Ich widme dieses Buch allen voran meiner engsten Familie: Meinen lieben Eltern Margrit und Jens, meinen Geschwistern sowie deren Ehemännern und Lebensgefährten, außerdem meinen beiden Nichten.

Außerdem meinen ehemaligen e-Sports Teams, den Freunden und Kollegen, die ich während meiner e-Sports Laufbahn kennengelernt habe und Prof. Dr. Jens Junge als Dank für den ein oder anderen Input, den ich von ihm zum Thema e-Sports erhalten habe.

Ferner möchte ich die Erinnerung an Antonio „cyx“ Daniloski (1990 - 2010) aufrechterhalten. Ich habe dich zwar nicht persönlich gekannt, aber deine positive Art und deinen Einfluss auf die Counter-Strike-Szene immer bewundert. Ruhe in Frieden.

© Copyright 2018 Timo Schöber

ISBN: 9783752883244

Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt

Für den Bucheinband inklusive Cover gilt beim Design:

Konzeption und Erstellung Tim Alexander Söther, tsdesign.de

Inhalt

  1. Vorwort
  2. Definition des e-Sports'
  3. Die Geschichte des e-Sports' – Ein Überblick
  4. e-Sports in Zahlen – Ist-Stand, Daten und Fakten, Entwicklung, sowie Interpretationen
  5. Disziplinen, Genres, Turniere, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kompetenzen
  6. Turnier- und Ligenübersicht inkl. Modi
  7. Organisierter e-Sports: Clans und Verbände
  8. Sponsoring – Die Zusammenarbeit mit Unternehmen, Investoren und Konzernen
  9. Die Professionalität des e-Sports'
  10. Fans und Community
  11. Journalismus im und um den e-Sports
  12. e-Sports und Gesellschaft
  13. Die Alleinherrschaft der Spielehersteller
  14. Das System e-Sports
  15. Der e-Sports als internationales Phänomen inklusive kultureller Aspekte
  16. Der e-Sportler: Demografische Analyse
  17. e-Sports und politische/offizielle Anerkennung
  18. Ist e-Sports ein richtiger Sport?
  19. e-Sportler als Berufsbild und Karrieren
  20. Ich war e-Sportler – Was kommt danach?
  21. Gefahren und Hindernisse für den e-Sports – Früher, Heute, Später
  22. Die Schattenseiten des e-Sports': Von Cheatern, Matchfixing und Doping
  23. Auswirkungen des e-Sports' und des Computerspielens auf Körper und Geist
  24. Der e-Sports in der Zukunft – eine idealisierte Prognose
  25. Ich will e-Sportler werden – was muss ich beachten?
  26. e-Sports Werkzeuge: Hardware und mehr
  27. Frag einen e-Sportler
  28. Nachwort

Vorwort

Der e-Sports (e für elektronisch), das wettbewerbsorientierte Spielen von digitalen Inhalten, ist im Kommen. Er breitet sich rasend schnell aus – in Asien, Europa, Amerika und Australien. Auch in Deutschland ist er nicht nur angekommen, sondern der deutsche e-Sports war mitprägend für diese junge Disziplin.

E-Sports findet sich in Zeitschriften, Zeitungen und Online-Magazinen, im Fernsehen und auf Streaming-Plattformen, in Schulklassen, an Hochschulen, in Kinderzimmern und in der Politik. Er ist Identifikationspunkt von großen Teilen ganzer Generationen. In Ländern wie Südkorea, China, Taiwan und den USA ist er Massenphänomen und anerkannte Sportart. Es gibt TV-Sender nur für den e-Sports, Autogrammstunden mit dessen Stars, Akademien und Leistungszentren.

Innerhalb des e-Sports' gibt es unterschiedliche Einzeldisziplinen. Shooter [also Spiele, die (meist aus der Ich-Perspektive0,1, Ego-Shooter) gesteuert werden und in denen man virtuelle Waffen auf Gegner abfeuert], Echtzeitstrategiespiele, Prügelspiele, Sportspiele und Mobile Games. Große Titel sind und waren Teil der e-Sports Geschichte: Quake, Counter-Strike und Unreal Tournament, Starcraft, Warcraft 3 und Command & Conquer, Street Fighter oder die Fifa-Reihe.

Einzelne e-Sportler haben ganze Spiele und e-Sports „Zeitalter“ geprägt. F0rest z.B. in Counter-Strike, Grubby in Warcraft 3 oder die Schellhase-Zwillinge in Fifa.

E-Sports hat als kleine Idee angefangen, damals noch in Kellern und auf regionalen LAN1-Partys. Mittlerweile ist e-Sports ein Millionengeschäft. Es geht um teilweise achtstellige Preisgelder, Sponsoren, Titel und Awards. Hunderttausende Zuschauer verfolgen in vollen Stadien und zuhause vor dem Monitor e-Sports Events, wie etwa The International oder die Counter-Strike: Global Offensive Majors. Ebenso erfreuen sich Ligen großer Beliebtheit, in Südkorea beispielsweise die Global StarCraft II League.

Der e-Sports ist mittlerweile eine ganze Industrie, mit Managern, multinationalen Konzernen und internationalen Aktiengesellschaften. Spieleentwickler etwa orientieren sich beim Entwickeln ihrer Spiele immer mehr auch an den Bedürfnissen von e-Sportlern, man denke hier beispielsweise an Starcraft 2 von Blizzard.

Aber was ist das eigentlich, worüber ich in den ersten Seiten dieses Buches bereits so schwärmerisch schreibe? Was ist dieser „e-Sports“? Woher kommt er und wo will er hin? Welche Chancen eröffnet er? Welche Risiken hat er? Wie sieht die Politik den e-Sports? Welche gesellschaftliche Anerkennung erfährt er? Welche Rolle spielt er in der jetzigen Generation?

Ich möchte diese Fragen gerne im Verlauf dieses Buches beantworten. Dabei möchte ich den e-Sports genauer beleuchten: Seine Entstehung, seine Entwicklung und seine Potenziale. Ich möchte dem Leser aber schon im Vorfelde ehrlich gegenüber sein: Es wird sich bei diesem Buch nicht um eine nüchterne wissenschaftliche Analyse handeln, auch, wenn ich wissenschaftliche Erkenntnisse zum e-Sports mit einfließen lassen werde.

Ich war selbst e-Sportler. Jahrelang. Ich habe die Entstehung des e-Sports' „live“ miterlebt. Ich war ein Teil davon.

Begonnen hat bei mir persönlich mit dem e-Sports alles mit meiner ersten Spielekonsole, dem Nintendo Entertainment System, das muss irgendwann Anfang der 1990er-Jahre gewesen sein. Ich habe mich mit meinen Freunden und den Nachbarskindern gemessen: Wer schafft das Level bei Super Mario am schnellsten? Wir haben Fußball gegeneinander gespielt – auf der Konsole. Wir haben unsere ersten Turniere veranstaltet.

