Vorschau

 

Am 21. Juli erscheint Deinoid Band 4, »Katorga11«.

Die Reise der Shadow Dancer unter Ty Hawkins’ Kommando geht weiter. In einer streng geheimen Strafkolonie der NEO-Hanse wird ein Ingenieur festgehalten. Torak Nool verfügt über exzellente Kenntnisse der Tarntechnologie sowie der speziellen Fähigkeiten der Shadow Dancer. Seine Befreiung auf Katorga11 stellt die Crew um Hawkins herum allerdings vor schier unüberwindliche Probleme.

Unterdessen schreitet die Inbetriebnahme des Torus zügig voran. Doch dann melden die Langstreckensensoren immer öfter unbekannte Flugobjekte. Eyota lässt Wakiza mit der Krähenwind regelmäßig Kontrollflüge durchführen. Zuerst ohne Ergebnis, doch dann verändert sich die Situation dramatisch. Ein Kampfschiff der Yugashi nähert sich dem Torus und erhebt Ansprüche darauf …

 

Am 23. August erscheint Deinoid XT Band 4, »Götterdämmerung«.

Nach der Rückkehr von Pulvis ist für das Team um Lyandra Bridges nichts mehr, wie es einmal war. Das Treffen mit den Deinoiden hat alle nachhaltig verändert. Reg Harting hadert mit dem Bündnis zwischen Menschen und Deinoiden und Jayla, Lyandras jüngerer Schwester, steht eine harte Prüfung bevor.

Schnell wird klar, dass die Lösung ihrer Probleme nicht auf der Erde, sondern nur auf Pulvis zu finden sind. Doch auch dort ist die Zeit nicht stehen geblieben. Für die Deinoiden kommt es zur ›Götterdämmerung‹. Und dann wartet in den Tiefen des Alls noch ein gemeinsamer Gegner: die Yugashi.

 

 

 

 

OLIVER MÜLLER

Götterflucht

 

Deinoid XT Band 3

 

 

Inhalt

 

Impressum

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Epilog

 

 

Impressum

 

Erstveröffentlichung Juni 2017

Copyright © 2017 Deinoid by Ben Ryker

Copyright © 2017 der eBook-Ausgabe by Verlag Peter Hopf, Petershagen

 

Cover und Umschlaggestaltung: Arndt Drechsler

Redaktionelle Betreuung: Thomas Knip

E-Book-Konvertierung: Die Autoren-Manufaktur

 

ISBN ePub 978-3-86305-238-6

 

www.verlag-peter-hopf.de

 

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Alle Rechte vorbehalten

 

Die in diesem Roman geschilderten Ereignisse sind rein fiktiv.

Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Begebenheiten, mit lebenden oder verstorbenen Personen wäre rein zufällig und unbeabsichtigt.

Der Nachdruck, auch auszugsweise, die Verarbeitung und die Verbreitung des Werkes in jedweder Form, insbesondere zu Zwecken der Vervielfältigung auf fotomechanischem, digitalem oder sonstigem Weg, sowie die Nutzung im Internet dürfen nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages erfolgen.

 

 

Kapitel 1

 

Kapstadt, Zentrale der BRIACO, 2615

Ihre Schritte hallten auf dem glänzenden Marmorboden, obwohl Lyandra Bridges sich bemühte, leise aufzutreten. Wofür es keinen Grund gab. Sie war nicht in geheimer Mission unterwegs, musste sich nicht verstecken.

Es war einfach die Umgebung, die sie nervös machte. Sie fühlte sich unwohl. Es kam ihr vor, als würden die vorbeieilenden Menschen sie ansehen und von oben bis unten mustern.

Sicher, der eine oder andere Blick wurde ihr zugeworfen. Ihr feingeschnittenes Gesicht, das von schulterlangem, blauschwarzem Haaren umweht wurde, sorgte ebenso dafür, wie ihr sportlicher, schlanker Körper. Doch die Aufmerksamkeit, verflog, wenn das Auge des Betrachters ihre Kleidung in Augenschein nahm. Allerdings traf das nur auf diese Umgebung zu.

