Nathalie Mahmoudi
Wettbewerbsrecht
Wirtschaftsrecht kompakt
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ISBN (print): 978-3-95647-160-5
ISBN (epub): 978-3-95647-161-2
ISBN (pdf): 978-3-95647-162-9
ISBN (mobi): 978-3-95647-163-6
1. Auflage 2020 © Frankfurt School Verlag / efiport GmbH, Adickesallee 32-34, 60322 Frankfurt am Main
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Autorin
Abkürzungsverzeichnis
1 Einführung
2 Materielles Wettbewerbsrecht
2.1 Systematik und Definition
2.2 Geschützte Rechtsgüter
2.3 Verbot unlauterer geschäftlicher Handlung (§ 3 UWG)
2.4 Unlautere geschäftliche Handlung
2.4.1 Unlauterkeit (§ 3a UWG)
2.4.2 Mitbewerberschutz (§ 4 Nr. 1 bis 4 UWG)
2.4.2.1 Verbot der Verletzung der Geschäftsehre (§ 4 Nr. 1 UWG)
2.4.2.2 Anschwärzung (§ 4 Nr. 2 UWG)
2.4.2.3 Unlautere Nachahmung (§ 4 Nr. 3 UWG)
2.4.3 Aggressive geschäftliche Handlungen (§ 4a UWG)
2.4.4 Irreführungsverbot
2.4.5 Irreführung durch Unterlassen (§ 5a UWG)
2.4.6 Vergleichende Werbung (§ 6 UWG)
2.4.7 Belästigende Werbung (§ 7 UWG)
3 Rechtsfolgen des UWG
3.1 Beseitigung und Unterlassung (§ 8 UWG)
3.2 Anspruchsgegner
3.3 Missbräuchliche Geltendmachung
3.4 Schadenersatzanspruch (§ 9 UWG)
3.5 Anspruch auf Gewinnabschöpfung (§ 10 UWG)
4 Verfahrensrecht
4.1 Abmahnung
4.1.1 Definition Abmahnung
4.1.2 Komponenten der Abmahnung
4.2 Reaktion des Abgemahnten
4.3 Unterlassungsvertrag
4.3.1 Bezifferte Vertragsstrafe
4.3.2 Hamburger Brauch
4.3.3 Exkurs: Bedingung und Befristung
4.3.4 Exkurs: Aufbrauchsfrist
4.3.5 Modifizierte Unterlassungserklärung
4.4 Abmahnkosten
4.4.1 Kostenerstattung
4.4.2 Exkurs
4.4.3 Kosten dem Grunde nach
4.4.4 Kosten der Höhe nach
4.4.4.1 Abmahnung durch interne Rechtsabteilung
4.4.4.2 Abmahnung durch einen Verein/Verband
4.4.4.3 Abmahnung durch externen Rechtsanwalt
4.5 Streitwertbemessung
4.5.1 Exkurs: unberechtigte Abmahnung/Schutzrechtsverwarnung
4.5.2 Exkurs: Rechtswidrige Abmahnung
4.5.3 Exkurs: aufgedrängte oder getürkte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung
4.5.4 Exkurs: Aufbrauchsfrist
4.6 Einstweilige Verfügung
4.6.1 Zuständigkeit
4.6.1.1 Exkurs: Zuständigkeiten – Was bringt der fliegende Gerichtsstand?
4.6.1.2 Exkurs: Forum Shopping
4.6.2 Verfügungsgrund
4.6.3 Verfügungsantrag
4.7 Beschluss- und Urteilsverfügung
4.8 Zustellung und Vollziehung
4.9 Rechtsbehelfe
4.10 Schadenersatz gemäß § 945 ZPO
4.11 Schutzschrift
4.12 Abschlussverfahren
4.13 Hauptsacheverfahren
4.14 Verstöße
4.15 Fristen
5 Praktische Anwendungsfälle
5.1 Pflichtangaben für einen Web-Shop
5.2 Voraussetzungen für einen Hinweis auf eine OS-Plattform
5.3 Textilkennzeichnung
5.4 Verbraucherprodukte
6 Strafrecht (§ 16 Abs. 2 UWG)
7 Exkurs: Facebook
7.1 DSGVO
7.2 UWG
7.2.1 Urteil des LG Hamburg zum Like-Button
7.2.2 Folgerungen aus dem Urteil für Unternehmen
7.2.2.1 Abgrenzung zu bezahlten Empfehlungen
7.2.2.2 Weitere Konstellationen
7.2.3 Internetwerbung mit Äußerungen Dritter
7.2.3.1 Meinungsumfragen
7.2.3.2 Testberichte und andere Veröffentlichungen
7.2.3.3 Gütesiegel und Auszeichnungen
Reihe „Wirtschaftsrecht kompakt“
Vorwort
