegungsfähigkeit deiner Freunde eingefroren. Wie unklug wäre es, wenn dir das Gleiche passierte?«
Man sah Murry seinen inneren Kampf regelrecht an. Ohne Ryans Rat fühlte er sich unsicher, das wusste Eliza. Ihm war klar, dass der Inquisitor gerade die Oberhand besaß, nur nicht, was er dagegen unternehmen sollte.
»Wie ich vorhin sagte: Ich tue ihnen nichts. Weder deinem Freund noch dem kleinen Wechselbalg. Dafür läufst du ins Dorf und schaffst den Druiden her.« Die Lippen des Mannes kräuselten sich. »Sieh es so: Du kannst eine ganze Armee aufbringen, wenn du möchtest, Hauptsache, der Dorfälteste ist dabei. Also lauf, eil dich, Bursche!«
Die Fäuste des Rotschopfs schlossen und öffneten sich, und er hatte ganz augenscheinlich Mühe, seine Blicke von dem Fremden und seinen erstarrten Freunden zu wenden. Eliza hätte ihm so gern versichert, dass sie noch lebten, dass sie nicht versteinert waren, aber sie konnte nicht einmal mit den Wimpern zucken.
»Komm schon, je schneller du losläufst, desto eher bist du zurück. Du willst doch deine Freunde nicht ewig in dieser Position verharren lassen? Ich habe mir sagen lassen, dass man hinterher Nacken- und Rückenschmerzen hat.« Offensichtlich amüsierte sich jemand prächtig, und dieser Jemand war nicht Murry. Hasserfüllt starrte er den Mann an, wandte sich um und trabte los.
Eliza rechnete jede Sekunde damit, dass der Fremde ihm einen Fluch hinterherjagte. Doch nichts passierte. Bald verschwand Murry hinter einer Wegbiegung.
Da auch Ryan genau in ihrem Blickfeld stand, konnte sie beobachten, dass er plötzlich taumelte, bevor es ihm gelang, sein Gleichgewicht wiederzufinden.
»Du kannst deinem Freund folgen«, sagte der unheimliche Fremde und bewegte auffordernd die Hand. Es schien, als könnte er seine Zauber nach Belieben und ohne jede Erdung vornehmen.
Ryan schüttelte den Kopf.
»Nein? Wieso nicht?« Der Mann sah ihn erstaunt an.
»Ich lasse meine Freundin nicht mit Euch allein.«
Er wurde gemustert. Ausgiebig. »Sieh mal, Junge …«
»Mein Name ist Ryan! Ryan O’Donnell.« Er klang so wütend, wie Eliza sich fühlte, und mindestens ebenso überfordert. Er war dreizehn, und es war das erste Mal, dass er etwas Wichtiges ohne Murry entscheiden musste.
»Sehr erfreut, Ryan Ó Dónaill.« Der Mann sprach seinen Namen Gälisch aus und verbeugte sich knapp, ohne ihn aus den Augen zu lassen. »Aber dir ist bewusst, dass du mich an nichts hindern könntest? Du bist kein Schwächling, aber deine Magie ist …« Er überlegte kurz. »… noch nicht sehr ausgeprägt.«
Das klang fast so, als würde er sich bemühen, nett zu ihm zu sein. Eliza traute ihm keine Sekunde.
»Seid Ihr bereit, mich zu töten, um Eliza zu behalten? Sie ist kein Wechselbalg, das schwöre ich bei meiner Ehre! Ihr könnt also nichts gewinnen, wenn Ihr versucht, sie bei den Elfen einzutauschen.« Ryan blickte dem Mann in die Augen und bemühte sich, ruhig zu atmen. Es fiel ihm sichtlich schwer.
»Ihr Name ist also Eliza.« Der Mann sah zu ihr, wie sie still und bewegungsunfähig auf dem Felsen hockte, und schien zu grübeln. »Ich kann mich an dich erinnern, Ryan Ó Dónaill, und möglicherweise sogar an deinen ungestümen Freund, wenn ich auch zugebe, dass ihr wohl zu klein wart, um zu wissen, wer ich bin. Aber sicher ist: Wäre dieser kleine Wechselbalg damals schon in eurem Dorf gewesen, hätte ich es gespürt. Sie ist stark.« Er sah Ryan an. »So stark, dass sie bereits begonnen hat, meinen Bann zu lösen. Beeindruckend.«
Ihr Freund wandte sich ihr zu, doch sie konnte ihm kein Zeichen geben. Wider Willen war sie bestürzt. Der Mann musste auf jeden Fall ein starker Sensitiver sein, wenn er so genau ihre magischen Begabungen einzuschätzen vermochte.
Ryan schob sich vor sie. »Sie ist kein Wechselbalg«, wiederholte er. Jeder wusste, was Wechselbälger waren: Feenabkömmlinge, Elfenbrut. Unterirdische, die Müttern mit neugeborenen Babys untergeschoben wurden, während die Elfen die Menschenkinder stahlen. Jemand, der als Wechselbalg angeklagt wurde, konnte noch immer ganz schnell auf einem Scheiterhaufen landen. Es war aber auch allgemein bekannt, dass man sie bei den Elfen für viel Gold eintauschen konnte. War der Inquisitor deshalb hier? Hatte es sich herumgesprochen, dass Eliza gelegentlich unkontrollierte Magieausbrüche hatte? Das war nicht möglich, versuchte sie sich zu beruhigen.