Ihr zweckmäßiger Raumanzug, den sie bei allen Einsätzen trug, passte nicht zu den Anzugträgern in der Zentrale der BRIACO. Er verriet, dass sie anders war als die Geschäftsleute. Und die blieben eben gern unter sich. Egal, wie hübsch das Gesicht ihres Gegenübers war.

Lyandra war es egal. Sie legte keinen Kontakt auf Bekanntschaften in dieser Szene, die vor Standesdünkel nur so trotzte. Dass sie im Endeffekt denselben Arbeitgeber hatte, spielte dabei erst recht keine Rolle.

Sie war hier, um ihren Auftrag entgegenzunehmen. Zumindest ging sie davon aus. Um etwas anderes konnte es sich nicht handeln. Normalerweise wurden ihr die Aufgaben übermittelt. Dass sie jetzt persönlich zu Jendram Prakash kommen sollte, verwunderte sie. Es musste sich also um einen ganz speziellen Auftrag handeln.

Aber um was für einen? So sehr sie sich ihren Kopf zerbrach, sie fand keinen Anhaltspunkt. Die Zwanzigjährige, die zu den jüngsten Schiffskapitänen der BRIACO gehörte, musste sich noch etwas in Geduld fassen.

Je mehr Kontrollpunkte sie passierte, desto leeren wurden die Gänge. Von Etage zu Etage sank die Zahl der Menschen, die eine Zugangsberechtigung zu den heiligen Hallen hatte.

Als sie im dreiundvierzigsten Stock aus dem Antigravlift trat, blickten ihr zwei dunkel gekleidete Wachmänner entgegen. Ihre Mienen verrieten nicht, ob Lyandras Auftauchen sie störte. Ihre Gesichter reglos, als wären sie aus Stein gemeißelt.

Lyandra zog ihre ID-Card hervor, der die Wachmänner ihre Berechtigungsstufe entnehmen konnten. Ihr Griff in die Tasche wurde misstrauisch beobachtet. Sie reichte dem kleineren der Männer die Karte. Er steckte sie in ein Lesegerät und schien mit der Überprüfung zufrieden zu sein, denn sie erhielt ihre Karte zurück. »Mrs. Silk wird Sie in Empfang nehmen«, sagte er.

Lyandra schritt durch den langen Gang, ohne den wertvollen Gemälden und Kunstgegenständen darin größere Aufmerksamkeit zu schenken. Das war nicht ihre Welt.

Kurz bevor sie die zweiflügelige Tür erreichte, hinter der Jendram Prakashs Refugium lag, wurde ihr geöffnet.

Eine ältere Frau im eleganten Hosenanzug trat heraus und betrachtete sie, während Lyandra ihr näher kam. Diesmal kam der Blick ihres Gegenübers wirklich einer Musterung gleich. Mrs. Silks Gesichtsausdruck war abschätzig wie immer. Es fehlte nur noch, dass sie eine Augenbraue hochzog und affektiert hüstelte.

»Mr. Prakash erwartet Sie bereits«, sagte Sylvana Silk anstelle einer Begrüßung. Sie war Prakashs Chefassistentin. Wie immer lag ein leicht schnippischer Unterton in ihrer Stimme. Als wäre Lyandra zu spät. Dabei war sie definitiv pünktlich.

Lyandra hatte schon bemerkt, dass die Silk vornehmlich Frauen mit dieser Ausdrucksweise bedachte. Vielleicht lag der Grund darin, dass das Alter die ersten Spuren an ihrem Körper hinterließ.

Mrs. Silk hatte die fünfzig hinter sich gelassen und war immer noch eine gutaussehende Frau. Sie war stets peinlich darum bemüht, jedes Anzeichen von Alterung zu verhindern. Ihr blondes Haar lag perfekt gestylt. Das Make-Up war dezent, konnte aber die kleinen Fältchen rund um die Augen nicht verdecken. Der sicher maßgeschneiderte Hosenanzug kaschierte ihre etwas zu breiten Hüften, dennoch konnte man erahnen, dass Sylvana Silk es verstand, das Leben zu genießen.

