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Über Dipl. Psych. Eskil Burck

Eskil Burck absolvierte sein Studium an der Universität Koblenz-Landau. Schon während des Studiums begann er Erkenntnisse aus der psychologischen Forschung einer großen Öffentlichkeit zugänglich zu machen. 
Sein Audio-Podcast belegte immer wieder Platz 1 in den iTunes-Charts in der Kategorie „Bildung“. 
Seine Lern-Videos wurden allein auf YouTube bereits mehr als vier Millionen mal angeschaut.
Sein Buch „Neue Psychologie der Beeinflussung“ wurde zum
Amazon-Bestseller.
Weitere Informationen finden Sie auf www.psychologie-lernen.de
Youtube-Kanal: psychologie-lernen.de
Das manipulierte Gehirn
Psychologie der unbewussten
Beeinflussung
Eskil Burck
2. Auflage 2019
Copyright © Eskil Burck
Umschlaggestaltung: Eskil Burck
Unter Verwendung von Stockphotos: © Sergey Nivens / Fotolia.com
Abbildungen: © Sergey Nivens / Fotolia.com, © lassedesignen / Fotolia.com, © olly / Fotolia.com, © Sergey Nivens / Bigstock.com, © style-photographs / Bigstock.com, © chagin / Bigstock.com, © Glyn Lowe Photoworks, © kotin / Bigstock.com, © Maksim Šmeljov
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Der Autor geht davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Der Autor übernimmt allerdings weder ausdrücklich noch implizit Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen.
Impressum: 
Eskil Burck, Kugelgartenstraße 12, 76829 Landau
Tel: 07272/6040
Email: mail@PsychologiederSchule.de
Herstellung und Verlag:
BoD – Books on Demand, Norderstedt
ISBN: 9783749482726
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Audio-Podcast
Inhaltsverzeichnis
Allgemeine Informationen
1 Ziel dieses Buchs
2 Was Sie in diesem Buch erwartet
3 Seien Sie skeptisch!
3.1 Unglaubliche Manipulation durch Fernseh-Mentalisten – zu schön, um wahr zu sein...
3.2 Unglaubliche Manipulation in der Wissenschaft – zu schön, um wahr zu sein?
4 Die unbewussten Denkoperationen unseres Gehirns
4.1 Eine erstaunlich gut lesbare Mitteilung
4.2 Zwei normale Gesichter, oder?
4.3 Die Welt der optischen Illusionen
5 Unbewusst verarbeitete Werbung
5.1 Beeinflusst uns Werbung auch dann, wenn wir sie gar nicht beachten?
Nutzung im Alltag
5.2 Je häufiger, desto besser?
5.3 Mere-Exposure-Effekt = wiederholtes Priming?
5.4 Kann man sich gegen den Mere-Exposure-Effekt wehren?
6 Ich mag dich, weil ich dich schon häufig gesehen habe…
6.1 Sind unsere Freundschaften austauschbar?
6.2 Der Mere-Exposure-Effekt in der Politik
6.3 Exkurs: Der Mann im schwarzen Sack
7 Wie aus Lügen (unbewusst) Wahrheiten werden
7.1 Hillary Clinton ist die Anführerin eines Pädophilenrings
7.2 Je häufiger wir eine Lüge hören, desto wahrer kommt sie uns vor – Die Wahrheitsillusion
7.3 Warum kommt es zur Wahrheitsillusion?
7.4 Lügen und Halbwahrheiten im Alltag – Wem kann man trauen?
7.5 Exkurs: Woran erkennt man als Laie eine gute Informationsquelle?
7.6 Kann man sich denn gar nicht vor der Wahrheitsillusion schützen?
8 Unser Gehirn mag es einfach – Weitere (unbewusste) Effekte kognitiver Leichtigkeit
8.1 Schwierig zu lesende Schrift ist ein Motivationskiller – Auch im Verkauf?
8.2 Unbewusste Effekte kognitiver Unflüssigkeit
9 Unbewusster Egoismus – Wie uns unser Ego beeinflussbar macht
9.1 Wie Marketingexperten unseren unbewussten Egoismus ausnutzen können
9.2 Aber was ist, wenn wir den Namen nicht kennen? – Der einfache Weg, unseren Egoismus auszunutzen…
9.3 Das Ego gezielt kränken, um mehr zu verkaufen? Kleines Ego, großer Sportwagen?
10 (Unbewusste) Beeinflussung durch Fragen
10.1 Wenn harmlose Fragen (unbewusst) unser Verhalten beeinflussen
10.2 Mehr verkaufen durch Question-Behaviour-Plus?
10.3 Unerwünschte Effekte von Fragen – „Hast du vor, auf der Party Alkohol zu trinken?”
10.4 Kann man sich gegen den Question-Behaviour-Effekt schützen?
10.5 Zwei universal einsetzbare Zauberfragen der Beeinflussung
„Könnten Sie mir einen Gefallen tun?”
„Würdest du dich als hilfsbereiten Menschen bezeichnen?”
10.6 Fragen Sie nicht nach der Meinung, sondern bitten Sie um einen Ratschlag!
10.7 Beeinflussen und gleichzeitig sympathischer werden?
10.8 Exkurs: Die Benjamin-Franklin-Methode
10.9 Die Macht der Suggestivfragen
Traue keinen einseitig formulierten Fragen!
