Jürgen Wolf studierte an der Hochschule der Künste in Berlin Malerei und Grafik-Design. 1986 lernte er die Therapeutin und Traumforscherin Ortrud Grön kennen, bei der er später die Ausbildung zur Traumarbeit absolvierte. Inzwischen ist er als Dozent für Traumarbeit an der Bayerischen Akademie für Gesundheit tätig und gibt seit 1995 eigene Seminare.
www.traum-wolf.de
Email: j.wolf@berlin.de
1. Auflage
© 2014 Crotona Verlag GmbH & Co.KG
Kammer 11 • 83123 Amerang
www.crotona.de
Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Funk, Fernsehen,
fotomechanische Wiedergabe, Tonträger jeder Art und
auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.
Umschlaggestaltung: Annette Wagner
ISBN 978-3-86191-210-1
Inhalt
Vorwort
1
Einleitung
2
Ein kurzer Abriss der Theorie der Traumarbeit nach Ortrud Grön
3
Vernichtung oder Verwandlung
4
Träume vom Verabschieden und Neubeginn
5
Träume Angehöriger
6
Eine Fallgeschichte
7
Träume Sterbender
8
Nahtod–Erfahrungen
9
Beispiele zum Verständnis der Gleichnissprache
Schlusswort
Danksagung
Anmerkungen
Bibliografie
Vorwort
Jürgen Wolf hat sich mit diesem Buch dankenswerterweise eines Themas angenommen, das im Grunde alle Menschen jeden Alters angeht und das in der Öffentlichkeit immer noch zu wenig Aufmerksamkeit erhält: Wie gehen wir mit Leid und Verlust um? Es gibt keinen Menschen, für den diese Frage keine Rolle spielt. Im Kern geht es um die Bewältigung von Trauer und die mit ihr einhergehenden Sinnfragen des Lebens. Dass der Autor Träume als „Wegweiser“ hinzuzieht, zeugt von einem neuen Denken im Umgang mit dem Tod.
Träume vor dem Tod machen oft sichtbar, wie wir mit unserem Leben umgegangen sind, inwieweit wir es beispielsweise geschafft haben, Harmonie in uns selbst zu erzeugen. Träume schenken uns im Abschiedsschmerz auch Botschaften, aus denen wir Vertrauen in den Sinn unseres Schicksals schöpfen können.
In den Träumen von Angehörigen Verstorbener zeigt sich unter anderem, dass der Trauernde die Lebendigkeit seines Lebens, trotz des schmerzlichen Verlustes, nicht aufgeben darf.
Träume, die den Tod von Lebenskräften beschreiben, die der Träumer einst aus Ängsten begraben hatte, zeigen, dass es darum geht, diese Lebenskräfte wieder auferstehen zu lassen.
In meiner eigenen jahrzehntelangen Forschungsarbeit hat sich gezeigt, dass die Evolution in der Natur der geistigen Entwicklung im Menschen entspricht. Das erstaunt und regt an zu fragen, woher die Träume kommen, die in überzeugender Folgerichtigkeit den Menschen beistehen. Sie sind eben nicht Zufallsprodukte, sondern antworten auf das Verhalten des Menschen, das ständiger Wandlungen bedarf.
Träume kommen in bildhaften Szenen, die wir als Gleichnisse entschlüsseln müssen, um ihre Botschaft zu verstehen. Die Welt wird im Traum zum Bilderbuch, in dem wir den Geist des Lebens dadurch entdecken, dass wir die uns gezeigten Bilder der Welt auf die geistige Ebene übertragen. Alle Beispiele solcher „Transformationen“ in diesem Buch legen davon ein inspirierendes Zeugnis ab. Sie schenken uns die Gewissheit, dass wir alle auf dem Weg sind und bleiben, um die Wahrheit in uns selbst leben zu lernen. Mit dieser Arbeit ist es Jürgen Wolf gelungen, überzeugend zu zeigen, wie im Sterben ein neues Werden im Menschen verborgen ist. Das Gedicht „Stufen“ von Hermann Hesse bringt die gleiche Erfahrung zum Ausdruck. Am Ende heißt es darin:
…Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegensenden.
