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Printed in Germany 2017.

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BoD-Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN 978-3-7460-0394-8

Jede Ähnlichkeit der Romanfiguren mit lebenden oder verstorbenen Menschen ist zufällig. Namen oder Örtlichkeiten sind ebenso ohne Zusammenhang mit real existierenden Personen. Archäologische Beschreibungen entsprechen der Realität im Rahmen des Kenntnisstandes des Autors.

Vor fast zwei Stunden war die Maschine aus Düsseldorf in Mexiko gelandet. Seit einer halben Stunde saßen Miriam und Peter in einem Bus, der sie von Cancun nach Playa del Carmen zu ihrem Hotel bringen sollte.

Peter Sattler ist Kriminalkommissar bei der Düsseldorfer Mordkommission. Ein vollschlanker Mann mit einem kleinen Bauchansatz, die Haare von einem Bürstenhaarschnitt auf einem Minimum gehalten, so daß der 41jährige etwas älter aussieht, als er ist. Mit einem dunkelgrauen Poloshirt und einer beigen Leinenhose über schwarzen Joggingschuhen wirkt er aber mit seinen ein Meter achtundachtzig fast sportlich.

Miriam Sattler, die nur eins achtundsechzig ist, erscheint neben ihm wie eine zierliche, wesentlich jüngere Frau, fast wie ein Mädchen, obwohl sie nur drei Jahre jünger ist. Mit ihren kurzen schwarzen Haaren und ihrer schwarzen Kleidung, Bluse und Hose, erinnert sie an die französischen Künstlerinnen der Nachkriegszeit.

Nach zehn Minuten hatte Peter schon geflucht, daß der Fahrer die Klimaanlage nicht eingeschaltet hatte. Er wischte sich den Schweiß von der Stirne und ergab sich ansonsten in sein Schicksal. Erst als Miriam meinte, sie hätte wohl durch die feuchte Hitze keine Rückenschmerzen mehr, die sie im Flugzeug geplagt hätten, merkte Peter, daß auch er durch die natürliche Fangopackung schmerzfrei im Rücken geworden war. Dabei kannte er den Effekt von früheren Reisen gut. So konnte er gütig dem nachlässigen Fahrer verzeihen.

Der Bus füllte sich nur langsam. Peter stieg noch einmal aus, um ein paar Schritte nach dem langen Flug zu tun. Verschwitzt war er ja schon. Und sicher waren seine Füße dicker als üblich. Rund zehn Stunden zu sitzen, da hatte sich einiges angestaut, seine Joggingschuhe wurden schon eng. Vielleicht sollte er sich vor dem Flug Heparin oder etwas Ähnliches spritzen lassen. Immerhin näherte er sich der Fünfzigermarke, was immer das bedeutete.

In weißem Hemd und blauer Hose kam ein fetter Mexikaner zum Bus und verstaute die Koffer, die neben dem Bus standen. Zu Peters Freude verschloß er die Ladeluke, als er den letzten Koffer untergebracht hatte. Offensichtlich war er der Fahrer und erwartete keine weiteren Fahrgäste. Dann stieg er ein. Das war für Peter das Signal, auch wieder einzusteigen. Der Fahrer würde es sicher nicht ohne eingeschaltete Klimaanlage aushalten wollen.

„Jetzt müssen wir eher aufpassen, uns am Rücken nicht zu verkühlen“, empfing Miriam Peter. Auch wenn sofort das Gebläse der Klimaanlage zu hören war, bestand keine Gefahr, daß ein Luftzug ihre Rücken erreichte. Als Peter gerade richtig saß, bestieg ein dürrer, langer Mann den Bus und ließ sich vom Fahrer ein Mikrophon geben. Für Peter war er von undefinierbarer Nationalität. Auch sein Name, den Peter nicht richtig verstand, verwies nicht sicher auf einen Mexikaner. Er erzählte nur Dinge, die alle Passagiere wußten. Daß sie losführen, daß das Ziel Playa del Carmen sei. Miriam beobachtete Peter, fürchtete wohl, daß er, wie sie ihn kannte, einige spitze Bemerkungen losließ. Es hatte sie schon viel Kraft gekostet, Peter zu einer Pauschalreise zu überreden. Schließlich beendete der Mann seine Ansprache. „Sin duda, sin pregunta. Kein Zweifel, keine Frage.“ Ohne Zweifel war er ein Sprachgenie. Miriam und Peter würden diese Phrase noch viele Jahre benutzen, um sinnlose Reden auf den Punkt zu bringen.

Neugierig musterten sie die Mitreisenden. Wer von denen würde mit ihnen die Rundreise antreten? Vom ersten Gefühl her alle, als gäbe es nur das eine Ziel, das sie selbst hatten. Zwei Reihen vor ihnen überragte ein Riese alle Mitreisenden. „Siehst Du den Lulatsch, bestimmt über zwei Meter fünf“, meinte Miriam. „Wie soll ich denn den übersehen, das ist unser Leuchtturm. Wenn der auch nach Guatemala mitreist, wird er zu unserer Spezialpyramide.“ „Ich würde gerne schon wissen, wer mit uns reist“, meinte Miriam. „Mich interessiert mehr ein kühles Bier“, knurrte Peter zurück.

In kurzer Zeit waren sie auf der Carretera Tulum-Cancun und fuhren schnurgerade ihrem Ziel entgegen. Miriam sah aus dem Fenster, war neugierig, eine ihr unbekannte Gegend zu sehen. An Golfplätzen vorbei war die Hauptattraktion ödes Grün mit Abzweigungen zu den verschiedensten Strandhotels, vorbei an Puerto Morelos, an der Abzweigung Richtung Merida über Valladolid, ehe sie Playa del Carmen durchfuhren und bis in die Hotelgegend kamen, wo sie durch einen pompösen Eingang mit mehreren Wächtern Richtung Rezeption sich bewegten. Miriam sagte nur, “das sieht ja toll aus hier.“ Peter war richtig froh über dieses Statement, da Miriam gewöhnlich erst einmal maulig war, wenn sie irgendwo ankam.

Ehe der Bus jedoch zur Rezeption durchfahren konnte, wurde er von einer Barriere Polizeiautos zum Stillstand gebracht, die mit ihren Blaulichtern eine surreale Szenerie geschaffen hatten. Ein Polizist mit einem Maschinengewehr stieg in den Bus und inspizierte ihn von vorne bis hinten. Peter beobachtete, wie gleichzeitig zwei andere Polizisten die Kofferräume von zwei Seiten durchsuchten. Sogar unter den Bus wurde ein Spiegel zur Kontrolle geschoben, wie einst die ostdeutschen Grenzer ihr böses Spiel getrieben hatten.

Miriam kommentierte das Geschehen. „Das wird ja lustig hier. Was suchen die? Terroristen im Touristenbus?“

Peter zuckte nur die Schultern. „Unser sprachgewaltiger Reiseleiter weiß anscheinend auch nichts, sonst hätte er „sin duda“ uns aufgeklärt.“

Kurz darauf zogen sich die Polizisten zurück und machten den Weg frei für die Weiterfahrt. Der Reiseleiter wurde mit aufgeregten Zurufen bedrängt, Auskunft zu geben, was hier los sei.

