Manuela Dierkes
Triathlontraining für die
MITTELDISTANZ
Der ultimative Guide für das erfolgreiche Finish
MOIN LIEBE TRIATHLETIN, MOIN LIEBER TRIATHLET,
wissen Sie was? Wir haben eine gemeinsame Leidenschaft – den Triathlonsport. Und vielleicht haben wir sogar die gleiche Lieblingsdistanz? Die Mitteldistanz ist jedenfalls das Rennformat, das sich größter Beliebtheit erfreut und gerade das meiste Wachstum erlebt. Immer mehr Rennen über die 1.900 Meter Schwimmen, 90 Kilometer Radfahren und einen abschließenden Halbmarathon tauchen im Rennkalender auf. In meinen 23 Jahren (aktiven) Triathlonsports sind ein paar Rennen von der Sprint- bis zur Langdistanz zusammengekommen, aber mein Lieblingsformat ist die Mitteldistanz, und ich möchte Ihnen auch gern sagen, warum.
Bei dieser Distanz stehen für mich persönlich der Aufwand und die Befriedigung durch ein besonderes Erlebnis genau im richtigen Verhältnis. Für ein erfolgreiches Finish über die Mitteldistanz sollte man regelmäßig trainieren und das am besten mit einem strukturierten Trainingsaufbau über eine ganze Saison, aber dennoch liegt der Einsatz, den man in ein Mitteldistanzprojekt steckt, deutlich näher an dem für die Kurzdistanz als an dem für eine Langdistanz. Zudem ist der Wettkampf mit einer Dauer von 4,5 bis 6,5 Stunden und die Vorbereitung darauf deutlich gesünder und abwechslungsreicher als beispielsweise für einen Marathonlauf. Kurzum: Eine Mitteldistanz ist für mich persönlich genau die richtige Mischung, die sich nach einem besonderen Ziel anfühlt, einem Motivation für das tägliche Training gibt und einem dieses besondere Kribbeln und den besonderen Kick verschafft, aber dabei noch sehr – sagen wir mal – sozialverträglich ist.
Dieses Buch begleitet Sie über die ganze Saison: vom Trainingseinstieg bis zur Off-Season. In Kapitel 9 finden Sie den Trainingsplan mit der Beschreibung jeder einzelnen Trainingseinheit über 44 Wochen. Bei einer typischen europäischen Triathlonsaison könnte das zum Beispiel von November bis Mitte September sein mit einer Mitteldistanz als Saisonhöhepunkt im Juli.
Ganz egal, ob das dann Ihr erster Start über diese Distanz ist oder Sie Ihre persönliche Bestzeit knacken wollen – der Plan ist so aufgebaut, dass er sie auf jeden Fall weiterbringt und Sie zu Ihrem individuellen Ziel begleitet. Wie so häufig im Leben liegt der Schlüssel zum Erfolg in der Konstanz, und mit einem strukturiertem Training, dessen Einheiten sukzessive aufeinander aufbauen, werden persönliche Verbesserungen planbar.
Doch stürzen Sie sich nicht gleich oder nur auf den Trainingsplan! Das Handwerkszeug, das Sie für die Umsetzung der Pläne benötigen, finden Sie in den vorigen Kapiteln. Trainingsgrundlagen, verschiedene Möglichkeiten der Leistungssteuerung, detaillierte Übungsbeschreibungen, Materialfragen, Pacingtipps für Ihr Rennen, die passende Ernährungsstrategie und vieles mehr gehören genauso zu Ihrem Weg zum „Finish with a smile“.
Ich wünsche Ihnen technische Verbesserungen, Leistungssprünge auf der Stoppuhr, das gute Körpergefühl, sich fit und gesund zu fühlen, aber vor allem viel Freude bei unserer gemeinsamen Triathlonsaison!
Ihr Coach
Kona, Hawaii, ist DER Sehnsuchtsort für Triathleten: Dort findet der wohl berühmteste und prestigeträchtigste Triathlonwettkampf statt, die Ironman-Weltmeisterschaft. Dort wurde 1978 die Langdistanz geboren, dorthin blicken jedes Jahr im Oktober die Augen der gesamten Triathlonwelt – und, selten genug für diese Sportart, auch die Augen von Ausdauersportfans und Sofa-Sportlern, die sonst mit Schwimmen, Radfahren und Laufen nichts zu tun haben, zumindest nicht direkt hintereinander.
