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Kartenverzeichnis
Unterwegs mit
Ralph-Raymond Braun
1953 in der Anflugschneise des Frankfurter Flughafens geboren, aufgewachsen dortselbst und im Frankenland mit AFN und Radio Luxemburg. Noch als Schüler erste journalistische Versuche als Vereinsreporter für die Heimat­zeitung. Studierte Politik, Geschichte, Deutsch und kam dann über eine Karriere als Haus­meister, Buchhalter, Lehrer und Reiseleiter zum Schreiben von inzwischen mehr als zwanzig Reisebüchern.
Es sei mir ein besonderer Genuss, über Albanien, eine touristische Terra incog­nita, schreiben zu dürfen, notierte ich vor gut dreißig Jahren in meinem ers­ten Albanienbuch - und kann mich dem heute nur anschließen.
Damals reisten wir gemäß dem Programm der staatlichen Tourismus­or­ganisation durch ein meist autofreies Land und sahen, was wir sehen sollten: die Angleichung der Lebensbe­din­gun­gen zwischen Stadt und Land, Frauen­eman­zipation und all das andere, auf das das Regime stolz war - und wir sahen mehr: etwa die Umweltschäden in den Erdölgebieten, die Angst derer, die mit uns Fremden sprachen, obwohl sie dazu nicht autorisiert waren. Und ahnten doch nichts von den Straf­lagern, von politischer Sippenhaft, von der Ausgrenzung der Roma.
Zum Glück darf ich heute auch dorthin reisen, worüber ich damals nur aus zweiter Hand schreiben konnte; mit jenen sprechen, die früher alles besser fanden, wie mit jenen, die das Alba­nien, in dem alles besser gewesen sein soll, nie kennengelernt haben. Für die einen wie die anderen ist Albanien ein neues Land geworden. Kein Teil unseres Kontinents hat sein Gesicht so ver­ändert. Begleiten Sie mich auf einer abenteuerlichen Spurensuche.
Orientiert in Albanien
Das Land im Profil
Albanien ist ...
Vergessen Sie Vorurteile und Halbwahrheiten, Albanien ist anders. Ein Land von außer­ordentlicher Schönheit mit herrlichen, oft noch unver­bauten Stränden und - nur wenige Stunden vom Meer entfernt - einer fantastischen Berg­welt, die Wanderer mit eindrück­lichen Naturerlebnissen beglückt.
∎ 28.748 km² Fläche
∎ 2,8 Millionen Bewohner, davon 430.000 in der Haupt­stadt Tirana
∎ 97 Einwohner pro Quadratkilometer
∎ Korruptionsindex: Rang 91 von 180
∎ Tirana oder Tiranë? Shkodra oder Shkodër? Das Wichtigste über die Schrei­bung albanischer Städte­namen finden Sie im Kleinen Sprachführer.
... kontrastreich und schön
In der boo­menden Hauptstadt Tirana lebt die be­tuchte Jeunesse dorée trendig und tech­nikaffin. Auf dem Land und beson­ders in den Albanischen Alpen begeg­net man dagegen noch einer ur­sprüng­lichen, einfachen Lebensweise, be­stimmt vom Rhythmus der Natur und der Tiere, die in Europa ihres­gleichen sucht und bald vergangen sein wird. Wenn Sie noch unberührte Strän­de erle­ben wollen oder die wilde und faszi­nie­rende Bergwelt mit ihren be­ein­dru­cken­den Stauseen oder die gute Küche - kommen Sie bald!
... voller Warmherzigkeit
Es fehlen die anonymen Betten­burgen, in den klei­nen Hotels und Pensionen fühlt man sich noch als Gast, dem mit Herz­lichkeit begegnet wird. Wo man Albaner trifft, nutzen die Jün­geren jede Chance, ihre Eng­lisch- und selten auch Deutsch­kennt­nisse an die Frau und den Mann zu bringen, viele der Älteren versuchen es mit Italienisch oder fragen mit Hän­den und Füßen nach dem Woher und Wohin.
