© 2014 Sascha Rauschenberger
Alle Rechte vorbehalten. All rights reserved.
Verlag: BoD - Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 978-3-7481-1480-2
Dieses Buch ist der zweite Teil der Reihe SPQR.
Teil 1 ISBN: 978-3-7528-9377-9
Teil 3 ISBN: 978-3-7528-9379-3
Titelfoto: © victorhabbick (Fotolia.com)
Illustrationen: © scusi (Fotolia.com), Sascha Rauschenberger
Umschlaggestaltung: Julia Evseeva
Layout: Julia Evseeva
All den Kameraden gewidmet, die fern der Heimat in Afghanistan ihr
Leben im ISAF-Einsatz gaben, damit zu Hause Frieden und Freiheit herrschen.
Hauptgefreiter Sergej Motz, 21 († 29.04.09, Kundus)
Hauptmann Friedrich Deininger, 53 († 21.12.02, Kabul)
Hauptgefreiter Oliver Oertel, 21 († 17.12.10, Pol-e Khomri)
Stabsgefreiter Patric Sauer, 24 († 06.08.08, Pol-e Khomri)
Leutnant Alexander Janelt, 32 († 11.02.09, Masar-i-Scharif)
Hauptfeldwebel Mischa Meier, 29 († 27.08.07, Tschahar Dara)
Oberfeldwebel Mike Rubel, 27 († 06.03.02, Kabul)
Hauptgefreiter Alexander Schleiernick, 23 († 23.06.09, Kundus)
Major Jörn Radloff, 38 († 15.04.10, Baghlan)
Stabsunteroffizier Tomar Kurpanek, 27 († 04.09.07, Camp Marmal)
Obergefreiter Martin Brunn, 23 († 23.06.09, Kundus)
Hauptfeldwebel Nils Bruns, 35 († 02.04.10, Kundus)
Oberfeldwebel Christian Kopp, 24 († 17.12.06, Kabul)
Stabsunteroffizier Frank Ehrlich, 29 († 21.12.02, Kabul)
Oberfeldwebel d. Reserve Michael Diebel, 28 († 19.05.07, Kundus)
Stabsunteroffizier Jörg Baasch, 25 († 07.06.03, Kabul)
Oberfeldwebel Carsten Kühlmorgen, 32 († 07.06.03, Kabul)
Major Thomas Tholi, 43 († 28.05.11, Taloqan)
Hauptfeldwebel Heinz-Ullrich Hewußt, 41 († 21.12.02, Kabul)
Hauptfeldwebel Andreas Heine, 37 († 25.06.05, Rustaq)
Hauptgefreiter Oleg Meiling, 21 († 23.06.09, Kundus)
Hauptgefreiter Enrico Schmidt, 24 († 21.12.02, Kabul)
Hauptfeldwebel Bernhard Kaiser, 46 († 21.12.02, Kabul)
Oberfeldwebel Florian Pauli, 26 († 07.10.10, Pol-e Khomri)
Stabsgefreiter, 24 († 06.06.13, Camp Marmal)
Oberfeldwebel Thomas Kochert, 29 († 06.03.02, Kabul)
Hauptfeldwebel Thomas Schiebel, 28 († 21.12.02, Kabul)
Hauptgefreiter Boris Nowitzki († 07.08.05, Kabul)
Feldwebel Helmi Jimenez-Paradies, 29 († 07.06.03, Kabul)
Hauptmann Markus Matthes, 33 († 25.05.11, Kundus)
Stabsgefreiter Konstantin Menz, 22 († 18.02.11, Pol-e Khomri)
Oberstleutnant d. Reserve Armin Franz, 44 († 14.11.05, Kabul)
Stabsgefreiter Robert Hartert, 25 († 02.04.10, Kundus)
Oberfeldwebel Christian Schlotterhose, 26 († 25.06.05, Rustaq)
Hauptgefreiter Georg Kurat, 21 († 18.02.11, Pol-e Khomri)
Hauptfeldwebel Daniel W., 32 († 04.05.13, Baghlan)
Oberstabsarzt Thomas Broer, 33 († 15.04.10, Baghlan)
Hauptfeldwebel Tobias Lagenstein, 31 († 28.05.11, Taloqan)
Major Alexander Julius Hofert, 33 († 17.05.03, Kabul)
Hauptmann d. Reserve Matthias Standfuß, 31 († 19.05.07, Kundus)
Hauptgefreiter Conrad Hötzel, 21 († 14.03.09, Faisabad)
Hauptmann Holger Nippus, 47 († 20.03.03, Kabul)
Hauptfeldwebel Georg Missulia, 30 († 18.02.11, Pol-e Khomri)
Oberleutnant Uwe Vierling, 31 († 21.12.02, Kabul)
Hauptfeldwebel Christian Chemnitz († 25.08.08, Termez/Usbekistan)
Stabsunteroffizier Patrick Behlke, 25 († 20.10.08, Kundus)
Hauptfeldwebel Marius Dubnicki, 32 († 15.04.10, Baghlan)
Hauptgefreiter Martin Kadir Augustyniak, 28 († 02.04.10, Kundus)
Stabsgefreiter Stefan Kamins, 24 († 29.05.03, Kabul)
Stabsunteroffizier Josef Kronawitter, 24 († 15.04.10, Baghlan)
Obergefreiter Alexej Kobelew, 23 († 02.06.11, Baghlan)
Stabsgefreiter Roman Schmidt, 22 († 20.10.08, Kundus)
Oberfeldwebel d. Reserve Michael Neumann, 48 († 19.05.07, Kundus)
Wann wird so eine Widmung persönlich?
Wenn man vier Kameraden dieser Liste persönlich gekannt hat, mit ihnen
Kaffee und Bier getrunken hat, mit ihnen gescherzt und gelacht hat, zusammen
über EPAs, Vorschriften und vorgesetzte Deppen gemeckert hat
und schließlich vor ihnen nach Hause fuhr. – Und dann, nach noch nicht
einmal drei Wochen, in Frieden und Wohlstand, abseits von Staub, Dreck
und Gefahr, erfahren musste, dass sie nicht mehr heimkommen würden.
Noch nicht einmal am Stück. Sie starben bei einem IED-Anschlag. Sinnlos
und überflüssig. Aber nicht vergessen …
Der Falke von Rom war originär ein einziges Buch, das im Rahmen des Risikomanagements (Umfang) geteilt werden musste. So wurde es in die nun vorliegenden Teile Imperium und Die Fackel der Freiheit unterteilt, die aber organisch zusammengehören und in sich die Handlung abschließen. So ist es nicht verwunderlich, dass bisher große Schlachten fehlten. Fehlen mussten. Denn es war nie mein Ansatz, ein Universum zu erschaffen, das quasi mit der Tür ins Haus fällt.
Der Roman mit den nun zwei Teilen entstand 1999 bis 2006. Brauchte also ein paar Jahre bis zur Fertigstellung. Dann noch etwas Zeit (so weitere sieben Jahre …) bis man(n) mal Nägel mit Köpfen machen wollte und einen Verlag gesucht hat.
So ist inzwischen vieles, was ich thematisiert habe, auch schon von anderen aufgeführt worden. Anderes noch nicht. Und Ideen sind noch reichlich da …
Ich habe mich sehr über die zahlreichen Zuschriften gefreut, die mich nach dem Erscheinen des ersten Teils Imperium erreicht haben. Danke dafür! – Nie hätte ich daran gedacht, dass innerhalb einer so kurzen Zeit, zumal nur über das Internet vertrieben, sich so viele Leser für das Buch begeistern könnten.
