Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbiografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten. © 2021 Bernd H. Eckhardt

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Autors unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Herausgeber: Bernd H. Eckhardt und Cornelia Eckhardt

Kontakt Autor/Herausgeber: Reisen@lnvestors-Office.com

Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 9783753468044

Leben kennt keine
Generalprobe.
Es wird nicht wiederholt.
Es gibt keine zweite
Chance.
Wir können es später
nicht besser machen.
Wirklich leben heißt im
Heute handeln.

Wichtig

Von Paraguay ausgehend haben wir Reisen in die Länder Südamerikas unternommen, um zu verstehen, was die Politik mit der Wirtschaft macht, wie die kulturellen Gegebenheiten wirken, ob die Finanzen solide und Investitionen möglich sind. Unsere in Form von Reiseberichten laufend aktualisierten Eindrücke werden durch zahlreiche Fotos untermauert, die Lust darauf machen sollen, selbst dorthin zu reisen, sich mit den Gegebenheiten dort selbst vertraut zu machen. Alle Reiserouten können kombiniert werden und auch von der jeweiligen Landeshauptstadt (Internationaler Flughafen) ausgehen.

Heutzutage kann sich jeder auf den einschlägigen Seiten der Airlines, der Hotels, der Mietwagen- und Busgesellschaften sowie der entsprechenden Vergleichsportale über Kosten und Risiken unproblematisch und vor allem tagesaktuell selbst informieren. Wir können uns dies also im Interesse eines handlichen Reisebegleiters schenken.

Obwohl alles getan wurde, um die Korrektheit der Informationen zu gewährleisten, können sich diese jederzeit aufgrund verschiedenster Ursachen wie politische oder wirtschaftliche Entwicklungen sowie besondere Witterungsbedingungen, Einschränkungen der Reisemöglichkeiten usw. ändern. Deshalb sollte jeder Leser sich zunächst ausführlich informieren, wenn er eine Reise plant. Weder Autor, Herausgeber noch der Verlag können für Angaben in diesem Buch, die nicht mehr der aktuellen Lage vor Ort entsprechen, haftbar gemacht werden. Wenn Sie veraltete oder unkorrekte Informationen entdecken, freuen wir uns über eine Mitteilung von Ihnen.

Inhalt

Südamerika

Bolivien

Fünf Highlights

Tupiza und der Salar de Uyuni mit seinem Lithiumreservoir (Route BOB 1): Die wüstenhafte ruhige Kleinstadt Tupiza liegt inmitten einer spektakulären Wildwest-Landschaft. Sie ist Ausgangspunkt für Touren zum Salar de Uyuni, dem weltweit größten und höchstgelegenen Salzsee. Er ist ein surreal anmutendes weißes Nichts bei Trockenheit und eine doppelte Welt bei Feuchtigkeit (Spiegelungen).

Potosí (Route BOB 1): Die Silberstadt mit dem alten Silberabbaugebiet an und in ihrem Cerro Rico hat ein schönes koloniales Zentrum.

Sucre (Route BOB 1): Die verfassungsmäßige vornehme und dabei quirlige Hauptstadt ist das Herz Boliviens, UNESCO Weltkulturerbe und zeigt eine reiche Kolonialarchitektur.

La Paz (Route BOB 2): Spektakulär hoch an Berghängen gelegen ist La Paz der Regierungssitz der multikulturellen Gesellschaft Boliviens. Etwas Kolonialarchitektur im alten Zentrum und vor allem quirlige Märkte zeichnen die Großstadt aus. Im weltweit ausgedehntesten Seilbahnnetzsystem kann man Sightseeing Gondelfahrten über die Hügel der Stadt unternehmen.

