© 2012 Claudia Liath
Alle Rechte liegen bei der Autorin
Herstellung und Verlag:
Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN 978-3-8448-4518-1
Die Phytotherapie
Anwendungsgebiete und Inhaltsstoffe
Kräuter ernten, aufbewahren und verarbeiten
Das Verabreichen von Kräutern
Kräuter mischen und dosieren
Erkrankungen des Bewegungsapparates
Sehnenerkrankungen
Muskelbeschwerden
Knochenbrüche / Knochenerkrankungen / Gelenkbeschwerden
Arthritis und Arthrose
Huflederhautentzündung / Hufkrebs / Strahlfäule
Bewährte pflanzliche Mittel und Rezepte
Erkrankungen der Atemwege
Husten
Influenza und Lungenentzündung
Nasenkatarrh und Nasenausfluss
Druse
Bewährte pflanzliche Mittel und Rezepte
Erkrankungen der Haut
Nesselfieber und Allergien
Sommerekzem
Insektenstiche, Pickel und Schwellungen
Hautpilz
Satteldruck
Wunden
Mauke und Raspe
Bewährte pflanzliche Mittel und Rezepte
Erkrankungen des Verdauungstraktes
Durchfall
Kolik
Magengeschwüre
Bewährte pflanzliche Mittel und Rezepte
Erkrankungen der Psyche
Bewährte pflanzliche Mittel und Rezepte
Erkrankungen des Stoffwechsels
Nieren- und Leberleiden
Anämie (Blutarmut)
Hufrehe
Equines Cushing Syndrom (ECS) und Equines Metabolisches Syndrom (EMS)
Kreuzverschlag
Weidemyopathie und Graskrankheit
Vergiftungen
Mykotoxine
Düngemittel und Pestizide
Botulismus
Übersäuerung
Alterserscheinungen und Schwäche
Vorbeugung und Entgiftung
Bewährte pflanzliche Mittel und Rezepte
Ackerschachtelhalm (Equisetum arvense)
Anis (Pimpinella anisum)
Äpfel und Rüben (Saftfutter)
Arnika (Arnica montana)
Augentrost (Euphrasia officinalis)
Baldrian (Valeriana officinalis)
Bärlauch (Allium ursinum)
Basilikum (Ocium basilicum)
Beifuß (Artemisia vulgaris)
Beinwell (Symphytum officinale)
Bierhefe und Kieselerde
Birke (Betula alba)
Blutwurz (Potentilla erecta)
Bockshornklee (Trigonella foenum graecum)
Borretsch und Kürbis (Borago officinalis und Cucurbita maxima)
Brennessel, Große (Urtica dioica)
Brombeere, Heidelbeere, Himbeere, Schwarze Johannisbeere
Chilies und Senf (Capsicum fructescens und Brassica nigra / Sinapis alba)
Eibisch und Malve (Althea officinalis und Malva alcea / sylvestris)
Eiche (Quercus alba)
Frauenmantel (Alchemilla vulgaris)
Fenchel (Foeniculum vulgare)
Gänseblümchen (Bellis perennis)
Getreide
Ginkgo und Teufelskralle (Ginkgo biloga und Harpagophytum procumbens)
Goldrute (Solidago virgaurea / Solidago canadensis, Kanadische Goldrute)
Hagebutte (Rosa canina)
Hamamelis (Hamamelis virginiana, Virginische Zaubernuss)
Heilerde
Holunder (Sambucus nigra)
Honig und Propolis
Hopfen (Humulus lupus)
Huflattich (Tussilago farfara)
Ingwer (Zingiber officinale)
Johanniskraut (Hypericum perforatum)
Kamille (Matricaria chamomilla)
Kartoffel (Solanum tuberosum)
Klebkraut (Galium aparine)
Klette, Große (Arctium lappa)
Knoblauch (Allium sativum)
Kümmel (Carum carvi)
Lavendel (Lavandula officinalis)
Lein (-samen) (Linum usitatissimum)
Linde (Tilia europaea)
Löwenzahn (Taraxacum officinale)
Majoran und Oregano (Origanum majorana und Origanum vulgare)
Mädesüß (Filipendula ulmaria)
Mariendistel (Silybum marianum)
Meerrettich (Armoracia rusticano)
Mönchspfeffer (Vitex agnus castus)
Moose
Nadelbäume
Petersilie und Petersilienwurzel (Petroselinum crispum)
Pflanzenöle
Pfefferminze (Mentha x piperita)
Quecke (Agropyron repens)
Ringelblume (Calendula officinalis)
Rosmarin (Rosmarinus officinalis)
Salbei (Salvia officinalis)
Schafgarbe (Achillea millefolium)
Schwarzkümmel (Nigella sativa)
Stiefmütterchen (Viola tricolor)
Sonnenblume (Helianthus annuus) und Topinambur (Helianthus tuberosus)
Sonnenhut (Echinacea purpurea)
Süßholz (Glycyrrhia glabra)
Tausendgüldenkraut (Centaurium erythraea)
Thymian (Thymus vulgaris)
Walnuss (Juglans regia)
Wegerich (Plantago lanceolata)
Wegwarte (Cichoribum intybus)
Weide (Salix alba)
Weißdorn (Crategus oxyacantha)
Ysop (Hyssoppus officinalis)
Zitronenmelisse (Melissa officinalis)
Vitamine und Mineralstoffe für Pferde
In der Phytotherapie, der Pflanzenheilkunde, findet sich die älteste Heilmethode. Schon vor 40000 Jahren behandelten Schamanen nicht nur die Seele von Mensch und Tier, sondern auch den Körper mit verschiedenen Pflanzenextrakten. Diese Behandlungsweise setzt ein enormes Wissen um die Wirkungs- und Lebensweise der verschiedenen Pflanzen voraus, denn es kommt nicht nur auf die Dosierung an, auch Wechselwirkungen der Pflanzen untereinander oder unterschiedliche Umwelteinflüsse müssen bedacht werden. So ist die Wirkung einer Pflanze oftmals abhängig von Jahres- und Tageszeit, Standort oder Alter.
Später ersetzten industriell hergestellte Arzneimittel die herkömmlichen Extrakte und Tinkturen. Mehr als hundert Jahre lang galten chemisch erzeugte und unter grauenhaften Qualen an Tieren getestete Medikamente als größte Errungenschaft der Menschheit. Zuhauf wurden sie Mensch und Tier verabreicht ohne sich an Nebenwirkungen oder Spätfolgen zu stören. Seitdem jedoch immer mehr Menschen synthetisch erzeugte Wirkstoffe aus ihrem Umfeld verbannen und sich erfolgreich mit Kräutern behandeln, erlebt die Pflanzenheilkunde einen unerwarteten Aufschwung. Erfreulicherweise hat in den letzten Jahren auch in der Tiermedizin eine Art Rückbesinnung auf alte Traditionen stattgefunden. Setzte man bislang in der Tierheilkunde (genau wie in der Humanmedizin) alleine auf die Erforschung synthetischer Wirkstoffe, was die Kräuterkunde zu einem verpönten Nischendasein verdammte, kommt man heutzutage nicht umhin, den Kräutern ihre Daseinsberechtigung zuzugestehen. Nachdem mit der vergleichsweise sanften Kräutermedizin auch noch respektable Erfolge erzielt wurden, rückte diese wieder vermehrt ins Blickfeld der Wissenschaft.