Niemand hatte in letzter Zeit Laingyard verlassen, kein Fremder hatte sie besucht. Und diese Ausbrüche waren auch fast nur in Ryans und Murrys Anwesenheit passiert. Sie hatte das Gefühl, dass es durchaus mit den Situationen zusammenhängen könnte, in die sie sich zu diesen Zeiten manövriert hatten. Der Dorfälteste hatte Eliza schon vor längerer Zeit befohlen, nur mit seinem Druidenstab fortzugehen, denn der schien ihre Magie zumindest lenken und fokussieren zu können.
»Ich lüge nur, wenn ich mir etwas davon verspreche, Ryan Ó Dónaill«, sagte der Mann und tippte sich nachdenklich mit den Fingerspitzen gegen das Kinn. »Ich sagte, ich tue euch nichts. Also dreh dich um und betrachte deine Freundin genauer. Du wirst sehen, dass sie bereits ihre Augen unter Kontrolle hat und das weidlich ausnutzt, um mich anzufunkeln. Wahrscheinlich kann sie schon wieder hören, und wenn sie sich weiterhin konzentriert, wird sie bald den kleinen Finger bewegen können.« Ob ihr Freund ihm glaubte, war nicht zu erkennen. Er wandte den Kopf und begegnete tatsächlich ihrem hitzigen Blick. Uh, war sie wütend! Wenn sie so zornig war, ging meistens etwas in ihrer Nähe kaputt. Sie horchte auf, als Stimmen erklangen. Anscheinend war dem Mann nicht bewusst gewesen, dass sie die ganze Zeit hatte hören können.
Endlich! Sie würde aus dieser schrecklichen Situation befreit werden. Es war ihr zutiefst peinlich, dass sie sich zu dritt von einem einzigen Mann hatten überwältigen lassen, aber sie war trotzdem froh, nicht mehr allein mit ihm und Ryan zu sein.
Murrys Rotschopf bog um die Ecke, ihm folgten mehrere Dorfbewohner. Eliza atmete auf, als sie die große, kräftige Gestalt des Druiden bemerkte, der trotz seines verkrüppelten Beines nicht langsamer als die anderen vorankam. Eine kurze Handbewegung des Ältesten hielt die Dorfbewohner zurück, während er energisch auf Ryan, Eliza und den Fremden zuhinkte.
Der spielte mit dem Druidenstab, drehte ihn hin und her und wartete, bis der alte Mann ihn erreicht hatte. »Gavin MacDaibhidh«, sagte er. »Mir scheint, dir ging etwas verloren, was ein kleiner Wechselbalg gestohlen hat.« Er reichte ihm den Stab mit einer formvollendeten Verbeugung.
Ohne Anzeichen von Ärger nahm Gavin seinen Stab entgegen. »Aidan Grimshaw. Ich hätte mir denken können, dass du dieses Chaos auslöst.«
Eliza presste die Lippen zusammen. Sie hatten recht gehabt – der Mann war ein Inquisitor. Und nicht irgendeiner, nein. Der Bluthund des Lordprotektors, der Grimm. Es gab Gerüchte über ihn, die man sich abends in der warmen Stube erzählte, wenn man sich ein wenig gruseln wollte.
Davon, dass ihm mehr Menschen zum Opfer gefallen waren als der Schwarzen Pest.
Davon, dass nicht einmal die Armeen des Lordprotektors mehr Leute getötet hatten, dass sein Gewissen so schwarz war wie sein Herz und sein Umhang. Eliza schielte auf besagten Umhang. Richtig, der war schwarz, wenn auch staubig von einer langen Reise, und er wurde von schweren, silbernen Schnallen zusammengehalten. Silberne Fäden begrenzten die Kapuze und den Halsausschnitt. Gab es auch in seinem Herzen noch silberne Stellen? Und warum wirkte Gavin nicht entsetzt? Tatsächlich betrachtete der Dorfälteste den Inquisitor, wie man einen lange vermissten Freund ansah – mit Interesse und Überraschung.
»Du bist alt geworden, Gavin«, verkündete Grimshaw.
»Du wirst es noch nicht bemerkt haben, aber das ist es, was die Zeit mit uns allen anstellt«, antwortete der Druide würdevoll. Ein kleines Lächeln spielte auf seinen Lippen. »Es ist trotzdem beruhigend zu wissen, dass du noch immer der gleiche vorlaute und arrogante Welpe bist wie früher. Und jetzt sei so freundlich und befreie mein Mündel aus ihrem Bann, bevor sich ihre jungen Freunde noch mehr Sorgen machen, als sie es ohnehin tun.«
Der Mann schüttelte den Kopf. »Nein. Nein, nein. Ich denke nicht. Sie schafft es allein, da bin ich mir ganz sicher.«
Gavins Augen weiteten sich und er starrte Eliza an. Sie kaute mittlerweile an ihrer Unterlippe, und wenn Blicke hätte töten können, wäre der Grimm schon lange zu Staub zerfallen. »Unglaublich«, hauchte er. »Ich habe noch nie erlebt, dass …«
»Eben«, bekräftigte Grimshaw leichthin.
