Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
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Impressum:
© 2019 Mittelmann, Angelika
Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN 9783749461219
Die Rechenautomaten haben etwas
von den Zauberern im Märchen.
Sie geben einem wohl, was man sich wünscht,
doch sagen sie einem nicht, was man sich wünschen soll.
Norbert Wiener, amerikanischer Mathematiker (1894–1964)
Die Digitalisierung in allen unseren Lebensbereichen schreitet unaufhaltsam voran. Diese Transformation stellt nicht nur Einzelpersonen, sondern vor allem auch Organisationen vor große Herausforderungen. Beispielsweise möchten Kunden ihr Leben soweit wie möglich online gestalten. Das beginnt beim Einkauf von Produkten des täglichen Bedarfs und reicht bis zur Abwicklung aller ihrer Geschäftstätigkeiten. Immer mehr Mitarbeiter möchten unabhängig von Zeit und Ort ihre Arbeitsleistung erbringen und fordern daher immer öfter flexible Arbeitsmodelle und -umgebungen (Telearbeit, Homeoffice). Immer mehr Unternehmen lassen ihre Geschäfte und Projekte von flexiblen, global agierenden Teams abwickeln, um alle strategisch relevanten und rentablen Geschäftsoptionen realisieren zu können. Immer größere Datenmengen (Stichwort Big Data) werden ausgewertet, um neue Geschäftsmodelle in immer kürzeren Zeitabständen für den nachhaltigen Geschäftserfolg zu entwickeln.
Organisationen haben jedoch oft Schwierigkeiten mit der digitalen Transformation. Nicht zuletzt fehlen den Mitarbeitern häufig die notwendigen Kompetenzen, die sie für die professionelle Abwicklung digitalisierter Arbeitsschritte benötigen. Unter diesem Blickwinkel stellt sich die Frage, wie auch Methoden des Wissensmanagements angepasst werden können, um diese Veränderungen zu begleiten. Ihr Beitrag ist, den Geschäftserfolg der sich transformierenden oder bereits transformierten Organisation durch den professionellen Umgang mit Wissen absichern zu helfen.
Für dieses Buch wurden alle Methoden im „Werkzeugkasten Wissensmanagement“ auf ihr Digitalisierungspotenzial hin überprüft. Weiters wurde eine Vorgehensweise entwickelt, mit deren Hilfe der Digitalisierungsgrad der Methoden angehoben werden kann. Sie wurde auf viele Methoden im Werkzeugkasten angewendet. Durch die schrittweise Erhöhung des Digitalisierungsgrads mit Hilfe vorhandener IT-Infrastruktur wird allen Mitarbeitern in einer Organisation diese Transformation erleichtert.
Alle IT-Werkzeuge, die für die Digitalisierung der Methoden zur Anwendung kommen, wurden kategorisiert, um der Problematik des hoch volatilen Software-Marktes, in dem ständig Produkte vom Markt genommen werden und neue hinzukommen, auszukommen.
Dieses Buch stellt somit eine Weiterentwicklung des „Werkzeugkasten Wissensmanagement“ dar. Es sind jene Methoden enthalten, deren Digitalisierungsgrad gegenüber der ursprünglichen Version angehoben werden kann. Einige neue sind hinzugekommen, die mittlerweile im Kontext von Wissensmanagement von großem Interesse sind oder besonders zukunftsweisende Ansätze aufweisen.
Linz, im Sommer 2019
Angelika Mittelmann
Als erste möchte ich Brigitte Melzig nennen, die mich während der gesamten Schreibphase begleitet, jede Methode gelesen und auf Verständlichkeit sowie Fehler geprüft hat.
Mein Dank gilt ebenfalls Manfred della Schiava, dem Autor der beiden Gastbeiträge „Wissensmeeting“ und „quICK win Produktivitätsanalyse“. Mit Rat und Tat zur Seite gestanden sind mir: Irene Häntschel-Erhart (Werkzeug-Kategorien, Methodenauswahl), Christine Erlach (Storytelling-Prozess, Transfer Stories), Annette Hexelschneider (Wissenskarten, Canvas Checkliste, Anekdoten-Zirkel), Anabela Horta (Wissensorientiertes Mitarbeitergepräch), Sonja Sattelberger-Socher (Werkzeug-Kategorien, Wissensstafette), Dirk Liesch (Erweiterung des Semantischen Raums des Wissensmanagements), Gabriele Vollmer (Lessons Learned Prozess), Petra Wimmer (Werkzeug-Kategorien), Andreas Pucher (Werkzeug-Kategorien), Claudia Thurner-Scheuerer (Werkzeug-Kategorien), Manfred Bornemann (Werkzeug-Kategorien), Mathias Böhm (Buchgestaltung und -design).
Von vielen weiteren wohlmeinenden, hier nicht namentlich genannten Menschen habe ich im Laufe des mehrjährigen Buchprojekts Unterstützung erfahren. Ihnen allen möchte ich an dieser Stelle ebenfalls herzlich danken. Mein schlechtes Namensgedächtnis mögen sie mir verzeihen.
Last but not least hat mir meine Familie tatkräftig geholfen. Mein Mann Rudolf hat mir Feedback zum gesamten Buchinhalt gegeben, alle Grafiken rund um den Semantischen Raum des Wissensmanagements entworfen und das Buch druckfertig gemacht. Meine Schwester Ilse hat in altbewährter Weise das Buch Korrektur gelesen. Meine Schwiegertochter Daniela hat mich bei der farblichen Gestaltung und einigen Grafiken im Buch beraten. Danke für eure Geduld und Hilfe!
Die Digitalisierung der Arbeitswelt ist allgegenwärtig – und führt bei vielen Beschäftigten zu großer Unsicherheit. Denn die zunehmende Digitalisierung geht einher mit Wandel und der Konfrontation mit der unbekannten Zukunft. Doch wenn man genauer hinsieht, ist das nichts Neues. Die Zukunft war auch früher schon unbekannt und Wandel gab es auch bereits vor der Digitalen Transformation.