Dabei ist die Wiege des Dreikampfs gar nicht die amerikanische Insel Big Island, sondern die Kleinstadt Joinville-le-Pont in der Nähe der französischen Hauptstadt Paris. Der Wettkampf „Les Trois Sports“, der Anfang des 20. Jahrhunderts dort ausgetragen wurde, bestand damals noch aus Laufen, Kanu- und Radfahren. Erst um 1920 wurde der Kanupart durch Schwimmen ersetzt. Berichten der Zeitschrift „L’Auto“ zufolge mussten die Teilnehmer erst fünf Kilometer laufen, dann zwölf Kilometer Rad fahren und abschließend den lokalen Fluss, die Marne, durchschwimmen. „Les Trois Sports“ breitete sich in den 20er- und 30er-Jahren immer weiter aus in Frankreich. Amerika, genauer: die kalifornische Küste, eroberte der Triathlon erst Mitte der 70er-Jahre.
Der erste Mission Bay Triathlon in San Diego, das heute als Keimzelle des modernen Triathlons gilt, hatte mit dem Dreikampf, wie wir ihn heute kennen, allerdings noch nicht viel zu tun. Zwar war weder die Schwimmstrecke mit 500 Metern noch der Laufkurs mit zehn Kilometern besonders lang. Dennoch wurde der Schwimmpart in drei und das Laufen in zwei Abschnitte unterteilt. Lediglich das Radfahren über acht Kilometer fand am Stück statt.
Die erste Ausgabe dessen, was heute der Ironman Hawaii ist, fand im Februar 1978 statt – geboren wurde die Idee bei einer Diskussion zwischen Commander John Collins und einigen seiner Freunde, wer unter ihnen der Härteste sei. Die Männer wurden sich nicht einig darüber, ob nun Schwimmer, Radfahrer oder Läufer die fittesten Athleten seien, deshalb beschloss man, die Theorie in die Praxis zu übertragen. Drei bereits bestehende Ausdauerevents auf Oahu wurden kurzerhand miteinander kombiniert: der Waikiki Rough Water Swim über 3,8 Kilometer, das Radrennen „Ride around the Island“ (für diesen speziellen Anlass von 185 auf 180,2 Kilometer verkürzt) und der Honolulu-Marathon über die klassischen 42,195 Kilometer. Von den 15 Sportlern, die dieses Abenteuer wagten, kamen 12 ins Ziel, erster Hawaii-Sieger war damals der Taxifahrer Gordon Haller in einer Zeit von 11:46:58 Stunden. Im zweiten Jahr ging die erste Frau an den Start. 1980 blieb der Sieger Dave Scott unter 9:30 Stunden, und erstmals berichtete das US-Fernsehen von der Veranstaltung. Ein Jahr darauf erfolgte der Umzug zum bis heute aktuellen Austragungsort in Kailua Kona auf Big Island. Gleichzeitig entstanden „Geschwister“ in Kanada, Australien und Neuseeland. 1981 gingen bereits 304 Männer und 22 Frauen an den Start, die damals schon von zahlreichen Sponsoren unterstützt wurden. Von da an schickte auch Deutschland seine Reporter auf die Lavainsel, um das große Interesse an diesem Sport im eigenen Land zu stillen.
Die Zeiten, in denen man sich für das Rennen einfach anmelden konnte, waren vorbei. Seither muss man sich über Platzierungen in seiner Altersklasse und seit 2011 über ein Punktesystem in der Profisportlerkategorie qualifizieren. Von den USA aus wurden weltweit Qualifikationsrennen aufgebaut. Ab dem Jahr 1988 wurde Detlef Kühnel, der selbst 1982 zu den ersten deutschen Startern auf Hawaii zählte, mit dem Ironman Europe vierter außer-amerikanischer Lizenzpartner der damaligen Ironman-Chefin Valerie Silk.
Seit der ersten Live-TV-Übertragung des Rennens 1982 bis heute hat sich Deutschland zum weltweiten Vorreiter in Sachen Ironman-Hawaii-Berichterstattung entwickelt. 2017 sendete das Erste über dreieinhalb Stunden live vom Event, und über einen Livestream des Hessischen Rundfunks konnte man das Rennen sogar fast neuneinhalb Stunden lang hautnah verfolgen. Darüber hinaus ist das Live-Tracking von einzelnen Athleten (über die Webseite des Veranstalters) bei Wettkämpfen dieser Art fast selbstverständlich. In der wachsenden Fangemeinde im eigenen Land wird die Hawaii-Nacht mittlerweile mit einer mindestens so großen Begeisterung wie von den Football-Anhängern des Superbowl verfolgt.
Anfang der 80er-Jahre kam der Triathlon nach Deutschland – und zwar ins Ruhrgebiet, nach Essen-Rüttenscheid. Geschwommen wurde im Hallenbad, eine Strecke von 1,6 Kilometern. Es folgten 70 Kilometer Radfahren und zwölf Kilometer Laufen. Gerade einmal 48 Teilnehmer waren am Start. Mehr Aufmerksamkeit bekam der Allgäu-Triathlon, der ein Jahr später, 1983, am Großen Alpsee ausgetragen wurde. Nicht (nur) wegen der beachtlichen 250 Anmeldungen, sondern weil sogar das Fernsehen darüber berichtete.