Wenn Suggestivfragen unser Gedächtnis verändern
Exkurs: Unser fragiles Gedächtnis
11 Von Lockvogel-Angeboten in die Falle gelockt
11.1 Wie kann man sich schützen?
12 Auf der Suche nach Orientierung – Die Macht der Anker
12.1 Ankereffekte im Verkauf
Wieviel Geld kann ich maximal rausholen? Ankereffekte bei der Preisfestsetzung
Mondpreise
Lassen sich Experten auch beeinflussen?
Der Preis des Vorgängermodells dient als Anhaltspunkt
Weitere Reihenfolgeeffekte beim Verkauf
Clevere Rabattaktionen – Bezahle zwei, und bekomme noch eins gratis dazu!
Wie viele soll ich einkaufen? Cleveres Ankersetzen durch Rationierung
Unbewusste Beeinflussung durch Ankerwerte?
Im Labor hui, in der realen Welt pfui? Funktionieren Ankereffekte schlechter, wenn es um reales Geld geht?
12.2 Ankereffekte in Verhandlungen – Wie sollte man vorgehen?
12.3 Im Gericht – Wenn Richter deine Haftstrafe auswürfeln
12.4 Ankereffekte in der Politik – Mit Zahlen lässt sich gut lügen!
12.5 Alles ist relativ! Ankereffekte gibt es im realen Leben viel häufiger, als wir denken
13 Unglaubliche Manipulation durch Priming
13.1 Exkurs: Priming und die Replikationskrise
Wie kann die Qualität der Forschung verbessert werden?
13.2 Zum Konsum verführt – Priming in der Konsumentenpsychologie
13.3 Wenn aus „Bye” „buy” wird... – Priming durch gleich klingende Wörter?
13.4 Priming von Liebe
Ein HERZ für andere – Wenn uns Herzformen hilfsbereiter machen
Priming von romantischer Liebe
13.5 Liebe deinen Nächsten wie dich selbst! Priming von religiösen Gedanken
13.6 Priming von Höchstleistungen
Denk an einen Professor und du wirst intelligenter?
Bilder von Höchstleistungen motivieren
13.7 Priming durch reale Rollenmodelle – Wenn sie das kann, dann kann ich das auch!
14 Subliminale Beeinflussung – Die Macht der unterschwelligen Botschaften
14.1 Die Erzeugung von Grundbedürfnissen und Emotionen
Durst und Hunger
Exkurs: subliminale Beeinflussung – die Rechtslage
Sexuelles Verlangen
Angst und Stress
Besser schlafen
14.2 Subliminale Selbstoptimierung?
Grenzenloses Selbstbewusstsein durch unterschwellige Beeinflussung?
Leistungssteigerung durch subliminale Beeinflussung?
Exkurs: Subliminaler Jackpot – Wenn der Glücksspielautomat unterschwellige Botschaften aussendet
14.3 Pavlovs Hund 2.0 – Subliminales Konditionieren und assoziatives Lernen
14.4 Kann man Menschen doch zum Kauf eines speziellen Produkts manipulieren? – Ja, aber...
14.5 Die Marke in unserem Kopf – Macht uns das subliminale Apple-Zeichen kreativer?
14.6 Vertrau mir! – Wie man uns vertrauensseliger machen kann
14.7 Exkurs: Subliminale vs. beiläufige Verarbeitung
15 Schlussfolgerungen für unser alltägliches Handeln
16 Weiterführende Bücher von Eskil Burck
16.1 Neue Psychologie der Beeinflussung
16.2 Die Macht der Situation
17 Auflösung der Quizfragen
18 Literaturverzeichnis
Das Unbewusste kennen, um mehr Bewusstheit (und damit Selbstbestimmung) zu erlangen
Wir leben in einer Zeit, in der wir permanent Beeinflussungsversuchen ausgesetzt sind: Wenn Sie sich umschauen, sehen Sie wahrscheinlich mehrere Gegenstände, auf denen Markennamen oder Werbeslogans abgedruckt sind (Kleidung, Laptop, Auto, Lebensmittel etc.). Sobald Sie ihre Wohnung verlassen, um zur Arbeit zu fahren, nehmen Sie beiläufig und weitgehend unbewusst etliche Werbeplakate wahr oder sehen Menschen, die (unbewusst) zum Werbeträger von Bekleidungsfirmen geworden sind. Wenn Sie Radio oder Fernsehen anschalten, laufen immer wieder die gleichen Werbespots und Werbejingles oder die Lügen mancher Politiker (z.B. Donald Trump), die im Laufe der Zeit ihre Spuren im Gehirn hinterlassen. Wenn Sie im Internet surfen, wird neben dem Text, den Sie lesen, eine Bannerwerbung eingeblendet, die Sie vielleicht nicht bewusst wahrnehmen, die aber vielleicht doch ihre Wirkung nicht verfehlt. Wenn Sie eine kostenlose App herunterladen, wird meist (recht unauffällig) am Bildrand Werbung eingeblendet.
Allein im Jahr 2016 wurden 30,9 Milliarden Euro für Werbung ausgegeben.1 Der meisten Werbung schenken wir keine Aufmerksamkeit. Hat sie dennoch eine Wirkung auf uns? Und wenn ja: Wie groß sind die Effekte?
Nur wenn wir die Mechanismen der unbewussten Beeinflussung kennen, haben wir eine Chance, uns dagegen zur Wehr zu setzen.
 
Wo ES war, soll ICH werden.2
(Sigmund Freud)
Vielleicht kaufen wir dann nicht mehr so viele Sachen, die wir eigentlich nicht brauchen, wählen keine Politiker, die eigentlich schlecht für uns sind oder konsumieren nicht länger Fernsehsendungen, die uns eigentlich nicht gut tun.