Gavin MacDaibhidh drehte sich herum und wedelte mit den Armen. »Es ist alles in Ordnung. Geht zurück, wir folgen euch sofort.« Die Dörfler sahen nicht so aus, als würden sie Gavins Worten misstrauen, einige grinsten den Bluthund sogar an, bemerkte Eliza mit Entsetzen. Zurück blieben nur Murry, Ryan, Gavin, der Inquisitor und natürlich sie selbst.
»Er ist der Bluthund!«, murrte Murry und starrte den Fremden gehässig an.
»Genau!« Gavin lächelte.
»Er ist ein Inquisitor!«
»Stimmt auffallend.«
»Gavin!«
»Was ist denn, mein Junge?«
»Er hat Eliza gebannt!«
Gavin musterte das Mädchen. »Sie wird sich befreien.«
»Wie?«, wagte Ryan, sich einzumischen. »Sie kann sich nicht bewegen, sie hat keinen Druidenstab, sie hat keine Möglichkeit, sich mit der Magie der Erde zu verbinden.«
Grimshaw schüttelte den Kopf. »Und ihr nennt euch magisch?« Sein Blick schweifte zu dem Druiden. »Was bringt ihr den Kindern überhaupt noch bei?«
Murry lief schon wieder rot an. Eliza machte sich Sorgen darum, dass irgendwann sein Kopf vor lauter Wut platzen könnte.
»Wir sind keine Kinder!«, brüllte er, und Speichel flog aus seinem Mund. Die erhobene Hand Gavins hielt ihn davon ab, sich auf den Inquisitor zu stürzen, der provozierend die Augenbraue hob und es offensichtlich genoss, ihn wütend zu sehen.
Sein Blick wurde ernst, und er nickte Gavin zu. »Geht schon einmal vor, ich werde noch ein paar Worte mit der kleinen Siofra wechseln.«
»Warum nennt Ihr sie immer so?« Ryan war sichtlich ärgerlich.
Der Druide schob ihn sanft fort. »Siofra ist die korrekte Bezeichnung für eine kleine Elfe.«
»Oder einen Wechselbalg«, schloss Ryan.
»Das auch.«
»Ich bleibe hier«, sagte Ryan. »Ich lasse Eliza nicht mit einem Inquisitor allein, der sie für Elfenbrut hält.«
Überraschenderweise stimmte Grimshaw zu. »Ja, lass die Jungs ruhig hier, Gavin. Dann lernen sie vielleicht etwas.« Er stellte sich vor das Mädchen. »Kannst du mich hören, Siofra?«
Sie spürte, dass ihr Gesicht vor lauter Anstrengung, etwas zu erwidern, heiß wurde. Bestimmt war sie so dunkel angelaufen wie der Weiher inmitten des Lichten Waldes. »Ich. Heiße. Eliza!« Sie knirschte mit den Zähnen.
»Gut, gut«, sagte der Grimm erfreut. »Du bist wirklich ein Naturtalent, da es dir scheinbar niemand beigebracht hat. Beantworte meine Fragen, und du wirst schneller wieder aus dieser misslichen Lage befreit sein, ich verspreche es. Hast du bis jetzt Magie nur mit dem Druidenstab oder einem anderen Magiestab gewirkt?«
Ihre Augen wanderten hin und her auf der Suche nach Gavin, doch der hinkte bereits wieder in Richtung Dorf. »Ich nehme an, keine Antwort ist auch eine«, murmelte der Grimm. Sie überlegte, welchen Fluch sie ihm an den Hals werfen würde, sobald sie den Druidenstab wieder in ihren Besitz gebracht hatte. »Du hast also schon Magie benutzt. Freie Magie.«
Eliza schluckte ihren Stolz hinunter. Vorerst. »Ja! Nein! Ich habe sie nicht benutzt, sie brach einfach hervor, ich konnte sie nicht kontrollieren, sie nicht festhalten und nicht richten. Seid Ihr nun zufrieden, Sir? Lasst mich los!«
»Ich halte dich nicht, Mädchen. Du bist die Einzige, die dich bindet.«
Das Blut rauschte in ihren Ohren. Das war so gemein! Wenn sie doch nur wieder frei wäre! Und den Druidenstab hätte! Und größer wäre! Oh, sie würde ihm zeigen, dass sie nicht immer so wehrlos war.
Er beugte sich so weit vor, dass seine Stirn fast die ihre berührte. Er war groß genug, dass er sich nicht strecken musste, um sie auf ihrem erhöhten Platz auf den Steinen zu erreichen. Ein paar Haare lösten sich aus seinem Zopf und kitzelten an ihrer Wange.
»Hör mir zu, Siofra, und hör genau zu: Magie ist kein Talent. Sie ist keine Gabe. Es ist ein Teil von uns, ein Teil, der so natürlich zu uns gehört, dass wir nichts brauchen, was uns erdet, um sie in uns aufzunehmen. Magie- und Druidenstäbe mögen uns behilflich sein, doch sie bündeln und richten nur unsere Magie. Dir mag es unverständlich erscheinen, aber im Moment tust du mit deiner Wut genau das, was du sonst mithilfe des Stabes machst. Du konzentrierst deine Magie und zerstörst meinen Bann. Du musst nur in dich hineinhorchen und dem Ruf deines Blutes folgen, dann stößt du auf deinen inneren Quell. Du kannst ihn schmecken, weißt du?« Die letzten Worte flüsterte er nur, als teile er ihr ein Geheimnis mit.