Mit dem eigentlichen e-Sports habe ich dann Mitte bis Ende der 1990er-Jahre begonnen. Es gab bei uns in der Stadt einen PC-Treffpunkt, also ein kleines Internet- und LAN-Café.

Die Jungs aus der Schule und ich waren häufig im PC-Treffpunkt. Wir haben dort vor allem Quake, Unreal Tournament und die Betas von Counter-Strike miteinander gespielt. Später auch Starcraft.

Es wurden die ersten Turniere veranstaltet, Teams sind entstanden und es gab lokale und regionale Rivalitäten untereinander. Jeder wollte der Beste sein, im erfolgreichsten Team spielen und die meisten Turniere gewinnen.

Später bekamen wir dann ein 56k-Modem zuhause, gefolgt von DSL2, also dem damals „schnellsten“ Internet für normale Privathaushalte.

Ich konnte von nun an von zuhause aus spielen. Gegen Spieler aus der ganzen Welt. Das war nicht nur gut für meine Englisch-Kenntnisse und die kulturelle Interaktion, sondern auch für meine spielerischen Fähigkeiten. Es ist ein großer Unterschied, ob man sich mit den Spielern einer kleineren Stadt messen muss – oder mit der ganzen Welt.

Das IRC3 war dabei sehr hilfreich. Mit dem Programm mIRC konnte man sich im sogenannten QuakeNet4 einloggen. Hier ist man auf Gleichgesinnte getroffen, hat sich für Turniere angemeldet und verabredet, konnte Trainingspartner finden und sich für Clans, also Mannschaften, bewerben.

Die meisten Teams haben im QuakeNet einen eigenen Channel unterhalten, etwa #OCRANA für den Clan ocr* OCRANA oder #pro-Gaming für den Clan [pG] pro Gaming.

Je mehr ich im internationalen Umfeld des Internets spielte, desto besser wurde ich. In Foren und im IRC habe ich mich viel mit den von mir gespielten Titeln beschäftigt. Ich habe mich mit dem Meta, also dem, was aktuell gut spielbar gewesen ist, auseinandergesetzt, Strategien und Taktiken entwickelt und mir die Ideen anderer Spieler angeschaut. Es folgten größere LAN- und Internet-Turniere, Awards und Ligen. Je mehr ich trainierte, desto mehr gewann ich.

Ich muss dazu allerdings sagen, dass die damalige Dimension des e-Sports' eine ganz andere war als heute. Es war damals ausreichend kein Vollzeit e-Sportler zu sein und trotzdem viel zu erreichen. Neben dem e-Sports habe ich z.B. immer sehr viel Tennis gespielt.

Mein Fokus lag stets auf RTS5-Spielen. Eine APM6-Zahl von 300 ist bei solchen Spielen keine Seltenheit. Es ist eine hohe Konzentration notwendig, sowie Multitasking, Mikro- und Makromanagement, strategisches Denken und taktisches Vermögen.

In einigen kleineren RTS-Titeln konnte ich große Erfolge (Turniere, Awards, Ligen) erzielen. In den wichtigen Titeln von Blizzard, namentlich Starcraft und Warcraft 3, ist mir das leider immer verwehrt geblieben. Die Grenze des Erreichbaren war hier Südkorea. Die Südkoreaner spielten nicht nur extrem gut, sie verfügten auch über eine ganze andere e-Sports Infrastruktur als „wir“ Deutschen. Als es in Südkorea schon TV-Sender und Leistungszentren für den e-Sports gegeben hat, war man in Deutschland schon froh sich über die ESL7 und die Clanbase, also Internetligen, messen zu können.

Mit dem Voranschreiten meines Studiums und anderweitiger Verpflichtungen, fehlte mir aber die Zeit und auch der Wille, weiter als e-Sportler (Spieler) aktiv zu sein. Lediglich in World of Warcraft hatte ich über einige Zeit noch einmal aktiven e-Sports betrieben.

Ich habe aber, teilweise parallel zu meiner Spieler-Zeit, in Manager-Funktionen im e-Sports gearbeitet. Auch lange während meines Studiums. Vor allem im Bereich Human Resources bin ich aktiv gewesen. So habe ich beispielsweise Arbeitsverträge geschrieben, Zeugnisse erstellt, bei der Vermittlung von Spielern geholfen und e-Sports Unternehmer „fortgebildet“, um sie etwa im Arbeitsrecht fit zu machen.

Ferner habe ich im Bereich des e-Sports' geforscht, vor allem während und nach meiner Doktoranden-Zeit. Mein Schwerpunkt lag hierbei darauf, den „e-Sportler“ als berufliches Phänomen zu untersuchen.

Ansonsten bin ich dem e-Sports stets als Fan und Zuschauer erhalten geblieben. Ich schaue mir Events im Internet-TV an, vor allem die Majors in Counter-Strike, und lese viel auf Online-Portalen wie Readmore oder 99damage.

Der Leser mag mir dieses kurzen Ausflug in meine persönliche e-Sports Geschichte verzeihen. Ich möchte nur aufzeigen, warum man von mir im Hinblick auf den e-Sports keine objektive, nüchterne und neutrale Analyse erwarten darf. Ich bin leidenschaftlicher e-Sports Fan.

Dieses Buch wird also nicht nur populärwissenschaftliche Beschreibungen enthalten, sondern es wird mit Sicherheit auch ein Plädoyer für den e-Sports – dabei werde ich aber auch auf einige negative Aspekte des e-Sports' eingehen.

Ich werde in Teilen außerdem einen Fokus auf die deutsche Szene setzen. Deutschland war zu Beginn des e-Sports' einer der Wegbereiter der europäischen Szene.

Weiter werde ich mich an einige Stellen wiederholen. Dieses Buch ist auch mit der Absicht entstanden, Menschen, die sich bisher nicht mit dem Thema e-Sports beschäftigt haben, sowohl eine Zusammenfassung als auch eine Auseinandersetzung mit dem Thema vorzustellen. Dafür ist es notwendig, dass ich für den e-Sports wichtige Dinge an der einen oder anderen Stelle wiederhole, um „Neulingen“ zu ermöglichen, die Daten, Fakten und Erörterungen besser zu verinnerlichen. Ich bitte hierfür um Verständnis bei allen alteingesessenen e-Sportlern, Fans und Funktionären.

Ferner finden sich neben einigen Wörtern hochgestellte Nummern zu „Fußnoten“. Diese werden nicht, wie eigentlich üblich, als Fußnote am unteren Ende der jeweiligen Seite erläutert, sondern am Ende des Buches in einer Gesamtübersicht. Dies dient der Lesefreundlichkeit und Übersichtlichkeit des Buches.