Einen frühen internationalen Glanzpunkt hatte der deutsche Triathlon 1997 in Kona, als Thomas Hellriegel den Ironman Hawaii gewann, gefolgt von seinen Landsleuten Jürgen Zäck und Lothar Leder – eine Erfolgs- und Liebesgeschichte, die bis heute anhält und mit Faris Al-Sultan, Sebastian Kienle und Jan Frodeno drei weitere Hawaii-Sieger sowie mit Athleten wie Andreas Raelert, Andreas Böcherer, Boris Stein oder Patrick Lange starke Podiumskandidaten hervorgebracht hat. 19 Jahre sollte es dauern, bis den Deutschen gelang, was in den frühen Jahren nur die Amerikaner schafften: die Siegertreppchen komplett zu besetzen. 2016 brachten Jan Frodeno, Sebastian Kienle und Patrick Lange dieses Kunststück ein zweites Mal.
Insgesamt findet man die deutsche Flagge in den Hawaii-Statistiken bei den Männern deutlich häufiger als bei den Frauen. Immerhin: 2001, 2002 und 2003 stand Nina Kraft als erste deutsche Frau auf dem Podium. 2004 lief sie als Erste über die Ziellinie, wurde aber später des EPO-Dopings überführt. Sandra Wallenhorst war bisher die einzige deutsche Frau, die es danach noch einmal aufs Treppchen schaffte (2008). Dennoch: Sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen haben sich die deutschen Langdistanzprofis international Respekt erarbeitet.
Auch in der Agegrouper-Wertung sind es auf der fernen Insel im Pazifik immer wieder deutsche Athleten, die bei der Siegerehrung auf dem Treppchen stehen. Nicht verwunderlich, stellt Deutschland nach Amerika und Australien doch häufig die quantitativ drittstärkste Nation unter allen qualifizierten Teilnehmern. Im Profifeld war Deutschland mit 18,6 Prozent der insgesamt 102 Profis 2016 sogar die am häufigsten vertretene Nation.
Die Deutschen durften auf Hawaii Spuren hinterlassen. Manchmal sogar welche, die heute Kult sind. So war zum Beispiel der Kona Unterpants Run in der Vorwettkampfwoche ursprünglich ein Protest der prüden Amerikaner gegen die textile Freizügigkeit der europäischen Ironman-Veteranen, die typischerweise in knappem Top und Badehose das Rennen absolvierten. Heute macht dieser Lauf allen einfach nur Spaß – ganz egal aus welcher Nation die Läufer stammen, die in teilweise sehr fantasievollen Unterwäsche-Outfits an den Start gehen.
Hawaii ist zwar den meisten Triathloninteressierten und selbst vielen sportfremden Zeitgenossen ein Begriff, aber nicht nur auf der Langdistanz spielt Deutschland im Weltzirkus mit. Gleich bei den ersten Olympischen Spielen, bei denen Triathlon offizielle Disziplin war, 2000 in Sydney, stand Stephan Vuckovic mit der Silbermedaille um den Hals auf dem Podium. Acht Jahre später holte sich der zweifache Ironman-Weltmeister Jan Frodeno (2015, 2016) in Peking Gold und gab damit dem nationalen Triathlonsport noch mal einen ordentlichen Schub.
TRIATHLON ALS VEREINSSPORT
Wie das häufig der Fall ist, wenn Sportarten sich organisieren, Wettkampfstrukturen aufbauen und vielleicht sogar Olympia-Ambitionen haben, entstehen Verbände. So ist das auch im Triathlon. Auf internationaler Ebene lenkt den Sport die International Triathlon Union (ITU). Sie ist der Weltverband und mit der FIFA im Fußball vergleichbar. Seit 2014 hat sie ihren Hauptsitz am Genfer See in Lausanne. Die ITU ist in fünf kontinentale Verbände unterteilt, in Europa ist die European Triathlon Union (ETU) verantwortlich. Die ITU beschließt die für Triathlonwettkämpfe geltenden internationalen Regeln.
Auf nationaler Ebene steuert die Deutsche Triathlon Union (DTU) die Geschicke des Dreikampfs in der Bundesrepublik. Eine ihrer Hauptaufgaben ist es, die ITU-Regeln sowie die nationalen Vorschriften umzusetzen. Sie organisiert außerdem jedes Jahr die Deutschen Meisterschaften (Jugend, Elite, Agegrouper und Paratriathlon) über die unterschiedlichen Triathlon- und Duathlondistanzen.