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden…
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!
Hermann Hesse – Sämtliche Werke, Bd. 10, S.366
Ortrud Grön
1
Einleitung
Tod und Sterben waren jahrzehntelang weitgehend aus dem öffentlichen Diskurs verschwunden, waren gleichsam tabuisiert, und sind erst in jüngster Vergangenheit wieder in unsere Medien zurückgekehrt – man denke an die Themenwoche der ARD (November 2012) und an mehrere Titelgeschichten aus „Spiegel“ und „ZEIT” im gleichen Zeitraum, um nur die prominentesten zu nennen.
Gibt es im Sterben Hoffnung? Gibt es im Abschied eine neue Perspektive?
Verzweiflung, Trauer, Perspektiv- und Hoffnungslosigkeit sind allen Menschen vertraut, die das Sterben in unmittelbarer Nähe erfahren. Können unsere Träume einen Beitrag leisten, um zu einem neuen Denken im Umgang mit dem Tod zu kommen? Auch und gerade in einer solchen essenziellen Krisensituation, wie sie der Tod eines nahestehenden Menschen ist, gibt es eine Stimme in uns, die Hoffnung schenkt und auch im Abschied von einer neuen Perspektive spricht. Diese Stimme tut sich in unseren Träumen kund und will uns ermutigen, wie die Beispiele in diesem Buch zeigen.
Parallel zum Thema „Sterben“ wird immer auch das Thema „Neubeginn“ angesprochen sein. Es sind dies die beiden Pole, zwischen denen sich Leben ereignet, und es sind zugleich die beiden Pole, die in den Träumen dieses Buches ihren berührenden Ausdruck finden.
Zusätzlich zu der Angst vor dem Sterben eines geliebten Menschen beginnt für den Angehörigen oder Freund eine neue Zeit, ab der jetzt auch ohne diesen Menschen gelebt werden muss. Das wird nie ohne schmerzliche Trauerphasen gelingen können. Wer aber offen ist für Träume, wird in seinem eigenen Unbewussten einen Schatz stärkenden Trostes entdecken.
Nach mehr als dreißig Jahren Arbeit mit Träumen hat sich mir ein Verständnis dieses Phänomens erschlossen, das Träume ernst nimmt. Träume bilden mit ihrem Bilderreichtum das ab, was unserem Alltagsbewusstsein nicht oder noch nicht zugänglich ist. Diese subtilen oder manchmal auch drastischen Bilder wollen uns immer auf einen Mangel oder auch auf ein Fehlverhalten in unserem Handeln aufmerksam machen. Eher selten geben uns Träume eine Bestätigung, die uns ermuntert, dem eingeschlagenen Weg weiter zu folgen.
Die Aufmerksamkeit fast aller Menschen ist auf die äußere Welt gerichtet. Es gibt immer noch nicht genügend Beispiele, die anerkennen, dass Wohlergehen und Entwicklung des Menschen mindestens ebenso abhängig von der Erforschung innerer Welten sind. Dieser Zugang ist nur durch Innenschau möglich. Der Traum öffnet diese Innensicht – und der Traum ist immer konstruktiv. Er will immer helfen und einen Beitrag zum Heilwerden leisten. Das Traumverständnis kann die Rolle des Sinnstifters in unserem Leben spielen.
Ganz anders denkt Allan Hobson, emeritierter Professor an der Harvard University, der einflussreiche Schlafforscher. Er hatte Träume zum sinnlosen Abfallprodukt der Hirntätigkeit degradiert, und er war mit seinen Forschungsergebnissen verantwortlich dafür, dass seriöse Wissenschaftler um das Thema Traum einen großen Bogen machten, wollten sie ihre Karriere nicht gefährden. Träume seien nichts weiter als „Neuronengeflimmer“, ein Ausdruck, der von ähnlich orientierten Wissenschaftlern gerne übernommen wurde und sich durch ständige Wiederholung auch nicht abzunutzen schien.
