
»Genauso fesselnd wie die Romane, die Kurt Wolff veröffentlicht hat, und zutiefst bewegend« NEWSWEEK
Kurt Wolff war einer der renommiertesten Verleger des 20. Jahrhunderts. Er veröffentlichte u. a. die Werke von Franz Kafka, Joseph Roth, Georg Trakl, Franz Werfel, Karl Kraus und Boris Pasternak. Seine außergewöhnliche Lebensgeschichte und die seiner Familie erzählt nun sein Enkel Alexander Wolff. Während Kurt gemeinsam mit seiner zweiten Frau Helene in Frankreich, Italien und schließlich in New York auf der Flucht vor den Nazis war, diente sein eigener Sohn aus erster Ehe, Niko, in der Wehrmacht. Nikos Mutter Elisabeth entstammt der Merck-Dynastie, eine Herkunft, die die jüdischen Wurzeln ihres Sohnes gut kaschierte.
Um seine spannende Familiengeschichte endlich zu verstehen, zog Alexander Wolff für ein Jahr nach Berlin und lernte auch den Umgang der Deutschen mit ihrer Vergangenheit kennen.
»Alexander Wolff begnügt sich nicht damit, die tektonischen Verwerfungen der Zeit zu registrieren, sondern löst selbst Erschütterungen aus, die uns aufrütteln.« WALL STREET JOURNAL
© Clara Wolff
Alexander Wolff war 36 Jahre lang Mitarbeiter bei Sports Illustrated. Er ist Autor und Herausgeber von neun Büchern, darunter die New-York-Times-Bestseller ›Raw Recruits‹ und ›Big Game, Small World‹. Er studierte Geschichte in Princeton, wo er später auch Journalismus lehrte. Alexander Wolff lebt mit seiner Familie in Vermont.
www.alexanderwolff.com
Monika Köpfer war viele Jahre lang als Lektorin tätig und übersetzt heute aus dem Englischen, Italienischen und Französischen. Zu den von ihr übersetzten Autoren zählen u. a. J. L. Carr, Mohsin Hamid, Richard Russo und Milena Agus.

Die amerikanische Originalausgabe erschien 2021 unter dem Titel
»Endpapers: A Family Story of Books, War, Escape, and Home«
bei Atlantic Monthly Press, a division of Grove Atlantic, New York.
© 2021 by Alexander Wolff
E-Book 2021
© 2021 für die deutsche Ausgabe: DuMont Buchverlag, Köln
Alle Rechte vorbehalten
Übersetzung: Monika Köpfer
Lektorat: Boris Heczko
Umschlaggestaltung: Lübbeke Naumann Thoben, Köln
Umschlagmotive: © Frederic Lewis/Archive Photos/Getty Images
Satz: Fagott, Ffm
E-Book-Konvertierung: CPI books GmbH, Leck
ISBN E-Book 978-3-8321-7119-3
www.dumont-buchverlag.de
Für Frank und Clara
(amerikanische und
deutsche Staatsbürger)
… und immer, wenn wir zu der Seite kamen, sagte Věra, sagte Austerlitz, auf der davon die Rede war, daß der Schnee durch das Geäst der Bäume herabrieselt und bald den ganzen Waldboden bedeckt, hätte ich zu ihr aufgeblickt und gefragt: Aber wenn alles weiß sein wird, wie wissen dann die Eichhörnchen, wo sie ihren Vorrat verborgen haben? … Ja, wie wissen die Eichhörnchen das, und was wissen wir überhaupt, und wie erinnern wir uns, und was entdecken wir nicht am Ende?
W. G. Sebald, Austerlitz

Mein Vater stupste mich mit dem Ellbogen an. »Das ist ja wie bei der Gestapo!«
Für mich als Teenager in den Siebzigern im provinziellen Rochester, New York, war das »Glotzofon«, wie mein Vater es nannte, bislang strikt reglementiert gewesen: an den Wochenenden eine Sitcom pro Abend, am Samstag und Sonntag je eine Sportsendung und unter der Woche, wenn Schule war, nichts. Bis zu dieser großen Ausnahme, dieser Zeitspanne im Jahr 1973, als das öffentliche Fernsehen werktags zur Primetime die Anhörungen im Untersuchungsausschuss des Senats zur Watergate-Affäre übertrug.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich die Interessengebiete meines Vaters über mich ergehen lassen müssen. Aber mit sechzehn hatte ich genug von seinen Spezialgebieten – Kammermusik und Radio-Bausätze und die Dinge, die sich unter einer Motorhaube befanden. Ebenso wenig interessierte er sich für meine Hobbys: britischen Artrock und die Erfolge der New York Knicks. Doch der »Bloodsport«, der in Washington ausgetragen wurde, interessierte uns beide. Wir feuerten unsere Mannschaft an und kannten die Namen ihrer Spielkader auswendig, denen entweder ein »R« oder »D« (für Republikaner und Demokraten) in Klammern beigefügt war. Und angesichts der Hängebacken von Senator Sam Ervin, dem Ausschussvorsitzenden, und eines Zeugens namens Anthony Ulasewicz waren wir uns einig, dass ein kosmischer Casting-Direktor die Hand im Spiel gehabt haben musste. Ulasewicz, ein Cop, ließ mit seiner pfiffigen, humorvollen Art die amerikanischen Zuschauer an den legendären Sportreporter Damon Runyon denken. Mein Vater hingegen fühlte sich daran erinnert, dass es im Deutschland seiner Jugend viel zu wenige Polizisten mit einem Gewissen gegeben hatte.
Allmählich dämmerte mir, was meinen Vater Abend für Abend vor den Fernseher zog. Geboren in der Weimarer Republik und noch keine zwölf Jahre alt, als Adolf Hitler an die Macht kam, war er jetzt Bürger eines anderen Landes und witterte seine zweite Chance, für die Demokratie einzustehen. Die Hausaufgaben konnten warten. Jeden Werktagabend setzte ich mich neben ihn aufs Sofa, um zum ersten Mal gemeinsam etwas vor dem Bildschirm zu erleben, was uns wirklich verband.
Und eines Tages dehnte sich unsere Wochentags-Miniserie auch aufs Wochenende aus, auf den Abend, der unter dem Namen »Saturday Night Massacre« Geschichte machen sollte. Nacheinander wurden zuerst der Justizminister und dann dessen Stellvertreter entlassen, weil sie sich weigerten, Präsident Nixons Anordnung zu folgen und den Chefermittler in Sachen Watergate zu feuern. Nixons Angriff auf die Rechtsstaatlichkeit lieferte dem Repräsentantenhaus die Handhabe, ein Amtsenthebungsverfahren gegen Nixon einzuleiten, das schließlich zu dessen Rücktritt führte.
Für meinen Vater kam all das mehr als dreißig Jahre zu spät. Aber mitzuerleben, wie sich ranghohe Staatsdiener dieses Landes, dem er jetzt angehörte, aus tiefster Überzeugung heraus weigerten, Befehle auszuführen, war für ihn ein erregendes Gefühl.

Umschlag des Almanachs für Kunst und Dichtung von 1927, veröffentlicht im Kurt Wolff Verlag, München. Holzschnitt von Frans Masereel aus der Bildergeschichte Le Soleil, die 1920 im Kurt Wolff Verlag unter dem Titel Die Sonne erschien.

