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Echt drachige Drachengeschichten

10 Jahre Papierfresserchens MTM-Verlag

Martina Meier (Hrsg.)

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Impressum:

Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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© 2020 Papierfresserchens MTM Verlag GbR

Mühlstr. 10, 88085 Langenargen

Telefon: 08382/9090344

Lektorat: Melanie Wittmann

Herstellung: Redaktions- und Literaturbüro MTM

Cover erstellt mit Bildern von: © julien tromeur - lizenziert Adobe Stock

ISBN: 978-3-86196-702-6 - Taschenbuch

ISBN: 978-3-96074-266-1 - E-Book (2020)

Alle Rechte vorbehalten.

Taschenbuchauflage 2017

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Inhalt

Vorwort

Eisfeuer

Ein neues Zuhause für die Drachen

Die vier seltsamen Freunde

Drache Klein frisst mit großem Gebiss

Von einem Drachen gerettet

Das Ungeheuer in der Felsenhöhle

Der Drache Alfredo

Der kleine Drache Purzelbaum

Der kleine Drache Felix

Das Drachenamulett

Der Drache und die Krone

In der Drachenschule

Das Drachenwunder

Der Drache Papierian

Amelie und das Ei

Der Drachenname

Der mutige Mut

Carolin und der Drache

Der kleine Drache Digbi

Der neue Freund

Die neuen Drachenkinder

Mariena und Momo

Italienische Ferien

Eine aufregende Entdeckung

Tims neuer Freund

Der Freund im Feind

Der schlaue Seedrache

Ein Drache auf Klassenfahrt

Solan, der Drachenflüsterer

Der Schatz im Norden Thailands

Drachenzirkus

Böse Überraschung für die Hexenfamilie

Die Muscheln und das verlorene Drachenkind

In der Drachenschule

Die Eroberung des Dschungels

Eine gefährliche Reise

Eine Zeitreise, die man nie vergisst

Die Drachenkönigin

Die Rettung des Jadeschwerts

Der Schatz der letzten Drachen

Mein Drache Flatnidai

Gustav mit dem goldenen Herzen

Der Drachengeburtstag

Wie Jonas zum Feuerspucken kam

Der tapfere Prinz

Der Tag, an dem Hugo das Feuerspucken verging ...

Die Verwandlung

Maira & Dragon

Eine getupfte Überraschung

Nächtlicher Flug

Flame – die Prüfung

Die Geburtstagsfeier

Das ist doch nur ein Drache

Es war einmal ein Drache

Drachenliebe

Der Junge und der Drache

Der chinesische Drache

Iandors Traum

Alliot und das kleine Abenteuer

Das Drachenland

Der Drache im Korb

Im Drachenland

Der Schlüssel zum Erfolg

Das weihnachtliche Abenteuer des Drachen Bonny

Das Abenteuer mit dem kleinen Drachen

Eulalia – das Drachenmädchen

Die Fledermausdrachen kommen

Die vier Bücher und das Mädchen

Unsere Schreibwettbewerbe

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Vorwort

„Echt drachige Drachengeschichten“, so haben wir das vorliegende Buch genannt. Die Geschichten wurden von Kindern und Jugendlichen im Rahmen eines Schreibwettbewerbs zusammengetragen. Diese Wettbewerbe unseres Verlags gibt es übrigens bereits seit 2005 – seitdem haben sich Tausende Kinder und Jugendliche aus vielen Ländern der Welt beteiligt: Deutschland, Österreich und Schweiz, Italien, Spanien, Südafrika, USA, Kanada, Russland, Polen, China, Japan, Thailand, Mexiko, Argentinien, Namibia ... um nur einige wenige zu nennen. Sie schrieben über Katzen und Mäuse, das Weltall, Piraten, Unterwasserwelten und vieles mehr.

Im Jahr 2017 feierte unser Papierfresserchen seinen 10. Geburtstag und da musste es in diesem Jubiläumsjahr einfach einen Schreibwettbewerb zum Thema „Drachen“ geben, denn ein Drache ist ja unser Verlagslogo! Mehr Infos zu den Schreibwettbewerben gibt es auf unserer Internetseite.

Erst vor wenigen Tagen wurde eine Studie veröffentlicht, in der die mangelnde Lesekompetenz von Viertklässlern angesprochen wurde. Unsere Schreibwettbewerbe sind uns in diesem Zusammenhang ein ganz besonderes Anliegen, sind sie doch seit vielen Jahren auch stets ein aktiver Beitrag zum Thema Leseförderung, und zwar unter dem Motto: Kinder schreiben für KinderKinder lesen, was Kinder schreiben!