Ich werde einige Abkürzungen im Fließtext erklären, andere durch Fußnoten, je nachdem wie es für die jeweilige Situation am sinnvollsten ist. Zusätzlich gibt es ein Abkürzungsverzeichnis. Ähnliches gilt für Begrifflichkeiten: Je nachdem wie selbsterklärend diese sind, finden sie sich nur im Fließtext, bei den Fußnoten und/oder im Glossar. Viele Abkürzungen und Begriffe stammen aus dem Englischen. Auf eine 1:1 Übersetzung ins Deutsche werde ich in der Regel verzichten und eher die Begriffe inhaltlich erklären. Ferner werde ich Begriffe im Glossar und Abkürzungen im entsprechenden Verzeichnis nennen, die nicht unbedingt im Fließtext vorkommen, aber für den e-Sports und/oder Videospiele von Relevanz sind. Alle relevanten Begriffe kann ich in diesem Buch aber nicht nennen, da dies den Rahmen des Buches deutlich sprengen würde.

In diesem Buch muss ich leider weitgehend auf das Zeigen von Bildern verzichten. Das ist vor allem darin begründet, dass Bilder von etwa Computerspielen einem strengen Copyright unterliegen und nicht ohne Weiteres verwendet werden dürfen. Ich werde daher versuchen die Genres, Disziplinen und Spiele entsprechend gut zu beschreiben.

Ferner sind einige Fußnoten als Komma-Zahlen gekennzeichnet. Diese wurden während der Arbeit an diesem Buch zwischendrin eingefügt. Das soll den mit dem Buch verbundenen Arbeitsprozess verdeutlichen.

Weiter hat dieses Buch keinen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit, sondern es soll den e-Sports beleuchten und dabei durchaus auch populärwissenschaftliche Elemente enthalten.

Nun gilt aber: Ich wünsche Ihnen und Euch viel Freude beim Lesen dieses Buches.

Definition des e-Sports' – Ein Begriff im Wandel

Der Begriff „e-Sports“ ist noch relativ jung und hat sich im Laufe der Computerspiel-Geschichte erst entwickelt.

Die Definition auf Wikipedia8 ist folgende:

„Der Begriff E-Sport (elektronischer Sport; weitere Schreibweisen im deutschsprachigen Raum sind ESport, e-Sport, E-Sports, eSports und e-Sports) bezeichnet den sportlichen Wettkampf zwischen Menschen mit Hilfe von Computerspielen.“

Es geht also um einen sportlichen Wettkampf – ohne Einschränkungen wie Professionalität oder eine Organisation durch Verbände.

Der Begriff „e-Sports“ wurde das erste Mal Ende der 1990er-Jahre verwendet. E-Sports war damals noch explizit vom „Pro Gaming“ zu trennen. Während e-Sports für den elektronischen (e) Sport (Sports) steht, stand das Pro Gaming für das professionelle (Pro) Spielen (Gaming) von Computer- und Konsolenspielen.

Pro Gamer waren also Computerspieler, die mit dem Spielen von Computerspielen Geld oder Güter verdient haben. Zu Beginn des Pro Gamings waren Turniergewinne häufig keine Preisgelder, sondern Sachpreise wie etwa Computersysteme, Grafikkarten und Monitore. Gesponsert wurden diese entweder vom Turnierveranstalter selbst, der diese Preise wiederum durch Sponsoren finanziert hat, oder aber direkt von den Herstellern, die dadurch wiederum selbst zu Sponsoren der Wettkämpfe geworden sind.

Nach und nach gab es einen Wandel zu überwiegend monetären Gewinnen – für Turniere (offline und online9), Ligen und Awards.

Der Begriff „Pro Gaming“ findet heute aber kaum noch Verwendung. An seine Stelle ist der „e-Sports“ getreten.

Dabei ist der Begriff e-Sports einem Wandel unterworfen. Früher ist er mehr oder weniger als Synonym für das Pro Gaming verwendet worden und hat diesen Begriff nach und nach ersetzt.

Heutzutage wird der Begriff e-Sports mehrdeutiger benutzt. Er steht einerseits für das professionelle Spielen von Computerspielen, andererseits aber auch für den Breiten- und Amateursport.

Ein e-Sportler ist also jemand, der Computerspiele wettbewerbsorientiert spielt – aber damit nicht zwangsläufig Geld verdient.

Wie in klassischen Sportarten auch, etwa dem Fußball oder dem Handball, existiert auch beim e-Sports eine breite Basis an Amateursportlern, die sich gerne messen und das Spielen von Computerspielen ernsthaft betreiben. Sie können davon aber nicht leben und verdienen weder Geld, noch Güter mit ihrer Leidenschaft.

Dem gegenüber steht ein kleiner Kern von professionellen e-Sportlern. Diese betreiben e-Sports häufig als ihre Lebensgrundlage. Sie reisen um die Welt, spielen große Turniere, gewinnen hohe Preisgelder und erhalten Geld von Sponsoren und monatliche Festgehälter von ihren Clans10 (Spiele der Clans gegeneinander nannte man „Clanwar“).

Es bleibt zu vermuten, dass der Begriff „Pro Gaming“ eine Renaissance erfahren wird, um im e-Sports den professionellen Sport mehr vom Breitensport abzugrenzen. Der e-Sports wiederum wäre der Überbegriff für den Sport im Allgemeinen.

E-Sports im Sinne einer Deckungsgleichheit beziehungsweise Ähnlichkeit von „Pro Gaming“ und Breitensport, findet sich beispielsweise in den Divisionen bei einigen Computerspielen. Diese Spiele bieten ihrer Spielerschaft ein Ligssystem, häufig basierend auf der Elo-Zahl, die auch aus dem Schachsport bekannt ist. Dabei teilt sich die Liga in unterschiedliche Divisionen auf, etwa beispielsweise folgendermaßen:

  1. Bronze: Für Anfänger und Neulinge
  2. Silber: Für fortgeschrittene Anfänger
  3. Gold: Für Durchschnittsspieler
  4. Platin: Für gehobene Durchschnittsspieler
  5. Diamant: Für wettbewerbsorientierte Spieler
  6. Meister: Für gehobene wettbewerbsorientierte Spieler
  7. Großmeister: Für die oberen 5% der Meister-Spieler.

Solche Ligasysteme werden sowohl von Amateurspielern und Breitensportlern gespielt, als auch von Pro Gamern.

Dem gegenüber stehen Ligen und Turniere, die nur für Amateure ausgelegt sind und solche, die auf die Bedürfnisse und Fähigkeiten von professionellen e-Sportlern abzielen. Es ist häufig auch möglich, dass sich „bisherige“ Amateurmannschaften durch Qualifikationen oder niedrigklassigere Ligen für höherklassige Events qualifizieren können.

Ich möchte an dieser Stelle noch anmerken, dass ich in diesem Buch überwiegend den Begriff „Computerspiel“ verwenden werde, mir ist aber durchaus bewusst, dass es e-Sports und Pro Gaming auch auf Spielekonsolen (Playstation, XBOX, etc.) und auf Mobilgeräten gibt. Der Einfachheit und dem sprachlichen Fluss halber, werde ich in diesem Buch aber weitgehend auf diese Ausdifferenzierung verzichten. Weiter werde ich, weil es für die Prägung des e-Sports' am meisten relevant ist, vor allem auf den e-Sports im Hinblick auf Personal Computer (PCs) eingehen. Konsolen und Mobilgeräte spielen in diesem Buch folglich eine untergeordnete Rolle.