... unschlagbar preiswert
Albanien ist nach Jahren der Diktatur und Isolation auf dem Weg nach Europa und ein Albanienbesuch bringt uns das Land im doppelten Sinn einen Schritt näher. Die Wirtschaftshilfe, die wir mit einer Albanienreise leisten, zahlt sich für beide Seiten aus: Im Super­markt, für Restaurantbesuche und Übernach­tun­gen zahlt man gerade mal halb so viel wie in Deutschland.
... extrem kinderfreundlich
Vie­les, was Ihren Kleinen bei uns miss­billigende Blicke einträgt, wird in Alba­nien mit ein­em Lächeln quittiert. Kin­der der Gäste über­nach­ten gegen einen geringen Aufpreis oder gar umsonst im Zim­mer der Eltern. Win­deln und Baby­nahrung sind überall er­hält­lich, in den Badeorten auch die üb­lichen Strand­uten­silien. Kinder­be­treu­ung oder At­trak­tionen wie etwa Spaß­bäder gibt es je­doch nicht. Vor allem in der Mitte und im Norden des Landes besitzen die meisten Strände aus­ge­dehnte Flach­was­serbereiche und sind damit kin­der­tauglich. Im Gebirge plant­schen be­geis­terte Kindern in Berg­bächen, sie dürfen beim Schafe­mel­ken helfen oder auf einem Maultier rei­ten.
Ausgerechnet Albanien?
Wer nach Albanien zu reisen ge­denkt, weckt bei Freunden und Be­kann­ten Ver­wun­derung, Befremden, Besor­gnis. „Aus­ge­rechnet Albanien?“ „Da wird euch doch alles geklaut!“ „Da gibt es doch nix!“, sind noch die harm­loseren Reak­tio­nen. Beim Stichwort Alba­nien den­ken die meisten Mittel­euro­päer vor allem an Kri­minalität, Armut, Flücht­lin­ge, Blut­rache, Drogen­handel, Men­schen­schmuggel.
Dass das kleine Balkanland so unter­schätzt wird, hat seine Gründe. Bis 1991 war es eine kommunistische Dik­ta­tur und nur im Rahmen von sorg­fältig überwachten Gruppenreisen auf vom Regime vorgeschriebenen Routen zugänglich. Sechs Jahre später brachen die wirtschaftlichen und politischen Strukturen im „Pyramidenaufstand“ (Link) zusammen, 1999 wurde Alba­nien zum Fluchtland für die Opfer des Kosovo-Konflikts. Doch all das ist lange her. Heute ist die öffentliche Ord­nung stabil und das Leben funktioniert, sogar der Straßenverkehr (wenn auch chaotisch und im Schneckentempo).
Zugegeben, Albanien hat ein Dro­gen­problem. Nicht deshalb, weil zu viele Süch­tige die Straßen und Parks ver­un­sichern, sondern weil die Bauern mit dem Anbau von Cannabis ein Viel­faches von dem verdienen, was ihnen Kartoffeln, Mais oder Tabak ein­brin­gen. Doch da­von ist der Tourist nicht be­troffen. Ebenso wenig von der Blut­rache, die gestandene Män­ner zu einem Leben als Hausmann zwingt; setzen sie doch einen Fuß vor die Tür, riskierten sie, von der ver­feindeten Familie er­schos­sen zu werden. Auch davon sind Tou­risten nicht betroffen. Übergriffe auf Aus­länder kommen praktisch nicht vor. Gäste zu bestehlen oder zu be­trü­gen geht gegen die albanische Ehre.
Die Gretchenfrage
Die Mehrheit der Alba­ner sind Mus­lime. Doch ist Alba­nien deswegen noch lange kein musli­mi­sches Land. In der Stadt trifft man weniger Frauen mit Kopftuch als in Berlin, es wird mehr Alkohol konsu­miert als der Volks­ge­sund­heit zuträg­lich ist, und kaum ein Restaurant ver­zich­tet auf Schweine­fleisch. Zum Leid­wesen türkischer wie arabischer Mis­sio­nare haben die alba­nischen Muslime ein sehr lockeres Ver­hältnis zur Reli­gion. Die albani­schen Christen übri­gens auch.
