Über das Buch

Miriam beschleicht ein ungutes Gefühl, als sie den Anruf annimmt: Felix, von dem sie seit Monaten getrennt ist, braucht sie: Nur für ein paar Tage möge sie sein neues Bistro führen. Wider besseres Wissen sagt Miriam zu …

Das »Bistro« ist in Wahrheit eine heruntergekommene Kneipe, in der das Chaos regiert und zwei unmotivierte Angestellte mutwillig alles noch schlimmer machen. Zum Glück bieten Selim (ein türkischstämmiger Busfahrer mit losem Mundwerk und verträumter Hobbykoch) und Ioannis (Buchhalter und Selims Freund) ihre Hilfe an.

Alles könnte gut werden – und sogar noch besser, als Selim sich in Miriam verliebt. Doch dann taucht Felix auf und plötzlich wird alles schrecklich kompliziert.

 

 

 

 

Für alle Verliebten, Träumer und Chaoten

 

Komm schon, Miriam, lass mich nicht hängen!«

Wie oft hatte sie diesen Satz von ihm gehört? Mit dem gleichen flehenden Unterton, meist kombiniert mit einem unwiderstehlichen Augenaufschlag und kummervollen Falten auf der sonst so glatten Stirn.

»Bitte, Miri.«

Damit hatte er immer so ziemlich alles von ihr gekriegt. Die Mathehausaufgaben in der sechsten Klasse, später die Abschreiberlaubnis in Biologie, Geschichtsreferate, Kunstprojekte und Deutschaufsätze. Damals, dank seiner Zahnspange, noch mit süßem Lispeln erbettelt. Felix Dillinger, Klassenclown und geborener Anstifter, wenn es um Blödsinn ging. Süß, aber als potenzieller Freund indiskutabel – nicht zuletzt, weil sie ihn mit zwölf noch um einen guten halben Kopf überragt hatte. Mit dreizehn auch, aber da war es ihr dann egal gewesen. Achtzehn lange Jahre lag das nun zurück.

Miriam klemmte das Handy zwischen Ohr und Schulter und schloss die Wohnungstür auf. Ein Zimmer, Miniküche, Bad – perfekt für ihr wunderbares Singleleben. Mit dem Absatz kickte sie die Tür hinter sich zu und schälte sich aus der Jacke. Felix’ Seufzen brachte Gletscher zum Schmelzen und wirkte leider auch dann, wenn sie den Augenaufschlag nicht sehen konnte.

»Fang von vorne an, Dilli. Was genau willst du von mir?« Spontan hatte sie einfach nein gesagt, als er etwas von Notfall ins Telefon gestammelt hatte. Nein, nicht schon wieder. Diesmal nicht. Vergiss es.

Sie zog den Reißverschluss ihrer Stiefel auf, stellte sie unter die Garderobe und ging auf Socken in die Küche. Ein Tee zum Feierabend musste sein. Gerade an einem Montag. Und wenn ihre Befürchtungen nur einigermaßen zutrafen, konnte der eine doppelte Rumeinlage vertragen.

»Ich habe es getan, Miriam! Endlich den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt.«

Sie kippte den Inhalt ihrer Teedose aus und schob unschlüssig die Beutel hin und her. Früchtetee oder Kräuter? Oder schwarz? »Du brauchst also Geld.«

»Was? Nein! Der Laden läuft. Alles super. Es wäre nur toll, wenn du dort in den nächsten Tagen mal nach dem Rechten sehen könntest und dich ein bisschen kümmern …«

Ein bisschen kümmern konnte in seiner Welt alles Mögliche bedeuten.

»Es ist wirklich total easy. Du müsstest nur abends aufschließen und später wieder zu. Ach ja, und die Kasse übernehmen. Da will ich nicht einfach irgendjemanden ranlassen. Du bist meine Vertrauensperson Nummer eins!«

Es knisterte in der Leitung. Honig ums Maul schmieren, ja, das beherrschte er perfekt. Miriam wartete und packte ihr Abendessen aus. Ein Mettbrötchen und eins mit Spießbraten, fertig belegt aus der Metzgerei. Singlelebenluxus. Vorsorglich schnupperte sie daran. Nein, keine Spur von Knoblauch, genau wie es die Verkäuferin geschworen hatte. Knoblauch ging gar nicht.

»Bist du noch da?«

»Sicher bin ich noch da. Wie wäre es mit ein paar Basisinformationen? Was für ein Laden, wie viele Tage in Ziffern sind die nächsten Tage? Und warum kümmerst du dich nicht selbst?«

Der Wasserkocher blubberte und sie goss den Tee auf. Ihr Verdacht, dass sie härteren Stoff vertragen konnte, verdichtete sich.

»Ein Restaurant. Nichts Großes. Also ein Bistro, mit Koch und Servicekraft. Und ich kann nicht, weil …« Hintergrundgeräusche störten die Verbindung. »Versprich, dass du dich nicht aufregst, ja?«

»Versprochen.« Drei Löffel Zucker rieselten in die Tasse. Sie nahm Telefon und Tee mit zu ihrem Sitzsack, schlug die Beine unter und kuschelte sich ein. Sich über Felix aufzuregen hatte sie längst aufgegeben. Obwohl die Worte Selbstständigkeit und Restaurant im Zusammenhang mit ihm alles andere als beruhigend wirkten. Der geborene Chef sah anders aus.

»Ich hatte einen Unfall«, platzte er heraus.

»Wie bitte?« Heißer Tee schwappte über Miriams Finger. Sie fluchte und wischte ihre Hand an der Jeans trocken. »Du verdammter Pfosten, wieso sagst du das nicht gleich? Und mit gleich meine ich sofort. Als Erstes, wenn du mich anrufst. Was ist passiert? Bist du okay? Soll ich dich irgendwo abholen?«

»Ach, Miriam«, seufzte Felix, »dafür werde ich dich ewig lieben, das weißt du hoffentlich?«

Ob er damit ihre Inkonsequenz in Sachen nicht aufregen meinte oder einfach nur die Tatsache, dass sie sich um ihn sorgte, ließ er offen. Sie pustete auf die verbrühte Stelle an ihrer Hand. »Ich dich nicht. Du Arsch.«

»Oh doch. Und das wissen wir beide.«

Felix lachte leise und Miriam spürte, wie sich auch auf ihrem Gesicht ein Lächeln ausbreitete. Dieser blöde Hund. Sie hatte keinen Schimmer, wie er das immer wieder schaffte.

»Weißt du, das war so: Ich hab eine spontane Spritztour unternommen, weil heute Ruhetag ist, und na ja, hatte eben einen kleinen Unfall. Nichts Dramatisches, wirklich.«

»Das heißt was genau?«

»Mein Bein ist gebrochen oder angebrochen. Keine Ahnung, jedenfalls geht es mir gut, ich bin im Krankenhaus und werde versorgt. Nur muss ich ein paar Tage bleiben. Ist nicht so einfach.«

Miriam atmete tief durch. Von hinten durch die Schulter ins Auge. Wenn man einen Sachverhalt auch kompliziert erklären konnte, kam für Felix nie der leichte Weg infrage. »Wo zum Teufel steckst du? Und was sind das für Ärzte, wenn du unsicher bist, ob du dir das Bein gebrochen hast oder nicht?«

Einen Moment lang blieb es still.

