Karlheinz Happe
Birkenweg 5
08541 Mechelgrün
bildungsberatung
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autor@karlheinzhappe.de
www.karlheinzhappe.de
1. Auflage, 2019
© Karlheinz Happe – alle Rechte vorbehalten.
Karlheinz Happe
Birkenweg 5
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ISBN: 9783749458981
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Titelbild: © Daniel Ernst – Fotolia
Begriff der Doppik in der Öffentlichen Verwaltung.
Doppik ist ein Kunstwort, das den Begriff doppelte Buchführung abkürzt. Die Abkürzung steht für DOPPeltes Buchen in Konten. Diese klassische Definition betrifft eigentlich nur das Buchen im Zusammenhang mit der laufenden Buchhaltung, und hier nicht, wie man vermuten könnte, alles wird doppelt erfasst, sondern lediglich, dass jede Veränderung des Vermögens, der Schulden sowie des Basiskapitals auf mindestens zwei Bilanzpositionen erfasst wird. Im Zusammenhang mit der Einführung der Doppik in der Öffentlichen Verwaltung wurde der Begriff inhaltlich erweitert. Er umfasst nun nicht nur das eigentliche Buchen, sondern auch alle Arbeiten und Ergebnisse, die im Zusammenhang mit der Haushaltsplanung, Haushaltsdurchführung und dem Jahresabschluss stehen.
Das sind im Einzelnen:
Haushaltsplanung und Haushaltsvollzug,
Abschlussbuchungen,
Erstellen der Bilanz, der Erfolgsrechnung und der
Finanzrechnung,
Erstellen des Anhangs und des Lageberichtes.
In Abgrenzung zu der in der Privatwirtschaft üblichen doppelten Buchführung mit Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung wird, bei der in der Öffentlichen Verwaltung praktizierten Doppik ein so genanntes 3-Komponenten-Modell verwendet. Dieses umfasst die Vermögensrechnung (entspricht der Bilanz), Ergebnisrechnung (entspricht der GuV) und Finanzrechnung (entspricht vereinfacht der klassischen kameralen Rechnung), das durch ein viertes Modul - der Kosten- und Leistungsrechnung (KLR) zu einem 4-Komponenten-Modell ergänzt wird (Integrierte Verbundrechnung). Auf die letztgenannte Komponente ist nicht zu verzichten, da der doppische Haushalt zukünftig auf der Basis von Produkten erstellt wird, deren Kosten können nur mit den Instrumentarien der KLR den Produkten korrekt zugeordnet werden. Damit wird es den Adressaten des doppischen Abschlusses ermöglicht, sich ein genaueres Bild von der wirtschaftlichen Gesamtsituation der Kommune zu verschaffen. Die Transparenz ist gegenüber kameralistischen Haushalten deutlich höher, u. a. ist es aus Teilergebnisrechnungen nachvollziehbar, welche Leistung (welches Produkt) in der Kommune wirtschaftlich erstellt worden ist, welche Leistung eine Verschlechterung/Verbesserung des Ergebnisses verursacht hat.
Die Kommune besteht in der Regel nicht nur aus der eigentlichen Verwaltung, sondern in vielen Fällen sind der Kommune Eigenbetriebe und Beteiligungen an erwerbswirtschaftlich geführten Unternehmen zu zurechnen. Die Doppik macht es auf der Grundlage eines einheitlichen Buchhaltungssystems möglich, alle beteiligten Einrichtungen zu einem fiktiven Unternehmen zusammen zu fassen. Im Ergebnis entsteht ein Jahresabschluss, der die Kommune in ihrer Gesamtheit darstellt – der „Konzernabschluss“.
