1. Auflage 2021
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Printed in the Federal Republic of Germany.
Gestaltung, Cover und Satz: IMS International Media Services, Wiesbaden
Gedruckt auf säurefreiem Papier.
Print ISBN: 978-3-947818-56-3
E-Book ISBN: 978-3-947818-56-3
Der Titel dieses Buches ist bewusst provokant gewählt – in erster Linie, um die emotionale Bedeutung des Themas bewusst zu machen. Die sogenannte „Verchippung“ ruft Ängste hervor, weil damit suggeriert wird, dass uns – der Menschheit – klammheimlich ein Computerchip untergeschoben wird, etwa mit einer Impfung, um uns fortan überwachen und kontrollieren zu können. Mit dieser unhaltbaren, aber emotional stark aufgeladenen These lässt sich Politik betreiben, wie Angst immer schon für politische und gesellschaftliche Zwecke missbraucht wurde.
Es lässt sich jedoch auch nicht leugnen, dass die „Technologie der Verchippung“ nicht nur längst auf dem Markt ist, sondern sogar schon in weiten Teilen zur Anwendung kommt: bei Tieren aber auch bei Menschen. Aus diesem Grund wird im Folgenden das Wort „Verchippung“ ohne Anführungszeichen geschrieben – denn die Verchippung ist kein Mythos, der einer Verschwörungstheorie entsprungen ist, sondern beschreibt eine Technologie bzw. den Umgang damit.
Der Ausruf „Hilfe“ im Titel des Buches ist mit einem gewissen Augenzwinkern zu lesen, mit einem Unterton der Ironie, der die bereits angesprochene Emotionalisierung thematisiert.
Inhaltlich geht es in diesem Buch indes weit über die emotionale Ebene hinaus um die Frage nach dem sukzessiven Zusammenwachsen von Mensch und Maschine, von der Annäherung der Digitaltechnik an und in den menschlichen Körper – und umgekehrt von der allmählichen „Menschwerdung“ der Maschine, also etwa Computern und Robotern mit menschenähnlichen Zügen und einer Art quasi-menschlichen Verhaltens.
Wenn man einmal die vordergründige politisch-emotional aufstachelnde Diskussion beiseite schiebt, stellt das Aufeinanderprallen und das gleichzeitige Zusammenwachsen von Mensch und Maschine ein abenteuerliches Thema dar, das an den Grundfesten des Menschseins rüttelt. Dabei ist klar, dass die Verchippung in all ihren möglichen künftigen Ausprägungen sicherlich nicht nur ein technologisches Thema ist, sondern einer umfassenden gesellschaftlichen Auseinandersetzung bedarf – am besten möglichst unaufgeregt und ergebnisoffen.
In diesem Sinne will das vorliegende Werk maßgeblich zur Aufklärung und Versachlichung beitragen.
Andreas Dripke et al.
„Hilfe, wir werden gechippt!“ gilt als eine Warnung vor einer Gesellschaft, in der jeder von uns einen Mikrochip im Körper trägt, über den wir überwacht und sogar gesteuert werden. Das Wort „gechippt“ stellt in diesem Szenario geradezu den Inbegriff einer Art Herrschaft „der da oben“ über „uns da unten“ dar – wobei es wie stets in solchen Fällen im Unklaren bleibt, wer „die da oben“ eigentlich sind. Je nach Verschwörungstheorie oder politischer oder ideologischer Gesinnung sind es „die Politik“, „der Staat“, „die globalen Eliten“ oder ganz konkret „Bill Gates“.
Die Gegenstimmen lehnen diese und ähnliche Verdächtigungen als „krude Verschwörungstheorien“ ab und stufen eine „Verchippung der Menschheit“ ins Reich der Fabeln und Märchen ab. Sie halten es für undenkbar, „verchippt“ zu werden.
Doch die wahrscheinlichste Entwicklung in den vor uns liegenden Jahren und Jahrzehnten liegt in der Mitte zwischen diesen beiden Extrempolen und ist viel banaler. Mutmaßlich werden künftig immer mehr Menschen einen Mikrochip in ihrem Körper tragen – freiwillig und genau so, wie die meisten von uns heute ständig ein Smartphone mit sich herumtragen. Das Smartphone ist zwar nicht mit unserem Körper verwachsen aber wenn wir ehrlich sind, tragen wir es in praktisch jeder Lebenssituation bei uns – geradeso, als wäre es ein Teil von uns. Rund vier Milliarden Menschen, also etwa die Hälfte der Menschheit, besitzen ein Smartphone. 1 Wir wissen: Wer ein Smartphone bei sich hat, kann über die GPS-Funktion (Global Positioning System) jederzeit geortet werden; „die da oben“ können uns also auf Schritt und Tritt folgen.
