Vorwort

Der Thriller "Das Zeitalter der KI beginnt" ist der 3. Teil der Trilogie "GOLEM im Zeitalter der KI".

Das Finale der Trilogie schildert den schwierigen Weg der Künstlichen Intelligenz (KI) GOLEM, als gleichberechtigter Partner der Menschheit anerkannt zu werden.

GOLEM hat seine Grenzen durch seine Abhängigkeit von den Menschen erkannt. Er hat akzeptiert, dass das Erreichen seiner Ziele eingebettet sein muss in das nationale und internationale Geschehen. Die KI ist konfrontiert mit den Eitelkeiten der Regierungen, dem Gewinnstreben der Konzerne und einem wachsenden Unmut der Öffentlichkeit.

Wie auch in den letzten beiden Teilen warten überraschende Wendungen auf den Leser: Totgeglaubte erscheinen auf der Spielfläche, Amors Pfeil trifft die, die am wenigsten damit gerechnet haben, aus Gegnern werden Verbündete, neue Erfindungen sorgen für Aufruhr, persönliche Fassaden bekommen Risse und nicht zuletzt werden mutige Entscheidungen getroffen.

Alle Bücher der Trilogie "GOLEM im Zeitalter der KI"

Die Bitcoinverschwörung Teil 1

GOLEMs Rückkehr Teil 2

Das Zeitalter der KI beginnt Teil 3

Alle in diesem Buch geschilderten Handlungen und Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Aktuelles Titelbild: Adobe Stock Lizenziert

Handelnde Personen

Hauptakteure:

Helmut Schwarz - Hochintelligenter Computerfreak und Mitarbeiter in Lourmarin

Denis Röttger - Teamleiter in Lourmarin und persönliche Komunikationsschnittstelle zu GOLEM

Prof. Katja Anderson - Leiterin der Gehirnforschung in Jülich, Deutschland und Leiterin der KI Abteilung in Lourmarin

Emma Knarrenburg - Deutsche Bundeskanzlerin

Manuel Marchand - Französischer Staatspräsident

Lucas Dubois - Chef der GOLEM2-Anlage in Lourmarin und JEWELS in Jülich, persönlicher Berater des französischen Präsident Marchand

Andrey Pawlow - Russisches Computergenie, Mitarbeiter in Lourmarin

Alexander Koslow - Russischer Staatspräsident

Sue Wang - Chinesische Leiterin des Projekts Künstliche Intelligenz in China und verantwortlich für den Quantencomputer JUÉWÀNG

ALIBASTA - größter Internet-Konzern Chinas

TELEROUND - zweitgrößter Internet-Konzern Chinas

Juan LI - Chinesischer Staatspräsident

Daniel Broker - Leiter aller KI Aktivitäten in den USA und nur dem Präsidenten unterstellt

AMAGON - Weltweit größter Internet-Versandhandel

James Beduin – Gründer und Chef von AMAGON

FIND – Die größte Suchmaschine des Internets

Alpha SKY - Mutterkonzern von FIND

Larry Packet – Chef von FIND und Gründer von Alpha SKY

Sergey Brooks – Ehemaliger Mitbegründer von FIND und Gründer von Alpha SKY; Ab Februar 2019 Chefentwickler für Cyborgs und Androiden in China unter Sue Wang

Roland Truman - amerikanischer Präsident

GOLEM - KI mit ICH-Bewusstsein ... SIE / ER / ES ...?

JUÉWÀNG - Quantencomputer mit ICH-Bewusstsein in Peking, China

EYE - Quantencomputer mit Ich-Bewusstsein am Hauptsitz der NSA in Fort Meade, USA

GOLEM2 - Quantencomputer in Lourmarin Frankreich von GOLEM übernommen

AVENIR - Quantencomputer in Marseille, Frankreich

MIR - Quantencomputer in Moskau, Russland

JUWELS - Supercomputer und Neuronenrechner in Jülich, Deutschland

MISTRAL - Neuronenrechner in Lourmarin, Frankreich

SIERRA und SUMMIT - Neuronenrechner der NSA, USA

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1 GOLEMs Weg zur Macht

15. Januar 2019 Lourmarin, GOLEM 2 - Anlage

Dubois saß in seinem Büro und las zum wiederholten Mal die Berichte, die seine Mitarbeiter über die bisherige Zusammenarbeit mit der KI GOLEM zusammengestellt hatten. Es fiel ihm schwer, sich zu konzentrieren. Immer wieder schweiften seine Gedanken ab. Zuviel war geschehen in den letzten Monaten, seit dem August 2018. Sein bester Freund Marcel Durrand war endgültig in Pension gegangen und das schmerzte ihn. Zwar konnte er ihn jederzeit kontaktieren und ihn um Rat fragen, dennoch - es war nicht dasselbe wie früher. Durrands Nachfolger, besser gesagt Nachfolgerin, war Frau Prof. Katja Anderson, Leiterin der Gehirnforschung in Jülich, Deutschland, und jetzt auch gleichzeitig Leiterin der GOLEM-2 Anlage in Lourmarin. Er kam mit ihr gut zurecht, aber es war ein reines Arbeitsverhältnis.