Er wandte sich zum Gehen, hielt noch einmal inne, überprüfte den Himmel und schien mit sich zu debattieren. Eliza hoffte, er würde sie erlösen, doch das tat er nicht. Stattdessen schlüpfte er aus seinem Umhang und hängte ihn ihr über. »Es sieht nach Regen aus, Siofra. Und wenn es regnet, pflegt dein Volk hervorzukommen und kleine Menschenkinder zu stehlen. Wir wollen ja nicht, dass sie dich für ein Menschenkind halten und mitnehmen, oder?« Die Kapuze fiel ihr über die Augen, und sie konnte sein Gesicht nicht sehen, aber sie hörte deutlich das Lachen in seiner Stimme.
Er wandte sich ihren Freunden zu: »Besser, ihr bleibt dem kleinen Wechselbalg aus den Augen und lenkt sie nicht ab. Aber seid wachsam, Jungs. Wenn sie sich befreit, hat sie einen Moment lang keine Kontrolle über ihre Gliedmaßen, sie wird also da oben runterfallen. Wäre nett, wenn ihr sie auffangt.«
Alles, worauf sich Eliza konzentrieren konnte, war ihr Zorn. Noch nie hatte sie jemand so gedemütigt. Da kam dieser Fremde hierher, gab sich erst für einen alten, gebrechlichen Mann aus, wiegte sie in Sicherheit, und im nächsten Moment stand sie dem berüchtigtsten Inquisitor gegenüber, den der Lordprotektor zu bieten hatte. Nicht genug, dass er sie entwaffnete und wehrlos zurückließ, nein, im Gegensatz zu ihren Freunden musste sie weiterhin bewegungslos sitzen bleiben. Warum tat er das? Sie schloss die Augen und beobachtete, wie es in ihrem Inneren rot aufglühte. Sie sah nur Wut. Wie sollte sie unter diesen Umständen ihren Magiequell finden? Sie schmeckte Blut auf ihrer Zunge und hielt inne. Sollte das der ominöse Geschmack sein, von dem er geredet hatte?
Nein. Sie hat nur zu lange auf ihren Lippen gekaut vor Ärger. Trotzdem. Sie hatte das vage Gefühl, dass er die Wahrheit gesprochen hatte. Dass sie tatsächlich schon den Geschmack ihrer Magie gespürt hatte.
Immer, wenn sie ihre unkontrollierten Ausbrüche gehabt hatte.
Immer, wenn Ryan, Murry und sie in Gefahr geraten waren.
Immer, wenn ihre Magie sie auf meist schmerzhafte Weise geschützt hatte.
So wie in der letzten Woche. Murry hatte sie überredet, den Tierfriedhof zu betreten. So nannten sie eine Höhle im Ben Nevis, in der es von riesigen Bärenschädeln und anderen weißen, trockenen Knochen nur so wimmelte. An diesem Tag waren sie auf einen Bären gestoßen, der keineswegs tot war und der sich brüllend auf sie stürzte. Eliza sah das riesige, aufgerissene Maul mit den langen, schmutzig gelben Zähnen und konnte sich vor Schreck nur noch an Ryan und Murry festkrallen. Weg, nur weg, dachte sie. Im gleichen Moment explodierte eine Stichflamme vor ihren Augen und schleuderte sie weit in das Höhleninnere. Wo der Bär abgeblieben war, hatten sie nicht herausgefunden. Es hatte einige solcher Vorkommnisse gegeben, denn der Lichte Wald und der Ben Nevis bargen viele Gefahren.
Eliza versuchte, sich zu erinnern, einen Gedanken zu fassen zu bekommen, der ihr immer wieder entglitt. Das große Freisetzen von unkontrollierter Magie hatte sie jedes Mal so sehr erschöpft, dass sie sich nicht mehr auf den Beinen halten konnte, und doch hatte sie sich danach wie befreit gefühlt. Als hätte sie sich für ein großes Ziel eingesetzt und es schließlich erreicht. Als könnte sie jedes Ziel erreichen. Als würde die Sonne nach Monaten trüber und kalter Tage durch eine Wolkenwand brechen und ihr Gesicht wärmen. Sie hielt die Augen noch immer geschlossen und stellte sich vor, wie sie in dieser Wärme badete. Das rote Rauschen der Wut in ihren Adern wurde schwächer, verklang wie ein ferner Wildbach, der sich unter die Moose und das Grün des Waldes zurückzog. Sie lächelte, als sie der Wärme gestattete, in ihren unbeweglichen Körper einzudringen, etwas Helles, Klingendes in ihr zu berühren und freizusetzen. Ihr Herz schlug heftig, ihr Blut schäumte, Speichel sammelte sich in ihrem Mund, und sie schluckte.
