Ein tierisches Ökobuch
Illustriert von Timo Wuerz
Externe Links wurden bis zum Zeitpunkt der Drucklegung des Buches geprüft. Auf etwaige Änderungen zu einem späteren Zeitpunkt hat der Verlag keinen Einfluss. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.
© 2021 GABAL Verlag GmbH, Offenbach
Das E-Book basiert auf dem 2021 erschienenen Buchtitel »Günter, der innere Schweinehund, rettet die Welt« von Stefan Frädrich © 2021 GABAL Verlag GmbH, Offenbach.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN Buchausgabe: 978-3-96739-054-4
ISBN epub: 978-3-96740-061-8
Lektorat: Christiane Martin, Köln | www.wortfuchs.de
Umschlaggestaltung: Martin Zech Design, Bremen |
www.martinzech.de
Illustrationen: Timo Wuerz, Hamburg
Satz und Layout: Das Herstellungsbüro, Hamburg |
www.buch-herstellungsbuero.de
Copyright © 2021 GABAL Verlag GmbH, Offenbach
Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.
www.gabal-verlag.de
www.facebook.com/Gabalbuecher
www.twitter.com/gabalbuecher
www.instagram.com/gabalbuecher
»Als wir uns weiter und weiter entfernten, wurde die Erde immer kleiner. Schließlich schrumpfte sie zur Größe einer Murmel, der schönsten, die man sich vorstellen kann. Dieses wunderschöne, warme, lebende Objekt sah so zerbrechlich aus, so zart, dass es, wenn man es mit einem Finger berührte, zerbröckeln würde und auseinanderfallen. Das zu sehen, verändert einen Menschen.«
James B. Irwin,
Astronaut des Apollo-Programms
Günter ist dein innerer Schweinehund. Er bewahrt dich vor Anstrengung – und hält dich klein!