Auch die beiden höchsten deutschen Triathlonligen fallen in den Zuständigkeitsbereich der DTU. Bei der 1. und 2. Bundesliga (Nord und Süd) handelt es sich um sehr leistungsorientierte Veranstaltungen, bei denen sich DTU-Athleten unter anderem für eine DTU-Kaderzugehörigkeit empfehlen können. Hier starten aber nicht nur nationale, sondern auch internationale Kaderathleten, die von einem deutschen Verein eingeladen wurden. Denn die Rennen sind oft hochkarätig besetzt und ähneln mit ihrer Windschattenfreigabe den Weltcuprennen. Eine tolle „Übung“ also auch für die besten Kurzdistanz-Triathleten der Welt. Gemessen an dem hochkarätigen Triathlonsport, der dort geboten wird, wird den Ligawettkämpfen vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Seit einigen Jahren Schattendasein verbessert sich seit 2015 die Sponsorenlage wieder allmählich. Erstmals wurde ein Gesamt-Preisgeld von 50.000 Euro in der 1. Bundesliga ausgeschüttet, wobei die Athleten auch in einer erstmaligen Einzelwertung etwas Geld verdienen konnten.
Aktuell hat die DTU rund 55.000 Mitglieder, das heißt Athleten, die in einem der mehr als 1.500 Vereine organisiert sind. Mit knapp 12.000 Triathleten ist der bayerische Verband der größte, gefolgt von Nordrhein-Westfalen mit rund 11.000 Mitgliedern. Der kleinste ist Bremen mit nur knapp 300. Knapp unter zehn Prozent der Athleten besitzen eine Startlizenz. Viele üben diesen Sport aus, ohne Mitglied in einem Verein zu sein. Dennoch haben sich die Mitgliedszahlen im Vergleich zu vor zehn Jahren verdoppelt.
TRIATHLONTEAMS ABSEITS DER VEREINSSTRUKTUREN
Aber nicht nur Vereine wachsen und werden gegründet, sondern auch bei den Profis entwickelt sich der Individualsport Triathlon immer mehr zu einem Teamsport. Seit einigen Jahren entstehen vermehrt Triathlonteams ohne den vereinstypischen Trainingsbetrieb. Bei den Profis sind dies zum Beispiel das Team Sport for Good, für das unter anderem Timo Bracht, der Challenge-Roth-Sieger 2014 startet, das Bahrain Endurance Team mit den beiden IRONMAN-Weltmeistern von 2015, Jan Frodeno und Daniela Ryf, oder auch das Team Erdinger Alkoholfrei mit zahlreichen national und international erfolgreichen Athleten. Der bayrische Bierbrauer unterhält darüber hinaus auch ein Perspektivteam, das unabhängig von der nationalen Verbandsförderung insbesondere Talente für die längeren Triathlondistanzen mit Rat und Material unterstützt. Auch (ambitionierte) Agegrouper gruppieren sich in Teams oder werden von Marken und Herstellern als Botschafter zusammengeführt und können davon ordentlich profitieren.
Während die Profiteams den Berufsathleten professionelle Strukturen und ein finanzielles Grundeinkommen liefern, aufgrund derer sie sich voll auf Training und Rennen konzentrieren können, sind vereinsfreie Jedermannteams wie die Hardtseemafia, die TriRebels aus der Schweiz, das Frauenteam Racing Aloha oder die Racinggruppe Guilty76 eher eine Art Community. Also Gleichgesinnte, die sich (online) über den Sport austauschen und gemeinsam, aber ohne jeglichen Zwang und Vorgaben trainieren und zu Wettkämpfen fahren.
Unterschiedliche Distanzen im Triathlon
Wettbewerb | Schwimmen | Radfahren | Laufen |
---|---|---|---|
Team Relay | 0,2–0,3 km | 5–8 km | 1,2–2,0 km |
Super-Sprintdistanz | 0,25–0,5 km | 6,5–13 km | 1,7–3,5 km |
Sprintdistanz | bis zu 0,75 km | bis zu 20 km | bis zu 5 km |
olympische Distanz | 1,5 km | 40 km | 10 km |
Mitteldistanz | 1,9 km–3 km | 80–90 km | 20–21 km |
Langdistanz | 1–4 km | 100–200 km | 10–42,2 km |
Die hier angeführten Wettkampfdistanzen gelten als vorgesehene Standarddistanzen. Abweichungen in den einzelnen Teildisziplinen von plus/minus zehn Prozent aufgrund örtlicher Gegebenheiten und lokaler Bedingungen sind erlaubt.