In den privaten Haushalten hat sich die Pflanzenheilkunde längst ihren festen Platz zurück erobert. Anstatt mit der chemischen Keule zuzuschlagen, greift man vermehrt auf verhältnismäßig sanfte Wirkstoffe zurück; während der Körper nicht nur als zu reparierende Maschine definiert wird, sondern als Gesamtwerk aus Körper, Geist und Seele. Oftmals einziger Wermutstropfen: Eine Kräutertherapie schlägt nicht innerhalb weniger Stunden an, sondern dauert ihre Zeit. Gerade im Reitsport, wo das „Pferdematerial“ schnell wieder einsatzbereit sein muss, halten daher viele Besitzer lieber an der konventionellen Behandlung fest. Auf die Lebensleistung eines Reitpferdes wirken sich diese erzwungenen Heilungsprozesse eher nachteilig aus, denn während Pferde noch vor fünfzig Jahren bis ins hohe Alter schonend gearbeitet wurden, ist die durchschnittliche Lebenserwartung eines „Sportpferdes“ inzwischen drastisch auf neun bis zehn Jahre gesunken.
Die meisten Tiere lieben Kräuter und fressen sie ausgesprochen gern. Insbesondere Pferde sind große Teeliebhaber, denen man hin und wieder mit verschiedenen Kräutertees eine große Freude machen kann. Aber nicht nur Tiere, die im Regelfall ihr Leben an der Seite des Menschen verbringen, wissen die Wirkstoffe und den Geschmack frischer Kräuter zu würdigen, auch Kühe, Schweine, Ziegen und Schafe schätzen hin und wieder einen anderen Geschmack im Futter. Allerdings sieht modernes Hochleistungsfutter keine Kräutergaben vor. Dafür gibt es andererseits kaum eine Futteranlage ohne eingebauten Medikamentendosierer.
Schweine beispielsweise werden mechanisch nach Zeitschaltuhr und überwiegend mit Flüssigkeit gefüttert, damit sie schnell Fett ansetzen. Kräutergaben würden nur die Rohre verstopfen. Dabei sind mit Brennesseln gedämpfte Kartoffeln die Lieblingsspeise vieler Schweine. Zahllose Kühe verschmähen das überdüngte Turbogras auf der eigenen Weide und fressen lieber vom Randstreifen, denn auch im überall wachsenden Einheits-Hochleistungsgras sind Kräuter unerwünscht. Weil aber kaum noch jemand eine gesunde Kräuterwiese erkennen würde, fallen die laufend gedüngten Gras-Monokulturen, auf denen alles andere mehrfach im Monat totgespritzt wird, nicht wirklich auf. Obgleich auch Kühe (wie alle Pflanzenfresser) einen hoch entwickelten Geschmackssinn haben und bei leichteren Krankheiten gut auf Kräuterbehandlungen ansprechen, wird ihnen bis ans Lebensende jeden Tag dieselbe Ration aus Maissilage, Grassilage und Heu vorgesetzt. Diese Rohstoffe sind einfach anzubauen und zu ernten und machen darüber hinaus bei der Fütterung wenig Arbeit. Um den so genannten Nutztieren ihr Einheits-Grün vorzusetzen, ist der Verbrauch an Düngemitteln, chemischen Grasstartern, Bodenverbesserern und Pestiziden in den letzten Jahren dramatisch angestiegen. Was nicht in Gülle ersäuft wird, erstickt in Chemie. Dabei gibt es für Wiesen und Weiden spezielle Wiesen-grasmischungen, die reich an Kräutern sind, den Tieren gut tun und nebenbei den Boden aufwerten. Die gute alte Kräuterwiese muss also nicht als überholte Tradition der Vergangenheit angehören. Vielmehr hat sie, seitdem der Verbraucher vermehrt auf die Qualität seiner Nahrungsmittel achtet, wieder eine Zukunft. Der Landwirt, der seinen Tieren darüber hinaus noch etwas Gutes tun will, kann die Rationen allein durch verschiedene Kräutertees aufwerten.
Ein weiterer Faktor, der bei vielen Tieren häufig zu kurz kommt, ist das Licht. Alle Lebewesen, vom Plankton bis hin zum Menschen, sind abhängig vom Tageslicht. Fehlt dieser Lichteinfluss, geraten verschiedene Stoffwechselvorgänge durcheinander und das Lebewesen wird krank. Vitaminmangel (der Körper braucht Licht um Vitamin D bilden zu können) und damit zusammenhängende Erkrankungen der Leber, der Haut und anderer Organe, sind die häufigste Ursache für Krankheiten im Stall, vom hormonellen Ungleichgewicht ganz zu schweigen. Dem Futter zugesetztes, synthetisch generiertes Vitamin D, beziehungsweise der Cocktail aus unterschiedlichen Vitalstoffen, kann die auf natürlichem Wege gebildeten Vitamine und Mineralien nicht ersetzen. Trotzdem fristen unzählige (Nutz-)Tiere, darunter auch Pferde, ihr Leben im ewigen Halbdunkel dreckiger und stinkender Ställe, unfähig sich zu bewegen oder soziale Kontakte zu pflegen. Vor allem Schweine werden aufgrund der konventionellen Haltung häufig zu Kannibalen. Der Weg vom Stall auf den Anhänger und von dort zur Schlachtbank ist meistens die einzige Lichtquelle, die viele Tiere zu sehen bekommen. Um sie zu lenken traktiert man sie mit Elektroschocks und tritt oder schlägt auf sie ein. Neben dem minderwertigen (aber äußerst preiswerten) Futter haben auch alle anderen Faktoren einen Einfluss auf die Fleischqualität, denn Fleisch speichert Emotionen, das „Körpergedächtnis“. Stress kann man schmecken, ebenso einen Mangel an Vitalstoffen, ein Übermaß an Medikamenten oder die Fütterung mit reinem Tiermehl. Wer jemals Eier mit Fischgeschmack hatte, weiß Bescheid. Darüber hinaus ist so gut wie nichts über die Wirkung der Erzeugnisse aus Massentierhaltung auf den menschlichen Körper bekannt – obgleich sie inzwischen für diverse „Zivilisationskrankheiten“ verantwortlich gemacht werden. Bei Pferden überwiegen körperliche Missbildungen sowie Spätschäden am Skelett.
