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Copyright Stefan Schurr – Winterbach 2019
Herstellung und Verlag:
Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN-13: 978-3-7481-4599-8
Mit der richtigen Strategie zum bestmöglichen Wettkampfergebnis!
Bücher, Abhandlungen und Angebote zum Thema Trainingsplanung und -durchführung gibt es viele. Forschung und Ratgeber treiben auf diesem Gebiet immer neue Blüten: Schlagwörter wie Polarisiertes Training, Hochintensives Intervalltraining oder Blockperiodisierung machen die Runde und bestimmen den Trainingsalltag vieler Athleten. Auch in den Bereichen Regenerationsoptimierung sowie Ernährung hat sich in den letzten Jahren viel getan: Low Carb und Paleo-Ernährung ist in vieler Munde. Faszienrollen allgegenwärtig.
Modernes Ausdauertraining ist vielfältig, individuell und innovativ geworden!
Egal ob Profi, ehrgeiziger Altersklassenathlet oder auch etwas weniger ambitioniert. Alle versuchen das Maximum aus ihren individuellen Möglichkeiten herauszuholen und geben dafür oft auch sehr viel Geld aus.
Monatelang bereiten sich Athleten auf ihren ganz großen Wettkampf vor. Und was passiert am Wettkampftag? Taktik, Pacing und Ernährung gleichen oft einem Vabanquespiel mit ungewissem Ausgang!
Was gilt es am Wettkampftag zu beachten? Wie kann der Athlet aus seinen individuellen Möglichkeiten das Maximum erreichen, wie das Optimum aus der monatelangen Vorbereitung herausholen?
Diese Buch gibt dem Athleten einen konkreten Leitfaden an die Hand, der ihm dabei Unterstützung bietet.
Für Triathleten auf der Mittel- und Langdistanz bedeutet die Umsetzung einer optimalen Wettkampfstrategie normalerweise, dass sie die Ziellinie in der schnellstmöglichen Zeit erreichen können.
Auf den längeren Triathlondistanzen, die wir in diesem Buch betrachten, stellen ein effizientes Energiemanagement sowie eine ökonomische Krafteinteilung entscheidende Kriterien dar. Aber auch andere Faktoren haben ihren Einfluss auf das Ergebnis am Wettkampftag. Worauf wir in diesem Zusammenhang in den folgenden Kapiteln eingehen werden sind:
Pacing: mit ökonomischer Krafteinteilung und effizientem Energiemanagement zur schnellstmöglichen Gesamtzeit.
unmittelbare Wettkampfvorbereitung (UWV) unter dem Gesichtspunkt der Trainingsgestaltung in den letzten 10-14 Tagen vor dem Wettkampf. Es geht darum frisch und leistungsbereit am Start zu stehen. Gerade in dieser Phase kann noch viel falsch gemacht werden. Ein zu viel an Training in diesen Tagen resultiert in einer großen Restermüdung. Ein zu wenig schadet aber auch, der Körper schaltet in einen „Ruhemodus“ herunter und ist weniger leistungsbereit. Die gesunde Mischung aus Training und Erholung garantiert am Wettkampftag die maximale Leistungsbereitschaft!
Materialoptimierung: im Radfahren haben sowohl Aerodynamik und (Roll-)widerstand als auch Komfort ihren offensichtlichen Einfluss auf das Wettkampfergebnis, aber auch im Schwimmen und Laufen kann man an einer Optimierung ansetzen und am einen oder anderen Schräubchen drehen um die Gesamtperformance zu steigern.
Wettkampfernährung: die Energie- und Flüssigkeitszufuhr spielt auf den längeren Wettkampfstrecken eine entscheidende Rolle, so dass auch beim Laufen gegen Ende des Wettkampfs noch genügend Energie vorhanden ist und eine hohe Geschwindigkeit aufrecht erhalten werden kann. In dieser letzten Wettkampfphase kann der Athlet noch sehr viel Zeit einbüßen!
Einfluss von Hitze- und Kälte: hier treten mitunter Umstände auf, die noch besonders in die Betrachtung der Wettkampfvorbereitung und -durchführung einfließen sollten. Paradebeispiel ist der Ironman auf Hawaii: extreme Hitze und hohe Luftfeuchtigkeit stressen die Athleten zusätzlich und verlangen von ihnen alles ab!
Mentale Bewältigungsstrategien: auf den langen Triathlondistanzen kann man von einem ständigen Krisenmanagement sprechen, Phasen der Euphorie wechseln mit schwierigen Phasen ab, mentale Bewältigungsstrategien helfen in Krisensituationen die Leistung hoch zu halten.
optimales Wettkampfgewicht: das ist ein Faktor, der am Wettkampftag natürlich nicht mehr beeinflussbar ist. Dennoch wollen wir ihm Beachtung schenken, da das Wettkampfgewicht -vor allem der Körperfettanteil- doch einen großen und entscheidenden Einfluss auf die körperliche Leistungsfähigkeit und damit das Wettkampfergebnis hat.
