Henning Schröder, geboren 1953 in Lübeck, aufgewachsen in Kiel, ist evangelischer Pfarrer im Ruhestand und wohnt im Süden Hessens; er ist verheiratet und hat vier erwachsene Kinder und drei Enkel. Er ist gern in der Welt unterwegs. Er war mit seiner Familie ein Jahr in Brasilien und vier Jahre in Argentinien, wo er als Vikar und als Pfarrer gearbeitet hatte. Am liebsten ist er mit dem Fahrrad auf Reisen. Dass die Welt schon vor der eigenen Haustür anfängt und die schönsten und spannendsten Abenteuer bereithält, stellt er in diesem Buch dar, indem er heiter erzählend sieben Reisen beschreibt. Schon eine kurze Tour von nur einer Woche bis zehn Tagen Dauer ist voll von interessanten Begegnungen mit Menschen und Tieren, Kultur und Geschichte, Landschaften und Wetter. In den Reiseerzählungen versteckt entdecken der Leser und die Leserin auch ganz praktische Tipps, zum Beispiel wie man im Schlafsack Reis kocht.
© Henning Schröder,
2. überarbeitete und erweiterte Auflage 2021
Herstellung und Verlag:
BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt.
ISBN 9783754364611
Mit dem Fahrrad um die Welt zu reisen, davon träume ich schon lange. Familie und Beruf lassen es nicht zu, diesen Traum zu verwirklichen, aber ein kleines Stückchen doch, denn die Welt fängt ja vor der eigenen Haustür schon an.
Alle zwei Jahre nehme ich mir frei, nicht nur von der Arbeit, wie es üblich ist, wenn man Urlaub nimmt, sondern auch frei von der Familie. Ich steige auf mein Rad und fahre eine Woche lang in die Welt; ich bin für mich allein und kann abschalten vom normalen Alltag und ganz neue Erfahrungen machen. Über so eine Fahrt Tagebuch zu schreiben, darauf bin ich zunächst gar nicht gekommen. Diese Idee hatte ich erst, als ich auf dem Weg zur Konfirmation meines Patenkindes eine Strecke von etwa 700 Kilometern zurücklegte. „Das Tagebuch von dieser Reise, das wäre ein schönes Konfirmationsgeschenk“, dachte ich und verpflichtete mich selbst, dann auch fleißig zu schreiben. Mir hat das Schreiben meines ersten Tagebuches so viel Spaß gemacht, dass ich dann bei jeder weiteren Fahrt, die ich allein mit dem Rad unternahm, den Bleistift zückte und schrieb. Daraus ist dann dieses Büchlein entstanden. Vier „Welt-Reisen“ von jeweils einer Woche zeigen, wie weit ich in sieben bis acht Tagen gekommen bin - und von der Welt habe ich eine ganze Menge gesehen. Die Landschaftsbeschreibungen geben dem Leser Anstöße, die eigenen Augen offen zu halten. Die vielen Begegnungen mit Menschen und Tieren, mit Kultur und Geschichte können ganz andere sein für den Leser, aber er soll wissen: Wenn er sich auf sein Rad schwingt, die Welt zu entdecken, dann kommen die Überraschungen und die vielen kleinen Abenteuer ganz von selbst, er muss nur ein wenig offen sein für alles, was ihm begegnet, und vielleicht bekommt er Lust, auch all das aufzuschreiben.
Dieses Buch ist kein Reiseführer, der umfassend darstellt, was es auf dem Weg alles zu besichtigen gibt, sondern ist mein ganz persönliches Erleben. Erzählte Erlebnisse, die ich notiere, sind für mich später wertvoller als Fotos. „Ach ja, so war’s“, denke ich, wenn ich in einem meiner Tagebücher blättere und alles wird wieder lebendig: Unterschiedliche Gerüche bei dieser oder jener Begebenheit - oder wenn ich etwas Besonderes gegessen oder getrunken hatte, dann legt sich heute noch dieser Geschmack von damals auf meine Zunge. Bilder setzen sich zusammen von Gesichtern und Landschaften und ich höre wieder den Tonfall der Stimmen der Menschen, mit denen ich sprach. Fotos schieße ich auch, Bilder sind eine schöne Ergänzung für das Geschriebene, können aber nicht alles sein. Wenn ich manchmal alte Fotos finde und ich habe nichts dazu aufgeschrieben, dann weiß ich oftmals nicht mehr, wo und wann das war, was ich dort sehe; das ist schade.
Die erste Reise zu meinem Patenkind begann in Brachttal, die anderen drei in meinem späteren Wohnort Rodenbach. Beide Orte liegen im Main-Kinzig-Kreis, also ziemlich in der Mitte von Deutschland, von hier aus kann man gut starten, um in alle Himmelsrichtungen zu radeln und möglichst viele verschiedene Landschaften in unserem Land kennen zu lernen und hier und da auch einmal die Grenze zu den Nachbarn zu überschreiten. Der geographische Mittelpunkt der Europäischen Union befindet sich in diesem Jahr 2007 übrigens auch im Main-Kinzig-Kreis: In Meerholz, einem Ortsteil der Stadt Gelnhausen.