Die deutschen Ligen im Triathlonsport
1. Bundesliga
2. Bundesliga
>Nord
>Süd
Regionalliga
>West: Nordrhein-Westfalen (NRW-Liga)
>Nord: Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein
>Ost: Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen
>Mitte: Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland
>BW: Baden-Württemberg
>Süd: Bayern
Darunter gibt es verschiedenste Landesligen, bei denen der Teamgeist an oberster Stelle steht und in denen auch Einsteiger herzlich willkommen sind.
Die Ligen unterhalb der 2. Bundesliga unterliegen der Verantwortung der Landesverbände und unterscheiden sich im Regelwerk zum Teil erheblich von den ersten beiden Ligen. So variieren die Teamstärken sowie Anzahl und Art der Wettkämpfe. Windschattenfahren ist in den Landesligen für gewöhnlich verboten.
Die Sieger der Regionalligen dürfen in die zweite Bundesliga aufsteigen.
Wettkämpfe gibt es inzwischen jede Menge: Mehr als 600 Triathlonveranstaltungen existieren in Deutschland, die größte – nicht nur hierzulande, sondern weltweit – ist der ITU World Triathlon Hamburg, an dem jedes Jahr rund 10.000 Triathleten an den Wettkämpfen über die Jedermann- und die olympische Distanz teilnehmen. Im Jahr 2007 fand bei diesem Rennen erstmals in Deutschland die Triathlonweltmeisterschaft über die Kurzdistanz statt – welche Daniel Unger gewann.
Sowohl solche Großveranstaltungen als auch kleine lokale Wettkämpfe müssen sich um ausreichend Startwillige meist keine Sorgen machen. Es sind eher Behördenvorgaben, fehlende Sponsorengelder oder auch steigende Athletenansprüche, die vor allem kleine Veranstalter zum Pausieren oder Aufgeben zwingen. Tendenziell entstehen aber derzeit mehr Rennen als eingestellt werden müssen.
Triathlon wird immer populärer und das schlägt sich in einer blühenden Wettkampfkultur nieder. Neben den sogenannten Big Playern Ironman und Challenge gibt es mittlerweile einige andere Rennserien sowie zahlreiche unabhängige Veranstaltungen, die häufig von lokalen Vereinen organisiert werden.
IRONMAN
Ironman wird oft als Synonym für Triathlon beziehungsweise die Langdistanz verwendet. Dabei ist Ironman, genau wie Tesa oder Tempo, eine Marke, die inzwischen der Dalian Wanda Group, einem chinesischen Unterhaltungsgiganten, gehört. Die prestigeträchtigste Ironman-Veranstaltung ist die Weltmeisterschaft, die jedes Jahr im Oktober in Kona auf Big Island, Hawaii, ausgetragen wird. Aktuell gibt es 42 Lang- und 104 Mitteldistanzrennen (Letztere werden „70.3“ genannt – nach der Anzahl der Meilen, die bei einer Mitteldistanz bewältigt werden müssen) unter der Ironman-Flagge plus 27 sogenannte Short Course Races oder auch 5150-Wettkämpfe über die olympische Distanz (Stand: September 2017).
70.3-Rennen wurden 2006 eingeführt. Mit 104 Rennen ist die Ironman-70.3-Reihe die umfangreichste und teilnehmerstärkste Mitteldistanzserie der Welt. Bei jeder Veranstaltung wird eine bestimmte Anzahl an Berechtigungsplätzen, auch Slots genannt, für die Ironman 70.3 World Championship vergeben, die nach dem Rotationsprinzip jedes Jahr an einem anderen Ort ausgetragen wird. Die Europameisterschaft über die 70.3-Distanz fand von 2010 bis 2016 im deutschen Wiesbaden statt. Jetzt soll auch diese Meisterschaft im Rotationsverfahren vergeben werden.
CHALLENGE-SERIE
Neben der Marke Ironman ist die Challenge-Serie die zweite Triathlon-Wettkampfreihe, die weltweit ausgetragen wird.
Sie hat ihren Ursprung im fränkischen Roth, wo im Sommer 2002 die erste Challenge Roth als Nachfolger des bis dato dort stattfindenden Ironman Europe Premiere feierte. Sie ist das bekannteste Event der Challenge-Triathlon-Familie. Zwischen 2008 und 2012 wuchs das von Familie Walchshöfer geführte Unternehmen auf elf Rennen an, 2013 expandierte die Serie auch außerhalb von Europa. Inzwischen gibt es 44 Challenge-Rennen, 31 davon sind sogenannte Half-Challenges oder Challenge Half. Und auch vier Rennen über die olympische Distanz zählen zu der Serie. Seit dem Jahr 2017 gibt es eine eigene Weltmeisterschaft – „The Championship“ – über die Mitteldistanz.