»Italien?«, sagte er dann, was allerdings eher wie eine Frage klang und ziemlich kleinlaut. »Lago Maggiore, jedenfalls in der Nähe. Die Sprache, der Papierkram, die Versicherung … Weißt du? Fakt ist: Ich sitze erst mal fest.«

Ganz schön weit für einen eintägigen Spontantrip. Miriam schluckte eine Verwünschung hinunter. Eine Schnapsidee wie diese sah ihm zwar durchaus ähnlich, aber für gewöhnlich war er dabei in Begleitung. Felix war selten und ungern allein.

»Italien«, wiederholte sie. Und ausgerechnet der Lago Maggiore. Ihr Blick wanderte zu dem gerahmten Foto auf dem Fensterbrett. Sonne, Sand und ein verliebtes Paar am Baggersee. »Hättest es schlechter treffen können, Dilli. Ist deine Freundin bei dir, um dich zu verhätscheln? Wie heißt sie noch – Melanie?«

»Du meinst Mareike. Nein, die ist nicht da.« Er druckste herum. »Was ist jetzt, Miriam – hilfst du mir?«

Es gab sicher gute Gründe, warum er den Job im Bistro nicht seiner neuen Flamme aufdrückte. Eine Yogalehrerin, extrem sportlich und gesundheitsbewusst, die vermutlich auch Tantramassagen beherrschte und noch vor dem Frühstück das Kamasutra mit ihm durchturnte. Nun ja, in nächster Zeit wohl eher nicht, wenn sie ihn in Italien in Gips legten. Miriam grinste in sich hinein und gönnte sich ein klitzekleines bisschen Schadenfreude. In Anbetracht der Umstände lag es nahe, dass Felix den Ausflug nicht nur ohne Mareike, sondern auch ohne ihr Wissen unternommen hatte.

Sie nahm einen Schluck Tee, der immer noch heiß war und sehr bitter – sie hatte nicht umgerührt. Erst ganz am Ende erwartete sie der konzentrierte Zuckerschock. »Ganz easy?«, fragte sie vorsichtig nach.

»Ja.«

»Schlüsselgewalt und Kasse?«

»Genau. Du bist die Chefin, den Rest erledigt das Personal.« Seine Atmung verriet große Erleichterung. »Du machst das schon. Vertrau mir.«

»Ich weiß nicht recht, Dilli. Gastronomie – da kenne ich mich so gar nicht aus. Erzähl mir erst mal noch mehr darüber. Wann muss ich aufmachen? Ich komme ja erst um 16:30 Uhr aus dem Büro und …«

»Das passt perfekt, du kannst einfach danach hinfahren. Um fünf Uhr aufschließen reicht. Den Ersatzschlüssel bekommst du im Kiosk nebenan.«

»Wo genau ist nebenan und was …«

»Äh, sorry, Miriam – ich muss Schluss machen.« Felix senkte die Stimme. »Visite. Chefarzt, glaube ich. Der guckt schon ganz finster, weil hier Handyverbot herrscht.« Ehe sie noch einen Einwand anbringen konnte, rasselte er die Adresse herunter, schleuderte ein »Du bist die Beste!« hinterher und dann war das Gespräch auch schon beendet.

Völlig überrumpelt lehnte Miriam sich in ihrem Sitzsack zurück. Am besten war es sicher, das Telefonat sofort wieder zu vergessen und jeden weiteren Anruf von Felix zu ignorieren. Sie hätte auf ihren ersten Impuls hören und beim Nein bleiben sollen. Was auch immer sie in seinem Bistro erwartete, konnte sie nur in Schwierigkeiten bringen. »Blöder Hund«, sagte sie leise und wiederholte dann lauter. »Blöder, blöder Hund!« Nicht hinzugehen war keine Option. Sie wusste das und Felix wusste es leider auch.

Der Mann gegenüber beugte sich verschwörerisch nach vorn.

»Es geht mich ja nichts an, aber … Hat sie Ihnen geglaubt?«

Felix Dillinger nickte langsam. Es fühlte sich nicht gut an, Miriam zu belügen, aber es war wesentlich besser als die Alternative. Er strich sich durch den Bart und grinste leicht verlegen. Die feine Art war es nicht, aber es funktionierte. »Sie ist die tollste Frau der Welt.« Der skeptische Blick des Mannes erforderte eine Bekräftigung seiner Aussage. »Miriam hat mich noch nie im Stich gelassen. Sie ist die Frau, die jede Kuh vom Eis kriegt – und ernsthaft, ich hab schon ganze Rinderherden über den See getrieben.«

Miriam war so viel stärker als er. Sie war die Einzige, die ihn Dilli nennen durfte, und das machte sie ganz konsequent. Hatte sie ihn je mit seinem Vornamen angesprochen? Ihm fiel keine Gelegenheit ein.

»Sie ist also eine echte Powerfrau, diese Miriam. Und ich bin in Ihrer Geschichte demnach der Chefarzt?«

»Richtig, Herr Doktor.« Felix grinste noch breiter. »Ich bin wirklich gespannt auf Ihre Diagnose.«

 

Der Dienstag im Büro verlief ähnlich spannend wie jeder andere Tag auch. Größter Aufreger war ein falsch abgehefteter Vorgang, nach dem eine halbe Stunde lang gesucht werden musste. Miriam brauchte bei der Arbeit keine Uhr, sie konnte die Zeit am Verhalten der Kollegen ablesen, wer sich wann Kaffee holte, aufs Klo ging oder zum Rauchen auf den Balkon. Rituale mit großer Präzision, die jede Stunde bis auf wenige Minuten genau takteten. Im Lauf des Nachmittags erwischte sie sich bei dem Wunsch, die Intervalle schneller zu drehen. Überpünktlich schloss sie zum Feierabend die Schreibtischschublade ab, hatte den Computer schon vorher heruntergefahren und den Lamellenvorhang vors Fenster gezogen. Die beiden älteren Kolleginnen, mit denen sie das Büro teilte, wechselten missbilligende Blicke, sagten aber nichts. Miriam widerstand dem Impuls, eine Erklärung abzugeben, lächelte und winkte freundlich, dann rannte sie aus dem Gebäude. Seit sie ihre kleine Wohnung am Stadtrand bezogen hatte, nahm sie den Bus zur Arbeit. Das Bistro musste etwa auf halber Strecke liegen. Ungefähr dort, wo Altstadt und Studentenviertel aufeinandertrafen. Der Straßenname war ihr zwar bekannt, mehr aber nicht. Da sie das Internetdatenvolumen ihres Smartphones restlos aufgebraucht hatte, würde sie sich irgendwie anders zurechtfinden müssen. Sie erinnerte sich, an der Haltestelle eine Umgebungskarte gesehen zu haben, und ging schneller. Doch die Karte versteckte sich genau wie der Fahrplan unter einer bunten Variation frischer Graffitis, Entziffern unmöglich. So ein Mist. Obwohl sie ziemlich sicher war, morgens und abends an der passenden Station vorbeizuschaukeln, blieb ihr nichts anderes übrig, als sich im Bus danach zu erkundigen. Vorausgesetzt, der Busfahrer kannte seine Strecke, war der deutschen Sprache mächtig und gewillt zu kommunizieren. Eigentlich ein fieses Vorurteil, aber alle drei Faktoren trafen erfahrungsgemäß selten zusammen. Genau wie Pünktlichkeit und funktionierende Ansagen. Heute brauchte sie alles auf einmal – also nichts Geringeres als ein Wunder. Unglaublich, dass der Gedanke an das Bistro sie nun doch nervös machte. Was sollte schon schiefgehen? Sie trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. Wenigstens musste sie sich keine Gedanken um ihr Abendessen machen. Hunger wirkte sich negativ auf ihre Geduld aus. Ihr Magen knurrte und zauberte ihr Bilder von Rührei und Pizza auf die Wunschliste fürs Probeessen. Oder sollte sie lieber einen Bistro-Klassiker testen? Flammkuchen mit Speck, Baguette mit Hackfleisch und Käse … Einmal die Speisekarte rauf und runter. Qualitätssicherung musste schließlich sein.

