Laura Markham
Gelassene Eltern – zufriedene Kinder
Die Originalausgabe erschien 2018 unter dem Titel: Peaceful Parent, HAPPY KIDS Workbook bei PESI Publishing & Media; PESI, Inc., 3839 White Ave; Eau Claire, WI 54703, USA.
Deutsche Erstausgabe
1. Auflage 2020
Copyright der deutschen Ausgabe © 2020 Arbor Verlag GmbH, Freiburg
Copyright der Originalausgabe © 2018 by Dr. Laura Markham
Lektorat: Georg Grässlin
Titelfoto: ©ASIFE / photocase.de
Umschlaggestaltung und Satz: mediengenossen.de
E-Book-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheim, www.brocom.de
Alle Rechte vorbehalten
E-Book 2020
www.arbor-verlag.de
ISBN E-Book: 978-3-86781-321-1
Es gibt keine Einzelanstrengung mit
radikalerem Potenzial für die Rettung der Welt,
als eine Transformation der Art und Weise,
wie wir unsere Kinder aufziehen.
MARIANNE WILLIAMSON
Bestsellerautorin
INHALT
Einführung: Was bedeutet »gelassene Elternschaft?«
Wie Sie das Beste aus diesem Buch herausholen
Erste Schritte
TEIL 1: WIE SIE SICH SELBST REGULIEREN
Wo liegt die Ausgangsbasis Ihrer emotionalen Reaktivität?
Emotionen verstehen
Selbstregulation im Augenblick
Arbeit an großen Gefühlen
Den Kreislauf durchbrechen: Sich selbst heilen
Achtsamkeit: Ihr transformierendes Elternwerkzeug
Vorbeugende Maßnahmen: Selbstfürsorge
TEIL 2: VERBUNDENHEIT IST DAS GEHEIMNIS GLÜCKLICHER ELTERNSCHAFT
Was ist Verbundenheit?
Empathie
Spiel und Lachen
Wunschzeit
Während der Alltagsroutine günstige Gelegenheiten für Verbindung finden
Das emotionale Bankkonto Ihres Kindes
Reparaturen
TEIL 3: COACHING STATT KONTROLLE
Weshalb Coaching Kinder dabei unterstützt, ihr bestes Selbst zu sein
Was versteht man unter kontrollierender Erziehung?
Wie sieht Ihr Erziehungsstil aus?
Helfen Sie Ihrem Kind im Umgang mit Emotionen
Jenseits von Disziplin: Liebevolle Begleitung
Alles zusammensetzen
Nachwort
Danksagungen
Literaturhinweise
Über die Autorin
Wichtiger Hinweis
Die Ratschläge und Übungen in diesem Buch sind von der Autorin sowie dem Verlag sorgfältig geprüft worden. Dennoch kann eine Garantie nicht übernommen werden. Bei Beschwerden sollten Sie auf jeden Fall eine Ärztin, einen Psychotherapeuten, eine Psychologin oder einen Heilpraktiker Ihres Vertrauens zu Rate ziehen. Eine Haftung der Autorin oder des Verlages für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist ausgeschlossen.
Im Bemühen um einen Beitrag zu achtsamer Gendergerechtigkeit wechseln generisches Femininum und generisches Maskulinum im folgenden Text stets ab, stets beginnend mit dem generischen Femininum. Ist dies sprachlich nicht möglich, wird ein Femininum, eine Dopplung oder ein Binnen-I verwendet. Ist nicht inhaltlich explizit auf eine Geschlechtsidentität hingewiesen, stehen beide Formen stets für Personen beliebiger Geschlechtsidentität.
EINFÜHRUNG
Was bedeutet »gelassene Elternschaft?«
Kinder ins Leben zu begleiten, wird eine Ihrer segensreichsten Aufgaben sein. Und zugleich ist es zum Verzweifeln stressig und strapaziös. So fordernd die Elternschaft und so kindlich das Benehmen der Kinder ist, wie soll man das bitte schön »gelassen« angehen?
Gelassene Elternschaft heißt nicht, dass Sie sich ständig glückselig fühlen oder über die chaotische Realität des Lebens mit Kindern erhaben sind. Gelassene Elternschaft bedeutet einfach, die eigenen Emotionen zu regulieren, damit Sie sie nicht an Ihren Kindern auslassen. Genauso wie Ärztinnen nach dem hippokratischen Eid geloben, »erstens, dem Kranken nicht zu schaden«, verpflichten sich gelassene Eltern dazu, die Verantwortung für die eigenen Emotionen zu übernehmen, damit sie ihren Kindern keinen Schaden zufügen.
Natürlich bekommen die meisten Patientinnen oder Patienten keinen Tobsuchtsanfall oder provozieren anderweitig ihre Ärztinnen. Eltern dagegen können sich darauf verlassen, dass die Kinder jeden ihrer neuralgischen Punkte treffen werden. Aber wenn wir unabhängig vom Verhalten des Kindes mit unseren eigenen Emotionen fertigwerden, befreit uns das dazu, auf seine Bedürfnisse einzugehen und ihm die liebevolle Führung angedeihen zu lassen, die jedem Kind jederzeit hilft. Kinder, die liebevoll begleitet werden, lernen nun ihrerseits zu lieben und sich selbst zu regulieren. So entwickeln sie einen inneren Kompass, der sie schützt und dabei unterstützt, Entscheidungen im Einklang mit den eigenen inneren Überzeugungen zu treffen. Sie lernen Kommunikationsfähigkeiten, wie sie Konflikte mit anderen beilegen und entwickeln die für lebenslanges Gedeihen nötigen Werkzeuge.
Jedes Kind ist anders, aber in der Forschung ist man sich grundsätzlich darüber einig, was Kinder benötigen, um gesund, glücklich und verantwortungsbewusst zu werden und sich zu ebensolchen Erwachsenen zu entwickeln. Und perfekte Eltern brauchen sie dazu nicht. Vielmehr kommt es auf die liebevolle Beziehung zwischen Eltern und Kindern an. Die Eltern sollen sich an ihnen freuen und ihnen vorleben, wie man bei Schwierigkeiten Beziehungen repariert. Kinder brauchen Eltern, die das Kind in seiner Individualität schätzen, es mit emotionaler Großzügigkeit anleiten und hin zu seinem oder ihrem besten Selbst coachen.