Gründe für die Einführung der Doppik
Mit der erfolgreichen Einführung der Doppik werden für die Öffentlichen Verwaltungen mehr Kostentransparenz und ein insgesamt effizienteres Arbeiten erwartet. Die Umstellung in den Kommunen soll laut Beschluss der ständigen Innenministerkonferenz der Länder vom 21. November 2003 bis spätestens 2012 abgeschlossen sein. Allerdings handhaben die Länder dies uneinheitlich. In Thüringen (und Bayern) gilt ein Wahlrecht für die Kommunen (also Doppik oder erweiterte Kameralistik). Ein aus heutiger Sicht später Einführungstermin ist in Baden-Württemberg festgelegt worden: 01.01. 2020. Bevor Argumente für die Einführung der Doppik angeführt werden, hier ein Zitat aus Goethes Wilhelm Meisters Lehrjahre:
„Welchen Überblick verschafft uns nicht die Ordnung, in der wir unsere Geschäfte führen! Sie lässt uns jederzeit das Ganze überschauen, ohne daß wir nötig hätten, uns durch das Einzelne verwirren zu lassen. Welche Vorteile gewährt die doppelte Buchhaltung dem Kaufmanne! Es ist eine der schönsten Erfindungen des menschlichen Geistes, und ein jeder guter Haushalter sollte sie in seiner Wirtschaft einführen.“1
Die Diskussion über die Einführung der Doppik ist bis heute noch nicht abgeschlossen. In einigen Fällen, in denen eine abwehrende Haltung eingenommen wird, ist häufig Unwissenheit die Ursache.
Die Verwaltungsbuchführung in Thüringen weicht gegenwärtig noch erheblich von den Buchführungen der anderen Bundesländer ab. Gegenwärtig wenden 13 Bundesländer die Doppik an, lediglich in Bayern und Thüringen haben die verantwortlichen der jeweiligen Landesregierungen entschieden, den Kommunen ein Wahlrecht: Beibehaltung der Kameralistik oder Umstellung auf das Neue Kommunale Finanzwesen, eingeräumt. Letzteres ist als „Doppik“ landläufig bekannt. Als außenstehender Beobachter kann man den Eindruck gewinnen, dass von den thüringischen Kommunen bestehende Vorteile der Doppik gefürchtet werden. Das könnte z. B. die deutlich bessere Transparenz für alle direkt Beteiligten (eben auch Mandatsträger und Führungskräfte) sein. Bürger könnten über die Dokumente der Doppik Einblick nehmen, in welcher Höhe das Vermögen der Steuerzahler (Basiskapital, Eigenkapital) bewirtschaftet wird, und wie es sich entwickelt. Unabhängig ob kameralistisch oder doppisch „gebucht“ wird, ein Ausgleich der Ausgaben/Aufwendungen durch Einnahmen/Erträge muss in beiden Systemen erfolgen. Allerdings im doppischen Buchhaltungssystem erkennt der Adressat für welche Verwaltungsleistung werden welche Aufwendungen verbraucht. Beim Vergleich der Produkterstellung und deren Ressourcenverbrauch mit anderen Kommunen kann (unter Berücksichtigung objektiver Unterschiede) die Wirtschaftlichkeit, die ja vom Gesetzgeber in der Kommunalverordnung und, was noch wichtiger erscheint im Grundgesetz, gefordert wird, nachvollzogen werden. Entscheidungen der Verwaltung können hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit bewertet werden. Populisten könnten die Nichteinführung der Doppik auch dahingehend interpretieren, dass das eine bürgerferne Politik ist, das mit den Steuergeldern etwas geschieht, was nicht alle Bürger wissen sollten. Dazu gibt es Anfragen und Vorschläge der AfD zur Doppik auf Landesebene (Landtag Thüringen: Kleine Anfrage 426)2, auf Bundesebene (Antrag im Bundestag zu Pensionsrückstellungen und deren Ausweis)3.
Tatsächlich war in den vergangenen Jahren das Interesse der Bürger/innen an kommunalen Haushaltsentscheidungen weniger ausgeprägt. Mit der öffentlichen Diskussion um Theorien der „Verschwörung und Verschleierung des Establishments“ ist die Notwendigkeit offensichtlich geworden, diesen Theorien mit vermehrter Transparenz entgegenzutreten. Viele die diesen Bewegungen angehören, sehen in der Kameralistik eine überholte Form Eigentum der Steuerzahler zu verwalten (Anfragen an Bundesregierung und Parlamente).
Die Argumente, die gegen die Einführung der Doppik bestehen, beziehen sich auf den hohen Aufwand, der bspw. für die Inventur des kommunalen Vermögens erforderlich ist und (bisher) nicht durch die Vorteile der Doppik kompensiert werden konnte. Um diesen Aufwand möglichst gering zu halten, kann auf Erfahrungen von Kommunen aus Thüringen (die die Umstellung bereits realisiert haben) zurückgegriffen werden. Auch Erfahrungen anderer Bundesländer sollten genutzt werden, um bereits gemachte Fehler bei der Einführung der Doppik nicht zu wiederholen.