Endlich rollte der Bus heran. Sie reihte sich an vierter Stelle in die Warteschlange und beäugte den Mann hinter dem Lenkrad. Gestutzter Bart, buschige Augenbrauen, dunkle, sehr kurz rasierte Haare, goldene Panzerkette und im Hemdausschnitt festgeklemmt eine Sonnenbrille. Er war etwa in ihrem Alter, was die Chancen auf eine brauchbare Verständigung erhöhte. War es eigentlich rassistisch, dass sie sofort wieder über Sprachbarrieren nachdachte, nur weil der Typ einen deutlich sichtbaren Migrationshintergrund hatte? Grübelnd durchwühlte sie ihre Tasche. Beim Einsteigen hatte sie den Zettel mit der Adresse griffbereit in der einen Hand und mit der anderen hielt sie dem Fahrer die Monatskarte unter die Nase.

»Fahren Sie am Friedensplatz vorbei?«

»Nein.«

»Und an der Hartwigstraße?«

»Nein. Auch nicht.« Die Antwort kam schnell, gut gelaunt und akzentfrei. Hilfreich war sie nicht.

»Aber das hier ist doch die Linie drei?«

»Rischdisch.« Der Fahrer grinste.

Miriam runzelte die Stirn und schaute ihn verwirrt an. »Ich will in den Fliederweg, und soweit ich weiß, muss ich dann entweder am Friedensplatz oder in der Hartwigstraße raus. Wie komme ich denn dann dorthin?«

»Ich schlage vor, Sie setzen sich und drücken auf den Knopf, wenn es so weit ist.«

»Dann fahren Sie doch dort vorbei?«

»Nicht, wenn Sie drücken.« Mit einem Zwinkern winkte er sie näher und wisperte konspirativ, aber mit unverminderter Lautstärke. »Keine Sorge, wenn Sie es verpassen – irgendeiner drückt immer, darum halte ich auch immer an. Jetzt mal ehrlich: Wenn ich am Friedensplatz nur vorbeifahre, hätte Ihnen das doch nix genützt. Oder wollten Sie lieber bei voller Fahrt abspringen?«

Miriam blieb kurz der Mund offen stehen, dann rollte sie kommentarlos die Augen und suchte sich einen Sitzplatz. Um sie herum wurde unterdrückt gekichert. Na toll, die dämliche Unterhaltung hatten offenbar alle mitbekommen. Das hatte sie jetzt von ihrem herbeigesehnten Wunder. Im Rückspiegel sah sie den Fahrer die Lippen spitzen und fröhlich pfeifen. Rasch wandte sie sich dem Fenster zu. Wenige Minuten darauf knackte der Buslautsprecher.

»Good evening, ladies and gentlemen. Guten Abend sehr verehrte Damen und Herren. Welcome on board of the Linie drei. Herzlich willkommen in der Linie drei. If you want to leave, just: push the button, let me know

Du liebes bisschen, jetzt fing der auch noch an zu singen. Kopfschüttelnd beobachtete Miriam ihre Mitreisenden, die sich köstlich amüsierten.

»Wer aussteigen will, please ring my be-e-ell – ring my bell! Bitte das rote Knöpfchen drücken. Ist vollkommen ungefährlich, wir führen weder Kurz- noch Langstreckenwaffen mit uns. Ich halte auf Knopfdruck einfach nur an. Und nun eine spezielle Nachricht an Supergirl – damit meine ich die mutige Stuntfrau, die überlegt hat, ohne Stopp abzuspringen. Ihre Gelegenheit mir mit einem Fingertipp Einhalt zu gebieten ist genau: jetzt.«

Die Busgesellschaft grölte. Miriam biss sich auf die Zunge, drückte den Knopf und drängte sich mit hochrotem Kopf zum Ausstieg.

»Zum Fliederweg müssen Sie an der nächsten Ecke links abbiegen und dann gleich wieder rechts«, hörte sie den Mann noch sagen, als sie mit einem Fuß bereits auf dem Bürgersteig stand. Die Tür schloss sich hinter ihr und unter das Zischen der Druckluftverriegelung mischte sich Gelächter.

Miriam atmete tief durch und machte sich auf den Weg. Der Zettel mit der Adresse war verschwunden, doch den hätte sie ohnehin nur noch gebraucht, um ihn vor Wut zusammenzuknüllen. Das irritierende Gefühl, gerade grundlos und unverschuldet zum Affen gemacht worden zu sein, klebte ihr an den Hacken, bis sie den Kiosk entdeckte und zwei Häuser weiter das Bistro. Über dem Eingang baumelte ein Blechschild, auf dem genau dieses eine Wort stand: »Bistro«. Links und rechts davon stand je ein Topf mit einem Buchsbaum. Undeutlich erkannte sie auf der Fensterscheibe daneben aufgeklebte Buchstaben. Sie zuckte die Schultern. Wen interessierte es, ob Felix seinen neuen Spielplatz Melanie oder Mareike gewidmet hatte? Namen bedeuteten nichts. Nur im immer gleichen Anfangsbuchstaben bei der Auswahl seiner Freundinnen mochte eventuell ein Hinweis stecken. Aber sie war zum Glück nicht seine Psychotherapeutin.

Nun also erst der Ersatzschlüssel, dann wurde es ernst. Pragmatisch nannte ihre Mutter sie gern und Miriam war nie sicher, ob das als Lob gemeint war. Dabei konnte sie nichts Falsches daran finden, wenn man sich bei Entscheidungen an den Notwendigkeiten orientierte oder daran, was am dringendsten erledigt werden musste. Ein bisschen Logik erleichterte das Leben ungemein. Sie betrat den Kiosk und stellte sich der Inhaberin vor, die ihr ohne Umschweife den Schlüssel aushändigte. Logisch war es ihr trotz Felix’ undurchsichtigen Aussagen auch erschienen, an den Einsatz im Bistro unvoreingenommen heranzugehen. Kein vorschnelles Urteil und keine unnötige Hektik. Alles ganz easy, hatte Dilli gesagt. Darum hatte sie am Vorabend weder im Internet nach weiteren Informationen noch nach Kommentaren zum Bistro gesucht, sondern lieber mit einer Freundin gechattet. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste, aber Misstrauen der Vater aller Scherben.