Verändert hat sich jedoch das Tempo des Wandels und dadurch auch der Druck auf die Unternehmen, sich anzupassen und dem Wettbewerbsdruck in der Digitalen Transformation standzuhalten. Die Unsicherheit wird zudem noch durch die Medien geschürt; kaum ein Tag vergeht ohne Beiträge und Kommentare in Internet und Printmedien, die nicht mehr oder weniger explizit Anlass zur Sorge geben: Wenn sich ein Unternehmen nicht der Digitalen Transformation öffnet und sich anpasst, wird es untergehen, so der Tenor vieler Meldungen.
Doch wird oft das Instrument für eine Handlung mit der Handlung selbst verwechselt – das Messer kann verletzen, aber auch ein wertvolles Werkzeug sein. Die Digitalisierung ist weder gut noch schlecht, sie ist einfach gegeben als ein Faktum auf unserer Reise in die Zukunft.
Entscheidend ist vielmehr, wie die Beschäftigten auf diese Reise mitgenommen werden! Vollzieht sich der Wandel Schritt für Schritt, wird den Beschäftigten Orientierung im Transformationsprozess gegeben, dann werden die Vorzüge der Digitalisierung die Bedenken überrunden.
Dieses Buch ist eine Wegmarke in den Wandel und ein sehr gelungener Leitfaden, wie bewährte Werkzeuge im Wissensmanagement in eine zunehmend digitale Welt überführt werden können, mehr noch, durch die Digitalisierung mitunter auch angereichert und verbessert werden können.
Jedoch wird in dieser Werkzeugauswahl auch deutlich, wo die Grenzen der Digitalisierung liegen und welche Werkzeuge daher nicht - zumindest nicht vollends - digitalisiert werden sollten. So kommt etwa dem Erfahrungswissen der Mitarbeitenden eine zentrale Rolle zu, denn es ist von enorm großem Wert für ein Unternehmen. Und es entzieht sich der Digitalisierung weitgehend! Für das Heben und die Weitergabe von implizitem und Erfahrungswissen ist der persönliche Austausch unumgänglich.
Durch das Anerkennen von solchen Grenzen der Digitalisierung und die Kategorisierung der Werkzeuge zur erleichterten Werkzeugauswahl schafft Angelika Mittelmann mit diesem Band sehr gute Voraussetzungen, die Digitalisierung Schritt für Schritt und mit dem Menschen im Mittelpunkt zu gestalten.
Burscheid, im Juni 2019
Christine Erlach
„Wissen muss ständig vertieft, in Frage gestellt und erweitert werden oder es geht verloren.“ Peter Drucker
Meine Berufserfahrung zeigt mir, dies gilt auch für das Wissensmanagement, also für Strategien und Methoden im Umgang mit Fachwissen. Angelika Mittelmann erreicht genau dies mit diesem Buch. Sie denkt Wissensmanagement weiter. Wissensmanagement wird digital/er, um selbst Schritt zu halten und um die digitale Transformation einer Organisation, Firma zu ermöglichen.
Wie auch in ihrem Vorgängerbuch, dem Wissensmanagement-Klassiker „Werkzeugkasten Wissensmanagement“, liegen diesem Buch Strukturen zugrunde, die den leichten Einstieg für vielfältige Ziele ermöglichen. So bieten Stufen der Digitalisierung die Chance, sich exakt von dem Ausgangsniveau im Wissensmanagement weiter zu entwickeln, auf dem man gerade steht. Fünf Stufen der Digitalisierung werden dazu je Methode vorgestellt. Außerdem dienen vier Methoden-Cluster als Wegweiser zu strategischen Ansatzpunkten für Wissensmanagement.
Und es gibt noch mehr Orientierungsmöglichkeiten, die immer gleichzeitig zeigen, was digitales Wissensmanagement leisten kann.
Die Betrachtung von Grenzen und Risiken, sowie der benötigten Anwendungskompetenzen geben Sicherheit bei der Auswahl und Nutzung der Methoden.
Damit ist dieses Buch sowohl ein sehr fundierter als auch ein sehr praktischer Wegbegleiter in die Zukunft des Wissensmanagements.
Wien, im Juni 2019
Annette Hexelschneider
In meinem Geleitwort zur „analogen“ Version des Wisensmanagement-Werkzeugkastens hatte ich unter dem Titel „Vom Faustkeil zur Kompetenzmatrix“ argumentiert, dass sich die Entwicklung der Menschheit an ihren Werkzeugen ablesen lässt. Wenn nun Wissen dominanter Wertschöpfungsfaktor ist, dann benötigen wir Werkzeuge zum Lernen, Austauschen, Strukturieren, Aufbewahren und Finden unseres Wissens. Mit der Digitalisierung haben die Menschen Ihre Werkzeuge weiterentwickelt und neue sind dazugekommen. Der Faustkeil des 21sten Jahrhunderts ist das Smartphone, mit dem wir statt physischer Objekte Informationen bearbeiten und kommunizieren. Wir haben Zugriff auf Denkunterstützung aus der Cloud, Algorithmen bilden Teile unseres Wissens ab oder nehmen uns das mühsame Auswerten großer Datenmengen ab.
Was bedeutet das für den Umgang mit Wissen in der Zukunft?*
Unser Handeln hinterlässt vielfältige digitale Spuren durch Dokumente, Interaktionen in sozialen Netzen, Kommunikation über vielfältige Applikationen, am Körper getragene Kameras und Sensoren sowie die Nutzung weiterer Medien. All diese Spuren lassen zunehmend transparent werden, mit welchen Themen ich mich beschäftige, wie ich arbeite und lerne, wie ich andere und wie andere mich bewerten, was ich weiß und nicht weiß. Der digitale Fußabdruck lässt sich nur schwer verbergen. Da ist der Schritt nicht weit zum digitalen Wissensmanager, der mir individuell, dem Team, der Organisation und organisationsübergreifend „hilft“, Wissen zu organisieren, (Projekt)erfahrungen zu systematisieren, Kompetenzprofile automatisch zu aktualisieren und daraus Vorschläge für arbeitsintegrierte Trainings und die themenbezogene Kontaktaufnahme mit Menschen macht. Wenn auf dieser operativen Ebene die Fußabdrücke des Handelns ausgewertet und weitgehend automatisiert kuratiert werden, dann haben wir unseren Geist frei, über den verantwortlichen Umgang mit Wissen zu reflektieren, d. h. das zu tun, was die Algorithmen nicht können. Wissensmanagement hat hier die Aufgabe, den Menschen die Mittel zur Verfügung zu stellen, damit sie mit dem exponentiellen Wachstum der durch selbstlernende Systeme geschaffenen Möglichkeiten Schritt halten und unter ethischen Gesichtspunkten Einhalt gebieten können. Einige der im Buch vorgestellen Werkzeuge werden Sie dabei unterstützen.