Frische Luft und Sonnenschein können so wenig ausgetauscht oder imitiert werden wie natürliche Vitalstoffe. Hierbei sind auch Kräuter betroffen, die aus Monokulturen oder biozidlastigem Anbau stammen, denn sie weisen kaum noch Heilwirkung auf. Achten Sie daher auf verschiedene Gütesiegel, die im Bereich der ökologisch-biologischen Anbauweise Pflicht sind, damit Ihre Kräuter die gewünschte Wirkung entfalten können.
Kräuter besitzen ein breites Wirkspektrum: Sie können sowohl vorbeugend und unterstützend als auch zur Nachsorge verabreicht werden und haben selbst in aussichtslosen Fällen schon erstaunliche Resultate geliefert. Zum Frühjahr hin reinigen sie über die Harnwege das Blut und unterstützen den Stoffwechsel bei der Ausscheidung von Schlacken und körpereigener Giftstoffe, die sich den Winter über angesammelt haben (wenngleich ein gesunder Organismus sich regelmäßig selbst entgiftet). Sie säubern außerdem Blut und Stoffwechsel nach Vergiftungen, Infekten und Medikamentengaben. Im Herbst bereiten sie den Organismus auf die Umstellung zur kalten Jahreszeit vor und verhindern Infektionen. Das ganze Jahr über stärken sie das Immunsystem und unterstützen darüber hinaus den gesamten Metabolismus, was vorwiegend bei chronischen Stoffwechselproblemen wichtig ist. Darüber hinaus regulieren Kräuter die Verdauung, schützen und befreien die Atemwege und sorgen ebenfalls für glänzendes Fell, gesunde Haut sowie feste Hufe. Nicht zuletzt kräftigen sie Bindegewebe, Bänder, Sehnen und Gelenke und unterstützen die Bildung neuer Knorpelmasse.
Alle heilkräftigen Pflanzen enthalten die unterschiedlichsten Wirkstoffe, die sich in Bezug auf die Behandlung von Pferden in vier relevante Gruppen einteilen lassen, nämlich:
Ätherische Öle kommen in vielen Pflanzen natürlich vor, allen voran denjenigen mit intensivem und aromatischem Geruch wie zum Beispiel Salbei, Thymian, Pfefferminze oder Fenchel. Es handelt sich dabei um eher flüchtige, leicht zu lösende Substanzen (darunter Terpene und Phenole), die man vorwiegend in Öldrüsen oder Drüsenhaaren von Pflanzen, aber auch in Früchten und anderen Pflanzenteilen findet.
Ihre Aufgaben sind vielfältig. Sie schützen die Pflanze vor Pilzbefall, Insekten, Bakterien und Viren oder unterstützen ganz allgemein den Selbstheilungsprozess. Einige Pflanzen locken auf diese Weise Insekten zur Bestäubung an. Ihre Wirkung auf den Körper ist entzündungshemmend, antibakteriell, entkrampfend, auswurffördernd oder sekretionsfördernd. „Für den Hausgebrauch“ werden ätherische Öle in heißem (nicht mehr kochendem) oder kaltem Wasser, Alkohol oder Öl gelöst. Samen und Früchte, die ätherische Öle enthalten, wie Wacholderbeeren, Anis, Fenchel oder Kümmel, sollten, um die Aromastoffe besser freizugeben, vor dem Überbrühen leicht angequetscht werden. Wichtig: Alle Ätherischöldrogen nach dem Überbrühen immer abgedeckt mindestens zehn Minuten lang ziehen lassen.
Aber Vorsicht: Viele Pflanzen mit einem hohen Gehalt an ätherischem Öl können bei empfindlichen Pferden (oder überdosiert) unterschiedliche Beschwerden auslösen, wie zum Beispiel Haut- und Schleimhautreizungen, Verdauungsstörungen, Allergien oder allergiebedingte Atemwegserkrankungen.
Vielen sind ätherische Öle eher als handelsübliches Fläschchen ein Begriff, wobei die Industrie auf unterschiedliche Verfahren zurückgreift um die wertvollen Inhaltsstoffe zu extrahieren. Durch Kaltauszug, Wasserdampf, Kaltpressung, den Einsatz chemischer Lösungsmittel oder Enfleurage (ein veraltetes Verfahren) werden die Substanzen um ein Vielfaches effektiver entzogen als mit haushaltsüblichen Mitteln. Zitrusöle beispielsweise werden durch Kaltpressung der Schalen gewonnen. Sie haben eine stark keimabtötende Wirkung. Allerdings können sie nicht nur die Haut reizen, sondern erhöhen wie Johanniskraut die Lichtempfindlichkeit. Andere ätherische Öle wie Pfefferminze, Gewürznelke, Kamille, Kiefer oder Eukalyptus wirken abschwellend, schleimlösend und entzündungshemmend. Neben Atemwegserkrankungen werden in erster Linie Lahmheiten oder Gelenkbeschwerden mit ätherischen Ölen behandelt. Bei der Verwendung ätherischer Öle muss sichergestellt sein, dass alle verwendeten Öle zu 100% naturrein sind. Künstliche Substanzen sind wirkungslos und in den meisten Fällen sogar schädlich. Ebenso verweist der Zusatz absolue auf den Einsatz von Lösungsmitteln. Die so gewonnenen Extrakte enthalten hochkonzentrierte, Haut und Schleimhäute reizende Essenzen aus Blüten, Kräutern, Gehölzen, Wurzeln oder Früchten. Sie dürfen niemals unverdünnt (ohne Trägeröl) aufgetragen und auf keinen Fall direkt eingegeben werden.
! Ein Tropfen ätherisches Öl enthält umgerechnet die Wirkmenge von ca. 45 Litern Tee!
Zur Behandlung von Tieren sind konzentrierte ätherische Öle im Grunde genommen ungeeignet. Für Pferde und Hunde sind Destillate aufgrund des feinen Geruchssinns nicht zu empfehlen. Für Katzen können ätherische Öle sogar tödlich sein. Sie dürfen daher nicht mit ätherischen Ölen behandelt werden.
Bitterstoffe fördern die Verdauung und regen die Bildung körpereigener Flüssigkeiten an, dazu gehören Verdauungssekrete ebenso wie Schweiß oder Harn. Darüber hinaus wirken sie entschlackend und entgiftend. Bitterstoffe finden sich zum Beispiel in Beifuß, Tausendgüldenkraut, Löwenzahn- oder Enzianwurzeln. Pflanzen, die reich an Bitterstoffen sind, enthalten oftmals zusätzlich Flavonoide, die verschiedene Stoffwechselfunktionen unterstützen und darüber hinaus harntreibend wirken. Bitterstoffe sowie Flavonoide schützen durch ihre entgiftende Wirkung vor allem die Leber. Die in Blättern enthaltenen Bitterstoffe gewinnt man, wie bei ätherischen Ölen, durch Überbrühen. Wurzeln werden zerkleinert, in kaltem Wasser angesetzt und ca. 20 – 30 min abgedeckt gekocht. Bitterstoffe, speziell Löwenzahn und Tausendgüldenkraut, können extrem bitter sein und sollten sparsam dosiert werden.