Titicacasee (Route BOB 2): Der See ist der weltweit höchstgelegene größte schiffbare See. Bolivien, das selbst keinen Zugang zum Meer hat, diesen aber unverändert von seinen Nachbarländern beansprucht, trainiert hier seine Marine. In Copacabana herrscht Cote d'Azur-Flair a la Bolivia. Der Ort ist Ausgangspunkt zu Ausflugsfahrten zu den sagenumwobenen Inseln Isla del Sol und Isla de la Luna, der Wiege der Inkakultur.

Klima und Reisezeit

Zwischen Februar und April sind Städtetrips (Cochabamba, Sucre, La Paz) möglich. Es ist die Zeit der Fiestas. Touren über den Salar de Uyuni gibt es ab März.

Zwischen Mai und Oktober sind die Tage zumeist trocken und sonnig. Die trockensten Monate im Amazonasbecken sind die Monate Juli bis November. Der bolivianische Winter von Juni bis September ist die ideale Reisezeit für das Land, auch für Trekkingtouren.

Die sommerliche Regenzeit dauert von November bis April. Der Überland-Transport wird schwierig und ist in einigen Flachland-Regionen sogar unmöglich.

Events

Am 2. Februar wird im ganzen Hochland die Fiesta de Candelaria mit Musik, Tanz, Prozessionen und Feuerwerk gefeiert; am ausgiebigsten in Copacabana.

Rund um den 11. und 12. Februar feiert man in Oruro den bekannten Karneval (UNESCO-Weltkulturerbe).

Im Mai treffen sich in Macha, im Hochland gelegen zwischen Oruro und Potosí, Hunderte von Quechua-Indianer zum Tinku - Festival. Sie ehren Pachamama, Mutter Erde, mit Kämpfen, Tänzen und Opfergaben.

Am 21. Juni wird in Tiahuanaco das Willkakuti, das Neujahrsfest der Aymara, gefeiert. Jedes Jahr kommen Millionen von Einheimischen und Besuchern, um die Wintersonnenwende, die Rückkehr der Sonne und die Erneuerung der kosmischen Energien zu feiern.

Im September findet die Fiesta de la Virgen de Guadalupe mit mehr als 40.000 Tänzerinnen und Tänzer aus ganz Bolivien in Sucre statt.

Route BOB 1

Tupiza und der Wein, Salar de Uyuni und das Lithium, Potosí und das Silber, Sucre Haupt- und Modestadt

Bolivien, ein facettenreiches Land, ein plurinationaler Staat, ein landschaftlich wirklich schönes Land.

All das wussten wir. Aber Bolivien sollte auch ein gefährliches, unsicheres Land sein, die Menschen sollten verschlossen sein.

Das dachten wir. Wir wurden eines Besseren belehrt.

Bolivianer sind keineswegs cerrado, verschlossen.

Wir sind mit vielen Menschen ins Gespräch gekommen, sei es im Taxi, im Hotel, im Restaurant, in den Comedores der Markthallen, auf der Parkbank, bei einem Friseurbesuch, beim Schuhputzservice oder wenn es um Möglichkeiten für Investitionen ging.

Bolivianer äußern offen ihre politische Meinung und sind demonstrations freudig, sei es für bessere Schulkost, Schulcomputer für die Kinder, gegen Korruption im Amt (Wahlgesetzänderung zugunsten Amtsinhaber) oder auch für Großprojekte: Wir wollen unseren Zugang zum Pazifik wiederhaben.

Lässt man die eigentlich überall auf der Welt nötige Vorsicht walten, ist Bolivien ein sicheres Reiseland. Und die hygienischen Verhältnisse sind keinesfalls desaströs, wie oftmals suggeriert wird.

Von Asunción kommt man mit dem Flugzeug in 1,5 Stunden für ca. 150 Euro oder in 14 Stunden mit dem Bus für etwa 50 Euro bzw. eigenem Auto nach Salta (Argentinien) und von dort aus mit Bus oder eigenem Auto weiter. Mietwagen machen keinen Sinn, weil sie die Grenzen nicht überqueren dürfen.

