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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

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© 2017. Justus Eberl

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Cover image from public domain by United States Forest Service Region 5.

Gemeinfreies Titelbild des United States Forest Service Region 5.

Göttingen, 3. Auflage 2017

ISBN 978-3-7448-7932-3

Herstellung und Verlag: BoD - Books on Demand GmbH, Norderstedt

Die Wahl von FSC-zertifiziertem Papier für den Druck erfolgte standardmäßig durch den Verlag und nicht auf Wunsch des Autors/Herausgebers.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort zur 3. Auflage

Neben der erforderlichen Berichtigung von Schreibfehlern zeichnet sich die dritte Auflage dieses Studienbuchs zum niedersächsischen Forstrecht v.a. durch die Erweiterung um 100 Wiederholungs- und Vertiefungsfragen für die Klausurvorbereitung aus.

Änderungen in der universitäreren Prüfungspraxis haben diese Anpassung am Konzept dieses Studienbuchs erforderlich gemacht. Mit der Frage, ob Klausuren mit Multiple-Choice-Aufgaben und anderen Methoden der vorgefertigten Wissensüberprüfung ein geeignetes Mittel zur Leistungskontrolle im Forstrecht sind, brauchen sich Studenten (und Repetitoren) nicht zu beschäftigen: Sie können hieran ohnehin nichts ändern. Das ganze Augenmerk muss der möglichst zielgerichteten Klausurvorbereitung gelten.

Die Wiederholungs- und Vertiefungsfragen gehen über den Inhalt der Fälle und Lösungen hinaus. Sie decken den gesamten Bereich des klausurrelevanten Forst-und Umweltrechts ab. Obwohl ich die praktische Bedeutung des Forstordnungsrechts in unserer heutigen Zeit als sehr gering einschätze, habe ich einige dieser Aspekte auf vielfaches Drängen von Studenten zur besseren Klausurvorbereitung mit aufgenommen.

Es sei deutlich darauf hingewiesen, dass das ordentliche Einüben (oder gar Auswendiglernen) der Wiederholungs- und Vertiefungsfragen einen Teil einer guten und umfassenden Klausurvorbereitung darstellen kann, aber keineswegs das systematische Verständnis der Materie ersetzen darf.

Daher beinhaltet dieses Studienbuch weiterhin 10 bewährte Fälle mit ausführlichen Lösungen. Zu deren Handhabung kann auf die vorherigen zwei Vorworte verwiesen werden.

Ich bedanke mich für zahlreiche Anregungen, insb. von den Teilnehmern meiner forstrechtlichen Repetitorien aus dem WS 2016/2017. Hinweise zur Verbesserung der dritten Auflage werden unter info(at)eberl-forst.de dankbar entgegen genommen.

Göttingen, Pfingsten 2017

Vorwort zur 2. Auflage

Die vorliegende Sammlung von Fällen und Lösungen zum Forst- und Umweltrecht hat sich im forstlichen Studien- und Prüfungsalltag an der Universität Göttingen bewährt. Ich danke den Lesern der Erstauflage für viele positive Rückmeldungen und wertvolle Hinweise zur Weiterentwicklung der Sammlung.

Die offenkundigste Veränderung zur Vorauflage ist die Aufteilung des Stoffes auf zwei Bände. Dies ist nicht nur der Gliederung des Studiums in Bachelor- und Masterstudiengänge geschuldet, sondern auch dem unterschiedlich ausgeprägten Bedürfnis nach zusätzlichen Übungsfällen.

Der neue Band I enthält nunmehr die Grundlage des Verwaltungs- und Forstrechts. In diesem Band sind drei neue Fälle enthalten, die einer ersten und hoffentlich besseren Einführung in die juristische Methode und das Verwaltungsrecht dienen.

In Band II werden weitergehende Bezüge zum Umwelt- und Bauplanungsrecht behandelt. Die Tatsache, dass sich dieser Band an „Fortgeschrittene“ richtet, bedeutet keinesfalls, dass sein Inhalt für Studierende der Bachelor-Studiengänge nicht relevant sei. Vielmehr soll ausgedrückt werden, dass die Fälle hier so komplex sind, dass das Basiswissen sicher beherrscht werden muss.