KLEINERE SERIEN
Daneben gibt es kleinere Serien, darunter die internationale ICAN-Serie mit vier Rennen in Amsterdam, Nordhausen, St. Petersburg und Gandia-Valencia, die belgische Urban Tri Sports 3Series mit sieben Veranstaltungen verschiedener Formate von der Sprint- bis zur klassischen Mitteldistanz oder die Ocean Lava Triathlon-Serie, bei der sich die Teilnehmer bei zehn internationalen Rennen für das große Finale auf Lanzarote qualifizieren können. Auf der Suche nach schönen Triathlonveranstaltungen lohnt sich auf jeden Fall der Blick in Online-Rennkalender, oder Sie können in den Termin-Übersichten von Fachzeitschriften nach unabhängigen Events in der Nähe des Wohnorts zu suchen. Sie sind oft kleiner und familiärer, es gibt häufig nur eine Wechselzone und selbige sowie Start, Ziel und Ausgabe der Startunterlagen sind oft in fußläufiger Nähe, sodass man sich besonders als Neuling entspannt am Abenteuer Triathlon ausprobieren kann. Zudem spart man sich eine lange Anfahrt, Kosten, und der persönliche Fanclub hat die Möglichkeit, das Rennen gut zu verfolgen.
TRIATHLETEN SCHAUEN ÜBER DEN TELLERRAND
Neben klassischen Triathlonwettkämpfen locken auch neue oder abgewandelte Wettkampfformate Triathleten an die Startlinie. Oft liegt der Reiz in extremen Bedingungen wie beim Norseman-Triathlon, einer Langdistanz in Norwegen, bei der die 3,8 Kilometer im 13 bis 15 Grad Celsius kalten Hardangerfjord geschwommen werden, über die 180 Radkilometer circa 3.400 Höhenmeter erklommen werden müssen und der abschließende Marathon nach einem 25 Kilometer langen, relativ flachen Einstieg ein Gelände-Berglauf bis zum Ziel auf dem Gipfel des Mount Gaustatoppen in 1.850 Meter Höhe ist. Auch der Alpe-d’Huez-Triathlon mit seiner kurzen (1,2 km Schwimmen, 30 km Radfahren, 7 km Laufen) und langen Variante (2,2 km Schwimmen, 115 km Radfahren und 22 km Laufen) ist ein Rennen, das Athleten auf der Suche nach einer ganz besonderen Herausforderung anzieht. Die Radstrecke endet mit einem Tour-de-France-Anstieg der höchsten Kategorie im Skiort Alpe d’Huez mit seinen 21 legendären Kehren. Dem schließt sich die Laufstrecke in einer Höhe von 1.800 bis 2.000 Metern an.
Triathleten schauen immer mehr über den Tellerrand und peppen ihren Rennkalender mit Swim-&-Run-Wettkämpfen, Langstreckenschwimmen oder anderen Fun- und Adventure-Rennen auf.
Schaffen kann einen Triathlon jeder, der keine schweren gesundheitlichen Einschränkungen hat. Das abwechslungsreiche Triathlontraining kommt dem natürlichen Bewegungsbedürfnis entgegen und kann von vielen Altersgruppen mit vergleichsweise geringem materiellem Aufwand ausgeübt werden. Es verbessert die konditionellen Fähigkeiten wie Kraft- und Schnelligkeitsausdauer und auch koordinative Fähigkeiten wie Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit. Gleichzeitig ist die Belastung für Muskulatur und Bindegewebe durch die vielseitige Beanspruchung des Körpers bei gleichem Zeitaufwand geringer als bei vielen anderen Sportarten. Die Kombination aus den drei Ausdauersportarten Schwimmen, Radfahren und Laufen kann Triathlon zum echten Gesundheitssport machen. Wie so häufig ist die Dosis entscheidend.
Ganz ohne Training sollten Sie sich natürlich nicht an die Startlinie eines Triathlons stellen – ganz egal über welche Distanz! Geben Sie Muskulatur, Sehnen und Bändern sowie Ihrem Herz-Kreislauf-System die Möglichkeit, sich auf die Belastung vorzubereiten. Will man zu schnell zu viel, kann das leicht in einer Verletzung oder zumindest in Frust und Unlust enden. Bevor Sie sich an die Mitteldistanz wagen, sollten Sie mindestens eine Triathlonsaison mit kürzeren Distanzen hinter sich haben.