Das vorliegende Buch soll mehrere Funktionen erfüllen: Es ermöglicht einen ersten Einblick in die komplexen Zusammenhänge des gewerblichen Rechtsschutzes, hier des Wettbewerbsrechts. Das Wettbewerbsrecht ist eine Spezialmaterie, die sich nur mit langjähriger Berufserfahrung vollständig erschließt. Viele Aspekte sind dem sonstigen Zivilrecht unbekannt und sollen mit diesem Werk veranschaulicht werden. Daneben bietet das Werk aber auch viele Beispiele und Formulierungen, die auch dem erfahrenen Wettbewerbsrechtler eine Stütze sind.
Als Fachanwältin für gewerblichen Rechtschutz ist mein Branchenfokus seit vielen Jahren der Direktvertrieb. Hier finden sich abermals viele Besonderheiten, die im vorliegenden Buch besonders beleuchtet werden. Hierzu zählen insbesondere die Abgrenzung eines legalen Vertriebssystems zu einem illegalen Schneeball- und Pyramidensystem.
Köln, im Juni 2020 Dr. Nathalie Mahmoudi
Autorin
Dr. Nathalie Mahmoudi ist Partnerin der Rechtsanwaltssozietät Dr. Mahmoudi & Partner Rechtsanwälte mbB. Sie ist Fachanwältin für gewerblichen Rechtsschutz. Die Kanzlei berät und vertritt Mandanten zum Wirtschafts-, Medien- und Datenschutzrecht.
2012 erhielt Nathalie Mahmoudi den 1. Platz des Soldan Kanzleigründungspreises der u.a. vom Deutschen Anwaltverein in Kooperation mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vergeben wird. Sie ist Mitherausgeberin der Festschrift „Kunst – Wissenschaft – Recht – Management“. Sie ist Mitglied des Instituts für Kunst und Recht (IFKUR). Darüber hinaus ist sie Autorin zahlreicher Fachpublikationen und hält regelmäßig Vorträge. Nathalie Mahmoudi wird vom TüV Hessen empfohlen als Anwältin für den Direktvertrieb.
Nach dem Studium in Bonn, Barcelona und Köln wurde Nathalie Mahmoudi an der Universität Potsdam zum internationalen öffentlichen Wirtschaftsrecht promoviert.
Abkürzungsverzeichnis
BGH | Bundesgerichtshof |
AGB | Allgemeine Geschäftsbedingungen |
AGS | Anwaltsgebühren Spezial (Zeitschrift) |
AZ | Aktenzeichen |
B2B | Business to Business |
BDSG | Bundesdatenschutzgesetz |
beA | besonderes elektronisches Anwaltspostfach |
BFH | Bundesfinanzhof |
BGB | Bürgerliches Gesetzbuch |
BVerfG | Bundesverfassungsgericht |
BVerwG | Bundesverwaltungsgericht |
DIN | Deutsches Institut für Normung |
DSGVO | Datenschutzgrundverordnung |
DSK | Datenschutzkonferenz |
EGBGB | Einführungsgesetz Bürgerliches Gesetzbuch |
ElektroG | Elektro- und Elektronikgerätegesetz |
EU | Europäische Union |
EuGH | Europäischer Gerichtshof |
EUR | Euro |
EV | Einstweilige Verfügung |
EWR | Europäischer Wirtschaftsraum |
GeschGehG | Geschäftsgeheimnisgesetz |
GG | Grundgesetz |
GmbH | Gesellschaft mit beschränkter Haftung |
GRUR | Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (Zeitschrift) |
GwO | Gewerbeordnung |
HGB | Handelsgesetzbuch |
HWG | Heilmittelwerbegesetz |
KfH | Kammer für Handelssachen |
LFGB | Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch |
LG | Landgericht |
MarkenG | Markengesetz |
MDR | Monatsschrift für Deutsches Recht (Zeitschrift) |
MLM | Multi Level Marketing |
MMR | Multimedia und Recht (Zeitschrift) |
NJW | Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) |
ODR | Online Dispute Resolution |
OLG | Oberlandesgericht |
OLGR | OLG-Report (Zeitschrift) |
OS | Online-Streitbeilegung |
PAngV | Preisangabenverordnung |
ProdSG | Produktsicherheitsgesetz |