Dieser bat alle, bei Ankunft im Bus zu bleiben, er würde sich erkundigen und ihnen mitteilen, was er erfahren würde. Alle hielten sich auch an seine Bitte, als nach wenigen Metern die Auffahrt zur Rezeption erreicht wurde. Der Reiseleiter stieg aus, während im Bus in aufgeregter Atmosphäre gesprochen wurde. Miriam und Peter saßen schweigend da, auch wenn sie angespannt waren. Zwei Frauen kreischten ohne ersichtlichen Grund.

Der Reiseleiter kam schnellen Schrittes zurück, der nach oben gestreckte Körper signalisierte, daß er sich offensichtlich seiner Bedeutung als Nachrichtensprecher bewußt war.

„Hier ist vor kurzem ein Mexikaner erschossen worden. Die Polizei hatte einen Tipp bekommen, daß ein Mafiakiller aus Mexico City mit einer Frau im Hotel Quartier bezogen hatte. Als die Polizei seinen Paß kontrollieren wollte, zog dieser sofort seine Waffe. Bevor er seinen ersten Schuß abgeben konnte, wurde er von den absichernden Beamten getötet. Was der Killer hier wollte, darüber gibt es nur Gerüchte, die Polizei gibt nur die Auskunft, sie wolle mit vorübergehenden Kontrollen sicherstellen, daß kein zweiter Mann der Mafia ins Hotel gelange. Nur als Gerücht, nicht als Tatsache, ist von Mitarbeitern des Hotels zu hören, daß vermutet wird, der Killer sei hinter einem Amerikaner hergewesen, der archäologische Objekte schmuggeln wollte, ohne die Mafia zu beteiligen.“ Nach einer kurzen Pause. „Ich kann nur sagen, daß Sie hier sicher sind. Es besteht keine Gefahr, daß im Hotel noch einmal geschossen wird. Die Polizei wird spätestens in einer Stunde abziehen, so daß es auch keine Belästigung mehr geben wird.“

Peter fand die Mitteilungen logisch, was er Miriam mitteilte. „Wenn das Gerücht stimmt, ist der Amerikaner sicher über alle Berge oder Meere verschwunden. Ich glaube, wir brauchen uns keine Sorgen zu machen.“

Dann konnten sie in die schwüle Hitze aussteigen, die durch Ventilatoren vor dem Pult der Rezeptionisten gemildert wurde. Nach der Anmeldung ordnete Peter ihre Koffer sich zu, die von dem Boy, der sie begleitete, auf einem goldenen Wägelchen zu ihrem Haus, zu ihrem Zimmer gezogen wurde. Freudig stellten sie fest, daß jeder von ihnen eine Art Doppelbett hatte. Durch Fenster und Balkontür hatten sie immerhin einen seitlichen Blick auf das blaugrüne Meer. Auch wenn es vor Hitze auf dem Balkon nicht auszuhalten war, konnten sie sich jederzeit durch das Fenster versichern, daß sie in der Caribic gelandet waren.

Wie Peter schon befürchtet hatte, begann nach wenigen Minuten der Kampf mit Miriam, ob der große Ventilator genug erfrischte oder die Klimaanlage mehr Kühle, wie Peter es gerne hatte, in den Raum bringen sollte. Letztlich gab Peter frühzeitig, wie immer, den Kampf verloren. Immerhin gestattete Miriam ihm, die Klimaanlage während ihrer Abwesenheit im Zimmer hochzujagen.

Sie machten sich etwas frisch, dann T-Shirts, kurze Hosen und Latschen. Miriam und Peter wollten erst einmal die Anlage erkunden. Nachdem sie geklärt hatten, ob es links oder rechts herum auf einen Hauptweg ging, strebten sie als erstes den Sandstrand an. Hängematten, Liegestühle, Bänke, reichlich Gelegenheiten, auf das blaugrüne Meer zu sehen, in der Sonne oder im Schatten der Palmen zu sitzen. Caribic wie auf den Postkarten. Sie setzten sich in zwei Liegestühle im Schatten. „Die Dattelpalmen sind ganz schön hoch“, meinte Miriam. „Du hast wohl noch nie welche gesehen. Das sind Kokosnusspalmen, Frau Doktor“, gab Peter gereizt zur Antwort. „Du kannst hemmungslos den größten Blödsinn erzählen“, setzte er nach. „Sei froh, dann hast du wenigstens etwas zum Besserwissen.“

Peter schwieg auf ihre Bemerkung erst einmal verbissen, bis er auf die Idee kam, er könnte es doch einfach genießen, hier zu liegen. „Schön hier.“ Versöhnlich stimmte sie ihm zu: „Ein Traum.“ Der Traum wurde noch ausgedehnt, als ein Kellner kam und fragte, was sie trinken wollten. Beide waren verblüfft über solch einen Luxus. Umsonst im Sand bedient zu werden, das war nicht in ihrer Vorstellung gewesen. Peter verzichtete, um den Genuß durch Alkohol nicht zu verkürzen, auf sein Bier und bestellte wie Miriam eine Cola.

„Na, Herr Milliardär, noch etwas zu motzen?“

„Nicht schlecht, kann ich da nur sagen.“

Kurz darauf brachte der Kellner schon die Getränke. Noch nie hatte eine Cola so gut geschmeckt. Im Wasser sahen sie nur wenige Menschen, nur einen Schwimmer, der weiter hinausschwamm. Sie selbst reizte es noch nicht, ins Wasser zu gehen.

Wechselweise versicherten sie sich, wie gut sie es hier hätten. Die Strapazen der Reise tauchten nur punktuell im Gespräch auf. Sie verschoben immer wieder den Zeitpunkt, aufzustehen und sich die Anlage näher anzusehen. Stattdessen baten sie den Kellner, noch etwas Alkoholfreies zu bringen, irgendeinen Saft. Der brachte ihnen dann eine „Bananamama“, die sofort zu ihrem Lieblingsdrink wurde, solange sie in diesem Hotel waren. Genau konnten sie nicht klären, was die Bananamama enthielt. Einig waren sie sich nur, daß etwas Banane und Ananassaft dabei waren, Miriam tippte dazu auf etwas von der Kokosnuß, während Peter meinte, eine Spur Grenadine wahrzunehmen. Miriam wollte sofort wissen, was denn Grenadine überhaupt sei. Peter, der es nicht genau wußte, fühlte sich erwischt, daß er etwas angegeben hatte. Verlegen murmelte er, daß es so etwas wie ein eingedickter Granatapfelsaft wäre.

So schnell zwischen den beiden ein kleiner Streit aufkeimte, so schnell erlosch er in dem Genuß der Wahrnehmung, welchem Luxus sie gerade frönten. Sie dösten beide im warmen Schatten, bis Peter meinte, “wenn wir uns jetzt nicht aufmachen, schlafe ich ein und werde erst wach, wenn es schon dunkel ist.“ Immerhin, so wußten sie, wurde es hier früh und plötzlich dunkel.

