Dem in Husum Ruhenden
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© 2018 Erk F. Hansen
Herstellung und Verlag:
BoD - Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 978-3-752-80744-8
Im Dorf war es still, die Wege menschenleer. Unbarmherzig brannte die heiße Mittagssonne herab, die Luft war stickend schwül; ein fernes Grollen kündigte ein Gewitter an. Die Menschen hatten sich in ihre Katen verkrochen und harrten des erlösenden Regens, der den Äckern und Feldern das ersehnte Nass bringen sollte, denn Hitze und Dürre hatten dem Getreide bereits seit über zwei Wochen zugesetzt; traurig hingen die Ähren an ihren Halmen, das Vieh fand nur spärliches Grün. Auch der junge Gutsherr sah aus dem Fenster seines großen Hauses bang nach Westen und hoffte, dass die bleigraue Wolkenwand, die er in der Ferne erblickte und welche abwechselnd von Blitzen durchzuckt wurde, deren Donner man nicht vernehmen konnte, ihren nassen Segen erst über seinen Feldern entladen würde.
Nicht weit davon, am Rande des Dorfes gelegen, welches zum Besitz des Gutes gehörte, saß der alte Dorfschullehrer am Küchentisch und beobachtete das Hantieren seines einzigen Kindes, einer erst vor kurzem mannbar gewordenen jungen und schlanken Frau mit langem blonden Haar, das sie zu einem kunstvollen Zopf geflochten hatte, der ihr schwer den Rücken herabhing und welche eben ihrem Vater eine kleine Mahlzeit zubereitete, deren Duft bereits verheißungsvoll den Raum erfüllte und ihm einen erwartungsvollen Seufzer entlockte. »Nun, Margrit, geht es noch lang?« »Habt Geduld, Vater, es ist gleich fertig.« Der Alte schwieg, und hätte Margrit sich in diesem Augenblick zu ihm umgedreht, sie hätte die Liebe, mit der er seine schöne Tochter betrachtete, in seinen Augen lesen können.
»Wenn es nur nicht gar zu arg wird«, brummte der Alte, über die hölzerne Schüssel gebeugt, die den dampfenden Brei enthielt, welchen seine Tochter ihm bereitet, als eben wieder ein fernes Grollen an sein Ohr drang. »Weißt du noch, Margrit? Der Hagelschlag im letzten Jahr? Wie der Garten ausgesehen hat! Alles zerfetzt!« Er seufzte bekümmert. »Ja, Vater, ich weiß. Wir hatten wenig Äpfel letztes Jahr. Aber die Luft riecht nicht nach Hagel, finde ich, und den Regen können wir alle gut gebrauchen. Seid ohne Sorge, und esst.« Sie hatte sich zu ihrem Vater gesetzt und wollte eben den Löffel zum Munde führen, als ein plötzlicher furchtbarer Donnerschlag die Kate erzittern ließ. Margrit schrie erschrocken auf, ließ den vollen Löffel fallen und stieß ihren Stuhl beim Aufspringen um; angstvoll blickte sie zum Fenster, das, obwohl es noch heller Tag war, nurmehr eine blauschwarze Finsternis dort draußen zeigte. »Vater, ich fürchte mich«, sagte sie; der Alte versuchte, seine Tochter zu beruhigen: »Nun, Margrit, es ist ein Gewitter, nichts weiter, das wird vorübergehen. Aber leg' die Fensterläden vor.« Sie tat, wie ihr geheißen; im Dunkel war jetzt der strömende Regen zu vernehmen, immer wieder unterbrochen von mächtigen Donnerschlägen. Der Vater hatte die Hand seiner Tochter zwischen die seinen genommen und streichelte sie beruhigend; Margrit entspannte sich, ein wohliges Schweigen umfing beide.
Keine Viertelstunde später war das Gewitter vorübergezogen, Margrit warf die Läden zurück: der Schein der tiefstehenden Sonne ließ das nassbeglänzte Land funkelnd erstrahlen, die Luft roch frisch; Margrit hielt es nicht im Haus: »Lasst mich nur rasch noch aufräumen, Vater, dann möchte ich gern nach draußen gehen, es ist so schön eben.« »Geh' nur, Kind«, erwiderte der Alte, »das Aufräumen kann auch ich übernehmen, es ist ja nicht viel, geh' du nur.« Margrit schlüpfte rasch in ihre Schuhe, warf sich einen leichten Umhang über die Schultern und eilte hinaus: wie herrlich die Welt doch war! Die Schwüle war wie fortgeweht, die Natur erglänzte in Myriarden von Tropfen, in denen sich das Licht der Sonne brach, Margrit atmete tief ein und wandte ihre Schritte in Richtung der Felder außerhalb des Dorfes. - Auch der junge Gutsherr hatte, nachdem das Gewitter vorübergezogen war, soeben den Entschluss gefasst, sein Pferd zu satteln und seine Felder zu inspizieren, ob nicht der starke Regen das Korn allzusehr niedergedrückt hatte. Er ging in den Stall, sattelte die braune Stute, die ihm wie erwartungsvoll entgegenwieherte, führte sie hinaus und trieb sie gemächlich in Richtung des Dorfes, die Blicke prüfend nach rechts und links wendend, wo stets eines seiner Felder sich erstreckte; er schien zufrieden, es waren nur kleinere Flächen, auf denen das Getreide am Boden lag, man würde es rasch einholen können, sobald diese abgetrocknet wären. Er bemerkte, wie eine Gestalt von ferne ihm auf seinem Wege entgegenkam, es war Margrit; bald schon hatte er sie erreicht und brachte sein Pferd zum Stehen. »Seid gegrüßt, Jungfer Margrit«, sagte er, freundlich auf sie hinabblickend. »Vielen Dank zum Gegengruß, Junker Rudolf«, antwortete sie und legte ihre Hand auf die Nüstern der Stute, die sich dies ruhig gefallen ließ, »nun, hat das Gewitter Eurer Ernte Schaden zugefügt?« »Gott sei Dank, nein, ich werde nächstens eine gute Ernte einfahren können. Aber was treibt Euch hierher? Eure Schuhe sind schon ganz nass, seht doch«, sagte er und wies auf ihre Füße, Margrit lachte: »Das macht nichts, das trocknet auch wieder; die Luft ist einfach zu schön, und ich bin den Tag noch nicht draußen gewesen.« »Wohl«, erwiderte er, »das Atmen wird einem viel leichter als die letzten Tage, es war doch gar zu schwül. Wie geht es Eurem Vater? Er ist hoffentlich wohlauf?« Bevor jedoch Margrit antworten konnte, musste irgendetwas die Stute erschreckt haben, eine Schlange vielleicht, denn plötzlich stieg das Tier hoch und warf sich auf die Seite des Mädchens, das erschrocken aufschrie und stürzte. Rudolf hatte Mühe, die Stute zurückzureißen und zum Stehen zu bringen; als dies gelungen, stieg er rasch ab und wandte sich Margrit zu: »Jungfer Margrit! Um Gottes Willen, ist Euch etwas zugestoßen? Kommt, ich helfe Euch auf«, und er reichte ihr seine Hand, die sie dankbar ergriff; kaum jedoch stand sie, als sie mit schmerzverzerrtem Gesicht aufstöhnte und das rechte Bein anzog. »Ich kann den Fuß nicht aufsetzen, es tut so weh«, klagte sie. Rudolf schien entschlossen: »Ich bringe Euch nach Hause zu Eurem Vater und werde gleich nach dem Arzt schicken, der sich Eurer annehmen wird«, sagte er, »ich nehme Euch vor mich auf's Pferd, wartet.« Und er bestieg das nun wieder ruhig dastehende Tier, reichte Margrit erneut die Hand und zog sie mit einem kraftvollen Schwung zu sich herauf. Damit sie sicher säße, bat er um ihre Erlaubnis, sie halten zu dürfen, was sie wohl gewähren musste. In ruhigem Schritt lenkte er die Stute in Richtung des Dorfes, seinen Arm hatte Rudolf um Margrits Hüfte gelegt; ihren Nacken, ihr im Abendsonnenlicht golden leuchtendes Haar sah er direkt vor sich, der überaus angenehme Duft ihres Körpers vermischte sich mit der würzigen Luft, die leise von den Feldern herüberstrich. Rudolf ließ das Tier nur langsam gehen, er suchte diesen Moment der Nähe so lange andauern zu lassen wie irgend möglich. Margrit erzählte ihm etwas, er achtete es kaum: das Gefühl ihres schlanken Leibes, der sich an ihn anschloss und den sein Arm umfing, ihr Geruch, den er in sich einsog, der Klang ihrer Stimme, das schöne Spiel der Muskeln ihres Nackens und das Gold ihres Haars, welches ihn beinahe blendete - ihm war, als habe er noch nie etwas so Schönes und betörend Intensives erlebt wie diesen Moment.