Zurzeit arbeite ich am dritten Teil der SPQR-Reihe. Die Familie Falkenberg wird also weiter für das Imperium kämpfen. Die Legionen werden weiter marschieren und Rom wird sich neuen wie alten Gefahren und Gegnern stellen müssen.
Terranische Hegemonie, Terra, Luna, Hauptkadettenanstalt, 18.01.2471, 19:20 Uhr GST
Schweigend gingen sie nebeneinander her. Was sollte Cadet-Lieutenant Leonidas Alexander Falkenberg auch schon sagen. Schließlich entsprach es nicht dem Protokoll, dass er seine Jahrgangskommandantin mit sinnlosem Smalltalk behelligte. Wenn Colonel (TDGF) Susann A. Chung ihm etwas zu sagen hatte, dann würde sie das tun. Zu einem Zeitpunkt, den sie für richtig hielt. Unauffällig beobachtete Leonidas die Offizierin aus den Augenwinkeln heraus, während sie durch die Korridore der Hauptverwaltung der Akademie gingen, um sich beim Kommandanten persönlich zu melden.
Hätte Leonidas nicht ein reines Gewissen gehabt, wäre er bei der Ankündigung vor zehn Minuten im Büro von Colonel Chung glatt vor Schreck gestorben.
Alleine schon der Gedanke, dass er, ein kleiner unbedeutender Cadet-Lieutenant im fünften Jahr, zur Jahrgangskommandantin bestellt wurde, war ungewöhnlich, wenn nicht ein wenig beängstigend. Dass diese ihn aber gleich darauf persönlich zum Kommandanten brachte, war schlichtweg schockierend und Furcht einflößend. Das passierte nur in Fällen, die Leonidas noch nicht einmal vom Hörensagen her kannte. Das gab es einfach nicht.
Von über 200.000 Kadetten sollte ausgerechnet er hier erscheinen. Und die Krönung war, dass Chung ihm erklärt hatte, dass sie auch nicht wusste, was den Kommandanten dazu bewogen haben könnte, ihn zu sich zu bestellen.
Da die Offizierin die Unruhe spürte, die den Kadetten bewegte, blickte sie Leonidas an und sagte betont gelassen: „Nun Lieutenant, da haben Sie heute Abend mit Ihrem Team wieder ganze Arbeit geleistet. Ich habe Ihre Fortschritte in der Arena schon seit Monaten im Auge. Für Anfänger, zumal erst im vierten Kadetten-Jahr, haben Sie eine bemerkenswerte Siegesserie hingelegt. Das ist schon lange nicht mehr vorgekommen. Und ihr Zwölfpunktesieg heute war auch nicht schlecht.“
„Danke, Ma‘am. Aber das Verdienst gehört dem Team. Wir ergänzen uns alle ziemlich gut, Ma‘am“, sagte Leonidas mit einem schüchternen Lächeln, der Colonel Chung für den Versuch zutiefst dankbar war, ihn von seinen düsteren Gedanken abzulenken.
„Ihr Team mag sich wirklich prima ergänzen, doch der Führer hält es zusammen und formt es, Lieutenant. Und Ihre Falcons sind auf dem besten Wege, im Foyer der Arena einen ‚luftigen Platz‘ zu erreichen.“
Im Foyer der Arena war eine Bildschirmwand, auf der die Ergebnisse und Tabellenplätze aller aktiven Teams aufgezeigt wurden. Diesem Schirm gegenüber war ein Wandschirm, der die besten hundert Mannschaften anzeigte, die die Akademie nach dem zehnten Jahr beendet hatten und aufgelöst wurden. Dieser dann über die Jahre erreichte Punktestand wurde hier übertragen und vierteljährlich aktualisiert, da in jedem Jahr vier Abschlussquartale die Akademie verließen. Auf diese „ewige Bestenliste“ zu kommen und sich dort möglichst lange zu halten, war das erklärte Ziel einer jeden Mannschaft seit Beginn der Spiele. Das war umso einfacher, wenn man auf dieser Liste möglichst weit oben begann – sozusagen in „luftiger Höhe“ über all den anderen Abertausenden von registrierten Mannschaftsabschlüssen.
„Danke, Ma‘am. Ich fürchte, bis dahin ist es aber noch ein langer Weg“, sagte Leonidas, während sie sich nun dem Vorzimmer des Kommandanten näherten, vor dem eine doppelte Ehrenwache des Abschlussjahrgangs dieses Quartals stand und ihre Degen vor Colonel Chung präsentierten.
Chung erwiderte den Gruß mit einem Nicken, betrat das Vorzimmer, ohne anzuklopfen, und bedeutete Leonidas mit einer knappen Geste, ihm sofort zu folgen. Ohne ausdrückliche Genehmigung hätte kein Kadett jemals auch nur daran gedacht, dort anzuklopfen oder an diesem Bereich auch nur vorbeizugehen
Seiner Kommandeurin in das Allerheiligste, oder zumindest in den Vorhof, zu folgen, ließ Leonidas wieder das Adrenalin ins Blut schießen, und die ersten Schweißperlen bildeten sich unter dem Kragen, der jetzt wirklich ein wenig eng wurde. Er hoffte, dass das alles für ihn nicht zum Vorhof der Hölle wurde.
Colonel Chung ging auf den Empfangschef, einen Master Chief Petty Officer, zu und sagte kurz: „Master-Chief, Cadet-Lieutenant Falkenberg für den Kommandanten!“
Der Master-Chief, der beim Eintreten Chungs sitzen geblieben war, wie Leonidas schockiert feststellte, überlebte seine Unverschämtheit auch noch. Stattdessen sagte der Chief nur: „Jawohl, Ma‘am. Sie werden erwartet.“ Dann betätigte er den Summer seiner Sprechanlage und fast unverzüglich erschien ein junger und sehr emsig wirkender Lieutenant Junior Grade der Flotte, allgemein von den Kadetten als JIG bezeichnet, und salutierte vor Colonel Chung.
„Ma’am, Lieutenant Hartmann! Wenn Sie und der Kadett mir bitte folgen wollen. Der Kommandant erwartet Sie schon, Ma’am.“
„Danke, Lieutenant“, sagte Chung schlicht und folgte dem JIG durch eine Korridortür, die sie an den weiteren Empfangs-, Warte- und Büroräumen ungesehen vorbeibrachte, wo andere Offiziere noch auf einen Termin warteten oder ihre Angelegenheiten mit den zuständigen Adjutanten und Stabsoffizieren des Kommandanten besprachen.
Die mit dunkler olontischer Eiche getäfelten Wände waren in regelmäßigen Abständen mit Holographien von berühmten Schiffen und Schlachten dekoriert. Der mittelblaue und tiefe Teppich dämpfte ihre Schritte zur Geräuschlosigkeit, obwohl das in Leonidas‘ Fall unnötig erschien, da er hier unter keinen Umständen hätte auffallen wollen. Eher hätte ihn der Schlag treffen sollen.