Damit Sie Eltern werden, die Kinder auf diese Weise ins Leben begleiten, unterstütze ich Sie hier Schritt für Schritt. Unser Leitrahmen besteht aus drei Hauptprinzipien. Bedeutende Gedanken, aber einfach und umsetzbar – für alle Eltern.
1. PRINZIP
Unsere erste Pflicht als Eltern ist die Selbstregulation
Niemand ist immerzu gelassen. Spannungen gehören zu jeder menschlichen Beziehung und Eltern ärgern sich eben manchmal über ihre Kinder. Aber sobald wir zulassen, dass Ärger und Furcht unseren Denkapparat in Beschlag nehmen, geraten wir in den »Kampf-Flucht-Starre-Modus« und unser Kind ähnelt immer mehr dem Feind. In jenen Augenblicken können wir nicht mit den Augen unseres Kindes sehen. Dann wollen wir unsere Kinder nicht länger einfühlsam begleiten und in ihrer gesunden Entwicklung fördern, sondern nur noch die Schlacht gewinnen. Wir fallen mit Drohungen und Strafen über sie her.
Wenn wir uns hingegen in gelassener Elternschaft üben:
• übernehmen wir die Verantwortung dafür, die eigenen Emotionen wahrzunehmen und zu regulieren. Das heißt, wir registrieren, akzeptieren und erlauben uns, den Ärger zu fühlen sowie auch alle anderen Emotionen – widerstehen aber den von ihnen ausgehenden Handlungsimpulsen. Anders ausgedrückt: Wir lassen unsere Verstimmung nicht an unserem Kind aus.
• übernehmen wir die Verantwortung dafür, unser Kind auf heilsame Weise zu begleiten. Das heißt, wo nötig, setzen wir Grenzen, um das Verhalten unseres Kindes zu lenken, bleiben dabei aber mit ihm verbunden – wir bieten dem Kind im Umgang mit den Emotionen und Bedürfnissen, die sein Verhalten steuern, Verständnis und Hilfe an.
• akzeptieren wir die »großen« Emotionen unseres Kindes genauso mitfühlend wie unsere eigenen. Somit ermöglichen wir auch den Kindern ihre Emotionen zu akzeptieren, der erste Schritt hin zur Selbstregulation.
• übernehmen wir die Verantwortung für unsere Selbstfürsorge. Somit können wir unserem Kind die emotionale Großzügigkeit und Liebe schenken, die es braucht.
Wenn Sie gelassene Elternschaft leben, handeln Sie als Vorbild für Ihr Kind, indem Sie ihm zeigen, wie man Emotionen reguliert und Konflikte mit gegenseitigem Respekt austrägt. So können Sie auf jegliches das Benehmen Ihres Kindes antreibende Bedürfnis eingehen – und als Folge verändert sich sein Verhalten.
PRINZIP
Am dringendsten brauchen Kinder Verbindung zu den Eltern
Mit Kindern zu wachsen besteht nicht aus einer Reihe von Strategien. Vielmehr geht es hier um Beziehung. Wenn Sie Ihr Kind über alles lieben und sich an ihm freuen, erlebt sich Ihr Kind für sein Sosein wertgeschätzt. Diese Verbundenheit erlaubt Ihnen, die Perspektive Ihres Kindes einzunehmen, damit Sie feinfühlig auf es eingehen können: einer der wichtigsten Faktoren für die emotionale Gesundheit eines kleinen Kindes.1
Kinder gedeihen, wenn sie sich verbunden fühlen. Dann vertrauen sie darauf, verstanden, geliebt und beschützt zu werden. Erleben sich Kinder als von uns getrennt, dann fühlen sie sich nicht sicher. Das heißt, sie können nicht gut denken und ebenso wenig ihre Emotionen regulieren.2
Wenn Kinder sich nicht sicher fühlen, tun sie etwas, von dem sie glauben, dass sie sich danach besser fühlen. Manchmal ist das etwas Positives, beispielsweise, wenn sie sich von uns eine Umarmung holen. Aber oft tun Kinder etwas, das ihnen nicht so zuträglich ist. Sie piesacken etwa ihre Geschwister oder schlagen wütend um sich, weil sie sich dann stark vorkommen. Oder sie betteln weinerlich um Süßigkeiten oder Medienzeit vor Fernseher oder Computer, in der Hoffnung, damit ihren Schmerz zu betäuben. Eventuell brechen sie bewusst eine Regel und schauen uns dabei in die Augen, weil sie so zumindest unserer negativen Aufmerksamkeit sicher sind. Natürlich fühlt sich unser Kind letztlich meist erst recht von uns getrennt, wenn es in jenen schwierigen Momenten unsere negative Aufmerksamkeit zu spüren bekommt.
Im Gegensatz dazu öffnen sich die Kinder für unseren Einfluss, sobald sie sich mit uns verbunden fühlen, und kooperieren dann viel eher. Aber egal wie sehr wir uns als Eltern bemühen, in Verbindung zu bleiben, das Leben kommt uns dazwischen und manchmal fühlen sich Kinder einfach von uns abgeschnitten. Vielleicht ist das Kind hochsensibel, weswegen es durch starke Emotionen leicht überwältigt wird, was wiederum dazu führt, dass es sich von uns abkoppelt. Oder unser Kind geht zur Schule oder in die Kindertagesstätte und verbringt somit den Großteil des Tages ohne Kontakt zu uns. Vielleicht bleibt es zwar zu Hause, aber der Alltag ist enorm kompliziert: Wir sind mit dem Baby beschäftigt, telefonieren mit der Ärztin, sind von Computer und sozialen Medien gefangen genommen, ringen mit eigener Krankheit, Erschöpfung oder den Finanzen. Vielleicht bleiben wir sogar meistens geduldig, aber weil wir eben nicht perfekt sind, reagieren wir dann doch manchmal lauter. Unverbundenheit gehört zum Leben dazu; mögen wir noch so achtsam sein. Um also unsere Kinder kompetent ins Leben zu begleiten, müssen wir die Verbindung zu ihnen ständig erneuern.3
Wenn es für Sie neu ist, Verbundenheit an die erste Stelle zu setzen, denken Sie wahrscheinlich, dass es gleichbedeutend damit ist, die Bedürfnisse Ihres Kindes zu erfüllen, damit es glücklicher und kooperativer wird. Und damit haben Sie natürlich recht – deshalb ist Verbundenheit neben der Selbstregulation das wichtigste Elternwerkzeug überhaupt. Aber bald werden Sie merken, dass diese gemeinsam mit Ihrem Kind geschaffene, liebevollere stärkere Beziehung, auch Ihnen selbst zugutekommt. Es sind sogar genau diese wunderbaren, Ihr Herz zum Schmelzen bringenden Momente, die all die Opfer wettmachen, die Sie als Eltern beim Wachsen mit Kindern bringen.