Am Hause des Dorfschullehrers angekommen, rief Margrit ihren Vater, der sogleich heraustrat, artig den Gutsherrn grüßte, sich kurz das Geschehene von Rudolf berichten ließ, ihm daraufhin für seine Hilfe dankte und seine Tochter vorsichtig vom Pferd hob; Rudolf versprach, dass der Arzt binnen einer kleinen Stunde bei ihnen sein werde und Margrits Fuß versorgen würde; sie sollten sich keine Sorgen um die Abrechnung machen, welche er selbstverständlich übernehmen wolle, war es doch seine Stute gewesen, die den Unfall verursacht hatte. Man schied in freundlichem Einvernehmen.
Rudolf ritt langsam zurück, und wenn er die Augen schloss, so war ihm, als spüre er noch immer Margrits Nähe. Zuhause angekommen, übergab er das Pferd dem Stallburschen, damit dieser es versorge und danach sogleich nach dem Dorfarzt gehe, um diesen in das Haus des Dorfschullehrers zu bitten, wo er solange bleiben möge, bis der Arzt ihm sagen könne, wie es um den Fuß der Tochter stehe; mit dieser Nachricht solle er dann unverzüglich zu ihm kommen. Der Bursche versprach's, und Rudolf begab sich in sein Arbeitskabinett, um einige Papiere zu ordnen, vermochte sich jedoch nicht auf diese Aufgabe zu konzentrieren, schob schließlich die Papiere unwillig beiseite und lehnte sich nachdenklich zurück. »Das Mädchen geht dir nicht aus dem Kopf«, sagte er leise zu sich selbst, »dabei ist sie bloß die Tochter des Dorfschullehrers.« Er musste sich eingestehen, dass sein Denken allein um die Frage kreiste, wie er sie wiedersehen könne, und dass der Grund dafür kein anderer sei als der Wunsch, ja geradezu die Sehnsucht, wieder ihre Nähe fühlen, ihren Körper berühren zu dürfen. »Du hast dich in sie verliebt«, sagte er laut und erschrak vor seiner eigenen Stimme, welche die Stille allzu heftig unterbrochen hatte, aber es war nicht zu leugnen, und ungeduldig erwartete er die Rückkehr des Jungen, hoffend, dass es sich um eine bloße Verstauchung handeln möge, und nicht etwa um einen Bruch ihres Fußes.
Eine knappe Stunde später klopfte es an seiner Tür, der Stallbursche trat ein und überbrachte, neben dem Gruß des Arztes, die Nachricht, dass der verehrte Gutsherr ganz beruhigt sein könne; es läge keine ernsthafte Verletzung vor und man dürfe innerhalb weniger Tage mit der vollständigen Wiederherstellung des Wohlbefindens der Tochter rechnen. Rudolf dankte für die Botschaft, sein Bursche war schon fast aus der Tür, als er ihn mit einer weiteren Frage zurückhielt: »Hat die Tochter dir auch noch etwas für mich aufgetragen?« »Nein, Herr«, war die Antwort; Rudolf entließ ihn und konnte sich seine Enttäuschung über diesen negativen Bescheid nicht verhehlen.
Einige Tage später ließ er wieder sein Pferd satteln: Er wollte ins Dorf reiten und beim Lehrer vorsprechen, wie es Margrit gehe und ob sie völlig wiederhergestellt sei? Er hatte sich regelrecht dazu zwingen müssen, fünf Tage ins Land gehen zu lassen, bevor er sein Vorhaben umsetzte, und diese Ungeduld, sie wiederzusehen, irritierte ihn stärker, als er sich eingestehen mochte. Endlich aber war es soweit, und je näher er ihrem Hause kam, desto erwartungsvoller klopfte sein Herz. Es war ihm nämlich noch ein anderer Gedanke gekommen: ob er ihr nicht anbieten solle, als Haushälterin in seinem Hause tätig zu werden? Mit der Alten, die derzeit diesen Posten versorgte, war er ohnehin nie recht zufrieden gewesen, und da er um das schmale Salär des Dorfschullehrers wusste, müsste ein derartiges Zubrot doch willkommen sein. Zwar würde es sich nicht schicken, dass Margrit, als unverheiratete Frau, in sein Haus zöge, aber stundenweise könne sie ja durchaus der Alten zur Hand gehen, dachte er, und auf diese Weise müsste es sich doch ermöglichen lassen, den Kontakt zu ihr auf unverfängliche Weise zu halten? Es würde natürlich alles von der Haltung ihres Vaters abhängen, das war klar, aber sollte ein großzügiges Angebot diesen nicht zur Zustimmung bewegen können?