Wir haben so viele positive Reaktionen auf unsere Wettbewerbe seit 2005 erhalten, dass wir sie auch in Zukunft anbieten werden. Nicht zuletzt sind aus diesen Schreibprojekten im Laufe der Jahre auch echte Talente hervorgegangen – junge Autorinnen und Autoren, die später selbst ein eigenes Buch geschrieben und mit diesen Büchern wiederum junge Leser in ihren Bann gezogen haben. Nicht zuletzt wurde das Papierfresserchen bereits 2009 für seine Arbeit mit jungen Autoren von der Bundesregierung und der deutschen Wirtschaft im Rahmen der Initiative Land der Ideen ausgezeichnet. Die Urkunde, unterzeichnet vom ehemaligen Bundespräsidenten Horst Köhler, ziert noch heute die Verlagsredaktion. Darauf sind wir mächtig stolz.

Doch nicht nur Schreibwettbewerbe sind uns wichtig, sondern auch Projekte mit Schulklassen oder Schulen – auch diese haben wir zigfach umgesetzt. Zu Jubiläen, zur Erinnerung an den Schulabschluss oder um einem besonderen Thema, das im Unterricht behandelt wurde, einen außergewöhnlichen Rahmen zu geben. Gerne können auch in Zukunft solche Ideen an uns herangetragen werden.

Ein ganz besonderes Buch möchten wir in diesem Zusammenhang übrigens nicht unerwähnt lassen. Das Buch Merves Weg, geschrieben und herausgegeben vom Ethik-Kurs E-Phase der MPS Rüsselsheim. Dieses Buch geht unter die Haut – Informationen zu diesem Buch und anderen Schulprojekten gibt es ebenfalls auf unserer Internetseite.

An dieser Stelle möchten wir vom Verlag uns bei allen bedanken, die über die vielen Jahre zum Gelingen der Schreibwettbewerbe beigetragen haben. Wir freuen uns auch in Zukunft auf tolle Märchen, Kurzgeschichten, Gedichte und Bilder aus der Feder von ganz jungen Autorinnen und Autoren.

In diesem Sinne wünschen wir allen Leserinnen und Lesern dieses Bandes viel Freude mit einzigartigen und ganz besonderen Geschichten, die uns jeden Tag vor Augen führen, wie viele talentierte junge Menschen darauf warten, ihre kreative Chance zu erhalten.

Martina und Thorsten Meier

Verleger

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Eisfeuer

Dunkle Wolkenfetzen flogen wie graue Sturmdrachen über den Himmel, aus dem immer noch dicke Schneeflocken fielen. Seufzend drehte Eisfeuer sich um und ging zurück in die Höhle.

Dort trat eine junge schneeweiße Drachin auf ihn zu und fragte: „Hat es endlich aufgehört zu schneien?“

„Nein“, antwortete Eisfeuer.

„Aber es schneit doch schon seit Tagen, bald haben wir nichts mehr zu fressen“, erwiderte sie besorgt.

Zusammen gingen die beiden jungen Drachen tiefer in die Höhle hinein, dorthin, wo die anderen schon auf sie warteten. Weiße, graue und blassbraune Drachen reckten die Hälse. Eisfeuer war der einzige, dessen Schuppen die Farbe von Bernstein hatten.

„Können wir endlich wieder raus und jagen?“, fragte Adlerflug, ein wilder und mutiger junger Drache.

„Nein“, antwortete Eisfeuer, „dann würdest du nämlich nach zwei Schritten nicht mehr zur Höhle zurückfinden.“

„Aber wir haben nichts mehr zu fressen“, erwiderte ein besorgtes Drachenweibchen.

Tuscheln breitete sich in der dunklen Höhle aus.

„Aber irgendetwas muss es doch geben, das wir tun können?“ Schneesturm sprach aus, was alle dachten.

„Es gibt tatsächlich eine Möglichkeit, eine sehr gefährliche Möglichkeit.“

Alle Drachen wichen ehrfurchtsvoll zurück, als sie sahen, wer diese Worte gesprochen hatte. Es war Wolkenflieger, der Älteste der Gruppe und auch der Weiseste. Seine Augen waren längst nicht mehr so scharf wie in jungen Jahren und die Schuppen des alten Drachen hatten an Glanz verloren, aber sein Verstand war noch immer schärfer als der jedes anderen.