Das Ziel ist, dass der Athlet die einzelnen wettkampfrelevanten Faktoren in einen harmonischen Einklang bringen kann, so dass er am Ende sein individuell bestmögliches Wettkampfergebnis erreicht.
Los geht’s!
Mit der richtigen Strategie zum optimalen Wettkampfergebnis!
Was bedeutet optimales Pacing für den Triathleten?
Im Prinzip läuft es darauf hinaus, dass die Wettkampfdistanz in der kürzest möglichen Zeit bewältigt werden kann!
Dabei treten einige Gesichtspunkte auf, die es zu betrachten gilt:
Welche Wettkampfgestaltung verspricht das beste Endergebnis?
Wie kann ich meine Kräfte am ökonomischsten einsetzen, so dass ich am Ende noch genügend Energie für das Laufen habe?
Wie komme ich beim Radfahren am effektivsten über Berge ohne zu überpacen?
Wie wirkt sich eine aggressive Renngestaltung auf dem Fahrrad auf die Laufperformance aus?
Und so weiter, die Liste möglicher Tücken und Fallstricke ist lang. Strategische Fehler beim Pacing können sich auf das Wettkampfergebnis fatal auswirken!
Was in diesem Kapitel die wesentliche Überlegung darstellt, ist die nach einer ökonomischen Renneinteilung. Es geht im um Tempogestaltung und den effizienten Einsatz der eigenen Ressourcen.
Eine gleichmäßige Leistungsentfaltung bringt unter dem Gesichtspunkt einer ökonomischen Energiebereitstellung deutliche Vorteile und sollte gegenüber einer Renngestaltung mit ausgeprägten Belastungsspitzen auf jeden Fall favorisiert werden. Spitzenathleten, die sich in unmittelbarer Konkurrenz zu anderen Athleten befinden, weichen allerdings teilweise von dieser Art der Renngestaltung ab um mit „Zwischenspurts“ andere Athleten unter Druck zu setzen oder auf Geschwindigkeitsvariationen der Konkurrenten zu reagieren. Meist geht das dann aber auch zu Lasten einer schnellstmöglichen Endzeit. Taktische Gesichtspunkte rechtfertigen diese Maßnahmen um nicht schon frühzeitig „ins Hintertreffen“ zu geraten!
Je nach Belastungsdauer spielt sich die Energiebereitstellung während eines Triathlon-Wettkampfs meist unterhalb bis an den Bereich der individuellen anaeroben Schwelle ab. Diese Schwelle stellt den Intensitätsbereich dar, an dem gerade noch keine verstärkte Laktatanhäufung in der Muskulatur stattfindet und die über längere Zeit aufrecht erhalten werden kann.
Bei kurzen Wettkämpfen unter einer Stunde liegt die Intensität teilweise auch über der individuellen anaeroben Schwelle, hier kann die höhere Belastung eine gewisse Zeit toleriert werden. Bei Ironman-Rennen mit ihrer langen Wettkampfdauer liegt die Intensität meist deutlich darunter: hier stellt dann der Energieverbrauch und dabei der Anteil des Kohlenhydratstoffwechsels an der Energieproduktion den hauptsächlichen Leistungsbegrenzer dar. Das unterstreicht die große Bedeutung des Fettstoffwechsels bei dieser langen Wettkampfbelastung. Und diesem Gesichtspunkt muss dann bereits im Training die entsprechende Priorität eingeräumt werden.
Während eines Langdistanz-Triathlon geht der Athlet im Verlauf des Rennens ein großes Energiedefizit ein. Es ist schlicht nicht möglich, so viel Energie aufzunehmen wie im Laufe des Wettkampfes verbraucht wird. Ergo: Bei einer Langdistanz stellt der Kohlenhydratverbrauch einen begrenzenden Leistungsfaktor dar. Werden die körpereigenen Speicher im frühen Verlauf des Rennens zu stark aufgebraucht, so gehen die Energiereserven im späteren Verlauf zur Neige. Ein daraus resultierender Leistungseinbruch gegen Ende der Radstrecke kann dramatische Formen annehmen. Man hat das Gefühl auf der Stelle zu treten! Und der abschließend zu absolvierende Marathonlauf wird dann auch kaum mehr zum Vergnügen werden! Also das Rennen ruhig etwas konservativer angehen und die Speicher möglichst lange schonen!
Auf der Kurzdistanz sieht der Fall anders aus, hier fällt das Energiedefizit nicht so hoch aus, so dass auch gegen Ende des Wettkampfs noch genügend Kohlenhydrate aus den Körperdepots zur Energiegewinnung herangezogen werden können. Bei dieser Streckenlänge stellt vor allem die Höhe der individuellen anaeroben Schwelle sowie ein gut funktionierender Kohlenhydratstoffwechsel die leistungsbegrenzenden Faktoren dar.