Unter solchen Gedanken hatte er das Haus erreicht, stieg ab, band die Stute an einem Baum fest und klopfte kräftig gegen die Haustür. Im Inneren wurden Schritte vernehmbar, der Riegel beiseitegeschoben; der Alte öffnete die Tür: »Junker Rudolf«, sagte er erstaunt, »seid gegrüßt! Was führt Euch zu mir? Tretet ein!« Rudolf dankte und folgte dem Alten durch die schmale Diele in die Stube, wo sie Platz nahmen. »Ich bin gekommen, mich nach dem Befinden Eurer Tochter zu erkundigen«, begann er, »der Arzt hat ja eine rasche Genesung in Aussicht gestellt; ich hoffe, diese ist eingetreten?« »Gott sei Dank, ja, es geht ihr wieder gut, ich will sie gleich holen, dass Ihr Euch selbst davon überzeugen könnt. Ist Euch das recht?« Rudolf bejahte; der Alte stand auf, ging hinaus und rief nach seiner Tochter, kurz darauf hörte man rasche Schritte die hölzerne Treppe herabkommen, Margrit trat ein. Rudolf erhob sich und sah ihr entgegen: In ihrem schlichten braunen Hauskleid strahlte sie eine Würde aus, die ihn beinahe befangen machte. »Ich sehe, Ihr könnt wieder ohne Probleme auftreten, Jungfer Margrit, das freut mich«, sagte er und bot ihr die Hand, die sie anstandslos nahm. »Ja, es ist zum Glück nur eine Verstauchung gewesen, ich merke schon fast nichts mehr. Habt Dank für die rasche Hilfe, die Ihr geschickt habt, der Arzt hat mir eine Salbe gegeben, die gut geholfen hat. Aber es war ja nicht Eure Schuld, Ihr könnt ja nichts dafür, dass Euer Pferd gescheut hat.« Rudolf schwieg und fühlte eine gewisse Verlegenheit; er wusste nicht, was er weiter sagen sollte; Margrit sein Angebot zu unterbreiten dünkte ihm auf einmal unpassend. Sie schien seine Verlegenheit zu spüren, denn sie sagte: »Ihr müsst durstig sein, es ist warm draußen, darf ich Euch etwas zu trinken bringen? Euch auch, Vater?« Die Männer bejahten, Margrit verließ den Raum und kam bald mit einer Karaffe voll klaren kalten Wassers zurück, aus der sie den Männern in die bereitgestellten Becher einschenkte. Rudolf nahm einen tiefen Zug, setzte den Becher ab und fragte überrascht: »Wie gelingt es Euch, das Wasser so kühl und frisch zu halten, wo es doch so heiß draußen ist?« »Ich habe vor einigen Jahren hinter'm Haus einen Erdkeller ausgehoben«, erklärte Margrits Vater, »der tut gute Dienste, wenn es darum geht, Wasser oder auch Nahrungsmittel vor der Sommerhitze zu schützen.« »Eine gute Idee«, lobte Rudolf, »wert, dass man sie übernehme. Leider ist meine jetzige Hauswirtschafterin nicht so umsichtig...« - Rudolf war froh, einen Anknüpfungspunkt gefunden zu haben und fuhr entschlossen fort: »Ich bin nicht allein deshalb gekommen, um mich nach dem Befinden Eurer Tochter zu erkundigen«, sagte er zum Vater, um sich dann Margrit zuzuwenden: »Sondern auch, um Euch zu fragen, ob Ihr bereit wäret, als Haushälterin in meine Dienste zu treten? Über die Bezahlung werdet Ihr Euch, denke ich, nicht zu beklagen haben.« Als der Vater etwas erwidern wollte, beeilte sich Rudolf hinzuzufügen: »Es wäre dies eine stundenweise zu verrichtende Tätigkeit, zu der Ihr in mein Haus kommen würdet, um meine Haushälterin zu unterstützen - sie wird älter, wisst Ihr, und vieles geht ihr nicht mehr so leicht von der Hand wie früher.«
Margrit stand still, wartete, was Ihr Vater dazu sagen würde. Der schwieg eine Weile nachdenklich, ehe er antwortete: »Junker Rudolf, das ist ein ehrenwertes Angebot, für das ich Euch danke. Ich will nicht verhehlen, dass das Gehalt eines Dorfschullehrers nicht eben das üppigste ist und ein kleiner Hinzuverdienst erwünscht wäre. Aber ich habe nicht über meine Tochter zu verfügen, es wird ihre Entscheidung sein. Was sagst du, Margrit?« »Auch ich danke Euch für das Angebot«, antwortete sie bescheiden, »aber ich würde mir gern eine Bedenkzeit ausbitten, wenn Ihr erlaubt. Auch mein Vater ist nicht mehr der jüngste und braucht mich.« »Selbstverständlich, Jungfer Margrit«, sagte Rudolf daraufhin, »es wird ganz bei Euch liegen, wie viel Zeit Ihr erübrigen könnt und mögt. Denkt in Ruhe nach und besprecht Euch mit Eurem Vater, es eilt nicht. Ihr lasst mir Eure Entscheidung zukommen?« Diese Frage hatte er an beide gerichtet, der Vater nickte: »Binnen einer Woche soll Euch eine Antwort werden. Ist das recht?« Rudolf bestätigte und erhob sich: »Ich danke für die Gastfreundschaft und freue mich, dass es Euch wieder gutgeht, Jungfer Margrit. Gehabt auch Ihr Euch wohl, Dorfschullehrer.« Margrit geleitete ihn zur Tür, Rudolf band das Pferd los, schwang sich auf, winkte Margrit noch einmal zu und sprengte davon, zufrieden, sein Anliegen zur Sprache gebracht zu haben. Dass sie zustimmen würde, dessen war er sich sicher, auch wenn er nicht hätte sagen können, warum.
Tatsächlich ließ sich eine Woche später Margrits Vater bei ihm melden und wurde freundlich empfangen. Margrit würde an zwei Tagen in der Woche jeweils vier Stunden erübrigen können, sagte der Alte, und in das gutsherrliche Haus kommen, um der alten Aufwärterin zur Hand zu gehen; ob der Junker damit zufrieden sei? Rudolf bejahte und nannte dem Vater die Summe, die er als Lohn zu zahlen gewillt sei, der Alte war überrascht: »Ihr seid sehr großzügig, Junker Rudolf, aber meine Tochter versteht auch zuzupakken. Also: abgemacht?« »Abgemacht«, bestätigte Rudolf, nahm die dargebotene Hand des Alten und drückte sie fest. Dann ließ er zwei Krüge frischen Biers bringen, womit das Geschäft besiegelt wurde; der kommende Montag wurde zum ersten Arbeitstag für Margrit bestimmt.
Als der Gutsherr seiner alten Haushälterin die neue Situation eröffnete, war diese es erst zufrieden, als ihr zugesichert wurde, dass ihr ihr bisheriger Lohn ungeschmälert weiter zufließen solle, auch dürfe sie Margrit Anweisungen geben, was jeweils zu tun sei; er wünsche aber darüber unterrichtet zu werden, was man ihr aufgetragen und behalte sich das letzte Wort darüber vor. Sie werde am kommenden Montag erstmals ihren Dienst antreten; er, Rudolf, werde ihr persönlich das Haus und die Nebengebäude zeigen, danach solle sie in die ihr zugewiesenen Tätigkeitsbereiche eingeführt werden.