Der Leser erfährt vieles über Begegnungen mit Menschen und über Gedanken, die nur in der Einsamkeit des Radlers entstehen können. Ganz nebenbei gibt es noch eine Menge Tipps für Leute, die auch einmal solch ein Abenteuer per Fahrrad bestehen möchten. Hanauer Anzeiger
Unterhaltsam geschrieben und flüssig zu lesen machen die Berichte Lust, es dem Radler gleichzutun. Gelnhäuser Neue Zeitung
In seinem Buch hat der sportbegeisterte Teilzeit-Vagabund Reisegeschichten und Begegnungen festgehalten - eine charmante und lebendige Sammlung, die Lust macht, die Heimat selbst auf dem Drahtesel zu erkunden.
RADtouren
Inzwischen sind in diesem Buch nicht vier, sondern sieben Tagebücher gesammelt. Zwei Tagebücher, die ich als selbstständige Büchlein herausgegeben hatte, „Reise zum Schatz im Silbersee“ und „1000 Kilometer Dämme, Dünen, Deiche“ sind jetzt in diesem Band mit abgedruckt; dazu kommt ein neues, bisher noch nicht veröffentlichtes Tagebuch: „Brücken, Pättkes und dann Berge“. Das Wagnis, ohne Sicherheiten, ohne genaues Wissen darüber, was geschehen wird, einen Weg zu gehen, finde ich faszinierend. Das ist für mich das höchste Gefühl von Freiheit. Deshalb reise ich gerne so, ohne dass vorher schon alles fertig gebucht und geplant ist, am liebsten mit dem Fahrrad. Die Unsicherheit begleitet mich: Wo kann ich heute Abend mein Zelt aufbauen? Oder: Wo finde ich heute wieder ein Hotel oder eine Pension zum Übernachten? Ich weiß es nicht, und doch vertraue ich darauf, dass es einen Platz geben wird, wie es ihn bisher immer gegeben hat. Freiheit in Sicherheit kann es nicht geben, dann wäre sie keine Freiheit. Diese Unsicherheit und dieses Vertrauen machen mich offen für beeindruckende Erlebnisse, offen für die Menschen, denen ich auf dem Weg begegne und die mir weiterhelfen, wenn ich mich mal verfahren habe, offen für die Lebensäußerungen der Natur, die mich umgibt, offen für das Vertrauen, alles wird gut, anders ausgedrückt: offen für Gott, der letztlich alles in seiner Hand hält. Die Dichterin Antje Sabine Naegeli beschreibt diese Erfahrungen auf einem Weg sehr schön mit folgenden Worten: „Wanderer du zwischen Angst und Vertrauen, beladen mit der Ungewissheit, ob dir Herberge bereitet ist, wenn die Nacht hereinbricht. Immer wieder verlierst du ihn aus den Augen, den Weggefährten. Immer wieder holt er dich ein.“ (Antje Sabine Naegeli, Die Nacht ist voller Sterne, Seite 23, Verlag Herder, Freiburg 2001). So ist für mich eine Reise, auf der ich bewusst Unsicherheiten in Kauf nehme, ein Symbol für das richtige Leben, voller Unsicherheiten, aber auch voller Überraschungen. Langeweile kann es so gar nicht geben. Das Leben ist voller Leben. Eine Reise mit dem Fahrrad ist eine Meditation der Lebensfülle und stärkt mein Vertrauen auf Gott, der für mich sorgt. Ich sammle dabei neue Kraft für die Aufgaben des Alltags.
Freitag, 14. Mai – Erst mal an die Fulda
Lieber Jan!
Du hast mich zu deiner Konfirmation eingeladen und ich komme; ich bin unterwegs zu deinem Fest, unterwegs mit dem Fahrrad. Ich will aus eigener Kraft zu dir gelangen. Das braucht Zeit. Resturlaub aus dem vorigen Jahr macht es möglich.
Beim Packen fängt es schon an, dass die alltäglichen Sorgen und Problemchen, der Stress und das Chaos auf meinem Schreibtisch immer kleiner werden. Wenn du dich aus eigener Kraft auf einen Weg machst, musst du ja alles, was du mitnimmst, selbst fortbewegen. Jedes Kilo zu viel hindert dich. Also packst du nur das Nötigste (das Nötigste!) ein. Alles, was dich beschwert, bleibt zurück, wenn dein Weg dann anfängt.
Früh stehe ich auf. Meine Frau Jutta kommt im Bademantel zum Frühstück. Während ich das Fahrrad, fertig bepackt, aus dem Keller auf den Hof schiebe, schmiert Jutta mir noch ein Brötchen für unterwegs. Ein Kuss zum Abschied, meine jüngste Tochter Joana öffnet das Fenster und ruft: „Tschüß, Papa!“ Aufgestiegen, nochmals zurückgeblickt und gewunken und ich bin um die Ecke verschwunden. Durch die Sandwerkstraße geht es in den Birsteiner Wald. Das Wetter ist ziemlich trübe und die Luft sehr kühl. Nach wenigen Minuten muss ich aber schon absteigen und meine Jacke ausziehen, denn der Weg führt bergauf und bringt mich ins Schwitzen. Über die Steigungen des Vogelsberges suche ich den Weg zum Fluss, der Fulda.
