1.

Inhaltsverzeichnis

Auf den Bergen lag dichter bläulicher Herbstnebel; er schien liebkosend festgehalten zu werden in den unzähligen Wipfeln der Buchen und Eichen und verflüchtigte sich erst zu einem dünnen zarten Schleier, als die Wälder zurücktraten, um den Häusern des Städtchens Platz zu lassen. Die kleine norddeutsche Residenz zog sich reinlich und niedlich, als habe eine Kinderhand sie soeben der Spielzeugschachtel entnommen, in die Ebene hinunter. Ueber ihr, stolz und frei auf einem Kegel erbaut, thronte das herzogliche Schloß mit seinem stumpfen Turm und dem mächtigen Flügelbau. Die herrlichen weiten Gärten, die mählich in den Wald übergingen, stiegen abwärts bis zum Schloßplatz, an dem die Wohnungen der Hofbeamten, das Herrenhaus der Domäne, der Marstall, das Theaterchen, die Hofkirche und der Gasthof lagen. Erst hier begann die eigentliche Stadt. Schnurgerade Straßen, mit alten dichtbelaubten Kastanien besetzt, führten zum Marktplatz. Oben standen noch einige stattliche villenartige Gebäude, hier unten herrschten die kleinen Bürgerhäuser vor, und allmählich wurden es gar Hütten. Aus den Regionen des Hofes gelangte man in die Regionen, wo sich das geschäftliche Leben abspielte, das in Ackerbau und Viehzucht gipfelte, demzufolge die Residenz einen fast dörflichen Anstrich in ihrem centralen Teile bot und weder für ein patentes Schuhwerk noch für verwöhnte Nasen etwas Anziehendes hatte.

Oben „am Schloß“, wie die Leute stolz den schöneren Teil ihrer Vaterstadt nannten, war es desto feiner. Die Natur hatte hier verschwenderisch ihre Reize ausgestreut, und wer diesen Glanzpunkt des Städtchens heute am verschleierten Herbstmorgen gesehen hätte, dort überragt von nebelumwallten Bergen, hier von dem Schlosse, über dessen Terrassen die Ranken des wilden Weines ihre Purpurbanner flattern ließen, dessen weiße Mauern aus dem bunten Herbstlaube der Gärten auftauchten, der würde den guten Stadtkindern von Breitenfels gern zugestehen, daß ihr Städtlein von hoher Poesie umgeben sei, wozu übrigens die fast spukhafte Einsamkeit und Verlassenheit, die hier herrschte, nicht wenig beitrug. Wie traumverloren sah das Schloß auf den Platz herab. Die meisten Fenster waren verhangen, nur nach der Waldseite, nach Süden hinaus, schien der mittlere Stock bewohnt und war es auch. Dort verbrachte die alte verwitwete Herzogin ein einsames Leben in Gesellschaft zweier Hofdamen, einer älteren und einer jungen, eines weißhaarigen, von der Gicht geplagten Kammerherrn sowie verschiedener Möpse und zärtlich geliebter Papageien. Die Kammerfrauen und Lakaien brauchten keinen Puder für ihr Haar, es war vom Alter weiß geworden. Der Leibkutscher wackelte sogar schon ein wenig mit dem Kopfe, und der Viererzug der Durchlauchtigsten Herzogin, welcher jeden Nachmittag den letzten steilen Hang die riesige Kalesche hinaufzog, um, vor dem Portale haltend, die hohe Frau zu erwarten, die mit der Regelmäßigkeit einer Uhr ihre Spazierfahrt unternahm – dieser Viererzug schien unsterblich. Seit langen Jahren kannten die Breitenfelser die großen Schimmel, und es ging sogar ein dunkles Gerücht von ihnen, daß sie einstmals, vor grauen Zeiten, durchgegangen seien. Aber Bestimmtes wußte niemand, es war zu lange her.

Vor dem kunstvollen schmiedeeisernen Gitter droben ging eine Schildwache auf und ab; das war aber auch heute das einzige lebende Wesen hier herum, wenn man nicht des Herrn Oberförsters Teckel, die Lola und den Männe, dazu rechnen wollte, die sich im welken Kastanienlaub umherjagten. Geradezu spukhaft war es. Da auf einmal zitterte etwas durch die feuchte Herbstluft, eine Menschen-, eine Frauenstimme, ein glockenheller Sopran.

„O, du purpurner Glanz der sinkenden Sonne,“ klang es aus dem trotz der Kühle geöffneten Wohnstubenfenster des Herrn Medizinalrat Doktor May, des vielgeliebten, aber auch vielgeplagten Leibarztes Ihrer Durchlaucht, ohne dessen Rat die hohe Frau keinen Tag leben konnte, dem sie, wie sie jedermann, der es hören wollte, erzählte, ihr Leben nicht ein-, sondern hundertmal verdankte, den sie sämtlichen Autoritäten seines Standes, und wären es die berühmtesten unter den berühmten, vorzog. Das May’sche Haus lag dem Schlosse gegenüber, seine Fenster blinzelten von unten herauf ehrerbietig zu ihm empor. Durchlaucht pflegte „ihrem lieben May“ des öfteren zu versichern, wie wohlthuend es ihr sei, den abendlichen Schein seiner Lampe heraufstrahlen zu sehen, wisse sie doch, daß dort ein treues Herz für sie denke und ihr Leben zu verlängern trachte, welches ihr, obgleich es eigentlich nichts bedeute als einen Kampf gegen den Egoismus ihres erlauchten Stiefsohnes, doch zur lieben Gewohnheit geworden sei.

Jedenfalls wollte sie noch nicht sterben, die hohe Dame, und so befolgte sie mit rührender Gewissenhaftigkeit die Vorschriften ihres ärztlichen Beraters. Der Herr Medizinalrat mußte natürlich jeden Augenblick gewärtig sein, auf das Schloß citiert zu werden; eine auswärtige Praxis konnte er infolgedessen nicht betreiben, und im Städtchen selbst waren noch vier Kollegen, die kaum ihr Brot fanden. Was aber das ärztliche Honorar für die Hilfleistung und täglichen Konsultationen am herzoglichen Hofe anlangte, so war es durchaus nicht verblüffend groß; Durchlaucht zahlten tausend Thaler jährlich für sich und den gesamten Hof, außerdem hatte ihr „lieber May“ freie Wohnung, so und so viel Klaftern Buchenholz, und endlich besaß er mehrere Orden des herzoglichen Hauses. Er war aber zufrieden damit, sagte sich, daß er als einfacher praktischer Arzt mehr als ein Paar Stiefel ablaufen müsse, um tausend Thaler zusammen zu bringen, schlug Wohnung und Holz über Gebühr hoch an und lebte schlecht und recht und glücklich mit seiner Frau, die vollständig die Ansicht ihres Eheherrn teilte. Die Söhne, von denen der eine Lieutenant in einem preußischen Artillerieregiment, der andere noch Student war, hätten freilich lieber gesehen, wenn ihnen ein reichlicherer Zuschuß aus der väterlichen Kasse geflossen wäre, indes, ein Schuft giebt mehr als er hat, erklärte der Medizinalrat. „Drückt euch durch, Jungens, ihr habt es ja nicht besser gewollt, habt eure Metiers selbst gewählt – mehr als zehn Thaler monatlich kann ich nicht hergeben; ihr habt ja noch den Zuschuß aus der Ruprecht-Stiftung.“