Auch ist es nicht sinnvoll Ressourcen für die Vorbereitung der Einführung der Doppik zu verbrauchen, um dann, wenn die doppische Haushaltssatzung von der Aufsichtsbehörde nicht genehmigt wird, per Ratsbeschluss die kamerale Rechnungslegung wieder einzuführen, die dann genehmigt wird. Dazu das Beispiel der Stadt Schleiz. Mit großem Enthusiasmus4 wird die Einführung der Doppik in die Öffentlichkeit getragen. Beschrieben und gelobt wird der Einsatz der Mitarbeiter/innen in der Kämmerei, die den Umstellungsprozess begleitet haben. Nun besteht der Vorteil der Doppik besonders darin, dass der tatsächliche Ressourcenverbrauch dargestellt wird, und ein Außenstehender kann beurteilen, in wie weit die Kommunen „vernünftig“ gewirtschaftet hat. Es wird auch dokumentiert, in welcher Höhe die genutzten Anlagegüter an Wert verloren haben (Abschreibungen). Der im ersten doppischen Haushaltsplan ausgewiesene Verlust muss nach den Regeln der Doppik in zukünftigen Verwaltungsjahren ausgeglichen werden. Das war den Ratsmitgliedern (federführend Mitglieder der CDU) wohl zu kompliziert. Die Bürger von Schleiz hätten ja die Bemühungen (Erträge zu erhöhen, Aufwendungen zu senken) nachvollziehen können. Der Rat entschied sich zur Rückkehr zur kameralen Rechnungslegung5, im Ergebnis kann ein auf die reinen Geldströme (Einzahlungen und Auszahlungen) abgestellter „ausgeglichener“ kameraler Haushalt dargestellt werden. Die Realität richtet sich allerdings nicht danach, wie ein Rechnungswesen ausgestaltet wird, sondern in der Realität sind die Werteverluste, die nun nicht ausgewiesen werden, da, sie sind in sanierungsbedürftigen Straßen, Brücken, Schulgebäuden usw. sichtbar.
Hinzu kommt, dass die EU-Kommission prüft, inwieweit bei der Rechnungslegung die Doppik anzuwenden ist, und ob dieses Verfahren im Rahmen einer transparenteren Haushaltskontrolle für alle Mitgliedsstaaten angewandt werden soll. In einigen europäischen Ländern (Großbritannien, die nordischen Länder, Frankreich, Schweiz, Österreich, …) wird dieses Rechnungslegungsverfahren bereits über Jahre genutzt. In den folgenden Ausführungen sollen einige, ausgewählte Vorteile, die sich aus der Einführung der Doppik ergeben, aufgezeigt werden.
Die Doppik erfasst den kompletten Ressourcenverbrauch. Das ist einer der wesentlichen Vorteile der Doppik. Durch sie werden die gesamten Ressourcen und deren Verbrauch dargestellt, auch die Aufwendungen, die in der Kameralistik nicht in dieser Form ausgewiesen wurden (Abschreibungen als Wertminderung des Anlagevermögens, Rückstellungen als ungewisse Verbindlichkeiten). Dadurch wird es möglich, die tatsächliche wirtschaftliche Situation einer Gemeinde, einer Stadt oder eines Landkreises darzustellen. Die Doppik führt zu einer verbesserten Transparenz der Aufgaben der öffentlichen Verwaltung. Jeder (Bürger, Politiker, Aufsichtsbehörde, …) kann sich ein realistisches Bild von der wirtschaftlichen Situation seiner Verwaltung machen bis hin zur Berücksichtigung von Beteiligungen der Gemeinde.
Die Doppik erbringt den Nachweis, inwieweit generationengerecht und nachhaltig gewirtschaftet wird. In der gegenwärtigen Diskussion spielt die intergenerative Gerechtigkeit eine nicht unbedeutende Rolle. Die wird durch die Berücksichtigung von zukünftigen Zeiträumen (Rückstellungen, zeitliche Abgrenzungen) im doppischen Rechnungswesen gewahrt. Jedem Interessierten wird deutlich gemacht, wenn Belastungen in die Zukunft verschoben wurden und damit nachfolgende Generationen belastet werden.
