Justinus Kerner: Klecksographien

 

 

Justinus Kerner

Klecksographien

 

 

 

Justinus Kerner: Klecksographien

 

Neuausgabe mit einer Biographie des Autors.

Herausgegeben von Karl-Maria Guth, Berlin 2017.

 

Umschlaggestaltung unter Verwendung des Bildes:

Justinus Andreas Christian Kerner (Stich nach einer Zeichnung von Anton Duttenhofer)

 

ISBN 978-3-7437-1385-7

 

Dieses Buch ist auch in gedruckter Form erhältlich:

ISBN 978-3-7437-1305-5 (Broschiert)

ISBN 978-3-7437-1306-2 (Gebunden)

 

Die Sammlung Hofenberg erscheint im Verlag der Contumax GmbH & Co. KG, Berlin.

 

Erstdruck: Stuttgart 1890 (posthum).

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind über http://www.dnb.de abrufbar.

 

Vorwort

Es wird wohl manchem bei Lesung und Betrachtung dieser Blätter vielleicht zu Sinne kommen, wie er schon in frühester Jugend durch Zerdrückung von kleinen färbenden Beeren, ja gar Fliegenköpfen und so weiter auf zusammengelegtem Papier, ohne Kunst, ohne Hilfe von Bleistift und Pinsel, Zeichnungen hervorgehen sah. Dessen erinnere ich mich auch noch aus meiner Jugend.

Die Zunahme meiner halben Erblindung war die Ursache, daß ich es in diesem jugendlichen Spiel weiterbrachte; denn dadurch fielen mir, wenn ich schrieb, sehr oft Tintentropfen aufs Papier. Manchmal bemerkte ich diese nicht und legte das Papier, ohne sie zu trocknen, zusammen. Zog ich es nun wieder voneinander, so sah ich, besonders wenn diese Tropfen nahe an einen Falz des Papiers gekommen waren, wie sich manchmal symmetrische Zeichnungen gebildet hatten, namentlich Arabesken, Tier- und Menschenbilder und so weiter. Dies brachte mich auf den Gedanken, diese Erscheinung durch Übung zu etwas größerer Ausbildung zu bringen.

Das Verfahren und die dadurch entstandenen Bilder teilte ich schon vor sieben Jahren vielen meiner Freunde aus der Nähe und Ferne mit, auch wurden sie sehr oft in Albums von Freundinnen mit einer Erklärung durch einen von meiner Hand geschriebenen Vers begehrt, auch in Lotterien zu Stuttgart und Dresden, die wohltätige Frauen zum Besten der Armen veranstaltet hatten, für solche gewinntragend freudig aufgenommen.

Dieses Spiel mit den dicken Klecksen verbreitete sich auch damals bald unter vielen und wurde eine Zeitlang in unserer Gegend und auch in der Ferne fast zu einem Modespiel von Alten und Jungen, selbst in Schulen oft zum großen Jammer der Lehrer. Ein Liebhaber dieser Kunst in Stuttgart hat sogar, wie ich höre, derlei Tintenbilder durch Lithographie vervielfältigen lassen.[39]

Schon vor sieben Jahren gab ein geistreicher Freund der Kunst und des Humors der Art, solche Bilder aus Tintenklecksen zu machen, den Namen der Klecksographie. Auch die in diesen Blättern gegebenen Bilder entstanden auf keine andere Weise. Ich will hier nur noch etwas ausführlicher wiederholen, wie solche Bilder entstehen und auch diese entstanden.