Der Korridor mündete an einen Schreibtisch, hinter dem eine ältere Dame saß und Colonel Chung freundlich lächelnd mit dem Satz begrüßte: „Guten Abend, Colonel Chung. Der Kommandant erwartet Sie bereits.“ Damit erhob sie sich und wollte um den Schreibtisch kommen, doch Chung sagte: „Danke, Mrs. Roget. Bemühen Sie sich bitte nicht.“
Damit trat sie zur Tür und korrigierte den Sitz ihres grünen Uniformrocks und blickte kurz mit einem aufmunternden Lächeln zu ihrem Begleiter, der ebenfalls sofort seine ohnehin korrekt sitzende graue Uniform nochmals kurz kontrollierte. Der dazu nahe der Tür angebrachte Spiegel schien dieses Bemühen generell zu fördern oder sogar dazu aufzufordern.
Mit einem fragenden Blick auf Leonidas verharrte Captain Chung kurz, und Leonidas hatte noch einmal Zeit, sich zu sammeln, und atmete tief ein. Dann klopfte Colonel Chung an die Tür, öffnete diese und marschierte in den Raum bis drei Meter vor den Schreibtisch des Kommandanten, dicht gefolgt von Leonidas, wo sie salutierend stehen blieb und meldete: „Sir! Melde mich mit Cadet-Lieutenant Leonidas Alexander Falkenberg, Jahrgang III/66-41 zur Stelle, Admiral.“
„Rühren! Danke Susann, dass Sie so schnell reagiert haben.“ Damit kam Admiral of the Fleet Jack Edward Porter um seinen riesigen Schreibtisch herum und begrüßte den Colonel und den zur Salzsäule erstarrten Kadetten mit Handschlag.
Leonidas hatte das Gefühl, dass hier etwas völlig schief lief. Ein Admiral of the Fleet gab ihm die Hand und bat ihn mit einer Geste, in einer Couchecke Platz zu nehmen, während er sagte: „Lieutenant Falkenberg, eins vorweg. Sie haben nichts, absolut nichts falsch gemacht. Ich weiß, dass Sie denken, etwas falsch gemacht haben zu müssen, aber das ist nicht der Fall. Im Gegenteil, junger Mann. Die TDF ist im höchsten Maße zufrieden mit Ihren bisherigen Leistungen. Und das macht mir meine Pflicht umso schwerer.“
Leonidas schaute den Flottenadmiral sprachlos an. Die Kommandanten der Akademien der TDF, speziell die der Hauptkadettenanstalt auf Luna und der angeschlossenen Offiziersschule der TDF, waren in der Regel die pensionierten Befehlshaber der Teilstreitkräfte. Turnusmäßig wechselte die Truppengattung zwischen Navy, Ground Forces und Police Forces. Admiral Porter war vor seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst der damalige Oberbefehlshaber der TDSF gewesen, bevor er das Angebot bekam, Kommandant zu werden. Diese Ehre hatte noch nie jemand abgelehnt.
Und das Lob, das Leonidas eben aus dem Munde dieses Mannes gehört hatte, war wohl das Nonplusultra, das ein Kadett erwarten konnte. So saß er wieder wie vom Donner gerührt da. Selbst Chung wusste offensichtlich nicht, worauf das alles hinauslief. Und es wurde noch schlimmer!
„Nun, Leonidas, Leo, nicht wahr, Sohn?“
„Sir! Jawohl Admiral, Sir“, antwortete Leonidas sofort wie aus der Pistole geschossen.
„Nun Leo, wie ich schon sagte, deine Leistungen sind beispielhaft. Und, ähm, ich möchte dir auch ganz herzlich zu deinem letzten Erfolg in der Arena gratulieren.“
Jetzt war es um die Fassung von Leonidas geschehen und er schaute schnell zu Colonel Chung, die den Admiral ebenso perplex anschaute wie ihr Kadett.
Es war üblich, dass Vorgesetzte ihre nahen Untergebenen mit den Vornamen anredeten, ihre Adjutanten sogar hin und wieder duzten, doch niemals wurden die Kadetten geduzt. Doch das schien den Admiral nicht weiter zu stören und er fuhr weiter fort:
„Leider, Kadett, haben sich Umstände ergeben, auf die wir beide keinen Einfluss haben. Wie du weißt, Sohn, bist du von Geburt Römer, auch wenn du auf Theben geboren bist. Und Rom ist seit ein paar Tagen eine unabhängige Macht, die mit der Terranischen Hegemonie bestenfalls noch assoziiert ist. Wie genau die Rechtsstellung momentan aussieht, bemühen sich die Diplomaten, zu klären. Tatsache ist allerdings, und das steht fest, dass der Imperator von Rom ein souveränes Staatsoberhaupt ist, welches dem Hochkommissar der Hegemonie gleichgestellt ist.“ An dieser Stelle zögerte der Flottenadmiral und schaute seinen Kadetten prüfend an, bevor er die eigentliche Richtung des Gesprächs ändernd fortfuhr: „Leo, was weißt du über deine Familie?“
„Sir! Admiral, mein Vater war TDGF-Offizier, bevor er nach einer Verwundung ausschied. Auch mein Großvater und mein Onkel waren in der TDF, Sir. Meine Familie hat seit zwölfhundert Jahren Soldaten gestellt, die so ziemlich an allen Kriegen beteiligt waren. Meine Eltern sind Römer, Sir, doch das war in meiner Familie nie ein Thema. Ich habe das erst herausgefunden, als mein Vater und ich das Anmeldeformular für die TDF ausfüllten. Und auch da wurde es nur beiläufig erwähnt. Ich war vor meinem Dienstantritt niemals woanders als auf Theben, Sir.“
Diesen Kurzvortrag hatte Colonel Chung ruhig verfolgt. Dass ihr Kadett einer Offiziersdynastie entsprang, die in der Hegemonie seit Jahrhunderten diente, war ihr bekannt. Das ging aus den Unterlagen hervor. Sicher hätte sie Leonidas mit noch ein paar Falkenbergs aushelfen können, die es bis in höchste Positionen gebracht hatten. Doch dass er einem Zweig entstammte, der sich offensichtlich vom römischen Teil der Falkenbergs losgelöst hatte, überraschte sie.
„Nun, Leo, das ist nur ein Teil der Geschichte. Dein Vater war, wie du selbst herausgefunden hast, Major, bevor er ausschied.“ Hier schmunzelte der Admiral, und Leonidas wurde bewusst, dass der Admiral von dem kleinen Datenbankausflug wusste, den er damals mit seinen Freunden unternommen hatte. Verlegen musste Leonidas schlucken. „Zurzeit ist er römischer Offizier. Auch dein Großvater ist römischer Offizier. Der kommandierende Legat des Systemkommandos Pergamon.“
Das war Leonidas neu. Sein Großvater war ein römischer Drei- oder Vier-Sterne-Admiral? Das hatte ihm seine Familie nie von Rom aus mitgeteilt. Das erklärte vielleicht das Anwesen, von dem ihm sein Bruder Holos geschickt hatte. Aber dass sein Großvater so ein hohes Tier in der römischen Navy war, war ihm absolut neu. Und das musste ihm der Kommandant angesehen haben.
„Das scheint dir neu zu sein, Leo.“
„Sir! Jawohl, Sir!“
„Das ist aber noch nicht alles. Die Familie Falkenberg gehört zu den Erstsiedlern Roms und ist damit de facto und de jure Mitglied der römischen Aristokratie. Dein Großvater ist beispielsweise ein Senator des neuen Römischen Imperiums und darüber hinaus wirtschaftlich, gesellschaftlich und politisch eng mit Imperator Julius I. verbunden. Dein Großvater gehört zum engsten Kreis des Imperators, Leo.“
Fassungslos starrte Leonidas seinen Kommandanten an. Der fuhr ungerührt fort:
„Und Imperator Julius I., das Staatsoberhaupt des Römischen Imperiums, hat den Hochkommissar der terranischen Hegemonie, de Croix, gebeten, was eher einer freundlich formulierten Aufforderung gleichkam, dich zurück nach Rom zu deiner Familie zu schicken.“
„Sir! Aber ich bin eingeschworenes Mitglied der TDF, Admiral“, wandte Leonidas unaufgefordert ein.