Und so wurde Margrit als neue Arbeitskraft im Hause des Gutsherrn bewillkommnet. Ihrem freundlichen Wesen und ihrer zupackenden Art gelang es sogar, das Wohlgefallen der Haushälterin zu gewinnen, welche ob ihres zunehmenden Alters dankbar für die Unterstützung war. Rudolf achtete allerdings auch genau darauf, dass Margrit keine allzu unangenehmen oder schweren Arbeiten zugeschoben wurden; der Anweisung an die übrigen Personen, die in seinem Hause tätig waren, Margrit mit Freundlichkeit zu behandeln, bedurfte es kaum, gelang es ihr doch mühelos, für sich einzunehmen, was auch für Rudolf galt, dem im Verlaufe der ersten Wochen immer schmerzhafter bewusst wurde, dass es ihm kaum mehr gelang, seine Empfindungen für sie hinter die Grenzen des Schicklichen zurückzudrängen; ja er ertappte sich dabei, wie er, war sie in seinem Hause, Gelegenheiten zur wie zufällig wirkenden Begegnung zu schaffen suchte. Unmerklich nährte er so die Sehnsucht nach ihrer Nähe, welches sich rasch zu einem Begehren steigerte, dessen er kaum mehr Herr zu werden vermochte. Margrit schien davon nichts zu bemerken, sie trat ihm unbefangen und freundlich wie immer gegenüber; er aber missdeutete diese Sympathie immer öfter als Zeichen, dass auch sie eine Neigung zu ihm gefasst hatte, welche es ihm erlaubte, endlich einen entschiedenen Schritt auf sie hin zu tun – nur wie? Das war die Frage, die ihn quälte, und er sann auf die Möglichkeit, eine Gelegenheit herbeizuführen, die ihm erlauben würde, ihr seine Gefühle zu offenbaren.
Doch, Gott sei's geklagt, auch Margrit blieb nicht gleichgültig gegenüber Rudolfs Freundlichkeit: die Zuvorkommenheit, mit der er sie behandelte, schmeichelte ihr, er gab ihr das Gefühl, eine Gleichgestellte zu sein, und nicht bloß eine bezahlte Haushaltshilfe; wenn er auf sie zutrat, ihr freundlich die Hand reichte und sie anlächelte, so blieb dies nicht ohne Wirkung auf sie, denn er durfte für einen gutaussehenden Mann gelten, dessen stattliche Erscheinung einem einfachen Mädchen wohl imponieren konnte.
Rudolf dagegen hatte mittlerweile einen Gedanken gefasst, den aufrichtigen Herzens zu verfolgen er, je länger er ihn erwog, umso sicherer überzeugt war, als er nicht bemerkte, dass dieser gar nicht Margrit selbst betraf, sondern sich nur noch darauf richtete, was sie ihm mittlerweile geworden war, nämlich ein Gegenstand seines Begehrens, das zurückzuweisen er keine andere Möglichkeit mehr für sich sah als dessen unbedingte Befriedigung: Er wollte die Ehe mit ihr eingehen, unerachtet der Tatsache, dass er der Gutsbesitzer und sie die Tochter des Dorfschullehrers war. Konnte es ihr denn unerwünscht sein, wenn er sie zu sich emporhob? Konnte denn ihrem Vater Besseres widerfahren, als einem gesicherten Alter entgegenzusehen? Durfte ihm nicht die Ansicht anderer über diese Verbindung herzlich egal sein? War er nicht sein eigener Herr und Meister?
- Die Weihnachtstage standen vor der Tür, und Margrit hatte alle Hände voll zu tun, denn die alte Aufwärterin musste seit einigen Tagen wegen einer schlimmen Erkältung das Bett hüten, so blieb nahezu alle Arbeit im Haus an ihr hängen. Es galt, für die bevorstehenden Feiertage zu backen, das Essen vorzubereiten, den Festschmuck anzubringen und vieles mehr; heute würde sie länger als die vereinbarte Zeit bleiben müssen, doch war sie guten Mutes, denn im Hause ihres Vaters war bereits alles soweit hergerichtet, dass sie ein besinnliches Weihnachtsfest würden feiern können; auch hatte sie ihm gesagt, dass sie heute möglicherweise erst später nach Hause käme, damit es ihn nicht beunruhige.
Alle Arbeit war getan, außer ihr und Rudolf war keiner mehr im Hause; Margrit ging zu seinem Arbeitszimmer, um sich ihren Lohn abzuholen und sich zu verabschieden. Rudolf bat sie, einen Augenblick zu verweilen, entnahm seinem Schreibtisch einen Umschlag und gab ihn ihr mit den Worten: »Ihr habt Euch Euren Lohn redlich verdient, Margrit, und ich bin, muss ich bekennen, äußerst zufrieden mit Eurer Arbeit. Ich bitte Euch, den Inhalt dieses Umschlags auch als Ausdruck meiner Wertschätzung und zusätzlich als ein kleines Weihnachtsgeschenk anzusehen.« Margrit nahm den Umschlag entgegen, erstaunte über dessen Schwere, sah Rudolf fragend an. »Nun, öffnet ihn ruhig«, sagte er. Margrit tat wie geheißen und stieß einen Ruf des Erstaunens aus: »Rudolf, Ihr seid zu großzügig, das ist zuviel! Das kann ich nicht annehmen!« »Doch, das könnt und dürft Ihr«, erwiderte er, »bitte steckt ihn ein, es ist in Ordnung so, glaubt mir. Aber da wäre noch was…« – er schien unschlüssig, so dass Margrit ihn ermunterte: »Sprecht frei von der Leber weg, Herr; was immer Euch auf dem Herzen liegt, ich höre.« -
Was folgte, war eine Stunde ihres Lebens, wie sie sie noch nie durchlebt und empfunden hatte: von seinen Worten, seinen Küssen, seinen Berührungen regelrecht überschwemmt, hatte ihr eigenes Begehren dem seinen geantwortet, waren ihre Leiber in eine Zwiesprache getreten, der sie nichts glaubte hinzufügen zu müssen als ihr Erstaunen und ihren Genuss, vor allem aber eine Empfindung des Glücks, das sie noch jetzt, da sie zuhause in ihrem Bett lag und nicht in den Schlaf finden konnte, erschauern ließ: er würde sie zu seiner Frau machen, sie würde die Frau des Gutsherren werden! Rudolf hatte ihr die Ehe versprochen, sie aber, als sie erschöpft beieinandergelegen hatten, darum gebeten, noch nichts darüber nach außen verlauten zu lassen, bis er bei ihrem Vater ordentlich um ihre Hand würde angehalten haben. -
Eine Woche nach Neujahr ging Margrit durch den tiefen Schnee dem Gutshause entgegen, um wieder ihre Arbeit zu tun. Rudolf hatte sie die Feiertage nur einmal in der kleinen Dorfkirche beim Weihnachtsgottesdienst gesehen, zu einem Gespräch war es nicht gekommen. Jetzt freute sie sich darauf, ihn wiederzusehen und mit ihm sprechen zu können; vergnügt warf sie einen Schneeball nach einem Reh, das sie neugierig beäugte. In seinem Hause angekommen, traf sie nur die alte Aufwärterin an: der Herr sei ausgeritten, sagte sie, und er werde vor Abend gewiss nicht zurückkehren. Margrit war enttäuscht, dachte sich aber weiter nichts und wollte an die Arbeit gehen, welche die Alte ihr zugewiesen hatte. »Wartet, ich habe Euch noch etwas zu sagen«, hielt die Haushälterin sie noch zurück, Margrit drehte sich um: »Ja?« »Ich soll Euch vom Gutsherrn ausrichten, dass es jetzt im Winter zu wenig im Haus zu tun gibt für zwei Kräfte, daher wäre es ihm lieb, wenn Ihr nur noch alle zwei Wochen kämet.« »Und warum sagt er mir das nicht selbst?«, fragte sie verwundert. »Wie kann er das, wenn er doch nicht da ist?«, erwiderte die Alte schnippisch und wandte sich ab.