Bis jener Hobson im Jahre 2001 einen Schlaganfall erlitt. Die folgende Passage zitiere ich wörtlich aus einem Artikel von Tobias Hürter aus der „ZEIT“.
„Der Schlaganfall brachte auch Hobsons Schlaf durcheinander. In den ersten zehn Tagen schlief er überhaupt nicht. Seine Träume blieben noch länger aus. Stattdessen hatte er im Wachen furchtbare Halluzinationen – so als wollte sein Gehirn dringend träumen. Sein erster Traum, 38 Tage nach dem Schlaganfall, kam just in jener Phase, in der er auch das Gehen wieder lernte. Das war kein Zufall, davon ist Hobson überzeugt – erst träumend habe sein Gehirn die grundlegenden Fähigkeiten wiedererlangt. Mittlerweile glaubt er sogar: Ohne Träume gibt es kein Bewusstsein.
Und nach seiner Genesung kam Hobson zu einem ganz anderen Ergebnis: Beim Vorgang des Träumens überwiegt das progressive Element gegenüber dem regressiven – das kreative gegenüber dem destruktiven. Kurzum: Der Traum ist also eher etwas Heilsames, denn etwas Neurotisches.“1 Eigene Erfahrungen verändern offensichtlich auch wissenschaftliche Überzeugungen!
Es ist uns bekannt, dass wir alle jede Nacht mehrere Träume haben. Aber wie können wir ihre bilderreiche Sprache verstehen? Wenn wir diesen Mitteilungen keine Aufmerksamkeit widmen, verpuffen sie unverstanden, und wir lassen eine Chance zu mehr Bewusstheit ungenutzt.
Jedes Traumbild als ein Gleichnis zu verstehen und seinen Inhalt auf das verborgene Wesentliche zu befragen, ist die Methode, die Ortrud Grön nach jahrzehntelangem Forschen als Schlüssel für das Verständnis unserer Träume erkannt hat. Ihre Vorgehensweise liegt der Interpretation der Träume in diesem Buch zu Grunde. Im folgenden Kapitel gebe ich dem Leser einen kurzen Einblick in diese Theorie und deren praktische Anwendung.
Mit diesem Buch verbinde ich den Wunsch, dass der Leser seine Einstellung zum Tod und zum Sterben überdenken möge, um den Tod so weit als möglich angstfrei und als zum Leben zugehörig akzeptieren zu können. Es geht darum, das Sterben nicht als Erlöschen, sondern als Verwandlungsprozess zu begreifen, dem alles Erschaffene unterworfen ist. Ich begründe diese Hoffnung auf meine Erlebnisse und Erfahrungen mit Menschen, die dem Tod entgegengingen. Von ihnen kann ich Träume berichten, die den Sterbenden selbst und auch die Menschen, die ihn begleiteten, mit erstaunlichen Einblicken zurückließen. Nahezu ohne Angst die letzten Monate, Wochen, Tage und Stunden erleben zu können, macht nicht nur dem Sterbenden den „Übergang“ weniger schwer, sondern stellt auch für die Angehörigen eine große Erleichterung und sinnstiftende Kraftquelle dar.
„Träume vom Abschied“ meinen nicht nur den Abschied von den Angehörigen und Freunden und von allem, was dem Sterbenden im Leben lieb war, sondern es kann mit diesem Abschied auch infrage gestellt werden, ob denn alle religiösen, gesellschaftlichen, materiellen und ideellen Gegebenheiten, mit denen ein Mensch sich im Leben eingerichtet hatte, Bestand haben. Das heißt, dass sich Sterbende schon vor dem eigentlichen Prozess des Sterbens in einer Phase der Wandlung befinden.