An den Flüssen kannst du am besten Rad fahren; es gibt kaum Steigungen. Das Wasser zeigt dir den leichtesten Weg. Aber erst musst du einmal dorthin kommen. Manche Wege beginnen vor einem Berg, den es erst einmal zu überwinden gilt. Ist das geschafft, geht es flotter voran. Also, bei Schlitz komme ich an die Fulda, und plötzlich bin ich von vielen Menschen umgeben, die auch mit dem Rad unterwegs sind, zum Teil mit viel Gepäck wie ich. Am Fluss entlang geht’s eben einfacher! Langsam dringt immer mehr die Sonne durch die Wolkendecke. Es weht ein ziemlich kühler Nordostwind, der mir immer ins Gesicht bläst. Am Abend erreiche ich Rotenburg an der Fulda.
Mein Nachbar auf dem Campingplatz ist auch mit dem Fahrrad auf Reisen, der Rahmen seines Rades ist eine Spezialanfertigung für den 196 Zentimeter langen und über 100 Kilogramm schweren Mann. In einem kleinen Anhänger transportiert er seinen Hund, einen alten Collie, der nicht mehr selbst so viel laufen kann. Aber er gehört dazu, und sein Herrchen muss die Kraft für seinen treuen Begleiter mit aufbringen.
Inzwischen ist es richtig warm geworden und ich genieße einen Abendspaziergang in der malerischen Fachwerkstadt.
Am Samstag führt mich die Fulda weiter in nördliche Richtung. Der Wind, der von dort kommt, bläst mir wieder kräftig ins Gesicht und ist so kühl, dass ich mit langer Hose und Pullover fahren muss, obwohl die Sonne scheint.
In einem Supermarkt fülle ich meine Vorräte auf. Als ich meine Einkäufe in den Packtaschen meines Rades verstaue, spricht mich eine alte Frau an: „Früher habe ich das auch mal gemacht“, sagt sie und erzählt von Radtouren in ihrer Jugend. „Raten Sie mal, wie alt ich bin“, fordert sie mich auf. Ich blicke in ihr runzeliges Gesicht und in ihre lebendigen erwartungsvollen Augen und versuche zu schätzen. Die Zeiten sind wohl vorbei, dieser Frau mit einem absichtlich zu niedrig angesetzten Alter zu schmeicheln, und ich sage, so wie ich glaube, das wäre ihr Alter: „85?“ „Sie haben gut geraten, fast genau! Ich bin 86.“ Ich habe immer wieder die Erfahrung gemacht, dass alten Menschen die Erinnerungen an die Erlebnisse ihrer Jugendzeit immer wichtiger werden. Manche nehmen die Gegenwart gar nicht mehr richtig wahr, sondern leben mehr in ihrer Jugend, die ihnen auf einmal viel lebendiger ist als die Gegenwart. Die Erlebnisse in der Jugend werden zum größten Schatz im Alter. Daraus folgere ich: Lebe deine Jugend so intensiv wie möglich; was du in ihr erlebst, wird ganz entscheidend deine Lebensqualität auch im hohen Alter bestimmen!
In Hannoversch-Münden gesellt sich zur Fulda die Werra. Zusammen bilden sie die Weser. Am Anfang fließt das Wasser beider Flüsse, das unterschiedlich gefärbt ist und verschieden schäumt, noch unvermischt nebeneinander her, dann vermengt es sich und sieht einheitlich aus. Ich muss daran denken, wie es ist, wenn zwei Menschen, die einander völlig fremd waren, sich ineinander verlieben, sich kennen lernen und ihren Lebensweg gemeinsam fortsetzen. Sie geben ihre verschiedenen „Lebenswässer“ zusammen, ihre unterschiedliche Herkunft, ihre Erfahrungen, ihre Fähigkeiten und machen etwas Gemeinsames daraus.
Am Abend, nach 115 Kilometern Fahrt, wie am Tag zuvor auch, finde ich einen kleinen Campingplatz an der Weser in einem winzigen Ort, „Weiße Hütte“ genannt, der neben dem Campingplatz noch aus einem Bauernhof, einem Gasthof, der wegen „Geschlossener Gesellschaft“ geschlossen hat, einem Briefkasten sowie einer Bushaltestelle besteht. Es ist so bitter kalt geworden, dass ich fast alles anziehe, was ich an Kleidungsstücken dabei habe. Das Essen, das ich mir auf meinem kleinen Gaskocher koche, und Kräutertee wärmen mich wieder etwas auf.