Sie verrichtete ihre Arbeit lustlos und war froh, als sie endlich nach Hause gehen konnte; sie würde also erst in zwei Wochen wiederkommen, nun gut. Insgeheim hoffte sie, dass Rudolf sie vorher besuchen käme, doch ihre Hoffnung wurde enttäuscht, und ein banges Gefühl stieg in ihr auf, als auch nach Verlauf der zwei Wochen der Herr wieder nicht zu Hause war; er hatte in die Stadt müssen, so wurde ihr beschieden. Was war das? Sie war doch seine Braut! Hatte er denn gar kein Verlangen, sie zu sehen? Und bei ihrem Vater war er auch noch nicht gewesen… Sie beschloss, zum Gutshaus zu gehen und ihn zur Rede zu stellen; da er nicht mit ihrem Kommen rechnete, konnte er ihr diesmal nicht ausweichen. Also warf sich Margrit in ihren schweren Umhang und trat den Weg zum Gutshaus an; angekommen, öffnete ihr die Haushälterin auf ihr Klopfen die Tür. »Nanu, Margrit, habt Ihr Euch im Tag geirrt?«, fragte sie erstaunt. »Keineswegs«, war die Antwort, »ich muss Rudolf sprechen - ist er da?« Die Alte bejahte, Margrit möge nur hinaufgehen, er sei in seinem Arbeitszimmer.
»Herein!«, schallte es von drinnen auf ihr Klopfen, Margrit betrat das Zimmer, Rudolf erhob sich von seinem Schreibtisch. »Oh, Margrit, du...«, sichtlich verlegen blickte er ihr entgegen. »Ja, ich, Rudolf - weshalb meidest du mich?«, fragte sie gradheraus, er schien unschlüssig, was er ihr antworten sollte. »Ich hatte in letzter Zeit viel zu tun«, hub er an, doch Margrit schnitt ihm das Wort ab. »Ich möchte keine Ausflüchte hören, sondern die Wahrheit. Du hättest uns längst besuchen und bei meinem Vater vorsprechen können.« Ihre Stimme klang beinahe feindselig, er senkte den Blick zu Boden und sagte: »Es gibt da ein Problem... ich war etwas unbedacht, und...« - er verstummte. »Unbedacht? Als du mir versprochen hast, dass ich deine Frau werden soll?« Rudolf nickte, hob den Blick und fuhr fort: »Versteh' mich, Margrit, es hat überhaupt nichts mit dir zu tun, ich mag dich, wirklich; es ist nur...« »Es ist nur so, dass du der Gutsherr bist und ich bloß die arme Tochter eines Dorfschullehrers bin, richtig?« Tränen traten ihr in die Augen, er stand verlegen, sagte schließlich: »Ich darf dich nicht heiraten, meine Familie...« »...ist der Meinung, dass ich nicht gut genug für dich bin, ja? Ich bin keine Geborene, ja? Nein, das bin ich nicht, aber das wusstest du vorher, bevor du mir die Ehe versprochen hast!« »Ich weiß, es war voreilig, ich habe einen Fehler gemacht, aber ich werde es wieder gutmachen. Du sollst ein reiches Abstandsgeld bekommen, kannst du darin einwilligen?« »Ein Abstandsgeld?«, fragte sie ungläubig, Wut kochte in ihr hoch. »Ein Abstandsgeld? Du willst dich freikaufen und mich zu einer bezahlten Dirne machen, ja? Hast mir weisgemacht, dass du mich liebst und dir geholt, was du haben wolltest, und jetzt willst du mich dafür bezahlen?« Letzteres schrie sie fast, Rudolf versuchte eine abwehrende Geste, umsonst. »Du bist ein Schuft, Rudolf, ein erbärmlicher Feigling! Behalte dein Geld und lerne, dass man als Bürgerliche mehr Anstand und Ehre im Leib haben kann als ein Gutsherr!« In das letzte Wort hatte sie alle Verachtung hineingelegt, die sie nun für ihn empfand, wandte sich zur Tür und sagte: »Ihr werdet in Zukunft mit Eurer Haushälterin allein fürlieb nehmen müssen, Herr« - damit warf sie die Tür hinter sich ins Schloss und eilte aus dem Haus.
- Um ihren schon recht gebrechlichen Vater zu schonen, sagte sie nichts, als sie nachhause kam; sie hoffte, dass die allmächtige Zeit ihre Enttäuschung und ihren Schmerz schon überwinden würde, doch nur einige Tage später fuhr sie nachts entsetzt im Bett auf: wann hatte sie das letzte Mal ihre ordentliche Reinigung gehabt? Fieberhaft dachte sie nach, aber allzu schnell wurde ihr klar, dass das vor dem Zusammensein mit Rudolf gewesen war, und das lag jetzt... »Um Gottes willen, ich erwarte ein Kind, sein Kind«, flüsterte sie, und die Gewissheit dieses Umstands wurde ihr mit einem Male so überwältigend klar und bewusst, dass jedes Verleugnen sinnlos war. Auch hiervon aber schwieg sie, als sie am nächsten Morgen mit dem Vater beim Frühstück saß.
Für sie änderte dies jedoch nichts an ihrer Haltung Rudolf gegenüber: Er hatte sie in ihrem Stolz, in ihrer Ehre gekränkt, und das konnte und wollte sie ihm nicht verzeihen. Sie würde das Kind bekommen und es ohne Vater großziehen; es würde nicht leicht werden, gewiss, vor allem, weil sie ja auch ihren Vater mit versorgen musste, aber sie war stark, sie würde es schaffen! Statt eines Vaters würde das Kind dann eben einen Großvater haben.
Aber, ach! der liebende Blick einer Tochter verstellte ihr die Wahrnehmung von ihres Vaters Schwäche. Hätte sie sich nicht wundern müssen darüber, dass er anscheinend nicht einmal bemerkt hatte, dass sie nicht mehr in das gutsherrliche Haus ging? War es nicht seltsam, dass er sie nicht auf die zunehmende Rundung ihres Leibes ansprach, die doch nur noch durch weite Kleidung zu verbergen war, wenn sie einmal das Haus verließ? Der nahe Frühling, der sich durch die blühenden blassblauen Krokusse ankündigte, würde seiner Teilnahmslosigkeit und Schwäche schon aufhelfen, hoffte sie. -
In der ersten Maiwoche bewegte sich ein stiller Trauerzug auf den Friedhof der kleinen Kirche zu, man trug den alten Dorfschullehrer zu Grabe, der vor wenigen Tagen sanft in seinem Bett entschlafen war. Margrit folgte dem Sarg ihres Vaters in einem schwarzen Kleid; dass sie gesegneten Leibes war, ließ sich nun nicht mehr verbergen; und nur die Würde des Todes verhinderte, dass sie darauf angesprochen wurde, wenn auch die Blicke derjenigen, die mit ihr den Sarg begleiteten, beredt genug waren. Margrit achtete dessen nicht.