Wiesbaden, im Juni 2019
Klaus North
*Siehe North, K., Maier, R. (2018): Wissen 4.0 – Wissensmanagement im digitalen Wandel. HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik. August 2018, Volume 55, Issue 4, pp 665–681.
Um die Verwendung des digitalisierten Werkzeugkastens so einfach wie möglich zu gestalten, werden in diesem Kapitel einige wenige Grundlagen dargelegt. Diese umfassen Begriffsklärungen und die Beschreibung der Werkzeugkategorien. Zur Abrundung des Themas werden Hilfestellungen für die Begleitung der Einführung der digitalisierten Methoden gegeben.
Da es sich um den digitalisierten Werkzeugkasten Wissensmanagement handelt, muss als erstes der Begriff „Digitalisierung“ geklärt werden, der in unterschiedlichen Zusammenhängen verwendet wird. Es ist sinnvoll, sich mit den verschiedenen Bedeutungen näher zu befassen, die im Kontext von Wissensmanagement wichtig sind.
Der Begriff „Digitalisierung“ meint zunächst (1. Bedeutung) den möglichst durchgängigen Einsatz von Informationstechnologien (IT) bei der Ausführung von Geschäftsprozessen, die der Informationsbeschaffung und -visualiserung bzw. der synchronen oder asynchronen Kommunikation zwischen Gesprächspartnern dienen. Die „digitalisierte“ Informationsbeschaffung kann beispielsweise in einer Suchmaschine durch eine Suchabfrage erfolgen, das Ergebnis wird durch Anzeige der gefundenen Einträge visualisiert. Räumlich weit verstreute Projektteammitglieder können durch Einsatz eines Videokonferenz-Systems eine Teamsitzung abhalten (synchrone Kommunikation) oder im Forum einer Projektplattform Themen diskutieren (asynchrone Kommunikation). Im Kontext von Wissensmanagement-Methoden ist vor allem diese Bedeutung von Interesse.
Im Kontext von „Industrie 4.0“ steht der Begriff (2. Bedeutung) für das Zusammenwachsen von Menschen und Maschinen zu cyber-humanen Systemen (vgl. Bendel 2015, Hess 2016). Das bekannteste und derzeit am heftigsten diskutierte Beispiel ist das autonome Fahrzeug, in dessen Transportaufgabe der Mensch nur noch in Ausnahmefällen eingreift. Tiefgreifender beschreibt diese Integration das Konzept der „digitalen Fabrik“, in der Mitarbeiter, Softwarewerkzeuge (Applikationen) und cyber-humane Systeme gemeinschaftlich zur Erstellung der virtuellen und reellen Produkte eingesetzt werden (vgl. Zäh et al. 2003, S. 76).
Der Begriff wird auch häufig verwendet (3. Bedeutung) in Zusammenhang mit den beobachtbaren Veränderungen, die Organisationen durch den verstärkten Einsatz von IT in allen ihren Geschäftstätigkeiten durchlaufen. Der Begriff steht hier als Kurzform für „digitale Transformation“. Ein bekanntes Beispiel für diese Art von Transformation einer gesamten Branche ist das Unternehmen Uber, ein Online-Vermittlungsdienst zur Personenbeförderung. Das Unternehmen lebt von den Provisionen aus den Einkünften der vermittelten Personentransporte. Die Vermittlung läuft ausschließlich über eine Smartphone-App oder eine Website. Es besitzt keine eigenen Transportmittel und betreibt keine Vermittlungszentralen.
Die hier angesprochene digitale Wende ist an und für sich kein neues Phänomen. Seit mehreren Jahrzehnten werden Informationstechnologien zur Beschleunigung und Verbesserung von Geschäftsprozessen eingesetzt. Was in den letzten Jahren allerdings stark zugenommen hat, ist der Druck zur Transformation durch den massiven Fortschritt auf vielen technologischen Gebieten (vgl. Matt/Hess/Benlian 2015). Daher sollte diese Bedeutung bei der Einführung oder Anpassung von Wissensmanagement in Organisationen nicht außer Acht gelassen werden.
Da es im Kontext von Wissensmanagement immer wieder zu Begriffsverwirrungen zwischen den Begriffen „Methode“, „Werkzeug“ und „Instrument“ kommt, erfolgt vorab eine klare Abgrenzung:
Aus diesen Definitionen ist ersichtlich, dass im Wissensmanagement (WM) Methoden zum Einsatz kommen. Durch den Einsatz von geeigneten Werkzeugen in Form von Softwaresystemen in passenden Prozessschritten der Methoden können diese digitalisiert werden. Auf die Verwendung des Begriffs „Instrument“ kann verzichtet werden, da im Kontext von Wissensmanagement (derzeit) keine physischen Mess- oder Untersuchungsgeräte verwendet werden.
Die Kategorisierung schließt nicht alle Arten von Werkzeugen ein, sondern nur jene, die für die Digitalisierung von WM-Methoden zum Einsatz kommen können. Die Bezeichnung der Kategorien erfolgt mit Hilfe von Verben, die die gewünschten Funktionen der Werkzeuge charakterisieren.