RR | Rechtsprechungsreport |
RVG | Rechtsanwaltsvergütungsgesetz |
TextilKennzG | Textilkennzeichnungsgesetz |
TextilKVO | Textilkennzeichnungsverordnung |
UKlaG | Unterlassungsklagegesetz |
UrhG | Urhebergesetz |
UWG | Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb |
VerwG | Verwaltungsgericht |
VSBG | Verbraucherstreitbeilegungsgesetz |
VV | Vergütungsverzeichnis |
WRP | Wettbewerb in Recht und Praxis (Zeitschrift) |
ZPO | Zivilprozessordnung |
ZSSR | Zentrales elektronisches Schutzschriftenregister |
1 Einführung
Das Wettbewerbsrecht, genauer gesagt das Recht gegen den unlauteren Wettbewerb (Lauterkeitsrecht) stellt die Spielregeln auf für ein faires wirtschaftliches Verhalten, die Unternehmen im Wettbewerb um das Angebot und den Bezug wirtschaftlicher Leistungen einhalten müssen. Mithin ist das Wettbewerbsrecht ein Marktverhaltensrecht.
Es dient dem Schutz der Mitbewerber und der Verbraucher sowie dem Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb. Nach geltendem Recht handelt es sich bei Wettbewerbsverstößen um unerlaubte Handlungen.[1]
Wettbewerbsrechtliche Gläubiger können zum einen Abwehransprüche gegen in der Zukunft liegende Wettbewerbshandlungen in Form von Unterlassungsansprüchen geltend machen und zum anderen Beseitigungsansprüche für erfolgte Wettbewerbshandlungen. Die Ansprüche stehen nebeneinander. Ansprüche im Wettbewerbsrecht erfordern i.d.R. eine zeitnahe Reaktion. Mit dem Unterlassungsanspruch soll in aller Regel die Wiederholung eines gleichen oder kerngleichen Verstoßes verhindert werden. Es besteht aber auch ein Unterlassungsanspruch, wenn eine Erstbegehungsgefahr unmittelbar droht.
Am 21.06.1869 wurde die Gewerbefreiheit und damit die Wettbewerbsfreiheit in § 1 GwO hergestellt. Rund 30 Jahre später, am 27.05.1896, wurde das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) erlassen. Seit dem gab es zahlreiche Gesetzesnovellen, nicht zuletzt begründet durch die Harmonisierung des Europarechts.
Das heutige UWG wurde zuletzt geändert am 18.04.2019. Heute gliedert sich das UWG in insgesamt vier Kapitel:
Kapitel 1 regelt die allgemeinen Bestimmungen,
Kapitel 2 beinhaltet die Rechtsfolgen,
Kapitel 3 regelt die Verfahrensvorschriften und
Kapitel 4 bestimmt Straf- und Bußgeldvorschriften, wobei die Regelungen zu Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen mit der letzten UWG-reform aus dem UWG heraus genommen wurden und nunmehr in einem separaten Gesetz, dem Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG), enthalten sind.
Ergänzt wird das UWG durch den Anhang zu Art. 3 Abs. 3 UWG, die Black List. Hier finden sich Beispielfälle, bei deren Vorliegen immer ein Wettbewerbsverstoß gegeben ist.
Das vorliegende Buch bietet eine Einführung in das Wettbewerbsrecht. Es gibt einen übersichtlichen Leitfaden mit zahlreichen Praxistipps. Neben einigen Exkursen und Hinweisen zu Sonderproblem im UWG bietet das Buch viele Vorlagen, die für den im Wettbewerbsrecht tätigen Juristen einen Leitfaden bilden. Alle zentralen Vorlagen für das Wettbewerbsrecht werden dargestellt. Es findet sich eine Vorlage für die Erstellung einer Abmahnung, ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, eine Abschlusserklärung und diverse weitere Vorlagen.