Sightseeing und mehr
Erlebnis Kultur
Ob zwischen antiken grie­chi­schen Ruinen, in den alten Gassen und Basaren osmani­scher Städte oder im Angesicht goldener Ikonen - kultur­interessierte Entdecker­naturen kommen voll auf ihre Kosten. Allgegenwärtig sind auch die Spuren einer brutalen Diktatur, mit der sich das Land erst zögerlich auseinandersetzt.
Sie lieben Venedig, jetten gern nach Paris und New York? Sie verstehen nicht, warum die Barcelenos gegen exten­siven Tourismus demonstrieren? Dann machen Sie um Albanien besser einen Bogen. Das Balkanland ist nämlich ein Alternativprogramm zu den vom „Overtourism“ geplagten Destinationen.
Antike Spuren
Appollonia: nach Epi­dam­nos die zweite griechische Kolonie und heute neben Bu­t­rint die bedeutendste archäo­lo­gi­sche Stätte Albaniens. Daneben gibt es ein mittel­alter­liches Kloster und ein gut ge­mach­tes Museum Link.
Butrint: Die meistbe­suchte archäo­lo­gische Stätte Alba­niens zählt zum Welt­kultur­erbe der UNESCO. Die Sehens­würdig­keiten auf einer idyl­li­schen kleinen Halbinsel zwi­schen Butrint-See und Vivar-Kanal um­span­nen nahe­zu 2500 Jahre. Link
Durrës: Im größten Amphi­theater des Balkans ergötzten sich bis zu 20.000 Zuschauer an Gladiatoren­kämp­fen, der Tierhatz und anderen blu­ti­gen Spek­ta­keln. Eine später unter die Sitz­ränge gebaute Kapelle birgt sel­te­ne by­zan­tinische Wandmosaiken. Link
Ikonen und Fresken
Berat: Neben der Marienkirche prä­sentiert ein Museum die in Details und Farben schier atemberaubenden Ikonen von Onufri und weiteren albanischen Künst­lern. Onufris Sohn Nikolla stat­tete die nahe Blachernenkirche mit Fres­ken aus. Link
Dečani: Das von KFOR-Truppen ge­schütz­te Kloster be­sitzt mit seiner Kirche den größten Sakralbau des mit­tel­alterlichen Serbien und das wohl vollständigste Ensemble mittel­alter­li­cher Fresken. Einige tausend biblische Gestalten schmücken noch die kleinste Wand­fläche. Link
Korça: Das moderne Nationalmuseum setzt die bes­ten Stücke aus dem welt­weit größten Fundus an Ikonen wir­kungs­voll in Szene. Link
Voskopoja: Das abgeschiedene Dorf war einmal Albaniens größte Stadt. Üp­pig ausgemalte, erstaunlich große Kirchen sind stumme Zeugen ver­gange­ner Größe und Pracht. Link
Malerische Altstädte
Berat: Die zum UNESCO-Welterbe zäh­lende „Stadt der tausend Fenster“ gilt mit ihren Altstadtvierteln und der noch immer bewohnten Zita­delle als Muster­bei­spiel einer osmanischen Stadt. Link
Gjirokastra: Auch diese eigenwillige Stadt aus Stein mit abweisenden Bür­ger­häusern, verwunschenen Ecken und Albaniens schönster Basarstraße darf sich mit dem UNESCO-Prädikat schmü­cken. Hier wurden der Diktator Enver Hoxha und der Schriftsteller Ismail Kadare geboren. Link