Wollte sie ihre verfügbaren Mittel nicht allzusehr strapazieren, durfte sie nur einen bescheidenen Leichenschmaus ausrichten; die wenigen Gäste gingen bald. Margrit saß nachdenklich am Küchentisch, dem nun leeren Platz ihres Vaters gegenüber: dank Rudolfs großzügiger Entlohnung hatte sie eine Summe ansparen können, die es ihr erlauben würde, das Kind auszutragen, ohne auf Lohn ausgehen zu müssen, aber dann? Ihr Vater hatte sein Leben lang um kärgliche Bezahlung unterrichten müssen, wozu noch Brennholz für den Winter und einige Scheffel Korn im Monat gekommen waren; er hatte ihr demnach nur das Haus samt kleinem Garten vermachen können. Wenn sie das Haus verkaufte und günstig zur Miete wohnte, dann wäre es ihr wohl möglich, das Kind noch ein, zwei Jahre selbst zu versorgen, bevor sie sich wieder eine Arbeit suchen musste, denn Rudolf um Unterstützung zu bitten kam für sie keinesfalls in Frage.
*
Ende September wurde sie eines gesunden Jungen entbunden, der in der Taufe den Namen Joseph erhielt. Die Hebamme des Dorfes, bei der sie nach dem Verkauf ihres Hauses untergekommen war, hatte sie bei der Geburt unterstützt; einer mittlerweile alt und stumpf gewordenen Frau, der aber der schlechte Ruf Margrits im Ort nichts auszumachen schien und die ihr ein Zimmerchen in der oberen Etage ihrer Kate um billiges Geld eingeräumt hatte. Margrit war es zufrieden gewesen. Der Verkauf des väterlichen Hauses hatte ihr weniger eingebracht, als sie erwartet hatte: man wusste um ihre Notlage und hatte diese schamlos ausgenutzt; als uneheliche Mutter war sie ihrer Reputation ohnehin verlustig gegangen, sie ertrug es still. Nur, dass sie jetzt gezwungen sein würde, früher auf Tagelohn auszugehen, als ihr lieb war, bedrückte sie; sie würde ihren Joseph bei der Alten lassen müssen, kaum dass er den Windeln entwachsen sein würde, und wer ihr Arbeit geben sollte, wusste sie auch noch nicht. »Fragt doch beim Gutsherrn nach«, meinte die Alte, »dort habt Ihr doch schon einmal Euer Brot gefunden.« Margrit zuckte bloß mit den Schultern, schwieg; ihre Gründe gingen keinen etwas an, dachte sie. - Es war schließlich einer der reicheren Bauern des Dorfes, der sie zur Stallmagd annahm und ihr wöchentlich einen zwar lächerlich geringen Lohn zahlte, welcher aber doch hinreichend war, der Alten den Mietzins zu zahlen und sich und ihrem Jungen die notwendige Nahrung zu verschaffen.
So ging es ein paar Jahre. Joseph wuchs zu einem kräftigen und fröhlichen Knaben heran und war der Abgott seiner Mutter, denn sie hatte ja niemanden mehr, als ihn, den sie umsorgen konnte. Gedrückt von ihrem ärmlichen und trostlosen Leben, waren Josephs Fortschritte ihre einzige Freude, und sie wusste sich nicht genug großzutun mit ihm, wenn sie mit den Müttern anderer Knaben sprach, mit welchen Joseph spielte. Man sah ihr dies um der Freundlichkeit ihres Wesens nach, mied aber trotzdem jeden näheren Umgang mit ihr, die sie dieses Kind vom Gutsherrn empfangen hatte, wie man allgemein wusste und wie mit jedem weiteren Tag an Joseph sichtbarer wurde.
Sie lebte fast ganz von dem Ruf ihres Kindes. Tagtäglich erzählte sie eine der Klugreden, die der kleine Joseph getan, und wie gescheit sie dem Jungen die Zunge lösen könne, und dann setzte sie immer gern hinzu: ja, wenn wir nur schon zwanzig Jahre älter wären, da wird man im ganzen Land davon reden, was mein Joseph ist! - Es war am selben Tag in der Nachbarschaft ein Kind gestorben und ein Kind zur Welt gekommen, und der kleine Joseph sagte: »Nicht wahr, wenn man geboren wird, da schläft man im Himmel ein und wacht auf der Erde auf, und wenn man stirbt, da schläft man auf der Erde ein und wacht im Himmel auf?«
Wenn die meisten der anderen ihr auch mehr oder weniger gleichgültig gegenüberstanden, so gab es doch vereinzelt auch Menschen, die ihr freundlicher gesonnen waren, da ihr Schicksal sie dauerte; zu diesen gehörte der Bauer, bei dem sie arbeitete und dessen Zuwendung sie ob ihres tüchtigen Zupackens gewonnen hatte, so dass er ihr von Zeit zu Zeit etwas über ihren Lohn hinaus zusteckte, ein Stück Butter etwa, oder eine derbe Schnitte Schinken, wofür sich Margrit stets dankbar erwies. Doch auch den Dorfpfarrer erbarmte ihre Armut und ihr reines, gottesfürchtiges Wesen; mit Fleiß besuchte Margrit jeden Sonntag die Messe und leitete auch den Joseph zum Besuch des Gottesdienstes an. Zwar hatte sie gefehlt, sicher, doch in der Ohrenbeichte, die er Margrit abgenommen hatte, waren ihm auch die genaueren Umstände dessen bekannt geworden, und er bedauerte zuweilen, dass er seiner priesterlichen Schweigepflicht unterlag und also kein klärendes Wort über sie in die Gemeinde streuen durfte. Seine milde Haltung Margrit gegenüber stieß wiederum anderen Dorfbewohnern übel auf; so musste er einmal mit anhören, wie ein Weib in seiner Gegenwart sich nicht enthalten konnte, sich darob zu beklagen: »Warum gibt's denn keine Menschen mehr, die so ein nichtsnutziges Wesen mitsamt ihrem Kind aus der Welt schaffen? So sind die Pfarrer, so sind sie jetzt, die Faulenzer, die Schwarzröcke; es ist keine Gottesfurcht mehr, die Pfarrer selber wollen, dass Schlechtigkeit und Verführung noch mit Gutem belohnt werden. Mit dem Strohkranz sollte sie vor der Kirche stehen und Buße tun!« Er hatte der Frau ihr Gekeife ernstlich und eindringlich verwiesen und sie an die christliche Barmherzigkeit gemahnt; mürrisch hatte sie sich entfernt.