Straßenszene in Lübeck, August 1936. Aufgenommen vom damals fünfzehnjährigen Nikolaus Wolff.
Dieses Buch umspannt das Leben meines Großvaters und Vaters, zweier Männer, die in Deutschland geboren und später zu amerikanischen Staatsbürgern wurden. Es erzählt von ihrem jeweiligen Schicksal – Ersterer ein Exilierter, der Zweite ein Auswanderer – und ist das Ergebnis meines einjährigen Aufenthalts in Berlin, bei dem ich meiner familiären Herkunft und Geschichte nachspürte, während auf beiden Seiten des Atlantiks rechte Populisten auf dem Vormarsch waren.
Mein Großvater war ein Buchverleger, der vor dem Ersten Weltkrieg die literarische Landschaft Deutschlands prägte. Kurt Wolffs Mutter hatte jüdische Wurzeln, aber es war seine Vorliebe für das Neue, die ihn in Konflikt mit seiner Zeit brachte, in der Adolf Hitler und seine repressive, hasserfüllte Politik unaufhörlich an Zuspruch gewannen. Das Zusammenspiel aus einem brüchigen Frieden, Hyperinflation und sozialen Unruhen setzte dem Kurt Wolff Verlag zu, bis Kurt 1930 schließlich gezwungen war, seinen Verlag zu schließen. Drei Jahre später floh er aus dem mittlerweile von den Nazis beherrschten Deutschland; es verschlug ihn nach New York, wo er 1941 den Verlag Pantheon Books gründete. Mein Vater Nikolaus Wolff, der bei seiner Mutter in Deutschland geblieben war, diente als junger Mann in der Wehrmacht und fand sich nach dem Krieg in einem amerikanischen Kriegsgefangenenlager wieder, ehe er 1948 in die Vereinigten Staaten emigrierte.
Von meiner Geburt im Jahre 1957 bis zu seinem Tod fünfzig Jahre später blickte mein Vater immerzu nach vorn, war mit seiner Assimilation beschäftigt. Ich gab mich zufrieden, neben ihm in diesem sicheren Boot Platz zu nehmen und in ruhigen Gewässern dahinzugleiten. Die konformistische Aufbruchstimmung im Amerika der Nachkriegszeit bot ihm keinen Anlass zurückzublicken, und wenn er das nicht tat, hatte ich erst recht keinen Grund dazu. Genau wie er versuchte auch ich später, zielstrebig und hart arbeitend meinen Weg zu machen. Eine Lebenseinstellung, die man in Deutschland auch »Arbeitstherapie« nennt.
Aber ein Jahrzehnt nach dem Tod meines Vaters – ich war gerade sechzig geworden – spürte ich plötzlich den Sog der Vergangenheit. Ich wollte ein besseres Gespür bekommen für die europäischen Kapitel im Leben meiner Vorväter und die blutige Zeitspanne, in der sie sich vollzogen hatten. Doch am meisten trieb mich das beunruhigende Gefühl an, etwas übersehen zu haben – es versäumt zu haben, die Vergangenheit meiner Familie zu erkunden. Deutsche Angehörige meiner Generation piesackten ihre Eltern und Großeltern, Tanten und Onkel in Bezug auf den Nationalsozialismus, fragten sie, was sie gewusst und was sie getan hatten. Wie überall sonst waren die aufrührerischen Siebzigerjahre auch in Deutschland von Drogen und Rock und Widerstand gegen die Staatsgewalt geprägt, doch hinzu kam die Erkenntnis, dass das Wirtschaftswunder von unternehmerischen und politischen Eliten getragen wurde, die mit zahlreichen ehemaligen Nazis gespickt waren. Die jüngere Generation warf den Älteren vor, dass sie es versäumt hatten, Rechenschaft abzulegen und die eigene Vergangenheit aufzuarbeiten, um stattdessen einer Kultur zu huldigen, in der harte Arbeit und Fleiß großgeschrieben wurden. Inzwischen ist der von der breiten Gesellschaft getragene Wille, die Frage nach Schuld, Scham und Verantwortung aufzuarbeiten, kurzum Vergangenheitsaufarbeitung zu leisten, zum Markenzeichen des modernen Deutschlands geworden.
Ein deutscher Verwandter – das Patenkind und der Namensvetter meines Vaters, genau im gleichen Alter wie ich und ebenfalls Journalist – fragte mich unverblümt, warum wir beschlossen hatten, eine Zeit lang nach Berlin zu ziehen. »Du hast längst die Vergangenheit deiner Familie aufgearbeitet«, antwortete ich, »aber ich als Amerikaner bislang noch nicht.« Niko verstand auf Anhieb, was ich meinte. In seiner Jugend hatte er ausgiebig seine Sympathien für die Gegenkultur kundgetan, indem er am »Reinigungsritual in Bezug auf die Sünden der Väter« teilnahm. Dass ich mich erst so spät an die Aufarbeitung machte, war indes gewiss verzeihlich. Unsere Familie – die Wolffs in Wilmington, Delaware, in Princeton, New Jersey, und in Rochester, New York – war ja kaum noch deutsch. Was immer ich an historischer Aufarbeitung geleistet hatte, bezog sich auf die amerikanischen Schandtaten, die Sklaverei und die »Jim-Crow-Gesetze«, mit denen man im Süden der USA die Unterdrückung der Schwarzen und die Rassentrennung festschreiben wollte, also Sünden, die die Vorfahren meiner Mutter auf sich geladen hatten. Obwohl mein Vater erst als Siebenundzwanzigjähriger mit nur geringen Englischkenntnissen in die Vereinigten Staaten gekommen war, wurde er dank seiner Bemühungen, sich so schnell wie möglich in seinem neuen Land zu integrieren, bald als genauso amerikanisch angesehen wie die in Connecticut aufgewachsene WASP (»weiße angelsächsische Protestantin«), die er später heiratete.
So kam es, dass ich mich nach sechsunddreißig Jahren Journalistentätigkeit für die Sports Illustrated abfinden ließ und die Summe auf ein deutsches Bankkonto überwies. Vanessa, meine Frau, kündigte bei dem ambulanten Pflegedienst, für den sie als Krankenschwester arbeitete. Wir fanden ein Paar, das für die Zeit unserer Abwesenheit in unser altes Bauernhaus in Vermont einzog und sich um Hund und Katze kümmerte; unsere beiden Teenagerkinder Frank und Clara meldeten wir bei einer internationalen Schule am Stadtrand von Berlin an. Wir schlossen einen einjährigen Mietvertrag für eine Wohnung in Kreuzberg ab, einem Viertel, in dem Menschen aus mehr als 190 Ländern leben und dessen raue levantinische Ecken und Kanten die Gentrifizierung noch nicht glatt geschliffen hat. Da es in Berlin alle paar Meter einen »Coworking Space« gibt, war es nicht weiter schwer, einen Schreibtisch in fußläufiger Nähe zu finden, und zwar in der AHA Factory, deren Name zu suggerieren schien, dass die sich das Büro teilenden Freiberufler alle paar Minuten eine Art Offenbarung erlebten.