Die Werkzeuge werden zwölf Kategorien (siehe Abbildung 1) zugeordnet. Jeweils drei Kategorien sind zu einer Gruppe mit einem eindeutigen Funktionsfokus zusammengefasst. Der Fokus der Gruppe „netzwerken-kommunizieren-zusammenarbeiten“ (Farbe Orange in Abbildung 1) liegt in der Kommunikation. Das Wesentliche bei der Gruppe „teilen-veröffentlichen-verteilen“ sind die Artefakte, Beiträge oder Links, die online bereitgestellt werden (Farbe Grün in Abbildung 1). Bei der Gruppe „befragen-spielen-lernen“ geht es um Interaktion im jeweiligen Themengebiet (Farbe Violett in Abbildung 1). Bei der Gruppe „suchen-visualisieren-kuratieren“ (Farbe Blau in Abbildung 1) geht es um das Finden, Ordnen und Darstellen von Informationen entsprechend definierter Zielsetzung.
Abbildung 1: Werkzeug-Kategorien
Nachfolgend werden je Kategorie die wichtigsten Funktionen angegeben, die Werkzeuge in dieser Kategorie anbieten müssen. Darunter sind jeweils einige Beispiele für zugehörige Technologien angeführt. Kurzbeschreibungen zu den Technologien sind im Glossar (auf Seite →) zu finden.
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Werkzeuge der Kategorie netzwerken (networking) unterstützen beim Knüpfen und Pflegen von Beziehungen im Netz. |
z.B. Social Networking, Business Networking, Social Media | |
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Werkzeuge der Kategorie kommunizieren (messaging) ermöglichen Personen, sich über Text-, Audio- und/oder Video-Nachrichten in Echtzeit oder auch asynchron auszutauschen. |
z.B. Synchrone: Instant Messaging, Telefonkonferenz, Chats, Videokonferenz, Webkonferenz Asynchrone: E-Mail, Sprach-Mail, SMS, Mailing-Listen, Diskussionsforum |
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Werkzeuge der Kategorie zusammenarbeiten (collaborating) versetzen in die Lage, Inhalte synchron oder asynchron gemeinsam zu erarbeiten, darüber zu diskutieren, zu verändern und anzupassen entsprechend der Zielsetzungen. |
z.B. Elektronische Gruppenkalender, Social Bookmarking, Social Tagging, Groupware, Teamräume, Diskussionsforum, Workflow Management System, Projektkooperationssystem | |
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Werkzeuge der Kategorie suchen (searching) unterstützen das Finden von benötigten Informationen in allen verfügbaren Datenquellen (z.B. Datenbanken, Internet, soziale Netze). |
z.B. Suchmaschinen, Spezialsuchmaschinen, Metasuchmaschinen, Social Bookmarking, Social Tagging | |
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Werkzeuge der Kategorie visualisieren (visualizing) ermöglichen die Analyse von Daten und Inhalten sowie die bildhafte Strukturierung und/oder Darstellung von Inhalten. |
z.B. Data Mining, Data Analyzing, Tabellen, 2D/3D-Diagramme, Mapping, Prozess-Visualisierung, Infografik, Augmented Reality (AR), Virtual Reality (VR) | |
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Werkzeuge der Kategorie kuratieren (curating) helfen beim Auswählen, Sortieren und Aufbereiten von Informationen. |
z.B. Team Bookmarking, RSS Feeds, Abstract Dienste, Social Media Monitoring, Curation Services | |
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Werkzeuge der Kategorie befragen (survey) erlauben das Erstellen, Durchführen und Auswerten von Online-Befragungen. |
z.B. Computer Assisted Telephone Interview, Online-Befragung, Multimedia-Befragung | |
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Werkzeuge der Kategorie spielen (gaming) ermöglichen das Entwickeln und zur Verfügung stellen von Lernspielen. |
z.B. Entwicklungswerkzeuge für Interaktive Rallye, Videoanimation, Rollenspiele etc., Lern-/Spiele-Plattformen | |
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Werkzeuge der Kategorie lernen (learning) bieten Unterstützung bei der Erstellung von Lerninhalten entsprechend pädagogisch-didaktischen Grundsätzen. |
z.B. Autorenwerkzeuge für Online Lerncards, Online Quizz etc., Test-Tools, Learning Analytics Tools, Lern-Plattformen | |
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Werkzeuge der Kategorie verteilen (distributing) bieten die Möglichkeit, beliebige Artefakte (z.B. Dokumente, Präsentationen, Bilder, Musik, Videos) oder Verweise auf Artefakte öffentlich im Netz zur Verfügung zu stellen. |
z.B. Öffentliche Ordner für Wissensobjekte, Streaming-Dienste (live, Musik, Video etc.), Audio/Video-Podcasting, Sharing-Plattformen (Foto, Video, Musik etc.) | |
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Werkzeuge der Kategorie veröffentlichen (publishing) sind behilflich, Inhalte auf einfache Art und Weise selbst zu erstellen und online zu veröffentlichen. |
z.B. Web-Notebooks, Blog, wiki | |
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Werkzeuge der Kategorie teilen (sharing) machen es möglich, beliebige Artefakte (z.B. Dokumente, Präsentationen, Videos) anderen Personen innerhalb selbstgewählter Gruppen im Netz zugänglich zu machen und sich über deren Inhalte in Form von Kommentaren auszutauschen. |
z.B. Ordner für geschlossene Gruppen, Teamräume |
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Manche Werkzeuge bieten Funktionalitäten, die mehrere Kategorien überdecken. Solche „Universalwerkzeuge“ sind in der Regel spezialisierten Einzelwerkzeugen vorzuziehen, weil sie helfen, Komplexität zu reduzieren.
In Organisationen sind viele WM-Methoden im praktischen Einsatz mit unterschiedlichem Digitalisierungsgrad. Manche kommen völlig ohne Technikunterstützung aus (siehe z.B. „Dialog“ in Mittelmann 2011, S. 155), bei einigen werden in einzelnen Prozessschritten IT-Werkzeuge eingesetzt (siehe z.B. „Ontologieentwicklung - Schritt Implementierung“, ebd. S. →), einige wenige benötigen durchgängige IT-Unterstützung (siehe z.B. „Serious Games“, ebd. S. →).
Folgende Vorgehensweise (siehe Abbildung 2) kann genutzt werden, um die Möglichkeit des Einsatzes von IT-Werkzeugen im Rahmen einer WM-Methoden-Anwendung zu untersuchen und ggfs. vorzubereiten.