Tyler Durden: „Was sind wir eigentlich?“
Jack: „Keine Ahnung. Konsumenten?“
Tyler Durden: „So ist es. Wir sind Konsumenten. […] Mord, Verbrechen, Elend, … Solche Sachen interessieren mich nicht. Was mich interessiert: Promi-Magazine, ein Fernseher mit 500 Sendern. Das Markenlabel auf meinen Unterhosen...“
(Chuck Palahniuk - Fight Club)
1 Quelle: http://www.nielsen.com/de/de/press-room/2017/advertising-market-2016-continues-to-grow-and-records-a-plus-of-4-point-9-percent.html
2 Sigmund Freud meinte damit, dass wir daran arbeiten sollten, die unbewussten Anteile unserer Persönlichkeit (Es) in bewusste Teile zu transformieren (Ich).
Wir beginnen unsere Reise in die Psychologie der unbewussten Beeinflussung mit Phänomenen, bei denen wir die beeinflussenden Stimuli noch bewusst wahrnehmen können, wir aber in der Regel nicht die geringste Ahnung haben, dass wir beeinflusst werden und wie stark wir beeinflusst werden:
Mere-Exposure-Effekt
Wahrheitsillusionen
Beeinflussung durch Fragen
Lockvogel-Angebote
Ankereffekte
Priming
u.v.m.
Unsere Reise endet im „gänzlich Unbewussten“: Wenn also weder der beeinflussende Stimulus noch dessen Wirkung von uns bewusst erfasst werden kann:
Subliminale Beeinflussung
Zur besseren Übersicht sind im Schaubild auf der folgenden Seite nochmals alle Kapitel des Buchs aufgeführt.

Manchmal bekomme ich von Lesern oder Podcast-Zuhörern Video-Clips von „Mental-Magiern“ wie Derren Brown, Thorsten Havener, oder Victor Mids zugeschickt:
„Sehr geehrter Herr Burck,
ich finde Ihre Podcasts und Youtube-Videos sehr spannend. Es ist auch sehr schön die wissenschaftliche Seite und die ganzen Studien so gut erklärt zu bekommen. Aber ich finde Sie und andere Wissenschaftler könnten noch viel von Derren Brown lernen. Sehen Sie sich bitte das folgende Video an, in dem er einem Mann den Wunsch nach einem BMX-Fahrrad ins Gehirn „pflanzt“:
https://www.youtube.com/watch?v=jTwCMX5sUQU
In dem Video redet Derren Brown mit dem britischen Schauspieler Simon Pegg über dessen Wunsch-Geburtstags-Geschenk. Dabei flicht er in seine Sätze viele Sprachmuster ein, die an ein BMX-Fahrrad erinnern könnten:
„Let me explain to you how I bike gifts...“
„...Like a BM or an X-Box...“
Neben den verwendeten Sprachmustern soll auch die Umgebung unterschwellig an ein Fahrrad erinnern. Denn die gesamte Szene spielt sich in einem Raum ab, in dem viele abstrakte Fahrradmotive an der Wand und auf dem Boden zu sehen sind. Am Ende stellt sich heraus, dass Simon Pegg sich angeblich ursprünglich eine Lederjacke zum Geburtstag gewünscht habe, aber sich aufgrund der Manipulation nun doch für ein BMX-Fahrrad entschieden habe:
Derren Brown: „You can have anything that you like. What‘s your dream present?“
Simon Pegg: „A BMX-Bike.“
Auch wenn wir im Laufe dieses Buchs viele verblüffende Beeinflussungstechniken kennen lernen werden, muss man – zum Glück – sagen, dass die von Fernseh-Mentalisten vorgeführten Tricks in fast allen Fällen auf Zaubertricks oder Kameratricks basieren.1 Die eigentliche Kunst der Mentalisten besteht darin, den Zuschauer so in die Irre zu führen, dass sie glauben, die unterschwellige Beeinflussung (oder welche märchenhafte Technik auch immer) habe funktioniert.
Einige der in diesem Buch behandelten Phänomene ähneln sehr den von Derren Brown (angeblich) angewendeten Techniken (z.B. Priming, subliminale Beeinflussung etc.). Diese Techniken gehören zu den faszinierendsten Forschungsergebnissen, die es in der Psychologie jemals gegeben hat. Leider sind es auch die umstrittensten (siehe vor allem Kapitel 13.1 ). Einige der spannendsten und verblüffendsten Priming-Experimente konnten von unabhängigen Forschern nicht repliziert (wiederholt) werden.
Allzu oft wird diese Tatsache von führenden Forschern in der Öffentlichkeit verschwiegen. Liest man beispielsweise das neue Buch „Pre-Suasion“ von Robert Cialdini, werden widersprüchliche Forschungsergebnisse nur in den Fußnoten erwähnt. Selbst in weit verbreiteten Psychologie-Lehrbüchern findet man selten kritische Worte zu den großen Meilensteinstudien, die vor Jahrzehnten mit nur sehr geringen Versuchspersonenzahlen durchgeführt wurden und in neueren Untersuchungen (mit größeren Versuchspersonenzahlen) nur mit Einschränkungen oder gar nicht repliziert werden konnten.