Als wir 2017 an einem Augustnachmittag auf dem Flughafen Tegel landeten, kannte ich nur die vagen Umrisse des Lebens, das mein Großvater und mein Vater in Europa geführt hatten. Kurt Wolff verließ Deutschland für immer, als er am Abend des 28. Februars 1933 aus Berlin floh, während die Asche des niedergebrannten Reichstags noch glühte. Mit einem Pass, der bald abzulaufen drohte und den zu verlängern er sich vergeblich bemühte, lebte er in den folgenden sechseinhalb Jahren bis zum Kriegsausbruch in der Schweiz, in Frankreich und Italien.
Meine Großeltern waren im Jahr 1931 geschieden worden. Danach lebten mein Vater und seine ältere Schwester Maria, damals elf und vierzehn, in München bei ihrer Mutter, die der Pharmaunternehmensfamilie Merck entstammte. Sie und ihr zweiter Mann waren beide nichtjüdisch.
Vermutlich hätten die Nazis an den jüdischen Vorfahren von Kurts Mutter ebenso Anstoß genommen wie an seiner Tätigkeit als Verleger. Denn viele seiner Autoren waren Juden wie Franz Kafka oder Expressionisten und Pazifisten und »entartet« sowieso. Bücher von Karl Kraus, Walter Mehring, Heinrich Mann, Joseph Roth, Carl Sternheim und Franz Werfel – allesamt Autoren des Kurt Wolff Verlags – ließen die Nazis in Flammen aufgehen.
Nachdem die Deutschen 1940 in Frankreich einmarschiert waren und einen Teil des Landes besetzt hatten, flohen Kurt und seine zweite Frau Helen mithilfe des amerikanischen Journalisten Varian Fry und des von ihm geleiteten Emergency Rescue Committee mit ihrem Sohn, meinem Halbonkel Christian, aus Nizza nach Lissabon, um sich im März 1941 nach New York einzuschiffen. Bereits seit Anfang des folgenden Jahres betrieben sie von ihrer Wohnung in Manhattan aus den Verlag Pantheon Books.
Kurt sollte auch weiterhin eine bekannte Figur des öffentlichen Lebens bleiben, und noch heute lässt sein Name in gewissen literarischen Kreisen aufhorchen. Doch die großen Fragen, die mich bedrängen, entzünden sich immer wieder an der Figur meines Vaters, der kein öffentliches Leben führte. Wie kam es, dass Niko Wolff trotz seiner jüdischen Wurzeln bei der Wehrmacht war? Warum folgte er nicht dem Beispiel seines Vaters, sondern blieb in Deutschland, wo er den Aufstieg und die Herrschaft der Nazis miterlebte? Wie viele Schuld- oder Schamgefühle brachte Niko später in die Neue Welt mit und schleppte sie sein restliches Leben lang mit sich herum? Welchen Einflussnahmen, Zufällen oder Privilegien verdankte er sein Überleben – und verdanke ich meine Existenz? Gab es auch für mich Anlass zur Scham?
Im Gegensatz zu Kurts Auswanderungsgeschichte fehlt der meines Vaters das adelnde Attribut »Gesinnungsemigrant«. Bei meiner Ankunft in Berlin wusste ich kaum mehr als das, was Niko mir erzählt hatte: dass er in seinem bayerischen Internat gezwungen wurde, der Hitlerjugend beizutreten, dass er als Neunzehnjähriger dem Reichsarbeitsdienst angehörte und während des Russlandfeldzugs einen Versorgungslastwagen für ein Luftwaffengeschwader fuhr. Ich fragte ihn, ob er je jemanden getötet habe, worauf er mir antwortete: nicht wissentlich. Die folgenden drei Jahre nach dem Krieg verbrachte er buchstäblich mit dem Auflesen von Trümmern, um sich für einen Studienplatz für Chemie an der Technischen Hochschule München zu qualifizieren. Später half Kurt seinem Sohn, ein Studentenvisum für die Einreise in die Vereinigten Staaten zu bekommen, wo er seinen Abschluss machte. Bis auf gelegentliche Familienbesuche sollte mein Vater nicht mehr nach Deutschland zurückkehren.
Kurt war sechzig, als er zu einem »hyphenated American« wurde, einem »Amerikaner mit Bindestrich«, also einem amerikanischen Staatsbürger mit ausländischer Abstammung, in seinem Fall zu einem »Deutsch-Amerikaner«. Diesen Bindestrich, der sowohl verbindend als auch trennend war, fasste er als Lizenz auf, sich neu zu erfinden, und zwar nicht nur einmal, sondern zweimal. Wenige Jahre nachdem er zum ersten Mal seinen Fuß auf amerikanischen Boden gesetzt hatte, verlegte er Bestseller in einer Sprache, die er nicht völlig beherrschte. Zwei Jahrzehnte später, als er mehr oder weniger abermals ins Exil gedrängt worden und nach Europa zurückgekehrt war, ermöglichte ihm ein amerikanischer Verlagsmanager eine neue berufliche Laufbahn, nachdem ihn ein anderer von der rücksichtsloseren Sorte kurz zuvor aus dem Land getrieben hatte. Und so waren ihm bis zu seinem Tod noch ein paar Jahre der beruflichen Zufriedenheit als rehabilitierter Deutsch-Amerikaner beschieden.
Kurt legte stets eine große Begeisterungsfähigkeit an den Tag. Unermüdlich und zumeist lustvoll setzte er alles daran, andere dazu zu bringen, die Dinge so zu sehen wie er selbst. Und auch wenn es ihm hin und wieder schwerfiel, ein Nein als Antwort zu akzeptieren, wurde seine Hartnäckigkeit durch den Enthusiasmus abgemildert, mit dem er Kollegen, Gäste, Leser oder Freunde dazu bewegen wollte, einer seiner Empfehlungen zu folgen. Gewöhnlich ging es dabei um ein Buch, häufig aber auch um ein Kunstwerk oder Musikstück, ein Gericht oder einen edlen Tropfen. Während der ersten zwei Drittel eines Jahrhunderts, das von Zerstörung und Grauen gekennzeichnet war, suchte Kurt unermüdlich nach Menschen mit gutem Geschmack, die seinen guten Geschmack erkannten.
Es dürfte nicht leicht gewesen sein, als Sohn eines solchen Mannes aufzuwachsen, vor allem wenn die eigenen Interessen und Erfahrungen in eine ganz andere Richtung gingen. Mein Vater trug in München Trümmerhaufen ab, während sein Vater in Manhattan in Sicherheit lebte und allenfalls nach Ideen für einen weiteren universalistischen Essay oder prächtigen Bildband schürfte, mit dem er die Leserschaft beglücken konnte.