„Die einzige Möglichkeit, uns zu retten, ist, dass einer von uns den Wolkenstein findet“, erklärte er.

Auf diese Worte folgte Stille. Eine Stille, in der man jeden Tropfen einzeln von der Höhlendecke auf den Boden fallen hörte.

Endlich, nach einer halben Ewigkeit, flüsterte einer der Drachen ungläubig: „Den Wolkenstein, ist das dein Ernst, Wolkenflieger?“

„Ach was, der Alte ist verrückt geworden, das weiß doch jeder!“, polterte ein anderer grober und fürchterlicher Drache. In der immer noch herrschenden Stille hörte es sich an, als hätte er gebrüllt.

„Was ist eigentlich der Wolkenstein?“, fragte Eisfeuer. Auch einige andere Drachen sahen Wolkenflieger erwartungsvoll an.

Dieser begann zu erzählen: „Der Wolkenstein ist ein Diamant, der, wenn man ihn in die Pfote nimmt, blau schimmert. Mit ihm kann man den Wind und die Wolken beherrschen, das Eis, den Schnee und das Wasser. Er kann aber nur dreimal benutzt werden. Zweimal in der Geschichte wurde er schon gebraucht. Das ist die letzte Möglichkeit. Einer oder auch mehrere müssen losziehen und ihn suchen.“

„Ich gehe“, beschloss Eisfeuer sofort. „Wenn es die letzte Chance ist, dann tue ich es, um meine Freunde zu retten.“

„Dann komme ich auch mit“, sagte Schneesturm und trat neben ihren Freund.

„Ich auch“, verkündete Adlerflug.

„Wie können wir den Stein finden?“, fragte Schneesturm.

„Ihr müsst hinunter zum Kloster, dort werdet ihr erfahren, wo der Wolkenstein ist“, erklärte Wolkenflieger. „Aber bevor ihr aufbrecht, müsst ihr noch eines wissen: Der Wolkenstein wird vom größten Sturmdrachen bewacht, den es gibt.“

„Wir gehen trotzdem“, entschieden die drei wie aus einem Maul.

Nach vielen Abschiedsgrüßen der anderen Drachen verließen die Freunde die Höhle. Der Wind schlug ihnen hart ins Gesicht und sie konnten kaum eine Schwanzlänge weit sehen. Es war sehr schwer, den Weg zum Tal zu finden, und sie kamen nur sehr langsam voran. So hatten sie am Abend gerade mal die Hälfte des Weges geschafft. Zusammen gruben sich die drei Drachen eine schützende Schneehöhle.

„Warum fliegen wir nicht einfach?“, fragte Adlerflug.

„Dumme Frage“, antwortete Schneesturm. „Dort draußen würde der Wind dich wie eine Schneeflocke wegpusten.“

„Jetzt lasst uns schlafen, morgen müssen wir früh los“, gähnte Eisfeuer.

Am nächsten Tag war es so gut wie unmöglich weiterzukommen. Es war noch kälter geworden und das Schneegestöber noch dichter. Nach nur wenigen Drachenlängen hatten sie sich hoffnungslos verirrt.

Doch plötzlich trat eine kleine Gestalt aus dem dichten weißen Schneetreiben. Es war ein Junge, vielleicht elf oder zwölf Jahre alt. „Drachen“, flüsterte er ehrfurchtsvoll. „Ich wusste doch, dass es sie gibt!“

„Kannst du uns vielleicht hinunter zum Kloster bringen?“, fragte Eisfeuer freundlich.

„Natürlich“, antwortete der Junge.

Er führte sie zielstrebig bergab, und als es dunkel wurde, waren sie am Kloster. Es war ein kleiner weißer Bau, der sich wie die niedrigen Bäume, die hier wuchsen, an den Felsen klammerte. Der Junge ging einige Stufen hinauf und klopfte an eine riesige, hölzerne Tür. Mit einem lauten Knarren öffnete sich diese und ein kleiner, alter Mann lugte durch den Spalt.

„Wen hast du denn da angeschleppt, Jongden?“, fragte er.

„Wir sind hier, um den Wolkenstein zu finden“, erklärte Eisfeuer.