Da war es. Er war ein arroganter, wahrscheinlich bösartiger Mann, dieser Inquisitor, aber er hatte recht gehabt. Sie konnte ihre Magie schmecken. Es war ein vertrauter Geschmack, zugleich herb und süß, voll schwerer Tiefe und schwebender Leichtigkeit, heller als Silber und dunkler als schwarzer Samt. Sie fiel mitten hinein in diesen Quell, der sich irgendwo in ihrem Inneren befand, furchtlos, gedankenlos, ohne Zweifel. Die Freiheit, die sie durchströmte, hatte sie noch nie vor der Anwendung von Magie empfunden, und für einen Augenblick schwelgte sie darin, war fast abgeneigt, den Bann zu lösen, um noch wertvolle Sekunden, Minuten darin einzutauchen.
Des Inquisitors Bann.
Mit ihrer wieder auflodernden Wut schäumte ihre Magie auf, leider nicht annähernd so kontrolliert, wie Eliza es vorgehabt hatte. Sie brach sich ihren Weg frei wie ein Feuer, das vom Wind entfacht wurde, zerschmetterte den fremden Zauber mit weitaus mehr Macht, als notwendig gewesen wäre, und schleuderte Eliza wie einen Spielball in die Luft. Ryan und Murry hatten nicht den Hauch einer Chance, sie von ihrem Sturz zu bewahren, denn es ging viel zu schnell. Der harte Aufprall riss ihr den Atem weg, und das Glücksgefühl, welches sich normalerweise nach einem Ausbruch einstellte, fehlte gänzlich. Alle Muskeln schmerzten, in ihrem Kopf hämmerte ein Schmied wütend und kunstlos auf einem Amboss herum.
»Eliza?«, fragte eine zögernde Stimme neben ihr. Ryan. Der liebe, brave, tapfere Ryan. Er kniete sich neben sie und strich ihr behutsam über das Haar. »Bist du in Ordnung?«
»Du hast es wirklich geschafft!«, rief Murry. »Du bist so ein verdammtes Wunder – ich wette, du könntest dem Inquisitor gewaltig in den Hintern treten!«
»Das mache ich!«, murmelte Eliza, obwohl sie sich im Moment nicht einmal einer Fliege hätte erwehren können, so ausgelaugt war sie. Sie drehte ihr Gesicht zur Seite, als sich harte Steinchen in ihre Haut bohrten, und kam auf die Knie. Ryan hielt ihr seine Hand hin.
»Sei vorsichtig«, sagte er.
Eine unnötige Aufforderung, denn Elizas Rücken schien in Flammen zu stehen, und ihre Beine zitterten vor Anstrengung, ihr Gewicht zu halten.
Murry schlang einen Arm um sie, als sie endlich stand. »Weißt du was? Ich kann dich auf den Rücken nehmen und nach Hause tragen.«
Sie schüttelte stur den Kopf. »Nein, das schaffe ich!« Sich tragen lassen? Unmöglich. Wenn Grimshaw sie sah, würde er wissen, dass er sie besiegt hatte. Eliza dachte nicht daran, ihm diese Genugtuung zu verschaffen.
Eine große Frau mit grauen Haaren und breiten Schultern erwartete sie am Dorfeingang. Sie war unruhig auf und ab gegangen, doch als sie die drei erblickte, straffte sie sich.
»Eliza!«, schimpfte sie und stemmte die Hände in die Hüften. »Wie oft muss ich dir noch sagen, dass es unschicklich ist, sich mit Jungs herumzutreiben?« Marsaili war die Halbschwester Gavins. Ihre magischen Fähigkeiten waren schwach ausgeprägt, aber sie kannte sich mit Tränken aus und sie wurde im ganzen Dorf als Heilerin geachtet. Dass sie außerdem die beste Köchin der Welt war, wie Murry, der sich regelmäßig selbst einlud, behauptete, schadete ihrem Ansehen mit Sicherheit nicht.
Murry nutzte schamlos ihre Schwäche für ihn aus. Mit einem breiten Lächeln machte er eine ausschweifende Handbewegung und deutete auf Eliza.
»Aber, Marsaili!«, schnurrte er. »Weißt du nicht, dass Eliza mal die beste und stärkste Magierin der Welt sein wird? Sie hat heute den Bann des Inquisitors gelöst!«
Marsaili blinzelte und sah angemessen beeindruckt aus. Ein stolzes Lächeln breitete sich kurz auf ihrem Gesicht aus, doch es verschwand so schnell, wie es gekommen war. »Bann hin oder her, es ist unschicklich für ein Mädchen, sich den ganzen Tag im Wald oder Gott weiß wo aufzuhalten und sich nur mit Jungs herumzutreiben. Das gehört sich nicht!«
Eliza wusste, dass sie sich Sorgen um sie gemacht hatte. Bestimmt hatten Gavin und der Inquisitor ihr erzählt, was vorgefallen war. Sie war nicht die Art Frau, die ihre Befürchtungen im Gesicht oder auf der Zunge trug, und so schimpfte sie lieber mit Eliza und ihren Freunden, anstatt etwas in dieser Richtung verlauten zu lassen. Marsaili drückte ihr den Druidenstab in die Hand. »Und Gavin hat gesagt, du sollst nicht ohne ihn unterwegs sein«, blaffte sie der Form halber.
Eliza lächelte nur. Genauso wie Ryan und Murry wusste sie, dass sich Marsaili lieber das Herz brechen ließe, als ernsthaft böse auf sie zu sein. Eliza grinste die Jungs übermütig an und schlüpfte aus dem Umhang Grimshaws, den sie noch immer trug. »Es ist bestimmt auch unschicklich, einen Erwachsenen zu verzaubern, oder, Marsaili?«, fragte sie und ließ ihre Augen groß und rund werden.