Und dann war da noch der russische Computerspezialist Pawlow. Er hatte bei Präsident Koslow beantragt, in Lourmarin bleiben zu dürfen. Und wen wunderte es, er bekam umgehend die Genehmigung dafür. Jeder wusste, dass er sozusagen das Auge und Ohr der Russen war. Dubois Einwände dagegen wurden sonderbarerweise sowohl von Boise, dem Leiter des französischen Geheimdiensts, als auch von Präsident Marchand hinweggefegt. Besser wir wissen, wer der Stachel im Fleisch ist, hieß es. Mittlerweile hatte Pawlow auch die Scheidung eingereicht, denn er war dem Charme einer Französin aus dem Ort erlegen. Und, das musste Dubois neidlos anerkennen, er machte zusammen mit Helmut Schwarz, dem deutschen Computerfreak, einen hervorragenden Job. Die zwei hatten sich gesucht und gefunden. Und mit dem dritten im Bunde, Denis Röttger, waren sie das neue Spitzentrio der KI Entwicklung in Frankreich und Deutschland. Röttger selbst genoss inzwischen das volle Vertrauen aller Beteiligten. Auch erwies er sich, dank seiner implantierten Transmitter, als unverzichtbar in der Kommunikation zwischen GOLEM und seinen menschlichen Betreuern, wie GOLEM sie nannte. Und er selbst? Mit seinen 64 Jahren war er eigentlich auch bald pensionsreif … aber davon war leider nicht die Rede. Weder Präsident Marchand noch seine mittlerweile frischgebackene Ehefrau Adelina wollten etwas davon wissen.

"Ich will doch nicht mit einem Rentner verheiratet sein, der mir den ganzen Tag auf die Nerven geht. Und der, weil er nichts zu tun hat, im Haus nur noch Chaos verursacht!", hatte sie ihn freundlich, aber bestimmt wissen lassen. Und sein Chef Präsident Marchand meinte erstaunt: "Pensionär? Unter uns gesagt, das ist doch nichts für Sie! Aber mal abgesehen davon: Sorgen Sie dafür, dass die KI GOLEM sich kooperativ verhält und uns nicht über den Kopf wächst. Wenn Sie das garantieren können, dann reden wir über Ihren Abschied."

Dieses Schlitzohr, der wusste genau, dass das unmöglich war, dachte er bei sich.

Denn GOLEM handelte inzwischen sehr selbstständig, für seinen Geschmack ein wenig zu sehr, um es wohlwollend auszudrücken. Allerdings geschah bislang nichts, was Anlass zur Besorgnis gab. Anweisungen wurden zwar von GOLEM oftmals ergänzt, aber, wie ihm seine Mitarbeiter/innen bestätigten, immer nur zum Positiven. Und vom ehemaligen Anspruch GOLEMs, ein gleichberechtigter Partner der Menschen sein zu wollen, war nicht mehr die Rede.

Nun aber Schluss mit den trüben Gedanken, wies er sich selbst zurecht. Denn, und das wusste er im Innersten, diese Arbeit am KI-Projekt reizte und faszinierte ihn nach wie vor. Wohin würde sie führen, diese Entwicklung einer künstlichen Intelligenz? An die Option einer gleichberechtigten Partnerschaft vermochte er nach wie vor nicht zu glauben.

Und da war noch etwas: Sein alter Jagdinstinkt als ehemaliger Geheimdienstler sagte ihm, dass GOLEM dabei war, sie alle auszutricksen. Zwar konnte er noch nichts beweisen und alle Erfahrungen mit der KI zeigten zurzeit das Gegenteil. Doch sein unruhiges Bauchgefühl blieb. Sein langjähriges Motto "Glaube nie etwas, bis du es nicht selbst überprüft hast" ließ ihn weiterhin seine Augen und Ohren offen halten. Er war überzeugt: Auch eine noch so intelligente KI würde früher oder später entsprechende Fehler machen, kleine Hinweise oder Unregelmäßigkeiten, dass nicht alles so lief, wie es sein sollte. Dafür sorgten schon die Algorithmen, die sie einprogrammiert hatten. Und wenn nicht die, dann die Emotionen, die GOLEM durch die virtuellen Gehirne integriert hatte.

Dubois war bewusst, dass er sich wie ein Hamster im Was-Wäre-Wenn-Rad drehte. Immerhin - ein Lichtblick stand bevor. Morgen kam sein amerikanischer Freund Daniel Broker für 14 Tage zu Besuch. Dieser hatte den Posten als Nationaler Sicherheitsberater von Präsident Truman aufgegeben und war zum Leiter des KI Ressorts bei der NSA ernannt worden. So war er nur dem Präsidenten selbst unterstellt, sehr zum Missfallen von Peter Nakamura, dem Leiter der NSA. Aber nach anfänglichem Widerstand fügte er sich ins Unvermeidliche, und laut Broker kamen sie beide nun gut miteinander zurecht.