Ohrid: Mazedoniens schönste Stadt ver­bindet die tolle Lage am See mit einem reichen kulturellen Erbe in Ge­stalt einer intakten Altstadt, dazu das älteste Kloster des Balkans, spät­antike Mosai­ken und eine Ikonen­samm­lung von Weltrang. Link
Mächtige Burgen
Gjirokastra: Hoch über der Stadt erhebt sich die mächtige Festung mit ihren düs­teren, feuchtkalten Gewölben und Kasematten, der Waffensammlung und dem früheren Kerker für politische Ge­fangene. Besonders an Regentagen ein unheimlicher Ort. Link
Kruja: Die Burg von Kruja gilt den Albanern als Nationalheiligtum. Von hier organisierte Fürst Skanderbeg den Widerstand gegen die übermächtigen Osmanen. Ein Museum feiert den Hel­den. Der Basar bietet Schnäppchen für Souvenirjäger. Link
Shkodra: Das mächtige Bollwerk na­mens Roza­fa auf einem Hügel außer­halb der Stadt wurde noch zu Beginn des 20. Jh. mili­tärisch genutzt - mehr als 2000 Jahre nach den ersten Mauer­bauten durch Illyrer. Einer gru­seligen Legende zu­folge wurde im Burg­wall eine Frau bei lebendigem Leibe ein­ge­mauert. Link
Ostalgie und „Lost Places“
Tirana: Am Fuß des Dajti-Bergs kann der Bunker besichtigt wer­den, in dem die Staats- und Partei­führung Schutz vor Bom­ben, Gift­gas und Strahlung hät­te finden und das Land regieren sollen. Bunk’ Art 2, der Bun­ker des Innen­minis­te­riums, ist der Ge­schichte der Staats­sicher­heit und ihrer Opfer ge­widmet. Link
Kukës: Eine sozialistische Stadt vom Reiß­brett, errichtet für jene, deren Hei­mat in einem Stausee versank, nie voll­endet und doch viel zu groß, mit brö­ckeln­den Mietskasernen und einem über­dimensionierten Boulevard, auf dem auch mal Kühe grasen. Link
Spac: Tunnelöffnungen, Abraum­hal­den, Verladerampen, zerfallende Wohn­blocks, verblichene Parolen - was man für ein aufgegebenes Bergwerk hal­ten könnte, war ein Gulag mit Ar­beits­skla­ven, vielleicht der schlimmste unter den vielen Ver­ban­nungsorten, La­gern und Gefäng­nis­sen im kommu­nis­ti­schen Albanien. Link
Kommen Sie bald!
Erlebnis Natur
Feinsandige Strände ohne Betten­burgen, Alpen ohne Aufstiegshilfen und Hütten­gaudi, dramatische Wasser-fälle und tief eingeschnittene Canyons. Shqiperi, das Land des Adlers, ist tatsächlich noch zauber­haft schön. Auf dem Weg ins „Europa des Fort­schritts“ riskiert es aber, seine letzten frei lebenden Wappen­tiere zu verlieren.
Ein Buchenurwald im Nationalpark Shebenik-Jablanica (Link) wurde erst 2017 in die Liste des UNESCO-Welt­naturerbes aufgenommen. Er zählt zum transnationalen Schutz­gebiet „Alte Buchenwälder und Buchen­urwälder der Karpaten und anderer Regionen Europas“, das Wälder von Spanien bis in die Ukraine aufführt.