„Den Wolkenstein?“, flüsterte der alte Mönch, während er sie hineinwinkte. „Über den erzählt man sich hier viele Geschichten, die meisten davon sind erfunden. Aber manche stimmen auch.“

„Es heißt, dass er hier versteckt sein soll“, mischte sich Jongden ins Gespräch ein.

Sie betraten nun eine große Halle, in der eine riesige Statue stand. Ein Drache, der sich so hoch aufrichtete, als wolle er in den Himmel emporspringen.

„Ihr könnt euch gerne umsehen, aber Jongden und ich müssen nun mit den anderen zum Gebetsplatz“, sagte der alte Mönch.

Die drei Drachen suchten die ganze Halle ab, bis Schneesturm aufgeregt rief: „Kommt her, ich habe etwas gefunden!“ Sofort eilten die beiden anderen zu der Drachenstatue, wo sich Schneesturm hingekauert hatte und etwas betrachtete. „Schaut mal, hier ist ein Edelstein eingemeißelt“, rief sie.

Adlerflug lehnte sich gegen den steinernen Drachen, um sich die Sache näher anzusehen. Ein leises Klick ertönte und der Boden unter ihnen verschwand. Mit einem lauten Schrei fielen die Drachen etwa zehn Meter in die Tiefe und schlugen hart auf dem Boden auf.

„Wo sind wir?“, fragte Adlerflug.

„Weiß ich auch nicht“, erwiderte Schneesturm.

Langsam gewöhnten sich ihre Augen an die Dunkelheit und sie erkannten, dass sie sich in einem dunklen Gang befanden.

„Lass uns einfach den Gang entlanglaufen“, schlug Eisfeuer vor.

Langsam gingen sie zusammen weiter. Bald schon wurde es heller und sie betraten eine riesige, helle Tropfsteinhöhle. Doch sie waren nicht allein. In der Höhle war jemand. Ein großer Jemand. Ein Jemand, der größer war als jeder andere Drache. Ein Schaudern ergriff sie.

Jetzt konnten sie etwas erkennen: Ein riesiger Sturmdrache lag vor ihnen, und noch schlimmer, er war wohl durch sie geweckt worden. Knurrend hob der riesige graue Drache seinen Kopf. Allein schon der Kopf war so groß wie einer von ihnen. Sie hatten keine Zeit zu reagieren. Es öffnete sich ein Maul, in dem drei Reihen dolchscharfer, bananengroßer Zähne saßen, und stieß auf sie herab. Die drei Drachen konnten gerade noch ausweichen.

Da sah Eisfeuer etwas zwischen den Krallen des Sturmdrachen glitzern. „Das muss der Wolkenstein sein“, dachte er. „Der Wolkenstein ist zwischen seinen Tatzen“, raunte er den anderen beiden zu.

„Ja, toll, aber wie sollen wir bloß an ihn herankommen?“, zischte Schneesturm.

Der Sturmdrache attackierte sie erneut, diesmal mit seinem meterlangen, stachelbewehrten Schwanz und seinen riesigen, mit scharfen Krallen besetzten Pranken. Da tat Eisfeuer etwas sehr Mutiges und eigentlich auch etwas sehr Gefährliches: Er spie sein Drachenfeuer auf den Angreifer. Entweder würde es sich gegen den Sturmdrachen wenden oder es prallte von ihm ab und wurde auf die drei Freunde zurückgeschleudert.

Doch sie hatten Glück: Es klappte! Riesige blaue Flammen umzüngelten den Sturmdrachen. Langsam, ganz langsam wurden seine grauen Schuppen blau und kleine Eiszapfen begannen sich zu bilden. Allmählich wurden die Glieder des Ungeheuers steif und schließlich war es ganz aus Eis und bewegte sich nicht mehr. Die beiden anderen Drachen warfen einen bewundernden Blick auf Eisfeuer, sie hätten es nicht geschafft, ein blaues Feuer zu erzeugen. Jetzt war der Sturmdrache für immer zu Eis geworden.

Aber es bleib nicht viel Zeit für Anerkennung und Lob, denn sie wollten nun schnell ausprobieren, ob der Wolkenstein auch funktionierte. So rannten sie los und zogen den Wolkenstein unter den vereisten Pranken heraus, was gar nicht so einfach war. Eisfeuer umschloss den Stein mit seiner Pfote und sofort begann der Diamant, blau zu strahlen, und ein warmer Wind erfüllte die Höhle. Sie hatten es geschafft!!!