Der Zahn der Zeit nagt unaufhaltsam an dir, alte Schachtel, dachte Lyandra und musste sich ein Grinsen verkneifen. Sie hatte Mrs. Silk noch nie leiden können.

»Dann bringen Sie mich doch bitte umgehend zu ihm.«

Lyandra sprach es mehr als Aufforderung, denn als Bitte aus.

Kommentarlos wandte die Silk sich um und ging voraus, anstelle dem Gast den Vortritt zu lassen, wie es die Konventionen verlangten. Es war Lyandra egal.

Als sie über den tiefen Teppich schritt, in dem sie fast bis zu den Knöcheln einzusinken glaubte, sah sie sich um. Sie war fast ein Jahr nicht hier gewesen. Aber es sah alles noch genauso aus, wie in ihrer Erinnerung.

Selbst wenn draußen die Welt noch weiter untergeht, hier drinnen steht die Zeit still.

Mrs. Silk öffnete die Tür ins Allerheiligste. »Mr. Prakash? Mrs. Bridges ist da.«

»Sie möchte bitte hereinkommen«, hörte sie eine weiche Männerstimme.

Lyandra schob die Sekretärin zur Seite und trat, das empörte Schnauben von Mrs. Silk überhörend, in das geräumige Büro.

Die komplette Rückseite wurde durch eine gewaltige Fensterfront eingenommen. Von hier oben hatte man einen atemberaubenden Blick auf Kapstadt.

Etwa vier Meter vor der Scheibe stand der nicht minder beeindruckende Schreibtisch aus dunklem Holz, hinter dem Jendram Prakash saß.

Mrs. Silk wollte aufbrausen, doch Prakash gab ihr mit einer Handbewegung zu verstehen, dass sie gehen konnte. »Es ist gut, Mrs. Silk. Vielen Dank.«

Die Silk warf ihr noch einen vernichtenden Blick zu und verschwand dann endlich. Als sich die Tür hinter ihr schloss, glaubte Lyandra, freier atmen zu können.

Prakash deutete auf einen der zwei Ledersessel, die vor dem Schreibtisch standen. Lyandra wählte den Linken und setzte sich. Ihr Chef schloss mit einer Handbewegung die Holodarstellung, die über der Tischplatte geschwebt hatte, und bot ihr mit seiner weichen Stimme etwas zu trinken an. Sie lehnte ab.

Prakash lächelte. »Wenn Sie gestatten, werde ich aber einen Drink nehmen«, sagte er, wie immer beinahe übertrieben höflich. Sie wusste nicht, ob es an seiner indischen Herkunft lag, aber ihr gefiel die Art des Mannes. Auch wenn sie manchmal etwas umständlich war.

»Natürlich, Mr. Prakash.«

Während er eins der bereitstehenden Gläser mit einer dunkel schimmernden Flüssigkeit füllte, musterte sie ihn. Sein glattrasiertes Gesicht war alterslos. Er hätte Anfang vierzig, aber auch bereits sechzig sein können. Der dunkelblaue Anzug war mit Sicherheit ebenso teuer wie der Ring, der seine linke Hand zierte.

»Sie haben keine Ahnung, warum ich Sie habe zu mir kommen lassen, richtig?«, unterbrach er ihre Gedankengänge.

Sie nickte.

Prakash nippte am Glas, seine Mundwinkel zuckten kurz zu einem anerkennenden Lächeln, das sofort wieder verschwand. »Sagt Ihnen X-Zeta-1 etwas, Mrs. Bridges?«

Lyandra wiederholte den Begriff in ihren Gedanken. Sie erkannte, dass es sich um eine astronomische Bezeichnung handelte. Was sich hinter ihr verbarg, wusste sie jedoch nicht. Es gab zu viele Planeten, Zwergplaneten und Asteroiden im All, die alle mit irgendwelchen Kürzeln versehen waren.