Berge und Täler
Theth: Umgeben von mächtigen Zwei­tau­sendern verliert sich die Streu­sied­lung Theth in einem von Gletschern ge­schaffenen Trogtal. Noch erreichen nur Geländewagen, Saumtiere oder Fuß­gän­ger den Ort, der sich gut als Aus­gangs­punkt für kleinere und größere Wan­derungen eignet. Link
Valbona-Tal: Das Tal der aben­teuer­lichen Holzstege, bizarren Fels­en, dich­ten Wäldern, Esskastanien- und Pflau­men­hai­ne ist der land­schaft­liche Höhe­punkt Nord­alba­niens und be­lieb­tester Ferienort im Hochland. Link
Korab: 2764 m, höher geht’s nicht. Albaniens höchs­ter Berg ist mit etwas Aus­dauer nicht schwer zu erklimmen und belohnt mit weitem Rundblick nach Mazedonien und zu den Alba­ni­schen Alpen. Link
Osum-Canyon: Organisierte Rafting- oder Kajak­touren durch den tiefen Can­yon, bei Niedrigwasser im August auch Wan­derungen auf dem Schlucht­grund. An den Felswänden im Can­yon wird geklettert. Auf eigene Faust mag man eine Tour mit spekta­ku­lären Einblicken an der oberen Kante des Canyons unter­nehmen. Link
Seen, Quellen, Wasserfälle
Koman-See: Die Fähre über den künst­lich aufgestauten See ist ein ech­ter Geheim­tipp. Über Stunden schlän­gelt sich das Boot durch enge Schluch­ten, stel­len­weise steigen die Felsen mehrere hun­dert Meter senk­recht in die Höhe. Kleine Anlegestellen sind für die Dör­-fer und Gehöfte an den wald­reichen Hän­gen die einzige Ver­bin­dung zur Außenwelt. Link
Ohridsee: Im Kontrast zum herben Ter­rain der albanischen Berge erscheint der See milde und lieblich, als hätte der Herrgott es gut gemeint und eine Por­tion mediterranen Lebensgefühls ins Innere des Balkans gestreut. Lei­der könn­te die allzu wohl­schme­cken­de Ohrid­see-Forelle koran dem­nächst ver­schwinden. Link
Prespa-Seen: Der Große wie der Kleine Prespasee, beide als Biosphärenreservat geschützt, sind Refugien für seltene Arten und zählen zu den ökologisch wert­vollsten Regionen im Balkanraum. Die ausgedehnten Schilfflächen dienen vielen Vogelarten als Überwinterungs- und Brutplatz. Link
Syri i Kalter: Die inmitten üppig grüner Vegetation idyllisch gelegene Karst­quelle - heute mit ihren Gartenlokalen ein beliebtes Ausflugsziel am Weg von Saranda nach Gjirokastra war in der Hoxha-Ära als Jagd- und Angelrevier der Parteielite vorbehalten - ein Indiz für den außergewöhnlichen Zauber des Orts. Link
Grunas-Wasserfall: Der 25 Meter tief in einen Felspool stürzende Wasser­fall in Theth bietet ein gran­dio­ses Natur­schau­spiel. Wer bei dem ein­laden­den Becken an ein Bad denkt, wird bei der ersten Berührung mit dem eiskalten Wasser eines Besse­ren belehrt - oder ver­dient alle Ach­tung. Link
Lagunen und Vogelparadiese
Kuna-Vain: Das als Naturreservat aus­ge­wiesene Mündungsdelta des Drin emp­fiehlt sich für Naturbeobachtungen oder als Badeplatz. Aussichtstürme er­lau­ben den Blick auf die Vogel­welt, ein Res­taurant verleiht am Strand Liegen und Sonnenschirme. Link
Narta-Lagune: Die Lagune am süd­lichen Abschnitt der albanischen Küste ist eine der größ­ten und ökologisch wertvollsten. Hier findet man noch die Sanddünen, die andernorts vor Jahren von der Bau­indus­trie abgeräumt wur­den. Das nähr­stoff­reiche Flachwasser lockt zahl­reiche Wasservögel. Stars sind die durch die Lagune stelzenden Flamin­gos. Mit etwas Glück sichtet man auch Pelikane. Link
Einsame Strände
Gjipe: Eine geradezu paradiesische Fels­bucht mit Sandstrand am Ausgang des Gjipe-Canyons, der mit einer Wan­de­rung erkundet werden möchte. Zum Glück ist die bei Back­packern beliebte Bucht, in der man auch im Zelt über­nachten kann, nur zu Fuß oder per Boot zu erreichen. Link
Ksamil: Südseeflair am Ionischen Meer. Albaniens südlichster Strand punktet mit grobem, weißem Sand, flachem, tief­blauem Wasser und dem Blick auf drei bewaldete Inselchen vor dem Hin­tergrund der in der Ferne über die See gleitenden Fährschiffe. Link
Plazhi Gjeneralit: Wer sich über die für Pkws nicht einfache Zufahrt gekämpft hat, wird mit einem wunderbaren Strand belohnt. Feinsandig geht es flach ins Meer, sodass auch kleine Kin­der ihren Spaß haben. Ein Restaurant verleiht Liegen und Sonnenschirme, einfache Bungalows und ein Camping­platz erlauben gleich mehrere Bade­tage. Link
Albanien auf eigene Faust
Selbst erfahren
Sich wenig Zeit nehmen (können) und dabei viel sehen wollen, das spricht für eine Grup­pen­reise. Doch dort, wo es Teerstraßen gibt - und das gilt inzwischen außerhalb der albanischen Alpen auf allen Hauptrouten -, kann man sich gut als Selbstfahrer bewegen und genießt damit Freiheit und sein individuelles Programm.