GEDANKE
Emotions-Coaching ist die wirksamste Strategie für gute Disziplin
Welche Methode der Disziplin eignet sich dazu, wunderbare Kinder zu haben? Wenn wir »Disziplin« hören, denken wir normalerweise an Strafe, aber die ursprüngliche Bedeutung des Wortes »Disziplin« bedeutete »zu lernen« oder »angeleitet zu werden«. Also formulieren wir die Frage neu: Welche Art des Anleitens bringt wunderbare Kinder hervor?
Forschungsergebnisse4 zeigen, dass achtsame Kommunikation Kindern dabei hilft, emotionale Intelligenz zu entwickeln, sodass sie ihre Emotionen und somit auch ihr Verhalten regulieren lernen.5 Bei achtsamer Kommunikation wird dem Verhalten der Kinder wenn nötig eine klare Grenze gesetzt, die Hand in Hand mit Verständnis für das Kind einhergeht. So entwickeln sich Kinder, die sich mit ihrem Sosein selbst wohlfühlen und offener für Einsichten sind. Es entsteht ein positiver Kreislauf. Mit der Zeit verinnerlicht das Kind die Grenze und entwickelt so Selbstdisziplin. (Im dritten Teil erfahren Sie mehr über die Entwicklung von Selbstdisziplin bei Kindern.). Diese Art der Kommunikation ist dann am wirksamsten, wenn sie von jemandem ausgeht, den das Kind liebt und dem es vertraut, jemand, von dem das Kind weiß, dass sie oder er im besten Interesse des Kindes handelt, jemand, dem das Kind gerne »folgt«. Dabei sollte klar sein, dass Strafen tabu sind, denn sonst würde sich das Kind verraten fühlen und das Vertrauen in den Erwachsenen verlieren. Stattdessen hilft die wirksamste Begleitung dabei, die Ursachen für das Fehlverhalten des Kindes zu heilen und coacht das Kind, damit es neue Fähigkeiten zur Kommunikation und Selbstregulation entwickelt, um sein bestes Selbst zu werden.
Hätten Sie lieber eine Chefin, die Sie durch Strafen anleitet oder mithilfe von Empathie? Angesichts der offensichtlichen Antwort und der Untersuchungen, die diesen Erziehungsstil6 stützen, fragen Sie sich wahrscheinlich, weshalb die meisten Ratschläge an Eltern lauten, man solle Kinder mithilfe von Belohnungen oder Strafen motivieren, damit sie den Anweisungen der Eltern folgen. Diese vertrauten Vorstellungen prägen seit Generationen unsere Meinung über Kinder und die meisten Eltern wenden automatisch dieselben Strategien an, mit denen auch sie aufgewachsen sind. Zwar sind wir nicht mehr so straffreudig wie früher, aber den Stand der Forschung haben wir noch längst nicht eingeholt. Tausende von Studien über Erziehung laufen auf Folgendes hinaus: das Coachen von Kindern zur Förderung der Entwicklung emotionaler Intelligenz und Selbstdisziplin ist die beste Wahl, um glücklichere und verantwortungsbewusstere Erwachsene hervorzubringen. Strafe führt nur zu weiterem Fehlverhalten7 (falls Sie diesen Gedanken noch nicht kennen, lesen Sie unbedingt Alfie Kohns Buch Liebe und Eigenständigkeit, eine hervorragende Einführung in die Forschung über die Auswirkungen von Bestrafung und Belohnung).
Was nun, wenn Sie als Eltern Fehler gemacht haben?
Sobald Sie mit der Lektüre dieses Buches beginnen, werden Sie mit Ihrem Kind vermutlich geduldiger und empathischer umgehen, was vermutlich sein besseres Benehmen fördert und Ihnen wiederum neues Selbstvertrauen für die Elternrolle schenkt. Aber vielleicht werden Sie auch selbstkritischer. Am Ende fühlen Sie sogar Scham und sind wegen Ihres früheren Erziehungsstils oder sogar wegen Ihres nur wenige Minuten zurückliegenden Handelns beunruhigt. Erkennen Sie jene Gefühle einfach an, danken Sie ihnen für den Hinweis darauf, dass Sie nun bessere Arbeit leisten wollen und lassen Sie sie los, denn ihre Botschaft ist bei Ihnen angekommen. Wenn Sie mehr wissen, werden Sie auch dazu inspiriert, sich an die schwierige Veränderungsarbeit zu machen. Sich dagegen nur selbst zu beschimpfen, hilft gar nicht.
Denn egal, was Sie als Eltern getan haben, es war Ihr Bestmögliches. Das meine ich ernst. Sie sind von den Ihnen verfügbaren Informationen ausgegangen. Dabei wurden Sie von Ihren früheren Erfahrungen beeinflusst und haben auf Ihr damaliges Umfeld reagiert. Eine objektive Beobachterin, die sehen könnte, wie sehr Sie sich angesichts aller Herausforderungen bemüht haben, könnte sogar der Ansicht sein, dass Sie sich heldenhaft geschlagen haben.
Das gilt sogar dann, wenn Sie etwas getan haben, das Sie heute schrecklich finden. Wenn Ihnen klar ist, dass Sie hart daran arbeiten wollen, sich zukünftig anders zu verhalten, dann genügt das. Es fällt uns allen leicht, auf jemanden herabzuschauen, der anders handelt als wir. Aber ich glaube wirklich, wäre ich in Ihrer Haut auf die Welt gekommen, mit Ihren Erbanlagen und Ihrem Familienhintergrund, hätte Ihre Kindheit verlebt und Ihre Erfahrungen gemacht, dann hätte ich ebenso wie Sie gehandelt. Wirklich. Sie haben Ihr Bestmögliches getan. Es wird Zeit, dass Sie sich deswegen nicht länger an den Pranger stellen.