Leider sind viele Leser – also vielleicht auch Sie – ein Teil des Problems. Denn Leser lieben fantastische Forschungsergebnisse, die völlig unerwartet sind, und sie lieben es einfach und unkompliziert (siehe Kapitel 8). Informationen wie „Studie X konnte nicht repliziert werden“ führen dazu, dass man bisher Geglaubtes in Frage stellen muss. Und das ist anstrengend und unangenehm, denn es erzeugt kognitive Dissonanz – übrigens auch bei mir. Ich wünschte selbst auch, es gäbe keine Replikationskrise2. Das würde es für mich als Autor deutlich einfacher machen. Denn auch mein Gehirn liebt einfache und eindeutige Sachverhalte.
Aber Wissenschaft ist nicht einfach und eindeutig. Sie ist schwierig und führt immer wieder in Sackgassen. Das wusste bekanntlich schon Thomas Edison, der nach etlichen misslungenen Versuchen, eine marktreife Glühbirne zu bauen, folgendes Fazit zog:
„Ich bin nicht gescheitert. Ich kenne jetzt 1000 Wege, wie man keine Glühbirne baut."
Aber nicht nur die Fortschritte in der Technik (Glühbirne, Smartphone, Teilchenbeschleuniger) auch viele Fortschritte in der Psychotherapie verdeutlichen, dass Wissenschaft langfristig trotz allem der beste Weg zur Innovation ist. Denn selbst wenn manche Forschungsergebnisse falsch sind, so werden sie in der Wissenschaft (im Gegensatz zur Esoterik) im Laufe der Zeit auch als falsch entlarvt werden und neue Forschungsergebnisse werden an ihre Stelle treten. Dies geht aber umso schneller, wenn wir uns die Mühe machen, widersprüchliche Forschungsergebnisse zu sichten und auch darüber zu berichten, anstatt sie unter den Tisch zu kehren. Ich hoffe, Sie nehmen es daher positiv auf, dass ich Sie in diesem Buch auch hin und wieder mit widersprüchlichen Forschungsergebnissen konfrontiere und dass ich an manchen Stellen skeptischer bin als manch anderer Autor. Denn hierdurch bekommen Sie einen ehrlichen Überblick über den aktuellen Forschungsstand.
1 Im genannten Video ist es Derren Brown wahrscheinlich gelungen, den Zettel mit dem Wunschobjekt (Lederjacke) auszutauschen. Auch wenn Simon Pegg beteuert, dass es sich um seine eigene Handschrift handelt, lässt sich diese natürlich ohne Problem fälschen.
2 Unter Replikationskrise versteht man den Umstand, dass etliche Forschungsergebnisse von unabhängigen Forschergruppen nicht mit gleichem Ergebnis wiederholt werden konnten.
Wussten Sie, dass das
das Gehirn unnötige
Informationen
automatisch
ignoriert?
Genau wie das zweite „das“ in der obigen zweiten Zeile!
Vielen geübten Lesern fällt das zweite „das“ im ersten Satz nicht auf. Legt man diesen Satz dagegen Leseanfängern vor, die sich noch qualvoll von Wort zu Wort durchkämpfen müssen, fällt ihnen der Fehler i.d.R. sofort auf.
Hier ist noch ein Beispiel, das Sie gerne ihren Freunden vorlegen können:
85% aller Schüler
werden hier nicht den
den Fehler finden:
a,b,c,d,e,f,g,h,i,j,k,
l,m,n,o,p,q,r,s,t,u,v,w,
x,y,z
Eine der großartigsten Eigenschaften unseres Gehirns ist es, Denk- und Verhaltensweisen zu automatisieren. Nach anstrengenden Phasen bewussten Lernens müssen wir zum Glück nicht mehr bewusst darüber nachdenken, wie Gehen, Fahrradfahren, Autofahren, Sprechen, Lesen etc. funktionieren.
Wie unglaublich viele unbewusste Prozesse in unserem Gehirn permanent ablaufen, fällt uns im Alltag jedoch nur selten auf.
Einen kleinen Eindruck von den unbewussten Rechenoperationen unseres Gehirns kann man u.a. durch die folgenden beeindruckenden Phänomene gewinnen.
D1353 M1TT31LUNG Z31GT D1R, ZU W3LCH3N GRO554RT1G3N L315TUNG3N UN53R G3H1RN F43H1G 15T! 4M 4NF4NG W4R 35 51CH3R NOCH 5CHW3R, D45 ZU L353N, 483R M1TTL3W31L3 K4NN5T DU D45 W4HR5CH31NL1ICH 5CHON G4NZ GUT L353N, OHN3 D455 35 D1CH W1RKL1CH 4N5TR3NGT. D45 L315T3T D31N G3H1RN M1T 531N3R 3NORM3N L3RNF43HIGKEIT. 8331NDRUCK3ND, OD3R?
Und falls Sie des Englischen mächtig sind, können Sie jetzt vielleicht auch das folgende Zitat ohne Probleme lesen:
„1N73LL1G3NC3 15 7H3 4B1L17Y 70 4D4P7 7O CH4NG3"
(573PH3N H4WK1NG)
Warum können wir solch ein Kauderwelsch verstehen?
Aufgrund jahrzehntelangen Lesetrainings hat unser Gehirn gelernt, selbst bei fast unleserlicher Schrift den Sinn eines Textes zu erfassen.
Gleichzeitig lernt es weitgehend automatisch, dass im obigen Beispiel die „1“ für das „I“ oder die „3“ für das „E“ steht.
Abbildung 1: Wenn Sie die auf dem Kopf stehenden Bilder umdrehen, bemerken Sie, dass eines der Bilder keineswegs „normal“ ist...