Ausgehend von der Zielsetzung für die Digitalisierung der Methode (z.B. Effizienz- oder Produktivitätssteigerung, größere Reichweite, höhere Verfügbarkeit von erfolgsrelevantem Erfahrungswissen) wird nach einer angemessenen Zeitspanne das Ergebnis des Methodeneinsatzes evaluiert. Am besten gelingt dies durch eine Befragung der Methodenanwender. Die Ergebnisse dieser Befragung liefert für die weitere Optimierung des Methodeneinsatzes wertvolle Hinweise.
Abbildung 2: Vorgehensweise zur Digitalisierung einer WM-Methode
Die erfolgreiche Digitalisierung einer WM-Methode im organisationalen Umfeld erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Entscheidungsträgern, Methodenanwendern, WM- und IT-Experten sowie Personalmanagement während des gesamten Einführungsprozesses. Den erfahrenen Methodenanwendern kommt in dieser Gruppe eine besondere Rolle zu. Sie sind diejenigen, die die WM-Methode in- und auswendig kennen und in ihrem Arbeitsalltag professionell und mit Begeisterung einsetzen. Daher sind sie prädestiniert für die Rolle der WM-Botschafter im Rahmen des Change Prozesses.
WM-Botschafter haben idealerweise eine gewisse IT-Affinität und starkes Interesse an Wissensmanagement. Außerdem sind sie bei ihren Kollegen geschätzt und können auch schwierige Inhalte gut erklären. Sie begleiten ihre Kollegen bei der ersten Methodenanwendung direkt am Arbeitsplatz (training on the job) und sind die Ansprechpartner bei weiteren Fragen oder Problemen.
Sollte für die betreffende Methode noch keine Beschreibung vorliegen, sind die WM-Botschafter die erste Adresse für die Ausformulierung der Prozessschritte. Ob sich der Einsatz eines IT-Werkzeugs lohnt, untersuchen sie danach gemeinsam in dem gesamten Einführungsteam, um möglichst viele Perspektiven in die Entscheidung einfließen zu lassen. Eine grobe erste Kosteneinschätzung erleichtert den Ressourcenverantwortlichen die Entscheidung über die weitere Vorgehensweise.
Von den IT-Experten werden die WM-Botschafter auch für die Anforderungsbeschreibung der geplanten IT-Werkzeuge hinzugezogen, um die Anwendersicht möglichst gut abzudecken. Das hat den unschätzbaren Vorteil, dass die WM-Botschafter schon im Vorfeld ein Gefühl dafür bekommen, wie die IT-Werkzeuge die Methodenanwendung unterstützen werden und welche Vorteile oder Schwierigkeiten der reale Einsatz mit sich bringen wird. Sollte ein IT-Werkzeug für die Methodenanwendung neu entwickelt bzw. ein vorhandenes angepasst werden, werden die WM-Botschafter aus denselben Gründen in den Entwicklungsprozess einbezogen.
Während dieser Phase untersucht das Personalmanagement, ob und inwieweit die notwendigen Kompetenzen für den Einsatz der digitalisierten Methode bei den zukünftigen Anwendern vorhanden sind. Sollten hier Defizite festgestellt werden, entwickeln sie gemeinsam mit den WM-Botschaftern passende Ausbildungsinitiativen. Diese können je nach Erfordernissen von einfachen Trainings am Arbeitsplatz bis zur Entwicklung von E-Learning-Einheiten reichen.
Auch die besten Begleitmaßnahmen können Widerstände gegenüber der Methodenanwendung nicht vollständig verhindern. Die WM-Botschafter leisten in diesem Fall Überzeugungsarbeit durch ihr Vorbild und ihre gute Begleitung. Die zuständigen Manager untersuchen die Ursachen für den Widerstand bei den einzelnen Mitarbeitern, um maßgeschneiderte Initiativen setzen zu können. Wichtig ist in jedem Fall, dass sie die digitalisierte WM-Methode auch selbst anwenden.
Wenn die Digitalisierung in der betreffenden Organisation noch in den Anfängen steckt, ist es hilfreich, den Digitalisierungsgrad der betreffenden Methoden stufenweise zu erhöhen. Nachfolgend wird beschrieben, welche Stufen wie beschritten werden können, um einen möglichst sanften Übergang zu schaffen.
Eine WM-Methode, die zum aktuellen Zeitpunkt gänzlich ohne Werkzeugunterstützung eingesetzt wird, muss nicht zwingend sofort in vollem Umfang digitalisiert werden. Der Digitalisierungsgrad kann stufenweise erhöht werden, um den Umstieg für alle Betroffenen zu erleichtern. Die Stufen werden wie folgt beschritten:
Stufe 0: | Die Methode kommt völlig ohne Werkzeugunterstützung aus. Der Einsatz eines Textverarbeitungs- oder Tabellenkalkulationssystems wird dieser Stufe zugeordnet. |
Stufe 1: | Höchstens ein Prozessschritt der Methode wird mit Hilfe eines einfach anzuwendenden Werkzeugs ausgeführt. In der Anwendung einfach sind Werkzeuge in den Kategorien kommunizieren, suchen, netzwerken und verteilen. Das Benutzen von Werkzeugen in diesen Kategorien ist mehr oder weniger selbsterklärend und erfordert kein Training. |
Stufe 2: | Mehr als ein Prozessschritt der Methode wird Werkzeug-unterstützt ausgeführt. Die verwendeten Werkzeuge erfordern mehr Anwendungswissen als in der Stufe 1. Hier finden sich Werkzeuge aus den Kategorien teilen, veröffentlichen und visualisieren. Das Einrichten, die Texteingabe und die Benutzung dieser Werkzeuge erfordern einige Grundkenntnisse, die durch Erklärvideos oder kurze Trainings vermittelt werden können. |
Stufe 3: | Bei mehr als der Hälfte der Prozessschritte der Methode kommen Werkzeuge aus verschiedenen Kategorien zum Einsatz, deren Benutzung fundiertes Anwendungswissen erfordern. Werkzeuge dieser Stufe befinden sich in den Kategorien befragen und zusammenarbeiten. Bei Werkzeugen in der Kategorie befragen sind Kenntnisse für das Erstellen qualitativ passender Fragebögen erforderlich. Werkzeuge der Kategorie zusammenarbeiten bieten eine Vielzahl von Funktionen für die virtuelle Zusammenarbeit in Gruppen an. Daher ist ein Training unumgänglich, um diese Werkzeuge produktiv bei allen Gruppenprozessen optimal einsetzen zu können. |
Stufe 4: | Alle Prozessschritte werden durch Werkzeuge unterstützt, d.h. die Methode ist im vollen Umfang digitalisiert. Es kommen auch Werkzeuge zum Einsatz, die Expertenwissen erfordern. Hier sind Werkzeuge der Kategorien lernen, spielen und kuratieren zu finden. Die adäquate Benutzung von Werkzeugen aus den Kategorien lernen und spielen setzt fundierte Kenntnisse in der Softwareentwicklung voraus. Bei der Kategorie lernen kommen noch Kenntnisse aus der Mediendidaktik, bei der Kategorie spielen Spezialkenntnisse der Spieleprogrammierung hinzu. Werkzeuge der Kategorie kuratieren erfordern Kenntnisse der Informationswirtschaft und Grundkenntnisse im Journalismus. |
Es gibt Methoden, die aus den unterschiedlichsten Gründen nicht vollständig digitalisiert werden können. In diesen Fällen werden nur die relevanten Stufen genutzt und begründet, was einem weitergehenden Werkzeugeinsatz entgegensteht.