Beschwingt legte sie die letzten Meter zurück und freute sich mit einem Mal darauf, das Bistro gleich in Augenschein nehmen zu können. Auch das hungrige Grummeln in ihrem Magen hatte daran einen gewissen Anteil.

Auf den Stufen vor der Tür, und ihrem Blick zuvor durch ein Buchsbäumchen verborgen, saß ein übergewichtiger Mann mit Ziegenbart. Am Fenster lehnte eine spindeldürre Frau, die mit fahrigen Gesten rauchte. Das war also Felix’ Team.

Das einzig sichtbar verbindende Element zwischen den beiden war der übellaunige Gesichtsausdruck.

Ungerührt wedelte Miriam mit dem Schlüsselbund. Eingang, Hintertür zum Hof und Wohnungsschlüssel für die erste Etage. Über die Sache mit dem Wohnungsschlüssel hatte sie sich ein wenig gewundert, aber nicht nachgehakt, und auf ein Missverständnis getippt.

»Hi«, flötete sie und zog das kleine Wort zu einem großen Ha-ai in die Länge. Menschen mit schlechter Laune passten nicht zu Dillis Grundeinstellung, sicherlich ließen sich die zwei Muffköppe schnell aufheitern.

»Grüße von Felix. Er fällt vorübergehend aus, daher hat er mich …«

»Bist ganz schön spät«, fiel ihr der Mann ins Wort und wuchtete sich schnaufend hoch. Sofort sah er viel weniger dick aus, wenngleich immer noch etwas unförmig. Hinter ihm kam ein Einkaufskorb zum Vorschein, in dem ein Sammelsurium aus Gemüse, Pappschachteln und Papiertüten steckte.

Die Dürre aschte auf den Boden und rauchte stumm weiter. Einzeln betrachtet sahen die beiden total normal aus, nur die Kombination wirkte skurril.

»Mir hat er gesagt um fünf.« Miriam behielt ihr vorsätzliches Strahlen bei. Laut ihrer Uhr war sie sogar zehn Minuten zu früh dran.

»Um fünf, na klar …« Der Koch zwirbelte sich den Fusselbart. »Meinst du, wir haben nichts vorzubereiten in der Küche?«

Mit abfälligem Schnauben drückte seine Kollegin ihre Kippe an die Wand und versenkte den Stummel in einem der Blumenkübel.

Das war ja mal eine nette Begrüßung. Auf den Tonfall wollte sie sich ungern einlassen. Allerdings war das eine gute Vorlage, um ihre eigene Position klarzustellen. Sofort.

»Was ich meine, sage ich euch später. Ich bin übrigens Miriam Dillinger.« Verdammt, das klang selbst in ihren eigenen Ohren schnippisch, und geriet deutlich unfreundlicher als ursprünglich beabsichtigt. »Bis mein Mann wieder auf dem Damm ist, bin ich eure Chefin.« Damit schlängelte sie sich zwischen den beiden durch, an der Kiste vorbei zur Tür und drehte den Schlüssel im Schloss.

Die Ernüchterung ließ nach dem kleinen Triumph nicht lange auf sich warten. Ihre Positionierung als Chefin katapultierte Miriam vollends ins Abseits. Das hatte sie nun davon. Wortkarg verdrückte sich ihr Personal in die Küche. Auf freiwillige Auskünfte zu betrieblichen Details brauchte sie kaum zu hoffen, was sie ihnen nicht mal übel nehmen konnte. Bei einer Chefin durfte dieses Wissen und ein Mindestmaß an Fachkompetenz vorausgesetzt werden. Hätte sie im umgekehrten Fall genauso erwartet.

Leise fluchend sah sie sich um. Gut möglich, dass der Laden ursprünglich mal eine Bäckerei mit Café gewesen war oder eine Metzgerei mit Mittagstisch. Der Raum versprühte altertümlich rustikalen Charme, wenn man es positiv sehen wollte. Bunte Wandfarbe und uneinheitliche Möblierung gaben dem Ganzen einen provisorischen Touch. Mit etwas Fantasie konnte man darin ein avantgardistisches Konzept vermuten. Miriam wusste es besser. Was provisorisch aussah, war genau das und am aktuellen Zustand würde sich in Zukunft kaum etwas ändern. Was nicht sofort passierte, hatte sich erledigt. Und von dem Ansatz, Dinge sofort zu erledigen, hatte Felix noch nie viel gehalten. Miriam seufzte. Auf den Tischen stand Geschirr mit eingetrockneten Resten und auf der Theke Glas an Glas. Auch der Boden schrie nach Wasser und einem Schrubber. Der Ruhetag am Montag wurde offenbar sehr ernst genommen, seit Sonntagabend war alles völlig unberührt geblieben. Miriam drehte sich um die eigene Achse und ihr Blick streifte wieder die auf der Scheibe klebenden Buchstaben. Sie registrierte ein I, ein O und ein V. Gab es eine Spülmaschine, wo lagerte das Putzzeug?

Entschlossen stellte sie ihre Arbeitstasche auf eine umgedrehte Bierkiste, die einzig freie Stelle hinter der Theke, und zog die erste Schublade auf. Streichholzbriefchen, Feuerzeug, Kerzen. Die zweite Schublade war verschlossen und sie nahm sich vor, gleich nach dem Saubermachen den Schlüssel zu suchen. Im Schrank darunter wurde sie für ihr erstes Vorhaben fündig: Geschirrtücher, Spülmittel und eine in Nase und Augen beißende Flüssigkeit, die entweder Desinfektionsmittel oder ein selbst gebrannter Schnaps sein konnte. Sie krempelte die Ärmel hoch und legte los.

Mit jedem Zentimeter Sauberkeit verbesserte sich ihre Laune. Eigentlich war der Laden ganz charmant und aus der Küche begann es zu duften und zu zischen. Ziegenbart konnte demnach nicht nur meckern, er wusste auch, wie man eine Pfanne benutzte. Sie spülte Gläser und die Dürre verfrachtete auf dem Rückweg von einer Rauchpause das restliche Geschirr in die Küche. Na bitte, das funktionierte sogar ohne Aufforderung. Miriam inspizierte die Regale und Schränke, fand Servietten und Besteck, große Mengen Spirituosen, sogar einen Cocktailshaker, einen Stapel Bierdeckel, einen Notizblock mit Bleistift und ein Reservierungsbuch. Eine Kapsel-Kaffeemaschine, ein Getränkekühlschrank, eine elektronische Kasse und ein Kartenlesegerät rundeten die Ausstattung ab. Inzwischen war es fast 18:30 Uhr, die ersten Gäste trudelten ein und die Dürre kümmerte sich sehr beflissen. Wunderbar. Ganz langsam machte sich so etwas wie Entspannung breit. Miriam schenkte Getränke aus und spähte auf die Teller, die die Küche verließen. Eine Suppe, ein Salat und ein undefinierbarer Auflauf. Ihr Magen knurrte wie ein Werwolf auf dem Weg zur Jagd. Sie drückte eine Hand auf ihren Bauch, aber er gab keine Ruhe.