Je nach Stand im Studium sollte der Schwerpunkt der Klausurvorbereitung im ersten bzw. zweiten Band gesetzt werden, wobei von Studierenden der Bachelor-Studiengänge v.a. das saubere und sichere Arbeiten mit den Grundlagen erwartet wird.

Sehr treffend hat Bernhard Stüer im Vorwort zur 3. Auflage des Handbuchs des Bau-und Fachplanungsrechts von 2005 geschrieben: „Wer den Druckteufel völlig ausschließen und sich auf den schmalen Weg der absoluten Vollständigkeit und Perfektion begeben will, der ist in der Zunft der Buchautoren in aller Regel fehl am Platz.“ In diesem Sinne bin ich für hilfreiche Hinweise zur Verbesserung auch der zweiten Auflage unter info(at)eberl-forst.de dankbar.

Göttingen, November 2016

Zu Hintergrund, Ziel und Inhalt dieser Fallsammlung

Auszug aus dem Vorwort zur 1. Auflage

(…) An den forst- und umweltwissenschaftlichen Fakultäten sind Dozenten und Studenten1 des Forst- und Umweltrechts vor eine scheinbar unlösbare Aufgabe gestellt: Wie lernen wir, und wie vermitteln wir das Forst- und Umweltrecht, eine Materie des speziellen Verwaltungsrechts, an juristische Laien?

Die Frage stellt sich insbesondere in methodischer Hinsicht: Beschränken wir uns auf eine reine Fallsammlung oder wollen wir den juristischen Gutachtenstil in seiner ganzen für Laien (und Juristen!) kaum zu handhabenden Umständlichkeit anwenden? Versuchen wir eine Auslegung, die von Ziel und Zweck des Gesetzes und dem grundsätzlichen Freiheitsanspruch des Bürgers ausgeht, oder eine Anwendung von starren Grenzwerten, Regelvermutungen und Verwaltungsanweisungen? Ich bin überzeugt, dass es hier keinen einfachen, keinen Königsweg gibt.

Ich bin aber auch davon überzeugt, dass die universitäre Wissensvermittlung Methoden lehren und nicht Fakten „einpauken“ sollte. Es kann daher nicht Ziel sein, zehn oder zwanzig Fallgruppen „auswendig zu lernen“. Die Rechtswissenschaft weiß – und das ist der Grund für ihre „Wissenschaftlichkeit“- dass jeder Fall anders ist. Wir wissen auch mit Blick in die Praxis des Forst- und Umweltrechts, dass jeder Fall anders ist. Und als Repetitoren wissen wir, dass auch der Fall in der Klausur, immer ein Anderer sein kann und sein wird. Daher habe ich mich in diesem Skript für Methodenvermittlung, für Gutachten und Gutachtenstil entschieden.

Die ganz fremde juristische Methode ist dem Studenten der Forst- und Umweltwissenschaften auch zumutbar. Als breit aufgestellter Generalist kennt er – ganz im Gegensatz zum hochspezialisierten juristischen Experten – aus den verschiedenen Bereichen der Naturwissenschaften, aus der Ökonomie, der Politik und eben auch dem Recht Methoden und Inhalte. Seine Interdisziplinarität macht ihn gerade aus. Und wie es sinnlos wäre „ein bisschen“ Statistik, Chemie und Betriebswirtschaftslehre zu lernen, ebenso sinnlos, ja unmöglich wäre es „ein bisschen Recht“ zu lernen. Damit kann niemand etwas anfangen.

Der Charme des Forststudiums ist es aber gerade, dass der Student sich nur mit solchen Dingen zu beschäftigen braucht, die mit seinem gewählten Studienfach, und dem ihm zugrundeliegenden Weltausschnitt – dem Wald – zu tun haben. Das mag bei Statistik und Genetik zwar ferner wirken als bei Waldbau und Holzmarktlehre, aber er hat es immer noch deutlich besser, als der Jurastudent, der – obwohl er niemals etwas damit zu haben will – Straf- und Familienrecht erlernen muss. Darüber hinaus sollte Forst- und Umweltrecht vor dem Hintergrund der späteren Berufspraxis jeden Forststudenten brennend interessieren. Gerade Wald und Umwelt sind inzwischen völlig verrechtlicht. Aber besonders dieser Bereich ist voll unbestimmter Rechtsbegriffe, die der Auslegung bedürfen. Dazu wiederum bedarf es der Kenntnis der natürlichen Zusammenhänge. Gerade hier ist das interdisziplinäre Zusammenwirken von Förstern und Juristen höchst fruchtbar.