Zentraler Punkt eines jeden wettbewerbsrechtlichen Falles ist der Umgang mit Abmahnungen, so dass diesem Aspekt in dem vorliegenden Werk besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird. Hierzu zählen die ordnungsgemäße Aussprache einer Abmahnung und die erfolgreiche Abwehr von Abmahnungen.
Um mit dem Instrument der Abmahnung professionell umgehen zu können, muss man zunächst einordnen können, was genau eine Abmahnung ist. Eine Abmahnung ist ein qualifiziertes Anspruchsschreiben, dessen Form und Inhalt nicht definiert oder geregelt ist. Das bedeutet, dass eine Abmahnung grundsätzlich in jeder Form erfolgen kann, z.B. mündlich. Es wird an späterer Stelle dargestellt, welche Risiken mit mündlichen Abmahnungen verbunden sind und welche Variante vorzugswürdig ist. Zweck einer Abmahnung ist es, eine gerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden. Daher geht die Rechtsprechung seit jeher davon aus, dass die Abmahnung im Sinne desjenigen erfolgt, der abgemahnt wird. Denn hätte der Abmahnende nicht das Instrument der Abmahnung gewählt, hätte der Abgemahnte sich unmittelbar in einem gerichtlichen Verfahren befunden, das mit erheblichen Mehrkosten verbunden ist. Eine Abmahnung im Wettbewerbsrecht ist zwar keine zwingende, sehr wohl aber eine übliche Maßnahme zur Durchsetzung der jeweiligen Ansprüche.
Gemäß § 12 Abs. S. 1 UWG ist dem Schuldner Gelegenheit zu geben, den Streit durch Abgabe einer Unterlassungsverpflichtung beizulegen. Abzuwägende Faktoren auf Seiten des Abmahnenden sind das Kostenrisiko gegenüber dem Zeitfaktor. Das bedeutet, dass derjenige, der einen Wettbewerbsverstoß abmahnen will respektive muss, überlegen muss, welche juristischen Mittel ihm zur Verfügung stehen. Wählt er unmittelbar den Weg der gerichtlichen Feststellung im Wege einer einstweiligen Verfügung, trägt er das Kostenrisiko. Erkennt nämlich derjenige, der den Wettbewerbsverstoß begangen hat, mit Zustellung der einstweiligen Verfügung den Unterlassungsanspruch aus der einstweiligen Verfügung unmittelbar an, muss der Antragssteller die Kosten zahlen. Dies möchte er natürlich vermeiden.
Für die gerichtliche Geltendmachung der Wettbewerbsverstöße im Wege der einstweiligen Verfügung muss der Verstoß stets in einem zeitlichen Zusammenhang erfolgt sein. Je nach Gericht werden einstweilige Verfügung mangels Eilbedürftigkeit nach Ablauf von vier bis sechs Wochen (abhängig vom Gericht) zurückgewiesen. Ist also bereits viel Zeit verstrichen und ist für den Unterlassungsgläubiger ein Zuwarten der Hauptsache unerträglich, kann es trotz des dargestellten Kostenrisikos sinnvoll sein, die einstweilige Verfügung unmittelbar ohne Abmahnung auszusprechen. In keinem Fall aber sollte eine unbedachte Abmahnung ausgesprochen werden. Es drohen die negative Feststellungsklage sowie Gegenabmahnungen oder sogar Schadenersatzansprüche.
Das Wettbewerbsrecht verbietet bestimmte Handlungen und bezweckt damit den Schutz von Individual- und Allgemeininteressen. Das Wettbewerbsrecht ist damit ein Sonderdeliktrecht.
Grundsätzlich sind neben dem UWG immer auch die §§ 824, 826 BGB anwendbar. Auch absolute Rechte an Leben, Körper, Gesundheit, Eigentum und Freiheit sind über § 823 Abs. 1 BGB immer neben dem UWG geschützt.
Dahingegen bleibt für einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nach § 823 Abs. 2 BGB kein Raum. Dieser Anspruch ist gegenüber dem UWG subsidiär.
Mit Ausnahme der Normen der §§ 16 ff. UWG handelt es sich bei den Vorschriften des UWG nicht um Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB.
Das Unterlassungsklagegesetz (UKlaG) ist neben dem UWG anwendbar. Es eröffnet die Verbandsklage und dient dem Verbraucherschutz.
