Impressum
Dan Richter
www.danrichter.de
© September 2020
Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
Zeichnungen: Katja Palm
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.
ISBN 9783752616224
Gedichte
Komm, Lyrik, feinstes meiner Kunstgeschäfte!
Sollst die Gedanken durch die Formen leiten.
Wenn so die Schemen nur mein Denken weiten,
entfalten sich des Dichters volle Kräfte.
Und wenn ich auch die alten Dichter äffte,
die das, was ich jetzt tu, getan vor Zeiten,
ich öffne gern die jungfräulichen Seiten
des dritten meiner zart linierten Hefte.
Vielleicht gelingt noch mal der große Bogen.
Vielleicht lass ich es mittendrin bewenden,
leis ahnend, dass ich nur mich selbst betrogen.
Bis dahin werd ich mich mit Lust verschwenden.
In vager Hoffnung, dass mir wer gewogen,
hier eine Warnung: Lasst euch ja nicht blenden.
Langsam segeln die Ideen
still heran.
Können klar wir sie erspähen,
ziehn sie uns in ihren Bann.
Ist’s die falsche Zeit im Leben,
ist’s für sie der falsche Ort,
halten sie nicht an und schweben
still hinfort.
die nie probierte speise
die nie getane reise
die nie verstandnen worte
die nie gesehnen orte
die nie geöffnete pforte
die nie gesungene weise
so viel ach wenn! so viel ach ja!
vergiss nicht: du bist da.
Besitze einen Ahornschrank
und fünftausend Bücher,
Kleidung, Nahrung, eine Bank
und Geschirrhandtücher.
Besitze Geld und auch zwei Brillen
und wahrscheinlich Bürgerrechte.
Ich besitze einen Willen.
Aber ist’s der echte?
Tauch ich abends in den Fluss
bin ich ganz befreit.
Alles Haben, alles Muss
nimmt hinweg die Zeit.
Das Unrecht schlug zu.
Rasch. Unerwartet.
Der Dinge Lauf — du
hast ihn gestartet.
Vorbei. Verlorn.
Jetzt heißt’s warten.
Aus dem Zarten
wird Neues gebor’n.
Und die Kraft
bald schon ersteht
aus der Quelle des Herzens.
Unrecht verweht.
Ich beicht es heut, verheimlich es nicht länger:
In meinem Herzen wohnt ein Müßiggänger,
der sich nicht kümmert um die großen Pflichten
und der’s genießt, die Stunden zu vernichten.
Man hat ihm oft vom Fleißigsein gepredigt.
Doch hat das Gute sich meist selbst erledigt.
„Was nutzt’s, wenn ich hier meine Kraft verschwende.
Ihr Emsigen, was braucht ihr meine Hände?“
Der Schlingel sagt, schelt ich ihn manchmal selber:
„Von Arbeit wird die Sonne auch nicht gelber,“
Und dennoch nehme ich sein Dasein heiter.
Sein Mitbewohner ist ein Bauarbeiter.
Ich gliche gern dem Kapitän im Sturme,
des Handeln weder Furcht noch Zorn bedrückt,
der unverzagt auf dem Kommandoturme
entscheidet und dabei den Tod erblickt.
Nicht übermannt vom Wirrwarr der Momente,
und was zu tun ist, wird auch ohne Klag getan.
Selbst wenn noch unter ihm das Schiffsdeck brennte,
er hielte aus wie Maynard, unser Steuermann.
Doch statt mich an Fontanes Held zu messen,
der schließlich auch verkohlte wie ein Docht,
sollt ich beim Schreiben nicht die Milch vergessen,
die grad in meiner Küche überkocht.
Habe hundert Möglichkeiten,
durch den heutgen Tag zu gleiten.
Habe tausende Optionen,
mich minütlich zu belohnen.
Und es quält mein ganzes Denken:
Wie könnt ich mich jetzt beschenken?
Solches Suchen rasch ermüdet,
ohne dass der Geist befriedet.
Er soll in der Ruhe wohnen.
Frieden heißt: Sich zu beschränken.
Der Nachbar öffnet nicht
die Tür zu seinem Herzen
die synchron fast schlagen
sie die Sahne nebenan
da klappert was beständig