Rudolf aber ließ sich kaum noch in seiner Kirche blicken, höchstens an den hohen Feiertagen sah man ihn in seinem Geschlechterstuhl sitzen, und dem Pfarrer schien der Grund dafür mehr als begreiflich: sein schlechtes Gewissen beim Anblick Margrits und ihres Kindes. Der kleine Joseph aber, man sollte es nicht glauben, dass er vor wenigen Wochen erst sechs Jahre alt geworden war; man schätzte ihn leicht um einiges älter. Derb und mächtig an Gliedern, ein wilder blonder Krauskopf, Erbteil des Vaters, zu dem sich aber die dunklen Augen mit breiten Brauen - es waren die Augen der Mutter - seltsam ausnahmen. Dieser Bursche aber ließ sich nun nicht mehr so leicht zähmen; die Abenteuerlust erwachte in ihm; kaum dass er noch der alten Hebamme gehorchte, die für ihn Sorge trug während der Zeit, da Margrit sich als Stallmagd bei dem Bauern verdingen musste. Weiß der Himmel, wer ihm den Floh ins Ohr gesetzt hatte und aus welchem Grund: dass er der Sohn des reichen und mächtigen Gutsherrn sei und gewiss einmal all dessen Reichtum erben würde; genug, eines Tages im August, als warm die Sonne vom Himmel herab auf die liebe Erde schien und die Alte, die auf ihn Acht haben sollte, eben auf der Bank vor ihrer Tür ein wenig eingenickt war, kam dem Jungen plötzlich die Idee, dass er seinen künftigen Besitz doch einmal inspizieren müsse. Er wusste wohl, dass das Kornfeld hinter dem Dorfe seines Vaters war, dort wollte er hingehen und nach dem Rechten sehen. Ordentlich wichtig und bedeutend kam er sich vor, als er so die leere Dorfstraße entlangging und bald das Feld erreicht hatte: eine einzige unübersehbare Fläche reifer Ähren lag vor ihm in der Mittagssonne, sanft von einem leichten Wind bewegt, eine Überfülle goldenen Segens. - Der Bub trat an den Rand des Feldes, riss eine ihm besonders groß und schön erscheinende Ähre ab, streifte die Körner heraus, steckte sie sich in den Mund, kaute: das schmeckte gut! Er ging ein wenig weiter in das Feld hinein, sich die besten Ähren auszusuchen, rupfte sie ab, aß. Die Halme überragten ihn um Haupteslänge, er musste sie zu sich herunterbeugen, wollte er an die Körner kommen. Ein paar Schritte vor sich sah er etwas Rotes im Korn leuchten, neugierig ging er darauf zu, die störenden Halme beiseiteschiebend: es war roter Klatschmohn, der zwischen dem Getreide wuchs, der war schön! »Ich werde Mutter einen Strauß pflücken«, dachte er bei sich, »da wird sie sich freuen.« So spähte er umher, und wo immer er etwas rot Leuchtendes entdeckte, ging er hin, um die Blumen zu pflücken, bis er einen ordentlichen Strauß beisammen hatte. Die Wärme des Tages, der Geruch des Feldes, das Summen der emsigen Insekten, der Anblick der unzähligen wiegenden Halme um ihn her ermüdeten ihn; er wollte schon umkehren, da sah er auf einmal vor sich etwas über den Boden huschen: eine kleine graubraune Maus! »Dich fange ich, du sollst mein Haustier werden«, beschloss er; um ihrer habhaft zu werden brauchte er beide Hände, der kleine Kerl legte also den Strauß ab; er würde ihn später wieder holen, wenn er die Maus gefangen hätte. Vorsichtig folgte er der Richtung, in die sie gelaufen war; da, da war sie wieder, und sie sah ihn mit ihren klaren Äuglein an, als wenn sie sagen wollte: »Fang mich, wenn du kannst!« Er fühlte sich herausgefordert, sein Jagdinstinkt war geweckt, und er schlich hinter dem Tierchen her in dem Versuch, ihm so nahe zu kommen, dass er es mit einem beherzten Sprung würde erwischen können. Doch die Maus war nicht dumm, sie schien zu ahnen, was er vorhatte und hielt einen ausreichenden Abstand, lief allerdings auch nicht allzu weit weg von ihm, wie wenn sie in sein Spiel einwilligte: »Versuche es doch, mich zu fangen, es wird dir nicht gelingen!« Joseph fühlte sich herausgefordert, nie aber ließ das Tier ihn nahe genug an sich herankommen, dass er es hätte erwischen können; er wurde ärgerlich, schließlich steigerte sich sein Ärger bis zur Wut, und als er endlich mit einem verzweifelten Sprung versuchte, sich auf sie zu werfen, verschwand die Maus blitzschnell zwischen den Halmen, wie wenn sie des Spiels überdrüssig geworden wäre; Joseph heulte vor Enttäuschung, im Korn liegend. Alle Spannung war aus ihm gewichen: ein enttäuschter kleiner Junge, der nun erst fühlte, wie durstig und müde er eigentlich war. Verwirrend wankten die Halme vor seinen Augen, betäubend das Gesumm der Insekten um ihn, erstickend die Luft, die er japsend einsog, niederdrückend die Wärme, die ihn an den Boden fesselte. »Schlafen«, dachte er, »nur einen Augenblick schlafen, dann will ich zurückgehen.«
Als Joseph einige Stunden später erwachte, war es bereits Nacht; er begriff zunächst gar nicht, wo er sich befand, dann aber fiel es ihm bei. »Nach Hause, ich muss nach Hause, Mutter macht sich Sorgen«, dachte er, doch im selben Moment schlug eine gräßliche Furcht ihre scharfen Krallen in sein kleines Herz, dass er aufsprang und losrannte, irgendwohin, schreiend vor panischer Angst, denn er konnte nichts wahrnehmen als ein unabsehbares Meer von Halmen, welche ihm ins Gesicht schlugen und, zusätzlich zur herrschenden tiefen Dunkelheit, jeglicher Orientierung benahmen.
- Margrit hatte mit der Alten geschimpft, als sie von ihrer Arbeit zurückkam und diese ihr nicht sagen konnte, wo ihr Junge sei, war aber zunächst nicht besonders beunruhigt. Er würde irgendwo mit den anderen Jungen spielen, dachte sie, und bis zum Abendessen war noch eine Stunde Zeit, dann würde er schon heimkommen.
Als Joseph nicht zum Abendessen erschien, wurde sie unruhig und beschloss, im Dorf nach ihm Ausschau zu halten. Tatsächlich sah sie im nahen Feld eine Gruppe spielender Kinder, sie trat hinzu, ihr Sohn war nicht dazwischen. »Habt ihr den Joseph gesehen? War er bei euch?« Die Kinder verneinten. Ob sie ihn denn heute schon gesehen hätten? Kopfschütteln der Kinder, Margrit dankte und ging weiter. Doch wo sie auch Ausschau hielt, sie konnte keine Spur von ihrem Jungen entdecken; wen sie auch fragte, niemand wusste etwas. Es dämmerte bereits stark, bald würde es dunkel sein; Margrit ging zurück, ihr banges Herz hoffte, dass er inzwischen nach Hause gekommen war, sie würde tüchtig mit ihm schimpfen müssen.
Die Alte stand an der Haustür und blickte ihr entgegen. »Ist er da?«, rief sie schon von weitem. »Nein«, erscholl die Antwort, »habt Ihr ihn denn nicht bei Euch?« Jetzt bekam Margrit es mit der Angst zu tun: wo war ihr Junge? Sie brauchte Hilfe!