Am Beginn der plattierten Wege duschten sie sich den Sand von den Füßen ab. Geradeaus war der riesige Swimmingpool, umgeben von unzähligen Liegen. „Wohl alles Amerikaner“, meinte Miriam. „Die sehe ich nie am Strand. Sand ist ihnen vermutlich unheimlich.“

„Da hast du sicher Recht. Sand muß für die so etwas wie Schmutz sein.“

Im Swimmingpool spielte eine Horde Jugendlicher Wasserball. Eine Menge Alter stand am Rand und unterhielt sich. Das mußte Peter kommentieren. “Eine Zweigstelle von Sun City, da stehen auch nur Alte auf der Wiese und jagen Golfbälle durch die Gegend.“

Zur rechten Seite erstreckte sich ein riesiger Flachbau, in dem anscheinend Essen ausgegeben wurde. Sie gingen zwischen den Tischen bis zu einer riesigen Theke, auf der Salate, Gemüse, Fisch, Fleisch, Soßen, Obst, Torten und Suppen in nicht überschaubarer Vielfalt auslagen. Miriam und Peter konnten nicht widerstehen, sich jeder ein Stück Obstkuchen zu nehmen und eine Tasse Kaffee zu trinken. Freie Tische gab es genug. Wie sie auf einem Plakat gelesen hatten, war hier vom spätem Vormittag bis zum frühen Abend geöffnet. Und jetzt war schon bald Sonnenuntergang.

Sie gingen zurück auf den Hauptweg, sahen zu beiden Seiten zweistöckige, rötlich angestrichene Gebäude wie das, in dem sie wohnten. Sie schlenderten Richtung Haupthaus, in dem die Rezeption war. Vor dem Haupthaus waren Terrassen mit Tischen und Stühlen, wie in einen Dschungel eingebettet. Vor dem Eingang zur Rezeption standen lange Tische mit Bänken und Gedecken, vorbereitet wohl für ein Barbecue. Rechts führte ein Weg zu zwei Tennisplätzen. Im Haupthaus befand sich rechts eine Bar, links der Eingang zu riesigen Speisesälen, deren Türen aber verschlossen waren. Miriam und Peter lasen, daß diese ab neunzehn Uhr geöffnet würden.

Dieser Überblick reichte den beiden erst einmal und sie gingen zu ihrem Zimmer zurück. Reichlich müde von der Reise, dazu wäre ja schon zuhause später Abend, entschlossen sie sich, ein Nickerchen zu machen. Immerhin hatte Miriam noch wortlos die Klimaanlage abgestellt und den Ventilator zum Einsatz gebracht, der sich fast geräuschlos drehte. Kaum hatte sie sich hingelegt, schlief sie schon. Peter dagegen sah sich erst einmal die Unterlagen an, die sie von der Rezeption erhalten hatten. Essenszeiten, Lageplan der Anlage, eine kleine Karte der Umgebung einschließlich des Ortes Playa del Carmen. Und mehrfache Warnhinweise, sich bei Dunkelheit nicht abseits der großen Straße oder am Strand außerhalb der Anlage zu bewegen. Während Peter las, nahm er aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahr, dachte reflektorisch an ein unerwünschtes Tier. Als er sofort genauer hinschaute, sah er, wie ein Briefumschlag unter der Türe durchgeschoben wurde. Er enthielt eine Einladung für den morgigen Vormittag durch die Reiseleitung. Dann legte auch Peter sich schlafen. Im Einschlafen konstatierte er noch, daß der geringe Windhauch durch den Ventilator ihm reichte, kein Gefühl des Erstickens zu entwickeln, wie er es kannte, wenn er in überhitzen Räumen schlafen mußte, ohne das Fenster öffnen zu können.

Als Peter wieder wach wurde, war es schon dunkel. Von weit her kam von einer Laterne etwas Licht ins Zimmer, so daß er den Lichtschalter fand, ohne sich zu stoßen. Die Helligkeit im Zimmer machte auch Miriam wach, die als Erstes stöhnte, daß ihr alle Glieder vom Flug wehtäten. Sie einigten sich schnell, zum Abendessen zu gehen. Da sie ja den Weg inzwischen kannten, waren sie nach kurzer Zeit in dem riesigen Restaurant. Sie ließen sich vom Empfangskellner informieren, daß sich jeder selbst einen freien Tisch suchen könne. Sie hatten keine Mühe, einen zu finden. Mit zerknautschten Servietten markierten sie ihren Tisch als besetzt. Entlang einer Wand sahen sie die verschiedensten Gerichte ausliegen. Zum Teil wurden sie auch von Köchen ausgegeben. Sie wanderten erst einmal miteinander vorbei an den verführerischen Zubereitungen. Links in der Ecke die eigentlichen mayanischen Speisen. Als Erstes suchte und fand dort Peter seine pürierten schwarzen frijoles, die er gerne zu jeder Tageszeit und zu allen möglichen Gerichten aß. In Düsseldorf hatte er auch öfter sich welche zubereitet, aber sie hatten nie so geschmeckt wie in Yukatan. Wohl ähnlich wie bei Weinen, die nur im Herkunftsland schmecken. Peter konnte es nicht lassen, Miriam auf die frijoles aufmerksam zu machen, die nur grinste, „davon hast du mir doch schon tausendmal erzählt.“

An die Mayakochkünste schloß sich sofort die internationale Küche an, die wohl vorwiegend von argentinischen Steaks dominiert wurde, da sich die Amerikaner dort vor dem Koch drängelten. Hier fanden sich auch Kartoffeln in verschiedenster Machart. Nach Fisch und vielen Gemüsen entdeckten sie die asiatischen Produkte: Suppen, Nudeln, Reis mit den üblichen Beilagen. Hier standen vorwiegend Europäer, vermutlich Vegetarier. Dann kamen riesige Platten italienischer Produktion, die in einem Meer von Salaten endete. Ganz rechts schwitzten einige Mexikaner, die in einem ungeheuren Tempo die verschiedensten Früchte zerlegten, um aus ihnen Säfte zu pressen. Auch Miriam und Peter konnten hier nicht widerstehen und ließen sich ein Gemisch von Banane, Mango und Maracuja geben, das sie erst einmal zu ihrem Platz brachten, ehe sie sich etwas zum Essen holten.

Peter füllte sich seinen ersten Teller mit frijoles, mit einigen Stückchen gegrilltem Seeteufel und einer kleinen Portion Waldorf-Astoria-Salat. Miriam brauchte etwas länger. Peter zuliebe nahm sie erst etwas von den Frijoles, dann ein Schweinemedallion, ein paar Pommes frites und eine große Portion verschiedener grüner Salate. Zu dem Saft bestellten sie noch Wasser und je ein Glas Rotwein.

Sie grinsten sich an im Einverständnis des Essensgenusses. Beide wußten sie, da sie öfter über eine solche Situation sich unterhalten hatten, daß sie sich in den ersten Tagen einer solchen Verführung mit Leckerbissen nicht zurückhalten konnten, viel durchzuprobieren.

Peter hatte schnell sein Essen verschlungen. „Geh mal ruhig“, meinte Miriam, „jeder holt sich wie immer in seinem Rhythmus. Und wenn du, wie meist, dir zweimal Nachtisch holst, sind wir zusammen fertig.“

Peter zog sofort los. Frijoles, ein kleines Steak, ein bißchen von einer ihm unbekannten roten Paste, Rote-Bete-Salat mit reichlich Apfelsinenstückchen und etwas von der Avocado Mousse. Miriam startete kurz hinter Peter zu ihrem zweiten Teller. In dem asiatischen Teil der Anrichte füllte sie ihn mit Hähnchenfleisch in süßsaurer Soße und tat eine große Portion Avocado Mousse dazu, die sie sehr liebte und sich zuhause selbst oft machte.