»Das hätte mich auch ein wenig überrascht, Mrs. Bridges. Vielleicht hilft es Ihnen weiter, wenn ich den Namen nenne, den X-Zeta-1 von seinen Bewohnern erhalten hat.«

Er trank einen kleinen Schluck, als wolle er die Spannung erhöhen. Tatsächlich fühlte Lyandra ein leichtes Kribbeln in der Magengegend.

»Sie nennen ihn Pulvis.«

»Pulvis? So wie Staub?«, fragte Lyandra nach, weil sie glaubte, sich verhört zu haben.

»Ganz recht. Und hier gilt durchaus Nomen est Omen, um im Latein zu bleiben. Pulvis ist nahezu ein Wüstenplanet.«

»Ich habe noch nie von ihm gehört.«

»Warum sollten Sie auch? Er ist unbedeutend.«

Lyandra beugte sich leicht vor und sah Jendram Prakash ins Gesicht. »Ganz unbedeutend kann er nicht sein. Sonst würden Sie sich nicht dafür interessieren.«

Er schenkte ihr ein kurzes Lächeln. »Sie haben recht. Es gibt durchaus etwas, dass uns an Pulvis interessieren könnte.«

»Uns? Die BRIACO?«

»Richtig.«

Prakash aktivierte ein Hologramm. Über dem Schreibtisch entstand das Abbild eines dunkelroten Planeten. Es erinnerte Lyandra von der Farbe her an den Mars. Am eingeblendeten Maßstab erkannte sie, dass Pulvis – denn darum musste es sich zweifellos handeln – einen etwas größeren Durchmesser als die Erde aufwies.

Damit endeten die Gemeinsamkeiten aber auch schon. Flüsse, Seen oder gar Meere waren auf der langsam um sich selbst rotierenden Kugel nicht zu entdecken.

»Wie ich bereits sagte, Pulvis ist ein Wüstenplanet. Wasser ist dort sehr kostbar für die wenigen hunderttausend Menschen, die es dort aushalten. Es wird durch eine Art Fracking gewonnen. Teuer und aufwändig. Die Schwerkraft auf Pulvis beträgt 1,3g.«

Lyandra stieß zischend die Luft zwischen den Zähnen aus. Wenn sie und ihr Team dort von Bord gehen sollten, würden sie den Druck deutlich auf ihren Schultern lasten spüren. Aber da vertraute sie auf Jacob Lyle. Ihr Technikass würde schon eine Lösung dafür finden. Hoffte sie zumindest.

»Die übrigen Daten, wie Temperatur, Tagesdauer und so weiter, bekommen sie noch übermittelt«, sagte Prakash.

Davon war Lyandra ausgegangen. Eine andere Frage lag ihr auf dem Herzen. »Was sollen wir dort für die BRIACO tun?«

Prakash stellte das Glas ab und lehnte sich in seinem Sessel zurück. Er legte die Fingerspitzen gegeneinander und ließ sich viel Zeit. Statt die Frage zu beantworten, griff er ein neues Thema auf.

»Bevor Sie mit ihrer Mannschaft aufbrechen, möchte ich Sie noch über eine Entdeckung in Kenntnis setzen, die ich für beachtenswert halte.«

Lyandra erkannte an seiner Tonlage, dass ihn das Thema umtrieb und er nach den richtigen Worten suchte. Sie gab ihm mit einem Nicken zu verstehen, dass sie zuhörte.

»Im Bereich von Ceres sind unbekannte Energiesignaturen angemessen worden. Sie gehören eindeutig zu Raumschiffen, lassen sich aber keinem irdischen Typ zuordnen.«

Lyandra nickte erneut. Sie ahnte, was er damit andeuten wollte. Sein nächster Satz bestätigte ihre Vermutung.

»Es könnten die Schiffe eines anderen Konzerns sein, das sich nicht an die Abmachung bezüglich der Tarnvorrichtungen hält.« Er legte eine kurze Pause ein und sah sie fest an. »Oder es sind Aliens.«

Unwillkürlich schluckte Lyandra. Sie hatte es geahnt. Es ausgesprochen zu hören, war aber noch mal etwas anderes. Das Kribbeln in ihrer Magengegend verstärkte sich. »Und was glauben Sie, dass es ist?«, fragte sie.