In der Beschäftigung mit dem jeweils anderen Fachgebiet und seiner speziellen Methodik sind beide Seiten auf Nachsicht und Geduld angewiesen. Der Förster wird nach diesem Repetitorium kein Jurist werden – das soll er auch gar nicht. Dieses Repetitorium erhebt aber den Anspruch, dem Forststudenten auf dreierlei weise praktisch zu dienen:

Trotz der Konzentration auf wenige Ermächtigungsgrundlagen sind die so vermittelten Methoden der Auslegung und Subsumtion (hoffentlich) auf jede andere Gesetzesanwendung übertragbar.

Kein Mensch ist völlig neutral. Eine solche Neutralität sollte man bei allem Bemühen um Objektivität m.E. auch nicht versuchen vorzutäuschen. Dem Leser wird in den Lösungen der Fälle eine Parteilichkeit zugunsten von Forst und Wald sowie des grundsätzlichen Freiheitsanspruchs des Bürgers auffallen. Sie ist der Herkunft und Verwurzelung des Autors in einer liberalen Weltanschauung und dem Privatwald geschuldet. Wo im aktuellen Diskurs andere Meinungen vertreten werden, wird dies ausdrücklich kenntlich gemacht. Das heißt nicht, dass nicht auch an jeder anderen Stelle eine andere Lösung vertretbar wäre. Gerade das öffentliche Recht kennt in Aufbau und Lösung von Sachverhalten viele Varianten – hier wird jeweils nur eine vorgestellt.(…)

Göttingen, Ostern 2015


1 Das generische Maskulin meint stets die männliche und weibliche Form.

Abkürzungen

a.A. andere Ansicht
Abs. Absatz
Anhang Anh.
Anlage Anl.
AöR Anstalt öffentlichen Rechts
Artikel Art.
Auflage Aufl.
Bsp./bspw. Beispiel/beispielsweise
BPlan Bebauungsplan
d.h. das heißt
FNP Flächennutzungsplan
gem. gemäß
GG Grundgesetz
Grds./grds. Grundsatz/grundsätzlich
h.M. herrschende Meinung
i.d.R. in der Regel
i.E. im Ergebnis
i.e.S. im engeren/eigentlichen Sinne
i.S.d. im Sinne des
i.V.m. in Verbindung mit
i.w.S. im weiteren Sinne
lit. Littera (Buchstabe, als Gliederungseinheit)
LKr/LR/LRA Landkreis/Landrat/Landratsamt
LWK Landwirtschaftskammer
n/e nicht einschlägig
Nr. Nummer
OVG Oberverwaltungsgericht
RMK/RWK Rechtmäßigkeit/Rechtswidrigkeit
Nds./nds. Niedersachsen/niedersächsisch
NWaldLG Niedersächsisches Gesetz über den Wald und die Landschaftsordnung
Rspr. Rechtsprechung
S. Satz
str. strittig
UNB Untere Naturschutzbehörde
VA Verwaltungsakt
vertr. vertretbar
Verw. Verwaltung
VwVfG Verwaltungsverfahrensgesetz (des Bundes)
Vss. Voraussetzungen

Übersicht der wichtigsten Lerninhalte

Grundlagen

 

Juristisch Zitieren

Juristisch Kommentieren

Gutachten und Gutachtenstil

Prüfungsschema Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes

Handlungsformen Öffentliches Recht

Der Verwaltungsakt

Öffentliches Recht

Fälle zum allgemeinen Verwaltungsrecht

 

Fall 1: Ermächtigungsgrundlage, Verwaltungsakt

Fall 2: Rechtswidriger Verwaltungsakt

Fall 3: Ablehnender Verwaltungsakt

Fall 4: Hypothetische Behördenentscheidung

Fall 5: Zuständigkeit

Fall 6: Behördenbeteiligung

Fälle zum öffentlichen Forstrecht

 

Fall 7: Waldbegriff, Wald und Waldnebenflächen

Fall 8: Waldumwandlung, Ermessensfehler

Fall 9: Waldumwandlung, Ermessensreduzierung auf Null

Fall 10: Erstaufforstung

Wiederholungs- und Vertiefungsfragen (WuV)