Es gibt ge­nü­gend Hotels, Pensionen, Camping­plätze, sodass man - aus­genommen die sommerliche Hoch­saison in den Bade­orten - auch kurz­fristig noch eine Unter­kunft findet. In der Regel reicht es, das Quartier einen Tag im Voraus zu buchen.
Die klassische Rundreise ...
Sie führt entgegen dem Uhr­zeiger­sinn durch den Süden und Osten des Lan­des. Mit dem Wagen sollten Sie da­für 14 Tage veranschlagen (mit der ge­führ­ten Gruppenreise geht’s auch schnel­ler). An dieser Route orientiert sich auch der Aufbau dieses Buches.
Für Verlängerungen vor Ort bieten sich je nach Interesse die Bergdörfer in den Alpen an, die Strände an der alba­ni­schen Riviera oder die dynamische Haupt­stadt Tirana, in der man die Nächte auch durchfeiern kann.
Der Norden Albaniens punktet vor allem bei Wanderern und anderen Out­door-Enthusiasten. Auch der Nor­den lässt sich gut mit dem Auto be­reisen. (→ ... für Landschaftsgenießer).
Welche Route auch immer Sie wäh­len, bedenken Sie bitte, dass man auf Albaniens Landstraßen langsamer vor­an­kommt, als Sie es von zu Hause gewohnt sind. Das liegt nicht nur an den Staus in der Agglomeration von Tirana und Durrës oder am manchmal schlech­ten Straßenzustand, sondern auch an unvermuteten Begegnungen, wenn etwa der Schäfer, dessen Herde gerade die Straße blockiert, von seiner Zeit als Flüchtling in Dortmund zu rade­brechen beginnt.
... für Kulturinteressierte
Man beginnt möglichst noch am Tag der Ankunft am Flug- oder Fährhafen mit dem Besuch des antiken Apollonia und übernachtet in der Museumsstadt Berat, um am nächsten Tag die Alt­stadt und die Festung zu erkunden. Aktiv­urlauber machen einen Abstecher zum Osum-Canyon. Von Berat geht es wie­der an die Küste und über Vlora und den Llogara-Pass an die albanische Riviera. Saranda, das touristische Zen­trum ganz am Ende der Rivieraküste, ist Ausgangspunkt für den Besuch des antiken Butrint. Vorbei an der Karst­quelle „Blaues Auge“ überqueren Sie das Gebirge hinüber ins griechisch ge­prägte Drino-Tal nach Gjirokastra, die „Stadt der Steine“, Geburtsort des Dik­ta­tors Enver Hoxha und des Dichters Ismail Kadare. Weiter geht’s über Përmet und das Hochland von Kolonja in das von bürgerlicher Lebenskultur ge­prägte Korça, die heimliche Haupt­stadt des albanischen Ostens.
In Pogradec am Ohridsee pflegte der Diktator seine Sommerurlaube zu ver­brin­gen. Mit einer Grünen Versiche­rungs­karte, um die Sie beim Miet­wagen­verleiher rechtzeitig bitten müs­sen, fahren Sie über die Grenze nach Ohrid, Mazedoniens beliebtester Tou­ris­tenort und zugleich ein geistiges Zen­trum des slawischen Christentums. Entlang der alten Römerstraße Via Egnatia geht es zurück nach Albanien in das noch immer von römischen Mauern bewehrte Elbasan und auf der neuen Schnellstraße in die Hauptstadt Tirana. Mehr darüber und die von Tirana aus gern unternommenen Aus­flüge in die Hafenstadt Durrës und die Skan­der­beg-Stadt Kruja lesen Sie auf den Seiten 52 bis 67. Mit etwas mehr Zeit bietet es sich an, diesen Ab­stecher bis nach Shkodra zu ver­län­gern, dem Zentrum des katho­li­schen Nord­albaniens.