Mit der Aussage, dass keine von uns perfekt ist, entschuldige ich keine Eltern, die ihrem Kind Leid zugefügt haben. Vielmehr weise ich darauf hin, dass man sich nicht wegen des eigenen Tuns schlecht fühlen und gleichzeitig eine positive Motivation für zukünftig besseres Handeln aufbauen kann. (Genauso wie es einem Kind nicht hilft, etwas besser zu machen, wenn man dafür sorgt, dass es sich schlechter fühlt.) Wir alle machen Fehler. Aber wenn Sie Ihre früheren Fehler dafür nützen, sich auf einen zukünftig besseren Weg führen zu lassen, dann ist das eine Lerngelegenheit, kein Fehler.
Das verschont Sie nicht davor, Beziehungen wieder in Ordnung zu bringen, in denen Sie jemanden verletzt haben. Und es bedeutet auch nicht, dass Sie der eigenen inneren Veränderung ausweichen können. Betrachten Sie die Vergangenheit als Motivation dafür, die besten Eltern zu sein, die Sie heute sein können. Zum Glück sind Kinder wunderbar resiliente Wesen! Vielleicht ist es nötig, dass Ihr Kind über die Situationen weint, in denen es sich angesichts Ihres Ärgers verlassen gefühlt hat. Aber egal was zwischen Ihnen und Ihrem Kind vorgefallen ist, welche Fehler Sie gemacht haben, wie mies sich Ihr Kind benimmt, wie mies Sie gehandelt haben – es ist nie zu spät. Sie können jederzeit die Beziehung zu Ihrem Kind in eine glücklichere engere Verbindung umwandeln.
Sie selbst verdienen Ihr ganzes Mitgefühl. Komme, was da wolle. Leisten Sie Wiedergutmachung für die Vergangenheit, indem Sie die Gefühle Ihres Kindes akzeptieren und ihm somit bei ihrer Heilung helfen. Dann haben Sie genug bezahlt; für Selbstquälerei gibt es keine Extrapunkte. Je mehr Sie lernen, umso schneller machen Sie Fortschritte. Deshalb lesen Sie ja dieses Buch.
Wie Sie das Beste aus diesem Buch herausholen
Mit Begeisterung verspreche ich Ihnen Folgendes: Wenn Sie diese Ideen und Übungen ernsthaft ausprobieren, dann werden Sie nach dem Durcharbeiten des Buches ein glücklicheres Familienleben mit weniger Drama und viel mehr Liebe erleben.
Kennen Sie schon Gelassene Eltern – zufriedene Kinder: Wie Sie liebevoll bleiben, statt zu schreien, zu schimpfen oder zu drohen?8 Das Arbeitsbuch in Ihren Händen ist als Ergänzung jenes Titels konzipiert, kann aber auch eigenständig gelesen werden. Es bietet eine Zusammenfassung der in Gelassene Eltern – zufriedene Kinder dargelegten Grundgedanken, schlägt Ihnen jedoch zusätzliche praktische Werkzeuge vor, damit Sie diese Prinzipien in Ihren Familienalltag integrieren können. Zusätzlich gibt es in diesem Buch ausführlichere Informationen darüber, wie Emotionen funktionieren und weshalb Achtsamkeit so wichtig ist. Denn in den fünf Jahren seit Verfassen von Gelassene Eltern – zufriedene Kinder habe ich gelernt, dass diese Kenntnisse Eltern als nützliches Handwerkszeug dienen, den Familienalltag zu verändern. Zur Vertiefung des Gedankenguts hinter der Idee gelassener Elternschaft, einschließlich einer Darstellung, wie man diese jeweils für Kinder unterschiedlichen Alters umsetzen kann, empfehle ich Gelassene Eltern – zufriedene Kinder. Falls Sie es bereits gelesen haben, wird dieses Arbeitsbuch teilweise zusammenfassende Wiederholung sein, aber Sie werden auch feststellen, dass mit dem Praktizieren der Übungen und Praxisanwendungen, die Prinzipien Selbstregulation, Verbundenheit und Coaching in Ihrer Familie richtig zum Leben erwachen.
Zwar werden Sie in diesem Arbeitsbuch dabei unterstützt, mit Ihrer Familie einen neuen Kurs einzuschlagen, aber nur Sie allein können mit Ihrem Kind die entscheidenden Veränderungsschritte gehen. Je intensiver Sie das Buch bearbeiten, umso mehr werden Sie davon profitieren. Am besten, Sie reservieren jeden Tag etwas Zeit dafür. Selbst wenn Sie nur eine Seite lesen, bleibt so das Gedankengut in Ihnen präsent, während Sie sich mit Ihrem Kind beschäftigen. Das bedeutet harte Arbeit und braucht Zeit. Es geschieht nicht durch Zauberei, aber wenn Sie sich ernsthaft darauf einlassen, werden Sie bei Ihrem Kind und sich selbst garantiert Veränderungen bemerken.
Wie Sie sehen werden, wird auf einigen Seiten empfohlen, diese in der Woche der Bearbeitung an Ihren Kühlschrank zu heften, um Sie durch die jeweiligen Übungen zu führen. Im Anschluss können Sie die Blätter in eine für dieses Buch angelegte Mappe oder ein Notizheft stecken. Sie bekommen auch viele Anregungen zum Tagebuchschreiben, die Sie vielleicht dazu inspirieren, mehr zu schreiben, als in die vorgegebenen Zeilen passt, noch ein Grund, zusätzlich ein Notizbuch anzulegen, vielleicht mit Innentasche für lose Blätter, das Ihnen für die Arbeit mit dem Arbeitsbuch eine wertvolle Begleitung sein kann. Wenn Sie mehrere Kinder haben, fällt Ihre Antwort vielleicht für jedes Kind anders aus. In diesem Fall fotokopieren Sie zunächst die entsprechenden Seiten, bevor Sie mit den Eintragungen beginnen, und legen sich zusätzliches Schreibpapier bereit.
Es ist in Ordnung, gezielt diejenigen Kapitel des Buches zu lesen, von denen Sie unmittelbar angesprochen werden, aber Sie sollten wissen, dass alle Ideen ineinandergreifen. Beispielsweise springen viele Eltern sofort zu Teil 3: »Coaching statt Kontrolle«, in der Hoffnung, dort ein Wundermittel zu finden, das ihre Kinder dazu bringt, sich freiwillig gut zu benehmen. Aber nur in Verbundenheit mit Ihnen wird das Kind zu »freiwilliger« Kooperation angeregt. Wenn Sie also Teil 2: »Verbundenheit ist das Geheimnis glücklicher Elternschaft« auslassen, dann fehlt Ihnen am Ende die nützlichste »Disziplinarmaßnahme« überhaupt. Auch wenn Sie direkt zu Teil 3, Kapitel »Helfen Sie Ihrem Kind im Umgang mit Emotionen« übergehen, um es bei diesem Thema zu unterstützen, werden Sie einige wertvolle Hinweise finden. Aber Ihr Kind wird erst lernen, seine Emotionen zu regulieren, wenn es erlebt, wie Sie dasselbe mit Ihren Emotionen tun, was Thema des ersten Teils ist: Selbstregulation. Daher empfehle ich Ihnen, das gesamte Buch querzulesen, damit Sie die Grundprinzipien kennenlernen, egal worin Ihr endgültiges Ziel besteht.