 

WuV-Fragen 1-20: Allgemeines Staats- und Verwaltungsrecht

WuV-Fragen 21-35: Wald und die freie Landschaft

WuV-Fragen 36-50: Waldumwandlung

WuV-Fragen 51-70: Erstaufforstung

WuV-Fragen 71-80: Ordnungsgemäße Forstwirtschaft

WuV-Fragen 81-90: Betretungsrecht

WuV-Fragen 91-100: Forstordnungsrecht

Einführung

Jede rechtliche Auseinandersetzung beginnt beim Gesetz. Für die Lektüre und das Durcharbeiten dieses Studienbuches braucht man deshalb unbedingt aktuelle Gesamtausgaben folgender Gesetze und Verwaltungsvorschriften:

In Auszügen werden ebenfalls die Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes und des Landes, sowie das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung mit Anlage 1 benötigt.

Erfahrungsgemäß fällt es vielen Bearbeitern schwer, ihr forstliches und naturschutzfachliches Fachwissen in juristische Formulierungen „umzusetzen“. Daher empfehle ich ausdrücklich die Erlasse zum NWaldLG und zu FFH im Wald als prüfungsrechtlich nicht zu beanstandende „Fundgrube“ für forstrechtliche Formulierungen und Argumente.

Ich empfehle dringend, sich diese beiden Texte in Papierform zuzulegen. Man kann sich diese aus dem Internet ausdrucken oder im Falle des Grundgesetzes sogar kostenfrei bei den Zentrale für politische Bildung bestellen. Von elektronischen Fassungen rate ich dringend ab. In der Klausur darf ohnehin nur eine Papierform genutzt werden.

In unserem Rechtsstaat ist (bzw. sollte) das Gesetz Ausgang und Ziel der Rechtsanwendung sein. Die zitierten Vorschriften sind daher immer nachzulesen. Das Gesetz kann man gar nicht häufig genug lesen. Jeder, der rechtlich tätig ist, macht die erstaunliche Erfahrung, dass auch nach Jahren die erneute Lektüre altbekannter Gesetzestexte in Hinblick auf eine neue Fallkonstellation neue Erkenntnisse bringt.

Am Anfang dieses Studienbuches steht daher zunächst die richtige Handhabung des Gesetzes.

Übersicht: Juristisch Zitieren

Deutsche Gesetze sind z.T. sehr kompliziert. Damit man nicht immer

„Paragraph acht, Absatz drei, Satz eins, Nummer zwei, Buchstabe a, Doppelbuchstabe aa des Niedersächsischen Waldgesetzes“

schreiben muss, kürzt man die o.g. Vorschrift normalerweise wie folgt ab:

„§ 8, Abs. III, S. 1, Nr. 2, lit. a) aa) NWaldLG“.

Oder noch kürzer:

„§8 III 1 Nr. 2 a) aa) NWaldLG“.

Bei der römischen Ziffer ist grundsätzlich ein Absatz gemeint. Sätze können mit einfachen arabischen Zahlen bezeichnet werden, weil danach i.d.R. nur noch Buchstaben kommen.

Häufig müssen Vorschriften zusammen angewandt werden. Das drückt man gewöhnlich mit „i.V.m.“ für „in Verbindung mit“ aus. Bspw. wenn man durch:

§ 9 I 1 i.V.m. § 43 I 1 NWaldLG (lesen!)

ausdrücken möchten, dass der Landkreis als Waldbehörde für die Erstaufforstungsgenehmigung zuständig ist. Da beide Normen dem NWaldLG entstammen, muss das Gesetz nur einmal zitiert werden.

Das Grundgesetz, Einführungs- und Änderungsgesetze sowie Gesetze des Freistaates Bayern haben Artikel und nicht Paragraphen; sie werden mit „Art.“ abgekürzt.