... für Landschaftsgenießer
Ausgangspunkt ist die vom Flughafen oder von Durrës in knapp zwei Stunden zu erreichende Stadt Shkodra, das poli­ti­sche und wirtschaftliche Zentrum des Nordens. Bergfreunde ohne eigenes Fahrzeug werden von hier aus in die Täler Theth und Valbona, vielleicht auch nach Vermosh weiterreisen. Für Autofahrer empfiehlt sich eine etwa ein­wöchi­ge Rund­fahrt, die gleich zum Auftakt mit der Fähr­pas­sage über den canyonartigen Koman-Stausee einen Höhepunkt hat. Vom Fährhafen Fierze geht es weiter in das mit einer guten Straße erschlossene Valbona-Tal. Berg­wan­derer können von hier zu Fuß einen Abstecher nach Theth unter­neh­men, dem albanischen Shangri-La. Wer die Tour mit ein paar klassi­schen Sehens­würdigkeiten anrei­chern will, wählt für die Weiterfahrt nach Kukës den Umweg über Gjakova und Prizren im Kosovo. Von Kukës geht es auf der Autobahn in gerade zwei Fahrstunden zurück nach Tirana. Oder man unter­nimmt noch einen Schlenker über Peshkopia und die Landschaften Mat und Mirdita. Das Reisekapitel „Nord­albanien“ (Link) folgt im Auf­bau der hier vorgeschlagenen Route.
Leih- oder eigenes Fahrzeug?
Mit etwas Vorsicht und dem Verzicht auf Nachtfahrten muss man sich auch als Mietwagenlenker vor undis­zi­pli­nier­ten Viehherden, unbe­leuch­teten Rad­lern und Fuhrwer­ken und tiefen Schlag­löchern nicht fürchten.
Offroad-Freaks, die das Risiko und die Her­aus­for­derung schlechter Pisten suchen, reisen besser mit dem eigenen Wagen oder Motorrad an.
Unterwegs in Albanien
Tirana und die Landesmitte
Ob mit dem Flugzeug oder der Fähre, hier kommt man an und ist gleich mittendrin im kulturellen und wirtschaftlichen Zentrum Albaniens: der Hauptstadt Tirana, der Hafenstadt Durrës und der Entwicklungs­achse zwischen den beiden einst 30 km entfernten Städten, die nun zusammen­wachsen.
Nightlife in Tirana: zu finden in Blloku, das sich vom stillen Wohnquartier der Nomen­klatura zum zentralen Ausgeh- und Vergnügungs­viertel der Haupt­stadt entwickelt hat. Restaurants, Bars und Clubs reihen sich hier dicht an dicht.
Tirana
Tirana ist das moderne Gesicht des Lan­des. Faschistischer und sozialis­ti­scher Protz treffen kapitalistische Büro­türme aus Glas, Stahl und Beton; aus­gelassenes Nachtleben im Aus­geh­viertel Blloku, schwarze Luxuskarossen im Dauerstau. Hier erkunden wir Archi­tektur, Kunst und die großen Mu­se­en zwischen dem Staub von ges­tern und erster Aufarbeitung der Dikta­tur. So etwa das Nationalmuseum, noch weit­gehend eingerichtet wie unter den Kommunisten und ein Schaufenster für deren Geschichtsverständnis. Oder die Nationalgalerie mit ihrer großen Samm­lung sozialistischer Kunst, da­run­ter auch scheinbar harmlose Werke, die die Grenze des Erlaubten über­schrit­ten und ihren Schöpfern Berufs­verbot oder Schlimmeres einbrachten.