Prakash zuckte mit den Schultern. »Uns liegen zu wenig Erkenntnisse vor. Ihr Flug führt sie zwar nicht in diese Gegend, aber mir war wichtig, dass Sie darüber informiert sind. Selbst wenn es keine Aliens sein sollten und nur die NEO-Hanse dahinter steckt.«

Aus Prakash sprach kein Ärger oder gar Wut. Falls er so etwas verspürte, hatte er sich gut unter Kontrolle.

»Was hat das Ganze mit Pulvis zu tun?«, wollte Lyandra wissen. Wenn es keinen Zusammenhang geben würde, hätte Prakash ihr nicht davon erzählt.

»Einen direkten Zusammenhang zwischen Pulvis und der Entdeckung des Torus gibt es nicht.«

»Und indirekt?«

»Wenn es die NEO-Hanse ist, dann hat sich technisch enorm aufgerüstet. Diesen Rückstand gilt es wettzumachen.« Erneut legte er eine kurze Pause ein, in der er einen Schluck aus seinem Glas nahm. »Pulvis hat reiche Vorkommen an wertvollen Mineralien und Erzen«, sagte er abschließend lapidar.

Lyandra verstand sofort, worauf er hinauswollte. Die BRIACO brauchte ein neues, gewinnbringendes Projekt. Aber warum Pulvis? Der Planet war ja nicht unbekannt. Und er hatte seit Ewigkeiten niemanden interessiert. Warum jetzt? Sie hakte bei ihrem Vorgesetzten nach.

»Sie wissen ebenso gut wie ich, dass der Abstand der BRIACO zu ihrem größten Konkurrenten, der NEO-Hanse, nicht größer werden darf.«

»Darum greifen wir nach diesem Strohhalm, Mr. Prakash?«

»Wenn Sie es so nennen wollen.« Er zuckte mit den Schultern. »Sie können sich durchaus als Vorhut ansehen. Überprüfen Sie, ob sich ein Engagement auf Pulvis für die BRIACO lohnen würde.«

Lyandra nickte. Eine Frage hatte sie aber noch. »Sie sagten, Pulvis wäre reich an Erzvorkommen. Warum ist der Abbau nicht längst vorgenommen worden?«

»Pulvis ist weit entfernt von der Erde. Dazu kommt die erhöhte Schwerkraft und der Staub, der Maschinen und Menschen angreift. Trotzdem war der Abbau geplant. Es kam nur etwas dazwischen.«

»Die Rebellion der Digger?«

Er nickte. »Haben Sie noch weitere Fragen, Mrs. Bridges? Ansonsten lasse ich Ihnen alle nötigen Daten übermitteln. Sie können sofort aufbrechen, wenn Ihr Schiff startklar ist.«

Sie nickte. »Für den Moment sollte ich alles wissen, oder?«

Er nickte ebenfalls, stand auf und reichte ihr die Hand.

Lyandra machte sich sofort auf den Weg. An Mrs. Silk stürmte sie grußlos vorbei. Sie hätte sich zwar gerne um den entdeckten Torus gekümmert, aber der Neo-Hanse eins auszuwischen, dafür war sie stets zu haben. Mehr noch: Sie liebte es! Darum beeilte sie sich, so schnell wie möglich zu ihrem Schiff zu kommen und ihre Crew über den Auftrag zu informieren.

 

 

Kapitel 2

 

Ein Gleiter von der BRIACO brachte Lyandra zum Raumhafen von Kapstadt.

Während des kurzen Fluges hatte sie über die Dinge nachgedacht, die sie von Jendram Prakash gehört hatte. Es war zu wenig gewesen, als dass sie sich ein klares Bild von Pulvis hätte machen können. Allerdings war sie sich sicher, dass die notwendigen Dateien bereits an den Bordrechner übermittelt waren.

Sie durchquerte den mit Passagieren überfüllten Bereich des Raumhafens. Menschen warteten auf Angehörige oder Freunde, oder verabschiedeten sie vor ihrem Abflug. Unterschiedlichste Sprachen drangen an ihre Ohren, doch mehr als Satzfetzen verstand sie nicht. Es interessierte sie auch nicht.