Schleimstoffe quellen in Verbindung mit Wasser zu einer zähen Flüssigkeit auf. Der Schleim, der (vereinfacht) aus unterschiedlichen Zuckerverbindungen besteht, wirkt abschwellend und reizmildernd auf körpereigenen Schleim der Atem- und Verdauungswege. Lindenblüten, Eibisch, Leinsamen oder Beinwell zählen zu den Schleimdrogen.
Schleimdrogen entfalten ihre volle Wirkung, wenn sie in kaltem Wasser eingeweicht werden. Im Anschluss abgedeckt mindestens 24 Stunden ziehen lassen. Die Ausnahme bildet beispielsweise Leinsamen, der Blausäure enthält, die sich erst beim Kochen verflüchtigt.
Gerbstoffe oder Tannine werden nicht nur zum Gerben von Lederwaren verwendet, sondern helfen auch dem Körper mit ihrer entzündungshemmenden und zusammenziehenden Wirkung. Daneben hemmen sie eine übermäßige Sekretbildung und schützen die Kapillaren. Gerbstoffe werden in der Regel durch Abkochung gewonnen. Viele Gerbstoffe enthält unter anderem Eichenrinde.
Eine Creme soll in die Haut einziehen und dort die Heilung anregen oder die betroffenen Stellen unter der Haut (Sehnen, Muskeln) positiv beeinflussen.
10g Kräuteröl oder mit Kräutern versetzter Ölauszug (Mazerat)
25g Tinktur oder Wasserauszug (Bei einem reinen Wasserauszug etwas Alkohol zugeben, damit die Creme länger haltbar bleibt)
15g destilliertes Wasser
1–2 Tl Emulsan oder Tegomuls
Öl oder Ölmazerat mit Emulsan vermischen. Tinktur und Wasser mischen. Beide Mischungen im Wasserbad auf ca. 70°C erwärmen, bis das Emulsan sich aufgelöst hat. Dann herausnehmen, die Wasserphase unter die Fettphase schlagen und die Creme abkühlen lassen. Tipp: Zwei bis drei Bienenwachsplättchen, in der Fettphase erwärmt, beschleunigen die Heilung.
Salben sollen auf der betroffenen Stelle eine dicke Schicht bilden, um auf diese Weise einerseits die Heilung zu beschleunigen, andrerseits das Eindringen von Keimen zu verhindern. Aber Vorsicht: Salben können auch eine bereits gebildete Kruste aufweichen und die Wunde erneut öffnen.
Salben lassen sich auf verschiedene Arten herstellen:
1) 1–2 El Melkfett in einem kleinen Topf schmelzen, dann 1 El Blätter oder Blüten hinzugeben, einige Zeit ziehen, dann abkühlen lassen. Nach einem Tag erneut erhitzen, in flüssigem Zustand die festen Bestandteile abseihen und abfüllen.
2) 1–2 El Melkfett erhitzen, 1 El Blätter oder Blüten hinzugeben, einige Minuten kochen lassen, abseihen und abfüllen. Diese Methode wird oft empfohlen (insbesondere bei Schweinefett als Salbengrundlage), kann aber unter Umständen hitzeempfindliche Bestandteile der Pflanzen zerstören. Besser ist da ein 15minütiges Ziehen lassen in dem ca. 70–80°C heißem Fett. Siehe oben.
3)1–2 El Melkfett schmelzen, 2 El fertigen Ölauszug sowie 2 –3 Bienenwachsplättchen hinzufügen, abfüllen und abkühlen lassen.
4) 1–2 El Melkfett schmelzen, leicht abkühlen lassen, 3–4 Tropfen ätherisches Öl unterrühren und fest werden lassen. Während des Stockens hin und wieder durchrühren oder schütteln, damit die ätherischen Öle sich gleichmäßig verteilen.
Aber: Melkfett, normalerweise zur Zitzenpflege bei Kühen vorgesehen, besteht wie Vaseline zu großen Teilen aus petrochemischen Bestandteilen, enthält also Erdöl. Außerdem kann es mit Antibiotika und Desinfektionsmitteln versetzt sein. Darüber hinaus ist es sehr fettreich und könnte die Poren verstopfen. Die bessere, aber teure Alternative wären Shea- oder Kakaobutter, Lanolin oder Wollwachsalkohole. Viele schwören beim Anrühren von Salben auf Schweinefett. Auf Palmfett, das zum Rückgang der Regenwälder beiträgt, sollte der Umwelt zuliebe verzichtet werden.
Tipp: Beim Abkühlen ein wenig fertige Zinksalbe aus der Apotheke in die stockende Masse rühren. Zink beschleunigt die Heilung und wird besonders für Ekzemer empfohlen. Glycerin wiederum wirkt rückfettend.
Ein Gel ist überaus vielfältig einzusetzen. Es zieht schnell ein und fettet darüber hinaus nicht.
100ml Flüssigkeit (verdünnte Tinktur, Aufguss, Absud oder Kaltauszug)
2 Tl Sofortgelatine (ohne kochen)
im Kühlschrank einige Stunden lang stocken lassen, bei Bedarf leicht nachdicken.
Zusätze:
Kräutertee / Aufguss
2–3 El getrocknete oder 6 El frische Kräuter mit 500ml heißem aber nicht kochendem Wasser überbrühen, 10 min abgedeckt ziehen lassen und abseihen. Gekühlt bis zu zwei Tage haltbar.
Kaltauszug: 2–3 El getrocknete oder 6 El frische Kräuter mit 500ml kaltem Wasser übergießen. Danach abgedeckt mindestens zehn Stunden lang ziehen lassen. Anschließend abfiltern und innerhalb von zwei Tagen verbrauchen. Die Wirkung wird verstärkt, wenn man die abgefilterten Pflanzenteile nochmals mit 100ml heißem Wasser übergießt, erneut ziehen lässt und abfiltert. Nach dem Abkühlen können beide Auszüge gemischt werden.
Zum Auslaugen keine metallischen Gefäße verwenden.
200g getrocknete oder 300g gut angetrocknete Kräuter, beziehungsweise gequetschte Samen, mit 1 L gutem Öl, am besten Weizenkeim- oder Sonnenblumenöl, übergießen und drei bis vier Wochen lang ziehen lassen. Täglich schütteln. Anschließend gut abseihen und in dunklen Flaschen an einem kühlen Ort aufbewahren. Kräuteröle dienen zum Einreiben sowie als Grundlage für Salben und Cremes und können (sofern ein hochwertiges Öl verwendet wird) auch innerlich verabreicht werden. Thymian- oder Beinwellöl zum Einreiben gegen rheumatische Beschwerden der Gelenke. Fenchel- oder Kümmelöl zum Eingeben bei Verdauungsbeschwerden zwei Mal täglich 20 – 30 Tropfen über das Futter.