Gegenseitig betrachteten Miriam und Peter ihre Teller. Sie hatten beide auf Kartoffeln und Reis verzichtet, um sich letztlich mehr von der Auswahl nehmen zu können. Zwischendurch tranken sie etwas Wasser, vom Wein nur einen Probeschluck.

Sie einigten sich darauf, daß der Wein nicht abstoßend war, aber auch nicht so verlockend, davon mehr zu trinken. Das Essen priesen sie sich gegenseitig an, die rote Paste empfahl Peter als erstklassige Entdeckung. „Jetzt muß ich nur den Namen herauskriegen und was drin ist. Sicher irgendetwas wie Paprikapüree.“

Ihren Saft hatten sie neben dem Wasser schnell getrunken, begeistert vom Geschmack und der Milde. In Deutschland trank Peter höchstens alle paar Wochen ein Gläschen milden Birnensaft.

Zum Abschluß nahm sich Peter erst etwas Milchreis, dann noch eine Portion gemischtes Eis, seine Standardsüßigkeiten, wenn er in einem Hotel aß. Miriam genoß, wie meist in spanischen Lokalen, einen Flan, hier als Flan de Café.

Nach dem Essen lehnten sich beide in ihren Stühlen zurück. „Ich glaube, wir haben etwas hektisch in uns hineingeschaufelt, als könnte es plötzlich nichts mehr geben“, faßte Peter die Situation zusammen. „Genauso“, bestätigte Miriam.

„Ich würde gerne noch einen Kaffee trinken. Ich meine aber, wir sollten erst einmal ein paar Schritte tun und dann in einer der Bars einen bestellen.“ Miriam stimmte Peter zu und sie verließen den Saal. Es empfing sie eine noch sehr große Wärme und Schwüle, die mit der Unmenge an großen Pflanzen rund um das Haupthaus ein Urwaldgefühl vermittelten.

Da die meisten Menschen, die aus dem Restaurant kamen, nach rechts strebten, taten sie es auch. Nach wenigen Metern landeten sie in einem kleinen Amphitheater mit Dach. Der Zuschauerraum, der im Dunklen lag, war gut gefüllt. Auf einer kleinen Bühne hüpften bunt Kostümierte bei schriller Musik herum. Vielleicht sollten sie Mayas darstellen, die rituell herumtanzten, ehe sie arme Gefangene massakrierten, wie in allen Religionen üblich. Peter knurrte verächtlich, „was soll der Quatsch, laß uns lieber in Strandnähe etwas trinken, da gibt es meist etwas Wind vom Meer her“.

Sie fanden auch schnell eine Bar zwischen Swimmingpool und Meer, die gut besucht war. Erst einmal tranken beide einen doppelten Espresso, der die Qualität wie in einem italienischen Café hatte. Leise Musik ließ es zu, daß sie sich unterhalten konnten. „Was sind wir doch privilegiert, quasi kostenlos eine Leckerigkeit nach der anderen in uns hineinschlürfen zu können. Daß wir das schon bezahlt haben, vergesse ich meist“, meinte Peter. Miriam, die gerade Ausschau nach ein paar gutaussehenden gebräunten Männern hielt, nickte Peter nur abwesend zu. Peter, der Miriams Aufmerksamkeit ortete, frotzelte, „wen von den Jungens hättest du denn am liebsten im Bett?“

Miriam konterte sofort, „na, du warst ja wirklich lahm in den letzten Wochen. Wie kannst du dich denn da wundern, daß ich einmal Lust auf einen Mann mit Kondition bekomme.“

Peter ließ es sich nicht anmerken, daß ihn die Bemerkung doch etwas kratzte. „Du bist ja ganz schön drauf. Ich werde jetzt erst einmal ein mexikanisches Bier trinken. Wenn sie es haben, Corona, das ich gelegentlich sogar zuhause getrunken habe. Und was möchtest Du?“

„Mir kannst Du einen Tequila und eine Bananamama bestellen.“

Als sie etwas getrunken hatten, drehten sich beide auf ihren Hockern herum und versuchten zu erkennen, ob das Meer zu sehen war oder ob es Aktivitäten am Strand gab. Nur kleine Schaumkronen konnten sie erspähen.

Rund um die Bar hörten sie durchweg englisch. Vermutlich alles Amerikaner. Hier war deren Mallorca. Weder Miriam noch Peter hatten Lust, englisch zu sprechen. Um sich differenzierter zu unterhalten, fehlte ihnen das Vokabular. Immerhin gelang es Miriam, wenn sie etwas Alkohol getrunken hatte, eine belanglose Konversation zu führen, während Peter nur kurze Informationen austauschen konnte. Aber dafür war er, der sich jetzt vor beinahe vierzig Jahren mit den Eltern schon auf Mallorca zuhause fühlte, in der Lage, ganz gut spanisch zu sprechen. Und die Mexikaner verstand er besser als einen Madrider Moderator im Fernsehen.

So waren beide darauf angewiesen, sich miteinander zu unterhalten. Neben ein paar bösen Bemerkungen über die Amerikaner um sie herum, landeten sie schnell bei ihrem Dauerthema „ihre Beziehung“. Nachdem sie schon zehn Jahre miteinander intim zusammengehörten, hatten sie erst vor drei Jahren gewagt zu heiraten. Und sie hatten Vorsichtsmaßnahmen getroffen, daß sie ein Zusammenleben auch aushielten. Erst einmal hatten sie sofort dafür gesorgt, daß jeder ein eigenes Zimmer in der Wohnung besaß. Auch in den anderen Räumen, Wohnzimmer, Küche, Bad und Keller gab es Möglichkeiten, daß jeder getrennt seine Dinge unterbringen konnte, auch wenn Peter den Gesamtstil Miriam überlassen hatte. Bis jetzt war es ihnen gelungen, wenn einer dem anderen auf die Nerven ging oder auch ohne ersichtlichen Grund, daß er sich in sein Zimmer zurückziehen konnte. Gelegentlich schliefen sie am Wochenende einmal eine Nacht zusammen auf seiner Bettcouch, die größer war als ihre. Am problematischsten aber war das Badezimmer, in dem es nur so wimmelte von Miriams Sachen. Anfangs hatte es öfter Krieg gegeben, bis Peter seine Sachen in einem kleinen Korb neben der Wanne unterbrachte, was ihm reichte. Immerhin besser als jedes Mal etwas von sich suchen zu müssen, wenn Miriam etwas über seine Sachen gelegt hatte. Ihm fiel es nicht schwer, seine Sachen in Ordnung zu halten.