Die Mitteldistanz nimmt eine Zwischenstellung ein: einerseits ist die Höhe der individuellen anaeroben Schwelle ein begrenzender Faktor für eine hohe generelle Leistungsfähigkeit, andererseits sollten aber auch hier die Energievorräte möglichst ökonomisch genutzt werden. Vor allem im Hinblick auf den abschließenden Halbmarathon, der ja noch in einer verhältnismäßig hohen Intensität gelaufen wird und dementsprechend viel Energie über den Kohlenhydratstoffwechsel zur Verfügung gestellt werden sollte.
Nachfolgend werden wir die beiden hauptsächlichen Leistungsbegrenzer näher betrachten. Also einerseits für die kürzeren Distanzen die Höhe der individuellen anaeroben Schwelle (IANS) sowie andererseits den möglichst ökonomischen Energieverbrauch für die längeren Distanzen im Triathlon.
Wir führen die Betrachtung für die olympische Triathlon-Distanz durch. Und zwar für Rennen mit Windschattenverbot. Bei Wettkämpfen, in den das Windschattenfahren erlaubt ist, gelten durch den Einfluss von Konkurrenten andere taktische Richtlinien.
Der Athlet sollte sich während des Wettkampfs möglichst nah an seiner individuellen anaeroben Schwelle (IANS) bewegen. Sie wird auch als „Stundenleistung“ bezeichnet und stellt den Bereich dar, der gerade noch über einen längeren Zeitraum aufrecht erhalten werden kann. Geht er mit seiner Intensität über diese Schwelle, so ist dies relativ schnell mit einem darauf folgenden Leistungsverlust verbunden. Laktat häuft sich an, der Sportler muss sein Tempo reduzieren.
Eine langsame Annäherung an die individuelle anaerobe Schwelle stellt die effektivere Variante dar! Das bedeutet, dass sich der Athlet am Anfang jeder Disziplin bewusst etwas zurücknimmt und sich quasi langsam an sein eigentliches Wettkampftempo „herantastet“.
Das Schaubild auf der gegenüberliegenden Seite veranschaulicht die Taktik.
Dass sich der Athlet am Anfang der Schwimmstrecke über seiner individuellen anaeroben Schwelle befindet ist dadurch bedingt, dass durch ein schnelles Anschwimmen eine gute Position im Feld erreicht werden soll. Ansonsten kann es passieren, dass die ersten Schwimmer bereits enteilen und kein Wasserschatten mehr gefunden wird. Dieses Vorgehen ist nicht zwingend, hat sich aber durchaus bewährt und wird von vielen Athleten praktiziert. Das schnelle Anschwimmen sollte auf jeden Fall trainiert werden um Laktatverträglichkeit und -abbau zu verbessern.
Zu Beginn des Radfahrens passiert es oft, dass der Athlet etwas zu enthusiastisch loslegt, hier ist es sinnvoll sich am Wattmessgerät zu orientieren und bewusst etwas konservativ zu starten!
Auf der Laufstrecke kann die Intensität im Endspurt dann natürlich auch deutlich über der individuellen anaeroben Schwelle liegen um noch den einen oder anderen Konkurrenten zu überholen und hinter sich zu lassen. Die damit verbundene Laktatanhäufung wird in dieser Rennphase in Kauf genommen.
Je länger ein Rennen andauert, desto mehr ist die Leistungsfähigkeit vom Kohlenhydratverbrauch abhängig. Zwar kann man während des Rennens ständig Nahrung zuführen, da der Energieverbrauch aber deutlich höher ausfällt als die maximal mögliche Resorption werden die Speicher im Laufe der Zeit unweigerlich zur Neige gehen. Vor diesem Hintergrund erscheint ein ökonomischer Umgang mit den Energiereserven des Körpers durchaus sinnvoll.
Um die Funktion von Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel zu verstehen, müssen wir uns zunächst deren jeweiligen Anteil an der Energiegewinnung in Abhängigkeit von der Belastungsintensität betrachten.
Im Schaubild fallen vor allem zwei Dinge auf: Erstens erkennt man, dass der Kohlenhydratstoffwechsel mit höherer Belastungsintensität exponentiell ansteigt. Zweitens sieht man, dass der Anteil des Fettstoffwechsels ab einer bestimmten Belastungsintensität rapide abnimmt.
Wo ist jetzt das optimale Verhältnis von Leistungsoutput und gleichzeitig ökonomischem Umgang mit den Energiereserven?
Es liegt bei einem ausgeglichen Verhältnis beider Stoffwechselwege. Und das ist etwa bei 80-85 Prozent der individuellen anaeroben Schwelle der Fall. Über diesen Bereich sollte man sich bei einer längeren Belastungsdauer nach Möglichkeit nicht begeben. Denn was passiert? Der Anteil des Fettstoffwechsels geht relativ schnell gegen Null, im Gegenzug steigt der Kohlenhydratverbrauch exponentiell an. Das Resultat: die Speichen werden rasend schnell entleert. Im weiteren Verlauf des Rennens fehlen dann genau diese Ressourcen!