Sie werden merken, dass es zu dem Buch geführte Meditationen gibt, die Ihnen im Online-Center des Arbor-Verlags kostenlos zur Verfügung stehen. Gehen Sie einfach zu www.arbor-online-center.de/zw2xxe und wählen Sie die verschiedenen Materialien per Klick aus. Weitere Ressourcen, die Sie beim Wachsen mit Ihren Kindern unterstützen, finden Sie auf der Seite der Zeitschrift Mit Kindern wachsen auf www.mit-kindern-wachsen.de.
Bitte setzen Sie die Übungen und Anregungen zum Tagebuchschreiben wirklich um. Das erfordert natürlich mehr Arbeit als reines Lesen. Aber die Rückmeldungen von Eltern wie Ihnen, die Probeversionen dieses Buches getestet haben, bestätigten immer wieder, dass die wahre Veränderung erst im Praktizieren der Übungen geschieht. Diese ermöglichen uns durch die Anwendung im eigenen Alltag die Auseinandersetzung mit den Grundideen, sodass wir das Gedankengut in unseren eigenen Familien umsetzen und seinen Nutzen erkennen können.
Was Sie von sich erwarten sollten
Während Sie sich nun auf Ihre eigenen Emotionen einstellen und sich selbst mehr umsorgen, bemerken Sie vielleicht, wie in Ihnen einige alte, verwickelte Emotionen aufsteigen, die geheilt werden »wollen«, da Sie jetzt immer mehr Selbst-Akzeptanz entwickeln. Vielleicht neigen Sie rasch zum Weinen. Keine Sorge, Sie werden damit fertig. Es bedeutet einfach, dass Sie sich an manchen Tagen vielleicht ein wenig dünnhäutig fühlen und dann besonders liebevollen Umgang mit sich selbst benötigen. Indem Sie sich das Fühlen jener Emotionen zugestehen, beginnen diese zu heilen und Sie werden sich häufiger zufriedener fühlen. Wahrscheinlich werden Sie sogar feststellen, dass Sie sich ohne Grund glücklich fühlen. Das signalisiert, dass sich Ihr Wohlbefinden auf eine neue, höhere Basis zubewegt. Freuen Sie sich daran!
Triggerwarnung! Dieses Buch wird Sie zu eingehender Selbsterforschung einladen, angefangen von Ihren Kindheitserlebnissen bis zu Ihrem gegenwärtigen Seelenleben. Das bedeutet vielleicht anstrengende Arbeit, aber es ist der einzige Weg, um die Beziehung zu Ihrem Kind tief gehend zu verändern.
Falls Sie spüren, dass es Sie zu sehr aufwühlt, sich eingehender mit Ihrer Kindheit zu befassen, falls Sie ein Trauma erlitten haben oder das Lesen des Buches Sie sehr aufregt, dann legen Sie es bitte beiseite und suchen vertrauenswürdige psychologische Beratung auf. Eine erfahrene Beraterin wird Sie dabei unterstützen, sich beim Durcharbeiten des Buches verankert und sicher zu fühlen.
Was Sie von Ihrem Kind erwarten können
Als ich gerade mit dem Einüben gelassener Elternschaft anfing, begann meine Tochter wütend zu werden und verlor dann wegen Nichtigkeiten die Fassung und weinte. Zum Glück war ich vorgewarnt, dass allerlei Entladung von Altlasten zu erwarten war. Nach dem Weinen war sie zärtlich und versuchte viel öfter als vorher wirklich hilfsbereit zu sein. Bald hörten die Ausraster auf und sie verhielt sich sehr viel kooperativer und zärtlicher als früher!
ERIKA,
Mutter einer Dreijährigen
Wenn Eltern mit ihren Kindern geduldiger und verständnisvoller umgehen, blühen diese auf. Aber manchmal müssen sie zuvor noch einige alte Unglückstränen und Ängste loswerden. Sie tun das, weil diese Gefühle bislang unterdrückt waren, aber indem Sie Ihren Kindern immer mehr Annahme entgegenbringen, fühlen sie sich sicher genug, um Ihnen ihre Verletzungen aus der Vergangenheit zu zeigen. Diese Verletzungen werden durch Ihr Mitgefühl geheilt. Wenn Sie also mit der Umsetzung dieser Prinzipien beginnen, seien Sie bitte darauf gefasst, dass sich Ihr Kind vielleicht für eine kleine Weile ein wenig schlechter benimmt, bevor es sich in einem viel glücklicheren, kooperativeren Grundzustand einrichtet. Natürlich lesen Sie dieses Buch nicht, damit sich Ihr Kind schlechter benimmt. Doch ich versichere Ihnen, dass dies vorübergeht. Es braucht einfach die Gelegenheit, Ihnen jene alten Verletzungen zu zeigen, damit es heilen und sie hinter sich lassen kann.
Sie können diese Phase abkürzen, indem Sie vor allem für eine gute Verbindung zu Ihrem Kind sorgen und die Situation aus seinem Blickwinkel betrachten.
Setzen Sie weiterhin Grenzen: »Hauen ist nicht okay, egal wie wütend du bist.« Aber erkennen Sie gleichzeitig alle Emotionen an, selbst die unliebsamen und ärgerlichen: »Ich sehe, wie wütend du bist, Madison: Mir tut leid, dass es so schwer ist, … ich bin für dich da.«
Sie werden merken, dass Ihr Kind seinen Ärger umso schneller hinter sich lässt und Ihnen die darunterliegenden Verletzungen zeigt, je mehr es sich aufrichtig gehört und verstanden fühlt. Und sobald es diese Verletzungen offenbart, beginnen diese zu heilen und Sie können die Verwandlung Ihres Kindes vor Ihren Augen beobachten.
