Hesiod: Theogonie
Übersetzt von Rudolf Peppmüller
Neuausgabe mit einer Biographie des Autors.
Herausgegeben von Karl-Maria Guth, Berlin 2017.
Umschlaggestaltung unter Verwendung des Bildes:
Jakob Asmus Carstens, Kampf der Titanen und Götter, 1795
ISBN 978-3-7437-1745-9
Dieses Buch ist auch in gedruckter Form erhältlich:
ISBN 978-3-7437-1330-7 (Broschiert)
Die Sammlung Hofenberg erscheint im Verlag der Contumax GmbH & Co. KG, Berlin.
Entstanden im 7. Jahrhundert v. Chr. Hier in der Übers. v. Rudolf Peppmüller, Halle a.d.S.: Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses, 1896.
Der Text dieser Ausgabe folgt:
Hesiodos. Übers. v. Rudolf Peppmüller, Halle a. d. S.: Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses, 1896.
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Lasst beim Beginne des Sangs helikonische Musen uns feiern,
Sie, die den Helikonberg zum göttlichen Wohnsitz erkoren,
Wo sie an dunkelfarbigem Quell mit zierlichem Fusse
Tanzen um den Altar des mächtig waltenden Vaters.
Wann sie den lieblichen Leib in Permessos' Fluten gebadet
Oder im Rossequell und Olmeios' göttlichen Wellen,
Schlingen sie herrlichen Reigen hoch oben auf Helikons Höhen,
Anmutsvollen, und rühren den Fuss zu lieblichen Tänzen.
Daher ziehen sie aus und in undurchdringlichem Nebel
Schreiten sie nachts einher, mit herrlicher Stimme zu singen,
Preisen den ägishaltenden Zeus und die herrschende Here,
Welche in Argos regiert, mit goldenem Schuhe gezieret,
Auch des ägishaltenden Zeus glanzäugige Tochter,
Phoibos Apollon sodann und Artemis, mächtig des Bogens,
Und, der die Erde umfasst, den Erderschüttrer Poseidon,
Themis, die ehrbare Göttin, mit dunkelem Aug' Aphrodite,
Hebe sodann im goldenen Schmuck und die schöne Dione,
Eos und Helios' Macht und mit glänzendem Lichte Selene,
Leto sodann und Iapetos auch und den listigen Kronos,
Gaia, Okeanos auch, den starken, das nächtliche Dunkel,
Und das heil'ge Geschlecht der anderen ewigen Götter.[100]
Diese lehreten einst Hesiodos herrliche Lieder,
Da er am Helikonberge, dem göttlichen, Lämmer geweidet.
Also begannen mit Worten des Tadels die göttlichen Musen,
Die den Olympos bewohnen, des Ägishaltenden Töchter:
»Ländliche Hirten, ihr Wichte, die einzig dem Bauche ergeben,
Viel Erdichtetes sagen wir wohl, das Wirklichem gleichet,
Aber wir künden euch auch, so wir wollen, lautere Wahrheit.«
Also sprachen beredt die Töchter des mächtigen Vaters.
Und sie reichten ein Scepter mir dar, vom grünenden Lorbeer
Herrlichen Zweig abschneidend, und hauchten mir göttliche Stimme
Ein, dass ich sänge von dem, was war und sein wird in Zukunft.
Und sie hiessen die Götter mich preisen, die ewiglich leben,
Aber sie selber am Anfang und Ende immer besingen.
Doch was rede ich kühn von Eiche und Felsen begeistert?
Lass mit den Musen uns also beginnen, die herrliche Lieder
Singen und Zeus', des erhabenen, Sinn im Olympos erfreuen,
Kündend von dem, was da ist und da war und was fernerhin sein wird,
Alle zu einem Gesänge vereint: ohn' Ende entströmet
Lieblicher Klang ihrem Munde: da lacht des Donnerers Wohnung,
Zeus', des gewaltigen Herrn, wenn der Göttinnen Lilienstimme
Weithin ertönt, und es hallet das Haupt des beschneiten Olympos
Und der Unsterblichen Häuser: doch sie mit unsterblicher Stimme
Preisen der Götter ehrbar Geschlecht zuerst im Gesange,[101]
Welche die Erde erzeugt und der weit sich dehnende Himmel,
Und die von diesen entsprossen, die Götter, die Geber des Guten,
Aber sodann den Zeus, den Vater der Götter und Menschen,
[Feiern die Göttinnen, wann den Gesang sie beginnen und enden:]
Denn dér ist der gewaltigste Gott und der höchste Gebieter.
Weiter der Menschen Geschlecht und der allgewalt'gen Giganten
Preisend, ergötzen die Musen den Zeus im olympischen Hause,
Sie, die olympischen Töchter des ägishaltenden Gottes,
Die in Pieriens Land, dem Kroniden in Liebe vereinigt,
Ihm Mnemósyne gab, die Eleuthers Höhen beherrschet,
Dass sie Erlösung brächten vom Leid und im Elende Lindrung.
Denn neun Nächte gesellte sich ihr der Berater Kronion
Von den Unsterblichen fern, ihr heiliges Lager besteigend.
Als dann ein Jahr vorüber erst war und die Stunden sich wandten,
Monate schwanden und viele der Tage zu Ende gegangen,
Hat sie geborn neun Töchter voll Eintracht, denen zu singen
Innig die Triebe des Herzens befehlen, das Kummer nicht kennet,
Hart am obersten Gipfel des schneeumhüllten Olympos,
Wo sie glänzender Reigen sich freuen und herrlicher Häuser.
Bei ihnen haben die Huldgöttinnen und Himeros Wohnung,
Festlich vereint. Und sie öffnen den Mund zu lieblichem Klange,
Singen von Leben und Weise der Götter und melden von aller
Ehrbarem Wandel und öffnen den Mund zu reizendem Klange.[102]
Und zum Olympos empor, der herrlichen Stimme sich freuend,
Schritten sie unter ambrosischem Sang, und von ihrem Liede
Hallte die dunkele Erde, und liebliche Tritte vernahm man,
Da zu des Vaters Hause sie zogen: der herrschet im Himmel,
Wo er dem Donner befiehlt und flammendem Blitze gebietet,
Seit er den Vater Kronos besiegt: wohl hat er es alles
Gleich an die Götter verteilt und Ehren allen beschieden.
Also sangen die Musen, olympischer Häuser Bewohner,
Alle die neun dem mächtigen Zeus entsprossene Töchter,
Kleio und auch Eutérpe, Thaleia, Melpomene weiter,
Erato, auch Terpsichore dann, Polyhymnia weiter,
Dann Uránia, endlich Kalliope, allen ein Muster:
Denn es gesellt sich die Muse verehrungswürdigen Herrschern.
Wen die Töchter des Zeus, des erhabenen, ehren, und wen sie
Huldvoll bei der Geburt anschaun von den edelen Herrschern,
Netzen sie gern mit dem Thau viellieblicher Rede die Zunge:
Schmeichelnd rinnt ihm vom Munde das Wort, und es schauen die Völker
Alle mit Staunen auf ihn, wenn des Rechtes er waltet, mit gradem