Die Weser ist heute wieder mein Wegbegleiter und der kühle Nordostwind mein gewohnter Gegner. Mir kommt ein anderer Radreisender entgegen. Er hält und fragt mich: „Hast du einen 15er Schlüssel?“ Habe ich leider nicht dabei, weil meine Laufräder mit Schnellspannern befestigt sind. Nicht immer hat man die passenden Schlüssel, um anderen zu helfen. Apropos Schlüssel: Meinen Haustürschlüssel habe ich natürlich zu Hause gelassen, den brauche ich auf der Radtour nicht. Mir fehlt aber irgendwie etwas, wenn ich keine Schlüssel in der Hosentasche habe. Der kleine Schlüssel
vom Vorhängeschloss ist wenigstens etwas, mit dem ich die Reißverschlüsse meiner „Zelttür“ „abschließe“. Schlüssel geben so ein Gefühl von Sicherheit. Sie deuten auf Dinge, die nur dir gehören, die dir keiner wegnehmen soll. Sie schließen dir deine eigene Welt auf. Sie halten zusammen, was dir wichtig ist. Und wenn deine Schlüssel auch zu dem passen, was anderen von Bedeutung ist, kannst du ihnen helfen, Sicherheit zu finden. Manchmal hast du den Schlüssel nicht dabei, den du brauchst, um an dein Eigenes heranzukommen oder Gelöstes wieder fest zu schrauben. Dann ist es gut, wenn du Menschen findest, die dir einen passenden Schlüssel ausleihen.
Nachdem ich Höxter durchquert habe, komme ich auf die Idee, durch Lüchtringen zu fahren, um meiner Schwägerin und ihrer Familie guten Tag zu sagen. Als ich vor dem Haus von Petra und Thomas stehe, sehe ich zwar das Auto, das Moped und das Bobby-Car, aber auf mein Klingeln öffnet niemand. „Vielleicht sind sie im Hof“, denke ich und gehe zum Hintereingang. Plötzlich steht ein großer brauner Hund vor mir und knurrt mich gefährlich an. Mit dem habe ich nicht gerechnet. Er ist an einem Seil festgebunden, das noch nicht gespannt ist. Blitzschnell arbeitet mein Gehirn, überschlägt die Länge des Seils, wie weit es dem Hund noch Freiraum gibt. Ich versuche, die Gefahr zu berechnen, zu begrenzen. Das Seil macht sie begrenzt. Ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll. Mit Hunden, die mir zur Gefahr wurden, aber nicht angebunden waren, hatte ich schon Erfahrungen gemacht. Es war in Argentinien, ich stieg aus dem Auto, um einen Hausbesuch zu machen. Da kam wie der Blitz ein Hund auf mich zugerannt und riss mir die Hose entzwei. Ich blieb stehen und brüllte den Hund an. Er ließ von mir ab.
Ein anderes Mal war ich mit einer Gruppe wandern im Bayrischen Wald. Als wir an einem Haus vorbei kamen, rannte ein Schäferhund auf die Letzte unserer Gruppe zu. Ich sah das und brüllte den Hund an: „Aus!“. Der erschrak sich so sehr, dass er fast umfiel; er klemmte den Schwanz ein und lief weg.
Zurück zum Hund von Petra und Thomas: Ich entscheide mich für den Rückzug. Das erste Anzeichen, einen Schritt zurück zu tun, nimmt der Hund zum Anlass, mich anzugreifen. Obwohl ich sehr schnell nach hinten springe, spüre ich seine Zähne mehrmals, blitzschnell gegen mich geschleudert. Ich renne quer über das Blumenbeet. Das Seil reißt den Hund zurück. Ich höre nur noch sein wütendes Bellen. Ich sehe auf mein Bein. Die Hose ist noch ganz. Mein linker Oberschenkel und mein rechtes Knie brennen wie Feuer. Ich fahre erst mal weiter, schnell, wie auf der Flucht.
Außerhalb der Stadt untersuche ich genauer meine Wunden. Sie sind, Gott sei Dank, nicht schlimm. Ich versorge sie mit Desinfektionsspray und Pflastern.
Am Abend baue ich mein Zelt wieder am Ufer der Weser auf, auf einem Campingplatz bei Hameln. Nach dem Essen gehe ich in der Stadt spazieren und komme an die Uferpromenade. Ein Landstreicher hat es sich gemütlich gemacht unter dem Vordach eines Gebäudes. Sein Rucksack steht an eine Wand gelehnt. Der Mann trinkt eine Dose Bier. Dazu läuft Musik aus einem kleinen Kofferradio. „Der hat bestimmt den Wetterbericht gehört“, denke ich, in der Hoffnung zu erfahren, dass am nächsten Tag der Wind dreht und es wärmer wird. Ich grüße: „Guten Abend. Haben Sie den Wetterbericht gehört? Wie wird das Wetter morgen?“ „Es – soll – wärmer – wer – den“, antwortet der Mann. Er hat Schwierigkeiten zu sprechen, vielleicht wegen eines Sprachfehlers oder Folgen einer Verletzung oder Operation. Er spricht sehr langsam, jede Silbe scheint er ganz bewusst einzeln zu formen.
„Das ist gut“, sage ich, „ich bin nämlich mit dem Fahrrad unterwegs.“ „Und – ich – bin – Ruck – sack – Tourist“, sagt der Mann lächelnd und deutet auf sein Gepäck. „Warmes Wetter, das ist gut für mich und für Sie“, meine ich. „Sagen – wir – doch: für – uns“, erwidert der Rucksacktourist und hat mit diesen Worten eine kleine Brücke gebaut von Mensch zu Mensch. Einander „Gute Reise“ wünschend verabschieden wir uns.