»Man sollte sich allgemein mit Flüchen gegen Menschen zurückhalten«, erwiderte die Heilerin.
»Dann ist es ja gut, dass der Umhang kein Mensch ist«, sagte sie befriedigt und richtete den Druidenstab darauf.
»Wag es ja nicht!«
Marsailis Drohung interessierte sie nicht. Eliza sann auf Rache, und da sie dem Inquisitor nichts anhaben konnte, richtete sie ihre ganze Wut auf sein Kleidungsstück. Der Magiequell in ihr war noch immer in Aufruhr, und es kostete sie daher nur geringe Konzentration, den ledernen Umhang so zu schrumpfen, dass er ihrer Größe entsprach.
»Eliza Sawyer!«, donnerte Marsaili. »Du wirst das sofort wieder in Ordnung bringen, hast du mich verstanden?«
»Zu spät«, sagte jemand neben Eliza und sie fuhr erschrocken herum, nur um sich zu fragen, wie es der Fremde geschafft hatte, sich so lautlos anzuschleichen. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie ihn an, und ihre Angst war nicht gespielt. Unruhig flackerte ihr Blick zu dem Umhang, der noch immer vor ihr lag. Aidan Grimshaw hockte sich auf die Fersen und betrachtete das Stück Leder, das einst ein teures Kleidungsstück gewesen war. »Hm«, murmelte er mit trügerischer Samtstimme, die Eliza nicht täuschte. »Ist dir bewusst, dass Leder ein recht unwilliges Material ist, das sich niemals zweimal wandeln lässt, Siofra?«
Eliza schluckte und trat unbewusst einen Schritt zurück. Und dann noch einen, als er fortfuhr: »Und kannst du dir vorstellen, dass dieser Umhang so viel Guinees gekostet hat, dass dein ganzes Dorf davon eine Woche gut leben könnte?«
Eliza spürte regelrecht, wie sie so stark erblasste, dass die Sommersprossen auf ihrer Nase hervortreten mussten. Blinzelnd starrte sie eine Weile auf den Umhang, bevor sie den Kopf hob und das Kinn vorschob. »Ich werde ihn bezahlen, Sir«, sagte sie fest. »Es wird lange dauern, doch ich verspreche es.«
»Oh, ja, du wirst bezahlen, kleine Elfenbrut. Ganz bestimmt sogar.« Grimshaw rieb über sein stoppliges Kinn und sah so aus, als hielte er nur mühsam ein Grinsen zurück, als sie ihn anfunkelte. »Nur interessehalber: Wie willst du das anstellen?«
Sie richtete sich hoch auf, was nicht allzu hoch war, wenn man es recht bedachte. »Das weiß ich nicht«, gab sie zu. »Aber ich werde mir etwas einfallen lassen.« Feierlich hob sie ihre Hand. »Ich schwöre, ich werde diesen Umhang bezahlen, und wenn es das Letzte ist, was ich tue. Und damit Ihr es wisst, Sir: Ich bin kein Wechselbalg. Ihr habt also kein Recht, mich mitzunehmen und auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen. Außerdem, wenn Ihr das tätet, könnte ich nie meine Schulden bei Euch begleichen!«
Sie krauste die Nase, straffte die Schultern und drehte sich herum, um steif und hölzern wie ein kleiner Soldat davonzumarschieren.
30. August 1685 AD
Richards 27. Regierungsjahr
Als sie sich zwei Jahre später wiedertrafen, lag ihr Aidan Grimshaw zu Füßen. Zumindest fiel er ihr vor die Füße, doch das machte es auch nicht besser.
Ausgerechnet an diesem Tag befand sich Eliza allein bei den Wachfelsen. Im Dorf wurde die Hochzeit von Murrys Bruder mit dem schönsten Mädchen Schottlands vorbereitet – zumindest sah Murry das so. Und Eliza musste zugeben, dass sie Kenna McKenzie um ihre helle Haut, die strahlenden grünen Augen und die wilden, dunkelroten Locken beneidete. Ein bisschen beneidete sie sie auch um Murrys Gesellschaft, denn obwohl er ihr keine Schmetterlinge im Bauch bereitete – was, wenn man Marsaili und den anderen Frauen glauben durfte, ein sicheres Zeichen für leidenschaftliche Liebe war –, so war er ihr bester Freund, neben Ryan selbstverständlich. Doch da sein Bruder einen eigenen Hausstand gründete und Murry ihm dabei half, würde er wohl kaum noch Zeit haben, mit ihr und Ryan durch die Wälder zu streifen, Wache zu halten oder Arbeiten in Laingyard zu verrichten. Nicht dass sie in der letzten Zeit viel dazu gekommen wären. Seit die Jungs als Erwachsene angesehen wurden, mussten sie auch Erwachsenenarbeiten verrichten, während Eliza entweder bei Gavin oder Michael, dem Geistlichen des Dorfes, Unterricht hatte, zusammen mit den anderen neun Kindern und Jugendlichen zwischen sieben und vierzehn Jahren.