„Hast du hier irgendwo eine Mücke gesehen“, fragte Miriam. „Nee“, antwortete Peter, „irgendwie scheint es ihnen hier gelungen zu sein, den Biestern keine Chance zu geben. Laß uns hoffen, daß es kein heutiger Zufallsbefund ist.“

„Peter, siehst du uns gegenüber den Riesen aus dem Bus? Der weiß wohl auch, wo es hier gut ist.“

Der Riese trank gerade ein frisch gezapftes Bier. „Du scheinst ja ein Rieseninteresse an dem Riesen zu haben“, eröffnete Peter die nächste Reiberei. „Klar, so einen langen sehe ich nicht jeden Tag. Ich vermute mal, der hat sicher auch einen Langen“, schürte Miriam einen Disput an. „Na, dann viel Spaß, ich halte mich an den Vorräten der Bar schadlos. Ich werde jetzt einen Cuba libre probieren.“

Sekunden später saßen sie wieder friedlich beieinander und überlegten, ob sie noch an den Meeresrand gehen sollten. Aber sie hatten beide keine Lust, Sand an die Füße zu bekommen. Miriam meinte außerdem, sie sei doch recht müde. Zuhause würde sie schon bald aufstehen. Peter grummelte vor sich hin, “diesen Satz kenne ich doch. Ich schlage vor, jeder noch einen Drink, dann gehen wir.“

Peter trank noch ein Bier, Miriam wollte eine Bananamama. Sie sahen zu, wie einige auf ein paar Fliesen neben der Bar tanzten. Zu müde, um zu lästern, stierten sie ein bißchen vor sich hin.

In ihrem Zimmer duschte sich Miriam sofort und kroch dann unter das Laken, das sie gegen den Lufthauch des Ventilators abschirmte. Als Peter aus der Dusche kam, schlief Miriam bereits fest. „Immer dasselbe. Sie überläßt mir regelmäßig, das Zimmer zu kontrollieren“, sprach Peter mit sich selbst. Er überprüfte, ob Fenster und Türen fest verschlossen waren und stellte vor die Türe einen Stuhl, der bei einem Einbruch Lärm machen würde. Als Kriminalbeamter dachte er immer an üble Dinge, die passieren könnten. Dann legte auch er sich hin, nicht ohne sich zu vergewissern, daß durch einen Spalt in den Vorhängen ein Schimmer Licht ins Zimmer drang.

*****

Als Peter wach wurde, schien ein Streifen Sonne zwischen den Vorhängen auf das Bett knapp neben Miriams Kopf. Peter stand leise auf und ging auf den Balkon. Dort schlug ihm eine Hitze und eine Schwüle entgegen, als wäre es schon mitten am Tag. Offensichtlich blieb unter dem Balkondach des nächsten Stockwerks die Hitze stehen, wenn nicht ein kräftiger Wind nachts wehte. Schnell ging Peter zurück ins Zimmer und schloß die Türe. Miriam räkelte sich inzwischen halbwach in ihrem Bett und fragte, ob sie schon aufstehen müßte. Das allerdings bejahte Peter, „wir haben etwas über eine Stunde Zeit bis zum Treffen unserer Reisegruppe. Wenn du entspannt frühstücken willst, wäre es schon gut, wenn du dich aus dem Bett rollst.“

Zehn Minuten später gingen Miriam und Peter zum Restaurant. Sie wählten trotz der Hitze und Schwüle einen Tisch vor dem Restaurant. „Wie in einem Urwaldhotel“, meinte Miriam. Beide liebten den Urwald, beide sahen sich im Fernsehen oft nur einen Film an, weil er im Urwald spielte. Dabei konnte keiner genau sagen, weshalb es so war. Am ehesten, so hatten sie herausgefunden, war es ein Signal für Abenteuer, wie sie es sich als Kinder vorgestellt hatten. Und heute waren sie die Abenteurer, die im Urwald ihr Essen zu sich nahmen, bevor sie zu den Herausforderungen aufbrachen. Und das Klima ließ es sie sehr realistisch spüren.

Sie holten sich die Teile an der Theke im Inneren des Restaurants, die sie „verkimmeln“ wollten. Bei Peter war es als erstes wieder ein Tellerchen schwarzer Bohnen, das er noch mit roten Bohnen in einer Soße, einer Salsa picante oder roja auffüllte. Dazu eine Art Pellkartoffel. Brot, zwei verschiedene Marmeladen ergänzten seine Grundausrüstung. Ein kleines kräftiges Müsli mit den verschiedensten Früchten rundete sein Frühstück ab. Miriam dagegen langte kräftig bei Käse, Schinken zu. Außerdem genehmigte sie sich ein weich gekochtes Ei. Ein riesiger Teller mit Melonen, Ananas, Mango, Feigen füllte den Tisch. Auf Nachfrage hatte sie von einer Kellnerin eine Kanne Kaffee bekommen. Sie waren so beschäftigt mit dem Essen, daß sie fast kein Wort sprachen, sich nur gelegentlich zunickten oder angrinsten. Am Nachbartisch saß eine mexikanische Familie mit zwei süßen Kindern, die ununterbrochen plapperten, um die Aufmerksamkeit des Vaters zu erlangen, während die Mutter Brote für die Kleinen mit Marmelade bestrich und ihnen Kakao in Gläser füllte. Peter stellte die Vermutung auf, es müßten reiche Leute aus Mexiko City sein.

Nachdem beide noch eine zweite Tasse Kaffee und reichlich Mineralwasser getrunken hatten, war es Zeit, daß sie zum Treffen der Gruppe gingen. Dafür brauchten sie nur wenige Schritte an der Restauranttüre und der Rezeption vorbei, bis sie den Eingang zu einem Konferenzraum fanden, der abends wohl für Vorträge oder Kartenspiel genutzt wurde. In dem Raum saßen schon etwa zehn Personen vereinzelt oder in Gruppen an kleinen Tischen. Kurz nach Miriam und Peter tauchten noch zwei Paare auf.

Kaum saßen diese, stand eine füllige, etwa 50-jährige Frau auf. „So, jetzt sind wir vollständig. Ich heiße Ramirez und bin Ihre Reiseleiterin auf der Rundreise durch Guatemala und Mexiko. Die Gruppe wird aus 15 Personen und mir bestehen. Dazu wird in Guatemala und Mexiko je ein Busfahrer kommen, erfahrene und zuverlässige Männer, die ich von früheren Rundreisen schon kenne. Zu mir darf ich sagen, daß ich Deutsche bin, und wie Sie vielleicht an meiner Sprache erkennen, aus der Gegend bei Frankfurt, aus Camberg stamme.

Ich lebe mit meinem mexikanischen Mann seit vielen Jahren in Oaxaca. Von meiner Ausbildung her bin ich Kunsthistorikerin und begleite seit sechs Jahren Reisende auf Rundreisen. Da mein Mann oft lange als Ingenieur in Mexiko City sein muß, war es mir zuhause langweilig geworden, da wir leider keine Kinder haben, so daß ich mich als Reiseleiterin beworben habe.