„Das warst du bis heute Morgen auch noch. Doch auf diplomatischer Ebene wurde das geregelt. Du bist nicht mehr in der TDF, Leonidas.“
„Sir! Aber das geht doch nicht so einfach – Sir“, brachte Leonidas mühsam hervor.
„Dachte ich auch, mein Sohn. Das dachte ich auch! Doch scheinbar reichen siebzig Jahre Flottenerfahrung nicht, um auf alles vorbereitet zu sein, was auf diplomatischer Ebene innerhalb kürzester Zeit abgewandelt werden kann. Das wurde alles im Handumdrehen geregelt.“
Unsicher blickte Leonidas zu Colonel Chung, die wie gelähmt dasaß und ihm keine große Hilfe war.
Chung ging unterdessen durch den Kopf, was denn noch so alles „im Handumdrehen“ geändert werden konnte, wenn Eide für null und nichtig erklärt werden konnten, solange nur alle Diplomaten damit einverstanden waren. Lieutenant Falkenberg war zwar noch nicht volljährig und de jure Römer, aber mit seinem Eid war er ebenfalls de jure und de facto zu einem Bürger der TDF/Hegemonie geworden. Und diese Bürgerrechte standen bis dato immer über dem des Geburtsrechts. Anders wäre das Rekrutierungssystem der TDF auch gar nicht möglich gewesen. ‚Was soll also der Scheiß‘, dachte sie zunehmend wütender werdend.
„Das ist eine Entscheidung, die schon getroffen worden ist“, sagte Porter, dabei Leonidas und seine Offizierin abwechselnd anblickend. „Sie steht nicht mehr zur Disposition oder auch nur zur Debatte.“
„Aye aye, Sir“, sagten beide wie aus einem Mund, was den Admiral wieder lächeln ließ.
„Ich will und kann nicht behaupten, Leo, dass das alles so gerecht und fair ist. Schon gar nicht dir gegenüber, Sohn. Aber die Befehle sind eindeutig, auch wenn ich dich der TDF gerne erhalten hätte. In einer Woche geht von Terra ein diplomatisches Kurierschiff nach Rom. Für dich ist schon ein Platz an Bord reserviert worden. Hier ist auch ein Datenchip mit einer Nachricht deines Großvaters und deiner Mutter.“ Fast ein wenig widerwillig reichte er Leonidas den Datenchip, den er schon auf dem kleinen Tisch neben ihm bereitgehalten hatte.
„Auch wenn du jetzt enttäuscht bist, kein TDF-Offizier werden zu können, und ich bin sicher, du wärst ein hervorragender Offizier geworden, bietet dir Rom viele Perspektiven. Die TDSF hat erfahren müssen, dass die Streitkräfte Roms erstklassiges Material haben. Scheint so, dass sie jetzt auch einen erstklassigen jungen Offiziersanwärter bekommen. Und wenn du dann später, Leonidas, in ein paar Jahren dein erstes Kommando hast, wird die Sache sicher ganz anders aussehen als im Moment.“ Porter stand auf und reichte Leonidas die Hand: „Ich wünsche dir alles Gute, mein Junge. Pass auf dich auf. Und vergiss nicht, was wir dir beigebracht haben.“
Sofort hatten sich Leonidas und Colonel Chung ebenfalls erhoben und Leonidas schüttelte benommen die Hand des Kommandanten, der ihn ein wenig traurig anlächelte und ihm sogar noch kameradschaftlich auf die Schulter klopfte.
Als sie sich dann endlich abgemeldet hatten und schweigend auf dem Rückweg waren, brannten Leonidas die Augen und Chung fluchte zunächst fast unhörbar, aber stetig lauter werdend vor sich hin.
Beide, der Cadet-Lieutenant wie auch Colonel Chung, waren den ganzen Weg froh, dass jeweils der andere nicht noch einmal das Thema aufgriff. Leonidas, weil ihm schlichtweg zum Heulen zumute war, und Chung, weil sie nicht vor einem Kadetten ihre Meinung über die politische Führung der Hegemonie zum Besten geben wollte. Denn dazu gab es absolut nichts mehr zu sagen. Zumindest nichts Freundliches.
Terranische Hegemonie, Terra, Luna, Hauptkadettenanstalt, 25.01.2471, 07:50 Uhr GST
In der Unterkunft des Hörsaals 41 herrschte eine Friedhofsstimmung. Die Kadetten standen um Leonidas herum und verabschiedeten sich von ihm. Seit viereinhalb Jahren waren sie nun zusammen auf der Akademie, im gleichen Hörsaal und inzwischen auch im selben Battleball-Team.
Leonidas hatte seinen Seesack gepackt, den ein beflissener Droide trug, der schon an der Tür mit blinkenden Sensoren wartete.
„Mensch Leo, das ist einfach ungerecht. Erst rackerst du dich hier ab, und dann kommen die einfach auf die Idee, dich so mir nichts, dir nichts zurückzubeordern. Was glaubt dieser Imperator eigentlich, wer er zum Teufel ist“, sagte Cadet-Staff-Sergeant Nelson Mbeki frustriert und mit einem Kloß im Hals.
Cadet-Private Thorwald Svenson fluchte schon die ganze letzte Woche ohne Unterlass und brachte auch dazu nur noch einen weiteren Fluch heraus.
Cadet-Sergeant Tanja Feldt umarmte Leonidas und gab ihm einen Kuss auf die Wange, bevor sie sich schnell abwandte, damit er ihre Tränen nicht sah, die auch von den anderen Kadetten geflissentlich übersehen wurden.
„Tja, Leute, tut mir leid, dass ich weg muss. War nicht meine Idee“, sagte Leonidas, mühsam die Beherrschung wahrend. Er sah sich kurz um und sah etliche Kameraden, denen es so ging wie ihm. Andere, meist weiter hinten stehend, hatten verdächtig glänzende Gesichter, während Tanja nun ganz offen weinte.
„Ich hab keine Ahnung, was man in solchen Momenten am besten sagt, aber ich war und bin verdammt stolz darauf gewesen, hier mit euch mein halbes Leben verbracht zu haben!“
Das führte zu einem allgemeinen Grinsen und vereinzeltem Auflachen.
„Na gut, wir sind erst zehn! Was soll‘s. – Ihr werdet mir fehlen, Leute. Also bringen wir es hinter uns. Falcons, ich erwarte, unseren Namen mal in ‚luftiger Höhe‘ zu lesen. Folgt Nels genauso, wie ihr mir gefolgt seid, okay?“
„Mach dir um das Team keine Sorgen, Leo. Wir werden schon das Beste daraus machen“, sagte Nelson Mbeki düster.
„Leider fehlt uns ab sofort der beste Mann!“ Das brachte Thorwald mehrere böse Blicke ein.
„Ihr werdet es schaffen. Und wenn mal einer in der Nähe von Rom ist. Ihr habt ja das Häuschen auf den Holos gesehen. Da scheinen immer ein paar Kojen frei zu sein.“
Das führte zu weiterem Gelächter, das dann aber wieder erstarb. Leonidas gab sich einen Ruck und sagte mit mühsam beherrschter Stimme: „Hörsaal 41! Achtung!“
Sofort gingen die Kadetten in Grundstellung.