Ähnlich wie unsere Fähigkeit zu lesen ist auch unsere Gesichtserkennung aufgrund unzähliger Erfahrungen extrem automatisiert. Ohne dass wir es bemerken, filtert unser Gehirn unpassende Details für uns heraus, um uns ein Bild zu präsentieren, das zu unseren bisherigen Erfahrungen passt.
Es gibt mittlerweile unzählige Wahrnehmungstäuschungen, die uns Dinge wahrnehmen lassen (z.B. Bewegungen, Farbillusionen, Größenillusionen etc.), die gar nicht stattfinden. Offensichtlich finden im Verborgenen viele Prozesse statt, die uns in die Irre führen können.1
Im Folgenden sehen Sie drei besonders beeindruckende optische Illusionen:
Abbildung 2: Auch wenn uns klar ist, dass es eigentlich unmöglich ist, entsteht hier der Eindruck, Teile des Bildes würden sich bewegen.

Haben die Flächen A und B die gleiche Farbe? Auch hier berechnet unser Gehirn aufgrund unserer Erfahrungen mit Schatten die relative Helligkeit der Flächen aus. Erst wenn kein schattenwerfendes Objekt zu sehen ist (unten), wird klar, dass die beiden Flächen A und B tatsächlich identisch sind.

Abbildung 3: Sehen Sie die schwarzen (oder weißen?) Punkte?
Eine Erklärung dieser optischen Illusion finden Sie in diesem Video: https://www.youtube.com/watch?v=rfdJyDfIHIc

Hier noch ein Text für Männer, die gerne an Sex denken:
MEINE HEISSE FREUNDIN
ENTHAART SICH
JEDEN MORGEN
IHRE BÜRSTE.
DAS HAST
FALSCH DU
GELESEN
DAS AUCH
Wenn Sie sich jetzt fragen, warum sich eine Frau ihre Brüste enthaart, dann sind Sie – wie viele andere Menschen – auf ein Phänomen hereingefallen, das uns im Laufe des Buchs noch intensiv beschäftigen wird: Priming.
Jede Information, die wir verarbeiten, aktiviert in unserem Gehirn assoziierte Informationen. Sobald wir Wörter wie „Sex“, „heiße Freundin“ oder „enthaart“ hören, ruft dies Assoziationen an nackte Haut hervor. Das Wort „Bürste“ passt weniger gut zu diesen aktivierten Wissensstrukturen und wird daher von vielen Menschen fälschlicherweise als „Brüste“ gelesen.
Auch im folgenden Beispiel werden wir durch Priming permanent auf eine falsche Fährte gelockt:
Felix war auf dem Weg zur Schule. Er machte sich Sorgen wegen der Mathematikstunde. Er hatte Angst, dass er die Klasse nicht in den Griff bekommen würde. Aber das war eigentlich auch nicht die Aufgabe eines Hausmeisters.
Auch viele Witze basieren auf diesem Prinzip. Sie nutzen unsere unzähligen Vorerfahrungen aus, um uns aufs Glatteis zu führen:
Liebe Schwiegermutter, Ich habe dich Ungeheuer lieb. 
Rechtschreibung ist wichtig…
ICH KANN TOTAL GUT MITMENSCHEN UMGEHEN
Wie wir noch sehen werden, kann man durch Priming nicht nur unser Denken beeinflussen, sondern auch unser Verhalten (siehe Kapitel 13). So kann man beispielsweise gläubige Menschen durch Priming mit religiösen Stimuli (z.B. christliches Kreuz) daran erinnern, sich gegenüber anderen Menschen hilfsbereit zu verhalten (Shariff, Willard, Andersen & Norenzayan, 2016).
1 Nur weil diese Prozesse im „Verborgenen“ ablaufen, heißt das allerdings nicht, dass Forscher sie nicht schon erforscht hätten. Wer mehr über wahrnehmungspsychologische Phänomene erfahren möchte, der wird im Buch von Bruce Goldstein (2017) fündig.
Quizfragen:
Mögen wir Dinge, die wir häufig sehen, eher mehr oder weniger?
Ist Werbung, an die wir uns nicht erinnern können, im Durchschnitt effektiver als gut erinnerbare Werbung?
Was hilft laut einer Studie gegen Beeinflussung durch Werbung? (Mehrfachantworten möglich.)
a) Kaugummi kauen
b) Sonnenbrille
c) Plastik-Armband
d) Popcorn essen
(Auflösung der Quizfragen)
Nie zuvor in der Geschichte der Menschheit wurden wir mit so vielen Werbebotschaften konfrontiert wie in der heutigen Konsumgesellschaft.
Schätzungen zufolge haben wir es täglich mit tausenden Werbeslogans und Markenlogos zu tun (Six, Gleich & Gimmler, 2007).
Da wir jedoch in Werbepausen lieber unsere E-Mails auf dem Smartphone checken oder ins Nebenzimmer gehen, um uns einen Snack zu holen, wird der größte Teil dieser Werbebotschaften von uns kaum bewusst wahrgenommen.
Selbsttest:
An wie viele Werbespots (Fernsehen, Radio, Internet) der letzten 48 Stunden können Sie sich bewusst erinnern?
Gibt es Werbeplakate auf ihrem Weg zur Arbeit? Wofür wird da Werbung gemacht?
Haben Sie in den letzten 48 Stunden im Internet gesurft? Können Sie sich an mehr als 2 Werbeanzeigen erinnern? (Oder an überhaupt eine?)