Alle Träume in diesem Buch sprechen in Bildern zu uns, die für die Sterbenden eine versöhnende Perspektive und für die Trauernden ein trostreiches „Fürchtet euch nicht!“ bereithalten. Dabei habe ich aus dem mir vorliegenden Material keine einseitige Auslese solcher Träume vorgenommen, die nur dieser Botschaft entsprechen. Ich möchte vielmehr zeigen, dass man umso eher auf ein friedvolles Lebensende hoffen darf, je mehr man sich im Leben der Auseinandersetzung mit den inneren Gegensätzen und den ungeliebten Anteilen gestellt hat. Es gibt ein Urvertrauen, das den Menschen auf der Schwelle des Sterbens letztlich in einen von den Ängsten des Ich befreiten Zustand bringen kann. „Nicht nur im Sterben, sondern auch im Leben können uns spirituelle Erfahrungen von einem gottnahen oder in einem Ganzen geborgenen Zustand künden.“2
Meine langjährige Arbeit mit Träumen hat mich sensibel gemacht für die Bildersprache von Mythen und Märchen und auch für jene der Bibel, in denen Urängste ihren drastischen Ausdruck finden. Diesen geheimnisvollen, archetypischen Erfahrungen sind Bilder näher als Worte. Doch immer will der Traum konstruktiv Hilfe leisten. Nicht zufällig haben Märchen immer einen versöhnlichen Schluss, nachdem die Hauptfigur extreme Prüfungen und Bedrohungen überstanden hat.
Über ein „Jenseits“ gibt es keine konkreten Aussagen, wohl aber, mit welchen Bildern sich Sterbende der endgültigen Schwelle des Übergangs nähern. Monika Renz spricht von „einer spirituellen Öffnung in jener hochgeistigen Erfahrung eines Transzendenten“.3
Ausdrücklich möchte hier auf die inspirierende Arbeit von Monika Renz hinweisen, deren Forschungstätigkeit im Grenzbereich von Psychologie und Theologie angesiedelt ist und Themen wie Sterben, Erlösung und Spiritualität umfasst.
C.G. Jung schreibt in seinem Buch „Erinnerungen, Träume, Gedanken“: „Der Mensch muss sich darüber ausweisen können, dass er sein möglichstes getan hat, sich eine Auffassung über ein Leben nach dem Tode zu bilden, oder sich ein Bild zu machen – und sei es mit dem Eingeständnis der Ohnmacht. Wer das nicht tut, hat etwas verloren. Denn was als Fragendes an ihn herantritt, ist uraltes Erbgut der Menschheit, ein Archetypus, reich an geheimem Leben, das sich dem unsrigen hinzufügen möchte, um es ganz zu machen.“4
Das Leben stellt sich uns dar wie das Erschließen immer neuer, aneinandergereihter Lebensräume. Mit dem Verlassen des einen, betreten wir den nächsten. So werden wir geleitet zu erkennen, dass Abschied nicht immer das Aufgeben von etwas Erhaltenswertem sein muss, sondern es kann auch ein Loslassen von das Leben behindernden Einstellungen sein. Insofern ist Loslassen auch ein Begreifen. In vielen Träumen wird gerade dieser Zusammenhang thematisiert.
Sterbende werden häufig in ihren Träumen auf etwas Neues und Schönes eingestimmt. Es sind diese Inhalte, die sie dann mit Gefühlen zurücklassen, die alles andere sind, als von Verzweiflung und Angst besetzt. Sie erfahren im Gegenteil eine vorher so nie empfundene Freude und auch ein tiefes Glück. Wir begegnen hier dem Phänomen, dass Abschied und Aufbruch, Kommen und Gehen, nur unterschieden sind durch den Blickwinkel, den wir einnehmen.
Viele Träume wurden mir von Kollegen zur Verfügung gestellt. Ich konnte daher nicht bei allen Träumen mit dem Träumer persönlich kommunizieren. Ich habe jedoch die Angehörigen, die Betroffenen selbst und auch die Therapeuten eingebunden und ihre Zustimmung eingeholt. Alle Namen, die in den Träumen erwähnt werden, sind frei erfunden.
Auch habe ich bewusst darauf verzichtet, wie es in der Traumarbeit nach Ortrud Grön üblich ist, die verborgene Struktur der Traumbilder auszuweisen, weil ich vermeiden möchte, zu tief in die Theorie dieser Arbeit einzusteigen, die sich auch mit den psychologischen Entwicklungsschritten der Bilderfolge in einem Traum auseinandersetzt.