Und die Fahrt nach Bolivien verlangt gesundheitsbewussten Menschen zur Vermeidung der Höhenkrankheit etwas Zeit ab. Man sollte dem Körper Gelegenheit geben, sich mehrere Tage an 2.500 Meter und dann in jeweils weiteren 500 Meter Höhenschritten zu akklimatisieren.

Wir haben die Grenze La Quiaca (Argentinien) - Villazon (Bolivien) zu Fuß überquert, denn eine direkte grenzüberschreitende Busverbindung gibt es nicht. Es ist ein beschaulicher Grenzübergang, der ohne Kontrollen auch von Pendlern und ambulanten Händlern sowie Tagestouristen genutzt wird.

Per Taxi geht es zum neuen Busbahnhof.

Online - Buchungen sind in Bolivien nicht üblich, da der einheimische Kunde dies nicht kennt bzw. fordert. Auch Informationen zu Fahrplänen findet man kaum. Trotzdem ist die Weiterfahrt kein Problem. Das Transportsystem funktioniert.

Mehrmals täglich fahren Busse über eine landschaftlich wunderschöne gut ausgebaute Asphaltstraße nach Tupiza.

und liegt auf einer Höhe von 2.850 Metern. Auf die Frage, ob es eine Touristeninformation gibt, werden wir an die Stadtverwaltung, die Municipalidad, verwiesen. Im obersten Stockwerk finden wir schließlich die Tourismusabteilung und werden an einen freundlichen Herrn weitergereicht, der etwas irritiert zwei ältere Prospekte aus einer Schublade hervorzaubert. Er überlässt sie uns nur ungern.

Tupiza ist überschaubar

Obwohl Tupiza schon als Einfallstor für Touren zum Salzsee Salar de Uyuni zählt, vermissen wir offizielles Informationsmaterial. Agenturen, die Touren zum Salar verkaufen, gibt es zur Genüge, aber auch sie verfügen nur über wenig Anschauungsmaterial.

Im Comedor der Markthalle stärken wir uns mit einem typischen bolivianischen Mittagessen (ca. zwei Euro).

Die Toiletten, deren Benutzung überall in Bolivien ein bis zwei Bolivianos (unter 30 Eurocent) kosten, sind sauber. Man wird angehalten, sich die Hände zu waschen. Der Umsatz an Essen im Comedor ist hoch, so dass man von frischer Kost ausgehen kann.

Wir machen es wie die Einheimischen und würzen mit scharfer Salsa picante - die tötet notfalls alles ab. Abends im Restaurant beschränkt sich das Angebot eher auf Pasta, Pizza, Tacos und einige typische Gerichte meist mit Reis und Pommes Frites. Wir fragen uns, wem die reiche Auswahl an Obst, Gemüse und verschiedenen Kartoffeln, die im Markt angeboten wird, zugutekommt?

Samstag ist Bauernmarkt. Das Angebot ist groß. Die Stände mit den unterschiedlichsten Kartoffeln interessieren uns besonders.

Chuño ist eine kleine getrocknete Andenkartof­fel. Sie wird auf einer grasbewachsenen Fläche ausgelegt, dort, wo über Nacht Frost herrscht. Morgens bei Sonnenaufgang treten die Bauern auf die gefrorenen Kartoffeln bis das Eis abbröckelt. Dieser Vorgang wird drei Tage und Nächte wiederholt. Übrig bleibt Chuño, die Monate und sogar Jahre später noch essbar sein soll.

Vor dem Kochen wird Chuño über Stunden in Wasser eingelegt, dann werden die Schalenreste und der bittere Geschmack durch zahlreiche Wasserbäder entfernt. Anschließend wird Chuño in Salzwasser gekocht.