Die Doppik liefert bessere Entscheidungsgrundlagen und bessere Steuerungsinformationen. Insbesondere Führungskräfte sowie Mandatsträger erhalten mit den Dokumenten der Doppik Instrumentarien, die es ihnen erlauben, politische Entscheidungen sachgerechter als bisher zu treffen. Durch unterjährige Vergleiche der Teil-Ergebnisrechnungen mit der Haushaltsplanung kann steuernd eingegriffen werden. Die outputorientierte Steuerung zeigt auf, welche Ressourcen, für welche Produkte verbraucht wurden. Mit der Einführung der Doppik wird es den kommunalen Einrichtungen möglich, eine Vielzahl von Instrumenten aus dem betriebswirtschaftlichen Controlling zur Steuerung einzusetzen. Durch die erhöhte Transparenz werden Tendenzen in der wirtschaftlichen Entwicklung in die falsche oder richtige Richtung eher sichtbar und damit steuerbarer.
Praxistipp:
Aus den angeführten Vorteilen ergibt sich für Kommunalpolitiker die folgende Zusammenfassung: Nur wer einen detaillierten Überblick über sein Vermögen, seine Schulden und sein Basiskapital (Eigenkapital), seine Erträge und Aufwendungen hat, kann Entscheidungen treffen, die die Gegenwart und die zukünftige Entwicklung der Kommune beeinflussen. Die viel zitierte höhere Transparenz muss durch die "Anwender" auch genutzt werden.
Das Rechnungswesen (REWE) ist ein Teilgebiet der Betriebswirtschaftslehre. Es dient der vollständigen, systematischen Erfassung, Überwachung und informatorischen Verdichtung der durch den Verwaltungsprozess entstehenden Geld- und Leistungsströme.
Das Rechnungswesen untergliedert sich in zwei Teilbereiche:
Externes Rechnungswesen
Die externe Rechnungslegung bildet die wirtschaftliche Situation der Verwaltung nach außen ab (Finanzbuchhaltung). Dargestellt wird die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Verwaltung, gegliedert in Bilanz, Erfolgsrechnung und Finanzrechnung. Rechtliche Grundlagen sind das Handelsgesetzbuch (HGB), steuerrechtliche Regelungen sowie landesspezifische Bestimmungen zum Rechnungswesen. Es entspricht den oben beschriebenen Inhalten der Doppik (Buchführung, Inventar, Jahresabschluss (Bilanz, Ergebnisrechnung und Anhang), Lagebericht, Sonderbilanzen, Zwischenbilanzen, Konzernabschluss).
Die Aufgaben des Rechnungswesens bestehen in der Dokumentation (lückenlose und systematische Aufzeichnung aller Geschäftsvorfälle), der Information und Rechenschaftslegung (für/gegenüber Aufsichtsbehörde, Banken, interessierte Bürger, Ratsmitglieder…) sowie der Kapitalerhaltung (langfristige Sicherstellung des in der Eröffnungsbilanz als Basiskapital ausgewiesenen „Eigenkapitals“).
Das interne Rechnungswesen entspricht der Kosten- und Leistungsrechnung (KLR). Es hat die Aufgabe, den Ressourcenverbrauch für die Produkte (interne und externe) einer Kommune so genau wie möglich zu erfassen (Produktkalkulation). Die möglichst verursachungsgerechte Produktkalkulation wird perspektivisch eine produktorientierte Haushaltsplanung ermöglichen.
Dem internen Rechnungswesen werden weitere Teilbereiche zugeordnet: Betriebswirtschaftliche Statistik, Vergleichsrechnung und Planungsrechnung.
Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung und Bilanzierung
Ein Jahresabschluss muss, wie die gesamte Buchführung, den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung und Bilanzierung entsprechen. Diese Ordnungsmäßigkeit wird vom beauftragten Prüfer dann auch testiert. Die Grundsätze ordnungsgemäßer Bilanzierung (GoB) sind ein Regelwerk des Rechnungswesens mit Rechtsnormcharakter, d. h., die Anwendung der GoB ist verbindlich. Nur ein Teil der GoB ist in Gesetzestexten niedergelegt (z. B. Handelsgesetzbuch/HGB), nicht kodifizierte GoB beruhen auf Empfehlungen und Gutachten, wissenschaftlichen Diskussionen und Gepflogenheiten der Praxis usw. Einige wichtige Grundsätze werden im Folgenden erläutert:
Generalnorm: Beinhaltet die Forderung, dass Jahresabschlüsse den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung und Bilanzierung entsprechen müssen.