So, genug von mir. Leider muß ich mit einer schlechten Nachricht beginnen. Wir werden nicht morgen, wie vorgesehen starten können, da die guatemaltekische Fluggesellschaft kurzfristig ihre Flugpläne geändert hat. Übermorgen geht es dann aber los. Wir werden durch die Verschiebung keine Nachteile haben, so z.B. den Markt von Chichicastenango nicht verpassen. Auch habe ich bei Durchsicht Ihrer Reisetermine keinen gesehen, der dadurch den Rückflug verpassen würde. Den Ablauf der Reise kennen wohl die meisten. Für diejenigen, die sich noch informieren wollen, lege ich hier auf den Tisch Kopien.“

Die Mitteilung der Verschiebung hatte zu Gemurmel, Gesprächen geführt. Peter wollte reflektorisch eine böse Bemerkung loslassen, als er Miriams Gesicht sah, die meinte, „was ist schon Schlimmes daran, dann unternehmen wir hier etwas. Wir gehen erst einmal in den Ort Playa del Carmen oder setzen nach Cozumel über.“

„Okay, ist schon gut, ich sage ja nichts. Du hast ja einen lieben Mann, der seine spitze Zunge in Deutschland gelassen hat.“ Dabei war er ein bißchen stolz, daß er sich so gut im Zaum hatte. Frau Ramirez fuhr fort: „Als Erfreuliches kann ich Ihnen berichten, daß der Tod des Mafioso, der hier geschehen ist, keine weiteren Konsequenzen für das Hotel und damit für Sie hat. Die vermutliche Zielperson des Killers wurde außer Landes gebracht. Damit entfällt das Interesse der Mafia an unserem Hotel.“

Sofort wurden Fragen nach Details gestellt, aber Frau Ramirez konnte nur antworten, daß sie nicht mehr wisse, als sie gesagt hätte. Nach einigem Gemurmel in der Gruppe ergriff Frau Ramirez dann wieder das Wort.

„Ich möchte, auch wenn die Zahl der Anwesenden stimmt, doch noch die Namen der Teilnehmer aufrufen. Übrigens kommen alle außer einem Paar und zwei Alleinreisenden aus dem Düsseldorfer-Kölner Raum. Warum das so ist, wäre allerdings interessant zu erfahren.“ Dann rief Frau Ramirez nacheinander die Namen auf. Während diese durch ihre Fülle kaum zu merken waren, behielt Miriam, daß der Riese „Jung“ hieß. Peter hatte völlig abgeschaltet und hing seinen Gedanken über Tennis nach, nachdem er letztes Jahr mit diesem Sport begonnen hatte. Als alter Fußballer, dessen Knie mürbe waren, hoffte er, in seiner neuen Aktivität durch seine Athletik schnell Fortschritte zu machen.

Miriam stieß ihn mit einem Finger an, „schlaf nicht ein.“ „Laß mich bloß in Ruhe! Du kannst ja alles mitschreiben, wenn es dir so wichtig erscheint.“ „Meine Güte, wie entspannt du bist. Nimm ruhig ein Glas Sekt, das da noch auf dem Tablett steht.“

Peter ließ sich nicht weiter provozieren, hörte wie Miriam weiter Frau Ramirez zu. Diese schilderte den Ablauf des ersten Reisetages. Währenddessen sah Peter sich jetzt ein bißchen genauer seine Mitreisenden an. Als erstes fielen ihm zwei blonde junge Frauen auf, fast wie Zwillinge, sicherlich Schwestern. Dann drängte sich ihm ein älteres Paar auf, weil der Mann ununterbrochen nickte. Peter vermutete, das könne ein Lehrer sein, der einen stotternden Schüler ermuntert. Aber Frau Ramirez stotterte nicht, sondern informierte in klaren Sätzen.

Zu seiner Rechten saß ein Pärchen, das sich durch einen intensiven Geruch bemerkbar machte. Leider hatte er darauf zu spät reagiert, um sich weit weg von diesem einen Platz zu suchen. Die Frau sah aus, als hätte sie gerade eine Modeboutique geplündert. Ein weißes T-Shirt mit irgendeinem Glitzerzeug und einem V-Ausschnitt, der alle einlud. Davon lenkte nur das Gesicht ab, das so dick geschminkt war, daß es fast wie eine Maske wirkte. Der Mann saß dagegen so steif in brauner langer Hose mit einem blauen Poloshirt daneben, daß die beiden zusammen schon zum Witzeln herausforderten.

Links neben Miriam saß ein gutaussehender Schönling, Typ Skilehrer. Offensichtlich fuhr er ohne Anhang mit. Peter fragte sich, wie solch ein Mann dazu käme, eine Reise zu machen, bei der archäologische Höhepunkte im Vordergrund stehen.

Etwas weiter links sah Peter zwei Paare, die beide jünger schienen als Miriam und er. Eigentlich überraschend viele junge Leute. Er hatte für solch eine Reise eher einen Haufen Rentner erwartet.

Ehe Peter die Mitreisenden weiter mustern konnte, kam Frau Ramirez zum Schluß: „Wir sehen uns dann übermorgen um 10 Uhr an der Rezeption. Ich kann nur empfehlen, überflüssiges Gepäck im Hotel zu lassen. Es wird sicher aufgehoben. Sie sollten auch teuren Schmuck hier in den Hotelsafe geben, da wir in Gebiete fahren, in denen Schmuck Diebe anlockt. Vielen Dank für das Zuhören. Hasta luego, bis bald.“

Peter drängte sofort, die Gruppe zu verlassen, während Miriam noch Ausschau hielt, ob sie mit jemand ins Gespräch kommen konnten. So sprach sie den neben ihr sitzenden Schönling an, der zögernd aufgestanden war. „Kommen Sie auch aus der Düsseldorfer Gegend?“

„Ja, ich habe in Düsseldorf ein Geschäft für Antiquitäten“, gab er bereitwillig Auskunft. „Ich bin öfter in Mexiko, habe aber noch nie die einzelnen Fundstätten angelaufen, wie es diese Reise ermöglicht.“

„Da haben Sie aber einen beneidenswert interessanten Beruf. Während der Reise werde ich Sie sicher öfter etwas fragen, wenn Sie gestatten.“

„Na ja, in meinem Geschäft habe ich es mit Repliquen zu tun. Und typische Kunden für diese sind meist Menschen, die solche Rundreisen wie unsere gemacht und sich nichts mitgenommen haben. Ich kann Ihnen nur empfehlen, in den größeren Ausgrabungen, in denen es Verkaufsstände gibt, etwas zu erwerben, wenn sie an den Mayas mehr interessiert sind.“

Miriam spürte, wie Peter sie fast fortzog. So bedankte sie sich für den Rat und meinte, „wir wollen los. Wir sehen uns.“ Peter nickte immerhin zum Abschied.

Schnell einigten sich Miriam und Peter, nach kurzem Umziehen ans Meer zu gehen. Als Peter merkte, daß sie sich fast hektisch beeilten, meinte er zu Miriam, „denk dran, wir haben Ferien, wir haben reichlich Zeit, um den Rest des Tages gar nichts zu tun, wenn wir nicht wollen.“

Sie suchten sich am Strand zwei Liegen, die sie nahe an den Wasserrand heranzogen. So konnten sie beide zusammen ins Wasser gehen und ihre Wertsachen im Auge behalten. Als ihre Füße das Wasser erreichten, blieben sie beide stehen, um erst einmal das Meer zu bewundern. Grün und Blau, mehrere Pelikane in der Nähe, die Sturzflüge veranstalteten, einzelne längliche dünne Fische, die still standen wie Hechte. „Vermutlich Trompetenfische“, erläuterte Peter. „Ein Traum“, sagte Miriam nur und suchte Peters Hand. Dann gingen sie weiter ins Wasser und ließen sich auf dem Rücken liegend wie in einer Badewanne von den minimalen Wellen schaukeln. Sie träumten so dahin, gelegentlich schwammen sie ein paar Züge, um dann wieder sich von vorne von der Sonne bescheinen zu lassen. Sie beobachteten die Pelikane, konnten aber nie sehen, ob einer von ihnen Beute machte. Die meiste Zeit schaukelten die großen Vögel genauso träge wie sie selbst auf dem Wasser. Wenn Miriam oder Peter mal kurz tauchten, sahen sie außer den Trompetenfischen, die unbewegt standen, nichts, was sich für die Pelikane gelohnt hätte. Das warme Wasser verleitete, zeitlos im Meer zu bleiben. Miriam entschied schließlich, daß sie ihr Bad beenden sollten. Nacheinander duschten sie am Rand der Anlage, ehe sie sich wieder in ihre Liegestühle oder auf ihr Handtuch legten. Sie gönnten sich eine Stunde Sonne auf ihrem Grill. Erleichtert wurde ihnen das Rösten, indem ihnen zweimal eine alkoholfreie Bananamama gebracht wurde.