Tunta, auch bekannt als weiße Chuño, wird ebenfalls dem Frost ausgesetzt, aber anschließend in wasserdichte Plastiktüten gepackt. Bei starkem Sonnenschein versenken die Bauern die Tüten in einen Fluss oder einen See, wodurch die weiße Farbe entsteht. Auch diese Trockenkartoffeln müssen erst eingeweicht werden, bevor sie gekocht und oft mit einer Sauce aus Erdnüssen angerichtet werden.

Pünktlich zum Schulschluss strömen die Schüler in ihren Schuluniformen über den zentralen Platz und stärken sich an den verschiedenen Ständen, die Salteños, Empanadas oder Ähnliches anbieten.

Wir beobachten sie und fragen uns, ob sie wohl auf die staatliche oder eine private Schule gehen, und informieren uns über das bolivianische Schulsystem.

Dieses sorgt für eine positive Überraschung. Im Ley 070 vom 20.12.2010 stehen festgeschrieben, sechs Jahre Primaria und dann anschließend obligatorisch sechs Jahre Secundaria bis zum Bachillerato - Abitur.

Selbst in Europa besteht Schulpflicht zumeist nur bis zum 16. Lebensjahr. Ob in Bolivien Theorie und Praxis bzw. Wunsch und Realität übereinstimmen, können wir nicht beurteilen.

In den Städten mag es zutreffen, auf dem Land ist nicht immer eine Secundaria vorhanden.

Die Kinder müssen dann im Internat untergebracht werden, für das es zwar einen ordentlichen staatlichen Zuschuss gibt, aber wohl keine vollständige Übernahme.

Die Landbevölkerung gehört nun auch nicht gerade zur reichen Bevölkerungsschicht.

Bolivien als multinationaler Staat hat darüber hinaus auch drei Universitäten speziell für die indigne Bevölkerung ins Leben gerufen (Decreto Supremo N° 29664, de 2 de agosto de 2008). Auch die Analphabetenrate - zumeist sind indigene Frauen betroffen - ist deutlich gesenkt worden.

Die Besitzer unseres sauberen kleinen Hotels sind ein Beispiel für eine bolivianische Erfolgsgeschichte. Der Juniorchef (28), studierter Jurist, englischsprachig, bietet Touren in die Umgebung und an den Salzsee an. Seine Eltern, seine Mutter war 16 und schwanger mit ihm, sind von Uyuni nach Tupiza gezogen und haben langsam ein heute florierendes Hotel aufgebaut, dem Sohn das Studium ermöglicht und werden es sicher der jüngeren Tochter auch bezahlen. Die Familie hält zusammen.

Hier haben wir auch zum ersten Mal bolivianischen Wein probiert, der uns bis dahin unbekannt war.

Der Weinbau in Bolivien wurde durch spanische Missionare um 1550 begründet. Sie brachten Rebsorten wie Moscatel de Alejandria und Misionaria, bekannt als Negra Criolla mit. Bevorzugt hergestellt wurde Singani, ein reines Destillat aus Moscateltrauben. Erst in den 1960er Jahren begannen bolivianische Weinbauer in Technologie und Weinproduktion zu investieren und ab 1978 importierte man auch europäische Rebsorten, die sich dem Mikroklima auf hoher Höhe anpassten, heimisch wurden. Die Trauben entfalteten ihren eigenen Charakter und der Wein ist seit 1993 unter der Marke Vino de Altura bekannt. Er wird überall vermarktet.

Die drei Hauptanbaugebiete umfassen das

Cruz mit 100 Hektar Rebfläche auf einer Höhe von 1.600 bis 3.000 Metern mit den roten Sorten Syrah, Tannat, Cabernet Sauvignon und Malbec, sowie den weißen Torrontes, Sauvignon Blanc, Riesling und Moscatel de Alejandria.

Darüber hinaus gibt es noch kleinere Weingüter in den Tälern von Potosí, La Paz und Cochabamba. Bolivien ist eines der kleinsten Weinerzeugerländer der Erde, was jedoch nichts über die Qualität aussagt. Der Tannat ist jedenfalls exzellent.