Die gute Nachricht ist, dass es für Heilung zwischen Ihnen und Ihrem Kind nie zu spät ist. Zwar wird es umso schwieriger, je älter es ist, denn Kinder entwickeln mit der Zeit einen Gefühlspanzer und gehen zum körperlichen Angriff über, damit Sie ihnen nicht zu nahetreten. Also wird ein Dreijähriger auf diesen neuen Ansatz sehr viel schneller ansprechen als eine Achtjährige. Aber so lange Sie bereitwillig präsent und liebevoll bleiben, wird Ihnen Ihr Kind seine Verletzungen zeigen. Damit beginnt die Wiederherstellung emotionaler Gesundheit.
Die Freude an Ihrem Kind ist vielleicht der wichtigste Faktor
für den Grad seiner Zufriedenheit und Kooperation.
Wie wäre es also damit, möglichst viele Gelegenheiten zu
finden, sich über Ihr Kind zu freuen, am besten noch heute?
Womit Sie bei Ihrer Partnerin, Ihrem Partner rechnen können
Mein Mann verhängte rasch Strafen oder wurde laut, wenn unsere Kleine aus der Reihe tanzte, aber wir sind miteinander im Gespräch über gelassene Elternschaft und er richtet sich nach meinen Hinweisen zu liebevollem Anleiten und Coachen anstatt autoritärem Herumkommandieren – der einzige Erziehungsstil, der ihm vertraut war! Wir lieben die daraus entstehende Verbundenheit innerhalb der Familie und das Gefühl, dass wir jetzt besser miteinander zurechtkommen.
GRACE,
Mutter einer Dreijährigen
Was tun, wenn der Partner nicht mitzieht? Ich versuche viele der Ideen umzusetzen, aber mein Mann ist nicht wirklich bereit, sich mit alternativen Erziehungsstilen auseinanderzusetzen.
CAMILA,
Mutter von einem sechsjährigen und einem achtjährigen Kind
Dieses Buch wird in Ihnen viele Gedanken über das Leben mit Kindern anregen und Ihnen bei der Entwicklung eigener Ideen und Vorgehensweisen helfen. Wenn Sie in einer Partnerschaft leben oder eine Ex-Partnerin oder Ex-Partner haben, mit dem Sie sich das Sorgerecht teilen, werden Sie sich darüber Gedanken machen, wie Sie die Partnerin oder den Partner in diesen Prozess einbinden können.
Die meisten Eltern berichten, dass dieses Arbeitsbuch sowohl die Beziehung zu ihrer Partnerin als auch zu ihrem Kind verbessert. Das liegt an der Allgemeingültigkeit der Prinzipien. Jede will sich verstanden und geachtet fühlen. Allerdings kommt es häufig vor, dass Eltern mit der Anwendung der Prinzipien für gelassene Elternschaft beginnen, um festzustellen, dass ihr Partner mit den neuen Ideen nicht einverstanden ist. Schließlich führen sie ja innerhalb der Familie einen neuen Beziehungsstil ein.
Wie Sie mit Ihrer Partnerin in Erziehungsfragen zusammenarbeiten, sprengt den Rahmen dieses Buches, aber hier folgen meine fünf besten Tipps für Ihre gemeinsamen Diskussionen:
1. Denken Sie daran, dass Sie und Ihr Partner beide das Beste für Ihr Kind wollen. Vielleicht klaffen Ihre Vorstellungen über das »wie« auseinander, aber letztlich wollen Sie dasselbe.
2. Je stärker sich Ihre Partnerin an der Arbeit mit dem Übungsbuch beteiligt, umso besser. Somit können Sie beide die Prinzipien des Buches auch dann miteinander diskutieren, wenn Sie unterschiedlicher Meinung sind. (Wenn sich Ihr Partner nicht mit Ihnen durch dieses Buch arbeiten möchte, überlegen Sie, ihm die geführten Übungen auf www.arbor-online-center.de/zw2xxe herunterzuladen. Viele Eltern – vor allem Väter – sagen mir, dass sie nicht gerne lesen, aber sehr gerne die Übungen unterwegs im Auto hören.)
3. Mit Ihrer Partnerin ebenfalls emotional großzügig umzugehen, ist für Ihre Beziehung unerlässlich, auch können Sie sonst überhaupt keinen Einfluss auf sie nehmen.
4. Gehen Sie davon aus, dass es im Laufe der Erforschung jener Prinzipien viele Diskussionen geben wird. Schaffen Sie dafür einen sicheren Raum, indem Sie nichtwertend zuhören und eher Ihre Ansichten, Bedürfnisse und Ängste ausdrücken, als auf den auseinanderklaffenden Erziehungsstilen oder Perspektiven zu beharren. Anstatt Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin einen Vortrag zu halten, fühlen Sie sich in das ein, was er oder sie ausdrückt. Wiederholen Sie das Gesagte und haken nach, ob Sie es richtig verstanden haben.
5. Leben Sie das elterliche Vorbild, von dem Sie wollen, dass Sie beide es umsetzen. Vielleicht geschieht es nicht sofort, aber mit der Zeit wird Ihr Partner erkennen, wie unterschiedlich Ihr Kind auf die verschiedenen Erziehungsstile reagiert.
Zur weiteren Unterstützung beim verbindenden Durcharbeiten der Konflikte mit Ihrer Partnerin können Sie gerne auch die (englischsprachige) Seite Happily Ever After: Conscious Co-Parenting auf Ahaparenting.com besuchen.9
Funktioniert gelassene Elternschaft auch mit einem schwierigen Kind oder wenn es besondere Bedürfnisse hat?
Mein Gefühl sagte mir, dass er keine Strafe brauchte, und ich bin mehr als dankbar für die Werkzeuge, die Sie mir gaben, um ihn im Umgang mit seiner Welt zu unterstützen, die offenbar sehr schwierig und anders aussieht, als die, in der Sie und ich leben … Ich wollte mich wirklich anderen mitteilen, denn vielleicht gibt es noch mehr Eltern, die sich fragen: »Aber mein Kind hat _______________
[füllen Sie hier selbst aus] wird das dann auch funktionieren?« Für uns heißt das ein überwältigendes: Ja! Weil Empathie für ihn schwierig ist, er sich schwertut, mit uns Verbindung aufzunehmen, weil ihn der Umgang mit Menschen quält, glaube ich, dass es umso wichtiger ist, ihm liebevolle Grenzen zu setzen, ihm etwas über Emotionen zu vermitteln und ihm zu zeigen, wie man sich verbindet und Liebe ausdrückt.
