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©2020 Historischer Arbeitskreis Bauernkriegshaus Nußdorf/Pfalz e. V.
Herausgeber: Historischer Arbeitskreis Bauernkriegshaus Nußdorf/Pfalz e. V.
Redaktion: Simone Neusüß, Rolf Übel
Lektorat: Mihrican Özdem
Textsatz: Thorsten Rasch
Fotos und Grafiken: Historischer Arbeitskreis Bauernkriegshaus Nußdorf/Pfalz Coverfoto: Axel Brachat
1. Auflage 2020
Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt.
ISBN: 9-783751-926270
Herzlich Willkommen in der Weinbaugemeinde Nußdorf, einem Außendorf von Landau in der Pfalz!
Wir Nußdorfer feierten 1960 das 1.000-jährige Bestehen unseres Dorfes. Doch bereits 42 Jahre später, im Jahr 2002, konnten wir das 1.200-jährige Jubiläum unseres Ortes feiern. Ein Umstand, der dem Auffinden einer noch älteren Nennungsurkunde geschuldet war.
Funde aus der Römerzeit belegen indes, dass hier auch schon vor 1.800 Jahren gesiedelt wurde. Und Steinbeilklingen aus der Jungsteinzeit deuten darauf hin, dass das fruchtbare Siedlungsland am Westrand der Rheinebene bereits vor 7.000 Jahren Anklang fand.
Nun, Geschichte ist nichts Statisches oder Absolutes, sie verändert sich mit unserer Betrachtung. Wir blicken jedenfalls selbstbewusst auf eine bewegte Ortsgeschichte zurück. Obwohl das Dorf nur zwei Kilometer von der Reichs- und Festungsstadt Landau entfernt lag, bewahrte es über die Jahrhunderte seine Selbstständigkeit und die Bewohner ihren Ruf von Eigensinnigkeit.
Woran das liegen mag, erfahren Sie beim Besuch des Bauernkriegsmuseums und des Historischen Ortsrundgangs. Tauchen Sie ein in die bewegte Nußdorfer Geschichte rund um Bauernkrieg, Hexenverfolgung und Revolution.
Wir wünschen Ihnen eine spannende Zeitreise
und einen angenehmen Aufenthalt!
Historischer Arbeitskreis Bauernkriegshaus Nußdorf/Pfalz e. V.
→ Kirchstraße 66 (Ecke Kirchhohl), 76829 Landau-Nußdorf
Das Museum befindet sich im denkmalgeschützten Bauernkriegshaus gegenüber der Evangelischen Pfarrkirche. Es handelt sich um eine Hofanlage mit barockem Fachwerk-Doppelhaus. Das Gebäude ist im unteren Bereich massiv ausgeführt und trägt ein Krüppelwalmdach. Das heutige Fachwerkhaus ist dendrodatiert auf das Jahr 1671/72 (→Dendrochronologie).
Am Bauernkriegshaus ist eine alte Hausinschrift aus der Zeit um 1500 vermauert. Die als Fensterbank eingesetzte Haustafel stammte ursprünglich von einem Wohnhaus des Nußdorfer Gerichtsschöffen Hans Hol in der Walsheimer Straße. In Anspielung auf die Neider im Dorf hatte er einen Spruch einmeißeln lassen:
Hans Hols Haus wurde vermutlich im Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) zerstört, denn nach dem Krieg waren 33 von ursprünglich 60 Gebäuden im Dorf unbewohnbar. So gelangte seine Haustafel wohl als Baumaterial in das heutige Bauernkriegshaus, dessen Sockel den Krieg überstanden hatte. Um 1671 wurde es auf dem historischen Steinfundament wiederaufgebaut. Dies ist seine heute sichtbare Form.
Der Name »Bauernkriegshaus« entstammt dem Volksmund, der das Fachwerkhaus traditionell als Ausgangspunkt des Pfälzischen Bauernkrieges sieht. Tatsächlich könnte der Aufstand im Jahr 1525 hier im alten Ortskern unterhalb der Kirche ausgebrochen sein.
Bis 1976 wurde das Fachwerkhaus als landwirtschaftliches Anwesen genutzt und schließlich zum Verkauf, einschließlich Abriss, freigegeben. Noch rechtzeitig regte sich Widerstand. Die Protestantische Kirchengemeinde Nußdorf, unter dem damaligen Pfarrer Gerhard Postel, kaufte das Haus.