»Sollen wir dir was zu essen machen, Chefin?« Die Dürre hielt vor der Schwingtür an und grinste verhalten.

»Das wäre super.« Miriam deutete die Frage als Friedensangebot und nahm sich vor, ihre beiden Helfer gedanklich nicht mehr Ziegenbart und die Dürre zu nennen. »Ein Königreich für ein Schnitzel mit Pommes.«

»Blumenkohl oder Aubergine?«

Miriam schnitt eine Grimasse. »Bitte nicht, nur die Basics, keine weiteren Beilagen.«

Samantha, die ihren Namen zur Hälfte englisch aussprach, legte die Stirn in Falten. »Das Schnitzel, meine ich: Blumenkohl oder Aubergine? Aus Zucchini kann Rolf das glaube ich auch machen. Oder such dir halt was von dem anderen Zeug auf der Karte aus. Pommes haben wir heute keine, die gibt es nur am Wochenende.«

»Ja, äh, klar, logisch, nur am Wochenende.« Miriam schlug sich an die Stirn, als hätte sie das nur gerade kurz vergessen, und vertiefte sich irritiert in die Speisekarte. In nostalgischen Schnörkeln zierte der Aufdruck »Bistro« die Vorderseite. Ganz unten standen die Adresse und eine Telefonnummer und dazwischen prangten drei merkwürdige Wörter, aus denen sich Einzelbuchstaben lösten, die jetzt vor ihren Augen tanzten. I und O und V, und V und I und O – wie auf der Fensterscheibe. Hatte sie das vorher wirklich nicht gesehen – oder einfach nicht sehen wollen? Eigentlich war Felix ja der Meister im Ausblenden unliebsamer Tatsachen – und nicht sie.

»Vollwertig, Bio, Vegan.« Ihre Lippen bewegten sich lautlos, ihr Finger rutschte Zeile um Zeile bis zum Ende der Karte. Von etwa der Hälfte aller aufgelisteten Speisen hatte sie nie gehört und um die andere Hälfte machte sie prinzipiell einen großen Bogen. Abwartend stand Samantha auf der Küchenschwelle.

»Und?«

»Brot«, stieß Miriam hervor. »Bring mir bitte einfach ein paar Scheiben Brot. Während der Arbeit ein Schnitzel zu essen wäre ja auch …« Sie lachte auf, hielt sich die Hand vor den Mund, ehe der Ton ins Schrille kippen konnte.

»Knobibrot, geht klar.«

»Nein!« Sie sah, wie die Gäste die Köpfe in ihre Richtung drehten. Miriam hob den Zeigefinger, atmete tief ein, lächelte, um dem Nein die Schärfe zu nehmen, und senkte die Stimme. »Nein. Kein Knoblauch.«

»Ohne ist nicht.«

»Ohne ist nicht«, wiederholte sie dumpf und nickte. Ihre gute Miene begann gewaltig zu bröckeln. »Dann nichts. Kein Brot. Gar nichts. Wenn du mich kurz entschuldigst? Ich muss mal eben telefonieren.« Sie schnappte sich ihr Handy und flitzte ins Freie. »Vollwertig, Bio, Vegan« – strahlte es ihr in poppigem Grün von der Fensterscheibe entgegen. Dahinter saßen Menschen im warmen Licht der funzeligen Tischlämpchen und gafften sie an, während sie sich Salatblätter in den Mund schoben oder vielleicht Okras – was auch immer das sein mochte. Sie hatte die Dinger immer für eine Muschelart gehalten oder einen besonderen Tintenfisch. Aber das konnte sie nun definitiv ausschließen.

Drei schnelle Schritte weiter war sie außer Sicht und wählte Felix’ Nummer. Es tutete und knackte – der Anrufbeantworter. Miriam legte auf, trat gegen einen Laternenpfahl, wählte erneut, mit demselben Ergebnis. Beim dritten Versuch hörte sie sich die Ansage bis zum Ende an.

»Vegan, Dilli – vegan? Das kann nicht dein Ernst sein«, zischte sie empört. »Hallo? Wirst du wohl an dieses verdammte Telefon rangehen! Ich in einem Bistro für die Körnerfresserfraktion – was hast du dir dabei gedacht?« Die Frage war so überflüssig wie der nächste Satz, den sie seiner Mailbox entgegenschleuderte. »Du hättest mich wenigstens warnen können.« Nein, das hätte er nicht. Der Hinweis auf die spezielle – völlig fleischlose – Ausrichtung seines Bistros wäre das Aus für seinen Plan gewesen, sie einzuspannen. Die hilflose Laterne kassierte einen zweiten Tritt. Dieser nichtsnutzige, unmögliche Mistkerl.

Es hatte einen guten Grund gegeben, aus der gemeinsamen Wohnung auszuziehen und die Beziehung zu beenden. Ein sauberer Schlussstrich, solange sie noch nicht zerstritten waren. Freundschaftlich und dennoch unter Tränen beim letzten Sex, den sie gebraucht hatten, um sicher zu sein, dass es wirklich vorbei war. Vorbei. Obwohl der Sex gut gewesen war. Immer noch gut. Seit einem halben Jahr waren sie einvernehmlich getrennt und hielten sich nur mit einer wöchentlichen Mail auf dem Laufenden. Und nun stand sie da, guckte wie ein Schaf in den Mond und fragte sich, wie oft sie sich noch von ihm einwickeln lassen wollte. Natürlich hätte sie jetzt auch einfach den Schlüssel wieder im Kiosk abgeben können. Theoretisch. Praktisch konnte sie es nicht – und genau das hatte Felix einkalkuliert. Miriam machte keine halben Sachen. Eine Zusage blieb eine Zusage, auch wenn sie unter Vorspiegelung falscher Tatsachen gegeben worden war. Hatte sie ihn explizit nach der Speisekarte gefragt? Sie knirschte mit den Zähnen. Selbst schuld. Ach, Miri, meine Miri – nicht böse sein. Seine Stimme klang ihr noch im Ohr und sie verfing sich in Erinnerungen; sah seine grünen Augen betteln, spürte die störrischen roten Haare unter ihren Fingern, tauchte im endlosen Meer seiner Sommersprossen. Mit Tritt Nummer drei ging die Laterne aus. Das war jetzt endgültig vorbei! Vorbeier ging es gar nicht.

Miriam zwang sich, sich aufs Wesentliche zu konzentrieren. Es galt, diesen Abend mit Anstand zu überstehen. Morgen konnte sie weitersehen. Irgendwann musste Dilli ans Telefon gehen und in absehbarer Zeit aus dem Krankenhaus entlassen werden. Ein Beinbruch, wenn es denn einer war, ließ sich überleben. Und sie würde dafür sorgen, dass er sich zum Gesundwerden nicht mehr Zeit nahm als unbedingt notwendig.

Samantha wischte hinter der Theke an der Arbeitsfläche herum und machte schon wieder einen ungehaltenen Eindruck. Klar, eine Chefin, die spontan aus dem Laden rannte, ins Telefon plärrte und Laternen per Sidekick zum Verlöschen brachte, das war nicht jedermanns Sache. Andererseits, wer mit Felix klarkam, sollte einiges gewohnt sein.