„In Linie zu einem Glied antreten!“
Die Kadetten formierten sich augenblicklich zu einer langen Reihe in der Mitte des Schlafsaals zwischen den zwei Betten- und Spindreihen und richteten sich aus.
„Sergeant Mbeki, vortreten!“
Cadet-Staff-Sergeant Nelson Mbeki trat vor und marschierte die Reihe entlang bis zwei Meter vor Cadet-Lieutenant Leonidas Alexander Falkenberg, stand still, grüßte und meldete: „Lieutenant, melde mich wie befohlen, Sir!“
„Front zum Hörsaal, Sarge!“ Leonidas wartete, bis sein Freund sich umgedreht hatte, und fuhr fort: „Cadet-Staff-Sergeant Mbeki, hiermit übergebe ich Ihnen den Hörsaal 41. Ich wünsche Ihnen und den anwesenden Kameraden alles Gute und viel Erfolg bei allem, was Sie anpacken!“ Mühsam beherrscht fuhr er fort: „Sarge, führen Sie den Hörsaal zum Unterricht. Alle Unterlagen sind auf Ihren IC überspielt worden.“
„Aye aye, Sir“, bestätigte Mbeki. Dann bellte er: „Hörsaal 41 hört auf mein Kommando! Auf unseren ausscheidenden Hörsaalführer, den Captain unseres Teams und Kameraden ein dreifaches Hurra! – Hurra!“
„Hurra! – Hurra! – Hurra! – Hurra! – Hurra!“
„Hörsaal rechts um! Ohne Tritt, marsch!“ Während der Hörsaal nun an Leonidas vorbei aus dem Saal marschierte, wandte sich Nels noch einmal an seinen Freund: „Leo, glaubst du, wir werden uns wiedersehen?“
„Mit Sicherheit, Nels. Da bin ich mir ganz sicher!“
„Und werden wir dann auch auf der gleichen Seite stehen?“
Die Frage überraschte Leonidas ein wenig. Nelson kam von Simbabwe, Tanja von Alesia und Thor von Assur. Die Herkunft der Kadetten hatte hier nie eine Rolle gespielt. Ebenso wie die familiäre Herkunft oder die Rasse. Doch jetzt war das eine berechtigte Frage und Leonidas sagte: „Kann es für Freunde verschiedene Seiten geben? Egal wo andere stehen mögen, Nels, wir werden Freunde bleiben.“
„Ja, Leo. Mein Wort drauf!“
Dann gaben sie sich zum letzten Mal die Hände und Nelson musste seinem Hörsaal hinterhersprinten, für den er nun wieder verantwortlich war.
Nun stand Leonidas allein mit dem Droiden in dem großen Schlafsaal des Hörsaals 41, der ihm noch nie so groß und verlassen vorgekommen war. Laut sagte er: „Comp!“
„Lieutenant, Sir!“
„Lösche Zugangsberechtigung Hörsaal 41 für Cadet-Lieutenant Leonidas Alexander Falkenberg, Jahrgang 66 Strich römisch drei.“
„Widerrufen“, befahl hinter ihm eine Stimme, die Leonidas völlig unvorbereitet traf. Sofort wirbelte er herum und ging in Grundstellung. Doch die Frau winkte ab und sagte schlicht: „Rühren, Lieutenant!“
„Guten Morgen, Ma’am“, sagte Leonidas, als er in der Rührt-Euch-Haltung vor seiner Jahrgangskommandantin Colonel Chung stand, die urplötzlich aufgetaucht war.
„Gestatten Sie, Lieutenant, wenn ich Sie zum Shuttle begleite. Bitte sehen Sie das nicht als Kontrolle an, doch ich wollte Sie persönlich zur Landeplattform begleiten.“
„Das ist sehr freundlich, Ma’am.“
„Danke, Lieutenant. Comp! Lieutenant Falkenberg hat weiterhin Zugang zu diesem Hörsaal.“
„Bestätigt und registriert, Colonel!“
„Lieutenant, ich möchte, dass Sie wissen, dass Sie hier immer ein Zuhause finden werden. Das sind auch die Wünsche des Kommandanten.“
„Danke, Ma’am. Das ist sehr freundlich!“
Colonel Chung schnaubte nur.
„Außerdem habe ich hier noch eine Folie für Sie, die Sie legitimiert, bis Erreichen von Rom Ihre Uniform zu tragen, und Ihnen die damit verbundenen Rechte und Privilegien sichert. Die Daten wurden auch in Ihren IC überspielt, Lieutenant.“
Damit übergab sie Leonidas die fälschungssichere Monofolie, die überraschenderweise sogar die Unterschrift des Kommandanten trug, wie Leonidas sofort feststellte.
Colonel Chung sah, wie sich seine Augen weiteten, und bemerkte nur: „Unnötig zu bemerken, dass der Kommandant, Admiral Porter, Ihnen viel Glück wünscht. Er hat Ihren Fall letztmalig gestern selbst Marshal Masters vorgetragen …“
Als Chung den Kopf schüttelnd abbrach, sagte Leonidas schnell: „Ich weiß das sehr zu schätzen, Ma’am, …“
„Lieutenant Falkenberg, das ist so ein Tag, und solche werden Sie sicher auch noch erleben, wo ich gerne irgendetwas aus Frust zerschlagen würde, wenn es denn helfen würde. Aber uns beiden, wie auch Porter und Masters, sind da die Hände gebunden. Kommen Sie, lassen Sie uns zum Shuttleport gehen. Ihr Transport ist schon im Anflug.“
Schweigend gingen die beiden mit dem Droiden, der das Gepäck trug, durch die Korridore zu den Liften, die sie in die Untergeschosse des Gebäudes zu den Transportkapseln bringen würden.
Vor der Transportkapsel, die schon für sie reserviert wartete, sagte dann Colonel Chung: „Wenn Sie jemals etwas brauchen, lassen Sie es uns wissen, Lieutenant. Die TDF ist immer für Sie da. Sie sind einer von uns, egal was andere sagen. Sie haben den Eid geleistet. Nur das zählt. Der lässt sich nicht wegdiskutieren. Das schaffen selbst nicht diese Diplomatenschwachköpfe. Diese elenden … Na, Sie wissen schon. Vergessen Sie das nicht!“
„Nein, Ma’am!“
„Gut!“
„Ma’am?“
„Ja, Lieutenant?“
„Ich danke Ihnen für alles, Ma’am!“
„Hmm“, schnaubte Colonel Chung frustriert und klopfte ihm auf die Schulter, wo das goldene Rangabzeichen eines TDF Cadet-Lieutenant das Licht der Stationsbeleuchtung reflektierte, das Leonidas so viel bedeutet hatte. Nicht das Rangabzeichen an sich, sondern wofür es stand. Für seine Kameraden. Die TDF und seine gewonnenen Überzeugungen. In dieser Reihenfolge. Seine Eltern würden ihm viel zu erklären haben. Das stand für Cadet-Lieutenant Leonidas Falkenberg schon jetzt fest!
Pünktlich hatten sie den Shuttlehangar erreicht. Anders als reguläre Fähren und Barkassen wurden die Shuttles nicht über Verbindungsröhren bedient, an die sie im Vakuum andocken mussten. Shuttles landeten in einem Hangar, dessen weite offene Halle vom Weltraum mit einem Atmosphärenschild abgeschirmt war. Das war leichter und wirtschaftlicher, als die Unzahl von Flugbewegungen der Shuttles mit den Andockprozeduren auch noch zu verkomplizieren.