Mit Hilfe der vorgestellten Vorgehensweise lässt sich jede WM-Methode auf ihr Digitalisierungspotenzial überprüfen und weiterentwickeln in Richtung eines höheren Digitalisierungsgrades. Es ist dabei allerdings sehr wichtig, dass die betroffenen Mitarbeiter diese digitalisierten Methoden benutzen können und auch wollen. Eine stufenweise Erhöhung des Digitalisierungsgrades und eine entsprechende Begleitung der Implementierung durch Management und „WM-Botschafter“ sichert den Erfolg nachhaltig ab.
Bendel, O. (2016). Stichwort: Digitalisierung. In: Gabler Wirtschaftslexikon, Springer Gabler Verlag (Herausgeber), http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/-2046143105/digitalisierung-v2.html, Abruf: 18.05.2019.
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Die Einordnung der Methoden in den nachfolgenden vier Kapiteln folgt der Logik des Semantischen Raums des Wissensmanagements, der sich als Strukturierungshilfsmittel bereits bewährt hat. Er wurde allerdings überarbeitet und erweitert, um die Doppelbedeutung der Entität „Beziehung“ aufzulösen.
Der Semantische Raum des Wissensmanagements (SRWM) spannt sich über zehn Entitäten (Wissensträger, Organisationen, Prozesse, Kompetenzen, Relationen, Beziehungen, Wissensgebiete, Kategorien, Wissensobjekte, Orte) auf, die im Fokus von Wissensmanagementaktivitäten liegen. Jede WM-Methode findet darin ihren spezifischen Platz und kann dort leicht gefunden werden.
Die Entitäten tragen im Kontext des SRWM folgende Bedeutungen:
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Mit der Entität Wissensträger (Wt) sind alle Personen gemeint, die im Laufe ihres Lebens Wissen und Erfahrungen gesammelt haben, die für andere wertvoll sein können. Im Kontext von Wissensmanagement ist es besonders wichtig, dass die Wissensträger bereit sind, ihren Wissens- und Erfahrungsschatz mit anderen zu teilen. |
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Die Entität Organisationen (Or) umschließt soziale Gefüge von Menschen, die gemeinsam ein bestimmtes Ziel verfolgen. Organisationen können Unternehmensteile, einzelne Unternehmen oder Unternehmensnetzwerke sein. |
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Die Entität Relationen (Rl) repräsentiert Zusammenhänge zwischen verschiedenen Entitäten und dient in diesem Kontext der Strukturierung von Wissensgebieten und Kategorien. |
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Die Entität Beziehungen (Bz) ist eine Spezialform der Entität Relationen. Sie umfassen die sozialen Bindungen zwischen Wissensträgern. |
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Die Entität Prozesse (Pr) beinhaltet alle Abläufe in einem Unternehmen, die die Herstellung von Produkten oder die Erbringung einer Dienstleitung zum Ziel haben. Oft wird diese Entität auch als Geschäftsprozess bezeichnet. |
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Die Entität Kompetenzen (Ko) umspannt die Fähigkeiten, Fertigkeiten, das Wissen, und die Erfahrungen eines Wissensträgers oder einer Organisation. Nicht damit gemeint ist die Zuständigkeit oder das Zuständigsein einer Person für die Erbringung einer bestimmten Leistung oder für die Lösung eines Problems. |
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Die Entität Wissensgebiete (Wg) schließt alle Themen und Begriffe klar unterscheidbarer Fachbereiche ein. Synonym für Wissensgebiete werden die Begriffe Wissensbereich oder Wissensdomäne verwendet. |
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Die Entität Kategorien (Ka) enthält alle Grundbegriffe eines Wissensgebiets. Diese Grundbegriffe können in ihrer Bedeutung klar voneinander abgegrenzt werden. Sie dienen in weiterer Folge der Beschlagwortung von Wissensobjekten. |
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Die Entität Wissensobjekte (Wo) inkludiert sowohl die physischen als auch die virtuellen Artefakte, in denen die Wissensträger ihr Wissen und ihre Erfahrungen manifestieren. |
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Die Entität Orte (Ot) umfasst sowohl physische Orte wie z.B. Gebäude oder Zimmer als auch virtuelle Orte wie Fileserver oder virtuelle Kommunikationsräume im Internet. |
Im Zentrum jeder Wissensmanagementaktivität sind die Wissensträger, die daher am prominentesten Punkt des SRWM zu finden sind. Wissensträger haben Kompetenzen, die es ihnen ermöglichen, in Organisationen Prozesse auszuführen. Organisationen besitzen ebenso wie Wissensträger Kompetenzen und betreiben Prozesse, um ihren Geschäftszweck zu erfüllen.