Am wenigsten ward Aenne von der bescheidenen Lage ihres Vaters angefochten. Sie vermißte nichts, bis jetzt jedenfalls noch nichts. Sie kannte nichts anderes, war nach alter guter Sitte erzogen, und nach der gehörten die Frauen und die Oefen in das Haus, ein Sprichwort, das der Herr Leibarzt des öfteren im Munde führte. Aenne war so jugendfrisch, so gesund an Seele und Leib, so befriedigt von ihren kleinen Pflichten, so beglückt von ihrem einzigen, durch mangelhaften Unterricht freilich nicht sehr geförderten Talent ihrer schönen Singstimme, daß sie mit niemand getauscht hätte; am wenigsten mit Fräulein Antonie von Ribbeneck, der jüngsten Hofdame Ihrer Durchlaucht, die in ihren dienstfreien Stunden, von trostloser Langweile geplagt, zuweilen ein Stündchen bei Mays vorsprach. Mays waren ja hoffähig in Breitenfels; zu jedem Theeabend wurden sie von Durchlaucht befohlen, und Aenne mußte singen vor dem wunderbar zusammengestellten Cercle im herzoglichen Musiksaal.

Auch für heut’ abend war sie huldvollst darum ersucht worden, und nun probte sie noch einmal ihre Lieder, eines besonders, zu dessen Vortrag sie sich erst eben entschlossen hatte, um mit ihm den heutigen Musikabend, den ersten der kommenden Saison, zu eröffnen.

Es mochte so ungefähr zehn Uhr morgens sein; Mutter May war unter Assistenz des Dienstmädchens Karoline, die eben sechzehn Lenze zählte, beim Zubereiten des Mittagsessens in der Küche, der Herr Medizinalrat saß in seiner Stube vor dem Cylinderbureau und schrieb. Die Frau Herzogin wünschte in einigen Zimmern neue Oefen, da die alten nicht genügend mehr heizten, und Se. Hoheit, der Regierende, hatte die Eingabe des Kammerherrn von Ellenberg nicht beantwortet, wohl in der Meinung, daß die hohe Stiefmama die gewünschte Verbesserung aus eigenen Mitteln bestreiten könne. Die Herzogin-Mutter aber bestand auf ihrem verbrieften und besiegelten Recht, demzufolge der Regierende gehalten war, ihren Witwensitz in wohnlichem Zustand zu erhalten, und alterierte sich sichtlich über den Rabensohn so, daß der Leibarzt sich ins Mittel zu legen für gut fand und von der Gefährlichkeit sothaner Oefen, die Kohlenoxydgase ausströmen lassen und somit die Gesundheit der hohen Dame zu gefährden ernstlich imstande seien, eine blühende Schilderung entwarf. Wenn Se. Hoheit auch hierauf nicht zeichnete, so gab er sich vor dem ganzen Lande das Ansehen eines lieblosen Stiefsohns.

Im Wohnzimmer, der Arbeitsstube des Rats gegenüber und von dieser nur durch den Flur getrennt, verhallten eben die letzten Töne. Aenne May stand vom Piano auf und klappte etwas geräuschvoll den Deckel des Instruments zu, so daß Tante Emilie aus dem leisen Schlummer, in den die süßen Töne sie gewiegt hatten, entsetzt aus der Sofaecke empor fuhr und schrie:

„Gott im Himmel, was bist du für ein Mädchen – man meint ja, ’s ist ein Erdbeben!“

Aenne May lachte, und unter diesem Lachen, bei dem Anblick dieser Frühlingserscheinung, an der alles lachte, schwand die verdrießliche Miene der alten Dame und sie sagte: „Wo willst hin, Goldköpfchen? Du ziehst ja die Handschuhe an?“

„Zur Generalprobe aufs Schloß, Tantchen. Leb’ wohl, setz’ dich gemütlich in deine Ecke und schlafe weiter – kannst’s ja haben! Auf Wiedersehen!“ Sie machte einen Knicks nach Art kleiner Mädchen und entschwand den entzückten Augen der alten Dame, um gleich darauf über den Schloßplatz der schmiedeeisernen Pforte des herzoglichen Parkes zuzugehen.

Aenne May hatte eine schlanke, im schönsten Ebenmaß gebaute Gestalt, blondes Haar, duftig und lose, das aussah, als wäre es leicht mit Asche überstäubt; dazu den zartesten Teint und glänzende bräunliche Augen, die jedermann groß und offen anzuschauen pflegten, vertrauende Augen, denen man es anmerkte, daß sie in ihrem jungen Dasein noch nichts Häßliches erblickt, noch keine Thräne der Enttäuschung zu weinen gebraucht hatten. Manchmal war es, als spielten Goldfünkchen in ihnen, gleich den lustigen Gedanken, die hinter der Stirn sich jagten; und so war es meistens, es gab kein fröhlicheres Mädchen wie Aenne May, ihr Gekicher hörte man zu allen Zeiten und die Mutter schüttelte des öftern den Kopf, wenn sie eine Neckerei verübt hatte, und pflegte zu versichern: „Das Lachen wird dir schon noch vergehen.“

Jetzt aber war es noch nicht so weit, und das feine Näschen schnupperte noch beständig in der Luft umher, ob es nicht etwas zu lachen gab für den Mund, hinter dessen roten Lippen so gern die prächtigen Zähne hervorlugten.

Sie war mittlerweile bis an die Gartenpforte gekommen, ohne zu gewahren, daß vom Fenster der Oberförsterei ein paar Männeraugen ihr folgten. Aber sie mußten keine Macht über sie haben, diese Blicke; sie sah sich nicht um, sondern ging jetzt innerhalb des Parkes langsam einen Seitenpfad empor, der auf die sogenannte Südterrasse und von da in den Schloßhof führte. Oben blieb sie an dem steinernen Geländer stehen und schaute in die Ebene hinein, die im Scheine einer blassen Herbstsonne vor ihr lag, so weit, ach so weit! Dann spazierte sie, wie die Schulkinder thun, in dem welken raschelnden Laub mit möglichst wenig aufgehobenen Füßen weiter und um die große Fontäne herum, auf deren ruhigem Spiegel die gelben Blätter der Linden schwammen, die im Kreise um sie her standen.

Die heisere Uhr des alten Schloßkirchturmes schlug just halb, und bei diesem Klange blieb Aenne May stehen; sie hatte ja noch Zeit, eine halbe Stunde lang. Sie wandte sich und raschelte wieder vorwärts in dem Laub bis zu einem Pavillon am westlichen Ende der Terrasse und lugte dort durch die Scheiben der Glasthür. Im selbigen Augenblick fuhr ihr Kopf aber so blitzschnell zurück, daß der dunkelblaue Filzhut vom Scheitel rutschte und sie, mit beiden Händen danach greifend, eine jähe Wendung zur schleunigsten Flucht machte. Die Thür des kleinen achteckigen Gebäudes wurde nämlich aufgerissen und ein junger Mann in farbenbekleckstem Leinwandrock trat oder stürzte vielmehr mit dem Rufe ihr entgegen:

„Das ist wirklich zu nett; Fräulein Aenne – nun müssen Sie aber auch gleich eine Kritik abgeben! Treten Sie ein und sagen Sie mir, wie die Kleckserei ausgefallen ist und ob die Herzogin und ihr Gefolge holder Damen es ansehen können, ohne von Krämpfen befallen zu werden!“

Sie hatte sich dem Redenden gleich zugewandt, aber sie lachte nicht, sie sah vielmehr ein bißchen blaß aus, folgte indessen ohne eine Spur von Widerstreben der Einladung und trat voran in den Raum, dessen Thür weit offen blieb und an dessen zwischen den Fenstern befindlichen Wänden eine gar nicht ungeübte Hand figurenreiche Fresken mittelalterlichen Stiles gemalt hatte.

