Weisheiten aus Jahrtausenden
Das vorliegende Buch, das 1925 erstmals veröffentlicht wurde, informiert über Methoden der Selbstentwicklung, die auf persönlichen Erfahrungen der Autorin beruhen. Wer sie anwendet, tut dies in eigener Verantwortung. Der Herausgeber beabsichtigt nicht, Diagnosen zu stellen oder therapeutische Ratschläge zu geben. Die nachstehend beschriebenen Methoden sind keinesfalls als Ersatz für professionelle therapeutische Behandlung bei psychischen oder gesundheitlichen Problemen zu verstehen.
Alle Rechte der Verbreitung durch Schriften, Fernsehen, Funk, Film, Video, und fotomechanische oder digitale Verfahren sowie durch zukünftige Medien für die Übersetzung sind vorbehalten.
Florence Scovel Shinn: Das Spiel des Lebens und wie man es spielt
Titel der Originalausgabe: The Game of Life and How to Play It
Erstausgabe in englischer Sprache: 1925
Übersetzung aus dem Englischen: Günter W. Kienitz
Überarbeitete 2. Auflage: Juli 2015
© 2015 by Günter W. Kienitz
Internet: weisheiten-aus-jahrtausenden.de
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
Umschlaggestaltung: Bettina Kienitz
unter Verwendung eines Motivs von Ferdinand du Puigaudeau
Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 978-3-8448-5776-4
Inhalt
Die meisten Menschen halten das Leben für einen Kampf, doch es ist kein Kampf, sondern ein Spiel.
Erfolgreich spielen kann dieses Spiel nur, wer das Spirituelle Gesetz kennt. Die Regeln dazu finden sich klar und deutlich im Alten und im Neuen Testament. Die Grundlage des großartigen Spiels, so lehrt uns Jesus Christus, ist Geben und Nehmen.
„Denn was der Mensch sät, das wird er auch ernten“1. Das bedeutet, dass alles, was der Mensch in Worte fasst oder tut, eines Tages zu ihm zurückkehrt; denn was er gibt, erhält er auch.
Sendet er Hass aus, wird er Hass erfahren; sendet er Liebe aus, wird ihm Liebe zuteil; kritisiert er andere, wird er kritisiert werden; lügt er, wird er belogen; betrügt er, wird er betrogen. Wir erfahren auch, dass die bildliche Vorstellungskraft eine wesentliche Rolle im Spiel des Lebens spielt.
„Behüte dein Herz (deine Vorstellungskraft) mit allem Fleiß; denn daraus geht das Leben.“2
Das bedeutet: Was der Mensch sich bildlich vorstellt, wird früher oder später in seinem Leben physisch in Erscheinung treten. Ich weiß von einem Mann, der sich vor einer bestimmten Krankheit fürchtete. Sie war selten und daran zu erkranken höchst unwahrscheinlich, doch er beschäftigte sich ständig in Gedanken damit und las viel darüber, bis er tatsächlich an der Krankheit litt und als Opfer seiner fehlgeleiteten Vorstellung schließlich daran starb.
Wir sehen also, dass wir unsere bildliche Vorstellungskraft trainieren müssen, um das Spiel des Lebens erfolgreich spielen zu können. Ein Mensch, der seine Vorstellungskraft darauf ausgerichtet hat, nur Gutes zu sehen, wird „alles, was er sich recht von Herzen wünscht“ in sein Leben ziehen: Gesundheit, Wohlstand, Liebe, Freunde, vollkommene Selbstverwirklichung und seine höchsten Ideale.
Die Vorstellungskraft wurde auch „Schere des Geistes“ genannt, die Tag für Tag die Bilder ausschneidet, die der Mensch sich innerlich vor Augen führt, bis er seinen eigenen Schöpfungen früher oder später in der physischen Welt begegnet. Um seine Vorstellungskraft erfolgreich trainieren zu können, muss der Mensch verstehen lernen, wie sein Geist und sein Denken funktionieren. Die Alten Griechen sagten: „Erkenne dich selbst.“3
In unserer Psyche lassen sich drei Bereiche unterscheiden: das Unbewusste, das Bewusste und das Überbewusstsein. Das Unbewusste ist Energie ohne Richtung. Wie Dampf oder elektrischer Strom führt es aus, wozu es angeleitet wird; aus sich selbst heraus aktiv werden, kann es nicht.