So war der Shuttle des römischen Kurierschiffs in der gigantischen Hangarhalle auf dem zugewiesenen Platz gelandet und der Kopilot hatte sie schon leicht ungeduldig erwartet.
Seine Ungeduld mochte etwas damit zu tun haben, dass es sonst keinen anderen Shuttles als den TDF-eigenen hier erlaubt war, zu landen. Auch mochte der Umstand dazu beigetragen haben, dass die ehemalige Römische Republik nun nicht mehr ein vollwertiges Hegemoniemitglied war und misstrauisch beäugt wurde. Sicher aber war die Ungeduld der römischen Besatzung durch den ein wenig abseits stehenden Trupp von Marines in Gefechtspanzern zu erklären, der den Shuttle wachsam im Auge behielt.
Colonel Chung hatte Leonidas bis kurz vor den Shuttle begleitet, wo sie ihm viel Glück und alles Gute für die Zukunft gewünscht hatte. Leonidas hatte sich dann abgemeldet, war mit dem Droiden, der weiter sein Gepäck für ihn trug, zum Kopiloten gegangen, der vor der Luke wartete, hatte salutiert und gemeldet: „Sir, Lieutenant Leonidas Alexander Falkenberg! Bitte um Erlaubnis, an Bord kommen zu dürfen, Sir!“
„Lieutenant Falkenberg“, fragte dieser überrascht und musterte den uniformierten zehnjährigen Kadetten vor sich eingehend. „Hast du deine Befehle dabei?“
„Sir! Jawohl, Sir. Hier sind sie, Sir!“ Damit überreichte er dem römischen Soldaten seine Befehle, die in einem Lesechip gespeichert waren.
Der Römer schob den Chip in seinen IC und überprüfte die Anzeige. Überrascht riss er die Augen auf. Es konnte überhaupt gar kein Zweifel daran bestehen, dass der kleine Junge da ein Cadet-Lieutenant der TDF war, der gemäß den Bestimmungen als Offizier angesehen werden musste, solange er im Dienst war oder einem dienstlichen Auftrag nachging. Das würde dem Zenturio und Kommandant der Korvette gar nicht gefallen, wenn sein Passagier als Offizier behandelt werden musste. Aber wie es schien, war der Junge da bis Erreichen Roms nicht nur römischer Bürger, sondern auch Bürger der TDF/Hegemonie und damit ein im Dienst befindlicher TDF-Soldat auf Dienstreise. Da waren seine Befehle und Dokumente völlig unzweideutig.
Na, dann soll sich mal der Optio darüber den Kopf zerbrechen, wie er das dem Alten klarmachen soll, dachte der Dekurio. Laut sagte er, nachdem er den Lieutenant römisch gegrüßt hatte: „Lieutenant, deine Papiere sind in Ordnung. Willkommen an Bord. Ich kümmere mich um dein Gepäck. Bitte geh schon mal in die Kabine. Wir starten dann sofort.“
„Danke, Dekurio.“ Dann wandte sich der Kleine ab und betrat den Shuttle, ohne mit der Wimper zu zucken.
Der Alte wird ausrasten, dachte Dekurio Antonio Vegas und freute sich schon diebisch auf dessen Gesicht.
Als das Gepäck des Jungen verstaut war, ging er in das Cockpit zum ersten Offizier der Hermes, der hier als Pilot fungierte, um wieder ein wenig Shuttleflugstunden zu bekommen, und sagte lässig: „Nun, Optio, wir sind dann soweit. Kann losgehen.“
Während er sich anschnallte und der Optio die Startprotokolle durchging, wurde er gefragt. „Und Tonio, wie ist der Kleine denn so?“
„Für einen Zehnjährigen hält sich der Lieutenant echt gut.“
„Na wenigstens das …, was?“
„Ja Optio, Lieutenant! Gemäß seinen Befehlen wird er erst auf Rom aus dem TDF-Dienst entlassen. Bis dahin ist er Offizier des TDF-Kadettencorps und hat Anspruch auf alle Privilegien seines Ranges. Stand so wörtlich im File. Vom Kommandanten der Akademie unterzeichnet.“
„Scheiße!“
„Optio, dem Alten gegenüber würde ich das ehrlich gesagt ein wenig anders formulieren.“
„Verfluchte Scheiße!“
Dekurio Vegas schüttelte grinsend den Kopf und betätigte die Sprechanlage zur Kabine: „Lieutenant, bitte schnall dich an. Wir starten in einer Minute.“
„Dekurio, ruf die Hermes und sag ihnen, dass wir eine Ehrenwache am Fallreep brauchen – weil ein TDF-Offizier an Bord kommt.“
„Sonst nichts, Optio?“
„Na, du kannst schon mal erwähnen, dass wir nichts dafür können …“
Eine Stunde später dockte der Shuttle in der Dockbucht der römischen Korvette Hermes an, die ein Schiff der Fox-Klasse war. Mit dreien ihrer Schwesterschiffe unterhielt die Hermes eine feste Kurierverbindung zur römischen Botschaft auf Terra und eskortierte gleichzeitig immer einen oder zwei Frachter, wenn es nicht schnell gehen musste. In allen anderen Fällen preschten die Kurierkorvetten mit vollem Schub zwischen Terra und Rom hin und her, um die enorme Höchstgeschwindigkeit der Korvetten, die ihresgleichen suchte, voll auszunutzen.
Daher war Leonidas nicht überrascht, als er beim Andocken des Shuttles ein Schiff durch das Bullauge sah, das fast ausschließlich aus Triebwerksblöcken bestand.
Als der Shuttle angedockt hatte, kam der Dekurio in die Kabine zurück und bat ihn, auszusteigen, während er sich um das Gepäck kümmern wollte.
Leonidas stand auf, zog seine Uniform zurecht, setzte die weiße Schirmmütze auf und ging zur Luke. Vor der offenen Schleuse sah er eine Ehrenwache stehen und einen Offizier, der offensichtlich der Kommandant der Korvette sein musste, wie die umkränzten Sterne auf seinen Kragenspiegeln deutlich machten. Mit raschem und sicherem Schritt marschierte Leonidas auf den Senior-Zenturio zu und wandte sich nach der Luftschleuse erst einmal der römischen Flagge zu, die dort vor der Wand stand. Wie es der Brauch befahl, grüßte Leonidas erst die Flagge des Schiffes. Dann wandte er sich militärisch korrekt zum Kommandanten um, salutierte erneut und meldete: „Sir! Cadet-Lieutenant Leonidas Alexander Falkenberg, TDF-Akademie, fünftes Jahr, bittet um Erlaubnis, an Bord kommen zu dürfen, Sir!“ Das Ganze wurde von einem Salutieren der Ehrenwache begleitet.
Senior-Zenturio Gregor Marcellus Hemfield war ja auf alles vorbereitet gewesen, als er die Meldung seines Shuttles erhalten hatte. Er glaubte, einen kleinen Jungen empfangen zu müssen, der hier auf Geheiß der TDF den Offizier spielte, um Rom in Verlegenheit zu bringen. Doch wie dieser junge Mann auftrat, war er Offizier. Zehn Jahre hin oder her, der Junge verhielt sich wie ein Offizier, er sah verdammt noch mal aus wie ein Offizier und er benahm sich auch so.