„Da, Aenne,“ rief er mit komischem Stolz und zeigte auf das Mittelfeld, „das sind Sie! Machen Sie ein Kompliment vor sich!“

„Wirklich? Das soll ich sein?“

„Ja! Sehen Sie es denn nicht selbst? Da sind Ihre blonden Haare, Ihre braunen Spitzbubenaugen – –“ Er hielt inne und schaute sie an mit solchem ehrlichen Entzücken, daß sie verlegen von ihm weg zu dem Bilde hinüber sah.

„Und das sollte ich sein?“ sagte sie noch einmal forciert lustig, „aber keine Spur!“

„Lange nicht so reizend wie in natura, natürlich nicht!“ gab er zu, „aber –“

„Keine Spur!“ unterbrach sie ihn, „so geschmacklos hätte ich mich im ganzen Leben nicht angezogen – ein grünes Unterkleid, ein karmoisinrotes darüber, o, und ein blauer Saum und blauer Gürtel dazu! Pfui, Heinz, Sie haben keine Spur von Farbensinn!“

„Das bestreite ich! Uebrigens damals, Anno 1450, war es so Mode,“ verteidigte er sich.

„Und die dort daneben, die Hofdame mit dem Kränzlein im Haar, das ist – ja, das ist nun wirklich ähnlich. Heinz!“ jubelte sie jetzt, „die haben Sie mit Liebe gemalt, o ja, die Toni von Ribbeneck!“

„Mit was habe ich sie gemalt?“ fragte er lachend.

Aber sie antwortete nicht, sondern betrachtete königlich belustigt die Figur, diese Figur, die der Natur so köstlich abgelauscht war; das starke hochmütige Gesicht mit den blassen aufgeworfenen Lippen, die allzu breiten Schultern, die viereckige Taille und das dünne, zu einzelnen Strähnen aufgelöste Haar, auf dem das Blütenkränzlein saß. Die Guitarre im Arm schritt sie neben der Gräfin Breitenfels, der Ahnfrau der Herzogin, her.

„Es ist ein Jammer und ein Elend, Heinz, daß Sie nicht Maler geworden sind!“ rief das Mädchen endlich. „Satteln Sie um, machen Sie, daß Sie nach München oder sonst wohin kommen, und lassen Sie diese Ihre schöne Gabe nicht verkümmern!“

„Sie sehen ja, Aenne, daß ich ihn mächtig kultiviere, diesen Götterfunken!“

„Das sind doch nur Possen,“ antwortete sie und wies auf die Bilder. „Nun ’mal ganz im Ernst, Heinz, fühlen Sie sich denn wirklich glücklich in Ihrer gegenwärtigen Stellung?“

„Ja,“ sagte er fest, aber mit einem Schatten über dem hübschen Gesicht.

„Ja?“ fragte sie spöttisch. „Es muß ja allerdings ein erhebendes Gefühl sein, in Breitenfels ein zwanzig Mann starkes Corps zu befehligen, die Wachen vor den Thüren Ihrer Durchlaucht zu revidieren und mittags mit Helm und Schärpe der alten Excellenz zu melden, daß alles ruhig sei im Land und die Frau Herzogin ohne Gefahr ihr Mittagsschläfchen machen kann.“

„Er zieht nicht, Aenne, der Spott – das ist Dienst,“ erklärte er. „Ich bin mit Leib und Seele Soldat, wer daran je zweifelt, der – – ich möchte es keinem raten – – und sehen Sie, Aenne, dies Kommando finde ich obenein noch riesig nett!“ Und dabei setzte er sich auf den Tisch und sah ihr mit beredtem Blick in die Augen und lächelte.

Er war in seiner Art ein ebenso schönes Menschenexemplar wie Aenne May in ihrer, genau so frisch, so jung wie sie, leider auch ebenso arm, nur mitunter weniger zufrieden, was er aber nur sich selbst eingestand. Und das war ihm nicht übelzunehmen in Anbetracht seiner wirklich drückenden Familienverhältnisse.

„Haben Sie gut geschlafen, Spötterin, und ist Ihnen der Waldspaziergang gut bekommen?“ fragte er nach einer Pause.

Sie war glühend rot geworden. „Ja!“ flüsterte sie ausweichend. „Aber, bitte, sagen Sie mir, Heinz, wie spät es ist! Ich muß zur Probe punkt elf Uhr im roten Saale sein.“

„Noch viel Zeit, Fräulein Aenne, noch eine ganze Viertelstunde! Haben Sie die Gnade, nehmen Sie drüben Platz auf jenem Schemel und lassen Sie mir noch ein wenig Ihren Anblick – – behufs Verbesserung der mangelhaften Aehnlichkeit.“ Und während er zur Palette griff, sprach er immer zu ihr, ohne sie anzusehen. „Solchen Sonnenuntergang habe ich noch nicht erlebt wie gestern, Aenne, das war ja, als ob der ganze Wald in Feuer stände! Wenn man das malen wollte, es käme ein Gewirr von leuchtenden Farben auf die Leinwand, daß jedermann rufen würde: ‚Unmöglich! Ganz unmöglich! So was giebt’s nicht!‘ – Und wir da so mitten in dem Purpur auf der Lichtung – Sie hätten nur Ihr Gesichtel sehen sollen, Aenne, es war ja einfach reizend; und dann das Lied dazu, Sie wollten es erst gar nicht singen.“ Und er markierte die Melodie zu den Worten, während er den Takt mit dem Malstock schlug.

„O du purpurner Glanz der sinkenden Sonne,
Wie zauberhaft webst du um Flur und Hain;
Wie färbst du mit lodernder Rosenwonne
Das blasse Antlitz der Liebsten mein!

Diese Worte, die fanden sich wie von selber in meinem Kopf – für einen Lieutenant – das müssen Sie doch zugeben – gar nicht so übel, ja sogar famos! Und dann die Melodie – Ihre Lieblingsmelodie – ach – sehen Sie, Aenne, daß war so ein Lebensmoment, den man nie vergessen kann! Und wie dann die blaue Dämmerung kam und im Waldpfad dunkle Schatten auftauchten – Aenne, wissen Sie – – “ rief er entzückt.