Manchmal enthält ein Absatz in verschiedenen Sätzen und Nummern mehrere unterschiedliche Vorschriften. Nur den Absatz zu zitieren ist nicht nur ungenau, sondern falsch! Auch wenn es umständlich ist, muss man daher so genau wie möglich zitieren, d.h. bis zum einschlägigen Satz oder der einschlägigen Nummer!2

Übersicht: Juristisch Kommentieren

In den meisten Prüfungen wird es erlaubt sein, seinen eigenen Gesetzestext mitzubringen. Da - wie oben ausgeführt - Vorschriften häufig zusammen angewandt werden, oder aufeinander verweisen, ist es sehr hilfreich und für die meisten Prüfungen erlaubt, sich andere Gesetzeszitierungen an den Rand des Textes zu schreiben.

So kann man sich bspw. in § 8 I 1 NWaldLG das Wort Waldbehörde unterstreichen und daneben § 43 I 1 NWaldLG (lesen!) kommentieren, damit man nicht vergisst, dass in Niedersachsen der Landkreis die Aufgaben der Waldbehörde wahrnimmt:

§ 8 Waldumwandlung. (1) Wald darf nur mit Genehmigung der Waldbehörde in Flächen mit anderer Nutzungsart umgewandelt werden. Die Genehmigung muss vorliegen, bevor mit dem Fällen, dem Roden oder der sonstigen Beseitigung begonnen wird. § 43 I 1 NWaldLG
(2) Einer Genehmigung bedarf es nicht, soweit die Umwandlung erforderlich wird durch (…)  

Das Gutachten und der Gutachtenstil

Im Zentrum der wissenschaftlichen Beschäftigung mit rechtlichen Themen an den Universitäten stehen das Gutachten und der Gutachtenstil. Die kleinste Einheit des Gutachtens ist die (logische) Subsumtion.

Ein berühmtes Beispiel für eine Subsumtion lautet:

Obersatz: Ist Aristoteles sterblich?

Definition: Alle Menschen sind sterblich.

Sachverhalt: Aristoteles ist ein Mensch.

Ergebnis: Aristoteles ist sterblich!

Soweit logisch. Da aber allen klar ist, dass Aristoteles sterblich ist, fragt man sich schon, wozu der ganze Aufwand mit der Subsumtion betrieben wird.

Ein Beispiel, wie die Technik der Subsumtion in der Rechtswissenschaft angewandt wird, mag dies verdeutlichen:

Sind Bäume Sachen?

Sachen sind körperliche Gegenstände, vgl. § 90 BGB.

Bäume sind körperliche Gegenstände.

Bäume sind Sachen (i.S.d. § 90 BGB).

Bereits hier wird deutlich: Das Ergebnis jeder juristischen Subsumtion kann nur ein systemimmanentes Ergebnis sein. Der Baum ist eben nur im Sinne des Gesetzes Sache. Schon im forstlichen Sinne stellt er viel mehr da.

Hier sieht man auch, dass die aus § 90 BGB übernommene Definition auslegungsbedürftig ist. Bei Eiswürfeln haben wir keine Zweifel, dass es sich um Sachen i.S.d. BGB („körperliche Gegenstände“) handelt. Was aber, wenn sich der Eiswürfel verflüssigt hat, oder gar verdampft?

Dann wird es wichtig sein aufzuzeigen, welchen Sachverhalt zur Beantwortung welcher Frage man unter welche Definition subsumieren möchte. Man muss die logische Herleitung seines Ergebnisses offenlegen.

Für die Rechtswissenschaft, die berufen ist, anhand von Argumenten systemkohärente und nachvollziehbare Lösungen auf Rechtsfragen zu geben, ist dies besonders wichtig.

Ein weiteres, etwas komplexeres Beispiel:

Nehmen wir die Rechtsfragen „Kann A von B Zahlung von 100 EUR verlangen?“. Jeder ist versucht die Beantwortung der Frage wie folgt aufzubauen: „Ja/Nein, weil…“. Intuitiv beantwortet man die Frage zunächst und schiebt die Begründung hinterher.

So arbeiten auch alle Juristen außerhalb der Universitäten, insb. die Gerichte. Wir sprechen vom Urteilsstil: Das Urteil, d.h. die Beurteilung der Rechtsfrage wird vorangestellt, die Begründung nur nachgeliefert.

Gerichte können sich so eine Arbeitsweise auch leisten. Für sie ist die nachgeschobene Begründung eigentlich nur Beiwerk. Ihr Urteil ergeht „Im Namen des Volkes!“. Es ist eine autoritäre Aussage, die ihre Geltungskraft durch seinen Autor - das Gericht - erhält.