Für eine Urtinktur 200g getrocknete oder 400g frische Kräuter mit 1 L hochprozentigem Alkohol übergießen und mindestens vier Wochen ziehen lassen. Täglich schütteln. Zuletzt abseihen und gut verschlossen aufbewahren. Tinkturen sind hochkonzentrierte Lösungen, die lange haltbar sind und vor der Eingabe 1:10 mit Wasser verdünnt werden sollten. Für Kompressen oder Umschläge 1:1 – 1:5.
Die Kräuter luftdicht mit Honig übergießen, löffelweise verabreichen oder in Leckerlis verbacken. Für Tabletten die getrockneten Kräuter pulverisieren, dann mit Honig und Vollkorn- oder Traubenkernmehl zu einer festen, portionierbaren Masse verkneten. Dasselbe geht mit Beeren oder Preßsaft.
Auflagen eignen sich wunderbar zur punktuellen Behandlung. Je nach Größe der zu behandelnden Stelle ein Baumwolltuch mit Kräutern füllen und für ca. 8 Minuten in kochendes Wasser geben. So warm wie möglich (aber ohne das Tier zu verbrühen) auf die betroffene Stelle legen.
Auch können Kompressen aufgelegt werden. Um diese herzustellen, taucht man ein Tuch in den Aufguss oder Absud und legt es lauwarm auf die betreffende Stelle. Haferauszüge beispielsweise lindern rheumatische Beschwerden, Rosmarin Arthritis und Muskelschmerzen, Beinwell regeneriert beschädigtes Gewebe. Ein Heublumensack wird lediglich im Wasserdampf erhitzt und möglichst warm aufgelegt. Für eine Breiauflage wickelt man die gekochte Masse (Senfmehl, Kartoffeln, Leinsamen, Kräuter) oder zerstampfte Rohmasse (Kürbis, Borretsch) in ein dicht gewebtes Tuch und legt dieses auf die zu behandelnde Stelle auf.
Die netteste Art, Medizin zu verpacken, sind zweifellos Leckerlis. Hier verbindet man das Nützliche mit dem Angenehmen:
Leckerlis mit Melasse: Je 100g Vollkornmehl, Mengkornmehl oder Maismehl und Kleie / 150g Vollkornhaferflocken oder geschroteter Leinsamen / 250g Melasse oder Rübensirup / optional 100g Kräuter, Blüten, Bierhefe, Früchte/Fruchtstücke. Zu einem festen Brei vermengen, der nicht mehr an den Händen kleben bleibt. Bei Bedarf Flüssigkeit oder Mehl hinzufügen, Tl-weise portionieren und im Ofen bei 180°C ungefähr eine Viertelstunde bis zwanzig Minuten backen. Nach dem Backen ganz kurz abkühlen lassen, umdrehen und bis zum vollständigen Erkalten ausgebreitet liegen lassen.
Leckerlis mit Saft: Jeweils 250g Vollkornmehl oder Semmelbrösel und Haferflocken / Gerade so viel Flüssigkeit, dass ein fester Brei entsteht. Das kann Tee oder Saft (Apfel, Holunder, Rote Bete etc.) sein. Optional können Früchte (etwa Hagebuttenschalen, Apfelraspeln), Melasse, Rübensirup oder Honig zugegeben werden. Aus dem festen Brei Rollen formen, in Stücke schneiden und im Ofen bei 180°C ca. eine Stunde backen.
Leckerlis mit Obst: Jeweils 250g Vollkornmehl und Haferflocken oder Kleie / Geriebenes Obst / Gemüse oder gehackte Früchte. Bei Bedarf so viel Flüssigkeit zugeben, dass ein fester Brei entsteht. Portionieren und im Ofen bei 180°C ca. 30 min backen.
Leckerlis mit Sauerteig: 220g Mengkornmehl / 125g körnige Haferflocken / 150g Sauerteig / 200 – 250ml dunkler Rübensirup, jeweils 1 El Kieselerde, Bierhefe, Schachtelhalm, Brennesseln / 1 Beutel Hagebuttentee (trocken). Bei 180°C ca. 20 min backen, gut auskühlen lassen.
Leinsamen – Hagebutten – Bons: Je 4 El Leinsamen und Hagebutten mit Wasser auffüllen, 15 min kochen und anschließend 45 min nachdicken lassen. Bei Bedarf etwas Flüssigkeit nachfüllen. 8 El Vollkornmehl / 4 El Haferflocken / je 1 El Bierhefe, Kieselerde, Schwarzkümmel, Schafgarbe, Schachtelhalm, 100–150ml dunkler Rübensirup / 2 geriebene Möhren / 2 El Öl mit der Masse zu einem festen Teig verkneten. Im Ofen bei 150°C ca. 45 min bis 1 h backen.
Überwiegend: Vollkornmehl, Traubenkernmehl, Weizenkleie, Semmelbrösel, Haferflocken
Vermischt mit: Mengkornmehl, Maismehl, Weizenkeimen, Sonnenblumenkernen, Leinsamen, Kieselerde, Bierhefe, Sauerteig, Pflanzenöl, Kräutern, Blüten, Früchten, Wasser, Saft, Tee, Melasse oder Rübensirup
Tipp: Die Mengenangaben dienen der ungefähren Orientierung. Wichtiger als überkorrektes Mischen oder Abwiegen ist, dass der Teig nicht zu nass bleibt. Die einzelnen Inhaltsstoffe können also beliebig untereinander ausgetauscht werden.
Kräuter oder Kräutermischungen können dem Futter frisch oder getrocknet untergemischt werden. Häufig hat es aber doch Vorteile, sie als Aufguss oder Absud zuzugeben, vor allem dann, wenn der Körper die Inhaltsstoffe schnell erschließen soll. Darüber hinaus werden bei vielen Rohstoffen die Wirkstoffe erst durch Erhitzen freigesetzt. Auch Pflanzen mit einem hohen Gehalt an ätherischen Ölen, Pfefferminze zum Beispiel, sollten besser in Form von Tee verabreicht werden, damit das Pferd beim Fressen die lindernden Dämpfe inhalieren kann. Zudem empfindet ein geschwächter Körper bei kalten Temperaturen warmes Futter als wohltuend, da es den Organismus weniger belastet als kaltes Futter, das erst einmal erwärmt werden muss.