Am Montagmorgen folge ich der Weser noch bis Hessisch-Oldendorf. Das Wesertal ist hier sehr breit, eine weite Ebene, nur am Horizont rechts und links von den Bergen des Weserberglandes begrenzt. Es geht in Richtung Nordsee, nur durch die Porta Westfalica muss sich die Weser noch einmal zwängen. Ich verlasse also das breite Tal, in dem so viele Radfahrer unterwegs sind, verlasse die Bequemlichkeit und Sicherheit, die das Flussbett bietet, denn mein Ziel ist nicht Bremerhaven im Westen, sondern Raisdorf im Nordosten, woher der Wind weht, immer noch sehr kühl.
Wo gibt es für mich einen Durchgang zwischen den Bergen, die das Wesertal nach Norden hin abriegeln? Ich schaue auf die Karte. Da könnte es einen Durchschlupf geben. Mir fällt ein Satz von Jesus ein (Matthäus 7, Verse 13 und 14): „Gehet ein durch die enge Pforte. Denn die Pforte ist weit, und der Weg ist breit, der zum Verderben führt, und viele sind es, die darauf gehen. Und die Pforte ist eng, und der Weg ist schmal, der zum Leben führt, und wenige sind es, die ihn finden.“ Wenn du kein bestimmtes Ziel für dein Leben hast und dem breiten Weg folgst, den alle gehen, dann wird es irgendwann langweilig; ohne eigene Ziele, für die man sich einsetzt, die man sich auch etwas kosten lässt, kann das Leben an Sinn verlieren. Wenn deine Lebensziele außergewöhnlich sind, wirst du wahrscheinlich wenige Begleiter haben, aber das Leben wird spannend, es wird anstrengend und voller Abenteuer.
Also, ich schaue auf die Karte und meine, einen Durchschlupf gefunden zu haben. Und dann habe ich doch einen Berg vor mir: Steil geht es hinauf, ich schalte in den ersten Gang. Schweiß rinnt mir von der Stirn, ich schaue vor mir auf die Straße. Sie kommt mir auf einmal so nah vor, als hinge ich fast mit der Nase drauf. Wenn es flott geht, dann scheine ich zu fliegen und habe das Gefühl, von einer höheren Position auf die Straße hinabzusehen. Im „richtigen Leben“ ist es oft so, wenn es schwierig wird, wenn Berge vor dir stehen, wenn es Kraft kostet, dann bist du der Erde näher, denkst realistischer. Wenn es leicht ist, fängst du an zu träumen, bis der nächste Berg dich wieder mit der Wirklichkeit in Kontakt bringt und du den Boden unter den Füßen spürst. Beides ist wichtig: Das Träumen und das Realistisch-Sein. Das Träumen öffnet dir neue Horizonte, die
Realität zeigt dir, was von deinen Träumen möglich ist und Wirklichkeit werden kann. Lass dich durch die Realität nicht am Träumen hindern! Verliere durch das Träumen nie den Bezug zur Realität! Ein Sprichwort, das aus Brasilien stammen soll, sagt: „Träumt einer allein, ist es nur ein Traum; träumen viele gemeinsam, dann ist es der Beginn einer neuen Wirklichkeit“. Ich wünsche dir Menschen, die mit dir träumen!
Als ich die Ausläufer des Deisters endlich überwunden habe, liegt die große Ebene vor mir. Keine Berge mehr. Nur: Der kräftige Nordostwind weht jetzt ungehindert und bringt mich zeitweise fast zum Stehen, so sehr drückt er mich von vorne. Ich stemme mich dagegen an. In den Dörfern geben die Häuser Windschutz, in den nur wenigen Wäldchen schützen mich die Bäume. Öfter muss ich auf die Karte sehen. Eine markante Orientierungslinie, wie die eines großen Flusses, fehlt. Die kleineren Flüsse, die Leine, die Aller und schließlich die Örtze begleiten mich auf kürzeren Strecken und führen mich auf Wege aus lockerem Heidesand, in dem mein Rad stecken bleibt, so dass ich es stellenweise mühsam schieben muss. Nach 140 Kilometern Fahrt erreiche ich an diesem Tag den Campingplatz in Oldendorf bei Hermannsburg und freue mich auf den Ruhetag, den ich mir für den folgenden Tag vorgenommen habe. Ansonsten möchte ich einige Bekannte besuchen, denn in Hermannsburg habe ich sechs Jahre lang Theologie studiert am Missionsseminar des „Evangelisch-Lutherischen Missionswerkes in Niedersachsen“. Ich freue mich darauf, so manchen mit meinem Besuch zu überraschen und bekannte Stätten wiederzusehen.
In der Nacht weckt mich ein schepperndes Geräusch. Jemand wühlt zwischen meinen Sachen, die ich im Vorzelt untergebracht habe. Mein Geschirr fällt um. Wer ist das? Vorsichtig ziehe ich den Reißverschluss auf, um hinauszusehen. Ein Igel ist gerade damit beschäftigt, Reste aus dem Buttermilchbecher auszuschlecken, den ich dort als Abfallbehälter hatte stehen lassen. Ich versuche, den Igel zu verscheuchen, weil ich in Ruhe weiter schlafen will, doch der Igel lässt sich von mir nicht stören. Er zeigt mir seinen Stachelpelz, in dem er sich vollkommen sicher fühlt. Erst als er den Becher bis auf den allerletzten Rest ausgeleckt hat, trollt er sich.
