Bücher von Harry Eilenstein:

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Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 783744880183

Die Themen der einzelnen Bände der Reihe „Die Götter der Germanen“

  1. Die Entwicklung der germanischen Religion
  2. Lexikon der germanischen Religion
  3. Der ursprüngliche Göttervater Tyr
  4. Tyr in der Unterwelt: der Schmied Wieland
  5. Tyr in der Unterwelt: der Riesenkönig Teil 1
  6. Tyr in der Unterwelt: der Riesenkönig Teil 2
  7. Tyr in der Unterwelt: der Zwergenkönig
  8. Der Himmelswächter Heimdall
  9. Der Sommergott Baldur
  10. Der Meeresgott: Ägir, Hler und Njörd
  11. Der Eibengott Ullr
  12. Die Zwillingsgötter Alcis
  13. Der neue Göttervater Odin Teil 1
  14. Der neue Göttervater Odin Teil 2
  15. Der Fruchtbarkeitsgott Freyr
  16. Der Chaos-Gott Loki
  17. Der Donnergott Thor
  18. Der Priestergott Hönir
  19. Die Göttersöhne
  20. Die unbekannteren Götter
  21. Die Göttermutter Frigg
  22. Die Liebesgöttin: Freya und Menglöd
  23. Die Erdgöttinnen
  24. Die Korngöttin Sif
  25. Die Apfel-Göttin Idun
  26. Die Hügelgrab-Jenseitsgöttin Hel
  27. Die Meeres-Jenseitsgöttin Ran
  28. Die unbekannteren Jenseitsgöttinnen
  29. Die unbekannteren Göttinnen
  30. Die Nornen
  31. Die Walküren
  32. Die Zwerge
  33. Der Urriese Ymir
  34. Die Riesen
  35. Die Riesinnen
  36. Mythologische Wesen
  37. Mythologische Priester und Priesterinnen
  38. Sigurd/Siegfried
  39. Helden und Göttersöhne
  40. Die Symbolik der Vögel und Insekten
  41. Die Symbolik der Schlangen, Drachen und Ungeheuer
  42. Die Symbolik der Herdentiere
  43. Die Symbolik der Raubtiere
  44. Die Symbolik der Wassertiere und sonstigen Tiere
  45. Die Symbolik der Pflanzen
  46. Die Symbolik der Farben
  47. Die Symbolik der Zahlen
  48. Die Symbolik von Sonne, Mond und Sternen
  49. Das Jenseits
  50. Seelenvogel, Utiseta und Einweihung
  51. Wiederzeugung und Wiedergeburt
  52. Elemente der Kosmologie
  53. Der Weltenbaum
  54. Die Symbolik der Himmelsrichtungen und der Jahreszeiten
  55. Mythologische Motive
  56. Der Tempel
  57. Die Einrichtung des Tempels
  58. Priesterin – Seherin – Zauberin – Hexe
  59. Priester – Seher – Zauberer
  60. Rituelle Kleidung und Schmuck
  61. Skalden und Skaldinnen
  62. Kriegerinnen und Ekstase-Krieger
  63. Die Symbolik der Körperteile
  64. Magie und Ritual
  65. Gestaltwandlungen
  66. Magische Waffen
  67. Magische Werkzeuge und Gegenstände
  68. Zaubersprüche
  69. >Göttermet
  70. Zaubertränke
  71. Träume, Omen und Orakel
  72. Runen
  73. Sozial-religiöse Rituale
  74. Weisheiten und Sprichworte
  75. Kenningar
  76. Rätsel
  77. Die vollständige Edda des Snorri Sturluson
  78. Frühe Skaldenlieder
  79. Mythologische Sagas
  80. Hymnen an die germanischen Götter

Inhaltsverzeichnis

Die Zahl „1“

A Die Zahl „1“ in der germanischen Überlieferung

Die Zahl „1“ spielt in der germanischen Religion kaum eine Rolle, da sie kein Monotheismus mit der für diese Religionsform typischen philosophischen Herleitung der Welt aus einer ersten Ursache („1“), d.h. aus Gott ist.

Selbst der Göttervater ist bei den Germanen noch ein „erster unter Gleichen“ und die Welt beginnt mit dem Urgegensatz von Feuer (Muspelheim) und Eis (Niflheim) – also mit der „2“.

Lediglich die Tendenz, Odin und vor allem Thor als allmächtig darzustellen (dem jedoch von anderen Skalden widersprochen wird), ist ein erster Ansatz zu der Entwicklung einer Symbolik der „1“.