! Bei der Herstellung von Tee ist zu beachten, dass viele Wirkstoffe ihre Wirksamkeit in zu heißem Wasser verlieren. Wenngleich zum Abtöten von schädlichen Mikroorganismen sprudelnd kochendes Wasser empfohlen wird, beträgt die optimale Temperatur für das Brühwasser ca. 80°C. Werden statt getrockneter frische Kräuter verwendet, braucht man die doppelte bis dreifache Menge, da frische Kräuter einen höheren Wassergehalt haben als Trockenkräuter. Solange sie verfügbar sind, sollten jedoch möglichst frische Kräuter verabreicht werden. Darüber hinaus sind die später angeführten Dosierungen gängige Richtwerte, die, je nach Wirkung, individuell nach oben oder unten korrigiert werden können.
Wichtig vor jeder Behandlung: Erstellen Sie ein Gesamtbild des Tieres aus Alter, Gesundheitszustand und allgemeiner Lebenssituation. Obgleich sich nicht zwangsläufig hinter jeder Krankheit ein psychischer Auslöser verbirgt, sind es vielfach kleine Veränderungen in der Haltung oder im Umgang, die zu körperlichem Unwohlsein führen können. Jeder, der mit Tieren arbeitet, sollte sich darüber hinaus von althergebrachten Gedankenmustern verabschieden, die ebenso der Grund und Auslöser für allerhand körperliche Symptome sein können. Die Art und Weise, wie der Mensch einem Tier begegnet, ist vielfach entscheidend für die Reaktion, die er zurück bekommt. Gegenseitiger Respekt beruht auf Vertrauen, nicht auf dem stärkeren und längeren Arm. Wer seine Wut und seinen Ehrgeiz am Tier auslässt, mag zwar durchaus respektable Erfolge erzielen, die das eigene Ego streicheln, wird aber immer Gefahr laufen, ein kränkelndes und zutiefst misstrauisches Lebewesen in seiner Obhut zu haben.
Mythos Dominanz: Der Mensch kann nicht auf der Stufe eines Freundes stehen. Er dominiert das Tier immer und überall, das Tier hingegen hat sich grundsätzlich unterzuordnen. Als hinge ihr Leben davon ab, bestehen viele Menschen darauf, „der Chef“ zu sein oder permanent Dominanz zeigen zu müssen. Sogar Menschen, die sich ansonsten ihrer immensen Liebe zu Tieren rühmen, verwandeln sich in Furien, sobald ein Tier ihnen nicht die gewünschte Folgsamkeit und Ehrerbietung entgegen bringt. Damit ist Tierschutz nicht mehr als ein Lippenbekenntnis, das sehr an Glaubwürdigkeit verliert, sobald der vierbeinige Partner nicht wie gewünscht funktioniert. Der Gedanke, das Tier habe sich bedingungslos unterzuordnen, ist ganz besonders dort weit verbreitet, wo Erziehung und Nutzung aufeinander treffen. Rollkur, scharfe Gebisse, martialische Hilfszügel, beziehungsweise Elektroschocks und Schockhalsbänder für Hunde sind nur die Spitze des Eisbergs. Vor allem die „Ausbildung“ von Jagdhunden beruht auf beispielloser Tierquälerei.
Noch immer dozieren viele Menschen lautstark über Unterordnung, werden Tiere brutal misshandelt - obwohl genau diese Mentalität viel Leid verursacht und sicherlich nicht mehr zeitgemäß ist. Wo Tiere untereinander den Rangniedrigeren meistens mit kleinen Gesten in die Schranken verweisen (ernsthafte Auseinandersetzungen sind eher selten) feuert der Mensch die volle Breitseite ab um zu zeigen, wer der Herr ist und das zu bekommen, was er will. Im Reitsport beispielsweise ist der Anblick von Gerte und Sporen als Strafinstrument schon bei Reitanfängern erschreckend normal geworden, ganz zu schweigen von den vielen Zwangsmitteln, die Reitern einen schnellen Erfolg versprechen. Und wenngleich wirkliche Dominanz über ein Pferd nicht durch das Zufügen von Schmerz erreicht werden kann, ist Gewalt immer häufiger das Mittel der Wahl. Die übliche „Erziehung“, wenn man es tatsächlich so nennen will, basiert zu fast hundert Prozent auf körperlicher Züchtigung und dem Prinzip der Schmerzvermeidung. Richtiges wird als selbstverständlich vorausgesetzt, Falsches umgehend bestraft - oder es so eingerichtet, dass das Pferd sich bei einer falschen Bewegung selbst „bestraft“.
Kaum jemand, der auf großen Turnieren den erfolgreichen Reitern applaudiert, denkt an die Schmerzen, die dem „Sportgerät Pferd“ zugefügt werden1. Auch bei Veranstaltungen wie dem Dülmener Wildpferdefang, Pferderennen, Polo oder Rodeo scheint die Quälerei niemandem aufzufallen. Im Gegenteil erweisen sich viele Events als Kassenmagneten. Und die Kommentatoren tun ihr Übriges um dem Zuschauer schlechtes Reiten als hohe Reitkunst zu verkaufen: Bis zur Unkenntlichkeit verschnürte Springpferde, die sich beinahe selbst in die Brust beißen und ihr Missbehagen durch Schweifschlagen oder Buckeln kundtun, werden gerne als schwieriges, dominantes Pferd verkauft. Und anstatt das Gesamtbild zu bewerten, präsentiert man Dressurpferde, die stoisch ihr Programm abspulen, als Musterbeispiel an Harmonie, blutig geschlagene Vollblüter mit Belastungsrehe als Derbysieger und Poloponys mit vor Schmerz aufgerissenen Augen und Mäulern als temperamentvoll.
Hinter der Quälerei auf hohem Niveau wie Polo, dem Rennsport oder der Sportreiterei, stehen in der Regel hohe Geldbeträge, wobei derjenige, der viel Kapital einsetzt und bereitwillig über Leichen geht, letztlich auch gewinnt. Schon recht früh entscheidet der Geldbeutel und nicht das Talent über die Karriere, wobei die Tiere nicht mehr als das Mittel zum Zweck sind. Falscher Ehrgeiz ist an der Tagesordnung. Bereits Anfänger beschweren sich über das „Freizeitreiter-Niveau“ in Reitschulen, das es lediglich Privatreitern ermöglicht, in höhere Klassen aufzusteigen – wobei suggeriert wird, dass Freizeitreiter von Haus aus die schlechteren Reiter wären. Wer allerdings mit dieser Motivation an den Umgang mit einem vierbeinigen Partner herangeht und lediglich von Siegerehrungen, Platzierungen und Schleifen träumt, mit dem Ziel, sich im Reit-Sport zu profilieren, sollte vielleicht besser umschwenken und an einen Tretroller als Sportgerät denken.