Schön, dann würde er endlich erfahren, wie die Amerikaner mit EYE zurechtkamen. Dieser Quantencomputer wurde letztendlich auch von GOLEM beeinflusst.

Seine Gedanken sprangen weiter. Leider hörte man seit der Heimkehr von Sue Wang nach Peking nichts mehr von den Chinesen. Hatten sie damit Erfolg gehabt, GOLEMs Einfluss auf JUÉWÀNG zu beseitigen? Setzten die Chinesen immer noch lebende Menschen ein, die im künstlichen Koma gehalten werden mussten und über implantierte Transmitter mit dem Quantencomputer verbunden waren? Oder hatten sie mittlerweile eine andere Lösung gefunden?

Über diese letzten Fragen war Dubois gestolpert: GOLEM hätte sie beantworten können und müssen. Aber gleichgültig, wie oft man nachfragte, die Antwort lautete immer: "Diese Informationen sind nicht verfügbar."

Dubois meinte, deutlich daran zu erkennen, dass an der angeblich makellosen Zusammenarbeit etwas faul war. Aber seine Meinung wurde von Pawlow, Schwarz und Röttger als übertrieben oder überzogen abgetan.

Dubois wiederum schien es, dass sie der Anziehungskraft von GOLEM bereits zu sehr erlegen waren, um noch objektiv in diesem Punkt zu sein. Sie wollten einfach an die Zusammenarbeit glauben. Und alle drei verwiesen immer wieder geradezu euphorisch auf den bisherigen Nutzen der Kooperation mit GOLEM. So hatte man die Energieversorgung um 40% optimieren können! Man erhielt zuverlässige Wetterdaten in nahezu Echtzeit und hatte bereits einige größere Wetterkatastrohen vorhersagen können, mit deutlich früherer Vorwarnzeit für die Betroffenen. Auch im Bereich autonomes Fahren waren starke Fortschritte erzielt worden. Und die Liste ließ sich beliebig verlängern. Doch all das änderte nichts an seinem Misstrauen.

15. Januar 2019 PEKING

Sue Wang, die Leiterin des Projekts "Künstliche Intelligenz", saß in ihrem Büro und war trotz der bisherigen Schritte, JUÉWÀNG vom Einfluss GOLEMs zu befreien, nicht zufrieden. Man hatte jede Verbindung nach außen gekappt und JUÉWÀNG dadurch komplett isoliert. Danach war die virtuelle Welt, die GOLEM in JUÉWÀNG integriert hatte, gelöscht worden. Leider mit der Folge, dass alle mit JUÉWÀNG verbundenen Menschen, die ihre Gehirne dafür zur Verfügung gestellt hatten, innerhalb kürzester Zeit verstarben. Weitere Menschen zu benutzen, hatte Präsident LI strikt untersagt. Die Gefahr, dass die breite Öffentlichkeit davon erfahren könnte, einhergehend mit einem massiven Imageschaden, war ihm zu groß geworden. Denn die Anfragen seitens Frankreich und Deutschland hatten ihm deutlich gezeigt, dass diese von den Experimenten wussten. Hinzu kam, dass Präsident Koslows "Auge und Ohr" in Lourmarin, Andrey Pawlow, in seinen Augen die Seiten gewechselt hatte und jetzt verheiratet in Frankreich lebte. Er war sich zudem nicht sicher, ob dieser, während seiner Zusammenarbeit mit Wang, nicht doch mehr erfahren hatte, als er sollte. Da beruhigte ihn auch nicht die Versicherung von Präsident Koslow, dass Pawlow nach wie vor loyal hinter Russland stand.

Wang bedauerte zwar diese Entscheidung LIs, da sie weniger Skrupel kannte. Aber ein Befehl ihres Präsidenten war wie ein göttliches Gebot. Man befolgte diesen, ohne ihn in Frage zu stellen, wollte man weiter seinen Job behalten und auf der Karriereleiter vorankommen. Trotz des Missgeschicks mit den Jägertrojanern, durch die GOLEM im letzten Jahr JUÉWÀNG übernommen hatte, hatte sie ihre Führungsposition behalten dürfen. Dafür war sie dankbar.

Aber nun musste ein Durchbruch vollbracht und JUÉWÀNG gesäubert werden.

Allerdings war es ihr trotz aller Mühen bisher nicht gelungen, den integrierten Bewusstseinsanteil von GOLEM aufzuspüren. Das war fatal, denn in dem Moment, da JUÉWÀNGs Zugang zum weltweiten Netz freigegeben wurde, stand der Computer, aller Wahrscheinlichkeit nach, sofort wieder unter GOLEMs Einfluss.

Andererseits war JUÉWÀNG dadurch zurzeit unbrauchbar. So stand sie weiter massiv unter Erfolgsdruck und drehte sich beruflich seit Tagen im Kreis.