Eliza seufzte. Dreizehn, fand sie, war ein undankbares Alter. Jeder verlangte von ihr, dass sie sich ihrem Alter entsprechend angemessen verhielt, was in Marsailis Augen bedeutete, dass sie nicht mehr mit ihren Freunden etwas unternehmen sollte, weil das kein Gebaren für eine junge Dame war. Auch die Tatsache, dass Eliza mehr Wild ins Dorf brachte als die Jagdgemeinschaften, beruhigte die Heilerin nicht. Natürlich war Wildbret für Bauern und Landbewohner nicht gestattet; es war das Privileg des Adels zu jagen und dieses Fleisch zu essen – doch Laingyard befand sich nicht umsonst am Ende der Welt, wie es Gavin nannte. Und nicht ohne Grund bewachten sie den Zugang zu ihrem Dorf. Notfalls musste alles, was das Auge eines Nichtbewohners misstrauisch machte, im Bruchteil von Sekunden verschwinden.
Wenn es nach Marsaili ginge, dachte Eliza missmutig, dürfte ich nur Kleider nähen und mit den Frauen die ganze Zeit darüber schwatzen, welcher Mann wohl um welche Frau demnächst buhlen wird. Es war nicht so, dass sie sich keine Gedanken um die Liebe oder Jungs machte, gewiss nicht. Immerhin waren ihre beiden Freunde männlich, und vor einem Jahr, als Murry von seiner ersten Reise zurückkam und verkündete, dass er bis über beide Ohren verliebt war, hatte sie Ryan überredet, das Küssen auszuprobieren. Sie hatten einen ganzen Nachmittag geübt, aber Eliza hatte noch immer nicht verstanden, warum diese Tätigkeit bei allen anderen so viel Begeisterung hervorrief. Es war bestenfalls langweilig und schlimmstenfalls ziemlich feucht. Ryan und sie hatten sich redlich bemüht, doch schließlich mussten sie beide zugeben, dass es kein weltbewegendes Erlebnis war. Natürlich hatten sie es für sich behalten, denn Marsaili wäre mit einem Herzstillstand tot umgefallen, wenn sie gewusst hätte, was sie getan hatten.
Eliza schrak aus diesen Überlegungen auf und sprang von dem Felsen, als sie einen Reiter entdeckte. Obwohl ihre Eltern Händler waren, die mit ihrem Karren durch ganz Britannien fuhren, hatte sie nur selten die Gelegenheit, Pferde zu sehen. Und schon gar nicht so ein riesiges! Es war schwarz und breit, als käme es direkt aus der Hölle, und Eliza hätte sich nicht gewundert, wenn Flammen aus seinen Nüstern geschossen wären. Seltsam war nur, dass das Pferd im Schritttempo lief und der Reiter, dessen Sachen so schwarz waren wie das Pferd, weit vornübergebeugt im Sattel hing. Eliza befürchtete, er könnte jeden Augenblick stürzen. Sie hielt den Druidenstab schräg vor sich. »Bleibt stehen!«, schrie sie – weniger aus der Befürchtung, er könne sie nicht verstehen, sondern vielmehr, weil dieses große Ungetüm ihr eine Heidenangst einjagte. Ihr Herz hämmerte gegen die Rippen, als Pferd und Reiter knapp vor ihr anhielten, und dann machte es geradezu einen Satz in ihre Kehle, als der Reiter, ohne ein Wort von sich zu geben, abrutschte und auf dem Boden aufschlug. Das dumpfe Geräusch seines Aufpralls jagte ihr einen Schauder über den Rücken. Das Pferd senkte müde den Kopf und begann lustlos ein paar der verdorrten Gräser zu zupfen, die im Schatten der Felsen ein karges Leben fristeten. Noch während Eliza überlegte, ob sie erst ihr Alarmsignal in Richtung Laingyard senden oder den Reiter untersuchen sollte, drehte sich das Pferd um und trottete langsam in die Richtung zurück, aus der es gekommen war. Der Reiter stöhnte unterdrückt und versuchte, sich auf die Knie zu rollen. Der breitkrempige, staubige Hut, den er getragen hatte, war von seinem Kopf gefallen und zeigte dunkle, fast schwarze Haare, die zu einem Zopf gebunden waren. Eliza trat einen Schritt zurück und blinzelte verwirrt. War das …? Konnte das …?
»Inquisitor?«, fragte sie mit dünner Stimme und hielt den Stab vor sich, als könnte sie damit eines der unheimlichen Wesen bannen, von denen Gavin abends gern erzählte. Die Haare fielen ihm strähnig ins Gesicht, als er es schaffte, zu ihr aufzusehen, und obwohl auf seiner Wange eine tiefe, blutig verkrustete Wunde klaffte und er vor Staub und Schmutz nur so starrte, verzogen sich seine aufgeplatzten Lippen zu einem freudlosen Grinsen.
»Hallo, Siofra?« Er schirmte die Augen mit einer Hand ab.
»Ich heiße Eliza!« Im letzten Moment hinderte sie sich selbst daran, mit dem Fuß aufzustampfen. »Was ist passiert, Sir?« Sie hoffte, dass er noch immer ein Freund des Druiden war und dass sie das Richtige tat, indem sie ihm half. »Stützt Euch bei mir ab«, schlug sie vor und kniete sich neben ihn, um ihm mit dem Druidenstab und ihrer Hand zu helfen. Er knirschte mit den Zähnen, krallte seine Finger in ihre Schulter und packte mit seiner Rechten den Stab, um sich aufzuraffen. Blass lehnte er sich an das raue Gestein der Felsen.