Miriam ging durch den Kopf, daß Geld doch glücklich machen kann. Was war nur mit den Leuten los, die das Gegenteil behaupteten. Die müssen wohl eine Phantasie von Dauerglück im Gehirn haben, das es einfach nicht gibt. Mehr als glückliche Momente gibt es nicht. Und die genieße ich, bestätigte sie sich.

Peter überlegte, was sie am Nachmittag machen könnten. Er war wie die meisten Männer in einer Paarbeziehung der Planer. So war er schon jetzt in der Lage, viele Ausgrabungsstätten im Kopf zu zeichnen. Für heute bot sich an, zu Fuß nach Playa del Carmen zu gehen, früh genug, um im Hellen wieder zurückzukommen. Die Strecke war sicher nicht viel länger als drei Kilometer.

Als sie etwa eine Stunde sich gedreht und gewendet hatten, waren sie froh, in den Schatten zu kommen. Sie beschlossen, in dem Tagesrestaurant eine Kleinigkeit zu essen und dann sich etwas im Zimmer hinzulegen. Jeder füllte sich einen Salatteller mit Oliven und frijoles und nahm etwas Hühnchenfleisch mit einer scharfen Tomatensoße. Dazu trank sie Wasser und er ein kleines Bier. „Ist ja mein Traum, mittags gedankenlos Bier zu trinken. Aber selbst hier werde ich es bei einem belassen, sonst schlafe ich nach dem Wasser bis abends durch. Aber wir werden nach der Reise einmal schon vormittags mit Alkohol beginnen und einfach weiter trinken bis zum Abwinken. Dann werde ich verkünden, ich habe Ferien.“

Nach einem Mittagsschlaf machten sich Miriam und Peter auf, zu Fuß in die kleine Stadt zu gehen. Nachdem sie das Eingangstor mit seinen Wächtern passiert hatten, ohne noch vorher irgendeinen Polizisten zu sehen, fielen ihnen als erstes eine Reihe von einzelnen Joggerinnen auf, die an ihnen vorbeiliefen oder entgegenkamen. In der Überzahl waren es Frauen in mittlerem Alter in ärmellosen Tops mit kurzen Hosen in grellsten Farben. Fast alle hielten eine kleine Flasche Wasser in der Hand wie einen Fetisch. Viele sahen etwas ausgemergelt aus. „Fitness- und Gesundheitswahn der Amerikanerinnen“, kommentierte Peter. „Richtig bekloppt, fliegen nach Mexiko und traben hier bei einer Bullenhitze. Das kann doch nicht ganz gesund sein. Es sind sicher dreißig Grad, da ist ein Körper doch nur mit dem Überleben beschäftigt“, schimpfte er weiter. Peter trug einen Strohhut, Miriam eine bunte Kappe aus Indonesien, so waren sie neben reichlich Sonnencreme gut geschützt. Ihre Wasserflaschen trug Miriam in einem kleinen Rucksack. Im Kontrast zu den Joggern gingen sie betont langsam, in einem Tempo wie etwa die eine oder andere Indigena, die ebenfalls Richtung Playa del Carmen strebte. Sie kamen an Eingängen von Hotels vorbei, die einen ähnlichen Charakter wie ihres hatte, an etwas altmodischen Villen und modernen kubisch geformten Häusern in der gesamten Farbpalette. Manche Gruppen von Einfamilienhäusern wirkten wie Gemälde. Schließlich erreichten sie in weniger als einer dreiviertel Stunde die Avenida Juarez, die ins Stadtzentrum bis zur Fähre nach Cozumel führte.

Zuerst sahen sie sich die Fähranlagen an. Ein Riesenbetrieb. Offensichtlich hatten sich ganze Schiffsladungen von Cozumel nach Playa del Carmen bewegt, ganze Kreuzfahrtcontainer aufs Festland gekippt. Mehrere Fähren spuckten fast nur alte Amerikaner aus. Peters erster Gedanke war Flucht. „Bloß nichts kaufen. Solange diese Alten einmarschieren, sind alle Preise doppelt so hoch. Auch auf Cozumel verdoppeln sie die Preise, wenn die Amis da sind, habe ich gehört.“

Miriam versuchte, Peter zu beruhigen, “wir gehen mal kurz durch die Hauptstraße, trinken einen Schluck in einer Nebenstraße und dann laufen wir zurück. Hier gibt es sowieso nichts Besonderes zu kaufen.“ „Ich habe gelesen, hier gibt es tolle handgemachte Batik. Vielleicht ein anderes Mal.“

Sie bogen in die Avenida 5 ein, auf der keine Autos fuhren. Andenkenbuden, modernste teure Markenläden, Mayatöpferei, Silberboutiquen vom Feinsten. Als sie etwa die Hälfte der Straße geschafft hatten, erblickten sie ihren „alten“ Bekannten, den „Riesen“ aus der Reisegruppe.

Auch dieser hatte sie erkannt. So blieben sie alle drei stehen und sprachen über die Fülle von Touristen, die sie sich in einer kleinen mexikanischen Stadt nicht vorgestellt hätten. Egon Jung, wie der “Riese“ hieß, erzählte dann, er sei auf dem Weg zu einem kleinen Restaurant. Er habe gehört, der Wirt biete in Minigruppen Ausflüge nach Coba an. Er wolle jetzt dahin, um zu hören, ob morgen vielleicht eine Möglichkeit für einen solchen Trip bestehe. Peter verständigte sich sofort mit Miriam darüber, daß er so etwas auch gerne unternehmen würde. Als sie nickte, fragte er den „Riesen“, ob er etwas dagegen hätte, wenn sie sich ihm anschlössen. „Na, dann hätten wir zumindest eine Minigruppe.“

Miriam und Peter verzichteten auf weitere Geschäftsbesichtigungen und gingen mit Jung die Calle 6 hoch bis zur Avenida 25, wo sie das kleine Restaurant fanden, das offensichtlich einem Schweizer gehörte. Schon hinter einer großen Scheibe hing neben einer Speisekarte ein Schild mit dem Hinweis: „Exkursionen privat nach Coba.“

Die drei setzten sich und bestellten etwas zu trinken. Dann fragten sie die Kellnerin nach den Möglichkeiten einer Tour nach Coba. „Da müssen Sie mit dem Chef sprechen. Ich werde ihm mal Bescheid sagen“, antwortete sie in perfektem Deutsch. Wenige Minuten später erschien ein etwas schwitziger Koch mit Bierbauch und stellte sich vor als Besitzer des Restaurants und Initiator von Unternehmungen nach Coba. Er schilderte den Ablauf, am besten seien drei Personen, die könne er gut vorne in seinem Pick-up unterbringen. Morgen passe ihm allerdings nicht so gut. Sie argumentierten, daß sie übermorgen schon unterwegs seien. „Dann muß ich mit meiner Frau sprechen, ob sie morgen die Küche übernimmt.“ Und weg war der Chef, um mit seiner Frau zu telefonieren. Sie hörten ihn recht laut argumentieren.