Die „1“ hatte bei den Germanen keine Symbolik – es sei denn, man würde die Egozentrik des Individuums, die mit aller ihr zur Verfügung stehenden Kraft die eigene Freiheit und die eigene Willensdurchsetzung sowie die eigene Ehre (die mit den beiden ersten Punkten identisch ist) umsetzen will, als eine Symbolik der „1“ ansehen.

Die Zahl „2“

A Die Zahl „2“ in der germanischen Überlieferung

Die „2“ ist vor allem als die zwei Seiten der Welt, also als der Gegensatz von Diesseits und Jenseits bekannt, der das Bild der Muttergöttin prägte, die sehr oft als Schwestern-Paar aufgefaßt worden ist. Auch der ehemalige Sonnengott-Göttervater Tyr erscheint in zwei Gestalten im Diesseits (Asen-König) und im Jenseits (Riesen-König).

1. Wortschatz

Das Altnordische besitzt neben dem heute vertrauten Singular und Plural wie die meisten alten Sprachen auch noch den Dual, mit dem vor allem paarweise auftretende Dinge wie z.B. Augen und Ohren, aber auch Freunde u.ä. bezeichnet wurden.

Das Altnordische besaß dafür auch eigene Personalpronomen, allerdings nur für die 1. Person („wir zwei“) und für die 2. Person („ihr zwei“), aber nicht für die 3. Person („jene zwei“). Es konnten ersatzweise auch die Worte „zwei“ oder „beide“ benutzt werden.

Diese Pronomen wurden auch konjugiert und es gab auch die entsprechenden Possesivpronomen.

thid - Dual-Personalpronom für „ihr zwei“, „ihr beide“
vit, vid, mit - Dual-Personalpronom für „wir zwei“, „wir beide“
tvau, ta - zwei, beide, wir beide
bödi - beide

Die Zweizahl war also bei den Germanen schon rein grammatisch ein wesentliches Konzept.

Dieser Dual kommt bei den Germanen in den folgenden Sprachen vor: Altnordisch, Altenglisch, Bairisch, Gotisch, Isländisch, Nordfriesisch, Sylt-Friesisch, Faröer-Spra-che, Norwegisch, Dänisch, Schwedisch. Reste dieses Duals wie „beide“ gibt es auch noch im heutigen Deutsch.

2. Der Urgegensatz: Diesseits und Jenseits

Der Ursprung der Welt ist in der germanischen Mythologie ein Gegensatz: das Feuer im südlichen Muspelheim und das Eis im nördlichen Niflheim, die von dem Abgrund Ginnungagap getrennt werden. Wahrscheinlich ist ursprünglich Muspelheim das Diesseits und Niflheim das Jenseits gewesen.

Aus der Verbindung dieser beiden Pole ist der Urriese Ymir entstanden.

2. a) Gylfis Vision

Die Hel aber warf Odin hinab nach Niflheim und gab ihr Gewalt über neun Welten, daß sie denen Wohnungen anwiese, die zu ihr gesendet würden: solchen nämlich, die vor Alter oder an Krankheiten starben.

Sie hat da eine große Wohnstätte; das Gehege umher ist außerordentlich hoch und mit mächtigen Gittern verwahrt. Ihr Saal heißt „Regennaß“, „Hunger“ ihre Schüssel, „Gier“ ihr Messer, „Träg“ ihr Knecht, „Langsam“ ihre Magd, „Sturz in Gefahr“ heißt ihre Schwelle, ihr Bett „Kümmernis“ und ihr Vorhang „drohendes Unheil“.

Sie ist halb schwarz, halb menschenfarbig, also kenntlich genug durch grimmiges, furchtbares Aussehen.

Die Totengöttin ist wie der Schamanengott Odin mit seinem einen lebenden und seinem einen blinden, d.h. toten Auge ein halb lebendes und halb totes Wesen: Sie ist halb schwarz wie eine Leiche und halb von der Farbe eines lebenden Menschen.

2. b) Die Saga über Halfdan Brana-Ziehsohn

Der Jarl antwortete: „Soti ist ein verfluchter Berserker. Er ist zweifarbig. Auf einer Seite ist er blau und auf der anderen Seite rot. Er trägt keinerlei Kleider auf seinem Leib. Er ist vollkommen kahl auf seinem Kopf mit Ausnahme eines einzigen Haares, das auf der Mitte seines Schädels steht.“

Soti gleicht der Hel: Blau ist die Farbe des Todes und Rot die Farbe des Lebens.