»Die Gäste am Fenster wollen gehen«, wisperte Samantha.

Richtig, kassieren war Chefsache und somit ihr Job. Die Teller waren bereits abgeräumt und auf dem Tisch lag die Rechnung. Handschriftlich, weil das elektronische Buchungssystem ebenso wenig funktionierte wie das Lesegerät für die Kartenzahlung, wie sie bereits festgestellt hatte.

Miriam legte den Zeigefinger ans Kinn, eine blöde Angewohnheit, wenn sie nachdachte, und Samantha deutete auf die verschlossene Schublade. Verdammt, wenn da die Kasse drin war, hatte sie das nächste Problem.

»Können wir dann jetzt endlich zahlen?«, ungeduldig wedelte der Mann mit seiner Geldbörse.

»Sekunde. Komme sofort!« Miriam winkte zurück und überlegte angestrengt. Die Suche nach dem Schlüssel war ihr vor lauter Putzerei vollständig entfallen. Dafür erinnerte sie sich, in der anderen Schublade zwischen diversem Krimskrams eine Schere gesehen zu haben. Groß und robust.

»Bring ihnen zur Beruhigung einen Schnaps«, raunte sie Samantha zu. »Den anderen auch. Eine Runde für alle, geht aufs Haus.« Das verschaffte ihr mehr Zeit und machte hoffentlich einen guten Eindruck.

»Was für einen?«

»Ist mir egal. Gebrannten Tofu oder was auch immer hier gern getrunken wird.«

»Topinambur?«

»Auch gut.« Noch so ein unbekanntes Produkt. Vielleicht ein Verwandter der Okras?

Mit einem breiten Lächeln, als wäre es die selbstverständlichste Sache der Welt, klemmte sie die Schere in den Schlitz zwischen Schloss und Abdeckplatte, ruckelte darin herum, bis sie auf Widerstand stieß, und hebelte das Problem mit roher Gewalt aus dem Weg. Es knirschte, Lack und Spanplatte bröselten, Papier quoll ihr entgegen und ein großes schwarzes Portemonnaie kam zum Vorschein, in dem einige Scheine und Münzen steckten. Nicht gerade viele und unter einer Kasse hatte sie sich etwas anderes vorgestellt, aber damit konnte sie sich zumindest zu den Gästen wagen.

Der Schnaps erzielte die gewünschte Wirkung und ließ die Ungeduldigen ein wenig entspannter werden. Miriams Portemonnaie füllte sich in überschaubarem Maß, bis sich das Lokal um halb elf vollständig geleert hatte. Kurz darauf kam Rolf aus der Küche und verkündete seinen Feierabend, Samantha warf ein letztes Mal den Geschirrspüler an und zog dann ebenfalls die Jacke über. Im Vorbeigehen schaltete sie die Beleuchtung über den Tischen aus, nur noch die Lampe hinter der Bar verbreitete schummeriges Licht.

»Ja, dann vielen Dank.« Miriam konnte es kaum erwarten, endlich die Tür abzuschließen. »Hat doch super geklappt, fürs erste Mal. Wir sehen uns morgen Abend. Früher als heute werde ich es aber nicht schaffen. Ich wünsche euch einen guten Nachhauseweg.«

Die beiden brummten eine vage Zustimmung und schauten Miriam erwartungsvoll an.

Rolf räusperte sich. »Hast du nicht was vergessen?«

»Cash«, half Samantha nach.

»Cash?«

»Ja, cash. Felix bezahlt uns bar.« Samantha und Rolf tauschten genervte Blicke, die alles sagten. Die Möchtegernchefin hatte keinen Plan, weder vom Geschäft noch von den speziellen Arrangements. »Jeden Abend einen Fuffi auf die Hand.«

»Für jeden«, fügte Rolf sicherheitshalber hinzu. »Und ich krieg noch was extra für die Einkäufe.« Er klatschte eine Supermarktrechnung vor ihr auf den Tresen.

Wo gab es denn so was? Miriam schüttelte die Überraschung und den Ärger über die offensichtliche Geringschätzung ihrer Person ab und zückte die gewünschten Scheine, plus des Quittungsbetrags für Rolf. Den Subtext hatte sie auch ohne Übersetzungshilfe verstanden: No cash, no work. Wenn die Kasse immer so fröhlich klingelte wie an diesem Abend – sie hatte im Ganzen neun Gäste gezählt –, und das schwarze Portemonnaie tatsächlich den kompletten Barbestand des Bistros enthielt, konnte sie die Einstellung von Ziegenbart und der Dürren durchaus nachvollziehen. Und der Verdacht, dass die Bezeichnung schwarzes Portemonnaie noch in einem anderen als in rein farblichem Sinne zutraf, drängte sich ebenfalls geradezu auf.

»Ist aber schon ungewöhnlich, oder?«, fragte sie dennoch scheinbar arglos und hoffte auf eine angenehmere Erklärung.

»Nö.« Samantha packte ihre Zigaretten aus und stopfte den Fünfziger in die Hosentasche. »Ist eine ganz einfache Regel: kein Papierkram für Felix, keiner für uns.«

Miriam nickte benommen. Wunderbar. Diese einfache Regel konnte ihnen jederzeit um die Ohren fliegen. Ein Hinweis von irgendwem beim Ordnungsamt genügte.

Das Windspiel klimperte, als sich die Tür öffnete und hinter Rolf und Samantha wieder schloss.

Miriam warf den Kassenbeleg in die aufgebrochene Schublade, dort schien er ihr in guter Gesellschaft, und steckte das Restgeld in ihre Umhängetasche. Wenn sie es nicht einschließen konnte, musste sie es eben mitnehmen. Sie gähnte. Siebzehn Stunden auf den Beinen. Jetzt nur nicht der Versuchung erliegen, sich hinzusetzen und auszuruhen. Zuerst musste ein Kontrollgang durch Küche und Toiletten sein: Fenster checken, Licht, Elektrogeräte, Wasserhähne und zum Schluss die Türen verriegeln. Danach musste sie den Bus erwischen und dann – erst dann –, wenn sie endlich in ihrer kleinen Wohnung ankam, musste sie nichts mehr. Wenigstens für heute.

An der dunklen Laterne und dem Kiosk vorbei, der immer noch geöffnet hatte, ging sie zur Bushaltestelle. Felix hatte nicht zurückgerufen und auch keine Nachricht geschickt. Vielleicht hatten sie ihm im Krankenhaus tatsächlich das Telefon abgenommen. Angeblich störten die Signale ja die empfindlichen medizinischen Geräte. Angeblich … Wahrscheinlicher war es wohl, dass er sich schlicht vor ihrem Livekommentar zum Bistro drückte.

Ein Bus bog um die Ecke und seine gelbe Digitalanzeige mit der Aufschrift »Linie drei« jagte Miriam einen geradezu wohligen Schauer über den Rücken. Fast geschafft. Direkt vor ihren Füßen kam der Bus zum Stehen und mit freundlichem Zischen glitt die Tür auf. Einladend und verlockend: Steig ein, ich bring dich nach Hause. Dorthin, wo dein Tee auf dich wartet, deine Kuschelsocken und dein Bett. Und endlich etwas Anständiges zu essen! Die Monatskarte in der ausgestreckten Hand und in Gedanken bereits angekommen, plumpste sie auf einen der Sitze in der vorderen Reihe.