Die Triathleten haben heute das Image, das Surfer in den 1980er-Jahren hatten: athletisch, zielorientiert und immer noch ein bisschen exotisch. Sie leben gesund, sind Künstler darin, ihre verschiedenen Interessen unter einen Hut zu bringen, und tun dies in den meisten Fällen ziemlich erfolgreich. Einer Studie des Magazins „triathlon“ aus dem Jahr 2015 zufolge trainiert der durchschnittliche Triathlet bis zu 25 Stunden pro Woche, zumindest, wenn er auf die ganz lange Strecke möchte. Doch selbst für die Mitteldistanzvorbereitung braucht man ein gewisses Zeitkontingent – das sich der von seinem Ziel angespornte Athlet auch einrichtet. Ziemlich schnell wird dann (unbeabsichtigt) aus dem Hobby eine Lebenseinstellung.
Es ist zwar nicht verkehrt, seinen Traum zielstrebig zu verfolgen. Meine Philosophie ist jedoch, dass der Trainingsaufwand und das Ergebnis in einer gesunden Relation stehen sollten. Spricht man mit „Triathlon-Paaren“, hört man schnell heraus, was für Auswirkungen das Training auf den gemeinsamen Alltag hat. Und das gilt nicht nur innerhalb der Familie, sondern auch für das gesamte soziale Umfeld.
Je länger die angestrebte Wettkampfdistanz, desto erfinderischer werden Athleten bei dem Versuch, ihr Trainingspensum unterzubekommen, ohne dem Umfeld das Gefühl zu geben, ständig hintenanstehen zu müssen. Etwas, das Triathleten leichtfallen dürfte, denn sie sind „coole Hunde“, die sich und ihren Tag strukturieren können. Das sagt zumindest eine Studie der Universität Bamberg, die den Zusammenhang zwischen Sport und Jobposition untersucht und festgestellt hat, dass sich mit steigendem Trainingspensum auch die Fähigkeit ausbildet, selbst gesteckte Ziele zu erreichen – im Bürostuhl ebenso wie auf dem Fahrradsattel. Darüber hinaus schätzen sie ihre Leistungsmöglichkeiten realistischer ein, was sportliche und berufliche Enttäuschungen reduziere. Trifft zu? Dann los!
Wer ein bisschen kreative Anschubhilfe braucht, kann zeitliche Lücken und Wege, die ohnehin zurückgelegt werden müssen, zum Beispiel folgendermaßen nutzen:
Machen Sie den Arbeitsweg zur Trainingseinheit. Gibt es im Büro eine Dusche? Falls ja: perfekt! Dann können Sie – je nach Weglänge – morgens hinjoggen oder -radeln oder in der Mittagspause eine Runde drehen. Vielleicht kommen die Kollegen ja sogar mit? Oder Sie radeln morgens hin, laufen abends zurück und machen es am nächsten Tag umgekehrt.
Ohne Dusche kann man immer noch den Rückweg für den Sport nutzen. Wenn der gesamte Weg zu lang ist, steigt man einfach ein paar Stationen früher aus Bus oder Bahn und läuft oder radelt den Rest. Bringen Sie die Kinder in den Kindergarten – mit Radanhänger oder Laufbuggy. So nehmen Sie dem Partner Arbeit ab und die Zusatzlast ist ein tolles Kraftausdauertraining.
Legen Sie den langen Lauf oder die mehrstündige Radeinheit am Wochenende auf frühmorgens, wenn die Familie noch schläft, und bringen Sie auf dem Rückweg Brötchen für das gemeinsame Frühstück mit. Oder machen Sie eine knackige Freiwasser-Einheit, während die Familie im Baggersee planscht. Regeneriert wird dann bei Kaffee und Kuchen am Kiosk oder im Ruderboot – da brauchen Sie die Beine nicht.
Legen Sie die Strecke zum Vergnügungspark oder dem Kaffeekränzchen bei der Verwandtschaft mit dem Rad oder in Laufschuhen zurück, während die Familie mit dem Auto hinfährt. So sind Sie präsent, „wenn es darauf ankommt“, ohne das Training ausfallen lassen zu müssen.
Sie sind mit Kind allein zu Hause, aber in Ihrem Trainingsplan steht eine Radausfahrt? Verlegen Sie sie auf die Rolle. Ein Lauftraining kann auch mal durch Gymnastik und eine Schwimmeinheit durch Zugseiltraining ersetzt werden. Dann können Sie auf den Nachwuchs aufpassen und kommen trotzdem auf Ihre Trainingskosten.
Triathlon ist ein Sport, der einen in seinen Bann zieht. Läuft es in einer Disziplin mal nicht optimal, gibt es immer noch zwei andere, die einen zum Weitermachen motivieren. Man lernt im Verein und auf Wettkämpfen tolle Menschen kennen und erlebt intensive Momente, man stößt an seine Grenzen – und verschiebt sie.
Haben Sie dieses Buch geschenkt bekommen? Gratulation. Dann haben Sie ziemlich sicher mindestens einen Menschen um sich, der bei Ihrem Projekt Mitteldistanz hinter Ihnen steht. Vergraulen Sie ihn nicht!