2. c) Das Sigdrifa-Lied

Sigrdrifa:

„Siegrunen lerne, willst Sieg Du haben!

Auf den Schwertknauf schneide sie,

auf die Blutrinne und des Rückens Breite

und rufe zweimal zu Tyr!“

Das zweifache Rufen des Runen-Namens „Tyr“, der des Namens des ehemaligen Sonnengottes, Göttervaters und Schwertgottes, könnte sich auf die beiden Aspekte dieses Gottes beziehen: auf den Asen-König im Tages-Diesseits und auf den Riesen-König im Nacht-Jenseits.

2. d) Die Saga über Halfdan Brana-Ziehsohn

Viele zweiköpfige Riesen fielen dort.

Aus dem Zusammenhang ist nicht zu ersehen, ob sich diese Zweiköpfigkeit auf Diesseits und Jenseits und somit auf die zyklische Reise des Tyr bezieht, oder ob diese Zweiköpfigkeit diese Riesen nur als furchterregend schildern soll.

2. e) Skaldskaparmal

Einst lebte ein König mit dem Namen Halfdan der Alte. Er war der berühmteste aller Könige. Er richtete ein großes Opferfest aus und ließ dafür opfern, daß er 300 Jahre lang in seinem Königreich leben würde, doch er erhielt diese Antwort: Er solle nicht länger als das volle Leben eines Menschen leben, aber für 300 Jahre solle in seinem Geschlecht kein Frau und kein Mann sein, die nicht großen Ruhm erlangen würden.

Er war ein großer Krieger und ging im Osten weit und breit auf Raubzüge. Dort tötete er im Zweikampf den König, der Siggtryggr genannt wurde. Dann nahm er die Frau, die Alvig die Weise genannt wurde und die Tochter des Königs Eymundr von Holmgardr war, zu seiner Frau.

Sie hatten achtzehn Söhne – neun bei einer Geburt.

Hier handelt es sich also um zweimal Neunlinge. Hier ist wohl eher die Jenseitssymbolik der „9“ als die konkrete Anzahl relevant – siehe die „9 Mütter“ des Heimdall.

Die zweimal „9“ könnte ihren Ursprung in der Reise in das Jenseits und der Reise zurück in das Diesseits bei der Krönung haben – dann wären die einen neun Söhne der Diesseits-Tyr und die anderen neun Söhne der Jenseits-Tyr.

2. f) Über Fornjot und seine Verwandten

König Hring ehelichte Alfny, die Tochter des Königs Eymund von Homgard. Sie hatten neun Söhne. Einer wurde Thengil geheißen – das ist der, der auch Mannathengill genannt wurde – und die anderen Räsi, Gram, Gylfi, Himir, Jofurr, Tiggi, Skyli und Harri. Diese neun, wird gesagt, hatten dasselbe Alter und waren so außergewöhnlich, daß ihre Namen in jeglicher Hinsicht als ehrbare Namen und als königliche Namen erachtet wurden. Es wird gesagt, daß keiner von ihnen Kinder hatte und daß sie alle später in Schlachten gefallen sind.

Doch sie hatten noch einmal neun Söhne. Ihre Namen waren Hildr, Naefill, Audi, Skelfi, Dag, Bragi, Budli, Lofdi und Sigarr. Hildr, Sigarr und Lofdi waren Kriegskönige; Audi, Budli und Naefill waren Seekönige und Dagr, Skelfi und Bragi bleiben an Land.

Neunlinge sind bei Menschen ausgesprochen unwahrscheinlich, was zeigt, daß diese „9“ einen mythologisch-symbolischen Ursprung haben muß.

Fornjotr ist eine Saga-Variante des ehemaligen Sonnengott-Göttervaters Tyr.

Die „zweimal Neunlinge“ sind ein sehr auffälliges Motiv. Die ersten Neunlinge fallen im Kampf, die zweiten Neunlinge bleiben am Leben. Es ist also anzunehmen, daß die ersten Neunlinge Tyr am Abend bzw. im Herbst bei seinem Tod repräsentieren, während die zweiten Neunlinge Tyr am Morgen bzw. im Frühling bei seiner Wiedergeburt darstellen.

3. Der Urgegensatz: Sommer und Winter / Tag und Nacht
3. a) Gylfis Vision

In diesem Text wird anschaulich der Gegensatz zwischen dem hellen Tag-Diesseits und dem dunklen Nacht-Jenseits beschrieben.