Seit Jahrhunderten werden unter dem Deckmantel der Erziehung Tiere geschlagen, misshandelt und auch getötet, wenn sie nicht so agieren, wie der Mensch es sich vorstellt, oder ganz einfach nicht die gewünschte Leistung bringen. Tiere, die sich nicht widerstandslos allem fügen, was der Mensch von ihnen verlangt, werden recht schnell als bösartig, faul oder renitent klassifiziert. So galt jedes Tier, das sich dem Menschen widersetzte, bis in die 1990er Jahre als „böses Tier“. In dieselbe Kategorie fällt die Annahme, das Tier mache etwas mit Absicht, um den Menschen herauszufordern oder zu ärgern. Manchmal mag das zutreffend sein, denn Tiere testen immer wieder einmal die Rangordnung2 – was in freier Wildbahn lebensnotwendig ist. Hier hilft es, sich ruhig und konsequent durchzusetzen, denn genau wie in der menschlichen Welt hat derjenige, der zuschlägt oder schreit, den Respekt schon verloren und kann nur noch über die blanke Angst dominieren. In den meisten Fällen jedoch beruht der Fehler schlichtweg auf einem Missverständnis. Tiere haben sehr einfach gestrickte Seelen, denn sie können im Gegensatz zum Menschen nicht bewusst lügen. Meistens reflektieren sie schlicht und einfach das Verhalten ihres Gegenübers. Was oft fälschlicherweise für Widersetzlichkeit, Testen oder Ungehorsam gehalten wird und für den Menschen an eine persönliche Beleidigung grenzt, basiert in der Regel auf zwei Faktoren. Zum einen auf widersprüchlichem Verhalten des Menschen, zum anderen spielt die Tatsache, dass Tiere die Welt im wahrsten Sinne des Wortes anders sehen, eine bedeutende Rolle.
Alle Tiere nehmen Farben recht unterschiedlich wahr - ihre Umgebung ist lange nicht so bunt wie die menschliche - sie haben eine andere Tiefenschärfe und häufig ein anderes Größenverhältnis als der Mensch. Die Welt von Katzen ist leicht grünstichig, dafür aber gestochen scharf, Hunde sehen leicht verschwommen, während Insekten ultraviolettes Licht wahrnehmen können. Pferde müssen sogar damit leben, von beiden Augen unterschiedliche Bilder zu bekommen, was der Grund ist, warum sie bei einem Gegenstand, an dem sie gerade noch vorbei gelaufen sind, in der anderen Richtung plötzlich scheuen. Abgesehen davon sehen sie ihre Umgebung im mehrfachen Zoom. Ein Objekt, das für den Reiter klein und bedeutungslos ist, mutiert in ihren Augen zu einem riesigen Raubtier. Darüber hinaus hören viele Tiere im Ultraschallbereich und haben auch sonst ein ausgezeichnetes Gehör. Ob und wieweit Tiere empathisch oder telepathisch miteinander kommunizieren können, gehört in den Bereich der Metaphysik - wenngleich ihr Verhalten häufig nur sehr vage mit herkömmlichen physikalischen Gesetzmäßigkeiten erklärt werden kann. Ein Tier also für seine ureigene Wahrnehmung zu bestrafen entbehrt jeglicher Grundlage.
Wer dennoch straft, hat ein Zeitfenster von drei Sekunden, ehe er für das Tier auf Dauer unberechenbar wird. Aber auch dann, wenn die Strafe vom menschlichen Standpunkt aus gerecht ist und sofort erfolgt, kann sie erstens den Lerneffekt verfehlen (zum Beispiel gehorchen Hunde, die mit Schockhalsbändern trainiert werden, nach einer Bestrafung immer noch nicht, haben dafür aber panische Angst vor geteerten Straßen) und muss zweitens nicht in einen Gewaltexzess ausarten. Kein Lebewesen kann in einem Zustand von Angst und Schrecken lernen (siehe den Freeze-Reflex bei Pferden, die regelrecht erstarren) und Gelerntes tatsächlich behalten. Leider haben viele gedankenlose Menschen, die Ausbildung durch Schläge und Zwangsmaßnahmen ersetzen, mit ihrer Methode Erfolg. Meistens auf Kosten der seelischen und körperlichen Verfassung des Tieres, das sie in einen Zustand ständiger Wachsamkeit versetzen. Dieser fortwährende Stress ist häufig ein wesentlicher Auslöser für übermäßige Schreckhaftigkeit, „Ungehorsam“ oder verschiedene körperliche Leiden von Koliken bis hin zu Verspannungen, Blockaden, Lahmheiten und nicht näher spezifizierbaren Symptomen.
Vor allem bei der Dominanztheorie werden unzählige Verhaltensweisen stark vermenschlicht, zum Beispiel die Behauptung, dass Pferde, die beim späten Einreiten Probleme machen, sich bereits ans „Nichtstun“ gewöhnt hätten. Weil jedoch viele Menschen felsenfest davon überzeugt sind, ein frühzeitig eingerittenes Pferd wäre williger und fügsamer, finden sich in den Anzeigenblättern immer häufiger „gut gerittene“ Zweijährige. Das oft beschriebene vorsätzliche „Austesten“ oder „Veräppeln“ des Reiters wiederum würde ein logisches Denkvermögen voraussetzen.
Nicht weniger weit verbreitet ist die Annahme, der Mensch könne das Leittier sein oder müsse denselben Rang innehaben (wobei die Hierarchie innerhalb einer Herde extrem überbewertet wird). Tiere wissen, dass der Mensch einer anderen Art angehört. Er lebt nicht permanent in Herde oder Rudel, riecht anders, bewegt sich anders und reagiert bei kleinsten Gesten meistens falsch, mitunter gar nicht. Selbst wenn er als ranghöher akzeptiert wird, bleibt ein Mensch für ein Tier immer ein Mensch. Er kann durch Gewalt Gehorsam erzwingen oder Vertrauen aufbauen und so einen hohen Rang einnehmen, aber er wird niemals das Alpha-Tier sein. Ebenso entbehrt die Theorie, seinen Posten als „Chef“ bereits verloren zu haben, sobald ein Tier mit seinem Ungehorsam oder Fehlverhalten auch nur ein einziges Mal durchkommt, jeglicher Grundlage.
Auch die Aussage, ein Tier wäre nur in jungen Jahren lernfähig, gehört ins Reich der Mythen und Legenden. Entscheidend ist nie das Alter, sondern die individuelle Intelligenz des Tieres, die Methode und nicht zuletzt die Qualität des Ausbilders. Ein guter Trainer zeichnet sich durch Ruhe, Geduld, Einfühlungsvermögen, Selbstdisziplin sowie die Fähigkeit zur Selbstkritik aus und ist auch bereit, Grenzen, die ihm das Tier, dessen Leistungsfähigkeit oder seine Erfahrung setzen, zu respektieren. Viel schwieriger gestaltet es sich, falsche Verknüpfungen und vom Menschen verursachte Traumata zu lösen.
! Wer der Meinung ist, Tiere hätten kein (Selbst-)Bewusstsein und keinen eigenen Willen, sondern wären nicht mehr geistlose, instinkt- und reflexgesteuerte, fellüberzogene Roboter, sollte sich besser gleich mit Maschinen beschäftigen.