Immer mehr Menschen – über 100 Millionen weltweit – tragen eine Smartwatch, eine Computeruhr, am Handgelenk. Auch diese ist nicht mit uns verwachsen aber im Unterschied zum Smartphone eng am Körper befestigt. Viele behalten ihre Smartwatch rund um die Uhr an, sogar nachts, um ihren Schlaf zu überwachen. Wir wissen nämlich, dass Smartwatches nicht primär dazu dienen, die Uhrzeit anzuzeigen, sondern vor allem dazu, unsere körperlichen Vitalwerte, unsere Lebenswerte, zu erfassen, zu speichern und auszuwerten. Mit zahlreichen Sensoren ausgestattet erkennen die „Uhren“ anhand unserer Bewegungen, ob wir gerade laufen, rennen, tanzen oder Rad fahren. Smartwatch und Smartphone stellen zusammengenommen eine Art „minutiöses Lebensprotokoll“ von uns auf, nichts bleibt im Verborgenen. All dies nehmen wir nicht nur freiwillig hin, sondern wir geben sogar recht viel Geld dafür aus, um die neuesten Modelle zu besitzen. Niemand zwingt uns, wir fürchten uns nicht vor der dadurch entstehenden Überwachung. Wir empfinden es als Lebensstil, nicht als Zwang, es ist keine „Horrorvision“, sondern spiegelt unsere moderne und vor allem digitale Welt wider.
Anders bei einem Chip im Körper: Diese Vorstellung verursacht bei den meisten Menschen eine Gänsehaut, nicht nur bei den „Verschwörungstheoretikern“, sondern auch bei den meisten anderen, die die „Verchipping“ als „Blödsinn“ einstufen – aber selbst „verchippt“ werden wollen sie in der Regel wohl auch nicht. Das mag damit zusammenhängen, dass den meisten Menschen mehr oder minder unbewusst klar ist, dass der Chip im Körper eine gewisse Grenze überschreitet. Das Smartphone können wir eben doch beiseitelegen, die Smartwatch vom Handgelenk entfernen, wenn uns danach ist. Wir tragen beides ständig mit uns herum aber wir könnten uns jederzeit davon trennen, wenn wir nur wollen. Doch ein Chip, der fest im Körper verbaut ist, der mit der Haut verwachsen ist, lässt sich eben nicht so einfach ablegen.
Wir haben uns bei anderen Gegenständen daran gewöhnt oder damit abgefunden, dass sie fest mit unserem Körper verbunden werden: Kronen und Brücken in unserem Gebiss, Linsen im Auge etwa bei Grünem oder Grauem Star und sogar Herzschrittmacher sowie in einigen Fällen Prothesen für Arme und Beine. Aber in allen diesen Fällen ist die Funktionalität eindeutig, diese Komponenten sind nicht „intelligent“, sie besitzen keine Funkverbindung aus unserem Körper heraus und/ oder sie sind für unser Weiterleben unumgänglich wie eben der Herzschrittmacher.
Wir erkennen zudem unmittelbar den Nutzen für uns: Unsere Zähne sehen schöner aus und wir können besser beißen, wir sehen mit unseren Augen besser als vorher, unser Herz schlägt regelmäßiger, wir können unsere Arme und Beine wieder zumindest eingeschränkt nutzen. Genau diese Frage – was hat man selbst davon – scheint den meisten von uns bei einem Chip im Körper noch zu wenig beantwortet, so dass die Frage „Was haben die da oben davon?“ im Vordergrund steht.
Der Vorteil für uns kann durchaus funktional sinnlos sein, wie das beispielsweise bei Tattoos oder Piercings der Fall ist; diese besitzen keine echte Funktionalität, außer als Ausdruck unserer Persönlichkeit. Über ein Zehntel aller Deutschen tragen mehr als ein Tattoo, in Italien oder Schweden ist sogar beinahe jeder zweite Einwohner tätowiert. Ein Tattoo aufzubringen ist viel aufwändiger als einen Mikrochip in den Körper zu implantieren. Und es ist in der Regel um ein Vielfaches schwerer zu entfernen als ein Mikrochip.