Ferner werde ich auf eine Unterscheidung der Begriffe e-Sports und Pro Gaming zumeist verzichten, da diese in der e-Sports Szene bisher nicht angekommen ist. Wenn ich also vom e-Sports schreibe, dann ist bitte immer der jeweilige Kontext zu beachten.

Die Geschichte des e-Sports' – Ein Überblick

Menschen haben sich schon immer gerne miteinander gemessen: Sportlich, politisch, militärisch, ideologisch, monetär, gesellschaftlich, religiös, kulturell, etc.

Das bekannteste Beispiel sind wahrscheinlich die Olympischen Spiele, als sportlicher Wettkampf – in der Antike auch mit musischen Disziplinen gedacht als religiöses Fest zu Ehren des höchsten Gottes der Griechen, namentlich Zeus. Die Geschichte der Olympischen Spiele reicht vermutlich bis ins 2. Jahrtausend vor Christus zurück.

Anfangs hat man sich nur in einem Wettlauf gemessen, nach und nach kamen weitere Disziplinen hinzu, etwa aus der Leichtathletik und dem Reiten. Mit der römischen Eroberung Griechenlands ab dem Jahre 148 vor Christus begann der Verfall der Olympischen Spiele, spätestens ab dem Jahre 426 nach Christus waren sie gänzlich verschwunden.

Der Wettkampf zwischen Menschen aber ist immer geblieben. In allen Kulturen und Ländern, auf allen Kontinenten und in allen Religionen, sowie unter allen Völkern.

Der e-Sports bildet da keine Ausnahme. Seit es Computerspiele gibt, messen sich die Spieler untereinander. Besonders intensiv seit der Entwicklung von Multiplayer11-Inhalten.

Bereits die ersten Computerspiele, die in den 1950er-Jahren entstanden sind, waren teilweise auf einen Wettkampf der Spieler ausgelegt. Zu nennen sind hier beispielsweise die Spiele Tic-Tac-Toe (im deutschsprachigen Raum besser bekannt als Kreis und Kreuz) und das klassische Schach. Spieler konnten gegeneinander antreten und darum spielen, wer der Bessere von ihnen war.

Das Spiel Pong von 1972, veröffentlicht durch Atari, hat die Spielebranche revolutioniert. Dabei war das Spielprinzip ganz einfach: Im Prinzip war es digitales Tischtennis, bei dem zwei Spieler versucht haben, den Ball am Schläger des anderen vorbei zu bugsieren und so einen Punkt zu erhalten.

Zu sehen12 ist eine Version von Pong. Gesteuert wurde das Spiel mit Rotationscontrollern, sogenannten Paddles.

Die ersten zaghaften Schritte in Richtung e-Sports erfolgten spätestens mit der Einführung von sogenannten Highscore13- Listen bei Computerspielen, Ende der 1970er-Jahre.

Das erste „professionelle“ Turnier hat aber bereits 1972 stattgefunden. Im Spiel Spacewar! ging es um den Gewinn eines Jahresabonnements der Zeitschrift Rolling Stone – und somit um einen „Sachpreis“. Wenn man so möchte, war dies das erste professionelle Computerspiel-Turnier der Welt.

Von größerer Relevanz sind aber die bereits erwähnten Highscore-Listen. Spieler haben sich an Geräten z.B. in Spielhallen miteinander gemessen. Es ging darum, dass man auf einem bestimmten Gerät in einem bestimmten Spiel der Beste gewesen ist. Jeder Spieler hatte dabei einen individuellen Nicknamen14, den er in die Highscore-Liste eintragen konnte, wenn er gut genug war, um es auf diese zu schaffen.

Das erste große e-Sports Turnier – auch, wenn man es damals noch nicht so genannt hat – fand im Jahre 1980 statt. Rund 10.000 Teilnehmer kämpften im Spiel Space Invaders gegeneinander um den ersten Platz. Als Gewinn für den Erstplatzierten gab es das Tischvideospiel „Asteroids“.

Space Invaders15 war, ebenso wie Pong, ein Meilenstein der Computerspiel- und e-Sports-Geschichte. Das Bild zeigt das Spiel auf der Leinwand.

Es ging im Prinzip darum, dass man mit einem Schiff, bewaffnet mit einer Kanone, am unteren Ende des Bildschirmrandes nach rechts und links fahren konnte. Ziel war es, sich bewegende Aliens abzuschießen. Gelang es wiederum einem Alien nach unten zu kommen, so hat der Spieler eines seiner virtuellen Leben verloren.

Im Jahre 1983 wurde dann das U.S. National Video Game Team gegründet, das sich aus Spielern zusammengesetzt hat, die in einer zuvor definierten Highscore-Liste weit oben zu finden gewesen waren. Im Grunde handelte es sich bei diesem Team um den ersten Clan (Verein), der auf professioneller Ebene gespielt hat. Es folgten eine Tour des Teams durch die USA, Fernsehübertragungen und Weltmeisterschaften.

1988 erschien mit Netrek das erste Spiel, das im Multiplayer über das Internet gespielt werden konnte. Mit dem Star Trek Universum stand hinter diesem Spiel ein leistungs- und fanstarkes Franchise.

Das Spiel erfreute sich vor allem an Universitäten großer Beliebtheit, besonders unter Informatikern und Mathematikern. Es wurde weltweit gespielt, etwa in den USA, Deutschland und Singapur.

Es ging in dem Spiel um die Eroberung der aus vierzig Planeten bestehenden Galaxie.

Das Bild16 zeigt die relativ komplizierten Spielabläufe. Es ging vor allem um Strategie und taktische Elemente.

Ebenso entstanden Weltmeisterschaftsturniere auf den populären Spielekonsolen der Hersteller Nintendo und Sega. Grundstein für den großen Erfolg des e-Sports ist aber das Spiel Netrek, denn es war das erste Spiel, bei dem ein netzwerkgestützter Multiplayer auch über das Internet vorhanden gewesen ist. Der e-Sports der „Zukunft“ sollte genau darauf aufbauen: Ein Wettbewerb über das Netzwerk, vor allem über LAN und das Internet.

Die Errungenschaft des Internets und die preisliche Erschwinglichkeit von Personal Computern (PCs) machte den frühen e-Sports – auch, wenn er damals noch nicht so hieß – für jeden zu einem „machbaren“ Hobby.

Mitte der 1990er-Jahre folgten die ersten großen LAN-Partys17, teilweise mit mehreren tausend Teilnehmern. Es bildeten sich erste e-Sports Verbände und professionell organisierte Clans. Mit der Clanbase und der ESL entstanden Ende der 1990er-Jahre die größten europäischen e-Sports Ligen, ebenso mit der CPL18 das erste große e-Sports Turnier, entstanden in den USA, die ebenfalls auch als Liga fungierte.