Sie jagten den Gang zurück. Als sie den Ausgang der Höhle erreichten, ließen sie sich mit ausgebreiteten Schwingen vom Wind hinaus- und über das Kloster hinwegtragen. Sie stiegen höher und höher, und als sie nach unten schauten, sahen sie die jubelnden Mönche auf dem Klosterplatz stehen und ihnen nachwinken.

Als das Kloster schon fast nicht mehr zu sehen war, hatte der Wind beinahe alle Schneewolken fortgeweht und die Sonne schickte ihre warmen goldenen Strahlen über die Bergspitzen. Es hörte auf zu schneien und wurde sofort merklich wärmer. Der Wolkenstein hatte seine Aufgabe erfüllt.

In diesem Moment hörte der Stein auf zu leuchten. Nachdem er nun das dritte Mal benutzt worden war, hatte er seine magischen Fähigkeiten verloren. Doch den Drachen war das egal, sie hatten endlich wieder gutes Wetter.

Als sie bei ihrer Höhle angekommen waren, wurden sie glücklich empfangen. Immer und immer wieder mussten sie von ihrem Abenteuer erzählen.

Nach einiger Zeit rief einer der Drachen: „Wir könnten doch in die Höhle des vereisten Sturmdrachen ziehen, ihr habt erzählt, sie ist viel größer und schöner als unsere.“

Diesem Vorschlag stimmten alle anderen Drachen zu und so ging dieser Tag in die Geschichte ein als der, an dem die Drachen schönes Wetter, genug zum Fressen und außerdem ein neues Zuhause bekamen.

Anna Maria Trini, 11 Jahre, aus Bubenreuth, Deutschland.

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Ein neues Zuhause für die Drachen

Es waren einmal drei Drachenbrüder. Sie hießen Viktor, Viktory und Viktorio. Viktor war sehr schlau, Viktory war fit und stark und Viktorio malte sehr gerne und sehr schön. Aber die Brüder von Viktorio fanden, dass das Malen nichts Besonderes und unnötig sei.

„Quatsch mit Soße“, sagte beleidigt Viktorio. Viktor und Viktory gingen lachend weg. „Hm ... vielleicht haben meine Brüder recht und das Malen ist wirklich nichts Besonderes“, seufzte Viktorio, „dann muss ich jetzt etwas anderes für mich aussuchen, aber es darf niemand darüber was wissen.“

Viktorio merkte nicht, wie Viktor zu ihm herantrat. Plötzlich fragte Viktor: „Was willst du? Worüber darf niemand etwas wissen?“

Viktorio erzählte, dass er etwas Besonderes für sich finden wolle und dass deshalb niemand über ihn lachen sollte.

„Ich werde dir helfen“, versprach Viktor seinem Bruder und die beiden gingen in den Wald in der Hoffnung, dass sie ein interessantes Hobby für Viktorio finden würden.

Die Drachenbrüder suchten es in den Büschen, hinter den Bäumen und auf der Wiese, aber sie fanden gar nichts.

Viktor und Viktorio waren schon fast im tiefen Wald, als sie plötzlich einen großen Bären trafen, der Waldhonig aß. Der Bär war wütend, weil die Drachenkinder ihn beim Essen störten. Er machte den Jungs sehr große Angst und sie rannten rasch zu ihrem Haus. Der böse Bär verfolgte Viktor und Viktorio jedoch sogar, als die Brüder in ihr Haus hineinliefen. Ihr Verfolger zerstörte die Drachenbude.

Die Drachenmutter fragte erstaunt ihre zwei Söhne: „Was ist los? Was passiert hier? Seid ihr verletzt?“

Aber die Kinder konnten wegen der Angst nichts sagen. Alle waren sehr traurig, dass ihr Haus zerstört war.

Der Drachenvater seufzte: „Wir müssen jetzt ein neues Haus bauen.“

„Aber wir wissen doch gar nicht, wie das Haus aussehen soll“, sagten alle miteinander enttäuscht.

Plötzlich rief Viktorio: „Ich kann eine Skizze von unserem neuen Haus malen.“

Er fing sofort an zu zeichnen und schon bald war die Skizze fertig. Das neue Haus musste runde Fenster, eine gestreifte Tür und gelbe Wände haben. Natürlich war ein Balkon nötig, wo die Drachenmutter schöne Rosen und Tulpen pflanzen konnte.

Alle fanden die Zeichnung von Viktorio sehr schön und die Arbeit begann.