Norwi oder Narfi hieß ein Riese, der in Jötunheim wohnte; er hatte eine Tochter, die hieß Nacht und war schwarz und dunkel wie ihr Geschlecht.

Sie ward einem Manne vermählt, der Naglfari hieß: der beiden Sohn war Aud.

Danach ward sie einem Mann namens Onar vermählt; beider Tochter hieß Jörd.

Ihr letzter Gemahl war Delling, der vom Asengeschlecht war. Ihr Sohn Tag war schön und licht nach seiner väterlichen Herkunft.

Da nahm Allvater die Nacht und ihren Sohn Tag und gab ihnen zwei Rosse und zwei Wagen und setzte sie an den Himmel, daß sie damit alle zweimal zwölf Stunden um die Erde fahren sollten. Die Nacht fährt voran mit dem Rosse, das Hrimfaxi (Rußmähne) heißt, und jeden Morgen betaut es die Erde mit dem Schaum seines Gebisses. Das Roß, womit Tag fährt, heißt Skinfaxi (Lichtmähne) und seine Mähne erleuchtet Luft und Erde.

3. b) Tyr und Loki

In den alten, Tyr-zentrierten Mythen vor 500 n.Chr. führen der Sommergott Tyr und der Wintergott Loki einen endlosen, zyklischen Kampf, der die Jahreszeiten verursacht. In den späteren Sagas und Liedern erscheinen sie unter anderem als Hedin und Högni, als Wieland und Nidud sowie als Itrek und Andad.

Siehe dazu auch den Band 3 über Tyr und den Band 16 über Loki.

4. Die beiden Göttinnen
4. a) Die göttlichen Schwestern

Möglicherweise gibt es einen Zusammenhang zwischen den Göttinnen-Schwestern Thorgerdr und Irpa, Sinthgunt und Sunna sowie Freya und Fulla. Eine mögliche Deutung wäre ihre Auffassung als die beiden Aspekte derselben Göttin, wobei für diese beiden Aspekte vor allem die Diesseits-Jenseits-Gegensatzergänzung in Frage käme.

Die kriegerische und somit dem Tod assoziierte Sinthgund könnte zum Jenseits gehören, während die Sonnengöttin Sunna offenbar eine Göttin des Diesseits ist.

Die „dunkelbraune“ Irpa könnte mit dem dunklen Jenseits assoziiert worden sein, was ihrer Schwester Thorgerdr das Diesseits zuweisen würden.

In Bezug auf Freya und Fulla ist die Zuordnung zunächst einmal schwierig, da beide den goldenen Ring bzw. Reif als Symbol der Jenseitsreise besitzen: Freya die „Kette“ oder den Halsreif Brisingamen und Fulla einen goldenen Haarreif, die beide dem Draupnir des Odin/Baldur entsprechen. Da Freya sich die Toten mit Odin teilte, wird sie vermutlich zum Jenseits gehören. Auch die Fülle der Fulla paßt besser zum Diesseits als zum Jenseits.

Diese Zuordnung von Freya und Fulla wird dadurch bestätigt, daß die beiden Schwestern im Merseburger Zauberspruch in der Reihenfolge „Sinthgunt und Sunna“ sowie „Freya und Fulla“ angeführt werden. In beiden Paaren erscheint zuerst die Jenseitsgöttin.

Diese Folge paßt dazu, daß es in den alten Sprachen stets „Nacht und Tag“ und nicht wie heute „Tag und Nacht“. Diese alte Folge beruht auf dem Bild der Großen Mutter, die aus der Dunkelheit der Nacht heraus die Sonne gebiert, während die neue Folge auf der Vorstellung beruht, daß der Göttervater die Welt erschafft und sich anschließend davon ausruht (der Sonntag am Ende der Woche in der biblischen Schöpfungsgeschichte).

Zu diesen Göttinnen gehören sicherlich auch noch die beiden Riesinnen Grip und Gjalp sowie die beiden Töchter Lofnheid und Lyngheid des Riesen oder Zwerges Hreidmar (Völsungensaga), die zusammen mit Tyr zu von Göttinnen zu Riesinnen geworden sind. Die Zuordnung dieser beiden Paare zu Diesseits und Jenseits ist unklar.

Möglicherweise gehören auch die beiden Töchter Hnoss und Görsemi der Freya hierher. Auch ihre Zuordnung zu den beiden Polen ist unklar.