Stichtagsprinzip: Die Jahresabschlüsse beziehen sich nach der Erstellung der Eröffnungsbilanz immer auf den 31.12. eines Haushaltsjahres. Das Haushaltsjahr ist gleich dem Kalenderjahr.
Vollständigkeit:
Danach sind alle Vermögensgegenstände, Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten (RAP) zu erfassen. Das ermöglicht, dass das gesamte Vermögen sowie alle Schulden und das Eigenkapital (Basiskapital) erkennbar sind.
Saldierungsverbot:
Vermögenspositionen dürfen nicht mit Kapitalpositionen saldiert werden, ebenso wenig ist das Saldieren von Erträgen und Aufwendungen erlaubt. Die Kommune ist also verpflichtet, beispielsweise Mieterträge und Mietaufwendungen voneinander getrennt in der Ergebnisrechnung auszuweisen.
Bilanzkontinuität:
Fordert, dass bei den der Eröffnungsbilanz folgenden Abschlüssen eine „Stetigkeit“ (formal und materiell) einzuhalten ist. Die formale Stetigkeit bezieht sich auf die Darstellung des Jahresabschlusses (z. B.: Beibehaltung einer einmal gewählten Gliederungstiefe). Die materielle Stetigkeit fordert die Beibehaltung von Wertansätzen. Der Bestand in der Schlussbilanz eines Haushaltsjahres muss dem Anfangsbestand des unmittelbar folgenden Haushaltsjahres entsprechen.
Einzelbewertung:
Jeder Vermögensgegenstand und jede Schuldenposition sind einzeln zu bewerten, sollte das nur mit hohem Aufwand oder gar nicht möglich sein, so können geregelte Ausnahmen zur Anwendung kommen (z. B.: Festwerte).
Kaufmännische Vorsicht:
Der Grundsatz der kaufmännischen Vorsicht fordert den Bilanzierenden auf, von zwei möglichen Wertansätzen einer Aktivposition den niedrigeren von beiden anzusetzen.
Praxisbeispiel: Die Kommune xy hat ein Grundstück (Brachland) im Besitz, dessen Anschaffungskosten betrugen 500.000 €. Kurz vor Abschluss der Eröffnungsbilanz wird der Wert des Grundstückes in einem Gutachten mit 1,5 Mio. € ausgewiesen. Solange das Grundstück noch im Besitz der Kommune ist, ist nach dem Grundsatz der kaufmännischen Vorsicht das Grundstück mit den historischen Anschaffungskosten (hier: 500.000 €) zu bilanzieren. Erst bei einem Verkauf muss der dann erzielte Gewinn bilanziert werden.
Bei Schuldenpositionen ist es umgekehrt: Von zwei möglichen Wertansätzen einer Schuldenposition ist der höhere von beiden zum Ansatz zu bringen.
Praxisbeispiel: Im November kauft eine Stadt Rohstoffe in den USA. Die Lieferung geht am 12. November ein, Rechnungsbetrag 10.000 US$. Tageskurs am 12. November:1€ = 1,41 US $ (Anschaffungskosten = 7.092,20 €). Zahlungsziel ist der 28. Februar des Folgejahres. Zum 01.01. ist diese kurzfristige Lieferantenschuld zu bilanzieren. Der Tageskurs zum letzten Börsentag im Dezember: 1€ = 1,20 US$. Nach dem Grundsatz der kaufmännischen Vorsicht sind diese kurzfristigen Verbindlichkeiten mit: 8.333,33 € zu bilanzieren und nicht mit ihren Anschaffungskosten von: 7.092,20 €.
Dokumentation der intergenerativen Gerechtigkeit: Mit dem Jahresabschluss auf der Grundlage der Regeln der Doppik erkennt der Leser alle Sachverhalte, die einen Bezug zu zukünftigen Haushaltsjahren aufweisen (Rückstellungen; langfristige Verbindlichkeiten (Kredite), aktive und passive Rechnungsabgrenzung…).