Viktor, der sehr schlau war, wusste, welche Materialien für den Hausbau nötig waren. Er sagte: „Wir brauchen Holz, Stein, Sand, Wasser und Glas für die Fenster.“

Der Vater und Viktory, der stark war, holten aus dem Wald alle benötigten Sachen.

Die Drachenfamilie baute schnell ein neues Heim und Viktorio bemalte es am Ende. Alle waren zufrieden und das Haus war viel besser als das alte.

Viktor und Viktory kamen zu ihrem Bruder, sie wollten sich bei Viktorio entschuldigen, dass sie über ihn und sein Hobby gelacht hatten. „Viktorio, du kannst sehr gut malen, das half uns beim Bauen. Du musst nichts anderes suchen, weil du ein eigenes Talent hast.“

Viktorio antwortete: „Jeder hat ein eigenes Talent und jeder sollte sich damit beschäftigen, dann klappt alles.“

Angelina Monin, 10 Jahre, aus Erfurt, Deutschland.

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Die vier seltsamen Freunde

Das kleine blaue Drachenmädchen Azura mit dem bunten Puschel auf dem Kopf lebte ohne Eltern. Diese waren eines Tages nicht mehr von der Futtersuche zurückgekommen. Azura weinte sehr lange und wusste nicht, wie es weitergehen sollte.

Eines Tages, als sie wieder einmal weinte, kam eine seltsame Kreatur vorbei und hörte Azuras Schluchzen. Die Kreatur hatte einen Delfin-kopf mit einem Pumakörper.

Azura schniefte: „Was bist du denn für ein komisches Wesen?“

Das komische Wesen antwortete: „Ich bin ein Kletterfin und heiße Luke. Ich kann an senkrechten Felswänden hoch- und runterklettern. Ich bin auf Abenteuersuche. Aber warum weinst du denn?“

Azura schluchzte: „Meine Eltern sind eines Tages nicht mehr von der Futtersuche zurückgekommen. Sie wurden bestimmt erschossen. Deshalb bin ich ganz alleine.“

Luke meinte: „Vielleicht können wir gemeinsam Abenteuer erleben und finden einen Hinweis, warum deine Eltern nicht zurückgekommen sind.“ Als Azura Ja sagte, machten sie sich auf den Weg.

Nachdem sie eine Weile durch saftiges Gras gegangen waren, lag auf einmal ein Rapunzelschwanz im Gras. Azura zog daran. Plötzlich hörte sie ein Fauchen. Es war ein Tigerfauchen. Oh weh!

Ein lustiges Tier kam zum Vorschein. Ihm gehörte der Rapunzelschwanz. Ein Schmunzeln erschien auf seinem Gesicht. „Hallo, ich heiße Diddi und bin ein Seilger. Gerne würde ich mit euch kommen, falls ihr Abenteuer erleben wollt.“

Luke antwortete: „Ja, wir sind auf Abenteuersuche und du darfst gerne mitkommen.“

Von da an gingen sie zu dritt weiter. Ein blauer Drache, ein Kletterfin und ein Seilger, der einen Tigerkörper mit einem sehr langen Seilschwanz hatte. Sie kamen an Bäumen vorbei, an einer Schafweide und an einem Bauernhof. Dort sahen sie ein eigenartiges Wesen, das bitterlich weinte. Es hatte Gamsbeine, einen Pinguinkörper und Pinguinkopf.

Azura fragte: „Warum weinst du und wie heißt du?“

Das Wesen schluchzte: „Ich heiße Paty und bin ein Pingpong. Ich weine, weil mich keiner mag. Alle sagen, ich sehe komisch aus.“

Luke meinte: „Aber du siehst doch gar nicht komisch aus. Schau uns mal an! Wenn du willst, nehmen wir dich mit auf Abenteuersuche.“

„Das wäre schön“, freute sich Paty.

So wanderten, hüpften oder galoppierten sie weiter. Während sie sich Geschichten aus ihrem Leben erzählten, kamen sie an eine Schlucht. In der Schlucht glitzerte etwas Blaugrünes in der Sonne. Azura dachte: „Das sieht aus wie die Haut von meinem Papa. Es wäre so schön, wenn ich ihn wiedersehen würde.“

„Wie wollen wir eigentlich über die Schlucht kommen?“, fragte Diddi.

„Für mich ist das kein Problem, ich klettere einfach hinunter und wieder hinauf“, prahlte Luke.

„Wir müssen eine Brücke bauen“, schlug Paty vor.