Lyandra hatte keinen Blick für die herzerweichenden Abschiedsszenen. Sie hasste Abschiede. So schnell es in dem Gedränge möglich war, bahnte sie sich ihren Weg durch die Leute.

Die Halle blieb hinter ihr zurück und sie erreichte den Teil des Raumhafens, auf dem die kleinen Schiffe auf ihre Starterlaubnis warteten oder repariert wurden.

Wie fast immer hatte sie die Lunatic, so der Name ihres Schiffes, weit abseits gelandet. Das Schiff war im Grunde ihr Zuhause. Darum wollte sie es von allen möglichen Gefahren fernhalten.

Sie erwartete hier in Kapstadt zwar keine Unannehmlichkeiten, aber alte Gewohnheiten legte man eben schwerer ab als schmutzige Wäsche. Es gab ihr ein ruhiges Gefühl, wenn sie die Lunatic am äußersten Rand der Landezone wusste.

Schon von Weitem winkte ihr eine junge Frau zu, die ihr fast wie aus dem Gesicht geschnitten war. Allerdings war ihre Schwester Jayla ein paar Zentimeter kleiner. Da sie vier Jahre jünger war, war es aber nicht unmöglich, dass sie sie in diesem Bereich noch einholte.

Dann konnten sie durchaus als Zwillinge durchgehen. Wobei die sechzehnjährige Jayla die Haare nur kinnlang trug, wodurch sie leicht zu unterscheiden waren.

»Hallo, Schwesterherz«, rief ihre jüngere Schwester ihr zu und brachte einen durchtrainierten Mann damit dazu, seinen Kopf in Richtung der ankommenden Lyandra zu drehen. Er nickte ihr knapp zu und sie erwiderte den Gruß.

Lyandra umarmte ihre Schwester kurz, dann wandte sie sich an den Mann. »Alles in Ordnung mit der Lunatic, Reg?«

Reginald Harting nickte. »Von außen auf jeden Fall. Ich habe die Außenhülle kontrolliert und auch die Triebwerke.«

Er klopfte mit der flachen Hand auf das dunkle Metall der seitlichen Antriebssektion. Insgesamt besaß die Lunatic fünf Antriebe. Jeweils einen an jeder Seite, dazu zwei im Bereich des Hecks. Dazu kam noch einer, der etwas erhöht über den hinteren angebracht war.

Dieser Antrieb wurde bei waghalsigen Manövern dazugeschaltet. Er sorgte für eine schnellere Reaktion des Schiffs und für mehr Stabilität.

Das Schiff war genau dreißig Meter lang und hatte eine Höhe von neun Metern. Es besaß nicht viel Stauraum, bot der kleinen Mannschaft aber ausreichend Platz. Auf der Außenhülle stand klein der Schiffsname. Etwas größer prangte das Logo der BRIACO.

»Und wie sieht es drinnen aus? Mit den Systemen alles in Ordnung?«, fragte Lyandra.

Reg zuckte mit den Schultern. »Ich gehe davon aus. Aber da solltest du besser Jacob fragen.«

Jacob Lyle war das vierte und letzte Mitglied ihrer Crew. Ein Mathematiker und Physiker, zuständig für die Software an Bord. Er war ein Tüftler vor dem Herrn, der schon viele Verbesserungen an der Standardausrüstung vorgenommen hatte. Darum war die Lunatic auch so einzigartig. Lyandra würde sie gegen kein Schiff der Welt eintauschen wollen. Die Gimmicks, die Lyle entwickelte, machten es anderen Schiffen dieser Klasse überlegen.

Wenn sie mit ihrem Schiff durch die Tiefen des Alls flog, wurde sie fast eins mit ihm. Sie konnte sich perfekt darauf verlassen, dass es alle ihre Befehle umsetzte und sie nie im Stich ließ. Unwillkürlich strich sie fast zärtlich über das Metall.

Die Lunatic