„Ich weiß gar nichts mehr!“ unterbrach ihn das Mädchen, und als er sich, betroffen von ihrem Ton, umwandte, sah er, daß sie jäh errötet war und daß ihre Züge einen peinlich gespannten Ausdruck hatten. „Aber, Aenne, Sie sind mir böse? Mir, Ihrem alten Freunde?“ Und als sie schwieg, fuhr er fort: „Na, Aenne, wie lange kennen wir uns nun schon! Seit unserer Görenzeit, beinahe seit zehn Jahren, wo ich Schüler des Gymnasiums hier war. Ist es nicht genug, wenn wir uns feierlich ‚Sie‘ nennen, seit wir uns vor nun einem Vierteljahr als erwachsene Menschen wiedersahen? Gestern abend habe ich sogar – glaube ich – du – – Ach, Aenne, können Sie mir nicht verzeihen? Warum soll man denn – aber Aenne – was haben Sie nur?“

„Ich muß nun gehen,“ erklärte sie, sich langsam erhebend, blaß bis in die Lippen.

„Auf Wiedersehen denn, Aenne, heute abend; und daß Sie sich von keinem andern Menschen als von mir das Abendessen vom Büffett holen lassen – ich warne Sie! Und Aenne, geben Sie mir doch die Hand, seien Sie mir nicht böse, wegen gestern!“

Sie reichte ihm lächelnd die Rechte, aber dabei konnte sie es nicht hindern, daß ihr ein paar schwere Thränen aus den Augen fielen. Es war dies etwas so Ungewohntes, etwas, das so im Kontrast stand zu ihrem lachenden Mund, daß er sie wie ein Rätsel anstarrte, und als sie nun rasch aus der noch immer geöffneten Thür und unter den entlaubten Kastanien über die völlig einsame Terrasse schritt, da blieb er wie angewurzelt stehen und sah ihr nach, und noch lange, nachdem sie verschwunden war, stand er so. Dann strich er sich wie erwachend über die Stirn, betrachtete wie abwesend die Wandmalerei, die er wie weiland „Fludribus“ in Scheffels „Trompeter“ zu einem hohen Namenstage zu verbrechen im Begriff war, und setzte sich, ganz hingenommen von seinen Gedanken, auf den nämlichen Stuhl, von dem eben das junge Mädchen aufgestanden war.

Du lieber Himmel – Aenne May hatte geweint! Es war ihm, als seien mit diesen Thränen aus ihren Augen zugleich die Schuppen von seinen Augen gefallen; aber, wie konnte er denn auch denken – Aenne May und er! Er, der ärmste Lieutenant der gesamten deutschen Armee, den man höheren Ortes für ein halbes Jahr hierher kommandiert hatte, um ein wenig seinen Finanzen aufzuhelfen, d. h. um ihn eine Zeit lang dem teuren Garnisonleben zu entrücken: hierher, wo er, sozusagen, umsonst lebte und die Kommandozulage obenein bekam. Auch hatte er freie Wohnung im Schlosse und Verpflegung dank dem Interesse der Frau Herzogin, bei welcher seine Tante Hofdame war. Und in eine solche Null, solch’ aussichtsloses Nichts, sollte sich ein schönes Mädchen verliebt haben so ohne weiteres? Eine, die jedenfalls nicht, selbst nicht in dieser kleinen Stadt, von Männeraugen unbemerkt geblieben war in ihrer jungen Schönheit!

Ach was, Heinz, das ist ja Unsinn! Höchstens hat sie dir den – – ja Donnerwetter, es war auch frech – den leisen Kuß auf die schönen blonden Haare übelgenommen bei dem gestrigen Spaziergang. – Aber eigentlich war die Sache so natürlich und eigentlich hat sie es kaum merken können. – Warum auch ging sie so weit von ihm ab, an der Grenze des Weges? Warum blieb sie mit ihren Flechten an einem Ast hängen, so daß er sie befreien mußte, wobei dann diese Unthat vorfiel? Er erinnerte sich, daß sie nachher gestern abend kein Wort mehr zu ihm gesprochen hatte, daß er nicht wie sonst vor der Hausthür ihrer väterlichen Wohnung aufgefordert wurde: „Kommen Sie mit hinein, Heinz.“ – – Und nun heute? Freilich konnte sie nicht wissen, daß er um diese Zeit hier malen würde; sie hatte nur sehen wollen, wie weit er mit den Bildern sei, zu denen er da unten in der Wohnstube ihrer Eltern eine Skizze von ihr gemacht hatte. – Dann war sie doch hereingekommen auf seine Bitte, aber erst, nachdem sie versucht hatte, fortzulaufen. – –

Ja freilich, sie war anders gewesen heute. – „Ach Himmel, und das – das wäre ja zum Schreien!“ sagte er laut. „Sie sollte es nur wissen, das liebe Tierchen, was ich in meinem Leben schon alles geliebt, begehrt und erstrebt habe, um es dann aufgeben zu müssen, so daß ich allmählich eine Art Fertigkeit im Entsagen gewonnen habe. Zuerst die Schule, als Vater gestorben war und es hieß: Kadettencorps – durch Gnade des Herzogs – Schulgeld nicht mehr zu erzwingen – –! Dann mein Malergelüste, diese brotlose Kunst, wie Mutter jammerte, als ich sie fast kniefällig bat, mich in München studieren zu lassen! Ich wollte nichts von ihr als die fünfhundert Thaler, das fürstliche Erbe Onkel Davids. – Dann die Kriegsakademie – aber wovon sollte ich leben in Berlin während dieses Kommandos?

Ach, Aenne May, du kennst die Welt nicht, du weißt nicht, wie jammervoll sie ist für einen blutarmen Lieutenant! Aber es soll mir eine Warnung sein, ich bin kein schlechter Kerl, ich will deinen Frieden nicht trüben, will dich nicht unglücklich machen! Heute abend spiele ich den liebenswürdigen Schwerenöter gegen alle Welt, du wirst dich wundern, Aenne May! Ich will schon sorgen, daß du die Achseln zuckst und wieder lachst in ein paar Tagen und sagst: ‚Dummer Junge, der Heinz!‘ – Weinen darfst du nicht über mich, das soll nicht sein! Nein – ein Schuft bin ich nicht – –“ Er fuhr unter diesen Selbstvorwürfen und Gelöbnissen aus seinem Malerkostüm in die Uniform, wusch die Hände, stülpte den Helm auf und schlug den nämlichen Weg ein wie Aenne, d. h. er ging nach dem inneren Schloßhof, ließ die Hälfte seiner bewaffneten Macht, zehn Mann stark, antreten vor der Hauptwache, gab Parole aus und meldete sich dann zum Rapport bei Sr. Excellenz dem Kammerherrn. Als er über den teppichbelegten Korridor schritt nach dem Empfangszimmer, klang Aennes Stimme aus der nur angelehnten Flügelthür des Musiksaales:

„O du purpurner Glanz der sinkenden Sonne,
Wie zauberhaft webst du um Flur und Hain;
Wie färbst du mit lodernder Rosenwonne
Das blasse Antlitz der Liebsten mein!

Halt ein! Entzieh’ deine segnenden Gluten
Der heilig erschauernden Welt nicht gleich!
Vergebens – sie sinkt in die schimmernden Fluten ...
O Sonne, o Liebe, wie kalt ohne euch!“

Ein lebhafter Applaus folgte. Heinz blieb stehen. Ein glückliches Lächeln ging über seine Züge. Er machte einen Schritt nach dem Musiksaale zu. Dann aber raffte er sich zusammen. „Unsinn, Heinz! Ruhig Blut!“ murmelte er vor sich hin und setzte seinen Weg fort.