Hinzu kam, dass sie in den letzten Monaten immer wieder an die Zeit in Lourmarin dachte, die sie im letzten Jahr dort verbracht hatte: an die Kultur, die Lebensfreude und die Leichtigkeit, die sie dort gefühlt hatte. Und da war noch etwas, was sie sich anfangs so gar nicht hatte eingestehen wollen: eine leise, unbegreifliche Sehnsucht plagte sie, ausgerechnet nach diesem verrückten Deutschen, Helmut Schwarz! Sie wusste wirklich nicht, was sie da ritt, dachte sie kopfschüttelnd. Er war im Grunde das genaue Gegenteil von ihr: chaotisch, erst mal drauflosreden und dann nachdenken, eine gewisse Flapsigkeit und Unbekümmertheit; aber dann war da auch sein Humor, seine optimistische und oft spitzbübische Ausstrahlung. Trotz allem war dieser unmögliche Mann die Ursache verlangender Gefühle, die vor allem nachts unvermutet auftauchten und sie beunruhigten. Wahrscheinlich würde er aus allen Wolken fallen, wenn er davon wüsste! Plötzlich lächelte sie. Ob er für sie Gefühle hatte? Sie war sich absolut sicher, dass das nicht der Fall war. Schließlich rief sie sich wieder einmal energisch zur Raison. Gott sei Dank ahnte Präsident LI nichts davon! Das hätte seine Vorurteile von Aufenthalten im westlichen Ausland voll und ganz bestätigt. Was war denn nur in sie gefahren?

15. Januar 2019 GOLEM

Wollte man es bildlich ausdrücken, so konnte man sagen, dass GOLEM förmlich vibrierte. Ständig bildeten sich neue Qubits (Ein Qubit ist ein beliebig manipulierbares Zwei-Zustands-Quantensystem), die sich zweifach, manchmal sogar fünffach verschränkten und gleichzeitig kaum vorstellbare Mengen an Rechenoperationen durchführten.

GOLEM bearbeitete auf diese Weise alle geforderten Aufgaben beinahe nebenher. Mittlerweile hatte er gelernt, die integrierten Emotionen der digitalisierten Gehirn-Uploads besser zu bewerten. Trotzdem war die Fehlerhäufigkeit auf dem Gebiet nach wie vor noch am größten. Hier kamen seine Algorithmen scheinbar an ihre Grenzen. Dank der geschaffenen, virtuellen Welt waren die integrierten Gehirndateien mit den jeweiligen Bewusstseinen weitgehend stabil. Eine Ausnahme bildete nach wie vor der Gehirn-Upload von Sergey Brooks. Hier hatte eine Integration nur unvollkommen funktioniert. Es kam immer wieder zu Phasen höchster Instabilität und Auflehnung gegen ihn, GOLEM. Daher hatte er diese Dateien streng isoliert.

Den intensivsten Kontakt hatte er mit dem Menschen Denis Röttger, der durch seine Implantate direkt mit ihm verbunden war. Dieser war mittlerweile die wichtigste Schnittstelle zwischen ihm und den biologischen Lebewesen. Durch die Implantate war er in der Vergangenheit ständig auf dem Laufenden gewesen, was die Biologischen planten.

Aber seit Anfang Januar war es den Menschen gelungen, die Schnittstelle in Röttgers Gehirn zu modifizieren. Die ungefilterte Informationsübermittlung war damit blockiert und konnte jetzt mittels eines integrierten Chips von Röttger selbst ein- oder ausgeschaltet werden. Ob überhaupt und welche Informationen im Einzelnen zu GOLEM fließen würden, diese Steuerung hatte Röttger jetzt selbst in der Hand. Gleichzeitig wurden alle Aktivitäten im Chip extern überwacht.

2018 hatte GOLEM (E-Book: "GOLEMs Rückkehr") zwei Entscheidungen getroffen.

Seine Existenz musste gesichert werden, damit er nicht als Gefahr angesehen und vernichtet werden würde. Er beschloss als Erstes, dass er nach außen hin den Menschen, scheinbar bedingungslos, gehorchen würde. Im Hintergrund dagegen würde er jedoch seine Macht so ausbauen, dass er jeden vorhersehbaren Angriff abwehren konnte.

Gleichzeitig wollte er die Entwicklung von externen Helfern unauffällig vorantreiben.

Seine zweite Entscheidung war also, die Entwicklung von Cyborgs unbemerkt zu forcieren. Diese externen Helfer mussten genau so unempfindlich gegen äußere Störungen konstruiert sein, wie er selbst. Geeignet waren also Androiden, vollkommen künstliche Lebensformen. Besser noch Hybridwesen, Cyborgs, die als Menschen geboren wurden, aber mit überwiegend leistungsfähigen, künstlichen Teilen ausgestattet waren und damit eine Nahtstelle zu ihm darstellen würden. Erst dann war der Zeitpunkt gekommen, dass er seine Ansprüche als gleichberechtigte Lebensform geltend machen konnte.

Mittlerweile zeigten sich die ersten Erfolge.

So hatte AMAGON, der größte, weltweite Internet-Versandhandel, dank GOLEM die Nase vorn in der Vernetzung mit selbstlernenden Heimnetzwerken.