Da Beziehungen von besonderer Bedeutung für das Wissensmanagement sind, scheinen sie als eigene Entität im Semantischen Raum auf. Sie sind eine Sonderform von Relationen und repräsentieren die sozialen Bindungen zwischen Wissensträgern. Relationen beschreiben die Zusammenhänge zwischen Wissensgebieten und Kategorien. Wissensgebiete umfassen Kategorien, die die Kernbegriffe des jeweiligen Wissensgebietes repräsentieren. Z.B. für das Wissensgebiet „Astronomie“ sind das u.a. die Kategorien „Sonnen“ und „Planeten“.
Wissensgebiete manifestieren sich in Wissensobjekten. In diesen beschreiben die Wissensträger ihr dokumentierbares Wissen. Die Kategorien nutzen sie als Schlüsselwörter für die Beschlagwortung der Wissensobjekte. Sowohl Wissensträger als auch Wissensobjekte befinden sich an physischen oder virtuellen Orten. Wissensträger sind z.B. in einem bestimmten Gebäude und Raum zu finden und haben sich mit Hilfe ihres elektronischen Geräts (Notebook, Tablet, Handy, etc.) in ein virtuelles soziales Netz eingeklinkt. Wissensobjekte befinden sich als Bücher oder Zeitschriften u.ä. an einem bestimmten Ort oder sind als elektronische Artefakte auf einem Fileserver oder in einer Datenbank gespeichert.
Jeder Methode sind diese Entitäten zugeordnet, die für sie charakteristisch sind. Meist sind drei Entitäten einer Methode zugeordnet. Die Methoden-Kapitel des Buches entsprechen Clustern mit ähnlichen Entitäten-Zuordnungen. Sie umfassen Teilgebiete des Semantischen Raums, die sich mehr oder weniger überdecken.
Abbildung 3: Semantischer Raum des Wissensmanagements
Der erste Cluster umfasst den Semantischen Raum rund um die Entitäten Kompetenzen und Wissensträger. Er enthält Methoden, die bei der Entwicklung der eigenen Kompetenzen zum Einsatz kommen können:
Der zweite Cluster hat die Entitäten Kompetenzen und Organisationen im Fokus. In diesem Gebiet des Semantischen Raums sind Methoden für die Entfaltung organisationalen Lernens zu finden:
Im dritten Cluster stehen die Entitäten Beziehungen und Organisationen im Mittelpunkt. Dieses Teilgebiet des Semantischen Raums ist den Methoden rund um Beziehungsmanagement und Wissenskommunikation gewidmet:
Im vierten Cluster dreht es sich um die Entitäten Wissensobjekte und Kategorien. Die Methoden in dieser Gegend des Semantischen Raums unterstützen die Wissensstrukturierung und das Wissensbestandsmanagement:
Bei der Suche nach Methoden empfiehlt sich folgende Vorgehensweise:
Jede Methodenbeschreibung enthält die Verortung der Methode im SRWM und die benötigten Werkzeugkategorien für die Werkzeug-unterstützten Teile der Methode. Weiters umfasst sie eine Kurzcharakterisierung der Methode (Die Methode), Ziele der Methode (Ziele und Nutzen) und Vorgangsweise bei der Anwendung der Methode (Anwendung). Bei vielen Methoden ist zur besseren Illustration ein Beispiel skizziert. Die Stufenweise Digitalisierung beschreibt, wie der Digitalisierungsgrad der Methode mit Hilfe welcher Werkzeugkategorien schrittweise erhöht werden kann. Im Abschnitt Grenzen/Risiken und Anwendungskompetenzen werden Stolpersteine bei der Methodenanwendung skizziert und welche Kompetenzen benötigt werden, um die Methode erfolgreich einzusetzen. Am Ende scheinen alle Referenzen auf, aus denen Material verwendet wurde.
Die Methoden können entsprechend der Zielsetzung und vorliegenden Situation in der Organisation miteinander kombiniert werden, um die persönlichen Kompetenzen und/oder die einer Organisation auf- und auszubauen. Wissensmanagement in digitalisierter Form entfaltet seine Wirksamkeit im jeweiligen Einsatzgebiet unter Ausnutzung der vorhandenen IT-Werkzeuge.
PQ4R
Lesemethode um Texte besser zu verstehen und zu behalten
Brainstorming Revisited
Optimierte Kreativitätstechnik zur Ideenentwicklung und Bewertung
Mikrolernen
Methode zum gesteuerten individuellen Lernen
Zettelkasten
Wissensentwicklungsmethode für das Kern- und Spezialwissen einer Person
Lernpartnerschaft
Lernmethode für Personen, die mit- und voneinander lernen wollen
E-Coaching
Führungsinstrument zum Entwickeln neuer Fertigkeiten von Mitarbeitern
Mentoring
Entwicklungsmethode für die Entwicklungsbegleitung von Mitarbeitern
Speed Mentoring
Kurzfristige Unterstützungsmethode für Ratsuchende
Lerntagebuch
Ein Werkzeug zum Reflektieren und Dokumentieren von Gelerntem
Mikroartikel
Dokumentationsmethode für stark kontextabhängiges Wissen
E-Portfolio
Methode um den Entwicklungstand der eigenen Kompetenzen zu zeigen
Kompetenz-Portfolio
Visualisierung der eigenen Kompetenzen nach Qualität und Nützlichkeit
Wissensorientiertes Mitarbeitergespräch
Mitarbeitergespräch, bei dem Wissensziele und wissensorientiertes Verhalten einbezogen werden
In diesem Kapitel finden sich Methoden, die der Kompetenzentwicklung eines Wissensträgers dienen. Im SRWM bewegen wir uns daher rund um die Entitäten Kompetenzen und Wissensträger.
Wissensträger bauen ihre Kompetenzen auf und aus, indem sie (lernpartnerschaftliche) Beziehungen knüpfen, sich Denk-, Lern- und Reflexions-Prozessen unterwerfen und ihre Erkenntnisse und Lernerfahrungen in Wissensobjekten, die bestimmten Wissensgebieten zugeordnet werden können, zusammenfassen.