Wie so vieles im Leben ist auch Triathlon eine Frage der Balance, und je länger die Wettkampfdistanz – ich würde sagen, ab Mitteldistanz aufwärts – auch eine Frage der Teamarbeit.
Zugegeben, Sie werden es nie jedem Recht machen können. Und das ist auch gar nicht notwendig. Denn im Kern geht es bei der Verfolgung Ihres Ziels ja um Sie. Dennoch sollten Sie als voll motivierter (Bald-)Mitteldistanzler nicht wie ein Büffel durch die Steppe walzen und blind für alles links und rechts von Ihnen eine Schneise der Verwüstung hinterlassen. Reißen Sie nichts ein, sondern die anderen lieber mit!
ÜBEN SIE SICH IN GEDULD
Ein bekanntes Sprichwort lautet: Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht. Das soll heißen: Bieten Sie Ihrem Körper nur so viel Training an, wie er auch verarbeiten beziehungsweise verwerten kann. Viel hilft nicht immer viel und Anpassungsprozesse im Körper brauchen Zeit. Ein sturer Wille und das umfangreichste und härteste Training bringen Sie nicht schneller zu Ihrem Ziel – ganz im Gegenteil: Wenn es schlecht läuft, rupfen Sie den Grashalm aus und er wächst nicht mehr nach. Übertraining, Überlastungsverletzungen und Ihre Motivation können Ihnen ganz schnell einen Strich durch die Trainingsrechnung machen. Trainingsfrei heißt trainingsfrei. Nutzen Sie diese Tage oder Entlastungsphasen für andere schöne Dinge und natürlich auch, um Ihrem Körper die nötige Ruhe zu geben, die er braucht, um sich weiterzuentwickeln.
Sowohl wenn es (zu) gut läuft, als auch wenn es mal nicht so gut läuft. Es wird Phasen geben, in denen Sie vor Euphorie übersprudeln. In denen es dermaßen flutscht, dass Ihnen die Einheiten im Trainingsplan nicht reichen und Sie im Überschwang lieber mehr trainieren würden. Und dann gehören zum Trainingsprozess auch Phasen, in denen sich nichts richtig anfühlt. Ihre langen Läufe bleiben mühsam, auf dem Rad bekommen Sie keinen Druck aufs Pedal und im Wasser geht Ihnen immer noch regelmäßig die Puste aus. In diesem Fall sollte man dann erst mal kurz auf die Bremse treten und analysieren, ob das, was man da macht, in die richtige Richtung führt. Schließlich nutzt es nichts, mit Vollgas in die falsche Richtung zu fahren und möglicherweise vor einer Wand zu enden. Also Ruhe bewahren und analysieren: Sind die Trainingsumfänge zu hoch oder zu niedrig, die Belastungen zu intensiv oder zu wenig intensiv, sind Kopf und Körper starkem Stress außerhalb des Sports ausgesetzt, der weniger belastbar macht? Vielleicht sind Sie auch gerade in einer Trainingsphase, in der es beabsichtigt ist, eine gewisse Müdigkeit zu akkumulieren. Das sollte ein guter Trainingsplan oder natürlich Ihr Trainer Ihnen verraten können. Hören Sie auf Ihren Körper und probieren Sie aus, was für Sie funktioniert und was nicht. Geduld bedeutet, seinem Körper die Zeit zu geben, die er braucht, um die in diesem Zeitraum beste Leistung bringen zu können. Oder eben ihn zu bremsen, damit er sein Pulver nicht schon vorher verschießt.
Ihre persönliche Leistung ist relativ: Es wird immer Athleten geben, die schnellere Fortschritte machen. Es wird immer welche geben, die Sie überholen, die erfahrener, weiter im Training sind, mehr Talent haben. Lassen Sie sich davon nicht aus dem Konzept bringen. Auf der anderen Seite werden Trainingskollegen auch bei Ihnen Fortschritte bemerken und sich fragen, wie Sie diese erreicht haben.
Einen Triathlon kann man recht gut als Auseinandersetzung mit sich selbst und seinen persönlichen Grenzen betrachten. Es geht nicht um Zielsprints und den direkten Vergleich mit anderen. Es geht darum, am Tag X das Beste aus sich herausholen zu können – und dabei gilt: lieber zehn Prozent untertrainiert am Start stehen, als ein Prozent übertrainiert. Denn ein Triathlonwettkampf, besonders eine Mitteldistanz mit ihrem ganz besonderen Mix aus Ausdauer und Tempo, verdient es, mit jeder Faser genossen zu werden. Selbst wenn die (Muskel-)Fasern unterwegs ein bisschen maulen. Trainieren Sie also auch für das Lächeln auf der Ziellinie!