Wahrscheinlich geht es Ihnen wie den meisten Menschen, und Sie können sich nur an wenige Werbebotschaften bewusst erinnern. Aber wenn wir uns nicht an die Werbung erinnern können, hat sie dann überhaupt eine Wirkung auf uns?
Eine Antwort auf diese Frage liefert die vielleicht größte Datenmenge, die bislang zu diesem Thema erhoben wurde. Das Umfrageinstitut Ipsos erprobte zu Marktforschungszwecken 512 unterschiedliche TV-Werbespots an insgesamt 97.083 Konsumenten. Als Coverstory hatte man den Probanden gesagt, dass es um die Testung einer neuen, 30-minütigen TV-Serie ginge. Wie üblich wurde das Programm von einem Werbeblock unterbrochen, in dem man – neben anderen Werbespots – auch den jeweiligen Ziel-Werbespot untergebracht hatte. Selbstverständlich führte diese realitätsnahe Vorgehensweise dazu, dass sich viele Probanden gar nicht an die entsprechende Werbung erinnern konnten. Schließlich hatten sie sich – wie es ja auch im Alltag der Fall ist – nicht auf die Werbung konzentriert.
In Nachbefragungen ließen sich die Probanden somit in drei Gruppen einteilen:
Hohe Bewusstheit: Der Werbespot konnte ohne Hilfestellung erinnert werden.
Geringe Bewusstheit: Der Werbespot konnte nicht selbständig erinnert werden. Die Probanden waren aber in der Lage, die Werbung wiederzuerkennen.
Keine Bewusstheit: Die Probanden waren weder in der Lage, den Werbespot frei aus dem Gedächtnis abzurufen, noch waren sie fähig, ihn wiederzuerkennen.
Die spannende Frage lautete nun: Wie wirkte sich der unterschiedliche Grad der bewussten Verarbeitung auf die Wirkung der Werbung aus?
Wie in Abbildung 1 zu sehen ist, ließ sich die größte Meinungsverschiebung zugunsten der angepriesenen Marke beobachten, wenn sich die Probanden besonders gut an die Werbung erinnern konnten. Nichtsdestotrotz ließ sich selbst dann ein Effekt beobachten, wenn die Werbung scheinbar gar keine beobachtbaren Erinnerungen hinterlassen hatte. Und dieser Effekt war nur etwas geringer als in der Gruppe, in der die Versuchspersonen zumindest in der Lage waren, den Werbespot wiederzuerkennen. Somit lässt sich festhalten, dass selbst dann, wenn wir uns nicht bewusst an eine Werbung erinnern können, diese auch eine Wirkung auf unsere Einstellung haben kann.

Abbildung 1: Basierend auf: Pringle, H. (2008). Brand immortality: How brands can live long and prosper. Kogan Page Publishers.
An dieser Stelle ist allerdings zu bedenken, dass die Probanden der Ipsos-Untersuchung die Werbung nur ein einziges Mal gesehen hatten. Im Alltag wird uns Werbung jedoch sehr viel häufiger präsentiert. Dass diese häufige Wiederholung der Werbung noch deutlich effektiver sein kann, werden wir in einem der folgenden Kapitel sehen.
Aber nicht nur Fernsehwerbung wird von uns häufig nur beiläufig wahrgenommen. Auch beim Lesen von Artikeln im Internet oder in Zeitschriften widmen wir der zumeist am Rand platzierten Werbung keine Aufmerksamkeit. Schließlich sind wir auf der Suche nach wertvollen Informationen und wollen uns dabei nicht von unnötiger Werbung ablenken lassen. Dennoch lassen Experimente vermuten, dass wir uns auch hier unbewusst beeinflussen lassen. So beauftragten beispielsweise Shapiro, MacInnis und Heckler (1997) Versuchspersonen, einen Text mit großer Aufmerksamkeit zu lesen. Denn in der Folge müssten sie angeblich einige Fragen zum Text beantworten. Um die Aufmerksamkeit der Versuchspersonen noch weiter zu binden, mussten sie während des Lesens auch noch den Mauszeiger so durch den Text bewegen, dass keine Wörter berührt wurden. Dies war möglich, da es sich um einen Text mit außergewöhnlich großen Abständen zwischen den Wörtern handelte (beispielhafte Darstellung siehe Abbildung 2).

Abbildung 2: Basierend auf (Shapiro, MacInnis, & Heckler, 1997)
Diese Prozedur ließ nur noch wenig Aufmerksamkeit für die in einer linken Spalte eingeblendeten Werbeprodukte (Dosenöffner bzw. Karotten) übrig.
Nachdem die Probanden den Text gelesen hatten, sollten sie einige Fragen zum Leseverständnis und zu ihrem persönlichen Informationsverarbeitungsstil beantworten. Diese fünf-minütige Phase des Experiments diente jedoch nur dazu, jeglichen Verdacht der Versuchspersonen zu zerstreuen. Wofür sich die Forscher wirklich interessierten, sollte in einem zweiten – angeblich unabhängigen – Experiment herausgefunden werden. Die Probanden wurden nämlich gebeten, zur Erforschung von Kaufaktivitäten die folgenden Fragen zu beantworten:
Einkauf-Entscheidung: Essen
Welche kleine Zwischenmahlzeit würden sie eine Stunde vor einem Abendessen kaufen?
Welches Nahrungsmittel würden Sie eine Stunde vor einem Fallschirmsprung kaufen?
Einkauf-Entscheidung: Küchenartikel
Welchen Küchenartikel würden Sie kaufen, um Frühstück zu machen?