Was auch immer ein Mensch mit tiefem Gefühl empfindet oder sich lebhaft bildlich vorstellt, prägt sich seinem Unbewussten ein und wird von diesem minutiös ausgeführt.
Ein Beispiel: Eine Frau, die ich kenne, "spielte" als Kind gerne Witwe. Sie kleidete sich ganz in Schwarz und trug einen langen schwarzen Schleier. Die Leute hielten sie deshalb für aufgeweckt und fanden ihr Verhalten amüsant. Als sie erwachsen war, heiratete sie einen Mann, den sie innig liebte. Doch der starb bereits nach kurzer Zeit und sie trug jahrelang schwarze Kleider und Trauerflor. Das Bild von sich selbst als Witwe hatte sich so tief in ihr Unbewusstes eingeprägt, dass es sich ungeachtet der schrecklichen Konsequenz im Lauf weniger Jahre verwirklichte.
Das Bewusste wird auch als vergängliches oder Bewusstsein des Fleisches bezeichnet.
Es ist der Teil des menschlichen Bewusstseins, der das Leben so sieht, wie es zu sein scheint. Es richtet sein Augenmerk auf Tod, Unglück, Krankheit, Armut sowie jede Art von Begrenzung und prägt all dies dem Unbewussten ein.
Das Überbewusstsein ist der Geist Gottes in jedem Menschen und das Reich vollkommener Ideen. Es enthält das „perfekte Muster“, von dem Platon sprach, den göttlichen Entwurf, den es für jeden Menschen gibt.
„Es gibt einen Platz, den du ausfüllen sollst und den niemand sonst auszufüllen vermag; etwas, das du zu tun hast, was kein anderer tun kann.“4
Im Überbewusstsein findet sich ein vollkommenes Bild davon. Dieses Bild blitzt gewöhnlich nur hin und wieder als unerreichbar scheinendes Ideal im Bewusstsein auf, als „etwas, das zu gut ist, um wahr zu sein“.
In Wirklichkeit ist es aber die wahre Bestimmung des Menschen, die ihm von der Unendlichen Intelligenz, die in ihm wohnt, in aufblitzenden Bildern aufgezeigt wird.
Vielen Menschen ist ihre wahre Bestimmung jedoch unbekannt. Deshalb rackern sie sich damit ab, Dinge zu erlangen und Umstände zu schaffen, die ihnen nicht zugedacht sind, und die nur zu Misserfolgen und Unzufriedenheit führen würden, sollten sie jemals erreicht werden.
Ein Beispiel: Eine Frau suchte mich auf und bat mich, „das Wort zu sprechen“, das bewirken sollte, dass sie einen Mann heiraten würde, den sie sehr liebte. (Sie nannte ihn A. B.)
Ich antwortete darauf, dass ich damit die geistigen Gesetze verletzen würde, und dass ich stattdessen „das Wort“ für den richtigen Mann sprechen würde, die „göttliche Wahl“, den Mann, der kraft göttlichen Rechtes zu ihr gehörte.
Ich fügte hinzu: „Wenn A. B. der richtige Mann für Sie ist, können Sie ihn nicht verlieren. Ist er es aber nicht, werden Sie einen passenden anderen Mann finden.“ Sie traf sich zwar regelmäßig mit Herrn A. B., doch die Beziehung der beiden kam nicht voran. Eines Abends kam sie zu mir und sagte: „Wissen Sie, seit einer Woche finde ich Herrn A. B. gar nicht mehr so wunderbar.“ Ich antwortete: „Vielleicht ist er ja nicht die göttliche Wahl - gut möglich, dass ein anderer Mann der richtige für Sie ist.“
Bald darauf lernte sie tatsächlich einen anderen Mann kennen, der sich sofort in sie verliebte und ihr erklärte, sie wäre die ideale Frau für ihn. Außerdem sagte er ihr all die Dinge, die sie von Herrn A. B. gern gehört hätte. „Es ist schon beinahe unheimlich“, fand sie. Bald darauf erwiderte sie seine Liebe und verlor jegliches Interesse an Herrn A. B.
Diese Geschichte illustriert das Gesetz der Substitution. Weil eine falsche Idee durch eine richtige ersetzt wurde, war kein Verlust oder Opfer damit verbunden.
Jesus Christus sagte: „Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches alles zufallen.“5 Und er wies daraufhin, dass dieses Reich dem Menschen innewohne.
Das Reich Gottes ist das Reich der richtigen Ideen oder des göttlichen Musters.