Die alarmierten Männer suchten das Dorf und die nähere Umgebung ab - nichts. Der Dorfteich wurde mit langen Stangen abgesucht - nichts. Da es inzwischen stockfinster geworden war, wurde die Suche abgebrochen. Auch am nächsten Tag - nichts. Margrit raste vor Verzweiflung, weinte, schrie nach ihrem Sohn, niemand konnte sie beruhigen. Man wollte den Gutsherrn informieren, doch der war für einige Tage in die Stadt geritten, eines Prozesses wegen, zu dem er als Geschworener bestellt war. Während der Zeit seiner Abwesenheit gab es weitere fieberhafte Bemühungen, Joseph zu finden; man hatte in die Nachbardörfer geschickt, ob er dort aufgetaucht sei oder jemand etwas wüsste? Vergeblich, und so machte sich schon bald Ratlosigkeit breit: wo sollte man noch suchen? Margrit war verzweifelt, ihr Schmerz unbeschreiblich, sie schrie nach ihrem Jungen und erhielt doch keine Antwort. Niemand konnte sich sein Verschwinden erklären, Gerüchte tauchten auf, er sei von vorbeiziehenden Zigeunern entführt worden und was dergleichen Unsinn mehr war. Auch manch böses Wort war darunter: schade, dass es den Knaben getroffen habe und nicht Margrit selbst... Genug, man erhoffte die Rückkehr Rudolfs, vielleicht wüsste er noch Rat.
Der erfuhr von der Tragödie, die sich gerade in seinem Dorf abspielte, zunächst nichts. Wohl aber sah er sich einer anderen Tragödie ausgesetzt, in der er in der Rolle eines Geschworenen agierte: Es gehörte zu seinen Pflichten, vierteljährlich an einem Gerichtstag in der Stadt teilzunehmen und über die dort verhandelten Fälle mit zu befinden, so auch heute. Kleinere Delikte, wie sie zur Gerichtsroutine gehörten, Diebstähle etwa oder Streitigkeiten um Kaufverträge, waren rasch abgetan, die Urteile nach hergebrachtem Recht verkündet und einhellig von den Geschworenen bestätigt, doch der letzte Fall, der heute zu verhandeln gewesen war, war ungewöhnlich genug: Es ging um den Fall einer Kindsmörderin, die angeklagt war, ihr Kind aus niederen Beweggründen erstickt zu haben. Rudolf war der Verhandlung mit höchstem Interesse gefolgt. Die vor ihm sitzende junge Frau, welche die ihr vorgeworfene Tat ohne weiteres gestanden hatte, hatte dem Gericht unter Tränen berichtet, wie es dazu gekommen war: Sie sei die Tochter eines verarmten Kleinbauern; der Sohn eines der reichsten Bauern in ihrem Dorf hatte ihr schon seit längerem Avancen gemacht, ihr auch hoch und heilig versprochen, sie zu seiner Ehefrau zu nehmen, und da auch sie an ihm Gefallen gefunden, habe sie in einem schwachen Moment seinem Drängen nachgegeben und ihm ihre Gunst geschenkt in der Erwartung, dass er sie bald vor den Altar führen würde. Nun, da sie von ihm schwanger geworden sei, habe er plötzlich von seinem Versprechen nichts mehr wissen wollen, ihr Vater habe sie aus seinem Hause verstoßen, als ein gefallenes Mädchen habe sie nirgendwo Arbeit und Unterschlupf finden können, und so habe sie in ihrem Elend keinen anderen Ausweg mehr gesehen, als ihr Kind des Nachts mit einem Kissen zu ersticken; sie hätte es sonst schier verhungern lassen müssen, da ihre Brust kaum mehr Milch habe geben wollen, es zu tränken! - Rudolf war es während ihrer Aussage heiß und kalt den Rücken hinuntergelaufen, das Elend dieser jungen Frau fiel wie ein Feuer in seine Brust, kaum dass er sich der anklagenden Stimme seines unreinen Gewissens erwehren konnte. Als sie sich zur Beratung des Urteils zurückzogen, suchte Rudolf die übrigen Geschworenen zu einem möglichst milden Urteil zu stimmen, hielt ihnen vor, dass die Schuld doch vielmehr bei dem Sohn des reichen Bauern läge, der dieses Mädchen durch sein falsches Versprechen erst in diese Lage gebracht habe; man blickte ihn verwundert an, gab's ihm auch zu, doch Kindsmord bleibe Kindsmord und stelle eines der ärgsten Verbrechen dar, dessen man sich schuldig machen könne; es wurde auf Tod durch Enthauptung erkannt. Als die Richter der Frau das Urteil verkündet hatten und eben abgehen wollten, glitt die junge Verbrecherin von ihrer Bank herunter auf die Knie, streckte den Richtern flehend die Arme entgegen und schrie: »Ach, meine Herren, haben Sie doch Barmherzigkeit mit mir!« Umsonst, der Büttel riss sie roh empor, sie wurde abgeführt. Rudolf ertrug's nicht, es war ihm, als sei sie es, Margrit, die dort hinweggezerrt würde; auch sie hätte, und durch ihn, dort auf der Anklagebank sitzen können! Eiligen Schrittes verließ er den Saal, bis ins Innerste aufgewühlt.
Am nächsten Tag ritt er nach Hause, ließ seine braune Stute aber lediglich im Schritt gehen. Er hatte noch eine Flinte, welche er beim Büchsenmacher der Stadt gehabt, abgeholt, diese hing über seiner Schulter; Rudolf war in tiefes Nachdenken versunken. An einer Weggabelung hielt er das Tier an: Der Weg zur rechten war zwar der direkte, doch führte er ihn durch das Dorf und an dem Häuschen vorbei, worin sie und der Junge wohnten. Er hatte diesen Weg seitdem immer gemieden, um dort nicht vorbei zu müssen, es war ihm wie ein steter Vorwurf gewesen, dem er sich, wie ihm jetzt bewusst wurde, feige entzogen hatte dadurch, dass er stets den anderen Weg genommen, was zwar einen großen Umweg bedeutete, aber den Vorteil hatte, weit am Dorf vorbeizuführen. Heute würde er die kürzere Strecke nehmen.
Um die Mittagszeit hatte er das Dorf fast erreicht; von dem kleinen Hügel aus, den er eben überquerte, konnte er sein größtes Kornfeld, das unmittelbar am Dorfrand lag, überblicken: eine beinahe unabsehbar weite Fläche, die golden in der Mittagssonne glänzte und ihren Duft bis hierher zu schicken schien. Rudolf huschte ein Lächeln übers Gesicht: In diesem Jahr würde es eine reiche Ernte von bester Qualität geben, die ihm die Scheuern füllen und seinen Wohlstand mehren würde. - An seinem prachtvollen Kornfeld angekommen, ließ er das Pferd halten, stieg ab, band es an einen Baum, trat hinzu, riss ein Büschel Ähren aus, rieb die Körner aus den Spelzen, überschlug den Wert der Ernte; beschloss, dass es nun bald geschnitten werden sollte, bevor das Wetter umschlüge.
Er wollte sich eben wieder auf seine Stute schwingen, als etwas Merkwürdiges seinen Blick gefangen nahm: Zwei Raben, etwa hundert