»Besser, du hinderst den Klepper daran, noch weiter zu verschwinden«, sagte er heiser und starrte dem Pferd hinterher.
»Wie denn? Soll ich ihm hinterherrennen und ihn bitten, uns wieder Gesellschaft zu leisten?« Eliza hielt sich sicherheitshalber zurück, auch wenn ihr noch ganz andere Fragen auf der Zunge lagen.
»Du bist magisch, also lass dir etwas einfallen.« Er schloss die Augen und konzentrierte sich anscheinend auf seine Atmung. »Warum macht Ihr es nicht selbst, Lord Inquisitor? Gavin sagt, Ihr seid einer der mächtigsten Magier, die Britannien zu bieten hat.« Das Pferd hatte es nicht eilig, doch es würde nicht mehr lange dauern, bis es um den Felsen verschwand.
Grimshaw ließ den Kopf hängen. »Einer der mächtigsten Magier Britanniens hat sich wie ein absoluter Schwachkopf in eine Falle locken lassen und ist im Moment so ausgezehrt, dass er nicht einmal mit Merlins Magiestab irgendeinen Zauber zustande brächte. Also wenn du so freundlich wärst …« Er hob langsam den Kopf und musterte sie unter schweren Lidern. »Sieh es als das Abarbeiten deiner Schulden an.«
Eliza schlug einen fast beiläufigen Bogen mit dem Druidenstab, und eine Feuerwand loderte vor dem Rappen auf, der sich aufbäumte, panisch wieherte und in die einzige Richtung galoppierte, die ihm blieb: zurück zu ihnen.
»Wunderbar«, kommentierte Grimshaw trocken. »Möchtest du mir erklären, wie du einen durchgehenden Gaul aufhalten kannst?«
Sie starrte entsetzt das riesige Pferd an, welches die Augen so weit verdreht hatte, dass nur noch das Weiße zu sehen war. »Ich …«, stammelte sie.
»Zur Seite!«, zischte Grimshaw und stieß sie grob in die Rippen. Eliza stürzte vom Weg und schlug sich ihr Knie auf den harten Steinen auf, die sich überall um die Felsen herum befanden. Das durchgehende Pferd schoss an ihnen vorbei, und sein trommelnder Hufschlag verlor sich in der Ferne. Der Inquisitor seufzte und rutschte haltlos auf den Boden. »Na bitte«, murmelte er. »Das ist auch eine Art Signal, wenn das dumme Tier wie ein Berserker in euer Dorf einfällt. Du hast nicht zufällig Ahnung von Heilzaubern, Siofra?«
Ihre Hände zitterten, als sie sich den Schweiß von der Stirn wischte. »Doch, ein bisschen. Aber ich glaube nicht, dass es Euch viel nützt, wenn ich Nasenbluten stillen oder oberflächliche Wunden heilen kann. Ihr seht aus, als wärt Ihr dem Teufel begegnet, und ich fürchte, Ihr seid ziemlich verletzt.« Eliza hatte Marsaili oft zugesehen, wenn sie Patienten behandelte. Die Heilerin prüfte das Aussehen des Kranken, seine Atmung, seinen Geruch, den Glanz der Augen, sie tastete den Körper eines Verwundeten ab, sie murmelte ununterbrochen Diagnosesprüche. So weit war sie noch lange nicht, doch der angespannte Gesichtsausdruck des Grimms, die zusammengebissenen Zähne, die Haut, die sich über den hohen Wangenknochen spannte und die gekrümmte Haltung, die er vor ihr zu verbergen suchte, waren ihr nicht entgangen.
»Oh, wie recht du hast, kleine Elfe.« Er bleckte die Zähne, und obwohl Eliza annahm, dass es ein Grinsen sein sollte, trat sie einen Schritt zurück.
»Ihr müsst nur noch einen Augenblick durchhalten«, versicherte sie und bemühte sich, den beruhigenden Tonfalls Marsailis nachzuahmen. »Wenn es nicht das Pferd war, so hat doch mein Zauber Gavin aufmerksam gemacht. Er hat jetzt einen Zwillingsstab«, fügte sie hinzu.
Aidan hob interessiert den Kopf. »Tatsächlich? Und funktioniert er, wie es in den Schriften steht? Reagiert er tatsächlich, wenn sein Zwilling in Aktion war, und kann Gavin erkennen, welche Art Zauber ausgeführt wurde?«
Eliza nickte begeistert. »Oh, ja«, rief sie und lächelte stolz. Sekunden später fiel das Lächeln zusammen. »Na gut, es funktioniert nur bis zu einer bestimmten Entfernung. Und im Ben Nevis überhaupt nicht«, gab sie zu.
Grimshaw verzog das Gesicht, aber sie hatte nicht den Eindruck, dass er es nur schmerzbedingt tat. Seine Lider sanken auf halbmast. »Warum hast du nicht weiter deine stablose Magie trainiert, Siofra?«, fragte er leise. »Es ist nur eine Sache des Willens, und ich hätte gemeint, du besäßest diesen Willen.«