Das ist das wenige, was ich durch Geschichten aus zweiter Hand und ein paar Sekundärquellen wusste, bevor ich nach Berlin aufbrach. Und tatsächlich staune ich immer wieder aufs Neue, wenn ich über den von mir zusammengetragenen Geschichten brüte, wie viel ich über meine Familie herausgefunden habe – und wie wenig mein Vater mir erzählt hatte. Glücklicherweise ist der schriftliche Nachlass meines Großvaters in Deutschland beziehungsweise in den Vereinigten Staaten archiviert, und einiges davon wurde sogar veröffentlicht. »Lieber Dr. Kafka: Herr Franz Werfel hat mir so viel von Ihrer neuen Novelle – heißt sie ›die Wanze‹? – erzählt, daß ich sie gern kennen lernen möchte. Wollen Sie sie mir schicken?« Aus seinen Terminkalendern, Tagebüchern und Notizen weiß ich, dass Kurt, ein Amateur-Cellist, mit Paul Klee, der nicht nur Maler, sondern auch Geiger war, an einem Septembertag im Jahr 1919 Streichtrios spielte und dass sich die Rechnung für ein Mittagessen mit T. S. Eliot im Grand Ticino in Greenwich Village in den Fünfzigern auf fünfundsiebzig Cent belief. Spät in seinem Leben verfasste Niko eine Orientierungshilfe für die etliche Jahrzehnte umspannenden Tagebücher seines Vaters, eine umfassende tabellarische Aufstellung mit den Kategorien Wer, Wann, Wo und Weiteres, die nicht nur von Kurts zwanghafter Geselligkeit zeugt, sondern auch offenbart, warum ich meinem Vater den Spitznamen »wandelndes Flussdiagramm« gegeben habe.
Kurt selbst hatte sich geschworen, niemals ein Buch nach dem Motto »Mein Leben und meine Liebesaffären« zu schreiben. Die eigenen Memoiren zu veröffentlichen, war seines Erachtens vergebliche Mühe, und er pflegte zu sagen: »Was man schreiben kann, ist nicht interessant, und was interessant ist, kann man nicht schreiben.« Bei meinem Vorhaben, das Leben meines Großvaters zu umreißen, hatte ich immer auch die beschwörenden Worte des amerikanischen Literaturkritikers D. J. R. Bruckner im Hinterkopf, der Kurt 1992 in seiner Rezension der gesammelten Briefe und Essays als »einen schwierigen Menschen« bezeichnete. »… das geht aus seinen eigenen Worten hervor – trotz seiner Leidenschaft für gute Bücher, seiner Herzenswärme, Freundlichkeit und Loyalität. Selbst einem Leser, der seine Worte mit zeitlichem Abstand liest, wird unbehaglich zumute angesichts seiner Klarheit, unerbittlichen Logik und hehren Verhaltensregeln. Aber all das ist so inspirierend … Das wahrhaft Noble daran ist Wolff selbst. In vertraulicher Atmosphäre von solch einem Menschen angesprochen zu werden erfreut das Herz.« Möge diese Beschwörung als Rechtfertigung für die Unmittelbarkeit dienen, mit der Kurt Wolff auf den folgenden Seiten in Erscheinung tritt.
Ich nahm Unmengen von Briefen aus dem Familienfundus nach Berlin mit und machte mich an deren Lektüre in dem Wissen, dass andernorts Tausende weitere lagern. Wenn man sich in der mehr als ein halbes Jahrhundert umspannenden Korrespondenz seiner Vorfahren verliert, erhält man automatisch Einblick in die ungeschriebenen Regeln des Briefeschreibens der Ära, in der diese lebten. Es genügte nicht, aufzubewahren, was der Postbote einem brachte; man musste auch eine Kopie dessen aufbewahren, was man verschickte. Was bringt es, eine Empfindung oder ein Aperçu in einem privaten Tagebuch zu notieren und es für sich zu behalten (höre ich meinen Großvater aus dem Grab kundtun), wenn man es doch ebenso gut einer anderen Person anvertrauen kann? Wenn das Wesen des Publizierens die Verbreitung des geschriebenen Worts ist, dann ist das Schreiben eines Briefs Publizieren mit geringstmöglicher Auflage.
Kurt ließ seinem Enthusiasmus freien Lauf. »Bei anderen Autoren«, schrieb er an Heinrich Mann, »bedeutet eine gelegentliche Ungeschicklichkeit in ihrer geschäftlichen Vertretung vielleicht ein wenig Ärger, bei Ihnen erschiene sie mir heute als Verbrechen.« Und in einem Antwortbrief an Hermann Hesse, der nicht zu seinen Autoren zählte, aber sein Freund war, schrieb er: »Das ist wie Zauberei: Da lebe ich in einem entlegenen Winkel des südlichen Frankreich, ganz still und privat, und plötzlich werde ich bei meinem Namen gerufen … Herzlich und innig möchte ich Ihnen danken, dem Zauberer …«
Auf seine eigenen Worte verwandte er ebenso viel Aufmerksamkeit wie auf die Texte, die er verlegte. Selbst Beleidigungen kamen originell daher; schlechte Literatur war für ihn nicht schlicht »Mist« oder »wertloses Zeug«, sondern, noch schlimmer, »das Papier nicht wert, auf dem es gedruckt wird«. 1917 äußerte er als Dreißigjähriger gegenüber Rainer Maria Rilke, warum er sich zum Verleger berufen fühlte:
Wir Verleger bleiben, haben wir überhaupt je gelebt, nur kurze Jahre lebendig … So gilt es, wachsam und jung zu bleiben, daß der Spiegel nicht zu rasch erblinde. Noch bin ich jung, noch sind es meine Jahre; ich freue mich des Spiels der Kräfte, die mit den Aufgaben wachsen und durch Kampf und Widerstände verdoppelt werden, genieße das freie Spiel wirkender Tätigkeit und glaube, wenn ich auch oft irren mag, mit dem wenigen wahrhaft Guten und Wertvollen, für das ich mich einsetze, Äquivalente für Fehler zu schaffen.*
Beim Briefeschreiben wusste Kurt genau, was wichtig war, und ich behielt dies wohlweislich im Hinterkopf, während ich mich immer tiefer durch die Stapel arbeitete. »Wer interessiert sich schon für die Empfänger der Briefe?«, fragte er einmal. Die Menschen würden sie nur lesen, weil sie sich für den Schreiber interessierten.
Um schließlich unumwunden zuzugeben, worum es wirklich geht: »Häufig schreiben Briefeschreiber über sich selbst.«
Mein Vater war zwar nicht der sprichwörtliche Apfel, der nicht weit vom Stamm fällt, aber er war ein pflichtbewusster Briefeschreiber, der seiner Mutter Elisabeth Merck Wolff Albrecht, die während des Kriegs in München geblieben war, ausführliche Briefe schickte. Für mich waren diese erhalten gebliebenen Briefe und die Fotos, die Niko ihnen beigefügt hatte – sowie einzelne Dokumente wie etwa der »Nachweis der arischen Abstammung«, der meinem Vater, obwohl Enkel und Urenkel getaufter Juden, ausgestellt worden war –, wie ausgestreute Brotkrümel, deren Spur ich folgen konnte.
Im Lauf der Jahre erfuhr ich, dass meine Großmutter den Familienstammbaum für Niko und seine Schwester abgeändert hatte, indem sie jüdische Vorfahren durch nichtjüdische mit denselben Nachnamen ersetzte. Ermöglicht wurde diese Täuschung angeblich durch einflussreiche Bekannte ihres zweiten Mannes, eines Gynäkologen, zu dessen Patientinnen auch die Frau von Hitlers Stellvertreter Rudolf Hess zählte. Ob diese Geschichte wahr ist, kann heute nicht mehr verifiziert werden, aber sie hallt unerbittlich in mir nach.