Die Riesen Menja ist Freya mit ihrem Brisingamen und die Riesin Fenja ist Frigg in ihrer Halle Fensalir.

Die Diesseits-Jenseits-Polarität der Muttergöttin ist zwar ein Thema, das sich bis in die späte Altsteinzeit zurückverfolgen läßt, aber es ist unklar, wie fest diese Vorstellung in der germanischen Mythologie, von der es eine schriftliche Überlieferung gibt, verankert gewesen ist. So ist z.B. Frigg lediglich die südgermanische Variante der nordgermanischen Freya – die Polarität der beiden kann also nur bis ca. 500 n.Chr. zurückgehen, als die Nordgermanen einen großen Teil der südgermanischen Mythen „importiert“ haben.

Es sind die folgenden, jedoch unsicheren Zuordnungen der göttlichen Schwestern zu Diesseits und Jenseits bekannt:

Die göttlichen Schwestern
Jenseits
Nacht
Diesseits
Tag
Freya Fulla
Freya/Menja Frigg/Fenja
Freya Hel-Hyndla-Hyrrokkin
Sinthgunt Sunna
Irpa Thorgerdr
Grip Gjalp
Feima Kleima
Lofnheid Lyngheid
Hnoss Görsemi
4. b) Die Saga über Grim Struppig-Wange / Hyndla-Lied

In der Saga über Grim Struppig-Wange wird über eine Riesen-Familie berichtet, die aus dem Vater Hrimnir („Rußiger“), der Mutter Hyrja („Feuer“) und den beiden Töchtern Feima („schüchternes Mädchen“) und Kleima („Gefleckte“) besteht (siehe diese Saga in Band 79).

Im Hyndla-Lied werden die Kinder des Hrimnir „Heidr“ („Hexe“) und „Hrossthjofr“ („Pferdedieb“) genannt (siehe den Band 26 über „Hel“).

Diese Familie ist eine Variante des Tyr-Riesen Geirröd und seinen beiden Töchtern Grip und Gjalp, also von Tyr im Jenseits und der zweifachen Jenseitsgöttin, die zu zwei Töchtern des ehemaligen Göttervaters umgedeutet worden ist (siehe „Inzest“ in Band 51).

4. c) Die ältere Version der Huldar-Saga

Das Motiv der beiden Riesinnen war sehr beliebt und tritt in dem folgenden Text gleich zweimal auf (Flegda und Molda; zwei Riesinnen).

Das ganze von Hrungnir beherrschte Unholdenpack im Myrkvidarskoge war so zauberkundig, daß nur Odin und Huld ihm gewachsen waren; aber auf der letzteren Hilfe war mit Sicherheit zu rechnen. Daher sollte die Fahrt sofort angetreten werden.

Im Kampfe aber sollte Skjalgr selbst dem Hrungnir gegenübertreten, dessen Brüder Kolbjörn und Keingr dem Hrotti und dem Valbrand, Kollr aber dem Vikarr, um diesem die Gjaflaug abzugewinnen.

Sechzig Riesen wurden mit Schild und Schwert ausgerüstet; dann begannen sie auf Schneeschuhen die Fahrt.

Während einer Nachtruhe überfiel Flegda die Schar und schlug mit einem Schwerte nach Skjalg, aber der Hund Skotti hatte gewacht und schützte ihn so kräftig, daß die Hamhleypa fliehen muss.

Da wurden sie von einer plötzlich einfallenden Finsternis umnachtet, aber der Hund führt sie auf dem richtigen Weg weiter, bis es wieder hell wurde und sie die Gegend des Myrkvidarskogs erkannten, an deren Westgrenze, den Grönuvellir, sie dann Rast hielten.

Myrkvidarskog = Düsterwald-Ort = Jenseits = Wohnort der Riesen

Hamhleypa = ham (Haut beim Gestaltwechsel in ein Tier) + hleypa (Rennen) = Frau, die in der Gestalt eines Tieres, in das sie sich verwandelt hat, rennt = „Hexe“

Grönuvellir = Grüngefilde

In dieser Zeit hatte Flegda einen Traum, durch den sie das Bevorstehende erfuhr und darüber dem Hrungnir berichtete. Alle Unholde rüsteten sich zum Kampf und hundert Riesen zogen mit Hrungnir aus.

Auf der Ebene mit dem Namen Grün-Gefilde begegneten sich beide Scharen und nach einem kurzen Wortwechsel begann der Kampf. Skjalgr tötete in diesem den Hrungnir, Kollr den Vikar und Valbrand, und auch Hrotti fiel mit allen übrigen Unholden.