Tupiza ist umgeben von einer absolut eindrucksvollen Landschaft mit wüstenhaftem Klima, die zu Fuß, hoch zu Pferd oder bequem im Jeep entdeckt werden kann. Am Tag ist es trocken, heiß und sonnig, nachts gibt es eine deutliche Abkühlung. Wir wandern zu Fuß einer Pferdeäpfelspur folgend durch die einsame Landschaft zur Puerta del Diab lo, zum Tor des Teufels.

Pünktlich zum Einbruch der Dunkelheit hat der Ort uns wieder. Auf dem Hauptplatz pulsiert das Leben. Verschiedene Buden sind aufgebaut. Aktivitäten werden angeboten. Es ist eine Aktion der Polizeibehörde, die für gegenseitiges Vertrauen und Miteinander wirbt. Der Clou für die Kinder ist eine Runde im Polizeiwagen mit Blaulicht oder als Sozius auf dem Polizei motorrad. Die Schlange der Wartenden ist lang. Und für Fans der Dakar-Ralley ist Tupiza ebenfalls ein Begriff. Der bolivianische Abschnitt der Strecke führt über Tupiza.

Wir haben in Tupiza noch keine Tour in den Salar gebucht, sondern den Bus Tupiza - Uyuni (30 Bolivianos, weniger als vier Euro) genommen, der uns durch eine atemberaubende Berglandschaft auf direktem Weg auf der fast vollständig neu asphaltierten kurvenreichen Straße sicher in Uyuni absetzt.

In der Nähe liegt das Abbaugebiet des Lithiums. Hier leistet sich auch der einfachste Bolivianer noch ein Samsung Galaxy der neuesten Generation. Ein reiches Land, das Boliviens linker Ex-Präsident Evo Morales vorangebracht hat. Die Armut ist in den vergangenen Jahren markant gesunken.

Dann lief das Land Gefahr, die Demokratie zu opfern. Die Verfassung erlaubt nur zwei aufeinanderfolgende Perioden für den Präsidenten. Aber das Verfassungsgericht gab Evo Morales grünes Licht für eine weitere vierte Kandidatur. Er übte sein drittes Mandat aus; dieses war auf vorgezogene Neuwahlen während seines ersten Mandats zurückzuführen, welches dadurch sozusagen annuliert wurde. Kein Wunder, dass die Opposition schäumte.

Nach der Wahl vom Oktober 2019 hatten Beobachter der Organisation Amerikanischer Staaten Hinweise auf Wahlbetrug aufgedeckt. Es kam zu schweren Unruhen, Neuwahlen wurden ausgerufen, Morales floh daraufhin zunächst nach Mexiko.

Zuletzt hatten auch die Armee- und die Polizeiführung ihn zum Rückzug aufgefordert, deswegen sprechen Morales und seine Anhänger bis heute von einem Golpe, einem Staatsstreich. Die politischen Gegner von Evo Morales linker Partei MAS argumentieren dagegen, dass er im Jahr 2019 laut Verfassung gar nicht hätte kandidieren dürfen, dazu komme noch der versuchte Wahlbetrug. Die Stimmung war sehr angespannt.

Danach regierte mit Jeanine Áñez eine umstrittene rechtskonservative Übergangspräsidentin.

Unbeantwortet blieb die Frage, ob die Bolivianer den Sozialismus des 21. Jahrhunderts wollten.

Wegen der Corona-Pandemie dauerte die Übergangszeit viel länger als geplant. Eine weitere Verschiebung der Neuwahl wollten aber vor allem die Anhänger der MAS, der Bewegung für den Sozialismus von Ex-Präsident Evo Morales nicht mehr hinnehmen.