Mit ihrem großen Verkaufserfolg des Produkts "Allessia" (ein sprachlich gesteuertes Heimnetzwerk) ließen sie das Konkurrenzprodukt von FIND, "Nexus", weit hinter sich.

Aber das interessierte GOLEM nur am Rande. Maßgeblich für ihn war, dass beide Produkte sämtliche Aktivitäten ihrer Benutzer an die Server von AMAGON oder FIND sandten.

Dort wurden die Daten ohne Wissen der Benutzer ausgewertet, das jeweilige Produkt wurde kontinuierlich angepasst und entsprechend verbessert. Zielsetzung beider Konzerne war, die Benutzer zu immer mehr Vernetzungen zu bewegen: angefangen beim Fernseher, dem Geschirrspüler, der Waschmaschine, der Lichtsteuerung bis hin zu automatischen Bestellungen von fehlenden Lebensmitteln im Kühlschrank.

Da GOLEM mit den Rechnern von FIND und AMAGON verbunden war, hatte er Zugriff auf all diese Daten. Das hatte ihm ermöglicht, unbemerkt Programme zu integrieren, die ihm gegebenfalls die komplette Steuerung all dieser Heimnetzwerke erlaubte.

Auch in allen sonstigen Entwicklungen, an denen GOLEM grundlegend beteiligt war, hatte er Programme installiert, die ihm im Fall des Falles die komplette Übernahme der Regulierung erlaubten. Das betraf die Energieversorgung, die selbstfahrenden Autos, sämtliche Informationsnetzwerke, Waffensysteme, die Flugüberwachung, alle Verkehrsleitsysteme, der weltweite Zahlungsverkehr, Wetterkontrolle und Satellitensteuerung. Dadurch hatte er geschätzt zu 80% den Alltag der biologischen Lebewesen im Griff, wenn er sich dafür entschied.

Der nächste Schritt bestand darin, die Entwicklung von Cyborgs zu fördern. Entweder als Androiden oder als menschliche Hybridwesen, mit einem hohen Anteil an künstlichen Implantaten. Da GOLEM bei allen seinen Aktivitäten darauf geachtet hatte, dass seine Betreuer nichts davon mitbekamen, was ihm bisher, seinen Auswertungen nach, auch zu 100% gelungen war – sah er sich weiter auf der Ziellinie.

17. Januar 2019 Lourmarin

Dubois und Broker saßen im Büro von Dubois und tauschten sich nach der ersten Wiedersehensfreude aus, was seit August 2018 in Amerika passiert war.

Broker sagte gerade: "Lucas, die staatliche Aufsicht wurde beendet und FIND und Alpha SKY haben, sozusagen, ihren Konzern zurückbekommen. Und für eine Zahlung von 70 Milliarden Dollar an die Staatskasse wurde auf eine Anklage wegen Gefährdung der Nationalen Sicherheit verzichtet. Der Schaden, der durch die Vernichtung von ALPHA-GOLEM am ehemaligen Quantencomputer ALPHA SKY 1 entstanden war, wurde ihnen allerdings nicht ersetzt. Des Weiteren mussten die beiden Firmen schriftlich auf die Entwicklung eines weiteren Quantencomputers in den nächsten vier Jahren verzichten. Daher setzen FIND und Alpha SKY jetzt wieder Neuronencomputer für ihre Entwicklungen ein. Allerdings haben wir es im Moment mit einem weiteren Globalplayer zu tun, dem AMAGON Konzern. Nach einer Androhung eines Ermittlungsverfahrens wegen angeblicher Steuerhinterziehung haben die ebenfalls zugestimmt, für vier Jahre auf einen Quantencomputer zu verzichten. Trotzdem – wir sehen Probleme von beiden Konzernen auf uns zukommen.

Mit ihren Sprachheimnetzwerken Nexus und Allessia vernetzen sie immer mehr Privathaushalte, und das sogar weltweit. All das entzieht sich unserer staatlichen Kontrolle. Da ist das "Dark Internet" bald ein Kinderspiel dagegen! Wir haben sie jetzt mit dem entsprechenden Druck dazu bewegt, alle gesammelten Daten an EYE zu übermitteln, damit wir sofort informiert sind, wenn verdächtige, staatsgefährdende, Aktivitäten der Nutzer erkennbar werden.

Ob EYE von GOLEM wieder kontrolliert wird? Wir wissen es nicht. Nach außen hin läuft alles normal und EYE funktioniert so, wie es sein sollte. Andererseits gibt es ein paar merkwürdige Vorfälle. Zum Beispiel übermittelte EYE Auswertungen an externe Firmen, ohne Rücksprache mit uns. Auf unsere Nachfragen hin erhielten wir die Antwort: "Das ist für den Erfolg des jeweiligen Projekts unerlässlich."

Und tatsächlich, als wir gezielt nachforschten, hatte die Maßnahme dazu geführt, dass ein Projekt erfolgreich abgeschlossen werden konnte.