Gjaflaug sah jedoch inzwischen, wie ein großer Drache heranflog und zwei ihm sich entgegenstellende Geier tötet; da fand man Flegda und Molda tot.

Zugleich greifen zwei große Trollfrauen, die im Haus zurückgeblieben waren, die Unholde an; von jedem ihrer Finger flog ein Pfeil, je einen Unhold tötend, und überdies spie der große Drache Gift und Feuer auf sie, so daß sie alle den Tod fanden.

Jetzt erst verschwand der Drache mit den beiden Weibern. Sie erkannten, daß dies Huld mit ihren beiden Töchtern gewesen war.

Hier finden sich gleich zwei Göttinnen/Riesinnen-Paare: Flegda und Molda („Geier“) und die beiden Töchter Thorgerdr und Irpa der Huld („Trollfrauen“).

4. d) Die Saga über Fridthjof den Kühnen

In dieser Saga treten zwei Zauberinnen auf:

Da sandten sie nach zwei Zauberinnen, Heid und Hamglom, und gaben ihnen Lohn dafür, daß sie Fridthjof einen so mächtigen Sturm sandten, daß dieser mit allen seinen Männern darin verderben sollte. Da sangen die Zauberinnen ihre Zauberlieder und stiegen auf das Magie-Gerüst, um dort ihre Zauberei auszuführen und ihre Anrufungen zu singen.

5. Die beiden Alcis-Zwillinge

In den germanischen Mythen gibt es auffallend viele Paare von Söhnen, die bisweilen Zwillinge zu sein scheinen. Das älteste bekannte Brüderpaar sind die beiden Söhne des Tyr, die in der Gestalt von zwei Schimmeln seinen Wagen ziehen und „Alcis“ („Elch/Hirsch“) genannt werden (siehe „Alcis“ in Band 12).

Nach der Absetzung des Tyr als Göttervater durch Odin lösten sich die Tyr-Mythen auf, sodaß dieses Brüderpaar zwar seine Eigenschaften behielt, aber aus dem Zusammenhang herausgelöst wurde. Die beiden Alcis treten in vielerlei Gestalten auf:

Die umfangreiche vollständige Aufstellung findet sich in dem Band 12 über die Alcis.

5. a) Faröische Heldenlieder – Brünhild-Lied

Die beiden Zwerge in diesem Lied werden die beiden Tyr-Söhne (Alcis) im Jenseits sein.

Budli:

„Hör’ das, liebe Tochter mein, schaffe nun dazu Rat,

Wie sollen wir den gewaltigen Mann gewinnen aus seinem Land?“

Brünhild:

„Du sollst den Saal mir lassen bereiten in öden Marken:

Mit so geringer Bedienung will ich darin verweilen.

Du sollst mir den Goldstuhl setzen in öder Mark zu stehn,

Wie ihn die zwei Zwerge aufs Beste mit Runen zu schlagen verstehn.

Wie ihn die zwei Zwerge aufs Beste mit Runen zu schlagen verstehn:

Beides mit Rauch und Waberlohe, die um den Saal dort brennt.

Dieselbe Waberlohe, die wird mich also schützen,

Nur Sjurdur der Berühmte, der wagt dagegen zu kämpfen.“

Er ließ den Saal ihr bereiten also in öden Marken:

Mit so geringer Bedienung fuhr sie darin zu verweilen.

Er ließ in öden Marken ihr schlagen den Saal:

Beides mit Rauch und Waberlohe, die um den Saal dort brennt.

Und so große Waberlohe ließ er sein darum,

Wie die zwei Zwerge konnten aufs Beste mit Runen vollbringen.

Und so große Waberlohe ließ er darum schlagen,

Daß die Zwerge nicht vermochten ihm mit Trug zu nahen.

5. b) Die Saga über Asmund den Krieger-Töter

Die folgende Strophe ist eines der vielen Beispiele für die beiden Schmiede-Zwerge in der germanischen Überlieferung. Alle diese Zwerge gehen auf die beiden Alcis-Söhne des Tyr zurück, die im Jenseits dessen bei seinem Tod zerbrochenes Schwert neuschmieden.

„Budlis Geschenk“ ist das magische Schwert, das die beiden Zwerge Olius und Alius für König Budli geschmiedet haben.

Die Zwerge sind „tot“, da sie Totengeister sind.

Es waren zwei,

die begierig waren,

Budlis Geschenk zu zerstören