Aenne kam just zum Mittagsbrot wieder zu Hause an. Der Vater stand bereits, die Hände auf dem Rücken, am Kachelofen der sogenannten Eßstube, die, nach dem Garten hinaus gelegen, im Sommer von grünlichem, geheimnisvollem Lichte erfüllt war, welches die beiden alten Birnbäume draußen vor den Fenstern verursachten, im Winter jedoch licht und freundlich von den Strahlen der Mittagssonne erhellt wurde. In der Mitte des mäßig großen Raumes stand der Klapptisch aus Birkenholz, mit Wachstuch überzogen, jetzt von einem blendend weißen Drelltuch bedeckt, die Ecke hinter dem Ofen war von dem Sofa eingenommen, dessen Lederbezug schon Brüche und Risse aufwies - es hatte noch immer nicht zu einem neuen gelangt – davor ein kleiner Tisch. Den gegenüberliegenden Winkel füllte der das Buffett vertretende Eckschrank, in welchem das Speisegeschirr, die Tassen, Zucker und Theekekse sowie ein Magenbitter aufbewahrt wurden, und an der Wand zwischen den Fenstern stand die Kommode mit einem Spiegelchen darüber. Alles aus Birkenholz, nur die Nähmaschine am Fenster rechts war echtes Mahagoni und erzählte in ihrer leuchtenden Politur, daß sie eine Ehrenstellung einnehme im Hause.

Heute herrschte neben dem Geruch von Weißkraut und Hammelfleisch noch ein starker Bügeldunst, die Frau Rätin hatte eigenhändig das helle Batistkleid ihres Töchterleins zur abendlichen Toilette geplättet. Daß auch noch ein wenig Benzingeruch von gewaschenen Handschuhen sich hineinmischte – Tante Emilie hatte dies Geschäft besorgt, und zwar ebenfalls in der Eßstube, die in ihrer isolierten Lage nach hinten hinaus sich vorzüglich für solche Arbeiten eignete – machte die Atmosphäre noch ein wenig pikanter.

Aenne riß also gleich das Fenster auf und bekam dafür von allen Seiten Vorwürfe. Der Papa deckte schleunigst sein rotes Schnupftuch über den glänzenden kahlen Scheitel, Tante Emilie schrie nach einem Shawl und die vom Kochen und Plätten echauffierte Hausfrau rief. „Wirst du wohl das Fenster zumachen, Aenne! Denkst du, daß es mir egal ist, ob ich meine Kopfkolik heute abend bekomme, oder nicht.“

Gehorsam schloß das junge Mädchen das Fenster, trat an den Tisch, wo die andern bereits hinter ihren Stühlen standen, und sprach das Tischgebet. Dann aß sie mit dem besten Appetit der Welt, hatte für alle ein freundliches Wort, lachte, neckte ihre Tante, erzählte, daß dieselbe beim gestrigen Spaziergange gestreikt und sie mit Heinz von Kerkow nahe am Ziele, am Borkenhüttchen verlassen habe, angeblich weil sie einen Krampf im Fuß bekommen könnte, wenn sie nicht schleunigst umwende und sich beeile, den Stiefel auszuziehen. Von dem Sonnenuntergang, von dem Heimweg auf dunklen Waldpfaden sprach Aenne freilich kein Wort, nur in ihren leuchtenden Augen stand sie, die Geschichte ihrer jungen Liebe, aber diese Schrift konnte keines von den dreien lesen.

Sie sprudelte über vor lauter innerer Glückseligkeit; es war ja auch zu wundervoll, daß sie ihn heute früh schon gesehen hatte! Und nun heute abend – wie wollte sie das Lied singen, das Lied von der Abendsonne! Sie wußte, wie alles kommen würde: in irgend einem Fenstereckchen des großen Saales würden sie sitzen, nachdem er ein wenig kaltes Fleisch und Salat und ein paar Gläser Champagner vom Büfett geholt, so allein, so einsam zu zweien, wie drüben im Walde, der Heinz Kerkow und sie, der Heinz Kerkow, der wilde prächtige lustige Heinz, den sie liebgewonnen, so über alles lieb!

Aenne May fiel es vorläufig gar nicht ein, weiter zu denken; sie war sich gestern ihrer Liebe bewußt geworden, und die war aufgeblüht wie eine Rose mit hundert Blättern. Wie es weiter kommen würde, das kümmerte sie nicht, sie sog das Glück der Gegenwart in vollen Zügen ein.

Beim Ankleiden zur Soiree auf dem Schloß trieb sie tausend Possen. Natürlich ging dieser feierliche Akt wieder in der Eßstube vor sich, Mama frisierte ihr schönes Töchterlein vor dem Spiegel, der über der Kommode hing; von der Petroleumlampe war die Glocke genommen, damit sie heller leuchte, und Tante Emilie, die als Landfremde nicht hoffähig war, half wie eine perfekte Kammerjunger. Ueberall lagen Sachen umher, das unsterbliche schwarze Seidendamastkleid der Rätin baumelte am Thürpfosten und der etwas verflüchtigte Geruch des Mittags war noch mit dem Duft von Kölnischem Wasser und Mandelseife versetzt.

„Nee – reizend!“ erklärte Tante, als Aenne fertig dastand. „Wenn du ’mal eine Excellenz bekommst, trautstes Herzchen, werde ich mich nicht wundern.“

„Was soll ich mit einer Excellenz, Tante,“ antwortete das Mädchen und knöpfte die gewaschenen Handschuhe zu, „ich will keinen Alten.“

Die Rätin lächelte. Sie war auch wirklich reizend, die Aenne, und wenn sie ebenso vernünftig wäre wie hübsch, könnte sie bald versorgt sein! Der Oberförster nebenan bemühte sich auffällig um sie, ein guter stattlicher Mann. Aber Aenne that ja, als sei sie in diesem Punkte taub und blind.

„Höre, Engelsköpfchen, wird heute getanzt?“ erkundigte sich Tante Emilie.

„Hoffentlich, Tante!“

„Na, da wird wohl der Kerkow Matador sein?“

„Er wird ja vermutlich Sorge tragen, daß ich nicht ganz sitzen bleibe.“

„Wenn er’s nur könnte, er tanzte den ganzen Abend mit dir, wie Hans mit Grete,“ nickte die Tante.

„Ich denke, der Kerkow wird genug zu thun haben mit den fünf Asselbach’schen Komtessen, der Toni Ribbeneck und den andern vom hohen Adel; bezweifle, daß er sich viel um Aenne kümmern kann,“ meinte die Mutter und bohrte eine Granatnadel in das Blondenhäubchen auf ihrem Scheitel.

Aenne warf ihrer Mutter einen mitleidig drolligen Blick zu. „Meinst du, Mama. O weh! – Da setze dich nur nicht in den Tanzsaal, ich fürchte, ich werde furchtbar schimmeln.“ Dabei aber strahlte ihr Gesichtchen von Siegesgewißheit.

Die ahnten ja samt und sonders nichts von alle dem Herrlichen, was sie wußte!

2.