»Haben Sie es gut gefunden?«

Der Bus fuhr los und Miriam gähnte schon wieder.

»Ich hoffe, meine Erklärung war verständlich? Nicht, dass Sie den ganzen Abend im Kreis herumgeirrt sind. Das wäre mir echt unangenehm.«

Moment mal, sprach der mit ihr? Miriam hielt im Gähnen inne. Die Stimme kam ihr bekannt vor.

»Links abbiegen und dann gleich wieder rechts – so kommt man doch in den Fliederweg, oder?« Der Fahrer sah sie über die Schulter an. In seinem ordentlich gestutzten Bart bildeten sich kleine Grübchen.

Der hatte ihr gerade noch gefehlt. Nur ein gesungener Ton oder ein falsches Wort von diesem Möchtegernkomiker, wie zum Beispiel »Supergirl«, und sie konnte für nichts garantieren. Miriam deutete auf ein Schild an der Stirnseite des Busses: »Während der Fahrt nicht mit dem Fahrer sprechen«, und legte demonstrativ einen Finger an die Lippen. »Pssst!«

Er wiederholte die Geste und nickte. »Pssst. Alles klar.«

An der nächsten Haltestelle drehte er sich wieder um, nachdem ein Fahrgast ein und ein anderer ausgestiegen war. »Sollte ich bei meiner Wegbeschreibung einen Fehler gemacht haben, lassen Sie es mich bitte wissen. Ich bemühe mich nur um Kundenzufriedenheit.« Ehe sie einen Einwand vorbringen konnte, deutete nun er hinauf zu dem Schild. »Das Schweigegelübde gilt übrigens nur während der Fahrt und noch stehen wir. Verraten Sie mir, wo ich Sie jetzt absetzen darf?«

Miriam biss sich auf die Zunge. Hartnäckig war er, dass musste sie ihm lassen. Aber ihr war nicht nach Smalltalk und schon gar nicht nach Witzchen, die sie viel zu sehr an Felix’ Humor erinnerten.

»Ich drück den roten Knopf«, sagte sie und fügte süffisant hinzu: »Mit einem Finger.« Mit welchem, zeigte sie ihm nicht. Von solchen Gesten hielt sie wenig, aber sie war sicher, dass er sie trotzdem verstanden hatte.

Zehn Minuten später stieg sie aus, ohne noch einmal angesprochen worden zu sein. Auf der Schwelle überlegte sie einen Sekundenbruchteil, dem Mann einen schönen Abend zu wünschen, entschied sich aber dagegen. Höchstwahrscheinlich hätte das heute wie eine Verwünschung geklungen. Sie zuckte die Schultern, während der Bus mit leisem pneumatischem Seufzen verschwand. Wirklich wichtig war es ihr nicht, was dieser Busfahrer von ihr dachte. Andererseits entsprach es im Normalfall nicht ihrer Art, so unfreundlich zu sein. Langsam setzte sie sich in Bewegung. Ihre Absätze klackerten unrhythmisch über das Pflaster. Hörte sich an wie das Holzbein eines betrunkenen Piraten. In dieser Gegend herrschte nach der abendlichen Tagesschau meist fast völlige Leere auf den Straßen. Eher ein Schlafviertel als ein Wohnviertel, perfekt für Ruhebedürftige wie sie. Und … Mit einem Fuß im Rinnstein, blieb sie stehen, statt die Straße zu überqueren. Was war das überhaupt für ein Typ, der fremde Frauen Supergirl nannte? Unpassender ging es kaum. Girl! Sie war eindeutig erwachsen und ebenso eindeutig zu jung, um sich durch diese Bezeichnung schon wieder geschmeichelt zu fühlen. Sie breitete die Arme aus. Supergirls hatten Superkräfte, die flogen einfach. Und mussten ganz bestimmt nicht den Bus nehmen, so wie sie. Seufzend legte Miriam die Flügel an und schlurfte weiter. Ihre Füße schmerzten. Morgen würde sie für die Doppelschicht in Büro und Bistro keine Stiefel anziehen, sondern flache Schuhe. Oder sie musste es doch mal mit dem Fliegen versuchen.

 

Ein einsamer Vogel begrüßte den neuen Tag, zwitscherte ihn herbei, lange bevor die Nacht bereit war zu weichen. Seine Stimme erhob sich über die Dächer, schlüpfte durch Fenster in Wohnungen, schlich sich in die Köpfe der Schlafenden. Er vertrieb die Dunkelheit, zwang die Schatten in die Knie und riss Löcher für die ersten Sonnenstrahlen, die sich sachte über die kühle Erde tasteten und Feuchtigkeit in Schleiern aus den Wiesen lockten. Sein Trällern schraubte sich weiter empor, immer weiter, bis zum schier unerträglichen Tremolo ….

»Halt den Schnabel«, brummte Miriam und hielt sich die Ohren zu, bis ihr klar wurde, dass der schrille Ton nicht von draußen kam. Mit einem gezielten Hieb brachte sie den Wecker zum Schweigen. Besser, viel besser. In die eingetretene Stille mischte sich der echte Vogel, der täglich vor ihrem Fenster sang. Was für eine Leidenschaft. Miriam kroch auf Händen und Knien ans Fußende des Bettes und raffte den Vorhang hoch. Wo saß dieser eifrige Piepmatz? Sie blinzelte gegen die Helligkeit an, scannte den Garten und die daran anschließenden Häuser und sah ihn schließlich auf einer Hecke sitzen. Ein mächtiges Organ für einen solchen Winzling, das musste die Vogelweibchen doch beeindrucken. Warum erbarmte sich denn keine, ihn zu erhören? War er zu aufdringlich oder vorlaut oder hatte er ein schlechtes Timing? Sie ließ den Vorhang los und musste unwillkürlich grinsen. Wieso fiel ihr zu diesem Thema sofort dieser Busfahrer ein? Zwar hatte sie den singenden Fahrer nur hinter dem Lenkrad sitzend gesehen, aber wirklich groß konnte er nicht sein. Keinesfalls größer als sie selbst. Und die Kleinen hatten es immer schwer, mussten lauter schreien oder mit anderen Extras punkten. Das war im Tierreich nicht anders als bei den Menschen. Schillernde Federn, enthusiastisches Gezwitscher oder auffällige Frisuren und schnelle, teure Autos – das kam letztlich aufs Gleiche raus. Hauptsache viel Tamtam. Ob der Komiker wohl mit Retro-Sonnenbrille und Linienbus Erfolg hatte? Miriam bezweifelte es sehr, doch der Gedanke versüßte ihr den Start in den Tag, und das konnte sie wirklich gut gebrauchen.

Im Büro arbeitete Miriam still vor sich hin und genoss die Routine der immer gleichen Abläufe. Genau wie sie die Fahrt mit einem für die frühe Stunde angemessen maulfaulen und unfreundlichen Fahrer der Linie drei genossen hatte. Sie schätzte Verlässlichkeit und klare Strukturen. Vielleicht gerade wegen ihrer gescheiterten Ehe, die mit beidem in grundsätzlichem Widerspruch gestanden hatte.