Jesus Christus lehrte, dass das, was der Mensch sagt, eine wesentliche Rolle im Spiel des Lebens spielt. „Aus deinen Worten wirst du gerechtfertigt, und aus deinen Worten wirst du verdammt werden.“6
Viele Menschen haben durch unbedachte Worte Unglück in ihr Leben gezogen.
Ein Beispiel: Vor einiger Zeit fragte mich eine Frau, warum ihr Leben auf einmal von Armut und Beschränkungen geprägt sei. Zuvor hatte sie ein eigenes Heim gehabt, war von wunderschönen Dingen umgeben gewesen und hatte über viel Geld verfügt.
Wir fanden heraus, dass ihr die Führung des Haushalts oft zu viel gewesen war, und dass sie immer wieder gesagt hatte: „Ich habe das alles so satt - ich wünschte mir, ich würde in einem Schrankkoffer leben.“ Und sie fügte hinzu: „Heute lebe ich in einem Schrankkoffer.“ Sie hatte sich selbst in einen „Koffer“ hineingeredet.
Das Unbewusste hat keinen Sinn für Humor und so passiert es häufig, dass Leute sich durch Dinge, die sie nur so im Spaß sagen, Probleme und Unglück in ihr Leben ziehen.
Ein Beispiel: Eine Frau, die über viel Geld verfügte, sagte oft im Spaß, dass sie bald „reif für das Armenhaus sei“. Und innerhalb von wenigen Jahren war sie nahezu mittellos, weil sie ihrem Unbewussten ständig ein Bild von Mangel und Beschränkung eingeimpft hatte.
Zum Glück wirkt das Gesetz in beiden Richtungen, sodass auch ein Zustand des Mangels in einen des Wohlstands verwandelt werden kann.
Ein Beispiel: An einem heißen Sommertag kam eine Frau zu mir und bat mich um eine „Behandlung“ für Wohlstand. Sie war ausgelaugt, niedergeschlagen und entmutigt. Sie sagte mir, dass sie gerade noch acht Dollar besäße.
Ich antwortete: „Gut, dann werden wir diese acht Dollar segnen und sie vermehren, so wie Jesus Christus das Brot und die Fische vermehrt hat.“ Denn er hat uns gelehrt, dass jeder Mensch über die Macht verfügt, zu segnen und zu vermehren, zu heilen und gedeihen zu lassen.
„Was soll ich denn jetzt tun?“, wollte sie wissen.
„Folgen Sie Ihrer Intuition“, schlug ich ihr vor. „Haben Sie irgendeine Ahnung, die Ihnen sagt, dass Sie etwas Bestimmtes tun oder irgendwohin gehen sollten?“ Intuition bedeutet, auf die innere Stimme zu hören oder sich von einem inneren Antrieb leiten zu lassen. Sie ist dem Menschen ein unfehlbarer Führer und ich werde mich in einem späteren Kapitel ausführlicher mit ihren Gesetzen befassen.
Die Frau sagte: „Ich weiß nicht recht - aber mir scheint, ich sollte nach Hause zurückkehren. Mein Geld reicht gerade noch für die Fahrkarte.“ Sie wohnte in einer anderen Stadt unter sehr beschränkten Umständen, und der Verstand hätte ihr sicher gesagt: „Bleib in New York, such dir Arbeit und sieh zu, dass du Geld verdienst.“
„Dann fahren Sie nach Hause“, antwortete ich. „Eine Eingebung sollte man nie in den Wind schlagen.“ Ich sprach die folgenden Worte für sie: „Unendlicher Geist, mache den Weg für große Fülle für Frau ... frei. Sie ist ein unwiderstehlicher Magnet für all das, was ihr nach göttlichem Recht zusteht.“ Ich empfahl ihr, diese Worte immer wieder auch selbst zu sagen. Sie machte sich unverzüglich auf den Heimweg.
Als sie dort bald darauf eine Frau besuchte, kam sie in Kontakt mit einem alten Freund ihrer Familie. Über diesen Freund erhielt sie auf höchst wundersame Weise Tausende von Dollar. Sie hat oft zu mir gesagt: „Erzählen Sie den Leuten von der Frau, die mit acht Dollar und einer Eingebung zu Ihnen kam.“
Auf dem Lebensweg des Menschen gibt es stets Fülle; aber sie kann sich nur durch Wunsch, Glaube oder das gesprochene Wort manifestieren. Jesus Christus hat deutlich zu verstehen gegeben, dass der Mensch den ersten Schritt tun muss.
„Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan.“7
In der Heiligen Schrift lesen wir auch: „Weist meine Kinder und das Werk meiner Hände zu mir!“8
Die Unendliche Intelligenz, Gott, ist immer bereit, die kleinsten und die größten Bitten des Menschen zu erfüllen.
Jeder Wunsch, in Worte gefasst oder unausgesprochen, ist eine Bitte. Oft sind wir verblüfft, wenn sich ein Wunsch ganz plötzlich und wie von selbst erfüllt.
Ein Beispiel: Ich hatte einmal vor Ostern in den Schaufenstern der Blumenläden so viele wunderschöne Rosenstöcke gesehen, dass ich mir wünschte, einen geschenkt zu bekommen, und für einen kurzen Moment sah ich vor meinem inneren Auge, wie einer an meiner Tür abgeliefert wurde.
Ostern kam und brachte mir einen herrlichen Rosenstock. Ich bedankte mich am nächsten Tag bei meiner Freundin dafür und erwähnte, dass ein Rosenstock genau das sei, was ich mir gewünscht hatte.
„Ich habe dir keinen Rosenstock geschenkt“, antwortete sie. „Ich habe dir Lilien geschickt!“
Offensichtlich hatte der Gärtner die Bestellungen verwechselt und mir einen Rosenstock gebracht, weil ich das Gesetz aktiviert hatte und deshalb einen Rosenstock bekommen musste.
Nichts steht zwischen einem Menschen und seinen höchsten Idealen oder seinen Herzenswünschen, als Zweifel und Furcht. Wenn ein Mensch sich etwas ohne jeden Zweifel am Ergebnis zu wünschen vermag, wird ihm jeder Wunsch augenblicklich erfüllt.
Die wissenschaftlichen Gründe dafür und wie die Furcht aus dem Bewusstsein gelöscht werden muss, werde ich in einem späteren Kapitel ausführlicher erläutern.
Die Furcht ist der einzige Feind des Menschen - Furcht vor Mangel, Furcht vor Misserfolg, Furcht vor Krankheit, Furcht vor Verlust oder ein Gefühl der Unsicherheit in irgendeinem Bereich. Jesus Christus sagte: „Ihr Kleingläubigen, warum seid ihr so furchtsam?“9 Wir sehen also, dass wir Furcht durch Glauben ersetzen müssen, denn Furcht ist nichts anderes als verkehrter Glaube; sie ist der Glaube an das Übel anstatt an das Gute.
Ziel des Lebensspiels ist es, klar und deutlich das Gute in sich selbst zu erkennen und alle negativen mentalen Bilder auszulöschen. Dies geschieht dadurch, dass man dem Unbewussten einprägt, Gutes zu verwirklichen.
Ein brillanter und sehr erfolgreicher Mann erzählte mir einmal, dass alle Furcht auf einen Schlag aus seinem Unterbewussten verschwand, als er ein Schild las, das in einem Zimmer an der Wand hing. Darauf stand in großen Lettern:
„Warum sich sorgen? Es wird wahrscheinlich nie passieren.“
Diese Botschaft hatte sich unauslöschlich seinem Unbewussten eingeprägt, und der Mann ist seitdem der festen Überzeugung, dass nur Gutes in sein Leben kommen und sich deshalb auch nur Gutes manifestieren kann.
Im folgenden Kapitel werde ich mich mit den verschiedenen Methoden, dem Unbewussten etwas einzuprägen, befassen. Es ist dem Menschen ein treuer Diener, man muss jedoch darauf achten, ihm die richtigen Anweisungen zu geben. Der Mensch hat jederzeit einen schweigenden Zuhörer an seiner Seite - sein Unbewusstes.
Jeder Gedanke, jedes Wort prägt sich ihm ein und wird von ihm mit erstaunlicher Genauigkeit ausgeführt. Es ist wie bei einem Sänger, der eine Schallplatte aufnimmt. Seine Stimme wird Ton für Ton auf der Platte festgehalten. Wenn er hustet oder zögert, wird dies ebenfalls aufgenommen. Wir sollten deshalb alle schlechten alten Schallplatten in unserem Unbewussten zerbrechen, all jene „Aufnahmen“ aus unserem Leben also, die wir nicht länger behalten möchten, und stattdessen wunderschöne neue produzieren.
The Square of Life