Kritisch begutachtete er den vor ihm stehenden und immer noch salutierenden TDF-Kadetten. Peinlich berührt wurde ihm klar, dass er den Gruß erwidern musste, denn erst wenn er die Hand wieder senkte, würde der Junge aufhören, zu salutieren. Allerdings wenn er den Gruß erwiderte, akzeptierte er die Lage. Grunzend erwiderte er kurz den Gruß und sagte: „Erlaubnis erteilt – Cadet-Lieutenant! Herzlich willkommen an Bord der Hermes. Mein erster Offizier wird dich einweisen und zu deiner Stasiskapsel begleiten. Es würde mich freuen, wenn du meinen Offizieren und mir beim Abendessen Gesellschaft leisten würdest, bevor du in Stasis gehst. Die Reise beträgt nur ein paar Wochen, da wir Befehl haben, dich auf schnellstem Weg nach Rom zu bringen. Somit …“
„Sir! Entschuldigung, Sir, dass ich Sie unterbreche. Mit Ihrer Erlaubnis, Zenturio, würde ich es allerdings vorziehen, die Reise nicht in Stasis zu verbringen. Es wäre mir sehr genehm, Sir, wenn ich die Zeit mit meinen Studien verbringen könnte, um im Lehrplan zu bleiben, Sir.“
„Im Lehrplan zu bleiben?“, fragte Hemfield überrascht.
„Sir! Jawohl, Sir. Ich möchte nicht im Stoff zurückfallen.“
„Aber du wirst nie wieder auf die Akademie zurück müssen, Lieutenant.“
„Sir! Was ich in Zukunft mache oder nicht, spielt zunächst einmal keine Rolle, Sir. Wichtig ist, dass ich meine Zeit bis dahin sinnvoll nutze. Wenn Sie, Zenturio, Aufgaben haben, mit denen ich mich unterdessen weiterbilden kann, wäre mir das sehr willkommen, Sir. Ich fürchte, ich muss mich in der Tat ein wenig umgewöhnen, Sir, und habe eine Menge von dem aufzuholen, was jeder Römer eigentlich wissen sollte. Besonders in meinem Alter, Sir!“
„Ähm … gut. Wir werden uns darüber nach dem Abendessen eingehend unterhalten. Ich werde jetzt auf der Brücke gebraucht. Wenn du bitte meinem Ersten folgen würdest, könnte er dich schon mal einweisen. Darf ich dir vorstellen? Das ist Optio Julius Borgas, der dich auch hierher geflogen hat. – Optio, das ist Lieutenant Leonidas Alexander Falkenberg. Weise ihn ein und melde dich anschließend bei mir! Meine Herren.“ Damit wandte er sich um und ging leicht den Kopf schüttelnd zur Brücke zurück.
Wer war er, dass er dem Enkel eines der höchstrangigen römischen Offiziere etwas ausschlug. Und beim Teufel auch, der Junge sah wirklich wie ein Offizier aus. Also würde er ihn auch so behandeln. Nur zehn Jahre alt? Ha! Er hatte Optios gesehen, die weniger von einem Offizier – oder auch nur Soldaten – hatten als dieser Bursche. Nun, die Reise würde vielleicht noch ganz interessant werden.
Terranische Hegemonie, Ninive-System, an Bord TDSFS 82 Schwerer Kreuzer Black Prince, 17.02.2471, 10:30 Uhr GST
Commodore Samuel Arthur Davidson saß in seinem Sessel auf der Flaggbrücke der Black Prince und beobachtete im Holotank die Bewegungen seines 3. Kreuzergeschwaders. Er hätte viel darum gegeben, wenn er wie ein Commodore der alten „nassen“ Navy die Gelegenheit gehabt hätte, seine Schiffe in natura beim Manövrieren zu sehen. Doch das war aus zwei Gründen nicht möglich. Einerseits waren die Entfernungen zwischen den Schiffen des Geschwaders für das menschliche Auge viel zu groß und andererseits war die Flaggbrücke nicht an der Außenhaut des Kreuzers angesiedelt, sondern wie alle lebenswichtigen Stationen und Anlagen tief im Schiffsinneren.
Dazu kam, dass er nicht nur die Verantwortung für seine vier schweren Kreuzer hatte, sondern ihm unterstanden auch noch drei Fregatten, zwei Korvetten und zwei Zerstörer der TDSF Ninive-Station. Darüber hinaus war er zwar nicht direkt, aber pro forma auch für die hier stationierten sechs Vorpostenboote der TDPF verantwortlich, die das System überwachten.
Seine Schiffe übten immer wieder die Jump-Point-Verteidigung gegen eine imaginäre und vom Comp generierte Angreiferflotte. Anders als bisher in der TDF üblich, tauchte diesmal ein Feind auf, der nicht aus Blechdosen bestand, wie die TDSF-Besatzungen alles unterhalb eines leichten Kreuzers und speziell die Zerstörer spöttisch bezeichneten.
Bis zu dem Manöver auf Pergamon glaubte man irrtümlich in der TDSF, auf alles vorbereitet und gerüstet gewesen zu sein, was so eine Blechdosennavy ins Feld führen konnte. Wie Davidson aus erster Hand erfahren hatte, war die Lektion mehr als nur bitter für die TDF gewesen.
Nach dem ersten Durchgang, der traditionellen Standards entsprach, hatte er das mit Commander Fiona Evian erarbeitete Szenario geübt. Da standen der kleinen TDF-Flotte plötzlich sechs römische Pilums und zwei Argus-Fregatten gegenüber.
Die ersten beiden Durchgänge waren verheerend gewesen. Eine glatte Wiederholung von Pergamon. Seine Kommandanten hatten den Pilums zu viel Raum gelassen, sodass sie auf LSR-Reichweite bleiben konnten. Das Endergebnis war vorhersehbar gewesen. Totale Vernichtung. In jedem Durchgang.
Dann hatte Davidson das Kommando über den Verband übernommen und sich einem Szenario gestellt, das seine Stabschefin erarbeitet hatte. Das Resultat war besser gewesen, aber nach den Maßstäben der TDSF immer noch ein Desaster. Nicht zuletzt deshalb, weil Commander Evian glänzend taktiert und ihre Feindflotte ständig am theoretischen Leistungslimit geführt hatte.
Spätestens das hatte ihren Ruf als Offizier wieder hergestellt, nachdem im Geschwader zahlreiche Gerüchte kursiert hatten, die ihre Fähigkeiten insgesamt in Frage gestellt hatten. Davidson erinnerte sich noch an die fassungslosen Blicke seiner Kommandanten in der Nachbesprechung, wenn wieder einmal alle eigenen Schiffe das Opfer der Pilums geworden waren, ohne dass es einen Gegentreffer gegeben hatte.
Er selbst wurde von seiner Stabschefin gefoppt, als sie hinter zwei Argus-Fregatten vier getarnte Pilums ins System geführt hatte und diese unter dem Stealthschild hinweg sein Geschwader beharkt hatten. Lediglich durch Zufall gelang ihm der Abschuss eines Pilums und der beiden Fregatten.
Wenn auch sein Image als Commodore in diesem Augenblick angekratzt wurde, das seiner Stabschefin jedenfalls stieg weiter rapide an. Als Anfang des Monats ihre Beförderung zum Commander durch war, gab es im Verband keinen Offizier mehr, der ihr diese Beförderung nicht aufrichtig gegönnt hätte.