Aufbewahrungsfristen für Handelsbücher, Inventare, Abschlüsse, PC-Programme und Belege: 10 Jahre. Bei einer PC-gestützten Buchhaltung müssen die gespeicherten Dateien innerhalb dieses Zeitraums lesbar gemacht werden können. Das kann wichtig werden, wenn in diesem Zeitraum ein Wechsel des Buchhaltungsprogramms stattfinden sollte.
Gesetzliche Regelungen
Bundesweite Regelungen
Das Handelsgesetzbuch (HGB)6 seit seinem Inkrafttreten (01. Januar 1900) die Handelsgeschäfte der Kaufleute. Diese Rechtsgrundlage hat sich über Jahre hinweg bewährt, auch wenn sie mehrfach überarbeitet worden ist, zuletzt mit dem Bilanzrechtsmodernisierungs-Gesetz (BilMoG) im Mai 2009. Für die Einführung der Doppik und die entsprechenden landesspezifischen Regelungen haben viele Bestimmungen des HGB Pate gestanden:
u.a.: § 240 Inventar; § 243 - Aufstellungsgrundsatz; § 255 – Bewertungsmaßstäbe (Anschaffungskosten, Herstellungskosten); § 266 Gliederung der Bilanz. Neben dem HGB bestimmen weitere bundesweit geltende Regelungen auch die kommunalen Abschlüsse, wie das Körperschaftsteuer- und Umsatzsteuer-Gesetz (z. B.: bei Betrieben gewerblicher Art (BgA)).
Landesspezifische Regelungen für Thüringen
Das kann keine abschließende Aufzählung sein, im Folgenden sind nur die aufgezeigt und kurz beschrieben, die einen großen Einfluss auf die doppische Haushaltsführung nehmen.
Gemeindehaushaltsverordnung – ThüGemHV-Doppik7
Abschnitt 1: Haushaltsplan Bestandteile
Abschnitt 2: Planungsgrundsätze
Abschnitt 3: Deckungsgrundsätze, Haushaltsausgleich
Abschnitt 4: Weitere Bestimmungen für die Haushaltswirtschaft
Abschnitt 5: Automatisierung der Kassengeschäfte und des Rechnungswesen
Abschnitt 6: Abwicklung des Zahlungsverkehrs
Abschnitt 7: Buchführung, u. a. Zweck der Buchführung, Buchführungspflicht …
Abschnitt 8: Inventur, Inventar, Ansatz- und Bewertungsbestimmungen
Im § 43 des Abschnittes 8 sind Festlegungen getroffen zur Berücksichtigung steuerlicher Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften bei Betrieben gewerblicher Art (BgA).
Abschnitt 9: Jahresabschluss, u. a.
Abschnitt 10: Gesamtabschluss
An dieser Stelle werden Festlegungen zum Gesamtabschluss (die Kommune als Konzern) getroffen.
Die verschiedenen Gruppen von Vermögensgegenständen sind mit ihren Nutzungsdauern unter www.nkhr-bw.de dargestellt.
Thüringer Gemeindebewertungsverordnung -ThürGemBV8
Inhalt:
§ 1 Bewertungsgrundsätze
§ 2 Zeitlicher Anwendungsbereich für den Ansatz von Vergleichs- oder Erfahrungswerten
§ 3 Bestimmung der wirtschaftlichen Restnutzungsdauer zum Bewertungsstichtag
Ab dem § 4 werden Hinweise zur Bewertung von Vermögensgegenständen, diese Hinweise sind entsprechend der Bilanzpositionen gegliedert.
Thüringer Gesetz über die kommunale Doppik (ThürKDG)
Erster Abschnitt:
Allgemeine Bestimmungen, Ausübung des Optionsrechts.
Zweiter Abschnitt:
Allgemeine Haushaltsgrundsätze, Haushaltssicherungskonzept, Haushaltssatzung, Haushaltsplan, Nachtragshaushaltssatzung, vorläufige Haushaltsführung, …
Dritter Abschnitt und Vierter Abschnitt
Kreditwesen, Kassen und Rechnungswesen.
Fünfter Abschnitt
Jahresabschluss, Gesamtabschluss, Prüfungswesen.
Sechster Abschnitt
Schlussbestimmungen (u. a. Wertansätze in der Eröffnungsbilanz, Korrektur der Eröffnungsbilanz, …).