Ich ziehe mich manchmal auch gerne in mich zurück wie der Igel, will tun, was ich will, und andere sollen mich nicht stören. Manchmal erlebe ich andere Menschen so als zeigten sie mir ihre Stacheln und ich finde keinen Zugang zu ihnen. Vielleicht merkst du manchmal auch, wie du Stacheln hast, die du eigentlich gar nicht haben willst, und spürst, wie andere diese Stacheln nicht mögen. „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“, sagt Jesus. Wenn du dich liebst, auch mit deinen Stacheln, dann lernst du, die Stacheln anderer Menschen zu akzeptieren, und das öffnet dir die oft verborgenen Zugänge, auf denen menschliches Miteinander möglich wird, ohne dass Stacheln im Weg stehen.
Nach dem Frühstück bringe ich erst einmal mein Fahrrad in Ordnung, wechsele einen schadhaften Bremszug aus und stelle die Schaltung nach. Ich merke, dass das Steuer Spiel hat. Jetzt fehlt mir der passende Schlüssel, ein 32er, den ich wegen seiner Größe und seines hohen Gewichtes natürlich nicht mitgenommen habe.
Ich fahre die zwei Kilometer nach Hermannsburg und halte vor dem Haus von Ernst und Martha. Als ich in Hermannsburg studiert hatte, luden Ernst und Martha unseren Kursus öfter zu Kaffee und Kuchen ein. Ernst ist gerade im Garten zugange. Ich rufe „Hallo, Ernst!“ Er schaut von seiner Arbeit auf und erkennt mich sofort wieder und ich melde mich zum Kaffee um 15 Uhr bei ihm an. Dann fahre ich weiter durch den hübschen Heideort mit seinen roten Backsteinhäusern, der mir so vertraut ist.
Mein nächstes Ziel ist das Pfarrhaus, in dem Wilhelm und Helga Bösemann wohnen. Jutta und ich hatten sie vor vielen Jahren in Brasilien kennen gelernt, als Wilhelm dort Pastor war. Jetzt ist er Pfarrer in Hermannsburg. Wilhelm ist gerade nicht da, wie mir Helga erzählt, die mit etlichen anderen Frauen und Männern vom Putz-Großeinsatz aus der Kirche kommt. Sie lädt mich zum Mittagessen ein.
Als nächstes stehe ich vor der Tür von Dr. Mann, ehemals Dozent für Neues Testament und Leiter des Missionsseminars. Seine Frau öffnet mir und schaut mich mit großen Augen an. „Kennen Sie mich noch?“ frage ich und nach kurzem Überlegen sagt sie: „Herr Schröder?“ Immerhin sind es zwanzig Jahre her, seit sie mich das letzte Mal sah. Sie bittet mich herein, ihr Mann ist auch zu Hause, und wir unterhalten uns über früher und heute: Unsere Kinder, die Entwicklung des Missionsseminars.
Nach dem Einkauf im Supermarkt zur Ergänzung meines Reiseproviants fahre ich zur Mittagsandacht in die Kapelle des Missionsseminars. Während der aus der Ostkirche stammenden liturgischen Gesänge wird mir deutlich, dass hier ein Ort ist, an dem die Gegenwart Gottes besonders zu spüren ist, jetzt wie auch früher während meiner Studienzeit.
Zum Mittag bin ich wieder bei Bösemanns. Wilhelm ist jetzt da, weitere Gäste sitzen am Tisch: ein brasilianisches Pastorenehepaar und die Enkelin von Wilhelm und Helga, Anna, fünf Jahre alt, der das Portugiesisch-Sprechen ein wenig Angst zu machen scheint, weil sie diese Sprache nicht verstehen kann.
Bei Ernst und Martha bin ich zum verabredeten Kaffee: Viel Torte und Kuchen stehen vor mir. „Iss man, Henning!“ Ich greife zu, dabei erzählen wir über die vielen gemeinsamen Bekannten und blättern in Fotoalben, dann sagt Martha: „Ich schneide noch Äpfel“. Es ist genau wie früher. Mir fällt das Problem mit dem lockeren Steuer wieder ein und ich frage Ernst: „Hast du einen 32er Schlüssel?“ Wir sehen im Schuppen nach, es ist keiner da. „Wilhelm Siegmann, der Hausmeister vom Missionsseminar, kann dir bestimmt helfen“, empfiehlt Ernst.
Ich radle also dorthin, Herr Siegmann ist gerade beim Rasen mähen. Er unterbricht seine Arbeit und geht mit mir in die Werkstatt. Er reicht mir einen 32er Schlüssel! Ich stelle die Steuersatzschraube neu ein. Ernst ist auch mit dem Rad dazugekommen, um zu sehen, ob alles geklappt hat.