Gute Ansätze einer Auseinander­set­zung mit der Vergangenheit findet man in den beiden Bunk-Art-Ausstellungen, ein­gerichtet in Enver Hoxhas Kom­man­do­bunker am Fuß des Hausbergs Dajti und mitten in der Stadt am Skan­derbeg-Platz, die zugleich historischer Lernort wie Raum für Kunst­instal­la­tionen sind. Eine Ahnung von der üblen Arbeit der albanischen Stasi ver­mittelt die Ausstellung im Haus der Blätter, der früheren Abhörzentrale.
An der zentralen Achse vom Skanderbeg-Platz über den Helden-Bou­le­vard zum Mutter-Teresa-Platz span­nen die wichtigsten öffentlichen Ge­bäu­de den Bogen, von der hübsch be­mal­ten Et’hem-Bey-Moschee bis zur Beton­pyramide des früheren Enver-Hoxha-Museums.
Wer eine Pause vom Trubel der Stadt sucht, kann sich mit der Seilbahn auf den Hausberg Dajti schaukeln lassen. Ein hübscher Wald lädt zum Spazieren ein, vom Restaurant genießt man die Blicke über die Stadt. Die Zezë-Schlucht beeindruckt mit einem rau­schen­den Fluss, Kalköfen, alten Brü­cken und einem dramatischen Wasser­fall - ein echter Geheimtipp, den außer ein paar Ziegenhirten kaum ein Alba­ner kennt.
Durrës
In der Hafenstadt Durrës treffen wir die Antike in Gestalt eines Amphitheaters, eines spätrömischen Forums und einer Stadtmauer mit mächtigen Bastionen. Eine Kapelle in den Theater­kata­kom­ben birgt über verblichenen Fresken die einzigen byzantinischen Wand­mo­sai­ken Albaniens. Als Highlight des Archäologischen Museums gilt eine Sammlung von Terrakottaköpfen und kör­perteilen, die Pilger dem örtlichen Aphro­ditetempel als Votivgaben ge­schenkt hatten. Ein anderes Museum er­innert an den auf Bühnen in Wien und Berlin zu Ruhm gekommenen Schau­spieler Alexander Moissi.
Der flache, kinderfreundliche Sand­strand von Durrës-Plazh war schon unter der Diktatur Albaniens belieb­tes­tes Ferienziel. Im Hochsommer ist er all­zu dicht belegt, zu anderen Zeiten kann man hier herrlich entspannen. Doch am Kap Rodon gibt es auch stille und romantische Badeplätze, zumal dort, wo man ein Stück weit zu Fuß gehen muss. Auch der bewirtschaftete und damit sauber gehaltene Plazhi i Gjeneralit belohnt die mühsame An­fahrt mit fei­nem Sand und schönen Sonnen­unter­gän­gen.
Kruja und Lezha
Auf der Burg des Bergstädtchens Kruja widmet sich das recht martialisch auf­gemachte Skanderbeg-Museum dem Wir­ken und dem Erbe des National­helden. Gegenüber im Volkskunde­muse­um kann man sich ein Bild vom Leben der albanischen Aristokratie im 19. Jh. machen. Wer Sou­venirs sucht, wird in den Holz­bu­den des kopfstein­ge­pflasterten Basars fündig. Auf dem mit einer guten Straße erschlossenen Berg kann man die geheimnisvolle Quell­grotte mit dem Grab des Der­wisch­heiligen Sari Saltik er­kunden und auf der Aus­sichts­ter­ras­se beim Wäch­ter ein Tässchen Mokka trinken. Der Nationalpark am Shtama-Pass über­rascht rund um die Ausflugs­lokale mit einem im Sommer an­ge­nehm küh­len Wald.
In dem nach dem Erdbeben von 1979 weitgehend neu aufgebauten Städt­chen Lezha hat Skanderbeg in der Ruine der Nikolauskirche eine Ge­denk­stätte. Vielleicht befand sich hier einmal sein Grab. Den etwas lieblosen Badeort Shëngjin mag man sich sparen und statt­dessen die Lagune Kune-Vain be­su­chen, ein Naturreservat voller Was­ser­vögel mit Beobachtungstür­men, ei­nem guten Restaurant und einem schö­nen Badeplatz.