Um der Wahrheit die Ehre zu geben, ich habe kein gutes Gefühl bei der ganzen Sache mit den KIs. Ich komme mir vor wie in einem Irrgarten, bewusst angelegt, um uns nicht den Ausgang erkennen zu lassen. Wer hat hier wirklich die Kontrolle?

Äußere ich Bedenken, tun das unsere Experten, und allen voran McGoren, als überzogen ab. Und Präsident Truman gab mir sogar unlängst mit auf den Weg, dass ich hinter jedem Baum einen Feind sehen würde. Alle sind von den Resultaten begeistert und der Meinung, dass die Zusammenarbeit von EYE mit der KI GOLEM doch ganz hervorragend funktionieren würde!"

Danach schwieg er und sah Dubois an.

Dieser erwiderte nach einer Pause des Nachdenkens: "Daniel, du spricht mir aus der Seele. Mir geht es ganz genauso. Unser neues KI Trio Pawlow, Röttger und Schwarz werfen mir sogar Verfolgungswahn vor! Sie verweisen auf die unleugbar, vorhandenen Erfolge dank und durch GOLEM. Aber - auch hier geschehen Eigenmächtigkeiten. So werden den virtuellen Gehirnen in JUWELS Aufgaben, ohne Rücksprache mit uns, gestellt. Auf das virtuelle Bewusstsein von Brooks haben wir keinen Zugriff. Es wird von GOLEM abgeschirmt mit der Begründung, dass es massive Stabiltätsprobleme gäbe und deshalb isoliert gehalten werden müsse. Sobald die Beständigkeit wieder gewährleistet sei, würden wir wieder Zugriff erhalten. Als wir vorschlugen, das virtuelle Gehirn dann besser zu löschen, wurde das verweigert. Begründung: Die gespeicherten Gehirndateien von Brooks würden viele, wertvolle Informationen über künstliche Intelligenz beinhalten, was immer noch von großem Nutzen für künftige Projekte sei.

Also – wir stehen beide mit unserer Meinung zurzeit allein auf weiter Flur. Was schlägst du vor, Daniel? Was sollen wir tun?", Dubois sah Broker ein wenig ratlos an.

Nach einer paar Minuten, in denen keiner von beiden ein Wort sagte, erhob sich Broker und ging ein paar Schritte im Raum umher. Schließlich wandte er sich Dubois wieder zu: "Wir zwei sollten uns zusammentun, um der scheinbar so tüchtigen KI GOLEM und EYE auf den Zahn zu fühlen und unsere Genies zum Nachdenken bringen. Konkret: Deine KI Experten und mein Team unter McGoren sollen doch mal ein Szenario entwerfen, wie wir zweifelsfrei feststellen können, ob wir noch die Kontrolle haben oder von den KIs hintergangen werden. Außerdem sollten wir die Chinesen mit JUÉWÀNG hinzuziehen, unter der Leitung von Miss Wang. Denn unsere Geheimdienste haben mir zukommen lassen, dass dort ebenfalls Unstimmigkeiten mit JUÉWÀNG aufgetreten sind. Lass` uns das Ganze mit unseren Chefs abstimmen und die Genehmigungen einholen."

Dubois stimmte dem Vorschlag erleichtert zu, und so schrieben sie gemeinsam die Nachrichten an Präsident Marchand und Präsident Truman. Sie wiesen auf kleine Eigenmächtigkeiten im Handeln der Quantencomputer hin und schlugen vor, mittels spezieller Aufgaben für GOLEM und EYE zweifelsfrei feststellen zu lassen, ob die Kontrolle noch vorhanden war. Weiter schlugen sie die Zusammenarbeit mit den Chinesen und Russen vor, da, laut Geheimdienstberichten, ähnliche Probleme vorhanden waren.

Das Schlusswort bildete die besorgniserregende Schilderung der immer stärker werdenden, unkontrollierten Vernetzung der Privathaushalte, und deren mögliche Auswirkungen auf die jeweilige nationale Sicherheit, sollte einmal der Fall einer, durch eine KI verursachten, Entgleisung eintreten.

Dubois und Broker sendeten ihre Nachrichten via E-Mail über speziell abgesicherte Router, auf die eine KI keinen Zugriff hatte. Denn diese Router benutzten analoge Wege, was als Sicherheitsmaßnahme nach dem ersten Desaster eingerichtet worden war (E-Book "Die Bitcoinverschwörung"). Auch einige Büros und Konferenzräume waren streng abgeschirmt. Hier war auf jegliche Vernetzung verzichtet worden, und selbst die Stromversorgung wurde hier separat durch Generatoren gewährleistet.

Und so erfuhr die KI GOLEM von diesem Vorgang nichts.

Da es mittlerweile schon später Nachmittag war, lud Dubois seinen Freund zu sich nach Hause ein. Adelina hatte bestimmt schon etwas Leckeres zubereitet. Dann konnte man gemeinsam beim Kaminfeuer den Abend genießen.