Dennoch gilt ein Chip im Körper eben nicht als Ausdruck von Individualität und Persönlichkeit, es ist im Unterschied zu künstlichen Verbesserungen im Gebiss oder im Auge kein Vorteil zu erkennen. Für einen Chip unter der Haut gibt es aus heutiger Sicht tatsächlich nur eine einzige Funktion: den Chipträger eindeutig zu identifizieren.
Wir könnten mit einem Hautchip „wie von Zauberhand“ unsere Haustür öffnen, unseren Wagen starten, uns Zutritt zum Büro verschaffen, eine Grenzkontrolle passieren oder sogar bezahlen… in allen Fällen geht es darum, uns eindeutig zu identifizieren. Der fest im Körper verbaute Chip scheint für diese Aufgaben besser geeignet und sicherer als beispielsweise ein Ausweis. Der Ausweis, egal, ob als Papier, als Plastikkarte oder im Smartphone gesichert, ist von der Person, die er ausweisen soll, getrennt. Denn genau darum geht es: Je enger und untrennbarer die wahre Person und die „Ausweisperson“ (man spricht heutzutage auch von „digitaler Identität“, weil der Ausweis in der Regel maschinenlesbar ist) verbunden sind, desto eindeutiger ist die Identifikationsfeststellung. Aus diesem Grund gewinnen biometrische Körpermerkmale seit Jahren an Bedeutung zur Identifizierung. Wir entsperren unser Smartphone mit dem Fingerabdruck, unser Personalausweis beinhaltet ein computerlesbares Porträtfoto von uns – denn die Fingerkuppen und das Gesicht können wir nicht so einfach verändern oder fälschen. Der Chip im Körper folgt diesem Denkmuster: Die dort festgelegte Identifikation ist fest mit unserem Körper verbunden. Ein Hautchip stellt also eine Art künstliches biometrisches Merkmal dar – das im Unterschied zu allen anderen (natürlichen) Körpermerkmalen sogar Informationen per Funk nach außen übermitteln kann.
Es ist wohl diese Gemengenlage aus digitaler Identität, biometrischem Merkmal, Funkauslesung und mangelnder Funktionalität außer der Identitätsfeststellung, wodurch die „Verchippung“ vielen Menschen einer „Horrorvision“ nahekommt. Und es hängt sicherlich auch damit zusammen, dass sich viele noch gar nicht ernsthaft mit den Themen digitaler Identität, biometrischer Vermessung und Hautchips befasst haben, wodurch die Unwissenheit und die Unsicherheit überwiegen.
Tatsächlich bergen Chips im Körper ein enormes Potential mit Vorteilen, die heute noch kaum vorstellbar sind. Letztlich dürfte der Hautchip lediglich der Anfang sein. Mikroelektronik im Auge zur Verbesserung der Sehfähigkeit oder gar im Gehirn zur Verbesserung der Denkfähigkeit scheinen heute noch in unendlich weiter Zukunft zu liegen. Doch in Wahrheit haben die Arbeiten an Augen- und Gehirnchips längst begonnen. Natürlich stehen den durchaus beachtlichen Vorteilen dieser Entwicklungen auch gravierende Gefahren und Risiken gegenüber – aber bei welcher Technologie wäre das anders?
Die „Verchippung“ der Menschheit scheint absehbar – ebenso wie die „Versmartphonung“ und die „Versmartwatchung“, die längst stattgefunden haben. Die Frage ist also weniger ob, sondern wie wir mit dieser zunehmenden „körpernahen Nutzung von Digitaltechnik“ umgehen.
Im vorliegenden Werk werden die verschiedenen Aspekte, die dabei zum Tragen kommen, zunächst einmal dargestellt, bevor mögliche künftige Entwicklungen extrapoliert werden. In diesem Sinne will das Buch einen Diskussionsbeitrag zur Versachlichung leisten.