Wie bereits angeführt, lieben Pferde Kräuter in jeglicher Form und sprechen im Normalfall auf die Behandlung sehr gut an. Wichtig ist die Vorgehensweise beim Mischen und Dosieren: Einzelkräuter sind empfehlenswert für eine gezielte Behandlung oder eine Dauerbehandlung. Auch Pferde, die auf diverse Substanzen allergisch reagieren, vertragen einzelne Kräuter besser als Kräutermischungen. Für Allergiker sollten höchstens drei verschiedene Kräuter zusammengestellt werden. Nach einer Pause kann dann, sofern erforderlich, mit anderen Wirkstoffen ein weiteres Krankheitsbild behandelt werden. Kräutermischungen sollten nicht mehr als fünf verschiedene Kräuter enthalten, die sich in ihrer Wirkung ergänzen. Beim Menschen kennt man Mischungen aus drei, fünf, sieben und neun unterschiedlichen Kräutern, und sicherlich gibt es Ausnahmen von der Regel, aber dem Pferd bis zu 25 verschiedene Wirkstoffe in unterschiedlichen Behandlungsmethoden (Homöopathie, Phytotherapie, TCM) zu verabreichen, wie es leider häufig betrieben wird, ist der Heilung eher abträglich. Darüber hinaus behindern sich erfahrungsgemäß die einzelnen Substanzen oftmals in ihrer Wirkung.
Wissenswert: Kräuter gehören zu den Phytotherapeutika (pflanzlichen Medikamenten), die, im Gegensatz zu (synthetischen) Arzneimitteln diverse Inhaltsstoffe aufweisen. Da jede einzelne Pflanze für sich bereits ein Vielstoffgemisch darstellt, sollten daher nicht zu viele Wirkstoffe miteinander kombiniert werden.
Weil Blüten und Blätter leichter sind als Wurzeln oder Rinde spielt beim Mischen die Mengenangabe eine wichtige Rolle. Werden unterschiedlich schwere Pflanzenteile miteinander kombiniert, unterscheidet man zwischen Gewicht und Volumen-Einheiten. Nach Gewicht werden in der Regel größere Mengen zusammengestellt - oder Mischungen, bei denen das Mengenverhältnis sehr genau stimmen muss. Volumen-Angaben sind schnell zusammengemischt und für einen schnellen Verbrauch geeignet. Bei der Mengenangabe „Teile“ sollte ein Hinweis nicht fehlen, ob es sich dabei um Gewichtsteile (zum Beispiel Gramm) oder Volumenteile (beispielsweise El oder Joghurtbecher) handelt.
Wo ein Einzelkraut nicht ausreicht, oder Wirkung und Geschmack ergänzt werden sollen, mischt man die Kräuter untereinander. Eine Kräutermischung besteht für gewöhnlich aus Hauptkräutern und Ergänzungskräutern. Hauptkräuter bilden die Grundlage und machen den größten Teil der Mischung aus. Bei ihnen handelt es sich um (auch in höherer Dosierung) ungiftige Kräuter mit vielfältiger oder guter Heilwirkung. Bei Pferden sind dies häufig Brennesseln, Lindenblüten, Birkenblätter oder Zinnkraut, die ein breites Wirkspektrum abdecken. Eine Kräutermischung kann bis zu drei Hauptkräuter enthalten. Für eine gezielte Behandlung werden (Haupt-) Kräuter mit ähnlicher Wirkung aber unterschiedlichen Wirkschwerpunkten kombiniert. Beispielsweise Spitzwegerich (schleimlösend, entzündungshemmend), Eibisch oder Malve (schleimlösend, beruhigend) und Ysop (entkrampfend). Bei Reizhusten könnte Huflattich oder Fenchelsamen hinzukommen, bei starker Verschleimung Schwarzkümmel oder Thymian.
Brennesseln (Entgiftung), Löwenzahn (Galle, Harnwege) und Mariendistel (Leber) eignen sich zur Unterstützung des Stoffwechsels, oder Fenchel (Gase abführend entkrampfend), Kümmel (Gase abführend) und Beifuß oder Frauenmantel (beruhigend) bei Blähungen.
Mischungen, mit denen mehrere oder vielfältige Leiden behandelt werden, enthalten hingegen Kräuter, die sich in ihrer Wirkung unterstützen. Beispiel einer Erkältung mit Fieber und Husten: Lindenblüten (Schwitzen, Herzschutz, Fieber), Mädesüß (Fieber und Schmerzen), Königskerze oder Malve (schleimlösend, die Atemwege beruhigend).
Eine kleine Auswahl für Hauptkräuter bei Pferden:
Brennesseln: Blutbildend, entschlackend, Vitalstoffe zuführend, Gelenkbeschwerden
Zinnkraut, Birkenblätter: Beschwerden des Stoffwechsels, Vitalstoffe zuführend, Gelenkbeschwerden
Eibisch, Malve, Frauenmantel, Beifuß, Kamille: Verdauungsbeschwerden
Eibisch, Spitzwegerich, Lindenblüten, Schlüsselblume: Husten
Zinnkraut, Klette, Löwenzahn, Ringelblume: Erkrankungen der Haut
Ergänzungskräuter werden der Mischung hinzugefügt um die Heilwirkung zu erweitern, den Geschmack zu verbessern oder die Mischung zusammenzuhalten. Ergänzend zugegeben werden zum Beispiel Thymian (desinfizierende Wirkung auf Atemwege und Verdauungstrakt), Melisse (beruhigend), Bockshornklee (appetitanregend), Teufelskralle (entzündungshemmend) oder Weißdorn / Ginkgo (verbessert die Durchblutung). Die Beimengung von ergänzenden Kräutern ist immer vom Einzelfall abhängig. Obwohl Geschmacksverbesserer vorwiegend in Teemischungen für Menschen eingesetzt werden, kann man sie auch für mäkelige Pferde verwenden – zumal die meisten eine nicht unerhebliche Heilwirkung besitzen und auch als Hauptkräuter eingesetzt werden können. Dazu gehören alle Pflanzen mit einem hohen Gehalt an ätherischen Ölen, zum Beispiel Anis, Fenchel, Minze, Melisse oder Kamille.
Damit sich bei längerer Lagerung die kleineren oder leichteren Pflanzenteile nicht am Boden absetzen, werden Kräuter zur Stabilisierung empfohlen, die ein Entmischen verhindern. Geeignet sind dazu alle faserigen oder wolligen Pflanzenteile, die ca. 15% der Mischung ausmachen sollten. Man nimmt dazu Beifuß, Salbei, Spitzwegerich oder Himbeerblätter. Ferner eignen sich junge Blätter von Buche oder Birke.
Die sogenannten Schmuckdrogen