Gut gelaunt kam er an den Tisch zurück. Peter vermutete, daß er froh war, aus seiner Küche zu kommen. Über den Preis wurden sich beide Parteien schnell einig. Um neun Uhr wollte der Chef, Herr Malek, sie an der Rezeption ihres Hotels abholen. Kurze Zeit später verließen Miriam, Peter und Herr Jung das Lokal. Miriam meinte zu Herrn Jung, “da haben Sie uns aber einen Gefallen getan, solch eine Möglichkeit zu schaffen, nach Coba zu kommen. Wir hatten schon überlegt, ein Taxi zu nehmen, da wir keine Lust hatten, in einem großen Bus mit vielen Leuten zu sitzen.“ „Ich freue mich auch, daß es geklappt hat, einen Termin für morgen zu finden. Ich weiß nicht, was Sie jetzt vorhaben, ich wollte mir hier noch eine Silberkette ansehen, von der mir jemand erzählt hat.“

Peter teilte darauf mit, daß er und Miriam zum Hotel zurückgehen wollten. Es locke sie, noch einmal an den Strand zu gehen. So trennten sich die drei.

Nachdem sie dann einen Moment zögerten und überlegten, ein Taxi zum Hotel zu nehmen, liefen Miriam und Peter doch zu Fuß zurück. Im Hotel waren sie zwar reichlich müde, rafften sich aber zum Strand auf, wo sie sich in Liegen im Schatten, natürlich mit alkoholfreier Bananamama, erholten. Schließlich ging jeder der beiden mal kurz ins Wasser, ehe sie etwas vom Tagesbuffet aßen. Der anschließende Schlaf endete nach Sonnenuntergang. Bevor sie zum Abendessen aufbrachen, packten Miriam und Peter jeder eine kleine Tasche für den morgigen Ausflug, die sie über der Schulter tragen konnten. Dann bestellten sie ein Lunchpaket, das sie an der Rezeption abholen konnten.

Nach dem Abendessen landeten sie wieder an der Bar nahe dem Strand und probierten einige Drinks, bis sie wieder eine Bananamama favorisierten, dieses Mal mit einem kräftigen Schuß Rum, wie sie sehen konnten. Der ließ sie später schnell in den Schlaf fallen. Peter, der noch versucht hatte, etwas über Coba nachzulesen, was er sich zuhause zusammengestellt hatte, gab schnell auf. Bevor ihm die Augen zufielen, kontrollierte er gerade noch Tür und Fenster und überließ sich dem leisen Geräusch des sich drehenden Ventilators.

*****

Peter wurde wieder als erster wach. Es war kurz vor acht. Er weckte Miriam, die sich wie eine Katze räkelte. Das machte Peter an, etwas Anderes zu wollen, als zu frühstücken. Aber er animierte sie, doch zügig zum Restaurant aufzubrechen. Vor allen Dingen wollte er nicht in Hetze geraten, was bei Miriam immer die Gefahr war, da sie gerne trödelte. Immerhin schafften sie es beide, rechtzeitig ihre morgendliche Nahrungsaufnahme zu beenden, um in ihrem Apartment noch einmal das Badezimmer aufsuchen zu können.

Pünktlich um neun Uhr waren sie an der Rezeption und nahmen ihr Lunchpaket in Empfang. Sie sahen den Chef des Restaurants mit seinem hellbeigen Pickup vor den Stufen des Gebäudes. Im selben Augenblick tauchte auch Egon Jung auf, der sich noch schnell seinen Lunchbeutel holte, ehe er zu den Dreien stieß. Der Koch hatte sich als Xaver vorgestellt und schlug vor, sich doch zu duzen, wie es üblich bei Ausflügen sei.

Miriam, Peter, Egon und Xaver stiegen ein, Egon durfte wegen seiner Größe natürlich vorne sitzen. Ab ging es Richtung Tulum, das ja auch archäologisch interessant war. Vielleicht könnten sie später gezielt dorthin fahren, wenn sie noch Lust auf weitere Mayazeugnisse hätten. Es war auch leicht mit einem öffentlichen Bus erreichbar.

Zuerst sprach Xaver alleine. Er wirkte ganz anders als in seinem Restaurant. Er war irgendwie größer, als Miriam ihn in Playa del Carmen wahrgenommen hatte, trug eine dünne helle Kunststoffhose mit Seitentaschen und darüber ein grünes Leinenhemd. Auf dem Kopf hatte er eine Sportkappe, die so verwaschen war, daß gerade noch „Nike“ zu lesen war. „Wir werden jetzt etwas über 100 km fahren, die Straßen sind ganz ordentlich, so daß wir schnell vorankommen. Wenn ich auf dem Parkplatz von Coba keinen großen Bus sehe, führe ich euch zuerst zu den Ausgrabungen. Falls dort einer oder sogar mehrere Busse sind, fahren wir vorbei zu einem Indianerdorf an einem der Seen, von dem aus euch ein Indianer durch den Dschungel führt. Ich werde es mir ersparen, euch einen Vortrag über Coba zu halten. Die meisten, die ich hierhin fahre, sind bestens informiert. Dazu steht an jeder Ecke eine Tafel in englischer Sprache. Und wenn Fragen offenbleiben, könnt ihr mich noch hinterher fragen. Einverstanden?“

Die drei nickten oder murmelten eine Zustimmung. Die Fahrt führte mehr durch Grün als von Cancun nach Playa del Carmen. So kamen sie auch an Akumal vorbei, das Peter von einem Freund empfohlen worden war wegen seiner Ursprünglichkeit, eine Art Mischung zwischen üblichem Sandstrand und so etwas wie einem flachen Riff. Das erste Gefühl von Dschungel stellte sich bei Peter ein, ein Hauch von Abenteuer kam auf. Miriam saß entspannt neben ihm und sah aus dem Fenster auf der Suche nach neuen Eindrücken. Xaver kommentierte vereinzelt die Strecke, wies auf Abzweigungen hin, um schließlich das Radio so laut anzumachen, daß keine Unterhaltung möglich war. Als es Miriam durch die Klimaanlage zu kalt wurde, einigten sie sich, mit offenen Fenstern zu fahren, da keiner sich durch den Fahrtwind gestört fühlte. Kurz vor Tulum verließen sie die Carretera 307 und bogen nach rechts ab Richtung Valladolid. "Jetzt sind es noch rund vierzig Kilometer“, kommentierte Xaver den Richtungswechsel.

Auf den nächsten Kilometern verstärkte sich bei Peter der Eindruck, im Umkreis des Urwalds unterwegs zu sein. Und da die Straße in nicht so gutem Zustand war, fuhr Xaver langsamer. Egon, der bisher wenig gesagt hatte, drehte sich etwas rückwärts und fragte Miriam und Peter, “was führt euch überhaupt nach Mexiko und dann nicht nur an den Strand?“