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„Ich bleibe heute nacht auf, ich muß doch erst hören, wie ihr euch amüsiert habt,“ erklärte Tante Emilie beim Abschied, „ich stell’ mir Thee in die Röhre und leg’ Patience.“ Und so that die alte Dame, zuweilen auch trat sie ans Fenster und schaute zum Schlosse empor, in dem die langen Fensterreihen des Mittelstockes rötlich in den Oktoberabend hinausleuchteten. Die alte seelensgute Frau, die das Kind ihres Bruders abgöttisch liebte, malte sich aus, wie Aenne an den Flügel treten und singen würde, wie sie, zur Herzogin beschieden, der hohen Frau die Hand küßte und wie sie dann mit dem Kerkow im Walzer dahin flog. Sie hatte es gemerkt, längst gemerkt, daß sich die beiden mächtig anzogen, und deshalb hatte sie Mitleid gespürt und die jungen Leute gestern allein gelassen, mitten im Walde, natürlich in der Meinung, daß sie als Brautleute nach Hause kommen würden.

Das war nun nicht geschehen, die Jugend war eben anders heute, gar nicht mehr so ideal, so stürmisch. Von dem Kerkow hatte sie anderes erwartet. Hätte jemand ihr gesagt. Tante Emilie, die Jugend ist noch ebenso, ebenso stürmisch, so heiß, so begeistert, nur die Welt, die Verhältnisse sind anders geworden, sie hätte es nicht geglaubt. – Aber diesen Jemand gab es nicht. Tante Emilie hatte eben in den denkbar zurückgezogensten Verhältnissen gelebt und war drauf und dran, sich in der naivsten Weise der Welt bei Aenne und Kerkow den Kuppelpelz zu verdienen.

Sie legte sich alle möglichen Patiencen – wird er sich heute abend erklären? Keine ging auf. Sie fieberte vor Ungeduld, Aenne wiederzusehen, sie würde es ihr auf den ersten Blick anmerken, ob das große Ereignis eingetreten sei, wie sie es gestern abend gemerkt, daß sich das junge Paar um einen großen Schritt näher gekommen sein müsse, denn die Aenne war ins Zimmer getreten, so eigen, so rosig, so, als sei noch was an ihr hängen geblieben von der Glut der Abendsonne. Es war kein Zweifel, heute mußte sich etwas ereignen!

Die Stunde bis zwölf Uhr, wo die Schloßfeste, dem hohen Alter der Herzogin zulieb, ihren Schluß fanden, verging, Tante Emilie, die ein klein wenig eingenickt war in der Sofaecke, hörte die Hausthür aufschließen wischte den Schlaf aus den Augenn und sah den Eintretenden entgegen, ihre Blicke suchten natürlich Aenne. Ein blasses müdes Antlitz blickte an ihr vorüber.

„Engelchen, bist du krank?“ rief sie.

„Nein, nur müde,“ war die tonlose Antwort. Dann ein flüchtiges Kopfnicken zur Tante hinüber, ein ebenso tonloses „Gute Nacht!“ und sie war verschwunden.

„Was ist’s denn mit der Aenne?“ fragte die Erschreckte die Eltern.

„Sie hat sich vielleicht beim Singen zu sehr angegriffen,“ meinte der Herr Rat und gähnte.

„Gott bewahre! Als ob sie das spürte! Nein sie hat vielleicht zu viel getanzt!“

„Ach, du liebe Zeit,“ sagte die kleine dicke Rätin, „einmal mit Günther, dem Oberförster, die Polonaise, und eine Extratour mit Kerkow, sonst habe ich sie nicht gesehen. Es wimmelte so von Damen, und die paar Herren hatten genug zu thun, die Komtessen herum zu schwenken, die vollzählig angelangt waren.“

„Aber Kerkow konnte doch –“ ereiferte sich die Tante, „der konnte doch öfter mit ihr tanzen, wo er jede Woche ein paarmal hier an unserm Tische sitzt!“

„Ei, der hatte genug mit der Ribbeneck zu thun,“ lachte gutmütig die Frau Rätin, der es endlich gelungen war, sich aus ihren Mänteln und Tüchern herauszuschälen, und die jetzt ihrem Gatten half. „Aber nun wollen wir schlafen, gelt, May. Wer weiß, ob die Herzogin dich nicht noch herausklingeln läßt! Daß du nicht vergißt, die fünfundsiebzig Pfennige, die du im Whist gewonnen hast, in die Sparbüchse zu thun – Aenne braucht notwendig um Weihnacht ein neues Gesellschaftskleid.“

Der Rat nickte. Ihm war von dem langen Stehen an der Saalwand während des Konzertes, des Singsangs und Klaviergetrommels, wie er es nannte, schon ganz elend geworden. Die Hummermayonnaise sowie die Kaviarsemmeln des Büffetts hatten auch nicht gewartet, bis an ihn die Reihe kam, er hatte mit ein wenig kaltem Rehbraten und Heringssalat vorlieb nehmen müssen. Letzterer aber war nicht nach seinem Geschmack gewesen, den konnte nur Eine genießbar zubereiten und das war seine Frau. Dann, wie ärgerlich, das Whist mit dem Oberamtmann, dem Hofprediger und dem Oberförster! Die Herren wollten partout den Point zu einem Groschen spielen, er setzte es aber durch, daß er nur einen Pfennig galt. Er verlor sonst immer, und nun heute gewann er! Das hätte sieben Mark und fünfzig Pfennig betragen – na, es war nicht mehr zu ändern!

Mit einem halb gähnenden „Gute Nacht“ zur Schwester zog er ab in Begleitung seiner Frau. Tante Emilie blieb zurück, packte die Karten zusammen, schloß die Läden und schlich auf ihren Filzpantoffeln nach oben in ihr Stübchen, das im Giebel neben dem Aennes lag, nur durch eine kleine Tapetenthür getrennt, die aber auf Aennes Seite mit einem Kleiderschrank versetzt war. Die alte Frau tastete sich hinüber zu diesem Thürchen und horchte, es war ihr auch, als hörte sie das Mädchen gehen. Sie rief also: „Engelchen, Goldköpfchen, bist du noch wach? Kann ich noch ’mal zu dir kommen?“

Keine Antwort.

Seufzend kleidete sie sich aus und suchte ihr Bett auf. Was konnte es nur sein? Sollte sie sich zu Herzen genommen haben, daß der Kerkow nur einmal mit ihr getanzt hatte? „Lieber Gott, na ja, man ist so thöricht, wenn man jung und verliebt ist. Na, das ist wie Regenschauer im April – sie wird wohl schlafen, das Kind, und morgen ist’s wieder anders mit ihm!“

Es mochte gegen drei Uhr sein, da erwachte die alte Frau. Es war ihr, als habe jemand gerufen, und als sie sich aufrichtete vom Lager, da hörte sie ein ganz unvernünftiges wildes Schluchzen, das kam von jenseit der Wand, wo Aennes Bett stand.