Es tut manchmal gut, wenn andere sich um einen Sorgen machen und vor allem, wenn sie den passenden Schlüssel parat haben. Zum Thema „Schlüssel“ kommt mir ein weiteres Jesuswort in den Sinn (Offenbarung 1, Vers 17-18): „Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige. Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel der Hölle und des Todes.“
Ja, in den Worten von Jesus kannst du Schlüssel finden, Schlüssel, die dir Wege öffnen aus schlimmen Situationen heraus, Schlüssel, die dir Türen zum Leben öffnen. Diese Schlüssel habe ich in Hermannsburg gefunden, nicht nur jetzt bei Wilhelm Siegmann, sondern auch damals während des Studiums, beim Lernen und Studieren, im Zusammenleben mit den anderen Studenten.
Meinen ehemaligen Latein- und Sportlehrer am Missionsseminar, Gerrit Bergner, besuche ich auch noch. Er genießt seit vier Jahren den Ruhestand. Beim Tee erzählt er mir, es wäre auch höchste Zeit gewesen, in Pension zu gehen, mit den Studenten käme er nicht mehr klar: „Sie nehmen Selbstverständlichkeiten nicht mehr als selbstverständlich hin. Über alles wollen sie diskutieren und verhandeln.“
Ja, so ist das heute, ich erlebe es auch im Konfirmandenunterricht. Im Nu kann es passieren, dass das, was ich den jungen Leuten beibringen möchte und was sich bei vorigen Jahrgängen lange Zeit bewährt hatte, auf einmal völlig an deren Lebenswirklichkeit vorbeigeht und gemeinsames Arbeiten nicht mehr möglich ist. So habe ich mit einer Gruppe einen „Partnerschaftsvertrag“ geschlossen, in dem wir festgelegt haben, was wir voneinander erwarten und einander geben wollen. So versuchen wir, unser Miteinanderarbeiten auf eine gemeinsame Grundlage zu stellen.
Am Abend bin ich in der Abendandacht im Missionsseminar, treffe Bekannte und genieße die Atmosphäre der Stille und die liturgischen Gesänge. Beim Abendessen im Speisesaal des Seminars spreche ich mit zwei Studenten, die viel Freude am Studium haben und sich auf das Auslandspraktikum freuen, das ihnen helfen soll, sich auf ihren Beruf als Missionare vorzubereiten.
In der Nacht habe ich wieder Besuch von dem Igel. Er ist schnell wieder weg, weil er diesmal nichts Nahrhaftes findet.
Am Morgen durchquere ich noch einmal Hermannsburg, um weiter in Richtung Norden zu fahren, gegen den Wind, der jetzt etwas weniger kalt weht.
Hermannsburg – noch einmal kommen Erinnerungen an die Studienzeit in mein Gedächtnis. Mein Glaube wurde dort in Frage gestellt, entwickelte sich weiter, hat sich bis heute wieder verändert und wird sich auch fortan ändern. Weiterentwicklung und Veränderung sind Zeichen von Leben. Wo alles genauso bleibt, wie es immer schon war, da hält der Tod Einzug.
Immer noch kämpfe ich gegen den Wind an. Der Nordwind ist zu meinem treuen Gegner geworden, den ich einfach akzeptieren muss, er gehört zu dieser Reise dazu. Egal, wo du lebst, überall wirst du auch Menschen begegnen, die deine Gegner sind. Sie werden dir manchmal hinderlich sein in deinem Bestreben voranzukommen. Es wird dir oft nichts anderes übrigbleiben, als die Gegner zu akzeptieren. Biete ihnen die Stirn und lass dich nicht zurückwerfen. Das hilft dir, deine eigenen Stärken zu entwickeln. Wichtig finde ich nur, dass du deine Gegner als Menschen achtest, auch wenn du viele ihrer Verhaltensweisen nicht akzeptieren kannst, gemäß des Jesuswortes: „Liebet eure Feinde; segnet, die euch fluchen; tut wohl denen, die euch hassen; bittet für die, die euch beleidigen und verfolgen.“ (Matthäus 5, Vers 44).
Nach 110 Kilometern Fahrt erreiche ich Hohnstorf, wo ich am Strand der Elbe mein Zelt aufschlage. Am gegenüberliegenden Ufer reihen sich, aus rotem Backstein, die Häuser von Lauenburg.
Auf diesem Campingplatz lerne ich Xaver kennen. Er ist seit 14 Tagen mit dem Rad unterwegs, kommt aus der Schweiz und will weiter bis zum Nordkap. 66 Jahre alt ist er. In Lauenburg hat er vor, sich übers Wochenende mit seiner Frau zu treffen, die mit dem Zug kommen wolle. In Schweden würde sie dann mit einer Freundin mit dem Wohnmobil ihrem Mann nachreisen. Xaver hat ein Handy dabei. „Weihnachtsgeschenk von meinem Sohn“, erklärt er, „für mein `spinnertes´ Vorhaben, wie er sagt“. So werden Leute leicht für Spinner gehalten, die sich auf außergewöhnliche Weise auf den Weg machen, das Leben zu finden. Lass dich, wie Xaver, von solchem Gerede nicht abhalten, deine Wege zu gehen, die du für richtig hältst!