1. Günter, der innere Schweinehund
2. Günters kleine Welt
3. Doofe Disruptionen
4. Mitmachen oder untergehen
5. Schwarze Schwäne
6. Vorsicht, Risiko!
7. Das Präventionsdilemma
8. Naturkatastrophen
9. Hallo Apokalypse!
10. Freiwillig mitmachen
11. Technischer Fortschritt
12. Schöne neue Welt?
13. Menschengemachter Klimawandel
14. Es wird wärmer
15. Das bisschen Wetter?
16. Anthropozän
17. Skeptische Schweinehunde
18. Reise in die Zukunft
19. Der Sommer kommt
20. Die unbewohnbare Erde
21. Der Wüsten-Wasser-Planet
22. Falsche Frage, richtige Frage
23. Ökopflaster fürs Gewissen
24. Es gibt Hoffnung
25. Schlamassel-Analyse
26. Das Wohnzimmer als Treibhaus
27. F-Gase
28. Lachgas und Methan
29. Kohlendioxid
30. Der schiefe Kreislauf
31. Verbote? Verboten!
32. Treibhauseffekt
33. Rückkopplungen
34. Arktis adieu!
35. Land in Sicht
36. Tschüss Permafrost!
37. Puffersysteme
38. Immer mehr Meer
39. Grüne Hoffnung?
40. Von Tupperdosen und Tütensuppen
41. Tödliche Tierhaltung
42. Rülpsende Kühe
43. Guten Appetit?
44. Industrielle Tierhaltung
45. Kollateralschäden
46. Fieses Futter
47. Tote Erde
48. Hofnarren der Schöpfung
49. Ausgestorben
50. Nemo in der Plastiksuppe
51. Unsere gute Milch
52. Nebenwirkungen
53. Die Dürren kommen
54. Raumschiff Erde
55. Noch mal von vorne
56. Die Macht der Menschheit
57. Große Baustellen
58. Viele Wege gehen
59. Das richtige Maß
60. Problem Kohlendioxid
61. Carbon Capture and Storage
62. Geoengineering
63. Die liebe Energie
64. Flöze und Fracking
65. Kohlekraftwerke
66. Atomkraft – nein danke?
67. Erneuerbare Energien
68. Kampf gegen Windmühlen
69. Das Wassern ist des Müllers Lust
70. Die Sonne scheint
71. Mikronetze und Sonnenstaaten
72. Akkus für alle!
73. Nicht so schnell
74. CO2-Staaten
75. Teure Wirtschaft
76. Sinnlose Subventionen
77. Hilfe, Politik!
78. Emissionshandel
79. Internationale Feuerrechte
80. Wirtschaft im Wandel
81. Die lieben Innovationen
82. Elektrischer Verkehr
83. Grüne Mobilität
84. Gemüse statt Gase
85. Carbon Footprint
86. Landwirtschaft und Tierhaltung
87. Teufelskreis der Tierprodukte
88. Veggie werden
89. Neues Essen
90. Biologische Landwirtschaft
91. Bio ist besser
92. Vertikale Farmen
93. Eine traumhafte Zukunft?
94. Die Geschichte verändern
95. Neues Leben entsteht
96. Die halbe Erde
97. Wölfe im Park
98. Am Scheideweg
99. Das Ende der Verleugnung
100. Günter rettet die Welt
Kennst du Günter? Günter ist dein innerer Schweinehund. Er lebt in deinem Kopf und bewahrt dich vor allem Übel dieser Welt. Immer, wenn du etwas Neues tun, dich verändern oder Ungewohntes ausprobieren willst, ist Günter zur Stelle: »Lass das sein!«, sagt er dann. »Unmöglich, viel zu schwierig!«, bremst er. Oder: »Besser, das machen andere!«, hält er dich zurück. Und obwohl das Leben voller Herausforderungen steckt, die dich und die Welt weiterbringen können, betrachtest du sie lieber als Probleme, die es zu vermeiden gilt. Schade.
Klar: Kurzfristig mag es bequem erscheinen, nicht aus dem Quark zu kommen, aber langfristig ist es oft viel unbequemer! Ein Problem ansprechen? »Jetzt noch nicht …« Bis es dir um die Ohren fliegt. Eine große Aufgabe in Angriff nehmen? »Später mal …« Und die Aufgabe wird immer größer. Endlich eine Entscheidung treffen? »Noch mal drüber schlafen …« Bis du nicht mehr selbst entscheiden kannst. Kennst du so was?
Günter hasst Veränderungen und Herausforderungen. Er bleibt am liebsten in seiner kleinen Welt.
»Herausforderungen? Igitt!«, mault Günter. Denn am liebsten bleibt er in der kleinen kuscheligen Welt seiner Komfortzone. Und so kommt es, dass du im Leben oft auf der Stelle trittst: Dein Job? Der ewig gleiche – selbst wenn er dir stinkt. Dein Urlaub? Wie immer auf Mallorca – obwohl du schon gehört hast, dass es auch woanders schön ist. Im Restaurant? Das leckere Steak essen – obwohl Fleisch gar nicht so gut sein soll.
»Und was ist dagegen einzuwenden?«, will Günter wissen. »Dein Job ist sicher, auf Malle kennst du dich prima aus, und Fleisch ist nun mal Grundnahrungsmittel.« Falsch, Schweinehund: So mancher Job ist überhaupt nicht sicher, auf Mallorca kennst du nur Hotel und Pool, und Fleisch ist … Ach, dazu kommen wir später noch.
Du bist ein Gewohnheitstier, Schweinehund. Und das ist vor allem dann doof, wenn große Veränderungen anstehen: Wer sich nicht freiwillig verändert, tut es früher oder später unfreiwillig. Und dann kann es wehtun.
Disruptionen verändern die Welt. Man überlebt sie nur, wenn man sich an sie anpasst.
»Von welchen Veränderungen sprichst du?«, fragt Günter. Ein paar harmlose Beispiele: Früher hörten wir Musik noch auf Schallplatten und Kassetten, später dann auf CDs, danach von heruntergeladenen MP3-Dateien. »Und heute können wir sie streamen!« Richtig, Günter. Oder früher mussten wir beim Autofahren noch die Strecke kennen oder Karten lesen. »Und heute gibt es Navis!« Genau. Oder früher haben wir die Mallorca-Reise noch im Reisebüro gebucht. »Heute geht das online!« Problem begriffen, bravo.
»Wieso Problem?«, wundert sich Günter. »Ist doch alles praktisch!« Nun, Ewiggestrige maulen immer noch, dass es keine Musikkassetten mehr gibt. Auch Musikindustrie, Kartenverlage und Reisebüros hatten ein Problem – und die inneren Schweinehunde, die dort arbeiten. Sie mussten sich verändern, um zu überleben – was einige nicht geschafft haben. Sie sind der Disruption zum Opfer gefallen. »Disrup – was?« Disruptionen sind große Veränderungen, welche die Spielregeln so grundsätzlich verändern, dass sie alles durcheinanderwirbeln. Entweder man macht mit oder geht unter.
Disruptionen formen die Welt um. Oft sehen wir sie kommen.