„Aenne!“ rief sie und pochte mit den geballten Händen gegen die Wand, „Goldherzchen, Kind, was fehlt dir?“

Da ward es still, und wieder keine Antwort. Das war kein Aprilregen, das war der Sturm, der Blumen vernichtet und Bäume entwurzelt, das war die Todesstunde von Aenne Mays junger Liebe. – – –

Und drüben im dritten Stockwerk des Schlosses ging nach Schluß der Soiree Heinz von Kerkow in seinen beiden Zimmern auf und ab. Weinen thut kein Mann um so etwas, aber weh war es ihm doch ums Herz, bitter weh! Er konnte das bleiche Gesicht, die starren fragenden Augen nicht vergessen, mit denen sie ihn angeschaut ob seines unbegreiflichen Wesens. Während sie sang, hatte er sich in einem Nebenzimmer aufhalten wollen, aber wie von Ketten gehalten war er geblieben. Und wie hatte sie gesungen!

„O, du purpurner Glanz der sinkenden Sonne –“

Diese Sehnsucht in der Stimme, diese Freude auf dem reizenden Gesicht! Sie hatte ihn nicht angesehen dabei, keine Spur von Koketterie war in diesem Mädchen, aber er wußte ja, daß jedes Wort ihm galt. Und wie lieb sah sie aus in dem weißen Kleide, wie sicher und anmutig war ihr Auftreten, die tiefe Verneigung vor der Herzogin! Die ganze andere Bande, wie er sich respektlos ausdrückte, war nichts gegen sie, trotz Grafen und Freiherrenkronen. Wie das Souper begann, wie sie lächelnd dastand, um ihn zu erwarten, laut ihrem Versprechen von heute morgen, wie er dann zu ihr kam mit dem Imbiß und seine Rolle zu spielen begann, formell, verstimmt, wie er von der Hitze im Saale erzählte und daß er froh sei, wenn die Sache vorüber wäre, daß er überhaupt das Leben hier satt habe und alles daran setzen wolle, um ein Kommando nach Berlin zu bekommen, etwa an die Centralturnanstalt, denn es sei ja in diesem Wurstnest einfach zum Rasen langweilig, da hatte sie ihn angestarrt, als fürchtete sie, er sei wahnsinnig geworden.

„Sagen Sie doch selbst, Fräulein May“ –Fräulein May hatte er sie genannt - „ob es nicht wahr ist! Na ja, die Gegend – die Gegend ist ganz nett, aber diese ewige Natursimpelei! Und dann die schrecklich spießbürgerlichen Verhältnisse überall! Im übrigen fühle er, daß er sie ermüde mit seiner Unterhaltung, auch müsse er sich einmal um die Ribbeneck bekümmern und um seine Tante.

Damit hatte er sie verlassen, wobei er verstand, sie nicht anzusehen, und hatte sich mit krampfhafter Ausdauer der Toni Ribbeneck gewidmet. Aber einmal sah er doch zu ihr hinüber, es war, als zöge etwas seine Blicke dahin. Sie saß auf einem der mit rotem Seidendamast bezogenen Stühle im Empirestil, an der weißen mit Goldornamenten geschmückten Wand des kleinen Tanzsaales, und da wollte sich ihm beinahe das Herz umdrehen. Das Gesicht weiß wie die Wand, die Augen verständnislos, groß und flehend zu ihm hinüber gerichtet, um den Mund ein Zucken wie von verhaltenem Weinen – – das würde er nie wieder vergessen, nie! So ähnlich war ihm zu Mute gewesen, als er sein erstes Reh erlegte. Er hatte das Tier nur krank geschossen und fand es nicht weit von der Schußstelle im Verenden, das hatte ihn angesehen mit dem nämlichen Blick wie Aenne. Scheußlich, scheußlich kam er sich vor – lieber Himmel, wenn man nur einen Ausweg wüßte! Aber wie denn, wo denn – Nein – lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende – er durfte sich ihr nicht nähern!

Aber alle diese gewaltsamen Versuche, sich Vernunft einzureden, vermochten es doch nicht zu hindern, daß er in Träumereien sich verlor, in süße und hoffnungsreiche Träume, wie die nie zu entmutigende Jugend sie träumt. Ach, vielleicht – vielleicht ginge es doch noch, wenn sie warteten. Vielleicht gewinnt er das große Los – vielleicht findet sich ein Erbonkel – vielleicht – –. Heute früh hatte er es noch nicht so klar, so deutlich gefühlt wie jetzt, wo er der Unmöglichkeit ihres Besitzes gegenüberstand, wie sehr, wie tief er sie liebte!

Aenne! Aenne, ich kann dich nicht lassen! klang es in ihm, ich will dich nicht lassen!

Er fuhr empor aus seinem Brüten, draußen hatte es geklopft. Auf sein „Herein!“ trat einer der herzoglichen Lakaien ins Zimmer und bestellte eine Empfehlung von Frau von Gruber, und wenn der Herr Lieutenant noch nicht zu müde wäre, würde sie sich freuen, ihn heute abend noch sprechen zu können.

Er warf einen verwunderten Blick auf die Uhr – es war ein Viertel vor Eins. Dann sagte er, er werde kommen, knöpfte die aufgerissene Uniform wieder zu und stieg die Treppe zum zweiten Stock hinunter, wo, just unter seinen Zimmern, die Appartements der Hofdamen lagen.

Frau von Gruber, eine Cousine seines Vaters, war bereits im bequemen Hauskleide, eine alte Dame von sechzig Jahren, die ein wenig vornübergebeugt ging und für gewöhnlich einen ziemlich hochmütigen Ausdruck zur Schau trug, der aber in Anbetracht ihrer Stellung als Oberhofmeisterin Ihrer Durchlaucht wahrscheinlich notwendig war. Sie mußte ehemals sehr schön gewesen sein, hatte noch heute eine kerzenschlanke Gestalt, ein feines Gesicht, von grauen Haaren umrahmt, die zu dem frischen Teint gut kleideten, der etwas künstlich aufgebessert schien. Sie hatte eine stürmische Ehe hinter sich, ihr Mann war der unverbesserlichste Spieler gewesen. Von seinem großen Vermögen, von den prachtvollen Besitzungen ihres Gatten – er übernahm drei Rittergüter beim Tode seines Vaters – war nichts geblieben. Als der Krach kam, war sie einige vierzig Jahre alt und noch sehr schön, und nach dem Tode ihres Gatten, der plötzlich nach dem Zusammenbruch erfolgte – er starb in Monaco – trat sie die Stelle der Oberhofmeisterin bei der verwitweten Herzogin an, der sie nun seit zwanzig Jahren treu und tadellos vorstand. Kinder besaß sie nicht, interessierte sich aber aufrichtig für diejenigen, die in ihrer Verwandtschaft emporwuchsen und nicht eben das kleinste Interesse hegte sie für Heinz von Kerkow. Am liebsten stiftete sie, die doch so unglücklich in ihrer eigenen Ehe gewesen, Heiraten, und auf Heinz hatte sie es in dieser Beziehung schon lange abgesehen. Bis jetzt freilich waren ihm noch keinerlei derartige Bestrebungen von ihrer Seite aufgefallen, sie bekümmerte sich bisher nur insofern um ihn, als sie es gern sah, wenn er zuweilen in ihren dienstfreien Stunden zu ihr kam und etwas mit ihr „klatschte“. Er war dabei unendlich drollig, ging mit Feuereifer auf jedes angeregte Thema ein und band seiner verehrten Tante Christiane unglaubliche Dinge auf mit dem ehrlichsten Gesicht von der Welt. Zuweilen, wenn die Rede auf seine Mutter und die beiden verblühenden Schwestern kam, auf die ganze trostlose Misere seiner Lage, wurde er elegisch, und das war jedesmal der Zeitpunkt, wo sie sagte: „Junge, du mußt eine gute Partie zu machen suchen, weiter kann ich dir keinen Rat geben! Wenn ich nur eine wüßte, die reich und gut genug für dich wäre, aber heutzutage sterben die Erbinnen aus.