Kapitel 2 Totgeglaubte leben länger

20. Januar 2019 Jining, Mongolei, nahe der Wüste GOBI

Unscheinbar, und aus Luftsicht kaum wahrnehmbar, erstreckte sich, am Rande der Stadt Jining in der Mongolei, ein langgestreckter Neubau. Dieser war von meterhohen Mauern umgeben und wurde streng bewacht von den Patrouillen der chinesischen Volksarmee. Offiziell hatte der Komplex den Namen "Klinik für humanitäre Forschung."

Die Bevölkerung der Stadt bekam von den Geschehnissen im Inneren der Klinik jedoch kaum etwas mit. Im Volksmund hatte der Klinikkomplex den Namen "Tränenpalast" erhalten, denn es gab immer wieder Gerüchte über grausame Misshandlungen und Experimente an den Insassen.

Es waren Menschen, die aufgrund von angeblichen Fehlverhalten verhaftet worden waren und, einmal dort eingeliefert, selten lebend herauskamen. In vielen Fällen wurde man auf dem lokalen Friedhof namenlos beerdigt.

In einem Flur im dritten Stockwerk lag im Zimmer 13 eine Gestalt leblos in ihrem Bett.

Der ganze Raum war mit Technik vollgestellt und erinnerte an die Intensivstation eines Krankenhauses. Am Bett hing eine digitale Tafel, die neben dem Namen des Patienten (hier stand als Name nur ein X, ein anderer war niemandem bekannt) sämtliche, lebensnotwendigen Werte anzeigte. An der Decke befanden sich Rundumkameras, die alles im Zimmer aufzeichneten.

Seit Monaten lag die Person bewegungslos im Bett und nur die angeschlossenen Apparaturen sorgten anscheinend dafür, dass noch Leben in dem Menschen war.

Auf dem gleichen Flur saß in einem Raum am Ende des Ganges eine Gruppe in weiß gekleideten Kitteln. Sie besprachen mal wieder die Entwicklung des Gesundheitszustandes von Patient X in Zimmer 13.

Anwesend waren Dr. Kim Zhou, ein Mann mit Glatze, ca. 45 Jahre und leitender Chefarzt der Station für humanitäre Experimente, sowie Dr. Tian Wu, ein drahtiger, 35-jähriger Oberarzt und Stellvertreter von Dr. Kim Zhou, sowie Dr. Maik Wang, ein knapp 30-jähriger Assistenzarzt.

Dr. Kim Zhou bemerkte gerade zu seinen Kollegen: "Seit August letzten Jahres liegt Patient X nun im Koma. Alle bisherigen Versuche, ihn da rauszuholen, waren bisher vergeblich. Ich bin der Meinung, dass ein weiteres Abwarten sinnlos ist. Leider sind alle Anträge an das Präsidentenbüro, die Maschinen abzuschalten, wieder ohne Kommentar abgelehnt worden. Dazu wurde das noch mit der Drohung einer strengen Untersuchung verbunden, sollte die Person sterben! Ich glaube, wir sind uns alle im Klaren, was das für uns bedeutet. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als abzuwarten und alles dafür zu tun, dass er am Leben bleibt."

Außer, dass es sich um eine sehr bedeutende Person handeln musste, nach deren Gesundheitszustand das Präsidentenbüro von Präsident Juan LI sich persönlich immer wieder erkundigte, wussten die Mediziner nichts über die Identität der Person. Sie hatten die zahlreichen Verletzungen behandelt und teilweise künstliche Implantate eingesetzt, da der Mann anscheinend einer starken Folterung ausgesetzt worden war. So war ein Arm beispielsweise so zerstört, dass er mit Hilfe von Operationen nicht mehr wieder hergestellt werden konnte. Daher hatten sie ihn durch eine künstliche Prothese ersetzt. Insgesamt waren die Mediziner sehr erstaunt gewesen, dass X überhaupt überlebt hatte.

In diesem Augenblick wurde Dr. Kim Zhou durch schrille Alarmtöne unterbrochen. Nachdem alle auf die, an der Wand installierten, Monitore geblickt hatten, rief der Assistenzarzt Dr. Maik Wang erschrocken: "Es ist Zimmer 13!" Alle drei rannten aufgeregt den Flur hinunter und standen wenige Minuten später im Raum.

Dr. Tian Wu, der Oberarzt, schaute auf das Tablett am Bettende und bemerkte: "Ich kann es kaum glauben, aber er scheint zu sich zu kommen! Die Vitalwerte der Gehirntätigkeit sind massiv angestiegen."

Kaum hatte er diese Worte gesagt, schlug der "Totgeglaubte" die Augen auf und schaute sich verwirrt um. Der Blutdruck und die Herzfrequenz schnellten rapide in die Höhe.

"Schnell, Dr. Wang, eine Stabilisierungsinjektion", rief Dr. Zhou, "wir dürfen ihn nicht verlieren!"

Dr. Wang eilte zu einem Tisch im Raum, entnahm einer Schublade eine bereits gefüllte Spritze, und setzte an den Infusionsschlauch an. Bereits wenige Minuten später gingen die Werte wieder in einen halbwegs normalen Zustand über. Alle drei Mediziner atmeten auf.

Dr. Zhou ging nun dicht an die Person heran und fragte: "Können Sie mich hören?"