Wer sich einen vertiefenden Einblick in die Traumarbeit nach Ortrud Grön verschaffen möchte, dem seien ihre Bücher „Pflück dir den Traum vom Baum der Erkenntnis“ und „Ich habe einen Traum, was hat er zu bedeuten“ empfohlen.
2
Ein kurzer Abriss der Theorie
der Traumarbeit nach Ortrud Grön
Für Leser, die mit der Traumarbeit nach Ortrud Grön nicht vertraut sind und daher manche Analysen der Trauminhalte möglicherweise nicht nachvollziehen können, erläutere ich zunächst einige Grundlagen dieser Arbeit.
Ortrud Grön hat nie den spirituellen Ansatz ihrer Traumarbeit in Abrede gestellt. Sie sieht in der Schöpfung die Sprache Gottes geoffenbart. Die Evolution ist für sie ein Gleichnis für die menschliche Entwicklung. Die uns umgebende Natur, die Elemente, die Tiere, die Pflanzen, die Gestirne, bis hin zum Menschen, seinen Funktionen und Organen, zeigen, dass sich hinter allem Geschaffenen eine Sprache verbirgt, die es zu verstehen gilt. Wir sollten sie verstehen, weil wir mit ihr leben lernen müssen. In der Traumarbeit nach Ortrud Grön kommt diesem Verständnis der „Gleichnissprache“ eine zentrale Bedeutung zu. Es ist kein Zufall, dass sich Ortrud Grön schon früh mit der altägyptischen Kultur und insbesondere mit der Bildersprache der Hieroglyphen beschäftigt hat. So entdeckte sie sowohl faszinierende Parallelen im Aufbau und in den Funktionen der ägyptischen Götterwelt zu den wesentlichen Funktionen und Bedeutungen der ganzen Fauna und Flora als auch deren geistige Übertragung auf die Psyche des Menschen. Eine überraschend ähnliche Auffassung finden wir bei G. H. Schubert, einem Arzt, Naturforscher und Naturphilosophen, der von 1780-1860 gelebt hat: „Die uns umgebende Natur in allen ihren mannigfaltigen Elementen und Gestalten erscheint hiernach als ein Wort, eine Offenbarung Gottes an den Menschen.“5
Auch Andreas Weber, dessen aufsehenerregendes Buch „Alles fühlt“ 2007 erschien, schreibt: „Wir erleben die Welt nicht primär mit dem Geist, sondern mit den Sinnen. Menschen denken in Symbolen und Metaphern. Um diese Seite unseres Wesens erfahren und in die Persönlichkeit integrieren zu können, sind wir auf die Gegenwart von Natur wie auf einen symbolischen Spiegel angewiesen. Denn Nahrung für unser Denken beziehen wir aus der Welt des Natürlichen. Wir verwandeln Pflanzen und Tiere aufgrund realer oder mutmaßlich realer Eigenschaften zu Sinnbildern – wie etwa die Schlange, den Baum, die Rose. In ihren Verwandlungen erkennen wir uns selbst.“6
Traumarbeit bei Ortrud Grön ist ein Weg zur Selbsterkenntnis, denn Träume machen uns aufmerksam, welche Reaktionen und Lebensmuster uns hindern, freier und glücklicher zu werden. Naturwissenschaft, Philosophie, Religion und Psychologie werden durch diese Arbeit in einzigartiger Weise zusammengeschaut und führen zu einem tieferen Verständnis von Leben.
Ortrud Grön hat im Verlauf ihrer jahrzehntelangen therapeutischen Arbeit mit Träumen Methoden und theoretische Grundlagen entwickelt, die über die „klassische“ Arbeit mit Träumen hinausgehen. Die Vorteile stellen sich wie folgt dar:
1.
Mit der Übertragung der Trauminhalte von der Objektebene auf die Subjektebene des psychischen Erlebens eröffnet sich ein unmittelbarer Zugang zu den Kernproblemen, mit denen sich der Einzelne im Traum auseinandersetzt.
2.