Alle riefen durcheinander.

„Bis ihr euch entschieden habt, klettere ich schon mal hinunter“, sagte Luke ungeduldig. Er kletterte los und kam kurz darauf aufgeregt wieder zurück. Er keuchte: „Da unten sitzen zwei Drachen, aber sie kommen nicht hoch.“

„Vielleicht sind es meine Eltern. Mama! Papa!“, schrie Azura.

Eine Ewigkeit passierte nichts. Dann rief Azura noch mal.

Plötzlich erklang ein ganz leises „Azuramäuschen?“. Ihre Eltern konnten es nicht glauben, war das wirklich ihre Tochter?

Azura war sich jetzt ganz sicher. Sie wurde zappelig, ihr Puschel begann zu wippen und sie plapperte: „Diddi, wirf deinen Schwanz hinunter. Mach schnell, beeile dich! Mama, Mama, Papa, Papa, ihr müsst euch an dem Seil hochziehen. Gut festhalten. Luke, hilf du von unten, Paty, pack hier mit an.“

„In Ordnung“, hallte es von unten herauf.

Die beiden Drachen zogen sich an dem Seil hoch. Als sie oben ankamen, fiel sich die Drachenfamilie in die Pfoten. Es gab ein herzliches Wiedersehen mit Azura.

Luke, Diddi und Paty durften alle zu der Drachenfamilie ziehen. Dort lebten sie, bis sie nicht mehr leben konnten.

Anna Theresia Brödel, 10 Jahre, aus Leinfelden-Echterdingen, Deutschland.

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Drache Klein frisst mit großem Gebiss

Drache Klein frisst, ohne zu denken,

nur viel Mist.

Morgens will er kämpfen wie ein Römer,

aber er isst lieber Döner.

Mittags isst er immer Fisch

auf dem Drachentisch.

Und als kleinen Snack

gibt es manchmal einen fetten Mac.

Als Salat gibt es frischen Rasen

mit kleinen Hasen.

Abendstund

hat meistens eingelegten Pudel im Mund.

Mit frittiertem Strudel

braucht man keine Nudel.

Als Mitternachtssnack

braucht man Fett.

Aber bald istʼs vorbei mit dem vielen Schnappen,

jetzt gibt’s nur noch kleine Happen.

Das war das Gedicht vom Drachen Klein,

es war richtig fein.

Anna Grauli und Imilia Dill, beide 10 Jahre, aus Heidelberg, Deutschland.

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Von einem Drachen gerettet

„Hallo Zarogo!“ July lief einen schmalen Weg entlang, hoch hinaus zum Drachenfels. Dort wartete schon der große rote Drache Zarogo. Er war Julys bester Freund. Eigentlich sollte sie Drachen hassen wie fast alle aus ihrem Dorf, doch sie liebte diese wundersamen Geschöpfe, denn damals, vor fast zwei Jahren, hatte Zarogo July das Leben gerettet ...

Es war mitten in der Nacht gewesen, ein Sturm brauste über die Berge und Ebenen. July hatte tagsüber mit ihren Freunden auf dem Drachenfels gespielt. Marie, eine von Julys Freundinnen, hatte einen schönen Ball mitgebracht. Den hatte sie von ihrem Onkel, einem reichen Kaufmann, bekommen. Doch plötzlich huschte ein kleiner Babydrache über sie hinweg und schnappte sich den Ball. Er ließ ihn zwar wieder fallen, doch anschließend klemmte er in einer Fuge eines abgelegenen Felsens. Sie hatten versucht, den Ball wieder aus dem Spalt herauszubekommen, doch er steckte einfach zu fest. Marie war sehr traurig und weinte, aber weil es spät war und es bereits dämmerte, gingen sie schließlich doch ins Dorf zurück.

July wollte den Ball aber unbedingt wiederhaben und schlich sich später aus dem Haus. Nach einer Viertelstunde war sie auf dem Drachenfels angekommen, aber es stürmte und July wäre fast hingefallen. Der Sturm war so stark, dass sie all ihre Kraft zusammennehmen musste, um zum anderen Felsen zu kommen. Doch dann rutschte sie ab und konnte sich gerade noch an der Felskante festhalten. July schrie um Hilfe, aber niemand hörte sie. Es kam ihr wie Stunden des Wartens vor, bis sie schließlich laute, selbst durch den Sturm hörbare Flügelschläge vernahm. Dann tauchte ein großer roter Drache auf. Er packte July mit seinen Klauen und den Ball nahm er vorsichtig mit seinen scharfen Zähnen. Der Drache flog mit dem Mädchen bis ins Dorf, setzte es ab und gab ihm den Ball zurück.