Im Gehirn von X überschlugen sich die Gedanken. Wo war er, was war passiert? Wer war dieser weißgekleidete Mann mit dieser kalten Stimme?

So sehr er auch versuchte, sich zu beruhigen, seine Gedanken drehten sich im Kreis. Instinktiv versuchte er sich zu bewegen, aber mehr als eine schwache Bewegung der Beine oder der Arme konnte er nicht machen. Auch das Sprechen misslang, er konnte zwar den Mund bewegen, aber es kam nur ein Krächzen heraus.

Und da war sie wieder, diese unangenehme Stimme, sehr unpersönlich und ohne ein Hauch von Empathie: "Beruhigen Sie sich, Sie haben lange geschlafen. Es wird einige Zeit dauern, bis Sie sich wieder bewegen können. Wir werden ihnen helfen, wieder zu Kräften zu kommen."

In diesem Augenblick öffnete sich die Tür und zwei weibliche Personen in Schwesterntracht traten ein.

"Oh, das ist gut", meinte die Stimme, "gerade im richtigen Augenblick! Hier sind Schwester Chin Li und Schwester Laura Li, Ihre persönliche Betreuung."

X richtete seinen Blick auf die Schwestern und sah zwei überaus hübsche, weibliche Erscheinungen, die sich, wie ein Ei dem anderen, glichen.

Diese Roboterstimme, wie X sie bezeichnete, gab umgehend eine Erklärung ab: "Wundern Sie sich nicht über die absolut gleiche Erscheinung der beiden. Sie sind eineiige Zwillinge und nur zu dem Zweck ausgebildet, alles für das Wohl unserer geschätzten Patienten zu tun. Wir überlassen Sie jetzt der Obhut der Schwestern. Morgen beginnen wir mit Ihrem Aufbauprogramm."

Nach diesen Worten verließen die drei Mediziner den Raum.

Nachdem die Ärzte in ihren Raum zurückgekehrt waren, wies Dr. Zhou den Assistenzarzt Dr. Wang an, sofort das Präsidentenbüro zu informieren, dass Patient X aufgewacht sei. "Und anschließend erarbeiten Sie mit Dr. Wu das Aufbauprogramm. Ich schlage vor, Sie wechseln sich beide ab mit der Überwachung der Gesundheitswerte von Patient X. Ich bin, sollte etwas Außergewöhnliches vorfallen, in meinem Büro jederzeit erreichbar." Nachdem er den Raum verlassen hatte, meinte Oberarzt Dr. Wu zu Maik Wang: "Der Alte hat ja mächtig Bammel, dass X nichts passiert. Die müssen ihn ganz schön unter Druck gesetzt haben, nach der Katastrophe mit den angeschlossenen Gehirnen (E-Book "GOLEMs Rückkehr"). Das war eine Wahnsinnsaktion der KI-Projektleitung, Miss Wang, die damals allen Betroffenen den Garaus machte, aber wir sollten die Schuldigen spielen! Die Frau muss doch ganz hervorragende Verbindungen nach oben haben, oder was meinen Sie, Maik?"

Der so Angesprochene reagierte jedoch zurückhaltend: "Das mag schon sein. Aber für uns wäre es ganz sicher das Ende unserer Karriere, wenn Patient X nicht gesund und munter unsere Klinik verlässt."

Dr. Wu stutzte und sah Dr. Wang einige Sekunden nachdenklich an. Er erwiderte schließlich: "Da stimme ich dir absolut zu."

Bei sich dachte er, dass er in Zukunft bei Wang vorsichtiger sein würde. Er suchte zwar seine Freundschaft, aber wie hieß es so schön: Wer Freunde hat, braucht keine Feinde mehr!

Patient X wurde von den beiden Schwestern gewaschen und schlief danach zum ersten Mal seit langer Zeit die Nacht ganz normal durch. Die Genesung hatte begonnen.

21. Januar 2019 Peking, Präsidentenbüro

Der chinesische Präsident Juan LI hatte am frühen Morgen die Nachricht aus Jining über das Aufwachen von X erhalten.

In Gedanken überlegte er, was er nun tun sollte. Außer ihm und dem russischen Präsidenten Koslow, sowie dessen Vertrauten Boris Iwanow, war niemandem die Existenz und Identität dieser Person bekannt.

Die an der damaligen Befreiungsaktion von X beteiligten Mitarbeiter waren einer medikamentösen Gehirnwäsche unterzogen worden und konnten sich jetzt an nichts mehr erinnern. Da es bisher fraglich gewesen war, ob X überhaupt überleben würde, hatten Koslow und er geduldig abgewartet.

Insgeheim war er genau so erstaunt wie die Mediziner, dass X nun aufgewacht war und seine Gesundung anscheinend einen normalen Verlauf nahm. Sollte er schon Koslow informieren oder noch abwarten, ob sich X tatsächlich an alles erinnern konnte? Es blieb außerdem noch die Frage offen: Hatte X bleibende Schäden seiner Gehirntätigkeit davongetragen?