Welchen Küchenartikel würden Sie für eine Freund kaufen, dessen Haus durch ein Feuer zerstört wurde?
Im Vergleich zu einer Kontrollgruppe, bei welcher anstelle der Werbeanzeigen kleine Kreuzworträtsel platziert worden waren, entschieden sich die Probanden deutlich häufiger für das Beworbene, die Karotten bzw. für den Dosenöffner (siehe Abbildung 3).

Abbildung 3: Basierend auf Daten von: Shapiro, S., MacInnis, D. J., & Heckler, S. E. (1997). The effects of incidental ad exposure on the formation of consideration sets. Journal of consumer research, 24(1), 94-104.
Natürlich könnte man nun kritisieren, dass die Probanden trotz des Ablenkungsmanövers die Werbeanzeige vielleicht doch mit hoher Bewusstheit verarbeitet hatten. Dies schien aber nicht der Fall zu sein. Als man ihnen nämlich eine Auswahl von vier Werbeanzeigen präsentierte (darunter auch die tatsächlich gezeigte), waren sie nicht in der Lage, die korrekte Werbeanzeige überzufällig häufig wiederzuerkennen.
Ähnliche Ergebnisse ließen sich in darauffolgenden Experimenten zeigen, in denen Studenten Zeitschriften mit kleinen Detektivgeschichten zu lesen bekamen (Shapiro, 1999). Auch hier hatten die Forscher Werbeannoncen für unterschiedliche Produkte (Notebook, Handy, Aktenkoffer, Couch) in einer Seitenspalte platziert. Nachdem die Studenten die Detektivgeschichten gelesen hatten, sollten Sie sich folgende Situation vorstellen: Sie hätten ihr Studium schon beendet und begonnen zu arbeiten. Welche Produkte würden sie dann wohl kaufen? Dabei sollten sie ausdrücklich keine Produkte wählen, die zuvor in der Zeitschrift angepriesen wurden. Da sich die Probanden aber offenbar nicht bewusst an die Werbung erinnern konnten, zogen viele Probanden den Kauf der beworbenen Produkte dennoch in Erwägung.
Auch wenn wir uns dessen also häufig gar nicht bewusst sind: Werbung führt dazu, dass die beworbenen Produkte in unserem Gehirn besonders präsent sind. Auf neuronaler Ebene kann man sich dies wie ein Vorglühen der entsprechenden Gehirnareale vorstellen (Priming).
Dieses permanente Priming führt dazu, dass wir in einer konkreten Kaufsituation mit größerer Wahrscheinlichkeit an das beworbene Produkt denken. Dies verschafft dem angepriesenen Produkt einen kleinen, aber oft entscheidenden Vorteil. Dabei ist es uns – und das ist das Spannende (und auch Bedenkliche) an den bisher diskutierten Forschungsergebnissen – überhaupt nicht klar, wodurch unsere Vorliebe für das Produkt zustande kam. Und dies ist der große „Vorteil“ gegenüber Beeinflussungsversuchen, die auf eine bewusste Verarbeitung zielen. Bewusst verarbeitete Beeinflussungsversuche lösen bei uns nämlich Reaktanz (Widerwillen) aus. Wir können es überhaupt nicht leiden, wenn man versucht, unsere Entscheidungen zu beeinflussen. Wenn wir jedoch gar nicht bemerken, dass wir beeinflusst wurden, können wir keine Abwehrreaktion einleiten.
Stattdessen haben wir wahrscheinlich das Gefühl, uns aus freien Stücken und mit gutem Grund für das entsprechende Produkt entschieden zu haben. Und da der Mensch bekanntlich ein Gewohnheitstier ist, ist diese scheinbar harmlose Entscheidung häufig eine durchaus folgenschwere Entscheidung. Oder wann haben Sie zuletzt ihre Zahnbürsten-Marke, Haarshampoo-Marke oder Automarke gewechselt? Denn in dieser Hinsicht verhält es sich mit dem Konsumenten wie mit der bekannten Foot-in-the-door-Beeinflussungstechnik (siehe Burck, 2016). Sobald wir uns für eine Marke oder ein Produkt entschieden haben (sobald ein Werbetreibender seinen Fuß in unserer Tür hat), beginnen wir allerlei rationale Gründe zu kreieren (günstiger Preis, gute Qualität), weshalb wir uns genau für dieses Produkt entschieden haben. Zum anderen möchten wir auch in den Augen anderer Menschen nicht als wankelmütig dastehen. So würde es zum Beispiel kein gutes Licht auf uns werfen, wenn wir erst jahrelang ein sparsames Auto fahren und dann auf einmal auf einen spritfressenden Geländewagen umsteigen würden. Zum anderen müssten wir einen solch deutlichen Richtungswechsel auch mit unserem eigenen Gewissen ausfechten (kognitive Dissonanz).
Zum Glück sind viele der in diesem Buch beschriebenen Beeinflussungstechniken nicht nur geeignet, um Konsumenten dazu zu bringen, mehr Geld auszugeben, sondern sie können uns auch dabei helfen, häufig auftretende Alltagsprobleme in den Griff zu kriegen:
Aber wie kann man die genannten Experimente zur beiläufigen Wahrnehmung für sich nutzen?
Die Antwort lautet: Achten Sie genau darauf, wie Sie Ihre Umgebung gestalten.
Wenn Sie abnehmen wollen, lassen Sie keine Chips-Packungen oder Ähnliches in Ihren Wohnräumen herumliegen.
Wenn Sie weniger Zeit mit Fernsehen vergeuden wollen, dann schaffen Sie Ihren Fernseher ab.