Die jeweiligen Bilder eines Traumes stehen in einem strukturellen Zusammenhang zueinander, der die Dynamik des psychischen Prozesses widerspiegelt, der im Traumgeschehen abläuft und der die Suche nach Lösungen zum Inhalt hat. Diese Struktur des Traumes erlaubt präzises Fragen nach dem jeweiligen psychologischen Entwicklungsschritt. Der Traum ist ein Spiegel der seelischen Befindlichkeit des Träumers, ein Spiegel seiner unbewältigten Probleme, seiner Gefühlswidersprüchlichkeiten und seiner Konflikte zwischen Empfinden und Handeln. Es sind diese Ambivalenzen, die der Traum gleichnishaft in eine anschauliche Bildersprache übersetzt. So ist es für den erfahrenen Therapeuten möglich, zu einer problem- und lösungsorientierten Vorgehensweise zu gelangen und schon in der ersten Sitzung überzeugende Ergebnisse zu erzielen.
3.
Hierfür ist es entscheidend, die Gleichnissprache der Träume zu kennen. Sie sieht hinter einem Objekt dessen wesentliche geistige Bedeutung. So kann das Bild eines Hundes im Traum ein Hinweis auf die Treue und Wachsamkeit sein, die wir uns selbst schuldig sind, und eine Katze ist möglicherweise ein Hinweis auf die Autonomie, mit der wir unbeeinflusst unseren Weg gehen. Ich möchte aber betonen, dass sich mit diesem Hintergrundwissen der gleichnishaften Bedeutung kein Automatismus im Verständnis der Traumbilder einstellen darf. Ein Hund kann beispielsweise für den Träumer verbunden sein mit einem besonderen Erlebnis in der Vergangenheit, was ihm immer in Erinnerung gerufen wird, wenn er einen Hund sieht oder von ihm träumt. Dasselbe gilt für alle anderen Traumbilder. Deswegen ist der erste Schritt zum Verständnis der Traumbilder immer die freie Assoziation des Träumers selbst, der sich fragen muss, warum der Traum genau dieses Bild einsetzt und nicht ein beliebiges anderes. Deswegen wird es in der Traumarbeit bei Ortrud Grön auch kein „lexikalisches“ Verständnis der Traumbilder geben. Jedes Traumbild steht in einem anderen Kontext, und jeder Träumer hat einen anderen Erfahrungs- und Wissenshintergrund. Der sachlich-objektive Inhalt eines Traumbildes ermöglicht es dann dem Therapeuten, sich dem Problem des Klienten direkt zu nähern, indem er den Traum als Spiegel der geistig seelischen Situation des Klienten nutzt. So erlangt er leichter Zugang zur subjektiven Bedeutung des Traumbildes für den Träumer, dessen freie Assoziationen zum Traum eine Tür zum Verständnis des Trauminhaltes geöffnet haben. Es sind die „offenen Fragen“ des Therapeuten, die den Träumer selbst auf die richtige Spur bringen.
4.
Die Gleichnissprache lässt uns die Evolution tiefer verstehen, und gleichzeitig können wir sie anwenden auf die psychologischen Entwicklungsschritte des Individuums, so zum Beispiel die Prozesse in der Natur zwischen Sonne, Wasser, Luft und Erde; die Eigenarten von Pflanzen; das Verhalten von Tieren; die unterschiedlichen Bilder einer Landschaft, die Bedeutung der Farben, die Funktion von Fahrzeugen, die Gestalt von Gebäuden. Schließlich können wir sie auch auf alle möglichen Funktionen des menschlichen Körpers anwenden, wie der Traum sie uns gerade zeigt. Es ist entscheidend, das Wesentliche eines Bildes zu erfassen, denn die Bildsprache des Traumes ist sozusagen primär, weil wir im Traum meistens in Bildern statt in Worten denken.
5.
Es gibt zahlreiche wissenschaftliche Anhaltspunkte dafür, dass die Sprache erst nach der Entwicklung der Fähigkeit entstand, sich die inneren Bilder bewusst zu machen, und Bilder entsprechen auch der frühen Wahrnehmungsweise des kleinen Kindes.