Finanziert werden Umbau und Erhaltung durch den »Bauverein Bauernkriegshaus und Kirche Nußdorf e. V.«, der dazu jährlich Ende August das Bauernhausfest veranstaltet. Zuständig für das Museum im Bauernkriegshaus ist der »Historische Arbeitskreis Bauernkriegshaus Nußdorf/Pfalz e. V.«.
Zunächst gelangt man durch ein Holztor in den Innenhof, in dem das alljährliche Bauernhausfest veranstaltet wird. In der Scheune (nicht öffentlich zugänglich) befinden sich heute eine Großküche für Dorffeste sowie zwei Räume mit Möbeln, Gebrauchsgegenständen und Kleidungsstücken aus alten Zeiten. Linker Hand liegt der Eingang zum Bauernhaus.
Im Erdgeschoss befindet sich die Gaststube bestehend aus zwei größeren Räumen und einer Küche. Dieser Bereich des Bauernkriegshauses dient als Treffpunkt der Nußdorfer Vereine sowie als Veranstaltungsraum. Im linken Gastraum hängen einige Exponate (Ausstellungsstücke), darunter der Inschriftenstein von Hans Hol (als Abguss) und das Nußdorfer→Servela-Rezept von Bernhard Wambsganß (in Abschrift).
Eine Holztreppe führt in den 1. Stock, in dem die Museumsräume untergebracht sind. Hier wird auch das Haus, das einen authentischen Rahmen für die Sammlung bildet, selbst zum Ausstellungsobjekt:
Ein freigelegtes→Gefach im Fachwerk gibt den Blick frei auf die eingefügten Holzlatten, das Weidengeflecht und den Lehm.
Im 2. Stock (nicht öffentlich zugänglich) befinden sich ein Raum für Jugendarbeit und eine vermietete Wohnung.
Das Museum im Bauernkriegshaus ist in drei Bereiche gegliedert:
Zunächst geht es nach links in eine Fachwerkstube, es ist die Pfarrer-Lehmann-Stube. Sie ist Nußdorfer Pfarrern, hauptsächlich aber Pfarrer Lehmann, gewidmet. In diesem Raum befinden sich mehrere Erst- und Neudrucke seiner Bücher, einige seiner Möbel sowie Verschiedenes aus seinem privaten Nachlass.
Johann Georg Lehmann (1797–1876). Johann Georg Lehmann war von 1846 bis 1876 Pfarrer in Nußdorf. Sein Grab befindet sich auf dem Nußdorfer Friedhof.
Johann Georg Lehmann war weniger an Seelsorge interessiert, er war vielmehr einer der bedeutendsten Pfälzer Historiker des 19. Jahrhunderts und wurde dafür auch mehrfach ausgezeichnet.
Lehmann verfasste zahlreiche Bücher, wie die »Urkundliche Geschichte der ehemaligen freien Reichsstadt und jetzigen Bundesfestung Landau in der Pfalz nebst derjenigen der drei Dörfer Dammheim, Nußdorf und Queichheim« im Jahr 1851, außerdem einen »Wegweiser durch die bayerische Pfalz« 1857 und eine »Urkundliche Geschichte der Burgen und Bergschlösser der bayerischen Pfalz« in fünf Bänden ab 1857. Letztere brachte ihm den Spitznamen »Burgen-Lehmann« ein.
Heinrich Bouquet (1912–2004). In der Stube wird ebenfalls an Pfarrer Heinrich Bouquet erinnert. Von 1956 bis 1976 betreute er die Nußdorfer Gemeinde.
Von der Wehrmacht zum Kriegsdienst eingezogen, befand sich Heinrich Bouquet von 1941 bis 1955 in russischer Kriegsgefangenschaft. Dort ließ er 1948 von einem Wachsoldaten einen Abendmahlkelch (dem Museum gestiftet von seinem Sohn Hans-Joachim Bouquet) aus einer Granate herstellen. Mit diesem Kelch predigte Heinrich Bouquet von 1948 bis 1955 und legte 11.000 km mit ihm zurück. Der Kelch wurde auch literarisch verarbeitet, und zwar in der Novelle »Ein Kelch aus Anderland«, dem letzten Buch von Pfarrer Dankwart-Paul Zeller (1924–2010).
Gerhard Postel (1941–2012). Mit einer Tafel wird an Pfarrer Gerhard Postel erinnert. Von 1976 bis 1991 betreute er die Gemeinde Nußdorf.
Gerhard Postel wirkte mit beim Ankauf und der Renovierung des Bauernkriegshauses sowie bei der Gründung des Bauvereins und des Historischen Arbeitskreises.
In Nußdorf entdeckte der historisch interessierte Gerhard Postel den römischen →