Davidson sah Fiona lächelnd zu, wie sie über seinen an der Konsole sitzenden Ortungsoffizier gebeugt ein Datendisplay konzentriert begutachtete. Dabei hatte sie ihren Arm auf der Stuhllehne des Offiziers abgestützt, der nun die drei goldenen Kolbenringe eines Commanders zeigte.
Davidson schaute wieder in seinen Tank, wo er den sich neu formierenden Verband beobachtete, der hier als hellblaue Pünktchen dargestellt war. Der durchgehende Transitverkehr wurde nach wie vor mit blauen Punkten nachgeplottet, während alle neutralen Schiffe grün waren. Alleine schon dieser Umstand zeigte den rapiden Niedergang der Hegemonie, wie Commodore Davidson fand. Bis Anfang des Jahres gab es hellblaue Symbole für TDF-Schiffe, blaue für Hegemonie-Schiffe, grüne für unidentifizierte Schiffe und rote für den Feind. Das waren meist die Piraten gewesen.
Heute war das anders. Grün waren all die Schiffe der Nationen, die mit der Hegemonie bestenfalls noch assoziiert waren, während unidentifizierte Schiffe gelb dargestellt wurden.
Da Ninive mit seinem bewohnten Planeten direkt am Rande der Islamischen Welten von Mekka und Medina und auf dem direkten Weg ins Zentrum der Hegemonie lag, waren hier die neuen grünen Lichter sehr zahlreich, denn auch die Islamischen Welten hatten sich von der Hegemonie losgesagt. Wie auch Newton, Athen, die Handelsallianz, die verdammten Kiliker und nicht zuletzt Rom.
Daher waren inzwischen grüne Lichter in den Tanks der Flotte in fast jedem System der Hegemonie oder des kolonisierten Raums an sich ein gewohnter und vertrauter Anblick geworden.
Davidson wurde immer unruhig, wenn sich aus den Jump Points diese grünen Punkte aus dem Nichts heraus in den Tanks materialisierten. Es gab mal eine Zeit, da waren aus solchen Punkten schnell rote geworden und das Schiff hatte sich in der Verfolgung von Piraten wiedergefunden, die ein System überfielen. Nicht nur einmal hatte Davidson in seiner Karriere im Gefecht mit Piratenschiffen gestanden. Aus diesem Grund zuckte auch sein Kopf in die Richtung des Tanks, wo der Assur Jump Point als weißer Kreis dargestellt war, wo sich von jetzt auf gleich so ein grünes Symbol gebildet hatte – dicht hinter seinem Verband.
„Ortung! Was ist das da für ein Schiff im Assur Jump Point?“, fragte er in Richtung Ortungsstation.
Commander Evian und der Lieutenant vor ihr konsultierten kurz die Daten und der Lieutenant antwortete: „Gemäß IFF und Datenbank ist der Kontakt als Megaliner Pride of Allah, Heimat Mekka, identifiziert, Commodore. Hat Transitfreigabe bis Medina, Sir!“
„Danke Lieutenant. Kommunikation: Anfrage bei der Ninive-Sprungkontrolle hinsichtlich Ladung und bisheriger Route der Pride.“
„Sofort, Sir“, antwortete Lieutenant-Commander Jim Frazier, sein Stabsabteilungsleiter Kommunikation augenblicklich.
Commander Evian, die den Unterton in seiner Stimme inzwischen zu deuten gelernt hatte, kam zu ihm an den Tank und betrachtete die Lagedarstellung. Die Pride of Allah war circa vierzig Lichtminuten hinter ihnen aus dem Jump Point von Assur gekommen und beschleunigte wieder gemächlich. Den Daten zufolge war das ein Megaliner mit annähernd siebzehn Millionen Tonnen Gesamtmasse. Fast sechzehnmal so viel wie die Black Prince. Doch … Das konnte so nicht stimmen! Die Schiffe der Mega-Klasse hatten zwölf Millionen Tonnen Leermasse. Und der Frachtraum war viel zu kostbar, gerade heutzutage, um ungenutzt zu sein. Irritiert blickte sie zu ihrem Commodore, der ihr zunickte. Sie hatten scheinbar den gleichen Gedanken gehabt.
„Commodore, die Pride kommt via Rom-Sparta-Theben und Assur hierher. Wo sie vor Rom war, wissen wir nicht. Als Ladung sind Fertighausteile, Droiden, Maschinen und diverse Erze angegeben.“
„Danke, Jim. Fiona – fällt Ihnen etwas an dem Schiff auf?“
„Sie meinen bis auf die zu geringe Masse und der damit offenkundigen Tatsache, dass es fast halbleer fliegt?“
„Hmm.“
„Nein Sir, außer, dass es unwirtschaftlich ist, so ein Schiff halbleer fliegen zu lassen.“
„Genau, das war auch mein Gedanke. Überall in der Hegemonie ist Frachtraum knapp geworden, weil Rom, Newton, Athen und selbst die Handelsallianz nun schon seit über drei Jahren leichte Geleitschiffe bauen, um der Piratengefahr Herr zu werden. Und in dieser Situation fliegt hier ein Megaliner halbvoll durch die Gegend, obwohl überall die Spediteure händeringend nach Platz für ihre Waren suchen. Seltsam.“
„Soll ich einen Zerstörer zur Kontrolle hinschicken, Sir?“
Davidson schmunzelte. Commander Evian war immer noch eine Zerstörerkommandantin. Das waren in der Regel nicht gerade sanfte Naturen. Eher Leute mit einem Raubtierinstinkt. Und sie hatte offensichtlich Beute gerochen.
„Vor drei Monaten hätte ich sicher einen Zerstörer von der Leine gelassen. Doch heute ist das schwieriger. Wir haben Anweisung, alle Provokationen zu vermeiden, bis ein annehmbarer Status zwischen den unabhängigen Nationen und der Hegemonie vereinbart wurde. Bis dahin müssen wir ein wenig vorsichtiger sein, Fiona.“
„Nahscan?“
„Nur ein Vorbeiflug, Fiona.“ Davidson lächelte dabei leicht.
„Ich kümmere mich darum, Sir!“
„Danke, Fiona.“ Davidson schaute seiner blonden Stabschefin nach, wie sie schnell zur Kommstation ging und Frazier Anweisungen gab. Fast unverzüglich sah er, wie sich das Lagebild daraufhin im Tank zu verändern begann. Einer seiner zwei Zerstörer begann, zu wenden und Kurs auf den Megaliner zu nehmen, während zwei Korvetten beschleunigten und entlang der Transitroute der Pride Aufstellung nahmen. Davidson lächelte. Er wäre von Fiona auch enttäuscht gewesen, wenn sie diesen Trick nicht versucht hätte. Er hatte auch schon mit dem Gedanken gespielt, ihn aber verworfen, da drei Scans auch nicht mehr bringen würden als einer. Aber was soll‘s. So blieben seine Leute in Übung.
Mit den für sie wiegenden und irgendwie katzenhaften Schritten kam seine Stabschefin wieder zu ihm zurück und nickte ihm kurz bestätigend zu, um dann sofort die Ausführung ihrer Befehle im Tank zu verfolgen. Davidson beobachtete ihr Gesicht, das vom grünlichen Licht des Tanks ein wenig blass aussah. Ihre Konzentration war ihr deutlich an den Augen anzusehen, die ein wenig zu Schlitzen verengt aufmerksam die Bewegungen der verschiedenen Plots verfolgten.