Als ich 2012 in London war, um über die Olympischen Spiele zu berichten, besuchte ich eines Morgens mit meiner Frau und den Kindern die »Cabinet War Rooms« – die ehemalige Kommandozentrale, von der aus Churchill die britische Reaktion auf den »Blitz« orchestrierte. Als wir zum Mittagessen ins Café gingen, hatte unsere neunjährige Tochter Clara längst ausgemacht, wer die Guten und wer die Bösen waren und auf welcher Seite ihr Großvater stand. Sie fragte: »Könnte es nicht sein, dass Opa vielleicht ein Spion war?«
Ich glaube, ich murmelte irgendetwas über staatsbürgerliche Verantwortung und dass jeder von uns die Pflicht habe, dafür zu sorgen, dass unsere Regierung niemals Unrecht in unserem Namen begehe. Aber ich habe nicht das Gefühl, dass das eine aufrichtige Antwort war, und frage mich noch immer, ob ich je in der Lage sein werde, Claras Frage mit der Offenheit zu behandeln, die sie verdient. Dieses Buch ist der Versuch, eine ehrliche Antwort zu finden.
Und als Ausgangspunkt erschien mir kein Ort geeigneter zu sein als Berlin, die moderne europäische Metropole, die von der Atmosphäre und dem Geist her am ehesten dem Manhattan der Vierzigerjahre ähnelte, wohin es sowohl Kurt als auch Niko verschlagen hatte. Ein Kommentar aus dem Jahr 1983 von Richard von Weizsäcker, damals Regierender Bürgermeister von Berlin, brachte es auf den Punkt: »Wie keine andere Stätte erlebt und erleidet Berlin täglich die deutsche Geschichte mit ihren Schicksalswegen. Deshalb können wir hier ganz ohne Pathos sagen: Berlin ist Treuhänderin der deutschen Geschichte, Treuhänderin der Deutschen und ihrer Nation.«
Und hierher war ich gekommen, um mit dem Finger über diese Narben zu fahren, die Länge jeder Kerbe zu messen und die Dichte des Gewebes zu erspüren.
* Bei Zitaten aus deutschsprachigen Briefen und Aufzeichnungen werden Orthografie und Interpunktion der Originaltexte beibehalten.
Als Kurt Wolffs Enkel war mir das Cellospielen sozusagen in die Wiege gelegt worden. Sehr früh erklärte man mir: Bei einer Pianistin als Mutter und einem Hobbygeiger als Vater müsse ich Cello lernen, damit das Trio komplett wäre. Ich stieß mit einem Instrument hinzu, das nur halb so groß war wie die Erwachsenenversion. Als ich in die Mittelstufe kam, wurde es gegen ein dreiviertelgroßes ausgetauscht, und zwar in der Erwartung, dass ich bald groß genug für Kurts sorgfältig poliertes Erbstück sein würde, das 1779 in Tirol aus Ahornholz und breit gemaserter Resonanzfichte gefertigt worden war.
Man muss die männliche Linie der Wolffs nicht allzu weit zurückverfolgen, um zu ergründen, dass das gute alte Familientradition war. Mein Großvater wuchs in Bonn auf, wo sein Vater an der Universität Musik unterrichtete und außerdem ein erschöpfendes Arbeitspensum als Dirigent, Streicher, Organist und Chorleiter absolvierte. Sonntags rahmte Leonhard Wolff in der evangelischen Kreuzkirche am Kaiserplatz mit Orgelmusik und Chorwerken die Predigten von Pastor Bleibtreu ein. Ein großer Bach-Kenner und Freund von Brahms, war Leonhard selbst Komponist, der dritte Wolff in direkter Folge eines Berufsmusikergeschlechts aus Krefeld. Als die Pianistin Clara Schumann in den 1850er-Jahren hin und wieder in der Stadt weilte, um bei einem der Winterkonzerte aufzutreten, die sein Vater damals veranstaltete, schickte man den jungen Leonhard in ihr Hotel, um Blumen oder Obst für sie abzugeben.
1886, zwanzig Monate nachdem sich seine erste Frau Anna durch einen Sprung in den Rhein das Leben genommen hatte, heiratete Leonhard ein weiteres Mal. Seine neue Braut Maria Marx war die Tochter einer Rheinländerin und eines Rheinländers, die ihre jüdischen Wurzeln bis in die Frühzeit der genealogischen Aufzeichnungen zurückverfolgen konnten. Sie gab ihre Stelle als Lehrerin an einer Mädchenoberschule auf, um ihre Pflichten als Stiefmutter von Leonhards und Annas beiden Kindern zu erfüllen.
An einem Abend im März 1887 brachte Maria Kurt zur Welt, während Leonhard in der alten Beethovenhalle Händels Messias dirigierte. Von da an wurden die Worte »Es ist uns ein Sohn gegeben« als scherzhaftes Bonmot in unserer Familie weitergegeben.
Maria, getaufte Christin wie ihre Eltern, führte einen von deutscher, wenngleich überwiegend säkularer Kultur geprägten Haushalt. Ihre Ausbildung als Lehrerin machte sich bei der Erziehung der Kinder bemerkbar, und so übertrug sie ihre Liebe zu Gedichten auf ihre Stiefkinder und ihre leiblichen Kinder Kurt und dessen drei Jahre jüngere Schwester Else. Kurt erhielt den obligatorischen Cellounterricht und wurde auf den Besuch des Gymnasiums vorbereitet. Als Maria 1904 mit siebenundvierzig Jahren starb, hatte sie entscheidenden Einfluss auf die Bildung ihres mittlerweile siebzehnjährigen Sohns genommen.
Von Natur aus grüblerisch und introvertierter als seine Frau, liebte Leonhard lange Spaziergänge, und mein Großvater begleitete ihn als Heranwachsender häufig. Dabei fragte Kurt seinen Vater über diverse Komponisten und Schauspieler aus und besonders auch über seine beiden direkten Vorfahren väterlicherseits. Leonhards Großvater Johann Nikolaus, ein Müllersohn aus Franken, der 1770, im selben Jahr wie Beethoven, geboren wurde, war in Krefeld Kapellmeister gewesen. Sein Nachfolger wurde Leonards Vater Hermann, ein Freund von Clara und Robert Schumann. Hermann war ein früher Bewunderer von Brahms und verließ 1870 Krefeld zutiefst gedemütigt, nachdem das Publikum auf seine Aufführung des Deutschen Requiems ablehnend reagiert hatte – offenbar empfand es das Oratorium damals noch als zu radikal.
Leonhard teilte bald die Begeisterung seines Vaters für Brahms. Ehe er nach Bonn ging, hatte er mit dem Meister Kammermusik gespielt. Und so führte er im Jahr 1884, kurz nachdem er seinen Posten als Kapellmeister in Bonn angetreten hatte, dort erfolgreich Ein deutsches Requiem auf.
An einem Frühlingstag im Jahr 1896 betrat Brahms noch vor dem Morgengrauen das Haus der Wolffs im Bonner Thalweg – vier Stunden später sollte Leonhard den Chor bei Clara Schumanns Beerdigung dirigieren. »Ich selbst erinnere die Bestürzung, Aufregung, Trauer bei jener unerwarteten Erscheinung von Brahms früh um 5 Uhr im Elternhaus – das Frühstück war ein Totenmahl. Mein Vater sollte Brahms nach diesem Begräbnistag nicht wiedersehen«, schrieb mein Großvater, der damals neun Jahre alt war, ein halbes Jahrhundert später.