„Danke großer roter Drache. Darf ich Euren Namen erfahren?“

„Ich heiße Zarogo. Wie ist dein Name?“, fragte der Drache mit tiefer, dunkler Stimme.

„Ich bin July. Wollen wir Freunde werden?“

„Ja, darüber würde ich mich sehr freuen.“

„In Ordnung. Wir könnten uns ja morgen treffen.“

Zarogo sagte: „Ja, toll. Auf Wiedersehen. Bis morgen.“

„Bis morgen“, antwortete July.

Am nächsten Tag gab July Marie den Ball zurück. Sie freute sich sehr darüber. Danach trafen sich Zarogo und July und seitdem waren sie die besten Freunde.

Zarogo fragte nun: „Wollen wir zum Meer?“

„Ja, klar“, meinte July.

Und schon flogen sie wieder in ein Abenteuer ...

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Das Ungeheuer in der Felsenhöhle

Es waren einmal vor langer, langer Zeit zwei junge Prinzen – James und Jonas. Sie waren Zwillinge und gerade mal zehn Jahre alt. Außerdem besaßen sie eine große Neugierde auf den unbekannten Wald, der hinter dem Schloss begann. Denn ihre Eltern hatten ihnen verboten, ihn zu betreten, weil sie sagten, dass im Wald ein schreckliches Ungeheuer hausen würde.

Aber da die Zwillinge einfach zu neugierig waren, machten sie sich eines Tages trotz der Gefahr auf den Weg. Aber es kam so, wie es kommen musste, es wurde sehr kalt und dunkel – und die Jungen waren noch immer tief im Wald. Sie fragten sich nicht, wie sie im Dunkeln wieder aus dem Wald hinausfinden sollten, und sie interessierten sich nicht dafür, dass sie schon fast nichts mehr sahen.

Mitten auf einer großen Lichtung standen sie, als Jonas eine Entdeckung machte. „Sieh mal, James, dort vorne ist eine Höhle.“

Natürlich wollten sie die Höhle entdecken und liefen mitten in ihr Unglück hinein!

Es war noch viel finsterer in der Höhle als draußen auf der großen Lichtung. In der Höhle herrschte ein so unheimliches Schwarz, dass man nicht mal seine Hand vor Augen sehen konnte. Aber das machte die zwei Jungen nur noch neugieriger. Sie liefen furchtlos durch die dunklen Gänge und kamen immer weiter hinein.

Plötzlich erreichten sie einen großen Haufen Geröll. James versuchte, das Gestein fortzuschieben, doch als er es anfasste, zuckte er zusammen und zog schnell die Hand zurück. „Jonas, das ist kein Haufen Steine.“

Und ehe sein Bruder begriff, bemerkte er, dass sich der Haufen bewegte. Er erhob sich und da erkannte James: Das war ein riesiger Drache!

„Jonas, lauf weg!“, brüllte James, doch Jonas blieb wie angewurzelt stehen, er konnte sich nicht rühren.

James packte die pure Panik. Wenn Jonas jetzt nicht weglief ...

„Waaaaaaaaaaaaaaa!!!“ Der Drache brüllte, dass es in den Ohren wehtat.

Und endlich ergriffen sie beide die Flucht, rannten um ihr Leben.

Der Drache stürmte hinterher. Er war schneller als die Prinzen, würde sie bald einholen. Jetzt kamen sie ins Freie, sie mussten irgendwie flüchten, irgendeinen Ausweg finden. Aber wo sollten sie hin? Sie waren auf einer großen Lichtung, es gab keinen Ausweg.

Der Drache begann zu fliegen und er flog schneller als sie. Er streckte die gefährlichen, scharfen Krallen nach James aus und wollte ihn packen, aber James war listig, er machte eine Vollbremsung und entging so dem Drachen, doch Jonas würde ihm zum Opfer fallen.

James rannte hinter dem Drachen her, das Ungeheuer durfte seinen Bruder auf keinen Fall in die Finger kriegen. Doch Jonas wurde von ihm gepackt und in die Lüfte gezogen, er flog jetzt fast einen Meter über dem erdigen Boden, doch James hätte noch die Chance, ihn zu retten.