Die Entwicklung war rasant. Alles war neu und aufregend. Man konnte quasi täglich beobachten, wie der e-Sports größer, populärer und relevanter wurde. Schnell erkannten auch einige Computerspielhersteller das Potenzial des e-Sports'.

Doom (1993) und vor allem Quake (1996), beides Spiele aus dem Shooter-Genre, wurden zu Wettbewerbstiteln ausgebaut. Mit Starcraft folgte 1998 der erste wichtige RTS-Titel. Unreal Tournament (1999) war neben Doom und Quake ein weiterer Meilenstein des Shooter-e-Sports'.

Überall auf der Welt entstanden große Clans, Verbände, Ligen und Turnierserien. In Südkorea wurde mit der Korean e-Sports Association (KeSPA) der bis heute wichtigste Dachverband des e-Sports' gegründet. Er beschränkt sich zwar auf die Nation Südkorea, nimmt aber in Sachen Professionalität und gebotener Infrastruktur eine herausragende Rolle ein – bis heute.

Die eigentlichen Heimatländer des professionellen e-Sports' sind die USA und Südkorea.

Der erste e-Sportler, der gut von seinem Sport leben konnte, war der US-Amerikaner Johnathan Wendel, genannt Fatal1ty. Bekannt wurde er vor allem durch die Spiele Quake II (1997) und Quake III Arena (1999). Profispieler wurde er ab 1999 durch seine Teilnahme an der CPL. Er blieb bis 2005 aktiver Spieler, in der Folgezeit entwickelte er sich zu einem wichtigen Funktionäre und Unternehmer im Bereich des e-Sports'. Zu seiner aktiven Zeit gewann er u.a. die CPL Dallas (40.000 US$) und die QuakeCon (25.000 US$), sowie die Grand Finals der CPL World Tour (150.000 US$). Er war Profispieler in insgesamt vier unterschiedlichen Spielen.

Südkorea wiederum sollte zur Heimstätte des e-Sports' im RTS-Genre werden. Bis heute dominieren in Südkorea die wichtigsten RTS-Titel.

Mit Starcraft hielt 1998 der erste wichtige RTS-Titel Einzug in die e-Sports Szene. Bei Starcraft geht es darum, durch Micro- und Macromanagement21,, Taktik und Strategie die Basis des Gegners zu vernichten.

In Südkorea folgte die Gründung von Turnieren, Ligen und TV-Sendern mit Fokus auf dieses Spiel. Mit Gründung der KeSPA erhielt es bereits früh einen sehr organisierten und professionellen Anstrich. Starcraft inklusive der Erweiterung Brood War hat es, trotz der Nachfolger Warcraft III (2002) und StarCraft II (2010), geschafft bis heute ein relevanter e-Sports Titel zu bleiben – vor allem in Südkorea.

Ebenfalls im vergangenen Jahrtausend entstand eine weitere Größe der e-Sports Geschichte. Ein Titel, der in Abwandlungen bis heute aktuell ist, von Millionen gespielt wird und einige der größten e-Sports Turniere der Welt austrägt: Der Taktikshooter Counter-Strike (1999).

Bei Counter-Strike geht es im Prinzip darum, dass zwei Mannschaften (Terroristen und Counter-Terroristen) gegeneinander antreten. Das Spiel bietet verschiedene Modi, für den e-Sports relevant ist aber lediglich der Modus „Defusion“ im 5-gegen-5. Ziel ist es hier, dass die Terroristen an einem von zwei möglichen Plätzen eine Bombe legen, diese verteidigen und zur Explosion bringen müssen. Das Ziel der Counter-Terroristen ist es, dies zu verhindern – entweder dadurch, die Terroristen die Bombe gar nicht erst legen zu lassen oder aber dadurch, die Bombe zu entschärfen.

Counter-Strike ist (Stand 11/2017) das bis heute meistgespielte Spiel im e-Sports Bereich.

Spätestens mit Counter-Strike als Titel, aber auch schon zuvor, erfuhr der e-Sports eine immer größer werdende Unterstützung aus der Wirtschaft – vor allem von Herstellern von Computern und Computerzubehör. Wie im klassischen Sport auch, haben Unternehmen im e-Sports Clans, Turniere und Ligen gesponsert – bis heute.

Teilweise parallel zu diesen Entwicklungen entstanden die ersten Clans, die sehr professionell agierten, Spieler verpflichteten, Gehälter auszahlten und mit Unternehmen zusammenarbeiteten. Zu nennen sind hier in Deutschland beispielsweise OCRANA (gegründet 1996), SK Gaming (gegründet 1997 als Schröt Kommando) und pod virtual gaming (pod, gegründet 1997). SK Gaming ist bis heute eines der wichtigsten Teams im internationalen e-Sports.

Wie bereits in diesem Buch beschrieben, waren die Olympischen Spiele eine wichtige Errungenschaft im fairen, sportlichen Wettbewerb miteinander. Auch der e-Sports hat hierzu ein Äquivalent: Die im Jahre 2000 gegründeten World Cyber Games (WCG).

Gespielt wurden auf den WCG Computerspiele aus unterschiedlichen Genres, etwa Sport [Fifa-Reihe (Fußballsimulation)], RTS (Starcraft) und Counter-Strike (Taktikshooter). Die WCG wurden in ihrer ursprünglichen Form von 2000 bis 2013 ausgetragen. Mit der fortschreitenden Kommerzialisierung des e-Sports' und dem Aufkommen entsprechend großer Turnierkonkurrenten, als auch der Spezialisierung vieler Turniere auf ein einziges Spiel, verloren die WCG nach und nach an Bedeutung und verschwanden schließlich vollends. Den abgeschlossenen Medaillenspiegel der WCG führt deutlich Südkorea (25 mal Gold) an, vor Deutschland (13 mal Gold) und den USA (12 mal Gold). Deutschland verdankt seinen Erfolg auf den WCG überwiegend den Spielern der Fifa-Serie – mit insgesamt acht Goldmedaillen.

Spätestens ab dem Jahre 2000 erfuhr das IRC-Netzwerk QuakeNet eine immer größer werdende Bedeutung im e-Sports, vor allem als Kommunikationsplattform zwischen Clans, Ligen, Turnieren, Spielern und Fans. Jeder größere Clan und jede wichtige Organisation des e-Sports' war im QuakeNet vertreten – teilweise bis heute. Medien wie Facebook, Foren und die erweiterten Funktionen etwa der ESL-Webseite, haben das QuakeNet mittlerweile zum großen Teil aber obsolet gemacht.

Die zweite große Turnierserie des frühen e-Sports war (bzw. ist) der 2002 entstandene Electronic Sports World Cup (ESWC). Der ESWC hatte in der e-Sports Szene lange einen ähnlichen Stellenwert wie die WCG, er hat mittlerweile aber an Bedeutung verloren. Gespielt wurden bzw. werden, wie bei den WCG auch, unterschiedliche Spiele aus verschiedenen Genres, etwa Quake (Shooter), Warcraft 3 (RTS) und die Fifa-Serie (Fußballsimulation). Deutschland konnte beim ESWC mit bisher23 vier Goldmedaillen nicht an die Leistungen auf den WCG anknüpfen.