Dieses Gebiet des SRWM umfasst Lese- und Denkmethoden (PQ4R, Brainstorming Revisited), die die Entitäten Wissensgebiete und Prozesse berühren. Es umschließt individuelle Lernmethoden (Mikrolernen, Zettelkasten) und lernpartnerschaftliche Methoden (Lernpartnerschaft, E-Coaching, Mentoring, Speed Mentoring), die natürlich die Entität Beziehungen benötigen (siehe Abbildung 4).
Abbildung 4: Methodenübersicht erster Cluster
Weiters sind darin Dokumentationsmethoden für Gelerntes (Lerntagebuch, Mikroartikel, E-Portfolio), deren sichtbare Ergebnisse Wissensobjekte sind, zu finden. Komplettiert wird dieser Ausschnitt mit den beiden Methoden Kompetenz-Portfolio und wissensorientiertes Mitarbeitergespräch, die die Kompetenzentwicklung eines Mitarbeiters in den betrieblichen Kontext stellen und daher wieder die Entität Prozesse berührt. Diese Methodenauswahl kann genutzt werden, um sich sein individuelles Methodenset für den Auf- und Ausbau der eigenen Kompetenzen zusammenzustellen.
Für die Digitalisierung dieses Methoden-Clusters werden am häufigsten Werkzeuge aus den Kategorien kommunizieren und teilen benötigt.
Abbildung 5: Werkzeug-Kategorien für den ersten Methoden-Cluster
Um ihre Lern- und Entwicklungsprozesse optimal an ihre Arbeitsplatzsituation anpassen zu können, verwenden Wissensträger Kommunikationswerkzeuge für den Austausch untereinander. Werkzeuge zum Teilen ihrer Ergebnisse helfen ihnen, Rückmeldungen zu erhalten, um sich ständig zu verbessern.
Die PQ4R-Methode verhilft zu besserem Behalten und vertieftem Verständnis von Fachliteratur. Sie dient daher dem gezielten Wissens- bzw. Kompetenzausbau über bestimmte Wissensgebiete.
Ein Wissensträger baut seine Kompetenzen in einem bestimmten Wissensgebiet aus. Im Semantischen Raum ist daher diese Methode zwischen Wissensträger, Wissensgebiete und Kompetenzen angesiedelt.
Für die Digitalisierung der PQ4R-Methode werden Werkzeuge aus den Kategorien visualisieren, verteilen oder veröffentlichen benötigt.
PQ4R ist eine Lesemethode, die von Thomas und Robinson (1979) entwickelt wurde. Die PQ4R-Methode ist eine einfach anwendbare Lesestrategie. Sie dient einer möglichst vollständigen Erfassung eines Textes. Zentrales Element dieser Methode ist das Entwickeln und Beantworten von Fragen zum Text. Der Name leitet sich aus den (englischen) Anfangsbuchstaben der sechs Phasen (Preview, Question, Read, Reflect, Recite, Review) ab.
Untersuchungen belegen, dass beim herkömmlichen Durchlesen von Fachliteratur nur ca. 50 Prozent des Inhalts sofort nach der Lektüre wiedergegeben werden können. Die Behaltensquote erhöht sich nur unwesentlich bei wiederholtem Lesen. Zu einem wesentlich besseren Ergebnis führt, experimentell nachgewiesen (Andersen 1996), das Generieren eigener Fragen und der Rückblick auf die Antworten im weiteren Verlauf der Methodenanwendung.
Ziel dieser Methode ist es, Texte durch die Fokussierung der Aufmerksamkeit besser zu verstehen und zu behalten. Sie unterstützt das Arbeiten mit schwierigen Texten und verhilft zu einem vertieften Textverständnis, was das eigene Wissen über ein bestimmtes Thema gezielt erweitert.
Die Methode umfasst im Detail folgende sechs Phasen:
Überfliegen des gesamten Textes, um die allgemeinen Themen zu bestimmen, die darin behandelt werden. Identifizieren der Abschnitte, die als Einheit zu lesen sind. Finden von Überschriften für die einzelnen Abschnitte.
Mit Hilfe eines Mindmapping-Werkzeugs (Kategorie visualisieren) eine Mindmap mit den gefundenen Überschriften erstellen.
Anwenden der folgenden vier Schritte (2, 3, 4, 5) auf jeden Abschnitt.
Formulieren von Fragen zu den Abschnitten. Oftmals genügt eine Umformulierung der Abschnittsüberschriften, um eine angemessene Frage zu stellen. Dabei ist darauf zu achten, dass die Fragen spezifisch genug formuliert werden, um die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Text zu fördern.
Die Fragen zu den Abschnitten in der Mindmap ergänzen.
Sorgfältiges Lesen des Abschnitts, indem man versucht, die Fragen zu beantworten, die man dazu generiert hat.
Die Antworten zu den Fragen mit Hilfe der Notizfunktion des Mindmapping-Tools dokumentieren. Falls das Werkzeug diese Funktion nicht anbietet, in einem Werkzeug der Kategorie veröffentlichen einen Beitrag erstellen, der die Fragen und Antworten enthält. Den Beitrag in diesem Schritt noch nicht veröffentlichen.
Während man den Text noch einmal liest, denkt man darüber nach, versucht ihn zu verstehen, findet Beispiele und setzt den Text in Bezug zum eigenen Vorwissen.
Die gefundenen Beispiele an den passenden Stellen in der Mindmap oder im Beitrag hinzufügen.
Nachdem man einen Abschnitt fertig bearbeitet hat, versucht man, sich an die darin enthaltenen Informationen zu erinnern. Man versucht, die Fragen zu beantworten, die man zu diesem Abschnitt formuliert hat. Wenn man sich nicht genügend gut erinnern kann, liest man diejenigen Passagen noch einmal, die beim Erinnern Schwierigkeiten bereitet haben.
Ggfs. ergänzt man wichtige Details in den dokumentierten Antworten in der Mindmap oder im Beitrag.