In aller Regel gehen die Immaterialgüterrechte wie das MarkenG, das UrhG, das Design- und Patentrecht dem Wettbewerbsrecht voraus. Anders verhält es sich beim Kartellrecht, das eine Ergänzung zum Wettbewerbsrecht darstellt. Das Kartellrecht verfolgt primär den Zweck, den freien Wettbewerb zu schützen, wohingegen der Zweck des Wettbewerbsrechts primär darin besteht, auf einen fairen, also lauteren Wettbewerb hinzuwirken.
Fußnoten:
[1] Vgl. BGH, GRUR 2000, 619, Orientteppich.
2 Materielles Wettbewerbsrecht
Das UWG setzt ein geschäftliches Handeln voraus. Damit ist sowohl privates Handeln als auch hoheitliches Handeln nicht vom Schutzbereich des UWG umfasst. Das bedeutet aber keinesfalls, dass die öffentliche Hand nicht etwa einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht begehen kann. Es kommt jedoch maßgeblich darauf an, in welcher Funktion und mit welcher Absicht die Handlung geschieht.
Das geschäftliche Handeln muss zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens erfolgen. Es ist also objektiv eine Förderungsabsicht erforderlich. Dies kann sowohl vor, bei als auch nach Geschäftsabschluss erfolgen. Das bedeutet, dass grundsätzlich auch eine Handlung nach Vertragsabschluss wettbewerbswidrig sein kann. Der sachliche Anwendungsbereich des UWG ist also nur eröffnet, wenn eine Wettbewerbshandlung vorliegt. Insoweit ist jede Werbung zugleich als Wettbewerbshandlung zu qualifizieren, wohingegen nicht jede Wettbewerbshandlung zwingend Werbung sein muss.
2.1 Systematik und Definition
Die Prüfungsreihenfolge erfolgt, wie üblich, vom Speziellen zum Allgemeinen. Vorrangig ist mithin immer ein Verstoß gegen die Black List nach § 3 Abs. 2 UWG i.V.m. dem Anhang Nr. 1 bis 30 zu prüfen. Ist einer der Tatbestände erfüllt, ist das Verhalten stets wettbewerbswidrig.
Nach der Black List ist zu prüfen, ob ein Verstoß gegen die Einzeltatbestände der §§ 3a, 4 bis 7 UWG gegeben ist.
Erst dann folgt die Prüfung eines Verstoßes gegen die Generalklausel. Hierbei kann entweder ein Verstoß gegen die Verbrauchergeneralklausel (§ 3 Abs. 2 UWG) gegeben sein oder gegen die Allgemeine Generalklausel des § 3 Abs. 1 UWG.
Gemäß § 1 UWG ist Zweck des Gesetzes der Schutz der Mitbewerber, der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb. In § 2 UWG folgen die Definitionen, die somit entsprechend der modernen Gesetzgebungstechnik den übrigen Regelungen des UWG vorangestellt sind.
Exkurs: Tätigwerden der öffentlichen Hand
Auch die öffentliche Hand kann eine Wettbewerbshandlung tätigen, nämlich wenn sie erwerbswirtschaftlich oder ohne ausdrückliche Ermächtigung in Eröffnung allgemeiner öffentlicher Aufgaben tätigt. Dem hoheitlichen Handeln einer Behörde steht es gleich, wenn diese sich eines Privaten bedient.
Tabelle 1: Qualifizierung öffentlich rechtlicher Tätigkeit als Wettbewerbshandlung
Wettbewerbshandlung der öffentlichen Hand |
liegt vor | liegt nicht vor |
Arbeitgeber verspricht Prämie bei Wechsel in eine bestimmte Krankenversicherung. | Eine Umweltschutzorganisation ruft zum Boykott bestimmter Unternehmen auf. Es liegt keine Wettbewerbshandlung vor, weil es sich bei dem möglichen Umsatzrückgang lediglich um einen Nebeneffekt der Maßnahme handelt. |
Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis kann auch zwischen Gewerbetreibenden verschiedener Wirtschafts- oder Handelsstufen bestehen.
Abbildung 1: Varianten etwaiger Wettbewerbsverhältnisse
2.2 Geschützte Rechtsgüter
Gemäß § 1 dient das UWG dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Das UWG schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.