Wenn Sie weniger rauchen wollen (oder ganz aufhören wollen), lassen Sie keine Zigarettenschachteln herumliegen. Vermeiden Sie Filme oder Serien, in denen die Protagonisten rauchen (Sargent et al., 2009).
Wenn Sie mehr Sport machen wollen, dann platzieren Sie ihre Sportschuhe in Sichtweite (z.B. vor der Eingangstür).
Wenn Sie wollen, dass Ihre Kinder gute Noten schreiben, bauen Sie im Kinderzimmer lieber ein Regal mit interessanten (aber kindgerechten) Büchern auf anstelle einer Playstation.
Wenn Sie dringend etwas für die Uni oder den Job lernen müssen, dann verstauen Sie die Lektüre nicht in einer Schublade, sondern z.B. auf dem Nachttisch (oder dem Esstisch).
Auch wenn Sie diese Gegenstände im Alltag kaum wahrnehmen, so kann es passieren, dass Sie, wenn Sie das nächste Mal überlegen, Stress abzubauen, nicht zur Zigarette greifen, sondern vielleicht doch lieber joggen gehen. Und vielleicht lesen Sie dann auch das interessante Buch, das Sie schon lange lesen wollten, anstatt dass Sie Chips essend die Wiederholung einer Serie im Fernsehen anschauen. Denn wenn wir vor der Entscheidung stehen „Was mache ich als Nächstes?”, testet unser Gehirn mehrere Optionen und entscheidet sich letztlich für das, was sich am besten anfühlt. Wie wir noch in den nächsten Kapiteln sehen werden, spielt dabei auch die Einfachheit des Abrufs eine entscheidende Rolle. Vereinfacht gesagt: Was sich schnell und flüssig verarbeiten lässt, fühlt sich gut, wahr und manchmal sogar „berühmt” an (siehe Kapitel 8; False-Fame-Effekt).
Jetzt wird uns Werbung aber bekanntlich nicht nur einmal präsentiert, sondern wieder und wieder und wieder und wieder…
Dies hat für den Werbetreibenden zwei große Vorteile:
Die Wahrscheinlichkeit einer bewussten Verarbeitung der Werbung steigt. Und wie wir aus der eingangs erwähnten Ipsos-Untersuchung erfahren haben, ist eine Werbung, an die wir uns gut erinnern können, i.d.R. einer nur beiläufig wahrgenommenen und daher kaum bzw. gar nicht erinnerbaren Werbung überlegen.
Auch die Wirkung von nur beiläufig wahrgenommener Werbung steigt durch wiederholte Darbietung enorm. Verantwortlich für dieses Phänomen ist der sogenannte Mere-Exposure-Effekt (deutsch: Effekt der bloßen Darbietung). Einer der wohl robustesten Effekte in der Psychologie überhaupt (Bornstein, 1989; Montoya et al., 2017), der uns in vielen Lebenslagen stärker beeinflusst, als uns dies bewusst ist.

Eines der beeindruckendsten Experimente zum Mere-Exposure-Effekt ist in der deutschen Öffentlichkeit leider bisher weitgehend unbekannt (Ferraro, Bettman & Chartrand, 2009):
Stellen Sie sich vor, Sie nehmen an einem Experiment teil, bei dem man ihnen 20 Fotos von Menschen in alltäglichen Situationen zeigt:
Frau an der Bushaltestelle (siehe Abbildung 4)
Mann beim Mittagessen
Frau beim Arbeiten mit dem Laptop
…
Ihre Aufgabe besteht nur darin, sich auf die Gesichtsausdrücke der abgebildeten Personen zu konzentrieren und in der Folge einige Fragen zu beantworten. Die einzige „Schwierigkeit“ besteht in der kurzen Präsentationsdauer der Fotos: Jedes Foto wird gerade mal für 1-3 Sekunden eingeblendet.

Abbildung 4: Die Versuchspersonen sollten sich auf den Gesichtsausdruck der Person konzentrieren.
Wie angekündigt, müssen Sie in der Folge einige Fragen zu den Fotos beantworten. Als Belohnung für Ihre Teilnahme an dem Experiment erhalten Sie eine Mineralwasserflasche. Dabei dürfen Sie zwischen vier unterschiedlichen Sorten wählen:
a) Poland Spring
b) Dasani
c) Aquafina
d) Deer Park
Wahrscheinlich freuen Sie sich über Ihre „Belohnung” und entscheiden sich aus dem Bauch heraus für eine der vier Marken. Zum Beispiel: „Hmm. Ich glaube, ich nehme Dasani.”
Was Ihnen jedoch nicht bewusst ist: Ihre Entscheidung wurde maßgeblich vom Mere-Exposure-Effekt beeinflusst. Denn auf einigen der Fotos hatten die Forscher eine Dasani-Flasche ins Bild retouschiert.
Da Sie jedoch – wie es ja auch im Alltag der Fall ist – eher damit beschäftigt waren, sich auf die Gesichter der Menschen zu konzentrieren, können Sie sich wahrscheinlich gar nicht daran erinnern, die Trinkflasche auf den Bildern gesehen zu haben.
Nichtsdestotrotz hatte die flüchtige und beiläufige Wahrnehmung des Produkts einen bemerkenswerten Einfluss, der bei vier Darbietungen noch relativ gering ausfiel, aber bei zwölf Präsentationen zu einer Verdopplung der Entscheidungen für Dasani führte (siehe Abbildung 5).

Abbildung