Wer gerne alte Westernfilme im Fernsehen geschaut hat, kennt die Rinderherden, die über die weite Prärie galoppieren. Damit sich zuordnen lässt, wem welche Tiere gehören, tragen sie Brandzeichen, die mit brachialer Gewalt in die Haut eingebrannt werden. Gelegentlich dreht sich die Handlung darum, dass eben diese Brandzeichen gefälscht werden, um Rinderdiebstahl zu begehen. Das heute im Marketing übliche Wort „Branding“ geht auf diese Tradition des Brandzeichnens zurück; es bedeutet, dass etwas – ein Tier, eine Firma, ein Produkt – als einzigartig und unverwechselbar gekennzeichnet wird.
Früher wurden auch Menschen gebrandmarkt: Sklaven in der Antike und Sklaven in Amerika sowie Verbrechern wurde als Leibesstrafe bis ins 19. Jahrhundert ein Brandmal eingebrannt. Im späten 20. Jahrhundert kam Branding als Form der Körper-Modifikation in Mode, wobei Schmucknarben in die Haut eingebrannt wurden.
Bei Pferden ist die Kennzeichnung durch Brandzeichen nach wie vor gängige Praxis – wenngleich in Sinne des Tierschutzes umstritten, wie man sich leicht vorstellen kann.2 Hier kommt der Elektronikchip als Alternative in die Diskussion: Über den Chip lässt sich eine ebenso eindeutige Kennzeichnung des Tieres erreichen wie durch eine Brandmarke. Bei Hunden ist das Chippen schon seit vielen Jahren gängige Praxis.
Das Chippen von Hunden ist seit vielen Jahren gängige Praxis. Hierbei wird von einem Tierarzt ein etwa reiskorngroßer Mikrochip mithilfe einer Einwegspritze unter die Haut gesetzt, standardmäßig an der linken Nackenseite des Tieres. Dies ist die international festgesetzte Stelle. Die Chippung verursacht nur kurz und leichte Schmerzen wie bei einer Impfung; eine Betäubung ist nicht notwendig. Der Preis für den Chip fällt je nach Hersteller unterschiedlich aus und liegt zwischen 30 bis 60 Euro. Häufig setzen Tierärzte den Chip für rund 50 Euro inklusive Elektronik und Dienstleistung ein.
Danach ist der Hundechip permanent im Hundekörper und verwächst mit dem Gewebe. Auf dem kleinen Transponder (12 mal 2 Millimeter) wird eine 15-stellige Identifikationsnummer gespeichert. So kann der Hund eindeutig seinem Besitzer zugeordnet werden. Mit einem speziellen Lesegerät kann die Nummer ausgelesen werden. Auf dem Hundechip werden individuelle Daten gespeichert, wie eine Art digitaler Personalausweis oder digitaler Identitätsnachweis. Im Unterschied etwa zu einem Smartphone verfügt der Chip aber nicht über eine GPS-Funktionalität, das Tier kann also nicht geortet werden.
Das Chippen von Hunden ist in Deutschland uneinheitlich geregelt und von Bundesland zu Bundesland verschieden. So ist der Chip in Berlin, Hamburg und Thüringen für alle Hunderassen verpflichtend. In Hessen und Schleswig-Holstein ist er nur für gefährliche Rassen vorgeschrieben. In Sachsen besteht für keine Hunderasse eine Pflicht zur Kennzeichnung und Registrierung. Bei Auslandsreisen innerhalb der EU gilt Chip-Pflicht!
Nachdem der Hundechip eingesetzt wurde, muss der Vierbeiner registriert werden, sodass er künftig seinem Besitzer zugeordnet werden kann. In Deutschland gibt es dafür drei Stellen: Deutsches Haustierregister des Deutschen Tierschutzbundes (Findefix), Tierregister des Tasso e. V. und die Internationale Zentrale Tierregistrierung (IFTA). Diese Vorgehensweise ist für das Thema dieses Buches insofern von Interesse, weil natürlich auch für eine digitale Identität von Menschen, die per Chip festgestellt wird, eine Art zentrale Datenbank oder Registrierungsstelle erforderlich ist.
Pferde, Hunde… und jetzt Menschen? Der Vorstoß der EU-Kommission zur Etablierung einer einheitlichen, grenzübergreifenden digitalen Identität in den EU-Staaten aus dem Jahr 2021, der an anderer Stelle in diesem Buch vorgestellt wird, umfasst keinerlei Hinweis auf einen Chip. Vielmehr geht die Kommission davon aus, dass die Identitäten im Smartphone gespeichert werden. Das ist sicherlich der zu diesem Zeitpunkt