Dieses Foto hat irgendwie überlebt; es wurde am Tag danach aufgenommen. Brahms ist der sichtlich von Trauer überwältigte, weißbärtige Mann in der Mitte. Dank der Anmerkungen meines akribischen Vaters auf der Transparenthülle des Fotos weiß ich, dass meine Urgroßeltern den dunkelbärtigen Mann mit Hut hinter dem Komponisten flankieren.

Die Wolffs hatten sich einen Platz im Bildungsbürgertum erobert, dieser bürgerlichen Oberschicht, die sich dem lebenslangen Lernen und dem kulturellen Erbe in Kunst, Musik und Literatur verpflichtet fühlte. Mit zehn begeisterte sich Kurt für Theodor Fontane, und seine Liebe zur Literatur spornte ihn an, das Abitur abzulegen. In einer Universitätsstadt wie Bonn war diese Art der humanistischen Selbstbildung in bildungsbürgerlichen Kreisen etwas Selbstverständliches. »Falls gelegentlich der peinliche Fall vorkam, daß ein Professorensohn nicht studierte, sondern etwa kaufmännisch berufstätig wurde, so fiel er aus seiner Welt heraus. Es war eine Schande für die Familie, die man tief bedauerte, und das Unglück wurde taktvoll nie erwähnt.«
Umzingelt von »Snobs und Bürgern«, wie Kurt es später formulierte, widmeten sich junge Bonner, die sich künstlerisch ausdrücken wollten, der Musik und Dichtung. Leonhard förderte die junge Pianistin Elly Ney, die Tochter einer Bonner Beamtenfamilie, die gegenüber der Turnhalle von Kurts Schule wohnte. Nach dem Zweiten Weltkrieg sollte die Stadt Elly Ney wegen ihrer nationalsozialistischen Gesinnung zeitweise aus ihren Konzertsälen verbannen. Doch damals schwänzte Kurt, noch nicht einmal ein Teenager, den Sportunterricht, schlüpfte in den Salon der Neys und bat die damals sechzehnjährige Elly, für ihn zu spielen. Und als bräuchte er nur die Knöpfe einer Jukebox zu drücken, spielte sie – »was immer ich mir nur wünschen konnte, unermüdlich und viele Stunden lang: Bach, Mozart, Beethoven, Schubert, Chopin bis zu den Brahms-Sonaten in C und F Wenn ich mit den großen Werken der Klaviermusik wirklich vertraut wurde, verdanke ich das vor allem jenen Stunden bei Elly … [Ich] war bis über die Ohren in die hinreißend temperamentvolle junge Löwin verliebt.«
Genauso begeisterte sich Kurt für die Literatur. Als Neunzehnjähriger begegnete er dem Dichter Friedrich Gundolf, der später an der Universität Heidelberg Literaturwissenschaft lehrte. Gundolf stand Stefan George nahe, zu dessen »Jüngern« auch die drei Brüder Stauffenberg gehörten. »Fein, hübsch, beflissen, bescheiden, gesittet, von einer rührenden, fragenden und suchenden Geistigkeit und Jungheit …«, schrieb Gundolf an George, als er dem »Meister« ankündigte, ihm demnächst Kurt vorzustellen. »[Er ist] einer der jungen Menschen, die zur Bildung der Atmosphäre und zur Hebung des Niveaus so bedürft werden.«
Auch auf die Gefahr hin, die akademischen Kreise Bonns vor den Kopf zu stoßen, reiste Kurt kurz nach dieser Begegnung per Schiff nach São Paulo, um an einem von deutschen Banken gesponserten sechsmonatigen Kurs über das Finanzwesen teilzunehmen. Aber kaum war er wieder zu Hause, stürzte er sich erneut in die Literatur. Mit den 100 000 Goldmark, die er von seiner verstorbenen Mutter geerbt hatte und die heute mehr als 800 000 Euro wert wären, hatte er begonnen, Erstausgaben und Inkunabeln oder Wiegendrucke zu erwerben – Bücher, die im 15. Jahrhundert kurz nach der Erfindung der Druckerpresse mit beweglichen Lettern gedruckt worden waren. Am Ende umfasste seine Sammlung 12 000 Exemplare. Aber genau wie sein Vater, der sich sowohl für alte wie auch für neue Musik starkmachte, ließ Kurt den Blick von Büchern, die reichlich Staub angesetzt hatten, zu Werken wandern, die in seiner Zeit geschrieben wurden – zu Schriftstellern, die die verknöcherten Ansichten der Wilhelminischen Ära infrage stellten. Auf seiner Wanderschaft von Universität zu Universität, wie sie damals üblich war, studierte er Germanistik in Marburg, München, Bonn und – seine schicksalhafteste Station – in Leipzig, damals das Zentrum des deutschen Verlagswesens. 1908, mit einundzwanzig, hängte er sein Promotionsstudium an den Nagel und fing beim Insel Verlag als Lektor an. »Ich liebte Bücher, auch schöne Bücher, versuchte zu sammeln, schon als halber Junge noch und Student, wußte, daß ich völlig unproduktiv war«, erinnerte er sich später, »wollte aber durchaus beruflich mit dem Buch zu tun haben. Was bleibt anderes übrig? Man wird Verleger.«
Eines seiner ersten Projekte fußte auf dem Familienarchiv. Als Jugendlicher hatte er Bertha, seiner Großmutter mütterlicherseits, bei der Entrümpelung eines Buchregals geholfen. Dabei entdeckte er Notizen und Visitenkarten von Adele Schopenhauer, der Schwester des Philosophen, und Ottilie von Goethe, der Schwiegertochter des Dichters. Kurt bat seine Großmutter, ihm von den Hintergründen dieser Dokumente zu erzählen. Wie sich herausstellte, war Berthas Mutter Jeanetta mit beiden Frauen befreundet gewesen. Bertha förderte weitere Korrespondenz zutage, und 1909 veröffentlichte Kurt diese Briefe und ein Tagebuch von Adele, das er in Privatbesitz entdeckt hatte, in einer zweibändigen Ausgabe bei Insel.
Als Nächstes wandte er sich dem Werk des Schriftstellers und Naturforschers Johann Heinrich Merck zu. Dieser war ein Freund Goethes und ein Vorfahr der siebzehnjährigen jungen Dame, der Kurt während seiner Zeit beim Militär in Darmstadt den Hof gemacht hatte und die er später heiraten sollte – meiner Großmutter Elisabeth Merck. Ihre Familie, die das gleichnamige international tätige Pharmaunternehmen betrieb, lehnte Elisabeths Verehrer zunächst ab, und zwar aus den gegenteiligen Gründen, aus denen die Bonner Professorenschaft ihn vielleicht gern in ihre Reihen aufgenommen hätte: Kurt war ihnen zu sehr Literat und zu wenig Geschäftsmann. Doch das Verlagswesen schien ihnen dann ein guter Kompromiss zu sein, sodass die Mercks dem Paar Ende 1907 ihren Segen gaben. Die Hochzeit fand 1909 statt, kurz nachdem diese Porträts entstanden waren.