Wir Bolivianer werden uns am 18. Oktober 2020 unsere Demokratie und unser Land zurückholen. Das haben wir leider an Vaterlandsverräter verloren, sagte damals Luis Arce, der Kandidat der MAS-Partei, der in allen Umfragen dann auch klar vorn lag. Der Wirtschaftsprofessor ist der Wunschnachfolger von Morales, der Bolivien mit seinem Sozialismus des 21. Jahrhunderts auf einen linkspopulistischen Sonderweg geführt hatte.

Sein wichtigster Gegenkandidat war der Liberalkonservative Carlos Mesa, der vor Morales Präsident war. Er ist überzeugt, dass die Bolivianer diesen Kurs nicht fortsetzen wollen: Mehr als 65 Prozent der Bolivianer wollen nicht, dass die MAS an die Macht zurückkehrt, sagte er.

Nach einem Jahr Übergangsregierung und politischem Chaos wählte Bolivien dann 2020 ein neues Staatsoberhaupt. Im Wahlkampf beschimpften die Gegner sich wechselweise als Putschisten oder als Betrüger und Terroristen.

Das Anden-Hochland gegen das Amazonas-Tiefland, Indigene gegen Weiße, Arm gegen Reich, alte gegen neue Eliten - die MAS hat ihre Hochburgen im Hochland, in den ländlichen Gebieten, bei der indigenen Bevölkerung. In den Städten lag dagegen Mesa vorn, im konservativen Tiefland der Rechtspolitiker Luis Camacho.

In Bolivien hatten Demonstranten vor der Wahl dutzende Straßenblockaden errichtet. Die Wahl war auch heikel, weil Bolivien hart von der Pandemie getroffen wurde, zwischenzeitlich war das Gesundheitssystem nämlich zusammengebrochen. Zum Glück gingen die Infektionszahlen zurück, es gab wieder freie Betten in den Krankenhäusern. Aber in Bolivien herrscht Wahlpflicht und es gibt keine Briefwahl. Die Wahl im Coronajahr 2020 war eine Herausforderung.

Durch Abstandsregeln, Maskenpflicht und Desinfektion der Flächen versuchte die neu besetzte Wahlbehörde Ansteckungen zu verhindern.

Für einen Sieg im ersten Wahlgang brauchte Arce nicht unbedingt die Hälfte der Stimmen. 40 Prozent genügen laut bolivianischem Wahlrecht falls der Zweitplatzierte mehr als zehn Prozentpunkte dahinter liegt. Als wahrscheinlich galt nach den Umfragen, dass die Entscheidung erst in einer Stichwahl zwischen Arce und Mesa fällt. Dann hätte Mesa die Stimmen der untereinander zerstrittenen MAS-Gegner auf sich vereinen können. So manches Wunschdenken.

Bolivien hat die größten bekannten Vorkommen an Lithium. Deutschland will beim Abbau dieses für E-Auto-Batterien wichtigen Alkali-Metalls mitmischen. Die Parlaments- und Präsidentenwahl war nun dafür richtungsweisend.

2018 jubelte in Deutschland Wirtschaftsminister Peter Altmaier, als die Bundesrepublik den Zuschlag für den Lithiumabbau in Bolivien erhielt. Erstmals sicherte sich Deutschland den direkten Zugriff auf einen Rohstoff der Zukunft, hieß es damals.

Das Joint Venture Acisa wurde aus der Taufe gehoben. Daran beteiligt waren das Unternehmen ACI aus Baden-Württemberg und der bolivianische Staat damals noch unter dem linken Präsidenten Evo Morales.

Die Vereinbarung war eine faustdicke Überraschung, schließlich hatten längst Firmen aus China und auch Tesla aus den USA ein Auge auf die Vorräte in Bolivien geworfen.

Lithium gilt als wichtiger Rohstoff für die Elektromobilität. Im Salzsee von Uyuni auf 3.600 Meter Höhe in den Anden steckt nun der weltweit größte Lithium-Vorrat. Geschätzt sind es 21 Millionen Tonnen. Dort schlummert ein Vermögen, das nicht nur Boliven gerne heben möchte.