Unter dem Schreibtisch schlüpfte Miriam aus den Schuhen und spreizte die Zehen. Welch eine Wohltat. Im internen Verwaltungsbereich der Versicherungsgesellschaft gab es keine Kleiderordnung, dennoch existierte so etwas wie ein inoffizieller Kodex, der stillschweigend eingehalten wurde. Am virtuellen schwarzen Brett gab es eine Stilberatung zum Nachlesen mit Tipps für den Alltag. Miriam hatte sich bei ihrem Eintritt den Kolleginnen angepasst und daran gewöhnt, Rock und Bluse oder einen Hosenanzug zu tragen. Das klassische Kostüm war ihr dann doch zu overdressed, und sie überließ es den beiden älteren Damen im Zimmer. Obligatorisch waren jedoch Pumps oder Stiefel. Für die gute Haltung und den eleganten Gang, behauptete das Merkblatt. Mit beidem war es heute bei Miriam nicht weit her, woran die Slipper, mit denen sie sich über die Empfehlung hinweggesetzt hatte, allerdings keine Schuld traf.

In der Mittagspause machte sie einen Abstecher in die Fußgängerzone. Das Kantinenessen verschmähte sie meistens. Zum Wohl der Mitarbeiter wurde streng auf ausgewogene Ernährung geachtet. Gut gemeint. Aber das war leider das einzig Gute daran. In der nahe gelegenen Dönerbude kannte man sie daher bestens.

»Wie immer?«

Ein angedeutetes Nicken genügte und eine doppelte Fleischportion landete im warmen Fladenbrot, Joghurtsoße aus dem knoblauchfreien Spezialtopf obendrauf und fertig. Einfach und gradlinig. Kein Schnickschnack. Kurzentschlossen ließ sie einen zweiten Döner einpacken, als Notration für den Abend. Gesund ging anders, das war ihr klar, und zur Beruhigung ihres Gewissens kaufte sie bei einem Straßenhändler einen Becher mit geschnittenen Früchten. Wenn schon Vitamine, dann bitte in süß und bequem. Sie platzierte den Becher vor sich auf dem Schreibtisch und verspeiste unter dem strengen Blick ihrer Kollegin planmäßig alle zehn Minuten einen Happen. Kein Tropfen entwischte und besudelte einen der anhängigen Versicherungsfälle, was sie ihrem Gegenüber am liebsten triumphierend unter die neugierige Nase gerieben hätte. Komisch, dass die Dauerbeobachtung sie plötzlich so störte.

Je weiter der Nachmittag voranschritt, desto unruhiger wurde Miriam und der anstehende Bistro-Einsatz drängte zunehmend in ihr Bewusstsein. Eigentlich sollte es heute besser laufen als gestern. Sie fühlte sich auf das, was ihr bevorstand, vorbereitet und Samantha und Rolf wussten sowieso, was zu tun war. Auch der Döner in ihrer Tasche sollte zu ihrer Entspannung beitragen. Tat er aber leider nicht. Sie simulierte Gelassenheit und achtete darauf, eine gute Minute länger als nötig sitzen zu bleiben. Sechzehnuhreinunddreißig. Ausloggen, atmen, stillhalten, bis die erste Kollegin den Hintern hob. Und dann los, in würdevoller Langsamkeit, das gab der Zeitplan her. Schließlich hatte sie gestern an der Haltestelle sogar noch warten müssen.

Hinter der weißen Markierung bezog sie Stellung am Bordsteinrand.

»Sie haben ihr Ziel erreicht«, murmelte sie halblaut und schaute die Straße hinunter. »Perfekt.«

Die Linie drei schaukelte heran. Jetzt bitte nur nicht der Mann mit den Grübchen. Eine Gruppe Rentner überholte sie und stellte sich vorne an, worüber sie großzügig hinwegsah. Der Bus schnaubte zur Begrüßung. Das Ticket! Hatte sie das etwa unter dem Döner vergraben?

»Komm schon, wo versteckst du dich …?« Die Schlange schob sie vorwärts. Sie schielte nach oben. Natürlich saß er hinter dem Steuer und prompt stolperte sie am Einstieg, immer noch wühlend. Zu gern wäre sie mit dem Kopf komplett in ihrer Tasche verschwunden.

»Karte brauche ich nicht. Ihre gilt im gesamten Stadtgebiet bis Monatsende, das habe ich mir gemerkt.« Die Sonnenbrille mit den verspiegelten Gläsern verbarg den Ausdruck seiner Augen, doch seine Mundwinkel zuckten. »Fliederweg oder Siedlung?«

»Sie fahren doch gar nicht zum Fliederweg«, antwortete sie und ging an ihm vorbei. Obwohl sie es nicht sehen konnte, war Miriam sicher, dass sein Blick sie im Rückspiegel verfolgte, bis sie ganz hinten Platz genommen hatte.

Wie hatte sie sich einbilden können, Herrin der Lage zu sein? Bis acht Uhr hatten sich gerade mal zwei Gäste ins Bistro verirrt, die nur etwas trinken wollten. Es folgten drei weitere, denen das Angebot auf der Karte nur bedingt zusagte. Jedes Gericht wurde zunächst ausführlich diskutiert und Miriam wusste auf die wenigsten ihrer Fragen eine Antwort. Hilflos schickte sie Samantha vor, die kompetent Auskunft erteilte – zu biologischem Anbau, fairen Produktionsbedingungen, enthaltenen Allergenen, Ersatzstoffen, Nachhaltigkeit und schonender Zubereitung.

»Woher weißt du das alles?«, fragte Miriam beeindruckt und beschränkte sich wieder aufs Getränkeausschenken.

»Wissen?« Samantha hob die Augenbrauen und warf einen geringschätzigen Blick in Richtung der Gäste. »Ich hab mal ’nen Schauspielkurs gemacht. Improtheater. Du musst gar nichts wissen, nur bestätigen, was die hören wollen.«

»Aber das ist doch …« Miriam riss die Augen auf. »Du lügst sie einfach an?«

»Kann man so sehen, muss man aber nicht. Jeder hat das Recht auf seine eigene Wahrheit. Hab ich mal irgendwo gelesen. Und das Zeug, das Rolf einkauft, ist echt okay.«

Echt okay. Das war nun nicht, was Miriam erwartet hatte. Nachdenklich ging sie in die Küche. Auf dem Herd brutzelten Bratlinge in einer Pfanne und im Topf daneben schmorte Gemüse. Die helle Soße blubberte. Es roch leicht angebrannt. Rolf rührte ohne hinzugucken mit einem Holzlöffel im Saucentopf herum, in der anderen Hand sein Smartphone, auf dem er hektisch mit dem Daumen herumdrückte. Handhabung und Geräusche sprachen für ein einfaches Jump-and-run-Spiel. Miriam räusperte sich. »Rolf?«

»Sekunde. Hab’s gleich.« Der Daumen hieb noch einmal zu. Eine blecherne Fanfare erklang. »Yes!«