„Ich muß unter die Semiten gehen, Tante,“ antwortete er dann regelmäßig, „und ich bin überzeugt, du wirst, wenn sie einmal meine Frau ist, das ‚Veilchen‘ oder ‚Rebbeckchen‘ liebgewinnen.“

„Rede nicht so gottlos, Heinz! Das wäre das letzte!“

„Ach, teuerste Tante, in der Not frißt der Lieutenant – Fliegen.“

Heute abend, als sie ihn mit einem Scherze empfing, vermochte er nicht darauf einzugehen, merkte auch nicht, daß das Lächeln auf ihren Lippen nicht ganz ungezwungen war. Er küßte zwar aufmerksam die noch immer hübsche Hand, machte es sich in einem Fauteuil des ungemein herrlich ausstatteten Zimmers bequem und nahm ein Glas Schlummerpunsch aus ihren Händen entgegen, aber er blieb stumm.

„Was stimmt dich denn so schweigsam, Heinz,“ erkundigte sie sich, ihn etwas unruhig beobachtend.

„Ach Gott, na, man ist eben ’mal einen Tag nicht so wie den andern,“ lautete die nicht sehr zuvorkommende Antwort.

„Aber du warst so strahlend lustig beim Tanz vorhin, Toni Ribbeneck sagte noch – –“

Er machte ein Gesicht, als ob er sich vor einer mißliebigen Speise ekelte. „Was will sie denn von mir?“ erkundigte er sich mit einem Ausdruck als wollte er sagen „Sie soll mich doch um Gottes willen zufrieden lassen!“

„Gott behüte! Sie will gar nichts, sie freute sich nur, daß wir für unseren langweiligen Winter an dir einen so netten Kavalier gewonnen haben. Du weißt ja, Heinz, daß wir daran keinen Ueberfluß besitzen.“

„So. Na, Tantchen, nimm’s schon nicht übel, ich habe ganz und gar keinen Mumm, den Winter über hier in eurem verwunschenen Schloß zu versauern.“

„Aber Heinz!“ Tante Gruber entfiel der Löffel, mit dem sie ihren gar nicht schwachen Punsch rührte.

„Nun ja, ich will versuchen, daß ich fortkomme, Tante – es gefällt mir nicht mehr hier.“

„Du bist ja ein ganz undankbarer Mensch, oder läßt du dich durch die Geschichte so furchtbar herunterdrücken, daß – –“

„Herunterdrücken? Welche Geschichte meinst du?“ fuhr er auf.

„Na – deine Mutter, meine ich, und das mit Ottilie. Hab’ doch Vertrauen zu mir, Heinz, ich weiß es ja natürlich schon.“

Er sah sie verständnislos an.

„Solltest du wirklich noch nichts wissen?“ fragte sie erschreckt. „Das thut mir leid, armes Kerlchen. Morgen früh wirst du den Brief wohl bekommen, oder – er liegt auf deinem Schreibtisch und du hast ihn übersehen. Ich dachte, deine finstere Laune komme daher; Gott, wie ungeschickt von mir!“

„Ich muß dich schon bitten, liebe Tante, nach diesen Aeußerungen, die mich begreiflicherweise in Besorgnis versetzt haben, weiter zu berichten und mich nicht bis morgen früh, wie einen aufgespießten Schmetterling, weiter zappeln zu lassen.“

„Ich will’s dir mitteilen, natürlich, Heinz, aber die Nachtruhe wird’s dir nicht bessern.“

„Auch eine Logik!“ brummte er.

„Sei nicht so schrecklich unangenehm, Heinz! Also, nun du es hören willst – Ottilie ist krank aus ihrer Stellung zurückgekehrt!“

Er atmete auf – es war da noch etwas, das sich wenden konnte; er hatte Schlimmeres gedacht. „Was fehlt ihr denn?“ fragte er, „weißt du es?“

Sie schüttelte den Kopf, aber ihre sonst so kalten Augen hatten sich mit Thränen gefüllt.

„Also etwas Ernstliches, Tante. Nur zu, sag’s doch! Typhus? – oder – oder Herrgott, spanne mich doch nicht auf die Folter, Tante!“

„Man mußte sie in eine Anstalt – in eine – weißt du, Heinz, – ihre Nerven – eine, ja in das –“

„Irrenhaus,“ ergänzte er dumpf. Er saß plötzlich da wie gebrochen.

Die alte Dame schwieg. Sie hielt ihre Hände im Schoß gefaltet und schluckte an emporquellenden Thränen. Der Junge that ihr so leid, so furchtbar leid!

„Und Mutter“ fuhr er endlich auf. „Mein Gott, wie wird sie den Schlag überstehen – und was wird das kosten! Was soll überhaupt –“

Sie nickte. „Ja, das ist’s eben!“ Dann erhob sie sich, schritt zum Glockenzug und befahl dem eintretenden Lakaien, die für den Herrn Lieutenant eingegangenen Postsachen aus seinem Zimmer herunter zu holen. „Da du es nun doch schon weißt, und ich begierig bin, Näheres zu erfahren“ setzte sie hinzu.

Nach ein paar Minuten hielt er den Brief in der Hand. „Von Mutter“ murmelte er, „ach nein, von Hede,“ verbesserte er sich. Er drehte das Schreiben hin und her und schob es dann ungelesen in den Aermelaufschlag seiner Uniform und saß noch ein Weilchen, mit fest zusammengekniffenen Lippen ins Leere starrend. Endlich stand er auf. „Das ist schon ein großes Unglück, wenn es reiche Leute trifft, Tante, aber hier hier – Ottilie hat Mutter immer unterstützt. Ich weiß nicht, wie es werden soll – – armes Mädel! Arme Mama!“

„Wir Kerkows haben alle kein Glück, mein Junge – wenn man so denkt, wie es manchem in den Schoß fällt! Ich muß immer Toni Ribbeneck ansehen und mich dabei fragen, wie der eigentlich jetzt zu Mute sein mag, nachdem sie vorgestern die Nachricht bekam, daß ihr Onkel gestorben und sie nun Herrin eines netten Vermögens geworden ist – so jung noch, höchstens siebenundzwanzig Jahre. Es giebt ein so sicheres Gefühl in der Welt, weißt du,“ fuhr sie fort, „natürlich! Findest du nicht, Heinz, daß sie jetzt eine sehr distinguierte Sicherheit zur Schau trägt, diese kleine Person? Woran denkst du, Heinz,“ fragte sie ungeduldig den vor ihr Stehenden, und als er wie aus schweren Gedanken auffuhr, sagte sie, „ich sprach von Toni Ribbeneck.“

„So – ja – was sagtest du doch – daß sie geerbt habe – Kann froh sein, ohne Geld geht’s eben nicht. Gute Nacht, Tante, den Brief lese ich oben, ich kann ja augenblicklich doch nichts thun. Habe Dank für deine Teilnahme!“