ANDREA,
Mutter eines fünfjährigen Jungen und eines zweijährigen Mädchens
Der Ansatz für gelassene Elternschaft funktioniert nicht nur ebenfalls bei herausfordernden Kindern und Kindern mit speziellen Bedürfnissen, vielmehr ist er für sie sogar besonders wichtig. Wenn Sie die drei Grundelemente des Ansatzes betrachten, erkennen Sie, weshalb das so ist:
1. Regulieren Sie Ihre eigenen Emotionen. Mit einem Kind, das besondere Bedürfnisse hat, kann das noch schwieriger, aber besonders wichtig sein, da dieses oft noch sensibler und reaktiver ist als andere Kinder.
2. Verbinden Sie sich miteinander. Bei Kindern mit autistischen Zügen und Kindern, die von Verbundenheit leicht überwältigt werden, kann der Aufbau einer stabilen Bindung herausfordernder sein. Das heißt aber nicht, dass sie weniger wichtig ist. Hätte denn das Kind ohne diese Beziehung zu Ihnen überhaupt einen Grund, Ihrem Beispiel zu folgen?
3. Coaching statt Bestrafung. Viele »Experten« geben gerade bei Kindern mit besonderen Bedürfnissen Ratschläge, die sich um Belohnungen und Bestrafungen drehen. Aber alle Menschen verdienen die Achtung, dass man sie zu ihrem besten Selbst coacht, anstatt sie zu bestrafen, wenn sie sich nicht nach unseren Vorstellungen benehmen.
Kinder mit besonderen Bedürfnissen erleben die Welt anders als wir und oft muss sie ihnen große Angst einjagen. Es gibt viele Kinder mit überaktivem Alarmsystem, denen bereits einfache Grenzen lebensbedrohlich erscheinen und bei ihnen extreme Flucht- oder Kampfreaktionen auslösen. Wenn Kinder aus Furcht handeln, verdienen sie Liebe und keine Strafe. Natürlich müssen wir ihnen Grenzen setzen, aber wir können dies liebevoll tun. Auf diese Weise erreichen wir Kooperation auch viel wirkungsvoller, denn alle Menschen rebellieren gegen Kontrolle und fühlen sich nur dann sicher, wenn sie jenen folgen, von denen sie glauben, dass sie ihr Bestes im Sinn haben.
ERSTE SCHRITTE
Sind Sie für ein liebevolleres und friedlicheres Familienleben bereit? Packen wir’s an!
Bitte rechnen Sie sich jeden kleinen Fortschritt in die richtige Richtung an. Denn das Leben besteht eben aus einer allmählichen Ansammlung von Augenblicken und jeder Moment ist eine neue Gelegenheit zur Änderung der Wegrichtung. Selbst wenn Sie heute nur ein paar Mal anders reagieren als sonst, werden Sie merken, dass Sie einen neuen Weg eingeschlagen haben. Ehe Sie es sich versehen, sind Sie auf ganz neuem Territorium unterwegs.
Bestandsaufnahme
Ein Hinweis zu den Übungsabschnitten: Ihre Antworten müssen nicht perfekt oder gar vollständig sein. Das ist kein Test – niemand wird Sie benoten. Wichtig sind Ihre Antworten dennoch, da Sie Ihnen selbst helfen herauszufinden, was Sie wollen und wie Sie sich fühlen. Also selbst, wenn Ihnen keine genaue Antwort einfällt, notieren Sie sich zu jeder Frage mindestens einen Stichpunkt, denn das wird Ihnen beim Einprägen der Prinzipien helfen.
Was hat Sie dazu motiviert, das Arbeitsbuch zur gelassenen Elternschaft zu lesen? Was würden Sie daraus gern mitnehmen?
Welche Fragen zur Erziehung Ihres Kindes beschäftigen Sie momentan? Behalten Sie diese beim Durcharbeiten des Buches im Hinterkopf.
Was sind Ihre größten Stärken als Vater oder Mutter? Versuchen Sie nicht bescheiden zu sein. Seien Sie einfach ehrlich. Was würde eine neutrale Beobachterin anerkennen, wenn sie bei Ihren besten Augenblicken mit Ihrem Kind/Ihren Kindern dabei wäre? Wir werden auf diesen Stärken aufbauen, damit Sie sich noch öfter so verhalten können.
Ihre hervorragendsten Momente in der Elternrolle
Dieser Teil macht Spaß. Denken Sie an Zeiten, in denen Sie über sich als Mutter oder Vater am stolzesten und glücklichsten waren. Wir werden darauf aufbauen. Zählen Sie hier einige dieser Situationen auf. Überlegen Sie, was Sie getan haben, damit dieser jeweilige Augenblick zustande kam. Wie können Sie noch öfters so handeln, damit Sie solche Sternstunden mit Ihrem Kind häufiger erleben?
Da gab es die Situation in der ich:
Was habe ich gemacht, dass dieser Moment zustande kam, und wie kann ich das in Zukunft öfters hervorbringen?
Da gab es die Situation in der ich:
Was habe ich gemacht, dass dieser Moment zustande kam, und wie kann ich das in Zukunft öfters hervorbringen?
Da gab es die Situation in der ich:
Was habe ich gemacht, dass dieser Moment zustande kam, und wie kann ich das in Zukunft öfters hervorbringen?
Da gab es die Situation in der ich:
Was habe ich gemacht, dass dieser Moment zustande kam, und wie kann ich das in Zukunft öfters hervorbringen?
Da gab es die Situation in der ich:
Was habe ich gemacht, dass dieser Moment zustande kam, und wie kann ich das in Zukunft öfters hervorbringen?
Wie werden Sie von Ihrem Kind gesehen?
Was würde Ihr Kind sagen, wenn es Sie und Ihre Beziehung zu ihm in drei Worten beschreiben sollte? Welches Beispiel, warum es Sie so sieht, würde Ihrem Kind für jedes Wort einfallen? (Diese Worte können »positiv« oder »negativ« sein. Seien Sie ehrlich. Dies ist Ihre Ausgangsbasis. Solange wir uns nicht darüber im Klaren sind, was los ist, können wir nichts daran ändern.)
Zu 1. Was ist ein Beispiel dafür, weshalb Ihr Kind Sie so sieht?
Zu 2. Was ist ein Beispiel dafür, weshalb Ihr Kind Sie so sieht?