Mein Zelt bei Hohnstorf an der Elbe;
auf dem gegenüberliegenden Ufer ist Lauenburg zu sehen.
Heute überquere ich die Elbe auf einer ersten und einen Kanal auf einer zweiten Brücke und habe endlich Schleswig-Holsteinische Erde unter den Reifen. Zwischen gelben Rapsfeldern hindurch, an Hecken (den sogenannten „Knicks“) vorbei und über sanfte Hügel führt mich der Weg nach Bad Segeberg. Ich genieße die Fahrt durch die Landschaft, die für mich die schönste der Welt ist.
Der Abendspaziergang am Segeberger See ist wunderschön im Licht der tiefstehenden Sonne. Die anmutigen Haubentaucher schwimmen hin und her auf dem Wasser und sind ab und zu unter der Oberfläche verschwunden.
Abendstimmung am Segeberger See
In der Frühe des letzten Reisetages fahre ich mit dem Rad noch einmal am See entlang im Schein der Morgensonne. Am Ufer neigen sich uralte Bäume weit über das Wasser.
Zwischen Dersau und Ascheberg mache ich Mittagspause am Ufer des Plöner Sees. Ich setze mich in weiches Moos und lehne meinen Rücken an einen uralten Baum. Fast unberührte Natur umgibt mich, nur das Flügelschlagen und die Stimmen der Wasservögel beleben die Stille. Mein Blick schweift über die ruhig daliegende Wasserfläche und ich staune über die Schönheit der Schöpfung.
Am Nachmittag habe ich mein Ziel erreicht: Raisdorf. Bei Opa Kurt, meinem Vater, steige ich vom Rad. Er und seine Lebensgefährtin Elfriede begrüßen mich, ich trage mein Gepäck und das Rad ins Haus und wir erzählen uns erst einmal bei Kaffee und Kuchen von meinen Reiseerlebnissen und wie es meinem Vater in der letzten Zeit ging.
Am Abend bin ich dann bei dir, lieber Jan.
Du siehst, viel habe ich erlebt auf dem Weg zu dir und viele Gedanken gingen mir durch den Kopf. So eine Radtour ist für mich die beste Therapie gegen Alltagsstress, Leere, Frust, Orientierungslosigkeit. Mach’ dich ein paar Tage aus eigener Kraft auf den Weg, zu Fuß oder mit dem Rad oder mit dem Paddelboot. Sei offen für Überraschungen, für kleine und große Abenteuer, die werden garantiert kommen. Du wirst deinen Blick schärfen für das Wesentliche, wirst einfach intensiver leben. Du wirst mit neuem Mut, neuen Perspektiven, neuen Lebenskräften heimkehren. Suche dir ein Ziel, das für dich eine „Quelle des Lebens“ ist für solch eine Tour. Für mich ist das eine schöne Landschaft, die ich kennen lernen will oder ein Fest, das mir wichtig ist, wie deine Konfirmation. Die Konfirmation ist eine Station auf deinem Lebensweg. Viele Gäste kommen und machen dir deutlich: Du bist wichtig! Als wichtiges Teil bist du eingebunden in ein größeres Ganzes: Die Kraft des Lebens, Gott nennen wir sie, ihm bist du wichtig.
Zum Schluss noch einige Worte zu meinem Geschenk für dich: Die Pulsuhr. Sie lässt dich einen Blick in dein Herz tun. Du lernst dich besser kennen, wie die Funktionen deines Körpers sind, wie dein Körper reagiert auf Anforderungen, Anstrengungen, Ruhe. Das hilft dir, deine Kräfte optimal einzuteilen, deine Kräfte zu entwickeln, ohne dich zu überanstrengen. Du lernst deine Möglichkeiten und deine Grenzen besser kennen. Das beiliegende Buch hilft dir, die Uhr im Training und Sport richtig einzusetzen.
„Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; Gott aber sieht das Herz an“, so hört der Prophet Samuel die Stimme Gottes, als Samuel den neuen König Israels aussuchen soll und sich vom Äußeren der Kandidaten beeindrucken lässt (1. Samuel 16, Vers 7). Lerne dein Herz kennen, das, was tief in dir steckt. Dann wirst du auch lernen, in das Herz anderer Menschen zu schauen und ihre inneren Werte wahrzunehmen, die so wichtig sind für ein gutes Zusammenleben und die Gestaltung einer Welt, in der es menschlich zugeht.
Ich wünsche dir, lieber Jan, Rückenwind, um schnell voranzukommen, wo es nötig ist, Gegenwind, um langsam zu werden, so dass du Zeit findest zur Besinnung und zum Kräfte-Sammeln. Ich wünsche dir Gegenwind, der dich stark und mutig macht, damit du auch die ganz starken Stürme überstehst! Ich wünsche dir offene Augen für die Schönheiten der Welt, dass du dich daran erfreust, und ich wünsche dir offene Augen, die Nöte der Welt wahrzunehmen und anderen zu helfen, so wie es deine Kräfte und Fähigkeiten erlauben. Ich wünsche dir die passenden Schlüssel für die Geheimnisse des Lebens!
Dein Patenonkel Henning