1910 wurde Kurt stiller Teilhaber des erst vor Kurzem gegründeten Verlags von Ernst Rowohlt, der eines der wichtigsten Verlagshäuser Deutschlands werden sollte. Mit seiner schlanken Gestalt und seinen vollendeten Umgangsformen hätte Kurt, der inzwischen mit seiner Frau und einer Haushaltshilfe eine Wohnung in Leipzig bezogen hatte, nicht verschiedener von dem raubeinigen, urigen Ernst Rowohlt sein können, der in den Wirtshäusern und Weinstuben der Stadt Geschäfte tätigte und hin und wieder im Büro übernachtete.
Nachdem er im Juni 1912 endgültig seine Doktorarbeit ad acta gelegt hatte, fand Kurt mehr Zeit, sich um die geschäftlichen Angelegenheiten des Verlags zu kümmern. Und so war er auch an jenem Junitag im Jahr 1912 anwesend, als der Prager Schriftsteller Max Brod mit einem Schützling namens Franz Kafka im Büro erschien. Jahre später berichtete Kurt über diesen Besuch:
Ich habe im ersten Augenblick den nie auslöschbaren Eindruck gehabt: der Impresario präsentiert den von ihm entdeckten Star. Natürlich, so war’s ja auch, und wenn dieser Eindruck peinlich war, so war das in Kafkas Wesen begründet, der unfähig gewesen wäre, diese Einführung mit einer leichten Geste, einem Scherz zu überkommen.
Ach, wie er litt. Schweigsam, linkisch, zart, verwundbar, verschüchtert wie ein Gymnasiast vor den Examinatoren, überzeugt von der Unmöglichkeit, die durch die Anpreisung des Impresarios geweckten Erwartungen je zu erfüllen. Und überhaupt, wie hatte er nur einwilligen können, sich als Ware einem Käufer vorstellen zu lassen! Wollte er denn, daß man seine belanglosen Kleinigkeiten drucke – nein, nein, nein. Ich atmete auf, als der Besuch vorbei war, und nahm Abschied von den schönsten Augen, dem rührendsten Ausdruck eines alterslosen Menschen, der damals im dreißigsten Jahre stand, dessen Erscheinung aber zwischen krank und kränker schwankend für meinen Eindruck immer alterslos blieb; man konnte sagen: ein Jüngling, der nie den Schritt ins Mannesalter getan.
Eine Bemerkung Kafkas an diesem Tag trug mit dazu bei, dass Kurt ihn als naiv und unsicher einschätzte: »Ich werde Ihnen immer viel dankbarer sein für die Rücksendung meiner Manuskripte als für deren Veröffentlichung.«
Ein paar Monate später kam es zum Zerwürfnis mit Ernst Rowohlt, nachdem Kurt den ebenfalls aus Prag stammenden Schriftsteller Franz Werfel zu großzügigen Bedingungen als Lektor eingestellt hatte, ohne dies mit seinem Geschäftspartner abzusprechen. 1913 zahlte Kurt Ernst Rowohlt mit einem Teil des mütterlichen Erbes und Mitteln seiner wohlhabenden Frau aus, firmierte den Verlag auf den Namen Kurt Wolff Verlag um und nahm Kafka und Brod als Autoren mit. Da er weiteres Kapital benötigte, versteigerte er einen Teil seiner Buchsammlung. Für den Fall, dass jemandem der Symbolgehalt dieses Schritts entgangen sein sollte – möge das Alte das Neue unterstützen –, hielt Kurt sein Credo in einem Brief an den Wiener Kritiker Karl Kraus fest: »Ich dagegen denke mir den Verleger – wie soll ich sagen – etwa als Seismograph, der bemüht sein soll, Erdbeben sachlich zu registrieren. Ich will Äußerungen der Zeit, die ich vernehme, soweit sie mir irgendwie wertvoll erscheinen, überhaupt gehört zu werden, notieren und für die Öffentlichkeit zur Diskussion stellen.«
1912 war Kurt zum ersten Mal auf Werfels Betreiben nach Wien gereist, um Kraus zu treffen. Kurt fühlte sich überwältigt von dem ermüdenden Ungestüm dieses literarischen Provokateurs. Ob es darum ging, über Literatur zu diskutieren oder ihm die Stadt zu zeigen, immer verlangte der damals achtunddreißigjährige Kraus die volle Aufmerksamkeit seines dreizehn Jahre jüngeren Besuchers. »Wenn er Sie nachts zum Hotel begleiten will«, warnte Werfel ihn, »dürfen Sie es nicht als Akt der Höflichkeit auffassen und ablehnen. Kraus ist ein Nachhausebegleiter. Der Gedanke, man könne etwa nach einem Zusammensein mit ihm noch mit anderen Menschen zusammentreffen, ist ihm unerträglich. Wenn Sie sich aber einmal befreien möchten, gibt’s eine Ausrede, die Kraus gelten läßt – wenn auch ungern. Sie können, so zwischen Mitternacht und ein Uhr, sich mit der Entschuldigung verabschieden, daß Sie noch ein Rendez-vous mit einer Frau haben. Es ist die einzige Rettung.«
Kurts erster Besuch in Kraus’ Wohnung dehnte sich bis in die frühen Morgenstunden aus, und bei dieser Gelegenheit zog sein Gastgeber einen Gedichtband aus dem Regal und rezitierte seine Lieblingsgedichte. »Die Verse durchdrangen die Wand meiner Müdigkeit kaum«, erinnerte sich Kurt. »Mich fesselte in diesem Augenblick der merkwürdige Leser, den ich doch erst vor ein paar Stunden kennengelernt, weit mehr als die vertrauten Verse, und ganz mechanisch sprach ich, als er das ›Mondlied‹ las, die letzten Zeilen mit, – nein, allein. Kraus verstummte und ließ mich zu Ende sprechen.
Verschon uns, Gott! mit Strafen,
Und laß uns ruhig schlafen!
Und unsern kranken Nachbarn auch!
Er sah mich fassungslos an und fragte in einem Ton, der zugleich Enttäuschung und Überraschung verriet: ›Aber wieso kennen Sie denn das? Matthias Claudius ist doch völlig vergessen und unbekannt.‹
›Aber nein‹, meinte ich, ›vielleicht in Österreich, bei uns eigentlich nicht. So etwa von meinem fünften bis achten Jahr, als ich die Kindergebet-Verschen leid geworden, betete meine Mutter mit mir allabendlich das ›Mondlied‹.«
Die Freude, seine neue Liebe geteilt zu finden, war größer als die Enttäuschung, nicht der erste Mittler der Gedichte gewesen zu sein.
Denn die erste Mittlerin war Maria Marx Wolff gewesen, die akkulturierte Rheinländerin mit jüdischen Wurzeln.

Kurt, ein junger Rebell im Bonn der Jahrhundertwende, fand in der Musik und Lyrik die ihm angemessenen Ausdruckmöglichkeiten, wobei er die Liebe zu Ersterer seinem Vater verdankte. Die Liebe zur Literatur – die Leidenschaft, mit der er seinen Weg gehen und sich einen Namen machen und sich später im Exil neu erfinden sollte – kam von seiner Mutter, die auf diesem Foto abgebildet ist.