Zu nennen ist weiter die Dreamhack, eine Serie von LAN-Events, die in ihrer jetzigen Form seit 2002 existiert. Inzwischen veranstaltet die Dreamhack weltweit Turniere, vor allem in Counter-Strike und dessen Nachfolgern. Die Dreamhack gastierte unter anderem in Jönköping (Schweden), Leipzig, Cluj-Napoca (Rumänien) und Moskau.

Bereits jetzt konnte der e-Sports auch außerhalb von Südkorea ganze Hallen füllen und tausende Fans vor den Monitoren begeistern.

Auch in Deutschland hielt der e-Sports Einzug in das reguläre TV-Programm außerhalb des Internets. Vor allem die Sendung Giga hat sich in ihrem Programm regelmäßig mit dem Thema e-Sports beschäftigt. Die Popularität und gesellschaftliche Anerkennung des e-Sports' wuchsen – weltweit.

Für die Entwicklung des e-Sports' in Deutschland war die ESL maßgeblich. Schon früh existierten in der ESL Turniere, die auf professioneller Ebene ausgetragen worden sind. Zu nennen ist hier vor allem die ESL Pro Series (EPS), bei denen Spieler z.B. aus den Titeln Warcraft 3 und Counter-Strike gegeneinander antreten konnten. Es gab Preisgelder, eine Rangliste und ein Finale. Außerdem fanden mit den Intel Friday Night Games24 im Rahmen der EPS regelmäßig LAN-Events mit tausenden Zuschauern statt.

Das Sponsoring von Events, Ligen und Teams spielte eine immer größer werdende Rolle.

Aber auch für den Amateurbereich bot die ESL e-Sportlern Ligen und Turniere, wie etwa die ESL Amateur Series und „normale“ Ligen für jedermann.

E-Sports Events überall auf der Welt wurden mittels Internet übertragen – so auch viele Veranstaltungen der ESL. So erfuhr der e-Sports einen immer größer werdenden Zulauf, weltweit.

Das erste e-Sports Turnier, bei dem es um einen Millionenbetrag ging, war die CPL World Tour im Jahre 2005. Gespielt wurde im Spiel Painkiller (Shooter) auf insgesamt zehn sogenannten „Stops“, also Veranstaltungen, sowie einem Finale in New York. Die Stops fanden in unterschiedlichen Städten weltweit statt.

2006 formte sich die sogenannte „G7“, ein Zusammenschluss aus den zu dieser Zeit sieben dominierenden Teams im Spiel Counter-Strike. Ziel war es u.a., bestimmte Abläufe im e-Sports zu standardisieren und die Zusammenarbeit mit Organisationen und Ligen zu fördern. Außerdem sollten Normen bei Spielertransfers geschaffen werden. Die G7 war die erste relevante „Spieler- bzw. Teamvereinigung“ im e-Sports – grob gesagt könnte man es eine Gewerkschaft nennen.

Ein weiterer Meilenstein im professionellen e-Sports war die Championship Gaming Series (CGS) im Jahre 2007, die Wettbewerbe in insgesamt vier unterschiedlichen Spielen ausgetragen hat – zwei auf dem PC und zwei auf der Konsole Xbox 360. Es wurde um ein Preisgeld von über einer Million US$ gespielt, gleichzeitig wurden von den teilnehmenden Teams rund fünf Millionen US$ an Spielergehältern ausgezahlt.

Der rollende Zug des e-Sports' war nicht mehr aufzuhalten. Es ging mittlerweile um Millionenbeträge und eine enge Verflechtung von IT-, Computerspiel- und Hardwareindustrie mit dem e-Sports. Hardware, vor allem Mäuse und Tastaturen als auch Grafikkarten, wurden speziell auf die Bedürfnisse der e-Sportler abgestimmt. Es gab Werbeverträge, Werksteams und Kooperationen. Außerdem entwickelten sich schon früh erste „Klassiker“ des e-Sports', also legendäre Spiele und Rivalitäten zwischen einzelnen Clans und Spielern. In Deutschland ist hier z.B. der Konkurrenzkampf in Counter-Strike zwischen den Teams mousesports und aTTaX zu nennen, der vorwiegend in der EPS ausgetragen worden ist.

Auch immer mehr reguläre TV-Sender sprangen auf den e-Sports Zug auf. In Südkorea gab es TV-Sender, die sich ausschließlich auf das Übertragen von Computerspielinhalten spezialisiert hatten, wie beispielsweise OGN, gegründet bereits im Jahre 2000. OGN überträgt ebenfalls e-Sports Events und veranstaltet bzw. veranstaltete auch eigene professionelle Turniere, wie z.B. die Ongamenet Starleague (OSL) im Spiel Starcraft.

Im Jahre 2009 folgte dann ein weiteres wichtiges Ereignis in der Entwicklung des e-Sports': Das Erscheinen (Release) von dem MOBA25 League of Legends (LoL).

Das MOBA-Genre ist im Grunde bereits 2003 mit der Warcraft 3-Modifizierung Defense of the Ancients (DotA) entstanden, hielt im e-Sports aber erst richtig mit dem Release von LoL Einzug.

Bei einem MOBA geht es im Prinzip darum, die Basis des Gegners zu zerstören, indem man über drei verschiedene „Lanes“ Stück für Stück nach vorne kommt. Dabei spielen Taktik und vor allem die Koordination im Team eine wichtige Rolle. Gespielt wird in der Regel im 5-gegen-5-Modus auf der folgenden oder ähnlichen Karten26:

Neben den drei „Lanes“ gibt es einen „Jungle“, über den man zwischen den einzelnen „Lanes“ rotieren kann. Außerdem ist bei den meisten MOBAs die Rollenverteilung sehr wichtig. So gibt es in der Regel eine „Lane“, auf der zwei Spieler zusammenspielen, eine „Lane“, auf der 1-gegen-1 gespielt wird, einen Spieler für die mittlere „Lane“ und einen „Jungle“, der die einzelnen „Lanes“ je nach Bedarf unterstützt und sich außerdem um die „Buffs“27 (für seine Teamkollegen und sich) und andere Objekte im „Jungle“ kümmert. In MOBAs werden die gesteuerten Spielercharaktere (Helden) außerdem in unterschiedliche Klassen kategorisiert, die wiederum für bestimmte „Lanes“ vorgesehen sind, etwa Magier für die mittlere „Lane“ oder Jäger für die „Zwei-Spieler-Lane“.