»Oh, oh!«, dämmert es Günter. »Disruptionen sind also gefährlich.« Kommt auf die Perspektive an: Wer mitmacht, kann von ihnen profitieren. Wer pennt, weniger. Frag mal die deutsche Autoindustrie, ob sie sich über Elektro-Autos aus Kalifornien freut. (Tut sie nicht.) Oder Banken über praktische Online-Bezahldienste. (Auch nicht.) Oder schläfrige Kollegen über die wache Konkurrenz aus China. (Aufwachen!) Wo sich der eine ärgert, freut sich oft der andere. Also: Sicherheit in der Komfortzone? Denkste! Die Welt verändert sich – ständig. Und am sichersten ist es, rechtzeitig freiwillig mitzumachen.
»Okay, durch manche Veränderungen müssen wir also durch!« Brav, Günter. Wobei Disruptionen zwar starke Kräfte sind, die unsere Welt umformen, ob das der Einzelne will oder nicht – aber sie sind vergleichsweise langsam. Fitte innere Schweinehunde könnten sich deshalb gut auf sie einstellen. Könnten.
Weitaus heftiger sind da schon die schwarzen Schwäne. Die kommen ganz plötzlich über uns.
Schwarze Schwäne sind selten, unvorhergesehen – und verändern die Welt.
»Was sind denn schwarze Schwäne?«, wundert sich Günter. So nennt man sehr seltene (schwarze Schwäne eben), scheinbar zufällige Ereignisse, die unvorhergesehen eintreten, enorme Veränderungen nach sich ziehen – und von denen man hinterher oft denkt, man hätte sie kommen sehen müssen.
Viele Erfindungen oder Entdeckungen, die uns heute normal erscheinen, waren zu ihrer Zeit solche schwarzen Schwäne, die viel verändert haben: zum Beispiel dass Penicillin Bakterien tötet – eine schöne Überraschung. Oder dass zwischen Europa und Asien Amerika liegt – Kolumbus wollte ja nach Indien. Oder die Erfindung von Klettverschluss, Röntgenstrahlen, Post-its und Viagra. Alles Zufällen zu verdanken, die zu Fortschritten führten.
Andere schwarze Schwäne hingegen führten zu Katastrophen: die Anschläge vom 11. September 2001 zu Kriegen mit Millionen Toten. Oder das Tōhoku-Erdbeben 2011 zur Nuklearkatastrophe von Fukushima. Oder das Coronavirus 2020 zur weltweiten Gesundheits- und Wirtschaftskrise. Wie bei umfallenden Dominosteinen: eine Ursache, viele üble Folgen.
Obwohl wir die Zukunft nicht kennen, können wir Risiken sehen und eindämmen.
»Na ja, shit happens.« Ganz so einfach ist es nicht, Günter. Viele Katastrophen hätten nämlich verhindert werden können – mittels Prävention: Stell dir mal vor, man hätte bei allen Flugzeugen bereits vor dem 11. September 2001 die Cockpit-Türen so umgerüstet, dass kein Passagier auf den Pilotensitz kann – das World Trade Center stünde wohl noch. Oder die ersten Corona-Infizierten hätten Wuhan, den Ort des Ausbruchs, nicht verlassen dürfen – die Pandemie wäre im Keim erstickt worden. Oder man hätte das AKW in Fukushima ein paar Nummern sicherer gebaut – es wäre nicht zur Nuklearkatastrophe gekommen.
»Aber dafür muss man die Zukunft vorhersehen können, und das geht nicht.« Nein, man muss sich die Zukunft zunächst mal nur vorstellen wollen – und merkt dann, dass es klug ist, große Risiken zu erkennen und sie bestmöglich zu vermindern, statt darauf zu vertrauen, dass schon nichts Schlimmes passieren wird. Denn wie hast du es so treffend formuliert? Shit happens.
Gelungene Prävention verhindert Schlimmes, bevor es passiert. Doch ihre Effekte sind unsichtbar, deshalb wird sie unterschätzt.
»Einfach so alle Flugzeuge umrüsten? Nen Atommeiler umbauen? Eine Stadt auf Corona-Verdacht von der Außenwelt abriegeln? Was das alles kostet!« Es hat leider viel mehr gekostet, all das nicht zu tun. Zwar gab es jeweils vorher Warnungen, aber man dachte: Wird schon alles gut gehen. Fehler!
Und damit sind wir mitten im Präventionsdilemma: Solange nichts Schlimmes passiert, erscheinen Maßnahmen überflüssig. Und passiert doch etwas, heißt es hinterher: »Warum hat vorher niemand etwas getan?«