Praxistipp:
Wichtige Bestimmungen sollten in jeder Bibliothek eines Abgeordneten sein. Via Internet (Website des Innenministeriums Thüringen) lassen sich diese problemlos herunterladen. Mit den heutigen Kommunikationsgeräten (Handys; Smartphons) haben Sie diese dann auch stets verfügbar am Mann/an der Frau.
Inventur - Begriff
Im Rahmen der Erstinventur sowie zum Schluss eines jeden Haushaltsjahres ist von der Kommune eine mengen- und wertmäßige Erfassung ihrer Vermögensgegenstände und Schulden sowie Rechnungsabgrenzungsposten durchzuführen. Die Vermögensgegenstände, Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten werden mengen-(durch: Messen, Zählen, Wiegen, Schätzen) und wertmäßig erfasst (Bestandsaufnahme).
Nach der Art der Durchführung (Inventurverfahren)9 werden unterschieden: die körperliche Inventur und die Buchinventur.
Körperliche Inventur: Die materiell vorhandenen („greifbaren“) Vermögensgegenstände sind durch Zählen, Messen, Wiegen sowie durch Schätzen mengenmäßig zu erfassen. Die Ermittlung des Wertes eines Vermögensgegenstandes erfolgt im günstigsten Fall auf der Basis historischer Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Die ermittelten Werte sind um folgende Sachverhalte zu mindern: Kumulierte Abschreibungen, Beschädigungen, Mängel, verminderte oder fehlende Verwertbarkeit, Qualität und Zustand. Für die Bestimmung der Art einzelner Vermögensgegenstände ist eine ausreichende Sachkunde der aufnehmenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erforderlich.
Buch-Inventur: Die Art, Menge und der Wert der Vermögensgegenstände und Schulden kann nur über Aufzeichnungen (Bücher) ermittelt werden. Das betrifft u. a. Forderungen, Guthaben bei Kreditinstituten, Verbindlichkeiten, Rückstellungen sowie aktive und passive Abgrenzung. Eine besondere Form, der nicht körperlichen Inventur ist vom Gesetzgeber erlaubt, nämlich dann, wenn für Vermögensgegenstände des Anlagevermögens beispielsweise eine Anlagenkartei (PC-Programm) geführt wird, aus der die Zu- und Abgänge, sowie die Wertminderungen und eventuelle Zuschreibungen zeitnah erfasst werden. Der Bestand kann dann zum jeweiligen Bilanzstichtag (Eröffnungs-, Schlussbilanz) diesen Unterlagen entnommen werden.
Bei der Inventur müssen die Grundsätze ordnungsmäßiger Inventur (diese entsprechen den GoB) beachtet werden10.
Neben der Nutzung von Informationen aus Büchern der Buchführung können unter bestimmten Umständen Informationen aus anderen Dokumenten verwendet werden.
Arten der Vermögensgegenstände und Schulden
Bei der Erstinventur müssen Vermögensgegenstände (Anlage- und Umlaufvermögen), Schulden, Rückstellungen sowie aktive und passive Rechnungsabgrenzungsposten vollständig erfasst werden. Ein Gegenstand ist dem Vermögen einer Kommune zu zurechnen, wenn die nachfolgenden Bedingungen erfüllt sind, und keine Regelungen des Ansatzverbotes greifen:
Wirtschaftliches Eigentum:
„Wirtschaftlicher Eigentümer ist danach, wem dauerhaft, also für die gesamte wirtschaftliche Nutzungsdauer des betreffenden Vermögensgegenstandes, Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten an dem Vermögensgegenstand zustehen.“11
Es sind also die folgenden Fragen zu stellen und zu beantworten: Übt die Kommune die tatsächliche Sachherrschaft über den Vermögensgegenstand aus?
Trägt die Kommune Gefahr und Risiko? sowie Kann die Kommune den rechtlichen Eigentümer von der Nutzung des Wirtschaftsgutes während der Vertragsdauer ausschließen?
Beispiele für die Nichtübereinstimmung zwischen juristischem und wirtschaftlichem Eigentum können u. a. Leasing, Bauten auf Grundstücken Dritter, Kommissionsgeschäfte, Treuhandverhältnisse, Factoring, Pensionsgeschäfte und unberechtigter Eigenbesitz, Sicherungsübereignungen, Eigentumsvorbehalt, sein.
Selbstständige Verwertbarkeit12