Mittlerweile ist das MOBA-Genre das erfolgreichste Genre im e-Sports. Vor allem das bereits erwähnte LoL, aber auch Dota 2 und Heroes of the Storm (HotS) sind sehr erfolgreiche e-Sports-MOBAs. In Dota 2 findet mit dem „The International“ das höchst dotierte e-Sports Turnier statt. Im Jahre 2017 wurden beim The International 2017 insgesamt über 24 Millionen US$ an Preisgeldern ausgeschüttet. Solche Turniere finanzieren sich u.a. auch durch die Spielerbasis (Community, Szene), die im Spiel (Ingame) Geld ausgeben, in dem sie eine Spielwährung kaufen, mit der sie wiederum neue Spielinhalte erwerben können – etwa ein neues Aussehen (Skin) für einen bestimmten Helden. Ein Teil der aus solchen Transaktionen gewonnenen Erlöse fließt in die Finanzierung und in das Preisgeld entsprechender Turniere.

Im Jahre 2014 erschien mit SMITE das erste Action-MOBA, das nicht aus der Vogelperspektive27,1 gespielt wurde, sondern aus der Third-Person-Perspektive27,2, also der Sicht von hinten auf den Helden (hier Gott). Die Idee des Action-MOBAs konnte sich im Vergleich zum klassischen MOBA im e-Sports aber nicht mit der selben Wucht durchsetzen.

Die Turniere, Ligen, Preisgelder und Gehälter, sowie das Sponsoring durch Unternehmen, als auch der Herstellersupport wurden immer größer. Der professionelle e-Sports war einem ständigen Wachstum unterworfen.

Der nächste wichtige Schritt war das Erscheinen von Twitch im Jahre 2011. Twitch ist ein Live-Streaming-Dienst, auf dem Videospieler live das Spielen von Videospielen übertragen können. Twitch ist offen für jedermann. Für den e-Sports ist Twitch aufgrund von drei Entwicklungen von großer Bedeutung:

  1. Es bot einen neuen Weg, Geld zu verdienen. Spieler konnten durch das Einblenden von Werbung, Produktplatzierungen, Abos durch Zuschauer (Zusatzfunktionen für die Zuschauer) und Kooperationen mit Spiele- und Hardwareerstellern Geld verdienen.
  2. Auf Twitch konnten Spiele live direkt durch Spieler vorgestellt und dem Massenmarkt direkt zugänglich gemacht werden.
  3. Am wichtigsten für den e-Sports: Auf Twitch konnten e-Sports Events direkt über das Internet übertragen werden – und zwar live.

Die Veranstalter von Turnieren hatten so eine internationale Plattform, auf der sie ihre Events übertragen konnten. Das Geflecht aus nationalen Übertragungsplattformen war so obsolet geworden.

Nicht zuletzt mit dem Erscheinen von Twitch wurde auch der Beruf des e-Sports Kommentatoren und Experten immer wichtiger. Die Spiele wurden live analysiert und kommentiert. Außerdem konnte, z.B. durch die Chatfunktion auf Twitch, die Community (Spielergemeinschaft) direkt einbezogen und eingebunden werden.

E-Sports Events wurden auf Twitch millionenfach gesehen. Die Major-Turniere in Counter-Strike: Global Offensive (erschienen 2012, zweiter bzw. dritter Counter-Strike Nachfolger) wurden über Twitch live von Millionen Zuschauern gesehen. LoL- und Dota 2-Events sind sogar noch erfolgreicher.

Auch vor Ort erfreute sich der e-Sports einer immer größer werdenden Beliebtheit unter Fans und Zuschauern. Inzwischen füllen e-Sports Events ganze Stadien, wie etwa die Commerzbank-Arena bei der ESL One (Dota 2-Turnier) in Frankfurt am Main im Jahre 2016.

Im Jahre 2015 ist in Santa Ana (Kalifornien, USA) die erste e-Sports Arena eröffnet worden. Beim e-Sports Vorreiter Südkorea, in dem e-Sports Volksport ist und professionelle e-Sportler einen ähnlichen Status haben wie Profifußballer in Deutschland, existierte schon lange eine professionelle e-Sports Infrastruktur. Nach und nach zogen solche Bedingungen auch in anderen Ländern an.

In den letzten Jahren ist der e-Sports auch in Deutschland einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden. Die Anzahl der e-Sportler in Deutschland wird auf bis zu 4,5 Millionen28 geschätzt. Man kann aber auch auf noch höhere Zahlen kommen.

Der e-Sports ist in den letzten Jahren weltweit weiter gewachsen. Es ist eine ganze Industrie entstanden, die sich ausschließlich auf den e-Sports konzentriert: Produktlinien von Computerherstellen, TV-Sender, Unternehmen, Medien, etc.

Spieler leben teilweise zusammen in Teamhäusern, um gemeinsam zu trainieren.

Eine in Deutschland neue, aber weltweit schon bekannte Entwicklung, ist, dass Vereine aus klassischen Sportarten inzwischen e-Sports Teams verpflichten. Zu nennen sind hier z.B. der FC Schalke 04 (2016) und der VfB Stuttgart (2017). Auch in anderen Ländern unterhalten solche Vereine e-Sports Abteilungen, wie z.B. Galatasaray Istanbul und Manchester City.

Verbände wiederum spielen im e-Sports bis heute keine große Rolle, auch wenn neue Entwicklungen wie etwa die World eSports Association (WESA) dies ändern könnten.

Es werden im e-Sports auch schon seit Langem Awards, Auszeichnungen und Preise verliehen, wie beispielsweise der Award für den Most Valuable Player (MVP), also den wertvollster bzw. besten Spieler, oder für den Most Improved Player (MIP), also den Spieler, der sich am meisten verbessert hat.

Dieses Kapitel soll einem Überblick über die Entwicklung des e-Sports dienen. Es gab viele Zwischenschritte und weitere wichtige Ereignisse, die ich nicht genannt habe, um den Rahmen dieses Kapitels nicht zu sprengen.

Als Fazit kann man festhalten, dass der e-Sports seit seiner Entstehung stetig gewachsen ist: In Sachen Professionalität, Spieler- und Zuschauerzahl, Kooperation mit Unternehmen, Infrastruktur und gesellschaftlicher Anerkennung.

e-Sports in Zahlen – Ist-Stand, Daten und Fakten,
Entwicklung, sowie Interpretationen

Wie im vorherigen Kapitel bereits angedeutet, ist der e-Sports in seiner Entwicklung einem stetigen Wachstum unterworfen. Dies gilt weltweit, aber auch für den deutschsprachigen Raum. Deutschland selbst war immer ein wichtiger Teil des e-Sports', vor allem im Hinblick auf Europa, in den letzten Jahren auch vermehrt weltweit.

In diesem Kapitel möchte ich einen genauen Blick auf den Ist-Stand des e-Sports' werfen und auch ein paar Worte zur Entwicklung in Zahlen verlieren.

Der Bundesverband interaktive Unterhaltungssoftware (BIU) hat zum „Ist-Stand“ (2015) einige interessante Fakten veröffentlicht. Sicherlich ist die Entwicklung des e-Sports' seitdem weiter vorangeschritten, aber die Zahlen bieten einen ersten Einblick in die Größe der e-Sports Szene, die ausgeschütteten Preisgelder und die „Wirtschaftsmacht e-Sports“.