Aber die eigentliche Geschichte beginnt erst hier. Die Welt, in die dieser gereifte junge Mann hineingeworfen wurde, war nicht nett zu Bildungsbürgern wie ihm, die einen großen Bogen um die schmuddelige Politik machten. Mit Deutschen, die es zufrieden waren, sich in Büchern, Kunst und Musik zu verlieren, sollte die kommende Zeit nicht gut umgehen – und die Geschichte hatte bereits entsprechende Zeichen ausgestreut.
Man kann meine Familie unmöglich ganz verstehen, ohne die seltsamen und historisch bedeutsamen Ereignisse zutage zu fördern, die sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts im badischen Karlsruhe zutrugen.

Kurt Wolffs Ururgroßvater Salomon von Haber, hier abgebildet, stand in Diensten dreier Großherzöge von Baden, zuerst als unabhängiger Financier und ab 1811 als Bankier des Großherzogtums.
Im frühen 19. Jahrhundert war der Bedarf an materiellen Gütern stetig gewachsen, und Salomon wusste, welche Hebel er in Bewegung setzen musste, um sie zu beschaffen. Wenn das Großherzogtum Zaum- und Sattelzeug für die Pferde der Kavallerie brauchte oder Satin für die Kleider der Damen, wandten sich »Hofjuden« wie er an zuverlässige Glaubensbrüder in ganz Europa, die in der Lage waren, Gold zu beschaffen oder Kredite zu vergeben. Gleichzeitig engagierte sich Salomon in der jüdischen Gemeinde von Karlsruhe, wo er sich für Reformen aussprach – so etwa für eine modernere Liturgie – und dafür plädierte, die Gottesdienste auf Deutsch statt auf Hebräisch abzuhalten. Da sich Großherzog Ludwig I am Habsburger Toleranzpatent orientierte, scheint mein Vorfahr, der Hofbankier, zunächst keine Probleme mit seiner Identität als Mitglied der bürgerlichen Elite und als praktizierender deutscher Jude gehabt zu haben.
Aber 1819 kam es an der Würzburger Universität zu antisemitischen Ausschreitungen von Studenten, und bald brachen in vielen Städten des Deutschen Bundes Unruhen aus. Ein Mob aus Handwerkern, Händlern und anderen Mitgliedern des Bürgertums skandierte »Hep, hep, Jud’, verreck!« – daher die Bezeichnung »Hep-Hep-Unruhen« oder »Hepp-Hepp-Krawalle« –, demolierte Geschäfte und Häuser und vertrieb jüdische Bürger aus der Stadt. In Baden war selbst der Hofbankier des Großherzogs nicht mehr sicher. Am Abend des 27. August versammelte sich ein Mob vor dem Stadtpalais Haber, Salomons Wohnhaus, das sich gegenüber der Hauptsynagoge am Marktplatz befand, bewarf es mit Steinen und skandierte antisemitische Schlachtrufe. Eskortiert von einer Leibwache, die der Großherzog ihm zur Seite gestellt hatte, floh Salomon in den knapp hundert Kilometer südlich gelegenen Ort Steinach.
Der Schriftsteller Ludwig Robert, ein gebürtiger Berliner, der erst kürzlich vom Judentum zum Christentum konvertiert war, hielt sich damals gerade bei seiner Verlobten in Karlsruhe auf und wurde Zeuge der dortigen Ausschreitungen. Berittene Truppen patrouillierten auf den kopfsteingepflasterten Straßen; auf Plakaten stand: »ALLEN JUDEN TOD UND VERDERBEN! / IHR MÜSST ALLE FLIEHEN ODER STERBEN«; es gab Bürger, die nicht nur über das Spektakel lachten, sondern sich beschwerten, dass der Kommandant die Wirtshäuser hatte schließen lassen, um dem Aufruhr ein Ende zu bereiten. Das Ganze war eine Art antisemitisches Volksfest. Das sieben Jahre zuvor in Preußen erlassene »Emanzipationsedikt« gelte im Deutschen Bund wenig, schrieb Robert angewidert seiner Schwester Rahel Varnhagen in Berlin: »Wie verderbt die Menschen aber sind und wie wenig Sinn für Recht und Gesetz, für Menschenliebe sie haben, das sieht man daraus, daß sich über alle diese Vorfälle keine Indignation ausspricht, nicht einmal in den offiziellen Büchern.«
Es dauerte Tage, um die Ordnung wiederherzustellen, was jedoch erst gelang, als der Großherzog Kanonen in den Straßen auffahren ließ. Neue Plakate wurden über die alten geklebt, auf denen stand: »KAISER, KÖNIGE, FÜRSTEN, BETTLER, KATHOLIKEN, JUDEN SIND ALLE MENSCHEN UND ALS SOLCHE GLEICH.« In einer sechsspännigen Kutsche eskortierte Großherzog Ludwig I persönlich Salomon aus Steinach in die Stadt zurück, nachdem er zuvor demonstrativ für ein paar Tage in das Haber-Palais eingezogen war.
Ludwig I schätzte Habers Arbeit für das Großherzogtum so sehr, dass er 1829, ein Jahr vor seinem Tod und zwei Jahre vor Salomons Tod, diesem das Adelsprädikat mit besonderer Auszeichnung verlieh, sodass er sich fortan von Haber nennen durfte. Eine Ehre, die sich die von Habers in der Tat verdient hatten. Sie hatten geholfen, die drei größten Industriezweige Badens zu entwickeln – eine Zuckerfabrik, eine Weberei und eine Maschinenfabrik, die Lokomotiven herstellte.
Nach Solomons Tod kümmerten sich seine beiden Söhne Ludwig und Jordan um die Unternehmen, und Ludwig folgte seinem Vater als Hofbankier.

Im Gegensatz zu diesen beiden Söhnen, die jüdisch blieben, war ihr älterer Bruder Model (Moritz) von Haber, hier zu sehen, schon seit Langem konvertiert. 1819 heiratete der Zweiundzwanzigjährige im Rahmen einer katholischen Trauung die Tochter eines Pariser Bankiers und führte in den folgenden beiden Jahrzehnten ein Leben in der gehobenen Gesellschaft von Paris und London. Durch Mittelsmänner auf dem ganzen Kontinent war er auf verschiedenen Geschäftsfeldern aktiv, unter anderem bei Bergbauunternehmen in Frankreich und Portugal. Auch kümmerte er sich um die Finanzen des französischen Königs Karls X und des spanischen Thronprätendenten Don Carlos de Borbón.
In den späten 1830er-Jahren geriet er in eine Auseinandersetzung, die sich zu dem sogenannten Haber-Skandal auswuchs, von dem man in ganz Europa sprach. Ein englischer Offizier namens George Hawkins war bei dem Versuch, Dokumente von Spanien nach England zu schaffen, von karlistisch gesinnten französischen Gendarmen verhaftet worden. Daraufhin verdächtigte Hawkins Moritz, seine Festnahme veranlasst zu haben, und forderte ihn zum Duell. Moritz, der die Ehrenhaftigkeit des Offiziers in Zweifel zog, verwahrte sich jedoch gegen dessen Ansinnen.