Zu 3. Was ist ein Beispiel dafür, weshalb Ihr Kind Sie so sieht?
Wovon wollen Sie mehr in Ihrer Beziehung zu Ihrem Kind/Ihren Kindern?
Was würden Sie bereitwillig tun oder ändern, um mehr davon hervorzubringen?
Die Vergangenheit heilen
Während Sie lernen, welche Auswirkungen unser Erziehungsstil auf unsere Kinder hat, wünschen Sie sich vielleicht, an so manchem Tag anders gehandelt zu haben. Auch mir geht das so! Leider kann man die Vergangenheit nicht umschreiben. Aber wir alle können heute damit beginnen, eine neue Zukunft zu schreiben. Und Sie können sich von Ihrer Vergangenheit zur Neugestaltung dieser Zukunft motivieren lassen.
Doch bevor wir Altes hinter uns lassen können, müssen wir jene Zeiten anerkennen, die uns immer noch zusammenzucken lassen und darüber trauern. Sollten wir uns entschuldigen? Natürlich, und wir werden das in Teil 2: Verbundenheit ist das Geheimnis glücklicher Elternschaft, behandeln. Aber unsere Kinder benötigen die Veränderung unseres Verhaltens weitaus mehr als unsere Entschuldigung.
Jetzt lade ich Sie dazu ein, sich alles an Traurigkeit über die Vergangenheit einzugestehen. Fühlen Sie diese Trauer ganz und gar. Sprechen Sie aus, was Sie sich gewünscht hätten.
Zum Beispiel: »Ich wünschte, ich wäre weniger abgelenkt gewesen … ich wünschte, ich hätte meinem Kind nicht wehgetan, …
ich wünschte, ich hätte damals schon gewusst, was ich heute weiß.«
Ich wünschte:
Weinen Sie, wenn Ihnen danach ist. Vielleicht stellen Sie fest, dass Sie gähnen. Auch so setzt der Körper jene alten Gefühle frei und heilt sich. Atmen Sie einfach tief durch und lassen Sie sie los.
Ein Brief an Ihr Kind
Jetzt schreiben Sie auf einem gesonderten Blatt Papier einen Brief an Ihr Kind – nicht für Ihr Kind, sondern für sich selbst. Gestehen Sie sich ein, was Ihr Kind verdient hätte und was Sie sich für die Situation gewünscht hätten. Versprechen Sie, es besser zu machen.
Seien Sie ehrlich. Ihr Kind wird diesen Brief nie sehen. Aber irgendwo im tiefsten Inneren wird Ihr Sohn oder Ihre Tochter ihn fühlen. Und das Aufschreiben wird Sie verändern und Ihnen dabei helfen, der Vater oder die Mutter zu sein, die Sie sich für Ihr Kind wünschen. Verstauen Sie den Brief an einem sicheren Ort, damit Sie noch einmal darauf zurückkommen können, wenn Sie Inspiration benötigen, um am Ball zu bleiben.
Später, wenn Sie mit Ihrem Kind zusammen sind, spüren Sie vielleicht ein Bedürfnis, Ihre Reue mit ihm zu teilen. Da Sie niemals möchten, dass Ihr Kind das Gefühl hat, es müsse für Sie sorgen, schlage ich vor, dass Sie diese Gefühle so weit wie möglich für sich allein verarbeiten, bevor Sie mit Ihrem Kind reden. Danach beginnen Sie einfach damit, dass Sie anerkennen, dass Ihr Kind sich vielleicht in der Vergangenheit von Ihnen nicht verstanden gefühlt hat. Entschuldigen Sie sich dafür. Versichern Sie Ihrem Kind, dass Sie es lieben, egal was geschieht, und dass Sie niemanden mehr lieben könnten. Ihre jetzige emotionale Großzügigkeit wird Ihrem Kind signalisieren, dass Sie ihm nun auf ganz neue Weise Zufluchtsort sein können. Achten Sie darauf, wie Ihr Kind Sie mit neuer Hoffnung anblickt. Spüren Sie, wie offen sich Ihr Herz anfühlt.
Verpflichten Sie sich dazu, sich die Unterstützung zu geben,
die Sie benötigen, um jeden Tag Liebe zu wählen.
Legen Sie Ihre Absicht fest
Jetzt ist es soweit, Ihre Absicht für unsere gemeinsame Arbeit zu erklären. Beschreiben Sie unten die anspruchsvollste und beste Vision, die Sie von sich als Vater oder Mutter haben. Schließen Sie dabei drei Wörter mit ein, die beschreiben, wie Sie als Mutter oder Vater sein wollen. (Wozu eine Absichtserklärung? Wenn Sie nicht wissen, wohin Sie gehen wollen, werden Sie anderswo landen!)
Um diese anspruchsvollste und beste Vision als Vater oder Mutter umzusetzen, werden Sie sich ändern müssen. Jedoch müssen Sie nicht sofort alle Probleme angehen. Wie lautet die eine Veränderung, zu der Sie sich jetzt verpflichten können?
Ich, ……………………………………………, verpflichte mich zu dieser Veränderung:
Diese Verpflichtung sollte sich machbar aber schwierig anfühlen. Jetzt schreiben Sie jede konkrete Unterstützung auf, die Ihnen dabei helfen wird, diese Veränderung herbeizuführen. Was wird Ihnen helfen, am Ball zu bleiben? Brauchen Sie etwas Zeit für sich allein? Mehr Schlaf? Benötigen Sie bestimmte Informationen? Sie müssen nicht alles auf einmal herausfinden und beim Hinzulernen werden sich auch Ihre Ideen entwickeln. Arbeiten Sie nur die ersten konkreten Schritte dafür aus, wie Sie sich unterstützen werden.
Ein Brief an Sie selbst
Veränderung bedeutet harte Arbeit und anscheinend beinhaltet es immer zwei Schritte vorwärts und einen Schritt zurück. Rechnen Sie damit, dass Sie phasenweise das Gefühl haben werden, Ihre Ziele als Vater oder Mutter nicht erreichen zu können. Im Wissen, dass Sie an irgendeinem Punkt am liebsten aufgeben werden wollen, welche Worte werden Ihnen dann guttun? Wie würden Sie andere Eltern ermutigen, die am Kämpfen sind? Schreiben Sie sich den Zuspruch auf, der Sie aufbauen wird, wenn Sie sich frustriert und festgefahren fühlen. Verwenden Sie dafür ein gesondertes Blatt Papier, das Sie wegstecken können.