Die folgenden Fakten29 des BIU [jeweils mit (teilweise eigener) Überschrift in fett und Gedankenstrichen] stellen Vergleiche zwischen dem e-Sports und anderen gesellschaftlichen Bereichen her, damit sich der Leser ein besseres Bild machen kann.

Mercedes-Benz Arena (15.000 Plätze)

Dies macht deutlich, wie beliebt der e-Sports inzwischen ist. Der e-Sports ist auch kein Phänomen der gesellschaftlichen Ränder, sondern in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Er ist ein wichtiger Bereich des Lebens von Teilen ganzer Generationen. Der Vergleich zeigt außerdem deutlich, dass e-Sports nicht mehr nur vor dem Monitor stattfindet, sondern, dass er dazu in der Lage ist vor Ort ganze Stadien zu füllen – in kurzer Zeit.

Höchste gleichzeitige Online-Zuschauerzahl

Das Internet, vor allem durch Twitch, ist nach wie vor sehr wichtig für den e-Sports. Der oben gezeigte Vergleich macht deutlich, wie viele Menschen sich für den e-Sports interessieren.

Felix Baumgartner, ein österreichischer Extremsportler, ist im Jahre 2012 mithilfe eines Heliumballons in die Stratosphäre aufgestiegen. Ziel war es, aus dieser Höhe abzuspringen und damit Weltrekorde aufzustellen. Er hatte Erfolg und stellte durch seinen Sprung insgesamt drei Weltrekorde auf. Der Weltrekord-Sprung war ein weltweites Medienereignis. Baumgartner besuchte zahlreiche Talkshows, sein Sprung war in den Nachrichten quasi aller Nationen.

Der Vergleich macht also deutlich, dass der e-Sports in Sachen „Zuschauer“, je nach Medium, mit Weltereignissen mithalten kann.

Zuschauer vor Ort

Rock am Ring ist ein Musikfestival, das seit 1985 in Deutschland veranstaltet wird. Es gehört zu den wichtigsten derartigen Ereignissen in Deutschland und Europa. 2015 traten u.a. erfolgreiche Bands wie Deichkind, Foo Fighters, Slipknot und Die Toten Hosen auf. Das Festival fand über drei Tage statt.

Der Vergleich zeigt also, dass der e-Sports im Hinblick auf die Besucherzahlen mit Großereignissen aus gesellschaftlich etablierten Bereichen, hier der Musik, nicht nur mithalten, sondern diese auch übertreffen kann.

Facebook-Fans

Fernando Alonso, ein spanischer Automobilrennfahrer, wurde in den Jahren 2005 und 2006 Weltmeister der Formel 1 – und damit des wichtigsten Motorsportturniers der Welt.

Die Formel 1 trägt ihre Rennen weltweit aus, ist extrem finanzstark und begeistert Millionen Fans in aller Herren Länder. In Deutschland wird die Formel 1 unter anderem auf dem großen TV-Sender RTL übertragen.

Auf Facebook, dem größten sozialen Netzwerk der Welt, hat eine Formel 1 Größe wie Alonso aber weniger Fans als ein e-Sports Clan wie fnatic (gegründet 2004).

Wahrnehmung

Der Gang ins Fitnessstudio, also ein Volkssport, ist in Deutschland ähnlich beliebt wie das Anschauen von e-Sports Matches. Damit rangiert der e-Sports bei den beliebtesten bzw. populärsten Sportarten in Deutschland mittlerweile in den Top 1030.

„Einwohnerzahl“

Frankreich, das zweitgrößte Land Europas (nach Einwohnerzahl), hat eine kleinere Population, als es Menschen gibt, die LoL spielen. Das macht deutlich, wie populär Computerspiele mittlerweile sind.

Interessant wird eine Betrachtung des e-Sports' auch, wenn man sich einmal anschaut, um wie viel Geld es in dieser Branche mittlerweile geht.

Am ehesten bietet sich dazu ein Vergleich mit dem Fußball an. Fußball ist nach wie vor die beliebteste Mannschaftssportart weltweit – und vor allem auch in Europa. Die UEFA Europa League ist das zweitwichtigste Fußballturnier auf europäischer Ebene.

Preisgelder

Großereignisse des e-Sports' können also auch in Sachen Preisgelder mit wichtigen Turnieren aus dem klassischen Sport mithalten. Betrachtet man die Einzelprämien der Spieler, dann überholt der e-Sports den Fußball an einigen Stellen sogar, schließlich hat eine Fußballmannschaft mehr Spieler als z.B. ein LoL-Team.

Weltweit wurden im e-Sports im Jahre 2015 insgesamt Preisgelder in Höhe von 71 Millionen US$ ausgeschüttet. Zum Vergleich: Das ist ähnlich viel Geld, wie die Tennislegenden Lindsay Davenport, Steffi Graf und Martina Navratilova in ihren gesamten Karrieren zusammen an Preisgeldern gewonnen haben31.

Weltweiter e-Sports Markt (in Mrd. US$)

Auch die Prognose der Entwicklung des e-Sports Marktes war auf Basis von 2015 sehr erfreulich. Man ist (fast) von einer Verdreifachung des e-Sports Marktes in den nächsten vier Jahren ausgegangen.

Eine Übersicht32 von PwC sieht ähnliche finanzielle Zahlen beim Thema e-Sports. Interessant ist dabei auch die Aufschlüsselung der Umsätze nach Ländern.

1. USA

2. Südkorea

3. China

4. Deutschland

5. Frankreich

Gesamt

Deutschland belegt demnach Platz 4, wenn man sich rein auf den aus dem e-Sports generierten Umsatz konzentriert. Die beiden „Heimatnationen“ des e-Sports', namentlich die USA und Südkorea, belegen die beiden vorderen Plätze. Die Summen unterscheiden sich von der Übersicht des BIU, weil teilweise andere Bereiche des e-Sports' als Grundlage berücksichtigt worden sind. In allen genannten Ländern ist der e-Sports ein Wachstumsmarkt.

Die Umsätze im e-Sports werden vorwiegend aus dem Sponsoring, Werbung in Streams33, Premium-Inhalte (z.B. Abos bestimmter Twitch-Kanäle), dem Verkauf von Medienrechten und durch Gelder aus dem Verkauf von Eintrittskarten für e-Sports Events generiert.

Der Umsatz allein des deutschen e-Sports' ist von 4,4 Millionen Euro (2012) auf 43,0 Millionen Euro (2017, Erwartungswert) angestiegen. Bis 2021 wird mit einem Anstieg auf bis zu 91,4 Millionen Euro gerechnet.

Das entspricht einer Verzwanzigfachung innerhalb von weniger als zehn Jahren. Es gibt sehr wenige Branchen, die ähnlich schnell wachsen wie der e-Sport – nicht nur in Deutschland, sondern weltweit.

Wichtig für die Steigerung der Umsatzzahlen ist vor allem die Entwicklung bei den Zuschauerzahlen. Durch Zuschauer gewinnt man Sponsoren, man verkauft Tickets und kann teurere Werbung schalten.

Zuschauer (2016)